Nierenkrebs - Roche in Deutschland
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Patientenleitfaden<br />
<strong>Nierenkrebs</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
Zu dieser Patienten<strong>in</strong>formation 4<br />
Was ist Krebs? 5<br />
Was ist <strong>Nierenkrebs</strong>? 6<br />
Was s<strong>in</strong>d die Risikofaktoren für <strong>Nierenkrebs</strong>? 6<br />
Zahlen zum <strong>Nierenkrebs</strong> 7<br />
Wie ist die Prognose nach Diagnose e<strong>in</strong>es Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms? 9<br />
Stadiene<strong>in</strong>teilung des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms 9<br />
Prognose des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms 11<br />
Weitere Prognosefaktoren 12<br />
Individuelle Prognose 13<br />
Diagnostik 13<br />
Wie werden Patienten aufmerksam auf e<strong>in</strong>en Nierentumor? 13<br />
Welche Untersuchungen werden bei e<strong>in</strong>em Tumorverdacht e<strong>in</strong>geleitet? 14<br />
Wertigkeit weiterer radiologischer Untersuchungen vor der Operation 18<br />
Therapie - Welche Möglichkeiten gibt es? 19<br />
Übersicht 19<br />
Die Operation als heilender Therapieansatz 20<br />
Fragen vor der Operation 20<br />
Die organerhaltende operative Therapie 22<br />
Die endoskopische Nierenentfernung<br />
Was macht man bei e<strong>in</strong>er „m<strong>in</strong>imal-<strong>in</strong>vasiven“ Behandlung e<strong>in</strong>es<br />
23<br />
Nierentumors? 24<br />
Die Operation als l<strong>in</strong>dernder Therapieansatz 25<br />
Die Operation von Fernabsiedlungen(Fernmetastasen) 26<br />
Was leistet e<strong>in</strong>e Strahlenbehandlung? 26<br />
Medikamentengabe als lebensverlängernde Therapie 26<br />
Chemotherapie 26<br />
Immuntherapie 26<br />
Fragen vor der Medikamentengabe<br />
Welche Vokabeln muss ich kennen, um Ergebnisse aus kl<strong>in</strong>ischen<br />
27<br />
Medikamentenstudien richtig e<strong>in</strong>ordnen zu können? 28<br />
Trends <strong>in</strong> aktuellen Studien - Neue Wege? 30<br />
Selbstheilung ohne Therapie – Gibt es das? 31<br />
Nach der Therapie 32<br />
|2
Warum muss e<strong>in</strong>e Tumornachsorge erfolgen? 32<br />
Rehabilitation 33<br />
Krankheitsbewältigung 33<br />
Selbsthilfe 33<br />
Ärzte und Patienten als Partner von Anfang an 34<br />
Die Patientenverfügung 35<br />
Interview mit e<strong>in</strong>em Betroffenen 36<br />
Hat mich dieser Ratgeber gut <strong>in</strong>formiert? 39<br />
Checkliste zur Beurteilung von Angeboten zur Patienten<strong>in</strong>formation 40<br />
Erklärung von Fachausdrücken 43<br />
Literatur 48<br />
Weiterführende Informationen im Internet (L<strong>in</strong>ks) 50<br />
Lebensläufe der Autoren 51<br />
|3
Zu dieser<br />
Patienten<strong>in</strong>formation<br />
In unserem Medienzeitalter gibt es mittlerweile relativ viele Informationsangebote,<br />
deren Qualität der mediz<strong>in</strong>ische Laie nur begrenzt beurteilen<br />
kann. Ratgeber, sei es als Buch oder <strong>in</strong> elektronischer Form, können und<br />
dürfen aus unserer Sicht ke<strong>in</strong>esfalls den Aufbau e<strong>in</strong>es vertrauensvollen<br />
Verhältnisses zwischen Patient und Arzt ersetzen. Sie können aber<br />
Gespräche zu unterschiedlichen Phasen e<strong>in</strong>er Behandlung vorbereiten,<br />
<strong>in</strong>dem man sich <strong>in</strong> Ruhe mit dem jeweiligen Sachverhalt ause<strong>in</strong>ander<br />
setzen und dann gezielt bei se<strong>in</strong>em Arzt/se<strong>in</strong>er Ärzt<strong>in</strong> auf se<strong>in</strong>e<br />
Bedürfnisse zugeschnitten nachfragen kann.<br />
Von dieser Absicht ausgehend haben wir auch die Form des Ratgebers<br />
gewählt. Jedem Kapitel s<strong>in</strong>d Fragen vorangestellt, wie sie auch im<br />
kl<strong>in</strong>ischen Alltag von den Patienten <strong>in</strong> der Praxis oder Kl<strong>in</strong>ik meistens<br />
gestellt werden. Bei den Antworten haben wir versucht, möglichst wenige<br />
Fachausdrücke zu benutzen, ganz vermeiden lassen sie sich aber nicht. Im<br />
Anhang („Erklärung von Fachausdrücken“) werden aber alle<br />
Fachausdrücke umschrieben.<br />
In der Darstellung der mediz<strong>in</strong>ischen Inhalte ist uns bewusst, dass es <strong>in</strong><br />
der Bewertung von Vorgehen und <strong>in</strong> der Umsetzung von Konzepten<br />
(gerade auch moderner) zum Teil unterschiedliche Standpunkte gibt. An<br />
solchen Stellen haben wir L<strong>in</strong>ks zu weiteren Informationsquellen angegeben<br />
oder Werkzeug (u.a. Def<strong>in</strong>itionen von Begriffen zur Beurteilung von<br />
Studienergebnissen) angefügt, damit jeder auch beim Lesen weiterführender<br />
Literatur die Möglichkeit bekommt, selbst die wissenschaftlichen<br />
Fakten nachzuvollziehen.<br />
Die angegebenen Literaturh<strong>in</strong>weise machen die Herkunft der dargestellten<br />
Information transparent, erheben aber nicht den Anspruch<br />
vollständig zu se<strong>in</strong>.<br />
Wir haben bewusst das Hauptaugenmerk auf die mediz<strong>in</strong>ischen Aspekte<br />
gelegt. Hilfestellungen <strong>in</strong> der f<strong>in</strong>anziellen oder sozialen Versorgung s<strong>in</strong>d<br />
Probleme vieler Menschen mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern,<br />
so dass wir uns entschlossen haben, diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ratgeber zum<br />
<strong>Nierenkrebs</strong> nicht abzuhandeln.<br />
Wir möchten, dass Sie mit unserem Werk zurecht kommen und es auch im<br />
gedachten S<strong>in</strong>ne für sich nutzen können. Deshalb stellen wir uns Ihrer<br />
Kritik. Als Produkt vieler Arbeitsgruppen im Gesundheitswesen ist vor<br />
Kurzem e<strong>in</strong>e Checkliste vom Ärztlichen Zentrum für Qualität <strong>in</strong> der Mediz<strong>in</strong><br />
(www.patienten-<strong>in</strong>formation.de) veröffentlicht worden, mit der man angebotene<br />
Informationen bewerten kann. Diese haben wir unserem<br />
Ratgeber angehängt. Wir wünschen uns, basierend auf ihren Vorschlägen,<br />
<strong>in</strong> der Zukunft diesen Ratgeber verbessern zu können.<br />
E<strong>in</strong>e Überarbeitung und Aktualisierung dieses Ratgebers ist für Ende 2008<br />
vorgesehen.<br />
Volker Rohde<br />
Alexander Katal<strong>in</strong>ic<br />
|4
Was ist Krebs?<br />
Unser Körper hat sich ursprünglich aus e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Zelle durch die<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Teilung und damit Vermehrung der Körperzellen entwickelt.<br />
E<strong>in</strong> erwachsener Mensch besteht schließlich aus vielen, vielen Millionen<br />
Zellen. Aber auch die Zellen von Erwachsenen teilen sich, wenn auch<br />
wesentlich langsamer, das ganze Leben lang. So werden beispielsweise<br />
verbrauchte oder defekte Zellen kont<strong>in</strong>uierlich ersetzt. Die Zellteilung und<br />
das Absterben von e<strong>in</strong>zelnen Zellen verlaufen dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er streng geordneten<br />
Art und Weise.<br />
Krebs entwickelt sich, wenn Zellen des menschlichen Körpers nicht mehr<br />
nach Plan, sondern unkontrolliert zu wachsen beg<strong>in</strong>nen. Solche sogenannte<br />
„Entartete“ Zellen teilen und vermehren sich und produzieren somit immer<br />
neue Krebszellen. Die Krebszellen bilden meistens e<strong>in</strong>en Tumor<br />
(„Geschwulst“). Dabei wächst der Tumor <strong>in</strong> umliegendes Gewebe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
und zerstört oder verdrängt dieses. Es gibt aber auch andere Krebserkrankungen<br />
wie Leukämien, wo die Krebszellen ke<strong>in</strong>en Tumor ausbilden, sondern<br />
sich frei im Blut- oder Lymphsystem bewegen, sich dort vermehren und die<br />
ursprünglichen Zellen verdrängen.<br />
Dieses zerstörerische und verdrängende Wachstum der Krebszellen stellt<br />
für unseren Körper die größte Gefahr dar. (Gerade Radio- und Chemotherapie<br />
zielen darauf ab, das beschriebene Wachstum der Krebszellen zu<br />
unterb<strong>in</strong>den und diese abzutöten.)<br />
Oft spalten sich e<strong>in</strong>zelne Krebszellen vom Haupttumor ab und wandern<br />
durch den Körper, wo sie Absiedlungen, die so genannten Metastasen,<br />
bilden können.<br />
Obwohl alle Krebserkrankungen die Eigenschaft<br />
des unkontrollierten Wachstums geme<strong>in</strong>sam<br />
haben, so ist unter Krebs nicht nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige<br />
Krankheit, sondern e<strong>in</strong>e ganze Gruppe von<br />
unterschiedlichen Erkrankungen mit vielen<br />
unterschiedlichen Ursachen zu verstehen.<br />
Das Wort „Krebs“ wurde übrigens von Hippokrates,<br />
dem Urvater der Mediz<strong>in</strong> (460-370 v. Chr.)<br />
geprägt. Die f<strong>in</strong>gerartigen Ausläufer e<strong>in</strong>es Tumors<br />
er<strong>in</strong>nerten an e<strong>in</strong>e Krabbe oder e<strong>in</strong>en Krebs, die<br />
im Griechischen mit „karc<strong>in</strong>os“ oder „karc<strong>in</strong>oma“<br />
bezeichnet wurde.<br />
|5<br />
Abbildung 1:<br />
L<strong>in</strong>ks: Darstellung e<strong>in</strong>er Niere. Am<br />
Oberpol sitzt anatomisch die<br />
Nebenniere direkt auf. In der Mitte<br />
s<strong>in</strong>d die zentrale Nierenvene und<br />
Nierenarterie erkennbar.<br />
Rechts: Darstellung e<strong>in</strong>er im<br />
Längsschnitt eröffnete Niere. Zentral<br />
ist das Nierenbecken mit dem abgehenden<br />
Harnleiter zu sehen. Die<br />
Blutgefäße s<strong>in</strong>d nicht dargestellt. Mit<br />
fre<strong>in</strong>dlicher Genehmigung von<br />
Knut Wurbs, Celle
Was ist <strong>Nierenkrebs</strong>?<br />
Unter <strong>Nierenkrebs</strong> versteht man Krebserkrankungen, die vom Nierengewebe<br />
selbst (=Nierenzellkarz<strong>in</strong>om) oder vom Nierenbecken bzw. Harnleiter ausgehen.<br />
Dieser Ratgeber handelt im Wesentlichen vom Nierenzellkarz<strong>in</strong>om,<br />
welches etwa 90% des <strong>Nierenkrebs</strong>es ausmacht.<br />
<strong>Nierenkrebs</strong> stellt e<strong>in</strong>e heterogene Gruppe von Tumoren dar, die von den<br />
verschiedenen Zellen der Niere ausgehen können. Mikroskopisch lassen sich<br />
fünf Untergruppen def<strong>in</strong>ieren, darunter das klarzellige Nierenkarz<strong>in</strong>om<br />
(75-80%), das chromophile (10%) und das chromophobe Nierenzellkarz<strong>in</strong>om<br />
(5%).<br />
Was s<strong>in</strong>d die Risikofaktoren<br />
für <strong>Nierenkrebs</strong>?<br />
Die Ursachen des <strong>Nierenkrebs</strong>es s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> weiten Bereichen nicht völlig klar.<br />
Physikalische, chemische, virale (= durch Viren bed<strong>in</strong>gt) und hormonelle<br />
Faktoren werden diskutiert. Umwelte<strong>in</strong>flüsse dürften ebenfalls e<strong>in</strong>e Rolle<br />
spielen. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Anteil (1%) des <strong>Nierenkrebs</strong>es ist familiär bed<strong>in</strong>gt bzw.<br />
auf e<strong>in</strong>e chromosomale Veränderung zurückzuführen (Chromosom 3).<br />
Folgende Risikofaktoren gelten als weitgehend sicher belegt:<br />
• Rauchen: Rauchen wird für 30-40% aller <strong>Nierenkrebs</strong>fälle<br />
verantwortlich gemacht.<br />
• Übergewicht: Personen mit Übergewicht haben e<strong>in</strong> deutlich<br />
erhöhtes Risiko (Faktor 2-4) für <strong>Nierenkrebs</strong>.<br />
• chronische Nierenerkrankung<br />
• von Hippel-L<strong>in</strong>dau-Erkrankung (selten)<br />
• Missbrauch von Schmerzmitteln<br />
Daneben ist, wie bei den meisten Krebserkrankungen, das Alter e<strong>in</strong>en<br />
Risikofaktor; mit zunehmendem Alter steigt auch das Risiko für <strong>Nierenkrebs</strong><br />
deutlich an.<br />
|6
Zahlen zum <strong>Nierenkrebs</strong><br />
In <strong>Deutschland</strong> erkranken jährlich etwa 17.000 Menschen (10.300 Männer,<br />
6.400 Frauen) an <strong>Nierenkrebs</strong>. Das Nierenzellkarz<strong>in</strong>om macht davon etwa<br />
90% aus, die restlichen 10% verteilen sich auf die Tumoren der ableitenden<br />
Harnwege (Nierenbecken, Harnleiter).<br />
Bei Männern macht <strong>Nierenkrebs</strong> etwa 4,7%, bei Frauen 3,1% aller<br />
Krebserkrankungen aus und steht damit an sechster bzw. elfter Stelle der<br />
häufigsten Krebserkrankungen. Von 100.000 Männern erkranken pro Jahr<br />
etwa 25 neu an <strong>Nierenkrebs</strong>, bei Frauen treten etwa 15 Fälle pro 100.000<br />
Frauen auf. Für über 75-Jährige liegen die Erkrankungsraten mit 97 Fällen<br />
bei Männern und 54 Fällen bei Frauen (jeweils pro 100.000 Personen) deutlich<br />
höher. Männer erkranken im Mittel mit etwa 66 Jahren, Frauen mit etwa<br />
70 Jahren (Abb. 2).<br />
Schätzungen der alterspezifischen Inzidenz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 2002<br />
Neuerkrankungen pro 100.000 <strong>in</strong> Altersgruppen<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0–14 15–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 80+<br />
<strong>Nierenkrebs</strong> ist jedes Jahr für etwa 6.400 Todesfälle verantwortlich (3.800<br />
Männer und 2.600 Frauen), was e<strong>in</strong>e Sterblichkeitsrate von 9,5 bzw.<br />
6,1 Todesfällen pro 100.000 Männer bzw. Frauen bedeutet. Das mittlere<br />
Sterbealter beträgt für Männer mit <strong>Nierenkrebs</strong> etwa 71 Jahre und für<br />
Frauen 76 Jahre.<br />
|7<br />
Abbildung 2: Neuerkrankungen pro<br />
100.000 Personen <strong>in</strong> Altersgruppen<br />
(mit freundlicher Genehmigung der Gesellschaft<br />
der epidemiologischen Krebsregister <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> e.V., Krebs <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
5. Auflage, 2006)
Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Neuerkrankungen (Inzidenz) und der<br />
Sterblichkeit (Mortalität) an <strong>Nierenkrebs</strong>. Für Männer zeigt sich dabei e<strong>in</strong>e<br />
deutliche Zunahme der Neuerkrankungen <strong>in</strong>nerhalb der letzten 30 Jahre.<br />
Auch für Frauen ist hier e<strong>in</strong> Anstieg, wenn auch deutlich weniger ausgeprägt,<br />
festzustellen.<br />
Erfreulicherweise ist die Sterblichkeit für <strong>Nierenkrebs</strong> <strong>in</strong>nerhalb der letzten<br />
Jahre weiter zurückgegangen.<br />
Altersstandardisierte Inzidenz und Mortalität <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 1970–2002<br />
Fälle pro 100.000<br />
24<br />
20<br />
16<br />
12<br />
8<br />
4<br />
0<br />
12<br />
8<br />
4<br />
0<br />
Männer<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000<br />
Geschätzte Inzidenz <strong>Deutschland</strong> Inzidenz Saarland Inzidenz DDR Mortalität <strong>Deutschland</strong><br />
Frauen<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000<br />
Geschätzte Inzidenz <strong>Deutschland</strong> Inzidenz Saarland Inzidenz DDR Mortalität <strong>Deutschland</strong><br />
Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, Krebs <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, 5. Auflage, 2006<br />
|8<br />
Abbildung 3: Entwicklung der<br />
Neuerkrankungen und der Sterblichkeit <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> von 1970 bis 2002<br />
(mit freundlicher Genehmigung der Gesellschaft<br />
der epidemiologischen Krebsregister <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> e.V., Krebs <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
5. Auflage, 2006)
Wie ist die Prognose nach<br />
Diagnose e<strong>in</strong>es Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms?<br />
Die zentrale Frage „Wie geht es weiter mit mir?“, also nach der Prognose<br />
e<strong>in</strong>er Krebserkrankung, ist wohl e<strong>in</strong>e der zentralen Fragen, die Patienten mit<br />
der Diagnose Krebs beschäftigt.<br />
Die Beantwortung dieser Frage, also die Prognose e<strong>in</strong>er Krebserkrankung,<br />
hängt ganz wesentlich vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose ab.<br />
Je kle<strong>in</strong>er e<strong>in</strong> Tumor ist und je weniger regionale oder ferne Metastasen vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d, desto günstiger ist auch die Prognose (s.u.). Zusätzlich s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e ganze Reihe von anderen Faktoren für die Prognose bedeutsam<br />
(Grad<strong>in</strong>g (s. S. 44), genetische Eigenschaften usw., s.u.).<br />
Um die Prognose e<strong>in</strong>er Tumorerkrankung abschätzen zu können, wird e<strong>in</strong>e<br />
Stadiene<strong>in</strong>teilung verwendet, die die Tumorerkrankung anhand prognostischer<br />
Merkmale beschreibt.<br />
An dieser Stelle ist zu ergänzen, dass die Stadiene<strong>in</strong>teilung e<strong>in</strong>es Tumors<br />
nicht nur für die Prognose selbst, sondern auch für die Wahl der „passenden“<br />
Therapie von entscheidender Bedeutung ist. Im Allgeme<strong>in</strong>en wird e<strong>in</strong>e<br />
Therapie umso vielschichtiger gewählt werden müssen, je ungünstiger das<br />
vorliegende Tumorstadium ist.<br />
Stadiene<strong>in</strong>teilung des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms<br />
Die International Union Aga<strong>in</strong>st Cancer (UICC, www.uicc.org), e<strong>in</strong><br />
Zusammenschluss verschiedener Organisationen aus über 80 Ländern, die<br />
sich alle dem Kampf gegen Krebs verschrieben haben, hat bereits um 1940<br />
herum e<strong>in</strong>e Klassifikation zur prognostischen Beschreibung von Tumoren<br />
entwickelt. Seit dieser Zeit wurde diese Klassifikation – die „TNM-<br />
Klassifikation“– immer weiter entwickelt und kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> großen<br />
Studien überprüft.<br />
Die TNM-Klassifikation beschreibt e<strong>in</strong>e Tumorerkrankung anhand der<br />
folgenden drei Kategorien:<br />
T beschreibt die Größe und Ausdehnung des Tumors im zuerst<br />
befallenen Organ;<br />
N beschreibt die Anzahl, Größe und Lokalisation befallener<br />
Lymphknoten;<br />
M beschreibt Fernmetastasen, also Fernabsiedlungen von<br />
Tumorzellen <strong>in</strong> weiteren Organen.<br />
|9
Wird die Stadiene<strong>in</strong>teilung auf Basis e<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>geweblichen, mikroskopischen<br />
Untersuchung festgelegt, ist den Kategorien der Buchstabe „p“<br />
vorangestellt (z.B.: pT). Die e<strong>in</strong>zelnen Kategorien s<strong>in</strong>d wiederum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />
Stadiengruppen unterteilt, wobei e<strong>in</strong> niedrigeres Stadium jeweils mit e<strong>in</strong>er<br />
günstigeren Prognose verbunden ist.<br />
Aus Tabelle 1 s<strong>in</strong>d die jeweiligen Stadiengruppen für die T-, N- und M-<br />
Kategorie für das Nierenzellkarz<strong>in</strong>om zu entnehmen. Die T-Kategorie<br />
(Tumorgröße und –ausdehnung) berücksichtigt dabei im Wesentlichen die<br />
Größe und die Ausdehnung des Tumors über bestimmte anatomische<br />
Grenzen h<strong>in</strong>weg.<br />
Tabelle 1 : TNM-Stadiene<strong>in</strong>teilung des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms<br />
(TNM, 6. Auflage, UICC, 2002)<br />
T-Kategorie: Tumorgröße und –ausdehnung<br />
T1 Tumor bis 7 cm, begrenzt auf die Niere<br />
T1a Tumor bis zu 4 cm<br />
T1b Tumoren von 4 bis zu 7 cm<br />
T2 Tumor größer als 7 cm, begrenzt auf die Niere<br />
T3a Tumor <strong>in</strong>filtriert Nebenniere oder das die Niere umgebende (perirenales) Gewebe,<br />
nicht aber über die Gerota Faszie* h<strong>in</strong>aus<br />
T3b Tumor mit makroskopischer Ausdehnung <strong>in</strong> Nierenvene oder Vena cava (große Hohlvene)<br />
unterhalb des Zwerchfells<br />
T3c Tumor mit makroskopischer Ausdehnung <strong>in</strong> die V. cava oberhalb des Zwerchfells<br />
T4 Tumor <strong>in</strong>filtriert über die Gerota Faszie* h<strong>in</strong>aus<br />
TX Tumorausdehnung kann nicht beurteilt werden<br />
* e<strong>in</strong>e die Niere abgrenzende anatomische Struktur<br />
N-Kategorie: regionäre Lymphknoten<br />
N0 ke<strong>in</strong>e regionären Lymphknotenmetastasen<br />
N1 Metastase <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regionären Lymphknoten<br />
N2 Metastase <strong>in</strong> mehr als e<strong>in</strong>em regionären Lymphknoten<br />
NX Lymphknotenmetastasen können nicht beurteilt werden<br />
M-Kategorie:Fernmetastasen<br />
M0 ke<strong>in</strong>e Fernmetastasen vorhanden<br />
M1 Fernmetastasen vorhanden<br />
MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden<br />
Die drei TNM-Kategorien haben also jeweils e<strong>in</strong>e wichtige prognostische<br />
Bedeutung (je niedriger das Stadium, desto günstiger die Prognose). Um<br />
die unterschiedlichen Ausprägungen aller drei Kategorien gleichzeitig<br />
berücksichtigen zu können, wird aus ihnen das UICC-Stadium gebildet,<br />
welches sich aus den Komb<strong>in</strong>ationen der T-, N- und M-Kategorie ergibt<br />
(Tabelle 2). Auch für die UICC-Stadiengruppen gilt: je niedriger das<br />
Stadium, desto günstiger ist die Prognose.<br />
|10
Tabelle 2: UICC-Stadiengruppierung des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms nach der<br />
International Union Aga<strong>in</strong>st Cancer (UICC)<br />
UICC-Stadium T-Kategorie N-Kategorie M-Kategorie<br />
Stadium 1 T1 N0 M0<br />
Stadium 2 T2 N0 M0<br />
Stadium 3 T1 N1 M0<br />
T2 N1 M0<br />
T3 N0, N1 M0<br />
Stadium 4 T4 N0, N1 M0<br />
Jedes T N2 M0<br />
Jedes T Jedes N M1<br />
Prognose des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms<br />
Die Prognose von vielen Krankheiten, so auch von Krebserkrankungen, wird<br />
häufig mit statistischen Überlebensraten, z. B. der 5-Jahres-Überlebensrate<br />
angegeben. Die Überlebensrate gibt an, welcher prozentuale Anteil der neu<br />
erkrankten Personen nach e<strong>in</strong>er gewissen Zeit (z.B. nach 5 Jahren) lebt.<br />
E<strong>in</strong>e 5-Jahres-Überlebensrate von 80% bedeutet also, dass 5 Jahre nach<br />
Erkrankungsbeg<strong>in</strong>n noch 80% der erkrankten Personen leben.<br />
Für das Nierenzellkarz<strong>in</strong>om <strong>in</strong>sgesamt liegt die absolute 5-Jahres-Überlebensrate<br />
für Männer und Frauen bei etwa 55-60%.<br />
Für die e<strong>in</strong>zelnen Stadiengruppen nach UICC ergeben sich die 5-Jahres-<br />
Überlebensraten für das Nierenzellkarziom:<br />
• Stadium 1: 96-86%<br />
• Stadium 2: 67-60%<br />
• Stadium 3: 59-36%<br />
• Stadium 4: 14-9%<br />
|11
Weitere Prognosefaktoren<br />
Neben dem Tumorstadium spielt zusätzlich e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Faktoren<br />
wie die mikroskopische Differenzierung der Tumorzellen, genetische<br />
Eigenschaften des Tumors oder die Infiltration des Tumors <strong>in</strong> Blutgefässe<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Rolle für die Prognose.<br />
Tabelle 3: Prognosefaktoren bei <strong>Nierenkrebs</strong><br />
Tumorstadium UICC/TNM s.o.<br />
Grad<strong>in</strong>g …beschreibt die mikroskopische Differenzierung<br />
des Tumors. Je ähnlicher der Tumor dem ursprünglichen<br />
Körpergewebe ist, desto günstiger ist auch<br />
die Prognose. Auch die Zellteilungsrate geht <strong>in</strong> das<br />
Grad<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>.<br />
G1: gut differenzierte Zellen (= ger<strong>in</strong>ge Anaplasie)<br />
G2: mäßig differenzierte Zellen<br />
G3: wenig differenzierte Zellen (= deutliche<br />
zelluläre Anaplasie)<br />
Histologischer Typ: Klarzellige Tumoren weisen e<strong>in</strong>e günstigere<br />
Prognose auf.<br />
Residualtumor: Wenn der Tumor durch e<strong>in</strong>e Operation restlos<br />
entfernt werden konnte, ist die Prognose<br />
günstiger als bei verbleibendem Tumorrest.<br />
Invasion des Tumors E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>bruch des Tumors <strong>in</strong> Blutgefässe ist mit<br />
<strong>in</strong> Blutgefässe: e<strong>in</strong>er ungünstigeren Prognose verbunden.<br />
Abbildung 4:<br />
Fe<strong>in</strong>gewebliche Architektur e<strong>in</strong>es klarzelligen Nierentumors <strong>in</strong> zwei unterschiedlichen Vergrößerungen.<br />
Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Woenckhaus, Institut für Pathologie Universitätskl<strong>in</strong>ikum Gießen<br />
|12
Individuelle Prognose<br />
Überlebensraten s<strong>in</strong>d aber für die E<strong>in</strong>schätzung der eigenen, <strong>in</strong>dividuellen<br />
Prognose nur äußerst e<strong>in</strong>geschränkt zu verwenden, da es sich bei der<br />
Überlebensrate nur um die statistische Prognose für e<strong>in</strong>e Gruppe von<br />
Patienten (z.B. mit e<strong>in</strong>em bestimmten Stadium) handelt und nicht um die<br />
Prognose für e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Individuum.<br />
E<strong>in</strong>e 5-Jahres-Überlebensrate von 80% bedeutet zunächst nur, dass nach<br />
5 Jahren von 5 Patienten statistisch wahrsche<strong>in</strong>lich noch 4 Patienten leben<br />
werden. Welche vier Patienten es genau s<strong>in</strong>d und welcher nicht überleben<br />
wird, ist nicht vorhersehbar!<br />
Was bedeutet aber dann e<strong>in</strong>e 5-Jahres-Überlebensrate von z.B. 80% für<br />
mich als Patient? Für sich selbst kann man nur schließen, dass die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />
zu den 4 Überlebenden zu gehören, gut ist (80% <strong>in</strong> unserem<br />
Beispiel). Die Möglichkeit, selbst zu den Verstorbenen zu gehören, ist damit<br />
aber nicht ausgeschlossen (<strong>in</strong> unserem Beispiel beträgt diese Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
immerh<strong>in</strong> 20%).<br />
Daraus ist auch zu folgern, dass es selbst beim Vorliegen e<strong>in</strong>er ungünstigen<br />
Prognose (z.B. 5-Jahres-Überlebensrate von 10%) völlig unvorhersehbar ist,<br />
ob man selbst zu den Lebenden oder den Verstorbenen gehören wird.<br />
Welcher Mensch welches Schicksal <strong>in</strong> der Zukunft tatsächlich erleiden wird,<br />
liegt nicht <strong>in</strong> unserem Kenntnis- oder E<strong>in</strong>flussbereich.<br />
Diagnostik<br />
Wie werden Patienten aufmerksam<br />
auf e<strong>in</strong>en Nierentumor?<br />
Die Mehrzahl der Patienten sucht ihren Hausarzt häufig wegen ganz<br />
anderer körperlicher Beschwerden auf, der Verdacht auf e<strong>in</strong>en Nierentumor<br />
ergibt sich zumeist zufällig durch e<strong>in</strong>e Ultraschalluntersuchung der Nieren.<br />
Kle<strong>in</strong>e Nierentumore bleiben häufig ohne jegliche Beschwerden, so dass bei<br />
fehlenden Warnsignalen des Körpers auch ke<strong>in</strong>e symptomorientierte<br />
Untersuchung begonnen wird. Wenn Symptome auftreten, die auf e<strong>in</strong>en<br />
Nierentumor h<strong>in</strong>weisen, hat dieser häufig e<strong>in</strong>e gewisse Größe überschritten<br />
und womöglich auch schon andere Anteile der Niere (Nierenbecken,<br />
Fettkapsel) oder benachbarte Organe erreicht (z.B. Lymphknoten).<br />
|13
Mögliche Symptome e<strong>in</strong>es Nierentumors:<br />
• Flankenschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit<br />
• Tastbarer Tumor <strong>in</strong> der Nierenregion<br />
• Gewichtsverlust, wiederholtes Fieber, hoher Blutdruck<br />
• Abfall oder Anstieg des Blutfarbstoffes<br />
• Blutnachweis im Ur<strong>in</strong> (mikroskopisch oder mit bloßem Auge erkennbar)<br />
Welche Untersuchungen werden bei<br />
e<strong>in</strong>em Tumorverdacht e<strong>in</strong>geleitet?<br />
Neben der körperlichen Untersuchung werden e<strong>in</strong>e Blutentnahme sowie<br />
bildgebende Verfahren veranlasst. So trägt man viele Informationen über den<br />
Krankheitszustand der Niere selbst, aber auch über möglicherweise mitbetroffene<br />
andere Organe zusammen.<br />
Laboruntersuchung: Die ausgewählten Laborwerte sollen dem Patienten<br />
und Arzt Informationen über den roten Blutfarbstoff, die Blutger<strong>in</strong>nung, die<br />
Nierenfunktion und über mögliche Entzündungsprozesse im Körper geben.<br />
Diese s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e nachfolgende Therapieplanung wesentlich.<br />
Tumormarker s<strong>in</strong>d körpereigene Eiweiße, die man entweder im Blut oder<br />
im erkrankten Gewebe nachweisen kann. Typischerweise steigt die<br />
Konzentration bei bestimmten Tumorerkrankungen an und s<strong>in</strong>kt nach e<strong>in</strong>er<br />
erfolgreichen Behandlung wieder. Tumormarker werden für bestimmte<br />
Krebserkrankungen entweder zur Entdeckung der Erkrankung oder aber zu<br />
e<strong>in</strong>er Verlaufskontrolle bestimmt. Für Prostata- und Hodenkrebs existieren<br />
solche Tumormarker beispielsweise. Leider stehen derzeit weder zur<br />
Diagnose des Nierenzellkarzionoms noch zur Überwachung des<br />
Krankheitsverlaufes solche Tumormarker zur Verfügung.<br />
Welche bildgebenden Untersuchungen sollten zur Diagnostik<br />
durchgeführt werden?<br />
Die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) hat <strong>in</strong> der Beurteilung<br />
der Nieren e<strong>in</strong>e ganz zentrale Bedeutung. Bei dieser Untersuchung wird e<strong>in</strong><br />
Schallkopf auf die Körperoberfläche gelegt. Diese Untersuchung ist völlig<br />
schmerzfrei, belastet ihren Körper nicht und kann beliebig häufig ohne<br />
Folgeersche<strong>in</strong>ungen wiederholt werden. Sie ist die Untersuchung der ersten<br />
Wahl.<br />
Was leistet e<strong>in</strong>e Ultraschalluntersuchung?<br />
Nierenzelltumoren ab e<strong>in</strong>er Größe von 2,5 cm können durch e<strong>in</strong>e Ultraschalluntersuchung<br />
mit hoher Sicherheit entdeckt werden. Vergleichende<br />
Untersuchungen zeigen, dass die Ultraschalluntersuchung hier die gleiche<br />
Treffsicherheit wie e<strong>in</strong>e computertomographische Untersuchung hat. Bei<br />
|14
kle<strong>in</strong>eren Tumoren ist die Erkennungsrate mit Ultraschall etwas niedriger,<br />
e<strong>in</strong>e Abschätzung der Gut- oder Bösartigkeit <strong>in</strong>sbesondere kle<strong>in</strong>erer<br />
Prozesse ist mit dieser Untersuchungsmethode nicht abschließend möglich.<br />
In dieser Situation s<strong>in</strong>d weitere Untersuchungen notwendig.<br />
Wann wird e<strong>in</strong>e Computertomographie (CT) veranlasst?<br />
E<strong>in</strong>e Computertomographie wird veranlasst, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ultraschalluntersuchung<br />
e<strong>in</strong> Tumorverdacht besteht. Das CT ist e<strong>in</strong> Röntgenverfahren,<br />
bei dem Bilder e<strong>in</strong>er Körperregion als Querschnitte durch den Körper<br />
gemacht werden. Diese Untersuchung ist ebenfalls schmerzfrei, aber mit<br />
e<strong>in</strong>er Strahlenbelastung behaftet.<br />
Was leistet e<strong>in</strong>e Computertomographie?<br />
In der Regel werden Bilderfolgen mit und ohne Kontrastmittel angefertigt.<br />
Hierbei ist das Aufnahmeverhalten des Tumors an Kontrastmittel (bösartige<br />
Tumore nehmen Kontrastmittel auf, gutartige Tumoren <strong>in</strong> der Regel nicht) e<strong>in</strong><br />
wichtiger Anhalt dafür, ob es sich um e<strong>in</strong>en bösartigen Prozess <strong>in</strong> der Niere<br />
handelt. Durch die Vielzahl der <strong>in</strong> unterschiedlichen Körperregionen<br />
gemachten CT-Bilder s<strong>in</strong>d auch Aussagen über mögliche Fernabsiedlungen<br />
des Tumors <strong>in</strong> Lymphknoten oder <strong>in</strong> anderen Organen möglich. Für die<br />
Vorbereitung e<strong>in</strong>er Operation liefert das CT auch wichtige Informationen<br />
darüber, ob die versorgenden Blutgefäße der erkrankten Niere e<strong>in</strong>e<br />
Tumorbesiedlung zeigen.<br />
|15
Abbildung 5:<br />
Zwei mit Computer-Tomographie (CT) aufgenommene Bilder e<strong>in</strong>es rechtsseitigen Nierentumors.<br />
Das obere Bild zeigt <strong>in</strong> der Nierenkontur auf der rechten Seite erhebliche Dichteunterschiede als<br />
Zeichen möglicher E<strong>in</strong>blutungen oder Gewebenekrosen. Das untere Bild demonstriert rechts das<br />
organüberschreitende Wachstum dieses Nierentumors mit e<strong>in</strong>er möglichen Invasion <strong>in</strong> die oberhalb<br />
liegende Leber. Bei der Betrachtung und Beschreibung der Seitenangaben wird immer von<br />
der Patientenperspektive ausgegangen. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. D. Lommel,<br />
Abteilung diagnostische Radiologie, Universitätskl<strong>in</strong>ikum Gießen.<br />
|16
Wann wird e<strong>in</strong>e Magnetresonanztomographie (MRT)<br />
durchgeführt?<br />
Die MRT ist ebenfalls e<strong>in</strong> Schichtaufnahmeverfahren, <strong>in</strong> dem aber ke<strong>in</strong>e<br />
Röntgenstrahlen, sondern das Pr<strong>in</strong>zip der Magnetresonanz genutzt wird.<br />
Hierbei tritt ke<strong>in</strong>e Strahlenbelastung auf, da nur starke Magnetfelder benutzt<br />
wurden. Vorteil der Untersuchung mittels MRT ist, dass ke<strong>in</strong>e Kontrastmittel<br />
verwendet werden müssen. Vom Auflösungsverhalten her und damit zur<br />
Sicherung der Diagnose e<strong>in</strong>es Nierentumors hat die MRT gegenüber der<br />
CT ke<strong>in</strong>e Vorteile. Da diese Untersuchung gegenwärtig noch sehr teuer ist,<br />
bleibt der E<strong>in</strong>satz dieser Technologie im Wesentlichen auf Patienten mit<br />
schwerer Kontrastmittelallergie oder chronischer Nieren<strong>in</strong>suffizienz<br />
beschränkt.<br />
Warum und wann werden andere Körperregionen mit<br />
untersucht?<br />
Vor Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Behandlung ist es wichtig abzuschätzen, <strong>in</strong> welchem<br />
kl<strong>in</strong>ischen Stadium sich die Erkrankung bef<strong>in</strong>det. Da sich e<strong>in</strong> bösartiges<br />
Tumorgeschehen <strong>in</strong> der Niere grundsätzlich auch <strong>in</strong> andere Organe absiedeln<br />
kann (s. Kapitel: „Was ist Krebs“), werden im Rahmen der Tumordiagnostik<br />
die am häufigsten betroffenen Organe ebenfalls mit untersucht.<br />
Rout<strong>in</strong>emäßig wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die Lunge mit e<strong>in</strong>er normalen<br />
Röntgenaufnahme oder aber auch mit e<strong>in</strong>er Computertomographie<br />
dargestellt. Dies geschieht meist bereits vor e<strong>in</strong>er Operation. Andere<br />
Untersuchungstechniken werden nur <strong>in</strong> Abhängigkeit e<strong>in</strong>es konkreten<br />
Beschwerdebildes (Knochenschmerzen u.a.) oder zur besseren Planung<br />
der Operation veranlasst.<br />
Welche weiteren Untersuchungstechniken werden e<strong>in</strong>gesetzt ?<br />
Erweiterte Blutgefäßdarstellungen: Blutgefäße können mit speziellen<br />
Ultraschalltechniken (Doppler-/Duplexsonographie) und durch CT bzw.<br />
MRT beurteilt werden. Diese Techniken werden nur dann e<strong>in</strong>gesetzt, wenn<br />
sich im CT der Verdacht ergibt, dass <strong>in</strong> die Nierengefäße (Nierenvene) oder<br />
aber <strong>in</strong> die untere Hohlvene (Vena cava) Tumorzellformationen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gewachsen<br />
s<strong>in</strong>d. Die präoperative Kenntnis und das Ausmaß solcher<br />
Gefäße<strong>in</strong>brüche s<strong>in</strong>d für den Operateur zur Planung der Vorgehensweise<br />
von elementarer Bedeutung<br />
Knochendarstellungen: Knochendarstellungen (Knochensz<strong>in</strong>tigraphie)<br />
werden nur bei Patienten mit Knochenschmerzen, mit erhöhten Blutwerten<br />
(alkalische Phosphathase), die e<strong>in</strong>e erhöhte Knochenstoffwechselaktivität<br />
anzeigen oder bei ungünstigem Tumorstadium veranlasst. Bei dem<br />
Verfahren der Knochensz<strong>in</strong>tigraphie werden radioaktiv markierte Substanzen<br />
<strong>in</strong> die Blutbahn gespritzt. Diese Stoffe lagern sich bevorzugt <strong>in</strong> stoffwechselaktiven<br />
Regionen des Knochens e<strong>in</strong>. Die Strahlung dieser Substanz<br />
wird durch spezielle Kameras wieder aufgenommen und <strong>in</strong> der<br />
Computerbearbeitung zu e<strong>in</strong>em Bild zusammengefügt. Aus diesem können<br />
Informationen über metastasenverdächtige, stoffwechselaktive Regionen im<br />
gesamten Knochenskelett entnommen werden.<br />
Fe<strong>in</strong>nadelpunktionen: Im Rahmen der Diagnostik bleibt e<strong>in</strong>e<br />
Fe<strong>in</strong>nadelbiopsie (Gew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong>er Gewebeprobe mittels e<strong>in</strong>er Hohlnadel)<br />
die absolute Ausnahme. Bei e<strong>in</strong>em durch die Bildgebung als potentiell<br />
|17
ösartig e<strong>in</strong>gestuften Nierentumor gibt es therapeutisch ke<strong>in</strong>e Alternative<br />
zur operativen Freilegung. E<strong>in</strong>e vorherige Biopsie br<strong>in</strong>gt dazu ke<strong>in</strong>en weiteren<br />
Erkenntnisgew<strong>in</strong>n, sondern birgt eher noch das Risiko, Tumorzellen im<br />
Punktionskanal auszusäen. Fe<strong>in</strong>nadelpunktionen werden ausnahmsweise<br />
dann durchgeführt, wenn der Verdacht besteht, dass der Nierentumor durch<br />
e<strong>in</strong>e andere Erkrankung (z.B. e<strong>in</strong>e Lymphomerkrankung) ausgelöst wurde.<br />
E<strong>in</strong>e operative Therapie wäre dann im Allgeme<strong>in</strong>en nicht angezeigt.<br />
Wertigkeit weiterer radiologischer<br />
Untersuchungen vor der Operation<br />
E<strong>in</strong>e direkte Kontrastmitteldarstellung (Angiographie) kommt heute nur<br />
noch sehr selten im Rahmen der Diagnostik von Nierentumoren zum<br />
E<strong>in</strong>satz, und wenn, dann selten vor e<strong>in</strong>er geplanten Nierenteilentfernung<br />
oder zur Abgrenzung gutartiger Nierentumore (benigner Angiomyolipome).<br />
E<strong>in</strong>e Kontrastmitteldarstellung der oberen Harnwege (Urographie) stellt<br />
heute <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e Indikation mehr nach den europäischen (EAU),<br />
den amerikanischen (AUA) und den deutschen (DGU) Leitl<strong>in</strong>ien der<br />
Urologen dar.<br />
Funktionsaussagen zur verbleibenden Niere vor e<strong>in</strong>er Nierenentfernung<br />
(Tumornephrektomie) s<strong>in</strong>d durch das CT ausreichend gut vorzunehmen.<br />
|18
Therapie<br />
- Welche Möglichkeiten gibt es?<br />
Übersicht<br />
Tabelle 5: Therapieübersicht <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Tumorstadium<br />
Stadium nach UICC<br />
(International Union Aga<strong>in</strong>st Cancer)<br />
Stadium I/II „radikale“ operative Entfernung der Niere<br />
(Radikale Nephrektomie), bei kle<strong>in</strong>en Tumoren<br />
peripher gelegen auch nur Teilentfernung<br />
Stadium III-IV wenn Operation möglich:<br />
• „radikale“ operative Entfernung der Niere<br />
(Radikale Nephrektomie)<br />
• mit oder ohne operative Entfernung der<br />
Lymphknoten<br />
wenn Operation nicht möglich:<br />
• radiologischer Verschluss der<br />
Nierengefäße (Embolisation)<br />
oder/und<br />
• Systemische Immuntherapie<br />
• Schmerztherapie<br />
Stadium IV mit e<strong>in</strong>zelner Metastase<br />
• „radikale“ Entfernung der Niere<br />
(Radikale Nephrektomie)<br />
• und operative Entfernung der Metastase<br />
mit mehrfachen Metastasen (nicht operabel)<br />
• l<strong>in</strong>dernde medikamentöse Systemtherapie<br />
• lokale Schmerztherapie<br />
• bei Bedarf angepasste Schmerztherapie<br />
• evtl. zusätzliche operative Nierenentfernung<br />
(bei gutem Allgeme<strong>in</strong>bef<strong>in</strong>den)<br />
|19
Die Operation als heilender<br />
Therapieansatz<br />
Als heilende Behandlung des bösartigen Nierentumors gibt es zur<br />
Operation gegenwärtig ke<strong>in</strong>e wissenschaftlich überprüfte Alternative. Der<br />
operative E<strong>in</strong>griff wird <strong>in</strong> Vollnarkose durchgeführt; der Narkosearzt klärt Sie<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gesonderten Gespräch über Risiken und Komplikationen auf.<br />
Welche Operationstechniken gibt es?<br />
Grundsätzlich stehen mit der radikalen Nierenentfernung<br />
(Tumornephrektomie), der Nierenteilresektion und der endoskopischen<br />
(laparoskopischen) Nierenentfernung drei unterschiedliche operative<br />
Verfahren zur Verfügung.<br />
Welche Operationstechnik letztendlich im Gespräch mit Ihnen gewählt wird,<br />
ist von mehreren Faktoren abhängig. Solche Faktoren s<strong>in</strong>d die vor der<br />
Operation von Ihren behandelnden Ärzten vorgenommene Stadiene<strong>in</strong>teilung<br />
(z.B. Tumorgröße), bestehende Begleit- oder Grunderkrankungen und die<br />
Erfahrung der Operateure <strong>in</strong> der Anwendung der o.g. Operationstechniken.<br />
Welche operativen Zugangswege zur Nierenentfernung gibt es?<br />
Bei der Wahl des operativen Zugangsweges entscheidet wesentlich<br />
die Größe des Tumors. Bei kle<strong>in</strong>en, organbegrenzten Tumoren wird e<strong>in</strong><br />
Flankenschnitt von der Seite (extraperitoneal) <strong>in</strong> Höhe der 10., 11. oder<br />
12. Rippe bevorzugt. Bei größeren Tumoren mit dem Verdacht des Befalls<br />
von Nachbarorganen, wie z.B. der Nebenniere, wird zuweilen e<strong>in</strong> Zugang<br />
von vorne mit e<strong>in</strong>em Längs- oder Querschnitt durch die Bauchdecke<br />
gewählt (transabdom<strong>in</strong>ell). Bei der endoskopischen (laparoskopischen)<br />
Technik werden drei kle<strong>in</strong>e Schnitte an der Bauchdecke vorgenommen, um<br />
über Arbeitskanäle die Kamera und die Instrumente <strong>in</strong> den Körper e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen<br />
zu können.<br />
Fragen vor der Operation<br />
Wird e<strong>in</strong>e Bluttransfusion notwendig se<strong>in</strong>?<br />
Ob e<strong>in</strong>e Bluttransfusion im E<strong>in</strong>zelfall notwendig werden könnte, sollte im<br />
Vorfeld der Operation mit ihrem behandelnden Arzt besprochen werden.<br />
Grundsätzlich steigt das Risiko e<strong>in</strong>es erhöhten Blutverlustes mit der Größe<br />
des Tumors, e<strong>in</strong>em das Organ überschreitenden Wachstum oder gar bei<br />
e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>wachsen des Tumors <strong>in</strong> Blutgefäße. Somit werden vor der<br />
Operation die notwendigen Bluttests als Voraussetzung von Transfusionen<br />
rout<strong>in</strong>emäßig angefertigt.<br />
Macht e<strong>in</strong>e Eigenblutspende S<strong>in</strong>n?<br />
Über e<strong>in</strong>e Eigenblutspende nachzudenken macht erst S<strong>in</strong>n, wenn von e<strong>in</strong>er<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für e<strong>in</strong>e Bluttransfusion von mehr als 10% auszugehen<br />
ist. Bei Tumorpatienten wird die Eigenblutspende sehr zurückhaltend<br />
gehandhabt und meist nicht empfohlen. Hauptgrund ist e<strong>in</strong>e fortbestehende<br />
Unsicherheit e<strong>in</strong>er möglichen Tumorzellaussaat.<br />
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Über welche Komplikationen wird vor der Operation<br />
gesprochen ?<br />
„Ke<strong>in</strong> ärztlicher E<strong>in</strong>griff ist völlig frei von Risiken“. Mit diesen Worten beg<strong>in</strong>nt<br />
meist das wichtige Aufklärungsgespräch vor der Operation. Ohne dieses<br />
Gespräch werden Sie nicht operiert, da es die rechtliche Voraussetzung für<br />
Ihre operative Behandlung ist. Wir empfehlen dieses Gespräch nicht am<br />
letzten Tag vor der Operation, sondern idealerweise schon mehrere (!) Tage<br />
zuvor zu führen. Die Fülle der Informationen aus diesem Gespräch, <strong>in</strong>sbesondere<br />
zu den möglichen Komplikationen, und die Verunsicherung kurz<br />
vor der Operation, die völlig normal ist, können so besser verarbeitet<br />
werden. Ke<strong>in</strong> Arzt möchte se<strong>in</strong>en Patienten vor der Operation unnötig<br />
verängstigen. Trotzdem darf er aus rechtlichen Gründen ke<strong>in</strong>e wichtigen,<br />
aber e<strong>in</strong>schneidenden und pr<strong>in</strong>zipiell möglichen Komplikationen weglassen<br />
bzw. Ihnen diese vorenthalten.<br />
Welche Folgen hat die Operation für Nierenfunktion?<br />
Nach der Entfernung der vom Tumor befallenen Niere übernimmt die gesunde<br />
Niere der Gegenseite problemlos die Gesamtfunktion. Neben dem<br />
Laborwert Kreat<strong>in</strong><strong>in</strong> kann der Röntgenfacharzt <strong>in</strong> der Computertomographie<br />
ablesen, ob die Niere der Gegenseite ordnungsgemäß arbeitet. Würden sich<br />
durch die CT-Untersuchung Unsicherheiten über die Nierenfunktion ergeben,<br />
wären weitere Funktionsuntersuchungen notwendig. Dies ist <strong>in</strong> der<br />
Regel bei ansonsten gesunden Patienten aber nicht notwendig.<br />
Bleibt die Nebenniere bei dieser Operation erhalten?<br />
Da die Nebenniere am Oberpol der Niere direkt aufsitzt, ist sie je nach Lage<br />
des Tumors möglicherweise mit betroffen. In der Fachliteratur werden<br />
Nebennierenmetastasen <strong>in</strong> 1,4-5% der Fälle angegeben. F<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der<br />
Diagnostik e<strong>in</strong> Tumor am oberen Nierenpol oder besteht e<strong>in</strong><br />
Metastasenverdacht oder ist der Tumor sehr groß (größer als 7 cm), wird <strong>in</strong><br />
den meisten Fällen die Nebenniere ebenfalls mit entfernt. Bei unauffälliger<br />
bildgebender Diagnostik oder e<strong>in</strong>er Tumorlage im mittleren oder unteren<br />
Drittel kann auf e<strong>in</strong>e Nebennierenentfernung verzichtet werden.<br />
Habe ich etwas zu beachten, wenn e<strong>in</strong>e Nebenniere entfernt<br />
werden muss?<br />
Die Nebennieren s<strong>in</strong>d hormonproduzierende Organe, die jeweils an beiden<br />
Nieren vorhanden s<strong>in</strong>d. Bei der Entfernung e<strong>in</strong>er Nebenniere und e<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong>takten Nebenniere der Gegenseite ist <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e Hormongabe<br />
notwendig. Für den Zeitraum nach der Operation s<strong>in</strong>d nach der Entfernung<br />
der Nebenniere auch <strong>in</strong> der Lebensführung ke<strong>in</strong>e Besonderheiten zu<br />
beachten.<br />
Werden während der Operation auch Lymphknoten entfernt?<br />
Als gesichert gilt bisher, dass die Entfernung der Lymphknoten für die<br />
Beurteilung des weiteren Krankheitsverlaufes s<strong>in</strong>nvoll ist. Ob sich hieraus<br />
auch e<strong>in</strong> therapeutischer Vorteil entwickelt, ist wissenschaftlich bisher nicht<br />
|21
ewiesen. In der neuesten, methodisch gut aufgebauten Studie (randomisierte<br />
kontrollierte Studie) hat die European Organization for Research<br />
and Treatment of Cancer (EORTC, Protokoll 30881) nach 7 Jahren ke<strong>in</strong>en<br />
Unterschied im krankheitsfreien Intervall und der Überlebenszeit von<br />
Patienten mit e<strong>in</strong>em Nierenzellkarz<strong>in</strong>om gefunden, denen die Lymphknoten<br />
entfernt bzw. nicht entfernt worden s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e Langzeituntersuchung (länger<br />
als 10 Jahre) liegt bisher noch nicht vor.<br />
Daher ist e<strong>in</strong>e Lymphknotenentfernung nicht zw<strong>in</strong>gend vorgesehen. Sie wird<br />
von den Operateuren je nach vorangegangener Diagnostik und vorgefundenem<br />
Befund während der Operation fallweise vorgenommen.<br />
Die organerhaltende operative Therapie<br />
Welche Patienten kommen für e<strong>in</strong>e Teilentfernung <strong>in</strong> Frage?<br />
Die Empfehlung zur Nierenteilresektion kann bei Tumoren bis 4 cm Größe <strong>in</strong><br />
Abhängigkeit ihrer Lokalisation gegeben werden. Grundsätzlich wird die<br />
Indikation umso strenger gestellt, je näher der Tumor an größeren, zentral <strong>in</strong><br />
der Niere verlaufenden Gefäßen liegt. E<strong>in</strong> ausreichend großer Abstand von<br />
Tumor und großem Blutgefäß muss vorhanden se<strong>in</strong>. Das heißt, bei e<strong>in</strong>em<br />
direkt an e<strong>in</strong>em großen Blutgefäß der Niere liegenden kle<strong>in</strong>en Tumor<br />
(kle<strong>in</strong>er als 4 cm) wird die Niere <strong>in</strong> der Regel komplett entfernt werden<br />
müssen.<br />
Wie erfährt man, ob der Tumor auch vollständig entfernt<br />
worden ist?<br />
Bei der organerhaltenden Nierenteilresektion ist e<strong>in</strong> Sicherheitsabstand vom<br />
gesunden Nierengewebe von wenigen Millimetern ausreichend. Diese ganz<br />
wichtige Information bekommt der Operateur während der Operation durch<br />
den Pathologen als Schnellschnittdiagnose übermittelt. Schon während der<br />
Operation wird das entfernte Gewebe mikroskopisch untersucht. Werden an<br />
den Rändern des entfernten Gewebes Tumorzellen nachgewiesen, muss <strong>in</strong><br />
diesem Bereich weiteres Gewebe aus der Niere entfernt und erneut mikroskopisch<br />
untersucht werden. Eventuell ist der Tumor auf mikroskopischer<br />
Ebene schon soweit vorgedrungen, dass die Niere ganz entfernt werden<br />
muss. Dieses Vorgehen wird im Aufklärungsgespräch genau besprochen;<br />
das Ergebnis der Schnellschnitte erfahren Sie selbst auf der ersten Visite<br />
nach der Operation.<br />
Warum werden bevorzugt kle<strong>in</strong>ere Tumore organerhaltend<br />
entfernt?<br />
Studien, die das Überleben und bzw. das Neuauftreten der Krankheit (die<br />
Rezidive) von Patienten mit e<strong>in</strong>er Nierenteilresektion untersucht haben,<br />
haben übere<strong>in</strong>stimmend gezeigt, dass Patienten mit e<strong>in</strong>em Tumor von kle<strong>in</strong>er<br />
als 4 cm bessere 5- und 10-Jahres-Überlebensraten haben als Patienten<br />
mit Tumoren, die größer als 4 cm waren. Auch der Anteil von lokalen<br />
Rezidiven war bei Patienten mit Tumoren kle<strong>in</strong>er als 4 cm deutlich ger<strong>in</strong>ger.<br />
Diese Ergebnisse haben dazu geführt, diese Grenze von 4 cm <strong>in</strong> die letzte<br />
Überarbeitung der <strong>in</strong>ternationalen Stadiene<strong>in</strong>teilung mit e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />
|22
Wann werden größere Tumore organerhaltend operiert ?<br />
Von der Regel, möglichst nur Tumore, die kle<strong>in</strong>er als 4 cm s<strong>in</strong>d, organerhaltend<br />
zu operieren, gibt es Ausnahmen. Sie gelten <strong>in</strong>sbesondere für 1)<br />
Patienten mit bereits vorgeschädigten Nieren (e<strong>in</strong>geschränkte Nierenfunktion),<br />
2) für Patienten, die nur noch e<strong>in</strong>e Niere haben (E<strong>in</strong>zelniere) und<br />
3) für Patienten, bei denen auf beiden Nieren Nierentumore festgestellt<br />
worden s<strong>in</strong>d (bilateraler Organbefall).<br />
Bei dieser Patientengruppe droht bei der sofortigen Entfernung der<br />
tumortragenden Niere e<strong>in</strong>e so starke Funktionse<strong>in</strong>schränkung der Niere,<br />
dass e<strong>in</strong>e Dialyse wahrsche<strong>in</strong>lich nötig wird. Andererseits muss der Tumor<br />
auch im gesunden Gewebe entfernt werden können, damit e<strong>in</strong> wirksamer<br />
therapeutischer Effekt erzielt wird. In solchen Fällen s<strong>in</strong>d vielschichtige<br />
Gespräche im Vorfeld auch unter E<strong>in</strong>beziehung von Familienangehörigen<br />
und weiterer Fachgruppen (durchführender Dialysearzt) notwendig, um die<br />
möglichen Vorgehensweisen und damit verbundenen Risiken gegene<strong>in</strong>ander<br />
abzuwägen.<br />
Ist e<strong>in</strong>e Teilresektion gefährlicher als e<strong>in</strong>e Totalentfernung<br />
der Niere?<br />
Die operative Sterblichkeit liegt bei Nierenteilresektionen mit 1,5% nicht<br />
höher als bei der kompletten Tumorentfernung. Nachblutungen werden <strong>in</strong><br />
3% angegeben, während das Austreten von Ur<strong>in</strong> aus dem Nierenbecken<br />
(Ur<strong>in</strong>fistel) durch e<strong>in</strong> unbemerktes Öffnen des Nierenbeckenhohlsystems <strong>in</strong><br />
7-20% der Fälle die häufigste Komplikation darstellt.<br />
Die endoskopische Nierenentfernung<br />
Die endoskopische Nierenentfernung ist die jüngste Technik <strong>in</strong> der operativen<br />
Behandlung des <strong>Nierenkrebs</strong>es. Dabei wird die Bauchdecke nicht<br />
geöffnet, sondern über kle<strong>in</strong>e Schnitte Arbeitskanäle für e<strong>in</strong>e Kamera und<br />
die Operations<strong>in</strong>strumente <strong>in</strong> die Nierenregion geschaffen. Die Anwendung<br />
bleibt gegenwärtig noch auf kle<strong>in</strong>ere Tumore beschränkt. Vor der Operation<br />
wird man darüber aufgeklärt, dass man möglicherweise während des<br />
E<strong>in</strong>griffes zur offenen Operationstechnik wechseln muss. Dieser Wechsel<br />
dient Ihrer Sicherheit.<br />
Nach bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten sche<strong>in</strong>t diese<br />
Technik zur Krebsentfernung den klassischen operativen Behandlungsmöglichkeiten<br />
gleichgestellt zu se<strong>in</strong>. Lokalrezidive, Gesamt- und tumorspezifisches<br />
Überleben s<strong>in</strong>d vergleichbar. Als Vorteile der endoskopischen<br />
Nierenentfernung s<strong>in</strong>d die ger<strong>in</strong>geren postoperativen Schmerzen, e<strong>in</strong>e<br />
schnellere Erholung des Patienten sowie e<strong>in</strong>e verbesserte Narbenkosmetik<br />
zu nennen. Vermutet wird auch e<strong>in</strong> Vorteil für die Abwehrlage des Körpers<br />
(Immunsystem), belegt ist dies durch Studien bisher aber noch nicht. Die<br />
endoskopische Nierenentfernung ist bisher nur auf spezialisierte Kl<strong>in</strong>iken<br />
beschränkt. Fragen Sie Ihren Arzt, ob Sie für diese Technik <strong>in</strong> Frage kommen.<br />
|23
Was macht man bei e<strong>in</strong>er „m<strong>in</strong>imal<strong>in</strong>vasiven“<br />
Behandlung e<strong>in</strong>es<br />
Nierentumors?<br />
Gänzlich ohne direktes E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den Körper gibt es bis dato ke<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>isch<br />
wirksames Verfahren zur lokalen Behandlung e<strong>in</strong>es Nierentumors. Es<br />
gibt aber so genannte m<strong>in</strong>imal-<strong>in</strong>vasive Methoden. Dies s<strong>in</strong>d Ansätze, bei<br />
denen man mit kle<strong>in</strong>eren operativen Zugängen und ger<strong>in</strong>gerer Verletzung<br />
benachbarter Organe oder Gewebe den gleichen Behandlungserfolg wie<br />
bei e<strong>in</strong>er konventionellen Operation erzielen will; es werden dabei<br />
Nierentumore entweder mit extremer Wärme (100º C) (Radiofrequenzablation)<br />
oder mit extremer Kälte (Kryoablation) lokal behandelt.<br />
Dies wird entweder durch die Haut (perkutan, CT-gesteuert), endoskopisch<br />
oder offen operativ durchgeführt, die behandelten Tumore werden<br />
<strong>in</strong> der Niere belassen, auch wird die Niere nicht entfernt. Abschließende<br />
Aussagen zur Effektivität, ob also alle Tumorzellen durch diese Therapie<br />
abgetötet worden s<strong>in</strong>d, können erst <strong>in</strong> Nachuntersuchungen getroffen werden.<br />
Gegenwärtig werden meist nur Patienten mit e<strong>in</strong>em erhöhten operativen<br />
Risiko (schwere Begleiterkrankungen, z.B. starke E<strong>in</strong>schränkung der<br />
Nierenfunktion) mit diesen Methoden behandelt. Die bisher behandelten<br />
Tumore s<strong>in</strong>d meist nur bis zu 4 cm groß.<br />
Da es sich um noch sehr neue Methoden handelt, werden sie gegenwärtig<br />
im kl<strong>in</strong>ischen Alltag nur unter Studienbed<strong>in</strong>gungen wissenschaftlich bewertet.<br />
E<strong>in</strong>e auf wissenschaftliche Daten gestützte Beurteilung wird erst <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen Jahren im Langzeitverlauf möglich se<strong>in</strong>. Bitte fragen Sie Ihren<br />
behandelnden Arzt, ob <strong>in</strong> Ihrer konkreten Situation (Größe und Lage des<br />
Tumors und Begleiterkrankungen) diese Alternative s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong> könnte.<br />
Die Operation als l<strong>in</strong>dernder Therapieansatz<br />
Wo können Fernabsiedlungen (Fermetastasen) vorkommen?<br />
Wesentlichen E<strong>in</strong>fluss auf die Prognose und damit auf die Indikationsstellung<br />
e<strong>in</strong>er operativen Entfernung von Fernabsiedlungen (Fernmetastasen)<br />
haben die Anzahl der Metastasen, deren Lokalisation sowie der Zeitpunkt<br />
ihres Auftretens. Metastasen des Nierenzellkarz<strong>in</strong>oms f<strong>in</strong>den sich häufig <strong>in</strong><br />
der Lunge (31%), im Knochen (15%), <strong>in</strong> den Lymphknoten (14%), im Gehirn<br />
(8%) sowie <strong>in</strong> der Leber (5%). Grundsätzlich können Metastasen aber <strong>in</strong><br />
allen Organen auftreten.<br />
Wie können Fernabsiedlungen behandelt werden?<br />
Die Ziele <strong>in</strong> der Behandlung von Fernmetastasen orientieren sich an der<br />
Lokalisation, dem e<strong>in</strong>hergehenden Beschwerdebild und dem Ausmaß der<br />
Ausbreitung. E<strong>in</strong>e Heilung der Erkrankung ist beim Vorliegen von<br />
Fernmetastasen zumeist nicht mehr möglich. Somit steht die L<strong>in</strong>derung der<br />
Symptomatik im Vordergrund. Je nachdem, welche Organe (z.B. Lunge)<br />
betroffen s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d auch Verbesserungen der Überlebenszeit möglich.<br />
|24
L<strong>in</strong>dernde Effekte können grundsätzlich durch e<strong>in</strong>e Operation, e<strong>in</strong>e<br />
Bestrahlung oder e<strong>in</strong>e medikamentöse Therapie erreicht werden.<br />
Warum wird beim Nierentumor mit Fernabsiedlungen die<br />
betroffene Niere häufig entfernt?<br />
Bei fortgeschrittenem <strong>Nierenkrebs</strong> kann es <strong>in</strong> der Nierenregion zu andauernden<br />
Schmerzen oder zu wiederkehrenden oder sogar zu unstillbaren<br />
Blutungen des Nierentumors kommen. In diesen Fällen ist e<strong>in</strong>e operative<br />
Behandlung notwendig. Im fortgeschrittenen Stadium können durch die<br />
Nierenentfernung die Beschwerden spürbar gel<strong>in</strong>dert werden, psychologisch<br />
wirkt dieser E<strong>in</strong>griff ebenfalls vielfach entlastend. Die Prognose für das<br />
Überleben verändert sich für diese Patienten durch den E<strong>in</strong>griff jedoch nicht.<br />
Sollte bei Patienten <strong>in</strong> diesem Erkrankungsstadium e<strong>in</strong>e medikamentöse<br />
Therapie erwogen werden, haben Studien gezeigt, dass e<strong>in</strong>e<br />
Tumorentfernung vor e<strong>in</strong>er Immunchemotherapie (s.u.) die Überlebensraten<br />
verbessern kann.<br />
Die Operation von Fernabsiedlungen<br />
(Fernmetastasen)<br />
Lungenabsiedlungen<br />
Die Möglichkeit, Fernabsiedlungen operativ zu entfernen, besteht grundsätzlich,<br />
ist aber sowohl von der Lage der Fernabsiedlungen <strong>in</strong> der Lunge<br />
als auch von ihrer Anzahl abhängig.<br />
Weiterh<strong>in</strong> entscheidend für die Prognose ist auch der Zeitpunkt des<br />
Auftretens der Metastasen. Treten <strong>in</strong>nerhalb der ersten 2 1 / 2 Jahre nach e<strong>in</strong>er<br />
Nierenentfernung beispielsweise Lungenabsiedlungen auf, ist die<br />
Prognose trotz operativer Resektion deutlich schlechter, als wenn sie nach<br />
dieser Zeit nachgewiesen werden. Somit profitieren <strong>in</strong>sbesondere Patienten<br />
mit e<strong>in</strong>zelnen Absiedlungen (und lokaler Entfernbarkeit) mit e<strong>in</strong>em Auftreten<br />
nach mehr als 2 Jahren von e<strong>in</strong>em operativen Vorgehen.<br />
Knochenabsiedlungen<br />
Patienten mit vielen, operativ nicht zugänglichen Fernabsiedlungen wird<br />
e<strong>in</strong>er medikamentösen Therapie (s. Kap. Systemische Immunchemotherapie)<br />
empfohlen.<br />
Bei Knochenabsiedlungen ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Operation dann notwendig,<br />
wenn Knochenbrüche, neurologische Ausfallersche<strong>in</strong>ungen (z.B. Taubheit,<br />
Kribbeln) oder sogar e<strong>in</strong>e Querschnittslähmung drohen. Grundsätzlich muss<br />
bei jeder Form der Metastasenchirurgie das operative Risiko <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vertretbaren<br />
Verhältnis zum erreichbaren Erfolg stehen. Was das genau bedeuten<br />
kann, ist im E<strong>in</strong>zelfall sehr unterschiedlich und bedarf e<strong>in</strong>er sorgfältigen,<br />
abwägenden Beratung mit den behandelnden Ärzten, ggf. auch der<br />
E<strong>in</strong>beziehung der Angehörigen. Grundsätzlich können betroffene<br />
Knochenregionen auch bestrahlt werden. Die Bestrahlungstherapie hat<br />
sowohl e<strong>in</strong>en schmerzl<strong>in</strong>dernden als auch e<strong>in</strong>en knochenstabilisierenden<br />
Effekt.<br />
|25
Hirnabsiedlungen<br />
Bei Hirnabsiedlungen steht die L<strong>in</strong>derung der Beschwerden im<br />
Vordergrund. Durch e<strong>in</strong>e operative Entlastung werden neurologische<br />
Symptome verh<strong>in</strong>dert oder abgeschwächt. Im E<strong>in</strong>zelfall können verschiedene<br />
l<strong>in</strong>dernde Therapieansätze auch mite<strong>in</strong>ander komb<strong>in</strong>iert werden.<br />
Was leistet e<strong>in</strong>e Strahlenbehandlung?<br />
E<strong>in</strong>e Anwendung der Strahlentherapie <strong>in</strong> re<strong>in</strong> heilender Absicht wird nicht<br />
durchgeführt. Der E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er Bestrahlung auf das Wachstumsverhalten<br />
e<strong>in</strong>es Nierentumors selbst ist äußerst ger<strong>in</strong>g.<br />
Allgeme<strong>in</strong> akzeptiert ist sie jedoch bei frakturgefährdeten Knochenabsiedlungen<br />
sowie bei symptomatischen Absiedlungen im Gehirn- dort<br />
wird sie l<strong>in</strong>dernd e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Medikamentengabe als<br />
lebensverlängernde Therapie<br />
Chemotherapie<br />
Im Kampf gegen den <strong>Nierenkrebs</strong> haben sich re<strong>in</strong>e Chemotherapeutika<br />
oder Formen der Bestrahlung als nicht wirksam herausgestellt. Für re<strong>in</strong>e<br />
Chemotherapeutika fanden Wissenschaftler bei der Zusammenstellung von<br />
73 Studien mit 3.502 Patienten heraus, dass unterschiedliche Therapien<br />
e<strong>in</strong>es oder mehrerer Chemotherapeutika die Prognose nicht verbessern<br />
konnten. Somit wird der <strong>Nierenkrebs</strong> übere<strong>in</strong>stimmend als chemotherapieresistent<br />
e<strong>in</strong>gestuft. E<strong>in</strong>en anderen medikamentösen Therapieansatz stellt<br />
aber die Immuntherapie dar.<br />
Immuntherapie<br />
Was s<strong>in</strong>d die Grundideen <strong>in</strong> der Immuntherapie beim<br />
fortgeschrittenen <strong>Nierenkrebs</strong> ?<br />
Geme<strong>in</strong>samer Nenner aller Immuntherapien ist es, durch die Stimulation der<br />
körpereigenen Abwehr (Immunsystem) das biologische Verhalten der<br />
Tumorzellen so zu verändern, dass die Tumorzellen absterben, die gesunden<br />
Zellen aber überleben.<br />
|26
Spezifische Immuntherapie<br />
Die spezifische Stimulation der körpereigenen Abwehr wird unter der<br />
Annahme durchgeführt, dass sich körpereigene Abwehrzellen durch <strong>in</strong>aktivierte<br />
Tumorzellen auf die Tumorzelle „abrichten“ lassen. Diese sollen<br />
sich dann gegen die eigentlichen Tumorzellen richten. Mit den bisher e<strong>in</strong>gesetzten<br />
Konzepten als l<strong>in</strong>dernder Therapieansatz konnten nur ger<strong>in</strong>ge<br />
Ansprechraten (1-2%) und ke<strong>in</strong> Überlebensvorteil erreicht werden. Diese<br />
„Tumorimmunisierungen“, die noch an der Laborbank große Hoffnungen<br />
geweckt hatten, verliefen bisher <strong>in</strong> kl<strong>in</strong>ischen Studien leider enttäuschend.<br />
Systemische unspezifische Immunchemotherapie<br />
Diese Form der Immunchemotherapie wird mit so genannten Zytok<strong>in</strong>en<br />
durchgeführt. Zytok<strong>in</strong>e werden auch natürlicherweise im menschlichen<br />
Körper von e<strong>in</strong>er Vielzahl unterschiedlicher Zellen gebildet und haben e<strong>in</strong>e<br />
hormonähnliche Wirkung. Insbesondere aktivieren sie auch Immunzellen.<br />
In der Behandlung des <strong>Nierenkrebs</strong>es werden seit mehr als 15 Jahren<br />
hauptsächlich Interferone, Interleuk<strong>in</strong>e als Zytok<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zeln, <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />
mite<strong>in</strong>ander oder <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>em Chemotherapeutikum e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Es gibt <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e große Zahl unterschiedlicher Behandlungsprotokolle.<br />
Die Zytok<strong>in</strong>e werden mittlerweile überwiegend nach e<strong>in</strong>em festgeschriebenen<br />
Zeitplan unter die Haut gespritzt. In Teilen kann dies von den Patienten<br />
nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>weisung selbst zu Hause bewerkstelligt werden. E<strong>in</strong> längerer<br />
stationärer Aufenthalt ist <strong>in</strong> der Regel nicht Voraussetzung.<br />
Alle Formen der Behandlung mit Zytok<strong>in</strong>en, <strong>in</strong> welcher Komb<strong>in</strong>ation auch<br />
immer, haben nur e<strong>in</strong>e behördliche Zulassung als l<strong>in</strong>dernde Therapie beim<br />
fortgeschrittenen <strong>Nierenkrebs</strong> mit Fernabsiedlungen. E<strong>in</strong>e Immunchemotherapie<br />
bei e<strong>in</strong>em lokal fortgeschrittenen, aber nicht metastasierten<br />
Nierentumor (Stadium T3, T4) sowie bei e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong> auf die Niere begrenzten<br />
Tumor (Stadium T1, T2) wird nicht durchgeführt. H<strong>in</strong>tergrund dieser<br />
Beschränkung s<strong>in</strong>d Ergebnisse aus kl<strong>in</strong>ischen Studien, die ke<strong>in</strong>e<br />
ausreichenden Effekte zu diesem Zeitpunkt der Erkrankung durch Zytok<strong>in</strong>e<br />
nachweisen konnten.<br />
Fragen vor der Medikamentengabe<br />
Welche Wirkung hat e<strong>in</strong>e Immuntherapie auf den<br />
Krankheitsverlauf im Krankheitsstadium mit Fernabsiedlungen?<br />
In der Bevölkerung ist die Me<strong>in</strong>ung weit verbreitet, dass Chemotherapien<br />
viele Nebenwirkungen haben und meist nur begrenzt helfen- also mehr<br />
schaden als nutzen. Es sollte daher vor e<strong>in</strong>er solchen geplanten Therapie<br />
jedem Therapeuten die Frage gestellt werden, was man bezogen auf se<strong>in</strong><br />
Krankheitsstadium von der Behandlung erwarten darf und kann. Hierbei<br />
geht es natürlich um die Frage, wie lebensverlängernd, aber auch wie<br />
verträglich die Therapie ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese<br />
Therapie nicht bei allen Patienten gleich gut wirksam ist. In der Tendenz<br />
greift sie bei Patienten mit Lungenabsiedlungen besser als bei Patienten mit<br />
Knochenabsiedlungen.<br />
|27
Wie bekommt man bei den vielen veröffentlichten<br />
Therapieergebnissen e<strong>in</strong>en Überblick? Wer bietet Hilfen?<br />
Dass es auch für Profis fast nicht mehr möglich ist, bei der Unmenge von<br />
Studien e<strong>in</strong>en Überblick zu behalten, ist nicht nur e<strong>in</strong> Phänomen der<br />
Mediz<strong>in</strong>, sondern e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es. Selbst der aktuell <strong>in</strong>formierte, motivierte<br />
Arzt hat zuweilen Schwierigkeiten, neue Ergebnisse richtig e<strong>in</strong>zuordnen,<br />
<strong>in</strong>sbesondere dann, wenn sie bestehendes Wissen <strong>in</strong> Frage stellen oder<br />
dem gar widersprechen.<br />
Aus dieser unbefriedigenden Situation heraus entstand 1993 die Cochrane<br />
Collaboration (CC), e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>nützige <strong>in</strong>ternationale Organisation, mit dem<br />
Ziel, aktuelle Informationen und die wissenschaftliche Wertigkeit allgeme<strong>in</strong><br />
verfügbar zu machen. Ziel ist es, Mediz<strong>in</strong>ern Entscheidungen zu erleichtern<br />
und Patienten aufzuklären. Hierzu werden zu Themen Übersichtsarbeiten<br />
erstellt, die regelmäßig aktualisiert werden. Zum Thema „Immuntherapie<br />
beim fortgeschrittenen <strong>Nierenkrebs</strong>“ ist zuletzt 2005 e<strong>in</strong>e Aktualisierung von<br />
der Datenbank der Cochrane Collaboration veröffentlicht worden.<br />
Welche Vokabeln muss ich kennen, um<br />
Ergebnisse aus kl<strong>in</strong>ischen Medikamentenstudien<br />
richtig e<strong>in</strong>ordnen zu können?<br />
Wenn man sich mit Behandlungsergebnissen kl<strong>in</strong>ischer Studien ause<strong>in</strong>ander<br />
setzen möchte, <strong>in</strong>sbesondere der Studien, die die Wirksamkeit von<br />
Medikamenten untersuchen, ist es hilfreich, wenn man weiß, was die<br />
benutzten Begriffen bedeuten. Es ist auch leichter, die beschriebenen<br />
Erfolge für sich bewerten zu können. Sie sollten aber <strong>in</strong> jedem Fall die<br />
Me<strong>in</strong>ung und Erfahrung der Therapeuten zur Me<strong>in</strong>ungsbildung heranziehen.<br />
Ansprechrate<br />
Bei dem Begriff Ansprechrate geht es darum, bei wie vielen Patienten sich<br />
e<strong>in</strong>e Erkrankung aufgrund e<strong>in</strong>er Bandlung zurückbildet. Die Ansprechrate<br />
wird üblicherweise <strong>in</strong> Prozent ausgedrückt. Bildet sich der Tumor zum<br />
Beispiel bei 50 von 100 Krebskranken nach e<strong>in</strong>er Chemotherapie zurück,<br />
würde man von e<strong>in</strong>er Ansprechrate von 50% sprechen.<br />
Remission<br />
Unter Remission versteht man zunächst die Rückbildung von<br />
Krankheitssymptomen. Dabei werden zwei Formen unterschieden, und zwar<br />
die Teilremission und die Komplett- bzw. Vollremission. Von Teilremission<br />
spricht man, wenn der Rückgang von Krankheitszeichen nur vorübergehend<br />
oder nur teilweise (z.B. Verkle<strong>in</strong>erung des Tumors) ist. Bei der Vollremission<br />
s<strong>in</strong>d die Krankheitssymptome vollständig verschwunden (z.B. Tumor nicht<br />
mehr nachweisbar).<br />
|28
Stable disease<br />
Direkt aus dem Englischen übersetzt bedeutet dieser Begriff „Stabile<br />
Krankheit“. Bei e<strong>in</strong>er Krebserkrankung wird von e<strong>in</strong>er „stable disease“<br />
gesprochen, wenn sich der Tumor bzw. die Tumorerkrankung über e<strong>in</strong>en<br />
längeren Zeitraum h<strong>in</strong>weg nicht ändert, d.h. ke<strong>in</strong>e Größenzunahme, ke<strong>in</strong>e<br />
Änderung (Zunahme) der Beschwerden.<br />
Heilung<br />
In der Mediz<strong>in</strong> kann bei Tumorerkrankungen von Heilung erst gesprochen<br />
werden, wenn auch die letzte Tumorzelle im Körper beseitigt worden ist. Da<br />
man diesen Beweis so gut wie nie antreten kann, hat man sich darauf<br />
gee<strong>in</strong>igt, lieber von Remission zu sprechen. Dies ist der Fall, wenn alle<br />
Tumorherde nach e<strong>in</strong>er Behandlung nicht mehr nachgewiesen werden<br />
können (Vollremission). Dies kann je nach Tumorart viele Jahre anhalten.<br />
Mortalitätsrate<br />
Sterberate – Anteil der Personen, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er def<strong>in</strong>ierten Zeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
def<strong>in</strong>ierten Anzahl Menschen an e<strong>in</strong>er bestimmten Erkrankung versterben.<br />
Für <strong>Nierenkrebs</strong> lag die Mortalitätsrate <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im Jahr 2002<br />
beispielsweise bei 9,5 Todesfällen auf 100.000 Männer.<br />
Überlebensrate<br />
Die (absolute) Überlebensrate beschreibt den Anteil von Patienten, die nach<br />
e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit noch leben. E<strong>in</strong>e 5-Jahres-Überlebensrate von 80%<br />
heißt, dass von 100 Patienten nach 5 Jahren noch 80 Patienten leben.<br />
Neben der absoluten Überlebensrate, die im Pr<strong>in</strong>zip nur auf das Überleben<br />
selbst abzielt, wurden für die Beurteilung e<strong>in</strong>es Behandlungserfolgs weitere<br />
Parameter def<strong>in</strong>iert:<br />
Beim rezidivfreien Überleben wird die Zeitspanne ohne e<strong>in</strong> Wiederauftreten<br />
der Krebserkrankung betrachtet. Ähnlich ist das progressionsfreie Überleben<br />
def<strong>in</strong>iert, bei dem die Zeit bis zum ersten Auftreten bzw.<br />
Weiterwachsen der Krebserkrankung berücksichtigt wird.<br />
Grundlegendes zur Literaturbewertung<br />
E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe der Cochrane Collaboration suchte <strong>in</strong> gängigen mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Literaturdatenbanken nach (randomisierten) Studien zur<br />
Immuntherapie mit Ergebnissen zum Überleben bzw. zu den Ansprechraten.<br />
Hierbei beschränkte man sich auf Arbeiten, die methodisch entweder<br />
Behandlungsprotokolle gegene<strong>in</strong>ander oder gegen Nicht-Immuntherapeutika<br />
verglich. Es s<strong>in</strong>d dies die „handwerklich“ am aufwendigsten<br />
erstellten Studien, die die höchste Aussagekraft haben und die ger<strong>in</strong>gsten<br />
Fehlerquellen be<strong>in</strong>halten.<br />
Systemische unspezifische Immunchemotherapie<br />
Die Cochrane Collaboration fand 53 Studien mit <strong>in</strong>sgesamt 6.117 Patienten<br />
vor. 32 dieser Studien berichteten über die 1-Jahres-Überlebensraten. Die<br />
mite<strong>in</strong>ander komb<strong>in</strong>ierten Daten verschiedener Immuntherapien zeigte <strong>in</strong><br />
12,9% Teil- oder Vollremissionen, <strong>in</strong> den Kontrollgruppen (also ke<strong>in</strong>e<br />
Immuntherapie) betrug diese Quote 2,5% und bei den Placebogruppen<br />
4,3%. |29
Insbesondere das Interferon alfa Therapie bewirkte gegenüber den<br />
Kontrollgruppen (ke<strong>in</strong>e Immuntherapie) e<strong>in</strong>e um 2,6 Monate längere mittlere<br />
Überlebensrate, e<strong>in</strong>e um 27% reduzierte 1-Jahres-Sterblichkeitsrate<br />
sowie e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derung des Risikos um 22%, <strong>in</strong>nerhalb der ersten 2 Jahre am<br />
<strong>Nierenkrebs</strong> zu sterben. E<strong>in</strong>e optimale Dosierung ist aber nicht identifiziert<br />
worden.<br />
Systemische unspezifische Immunchemotherapie plus<br />
Nierenentfernung<br />
Zwei Studien untersuchten die Bedeutung der Nierenentfernung vor e<strong>in</strong>er<br />
Interferon alfa-Gabe bei Patienten mit Fernabsiedlungen und nur ger<strong>in</strong>gen<br />
Symptomen. Beide Studien zeigten übere<strong>in</strong>stimmend, dass operierte<br />
Patienten, die anschließend Interferon alfa erhalten haben, e<strong>in</strong>en Überlebensvorteil<br />
von statistisch 4,8 Monaten gegenüber den Patienten haben, die<br />
nur Interferon alfa bekommen haben (also nicht operiert worden s<strong>in</strong>d).<br />
Trends <strong>in</strong> aktuellen Studien<br />
– Neue Wege?<br />
Spezifische Immuntherapie<br />
Weltweit bearbeiten e<strong>in</strong>ige Arbeitsgruppen die Frage, wie man das Risiko<br />
e<strong>in</strong>es Weiterwachsens der <strong>Nierenkrebs</strong>erkrankung senken könnte. Es geht<br />
dabei um Patienten, bei denen entweder e<strong>in</strong> großer, lokal begrenzter oder<br />
e<strong>in</strong> organüberschreitender Tumor bereits operiert worden ist, der aber bis<br />
dato ke<strong>in</strong>e Fernabsiedlungen gezeigt hat. Da man weiß, dass <strong>in</strong>sbesondere<br />
diese Nierentumore zu e<strong>in</strong>em hohen Prozentsatz zur Weiterentwicklung<br />
neigen, wäre e<strong>in</strong> Senken dieses Risikos von großer Bedeutung.<br />
In e<strong>in</strong>er (randomisierten) Studie wurde den Patienten zuerst die tumortragende<br />
Niere entfernt und anschließend aus diesen Tumorzellen e<strong>in</strong><br />
Impfstoff produziert und dem Patienten anschließend wieder verabreicht. Im<br />
Vergleich zu den operierten, aber nicht geimpften Patienten der gleichen<br />
Risikogruppe zeigten die geimpften Patienten erstmalig e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />
Risiko e<strong>in</strong>es Weiterwachsens der <strong>Nierenkrebs</strong>erkrankung. Diese Studie hat<br />
viel Aufsehen erregt und wird auch kritisch diskutiert. Ergebnisse weiterer<br />
Studien stehen noch aus.<br />
Medikamente zur Hemmung der Blutgefäßneubildung im Tumor<br />
E<strong>in</strong> neuer biologischer Ansatz wird gegenwärtig im Rahmen kl<strong>in</strong>ischer<br />
Studien über den metastasierten <strong>Nierenkrebs</strong> untersucht. Durch den E<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong>es spezifischen Antikörpers (gegen VEGF: vascular endothelial growth<br />
factor) wird <strong>in</strong> den Tumoren e<strong>in</strong>e Gefäßneubildung (Angiogenese) verm<strong>in</strong>dert,<br />
durch die e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung verlangsamt werden soll.<br />
Erstmalig wurde mit e<strong>in</strong>em solchen Ansatz im Vergleich zu e<strong>in</strong>er Placebo-<br />
Gruppe e<strong>in</strong>e Verlängerung des progressionsfreien Überlebens um 2,5<br />
Monate bei Patienten mit e<strong>in</strong>em metastasierten <strong>Nierenkrebs</strong> nachgewiesen.<br />
Remissionsraten oder das Gesamtüberleben blieben aber gleich.<br />
|30
Selbstheilung ohne Therapie<br />
– Gibt es das?<br />
Was bedeutet e<strong>in</strong>e Spontanremission?<br />
Die Spontanremission wird nach Everson und Cole (1966) def<strong>in</strong>iert als<br />
teilweise oder vollständige Rückbildung e<strong>in</strong>es bösartigen Tumors ohne jede<br />
therapeutische Maßnahme oder unter e<strong>in</strong>er Behandlung, die als nicht angemessen<br />
angesehen wird. Spontanremissionen von Metastasen werden <strong>in</strong><br />
bis zu 0,8% aller Nierenzellkarz<strong>in</strong>ome beschrieben, wobei bei fast allen <strong>in</strong><br />
der Literatur beschriebenen Fällen zuvor e<strong>in</strong>e Nierenentfernung durchgeführt<br />
worden ist. Bei diesen aufgeführten Fällen handelt es sich<br />
vorwiegend um Fernabsiedlungen <strong>in</strong> der Lunge. Aber: Ke<strong>in</strong> Urologe wird bei<br />
e<strong>in</strong>em metastasierten Nierentumor nur deshalb die Entfernung der Niere<br />
anstreben, um e<strong>in</strong>e Spontanremission anzuregen. Hierzu ist die operative<br />
Sterblichkeit viel zu hoch.<br />
E<strong>in</strong>e wissenschaftliche Erklärung für dieses reale, aber seltene Phänomen<br />
gibt es nicht, u.a. werden Faktoren des Abwehrhaushaltes (Immunologie)<br />
diskutiert. Auch die Aufarbeitung von Krankengeschichten von Patienten,<br />
die e<strong>in</strong>e Spontanremission durchlebt haben, haben bisher ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen<br />
Erklärungsansatz (Krankheitsverhalten, Krankheitsbewältigung,<br />
Lebensgewohnheiten, psychosoziale Faktoren) zeigen können.<br />
|31
Nach der Therapie<br />
Warum muss e<strong>in</strong>e Tumornachsorge<br />
erfolgen?<br />
E<strong>in</strong>e Tumornachsorge hat den S<strong>in</strong>n, nach e<strong>in</strong>er abgeschlossenen<br />
Tumorbehandlung den weiteren Verlauf der Tumorerkrankung zu beobachten,<br />
um im Falle e<strong>in</strong>es Wiederaufflammens oder e<strong>in</strong>es Fortschreitens<br />
rechtzeitig weitere Therapieansätze anbieten zu können. Denn je weiter der<br />
Tumor zum Zeitpunkt der Erstbehandlung schon gewachsen ist, desto höher<br />
ist die Gefahr, dass die Erkrankung doch fortschreitet.<br />
Tabelle 6: Nachsorgeschema: Leitl<strong>in</strong>ien der DGU und der Deutschen<br />
Krebsgesellschaft (AWMF, 2000) nach operativer Tumorentfernung bei<br />
Nierenzellkarz<strong>in</strong>om<br />
Nachsorgeschema<br />
Untersuchung Anamnese, kl<strong>in</strong>ischer Befund, Röntgen des<br />
Thorax, Sonographie des Abdomen<br />
(Bauchhöhle)<br />
bei unklaren Befunden:<br />
CT-Abdomen (ggf. MRT)<br />
Labor: Alkalische Phosphatase,<br />
Hämoglob<strong>in</strong>gehalt (Hb), Blutsenkung (BSG)<br />
Untersuchungszeitpunkte Alle 3 Monate im 1. u. 2. Jahr<br />
Alle 6 Monate im 3. u. 4. Jahr<br />
1x jährlich ab dem 5.Jahr<br />
Dauer der Nachsorge 10 Jahre<br />
Es gibt viele unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen, ob man zu jedem Untersuchungszeitpunkt<br />
e<strong>in</strong>e Computertomographie durchführen sollte. Nach<br />
den Leitl<strong>in</strong>ien der europäischen Urologenvere<strong>in</strong>igung (EAU) wird e<strong>in</strong> CT nur<br />
bei e<strong>in</strong>em erhöhten Risiko durchgeführt. Dazu zählen a) e<strong>in</strong> Zweittumor <strong>in</strong><br />
der zweiten Niere, b) e<strong>in</strong>e erfolgte Nierenteilresektionen und c) lokal fortgeschrittene<br />
Tumoren im Stadium T3 oder T4. E<strong>in</strong>e Nierenfunktionsprüfung f<strong>in</strong>det<br />
nicht rout<strong>in</strong>emäßig statt.<br />
Wird e<strong>in</strong> Fortschreiten der Tumorerkrankung während der Nachsorge nachgewiesen,<br />
muss je nach Lokalisation und Ausmaß <strong>in</strong>dividuell entschieden<br />
werden, welche weiteren Maßnahmen getroffen werden sollten- <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong>dividuellen Beratung und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vertrauensvollen Teamwork von<br />
Patienten, Angehörigen und behandelnden Ärzten.<br />
|32
Rehabilitation<br />
Nach e<strong>in</strong>er onkologischen Therapie hat jeder Patient e<strong>in</strong> Recht auf e<strong>in</strong>e<br />
3-wöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme, bei der e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />
der Leistungsfähigkeit erreicht werden soll. Sie muss beim Kostenträger<br />
beantragt werden. Neben e<strong>in</strong>er Verbesserung der körperlichen Funktionen<br />
liegt e<strong>in</strong> Schwerpunkt <strong>in</strong> der Betreuung seelischer Probleme. Ängste, verm<strong>in</strong>derte<br />
Leistungsfähigkeit oder Unsicherheiten im Umgang mit<br />
Therapiefolgen können <strong>in</strong> psychoonkologischen E<strong>in</strong>zel- oder Gruppentherapien<br />
behandelt werden. Weitere Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Krankheitsverarbeitung<br />
s<strong>in</strong>d durch Gespräche mit Mitpatienten, durch das Erlernen<br />
von Entspannungstechniken und die E<strong>in</strong>beziehung der Angehörigen bei<br />
Aufklärungen und Informationssem<strong>in</strong>aren im Rahmen e<strong>in</strong>er Rehabilitation<br />
möglich. Ziel ist es, dass Sie wieder möglichst schnell ihre gewohnten<br />
Tätigkeiten im Alltag aufnehmen können.<br />
Krankheitsbewältigung<br />
Viele Patienten berichten, dass Sie nach abgelaufener stationärer<br />
Behandlung und Rehabilitation zu Hause erst richtig zu Ruhe kämen und<br />
sich vergegenwärtigten, was mit ihnen eigentlich passiert sei.<br />
Die Art und Weise, sich mit der eigenen Krebserkrankung ause<strong>in</strong>ander zu<br />
setzen ist sehr unterschiedlich, so dass man e<strong>in</strong>heitliche Empfehlungen nur<br />
sehr bed<strong>in</strong>gt aussprechen kann. Erfahrungen aus dem Alltag der<br />
Patientenversorgung zeigen, dass vielfach <strong>in</strong>sbesondere die Sorgen und<br />
Ängste der Krebspatienten <strong>in</strong> der Arztpraxis <strong>in</strong> kurzen Gesprächen nicht<br />
umfassend bearbeitet werden können. Somit schließen diese Lücke spezielle<br />
Krebsberatungsstellen oder psychosoziale Beratungsstellen.<br />
Hier kann man, zugeschnitten auf <strong>in</strong>dividuelle Notwendigkeiten, u.a.<br />
Entspannungstechniken erlernen, um die Ängste zu verr<strong>in</strong>gern und sich<br />
somit seelisch zu stabilisieren. Aber auch familientherapeutische Gespräche<br />
können begonnen werden, wenn es durch die Erkrankung zu Krisen <strong>in</strong> der<br />
Familie oder Partnerschaft gekommen se<strong>in</strong> sollte. Ziel aller Ansätze ist es,<br />
durch s<strong>in</strong>nvolle körperliche Aktivität, Arbeit mit Gefühlen, Entspannungsanleitungen<br />
und unter Umständen mit der Suche nach neuen Lebenszielen<br />
das Wohlbef<strong>in</strong>den wieder zu steigern. Scheuen Sie sich nicht, sich mit diesen<br />
Angeboten ause<strong>in</strong>ander zu setzen und sie zum<strong>in</strong>dest auszuprobieren!<br />
Selbsthilfe<br />
Durch die Mitarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe kann e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />
persönlicher Lebensumstände (Hilfestellung unterschiedlichster Art) durch<br />
Gespräche und Erfahrungsaustausch mit gleichartig Betroffenen erreicht<br />
werden. Geleitet werden Selbsthilfegruppen zumeist durch nicht professionelle<br />
Helfer. Nach Schätzungen geht man davon aus, dass es <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> zwischen 70.000 bis 100.000 Selbsthilfegruppen gibt, <strong>in</strong> denen<br />
ca. 3 Millionen Menschen krankheitsübergreifend organisiert s<strong>in</strong>d. Im<br />
Bereich der <strong>Nierenkrebs</strong>erkrankungen existiert auf Bundesebene bei<br />
|33
Redaktionsschluss noch ke<strong>in</strong>e Selbsthilfegruppe. Viele Selbsthilfegruppen<br />
nehmen aber auch Menschen mit anderen Erkrankungen auf und bieten<br />
Hilfestellungen an. Informationen zu Neugründungen bietet auch die<br />
Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung<br />
von Selbsthilfegruppen NAKOS (www.nakos.de.).<br />
Ärzte und Patienten als<br />
Partner von Anfang an<br />
Wenn man mit der Diagnose <strong>Nierenkrebs</strong> konfrontiert wird, reagiert man<br />
zunächst erschrocken, panisch, ängstlich und sucht vertrauensvolle<br />
Ansprechpartner. Diese hofft man unter Angehörigen und unter den Ärzten,<br />
später auch beim Pflegepersonal, dem Sozialdienst und ggf. bei Psychologen<br />
(Psychoonkologen) zu f<strong>in</strong>den, mit denen man die nächsten schweren<br />
Schritte gehen möchte.<br />
Aus vielen Gesprächen mit Patienten wissen wir aber, dass das wahre Leben<br />
oft ganz anders und schwieriger aussieht. Die Mediz<strong>in</strong>er z.B. drücken sich<br />
für mediz<strong>in</strong>ische Laien meist unverständlich aus, Gespräche f<strong>in</strong>den nicht <strong>in</strong><br />
angemessener Form statt (Räumlichkeiten, zeitlicher Rahmen,<br />
Gesprächsatmosphäre usw.).<br />
Dabei ist diese Notlage vieler Patienten seit langem bekannt, Verbesserungen<br />
zeigen sich aber nur langsam. Mittlerweile s<strong>in</strong>d die<br />
Patientenrechte <strong>in</strong>ternational <strong>in</strong> der Deklaration von Lissabon (1995)<br />
sowie speziell für <strong>Deutschland</strong> festgelegt und veröffentlicht (www.bundesärztekammer.de).<br />
Zu den Patientenrechten gehören u .a. das Recht auf<br />
Beratung und Aufklärung und das Recht auf e<strong>in</strong>e zweite ärztliche Me<strong>in</strong>ung;<br />
die auch <strong>in</strong> der „Patientencharta 2003“ aufgenommen s<strong>in</strong>d und von allen<br />
Beteiligten im Gesundheitswesen unterstützt werden (www. bmj.de). Ziel ist<br />
es, den Kranken vom Betroffenen zum Beteiligten werden zu lassen.<br />
Wie soll man als Patient aber <strong>in</strong>dividuell diesen Wunsch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Alltag<br />
umsetzen, wie kann Partnerschaft entstehen? Hier gibt es ke<strong>in</strong>e goldene<br />
Regel, nach der man sich richten kann, hierzu s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Voraussetzungen zu verschieden.<br />
Aber:<br />
Versuchen Sie sich klar zu machen, welche Form des Verhältnisses Sie sich<br />
mit ihrem Therapeuten wünschen. Was können Sie von sich aus dafür tun?<br />
Vielleicht hilft Ihnen für e<strong>in</strong> erstes Gespräch, wenn Sie die ärztliche<br />
Information als Dienstleistung – wie jede andere auch – sehen, die Sie<br />
benötigen, um e<strong>in</strong>e wichtige Entscheidung treffen zu können.<br />
Weitere Anregungen zum Patientenverhalten f<strong>in</strong>den sie auch im<br />
blauen Ratgeber Teamwork „Krebspatienten und Ärzte als Partner“<br />
(www.krebshilfe.de).<br />
Zu e<strong>in</strong>em gewachsenen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient<br />
kann es auch gehören, sich mit Formen e<strong>in</strong>es krebsbed<strong>in</strong>gten Todes ause<strong>in</strong>ander<br />
zu setzen.<br />
|34
Die Patientenverfügung<br />
Die Patientenverfügung ist e<strong>in</strong>e Willensäußerung e<strong>in</strong>es Patienten, auf<br />
sterbens- und leidensverlängernde Maßnahmen zu verzichten. Dieser<br />
Verzicht (z. B. auf Beatmung, Bluttransfusion oder künstliche Ernährung)<br />
bezieht sich auf e<strong>in</strong>en Zustand der Bewusstlosigkeit mit unumkehrbaren<br />
Gehirnschädigungen oder die Situation, <strong>in</strong> der der Sterbeprozess bereits<br />
begonnen hat und die betroffene Person nicht mehr <strong>in</strong> der Lage ist, eigene<br />
Entscheidungen über die Therapiemaßnahmen zu treffen.<br />
Falls Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Situation geraten, <strong>in</strong> der Sie nicht mehr <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d,<br />
selbst über mediz<strong>in</strong>ische Maßnahmen zu entscheiden, ist die von Ihnen verfasste<br />
Patientenverfügung von dem Arzt oder der Ärzt<strong>in</strong> als wichtige<br />
Entscheidungshilfe zu berücksichtigen.<br />
Ihre Patientenverfügung kommt nur zur Anwendung, wenn Sie <strong>in</strong> der speziellen<br />
Situation nicht mehr e<strong>in</strong>willigungsfähig s<strong>in</strong>d und Sie an e<strong>in</strong>er<br />
Erkrankung leiden, die zum Tode führen wird. Ihre Patientenverfügung gibt<br />
Ihrem Arzt <strong>in</strong> dieser Situation e<strong>in</strong>en wichtigen H<strong>in</strong>weis auf Ihren mutmaßlichen<br />
Willen.<br />
Wie gehe ich konkret vor?<br />
E<strong>in</strong>e Patientenverfügung sollte schriftlich vorliegen, vorzugsweise komb<strong>in</strong>iert<br />
mit der Vorsorgevollmacht. Sie kann handschriftlich verfasst werden, dies ist<br />
jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend erforderlich. Entsprechende, auch juristisch geprüfte<br />
Vordrucke s<strong>in</strong>d bei den weiter unten angegebenen Adressen erhältlich.<br />
Legen Sie das Formular der Patientenverfügung zu Ihren persönlichen<br />
Unterlagen. Notieren Sie, wo Sie Ihr Formular h<strong>in</strong>terlegt haben: bei Ihren<br />
persönlichen Unterlagen, eventuell das Zweitexemplar bei Ihrer bevollmächtigten<br />
Person, weitere Kopien eventuell bei Angehörigen (Name und<br />
Adresse), beim Arzt oder bei der Ärzt<strong>in</strong> Ihres Vertrauens oder beim<br />
Amtsgericht (Vormundschaftsgericht). Wir empfehlen, die Patientenverfügung<br />
(Erstschrift und Zweitexemplar) etwa alle e<strong>in</strong> bis zwei Jahre durch<br />
Ihre Unterschrift erneut zu bestätigen.<br />
Auf der Verfügung sollten zwei Personen den Willen des Verfassers mit ihrer<br />
Unterschrift bezeugen. Die Beurkundung oder Beglaubigung durch e<strong>in</strong>en<br />
Notar ist möglich, jedoch nicht erforderlich. Zudem wird empfohlen, den<br />
Arzt oder die Ärzt<strong>in</strong> Ihres Vertrauens unterschreiben zu lassen. Dies ist aus<br />
juristischen Gründen nicht notwendig, könnte aber die Akzeptanz im<br />
Ernstfall erhöhen.<br />
E<strong>in</strong>e Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.<br />
Weiterführende Informationen zur Patientenverführung:<br />
www.krebshilfe.de Deutsche Krebshilfe e.V.<br />
www.bundesärztekammer.de Bundesärztekammer<br />
www.bmj.de Bundesm<strong>in</strong>isterium der Justiz<br />
www.bmj.bund.de/media/archive/694.pdf<br />
www.mediz<strong>in</strong>ethik.de Portal für Mediz<strong>in</strong>ethik<br />
www.ruhr-uni-bochum.de/zme/ Zentrum für mediz<strong>in</strong>ische Ethik e.V.<br />
|35
Interview mit e<strong>in</strong>em<br />
Betroffenen<br />
Bei der Vielzahl der dargestellten Informationen <strong>in</strong> diesem Ratgeber war es<br />
uns Autoren e<strong>in</strong> Bedürfnis, auch e<strong>in</strong>en Patienten (Klaus K., 67 Jahre) mit<br />
se<strong>in</strong>er Krankengeschichte zu Wort kommen zu lassen.<br />
Fragen zum Zeitraum vor der Diagnostik<br />
Welche Beschwerden veranlassten Sie damals e<strong>in</strong>en Arzt aufzusuchen?<br />
Ich hatte ke<strong>in</strong>e Beschwerden. Nach e<strong>in</strong>er Röntgenreihenuntersuchung<br />
durch die Berufsgenossenschaft habe ich e<strong>in</strong>en Arzt aufgesucht.<br />
Wie wurde Ihnen die Diagnose übermittelt? (Tumorgröße,<br />
Krankheitsstadium, …)<br />
Nachdem e<strong>in</strong>e Verschattung auf der Lunge gesehen worden ist, fand man<br />
1 Jahr später an der l<strong>in</strong>ken Niere e<strong>in</strong>en Nierentumor durch e<strong>in</strong>e<br />
Computertomographie (CT).<br />
Was ist Ihnen nach der Diagnoseübermittlung alles durch<br />
den Kopf gegangen?<br />
Im dem Moment brach die Welt für mich zusammen!<br />
Wie s<strong>in</strong>d Sie mit der Diagnose umgegangen?<br />
(Zeit vor der Operation)<br />
Ich habe gewe<strong>in</strong>t, habe gebetet und habe gedacht, warum gerade ich.<br />
Mit wem haben Sie alles gesprochen?<br />
Mit me<strong>in</strong>er Frau, den K<strong>in</strong>dern und Verwandten und dem Hausarzt.<br />
Zeitraum nach der Operation:<br />
Welches Krankheitsstadium wurde Ihnen übermittelt?<br />
Wurde über die Prognose gesprochen?<br />
Man sagte mir, ich habe e<strong>in</strong>en bösartigen Tumor <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken Niere, die<br />
Niere sei entfernt worden. Wegen der Metastasen hat man mir zu e<strong>in</strong>er<br />
Immunchemotherapie geraten<br />
Wie haben Sie das Gespräch über den Schweregrad Ihrer Erkrankung<br />
empfunden?<br />
Das Gespräch habe ich fürchterlich <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung. Man sagte, ich habe<br />
e<strong>in</strong>e 40% Überlebenschance.<br />
Wie lang ist die Operation jetzt her?<br />
Ich b<strong>in</strong> im August 1997 operiert worden.<br />
|36
Was wurde seitdem an Untersuchungen oder Therapie unternommen?<br />
Ich habe viele ambulante Untersuchungsterm<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik gehabt, hatte<br />
8 Immunchemotherapien und <strong>in</strong>sgesamt 5 Lungenoperationen.<br />
Ist Ihnen das Vorgehen jeweils verständlich und ausführlich erklärt worden?<br />
E<strong>in</strong>igermassen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.<br />
Krankheitsbewältigung<br />
Wie fühlen Sie sich jetzt aktuell?<br />
Ich b<strong>in</strong> vor e<strong>in</strong>er Woche erneut an der Lunge operiert worden. Ich habe<br />
natürlich Angst vor der Zukunft. Ansonsten fühle ich mich ganz gut.<br />
Haben Sie körperliche E<strong>in</strong>schränkungen? Haben Sie durch die<br />
Erkrankung e<strong>in</strong>en seelischen Schmerz?<br />
Ich verspüre e<strong>in</strong>e ke<strong>in</strong>e großen körperlichen Schmerzen, seelisch habe ich<br />
schon große seelische Schmerzen.<br />
Welche Rolle spielt die Erkrankung momentan <strong>in</strong> Ihrem Leben?<br />
E<strong>in</strong>e sehr große.<br />
Haben Sie sich e<strong>in</strong>er Selbsthilfe Gruppe angeschlossen?<br />
Ne<strong>in</strong>.<br />
Wenn ne<strong>in</strong>, weshalb haben Sie davon Abstand genommen?<br />
Ich möchte nicht mit jedem über me<strong>in</strong>e Erkrankung sprechen.<br />
Was würden Sie heute e<strong>in</strong>em Betroffenen für e<strong>in</strong>en Tipp geben wollen?<br />
Immer optimistisch se<strong>in</strong> und beten.<br />
Was sollte man aus Ihrer Sicht vermeiden?<br />
Sich hängen zu lassen.<br />
Wichtige eigene Gedanken:<br />
Nach jeder Operation wünsche ich mir, dass es die Letzte gewesen se<strong>in</strong><br />
soll und ich ganz geheilt b<strong>in</strong>.<br />
Zusätzliche Behandlungen<br />
Ist nach der ersten Operation (Nierenentfernung) im weiteren<br />
Verlauf e<strong>in</strong>e zusätzliche Behandlung notwendig gewesen?<br />
Ich bekam <strong>in</strong>zwischen 8 Immunchemotherapien und 5 Lungenoperationen<br />
Wie haben Sie die Immunchemotherapie vertragen?<br />
Ich hatte unter der Gabe Schüttelfrost bis 41ºC Fieber, Haarausfall,<br />
Hautausschlag, die Haut löste sich an Händen und Füßen ab. Ich war<br />
lustlos, hatte ke<strong>in</strong>en Appetit, ke<strong>in</strong>en Lebensmut mehr.<br />
|37
Über welchen Zeitraum ist Sie durchgeführt worden?<br />
In 6 Jahren s<strong>in</strong>d 8 Therapien über je 8 Wochen durchgeführt worden.<br />
S<strong>in</strong>d Sie nochmals operiert worden?<br />
Ich b<strong>in</strong> wie gesagt <strong>in</strong>sgesamt 5mal an der Lunge nach der<br />
Nierenentfernung operiert worden.<br />
Welchen Effekt hatten diese E<strong>in</strong>griffe auf Ihren Krankheitsverlauf?<br />
Ich war immer längere Zeit metastasenfrei.<br />
|38
Hat mich dieser Ratgeber gut<br />
<strong>in</strong>formiert?<br />
Ob als Buch, Broschüre oder als Internet-Angebot, es gibt e<strong>in</strong>e sehr große<br />
Zahl unterschiedlichster Patienten<strong>in</strong>formationen. Viele dieser Informationsangebote<br />
bieten den Patienten umfassende und wertvolle Informationen <strong>in</strong><br />
gut verständlicher Art und Weise. Leider gibt es aber auch viele unzureichende<br />
Patienten<strong>in</strong>formationen, die beispielsweise wenig verständlich s<strong>in</strong>d<br />
oder nur bruchstückhafte Informationen bieten. Für Patienten und Laien ist es<br />
äußerst schwer, die Qualität der angebotenen Informationen zu überprüfen<br />
und zu beurteilen, ob diese richtig und zutreffend s<strong>in</strong>d. Deshalb wurden <strong>in</strong><br />
der Vergangenheit Instrumente entwickelt, die e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache und schnelle<br />
Beurteilung e<strong>in</strong>er Patienten<strong>in</strong>formation ermöglichen sollen. Vorreiter ist hier<br />
das DISCERN-Projekt (www.discern.de). Auf Basis dieses Projektes f<strong>in</strong>det<br />
sich im Internet e<strong>in</strong> Angebot des „Ärztlichen Zentrums für Qualität <strong>in</strong> der<br />
Mediz<strong>in</strong>“ (www.patienten-<strong>in</strong>formation.de) zur „Qualitätsgeprüften Behandlungs<strong>in</strong>formation<br />
für Patienten und Laien“- e<strong>in</strong>e kurze Checkliste, mit der<br />
Patienten<strong>in</strong>formationen bewertet werden können.<br />
Bei der Zusammenstellung der vorliegenden Patienten<strong>in</strong>formation zum<br />
Nierenzellkarz<strong>in</strong>om haben wir versucht, die Anforderungen an Patienten<strong>in</strong>formationen<br />
so gut wie möglich zu berücksichtigen.<br />
Sie haben als Leser die Möglichkeit diese Broschüre eigenständig zu<br />
bewerten; dazu f<strong>in</strong>det sich im Folgenden die Checkliste von „Patienten-<br />
Information.de“.<br />
|39
Checkliste zur Beurteilung von Angeboten<br />
zur Patienten<strong>in</strong>formation<br />
(für Bücher, Broschüren oder Internetangebote)<br />
Quelle: Ärztliches Zentrum für Qualität <strong>in</strong> der Mediz<strong>in</strong>, www.patienten-<strong>in</strong>formation.de, November 2005<br />
Fragen zur Qualität Wie sie das herausf<strong>in</strong>den können…<br />
Ist klar, wer die Information geschrieben hat? • Suchen Sie am Ende des Informationstextes oder im<br />
Impressum des Webangebotes nach e<strong>in</strong>em Autor.<br />
• Die Qualifikation des Autors/der Autoren sollte dabei<br />
erkennbar se<strong>in</strong>.<br />
• In die Erstellung guter Gesundheits<strong>in</strong>formationen sollten<br />
Autoren verschiedener Fachgebiete und möglichst auch<br />
Patienten e<strong>in</strong>bezogen se<strong>in</strong>.<br />
• Achten Sie darauf, bei Internet<strong>in</strong>formationen den Webmaster<br />
(derjenige, der die Seiten erstellt hat) oder den<br />
Besitzer der Webseite nicht mit dem Autor zu verwechseln.<br />
• Es kann jedoch vorkommen, dass Autoren gleichzeitig auch<br />
ihre eigenen Webmaster s<strong>in</strong>d.<br />
S<strong>in</strong>d die Ziele der Information /Webseite klar? • In e<strong>in</strong>er guten Information/auf e<strong>in</strong>er guten Webseite wird<br />
erklärt, an wen sich diese richtet und mit welcher Absicht.<br />
• In Broschüren können Sie sich am Inhaltsverzeichnis orientieren.<br />
• Im Internet f<strong>in</strong>den Sie diese Angaben hierzu oft unter<br />
Menupunkten wie „Wer wir s<strong>in</strong>d“, „Was wir wollen“,<br />
„Über unsere Organisation“, „Impressum“ etc.<br />
• Suchen Sie nach Angaben zu Inhalten der Informationen,<br />
wie zum Beispiel e<strong>in</strong>er Kurzbeschreibung. Sie haben ja<br />
recherchiert, um e<strong>in</strong>e Antwort auf Ihre Fragen zu f<strong>in</strong>den.<br />
Auf welche Quellen stützt sich die • Diese Frage hat e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung, wenn es sich<br />
Information/Webseite? um Informationen handelt, , <strong>in</strong> denen Diagnose und/oder<br />
Therapieverfahren erklärt werden. Hier sollten Sie unbed<strong>in</strong>gt<br />
nach der Angabe von Quellen (Kl<strong>in</strong>ische Studien, Leitl<strong>in</strong>ien,<br />
Literaturstellen) suchen, auf die sich der Inhalt der Publikation<br />
stützt. Diese s<strong>in</strong>d meist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Literaturverzeichnis<br />
am Ende der Publikation angegeben.<br />
• H<strong>in</strong>weis zu Quellenangaben:<br />
Am sichersten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel die Informationen, die sich<br />
auf die Ergebnisse großer kl<strong>in</strong>ischer Studien stützen, <strong>in</strong><br />
denen die Wirksamkeit e<strong>in</strong>es Untersuchungs- oder Behandlungsverfahrens<br />
nachgewiesen wurde. Am wenigsten sicher<br />
s<strong>in</strong>d Informationen, die auf bloßen Expertenme<strong>in</strong>ungen<br />
beruhen (was natürlich nicht bedeutet, dass Me<strong>in</strong>ungen<br />
von Experten falsch seien).<br />
|40
Fragen zur Qualität Wie sie das herausf<strong>in</strong>den können…<br />
Enthält die Information/ Webseite • Es reicht meist nicht, nur e<strong>in</strong>e Information zu lesen. In den<br />
weitere Hilfsangebote? meisten Fällen werden damit Ihre Fragen nicht beantwortet.<br />
Gute Informationen enthalten deshalb Adressensammlungen<br />
von Stellen, an die Sie sich außerdem wenden können und<br />
Literaturangaben bzw. (funktionierende!) L<strong>in</strong>ks zu anderen<br />
Internetseiten, die sich mit der gleichen Thematik befassen.<br />
Wie aktuell ist die Information/ • Auch Informationen haben e<strong>in</strong> „Verfallsdatum“. In der<br />
Webseite? Literatur wird hierfür e<strong>in</strong> Zeitraum von 2 Jahren angegeben.<br />
• Es ist daher wichtig dass Sie wissen, wann e<strong>in</strong>e Information<br />
erstellt oder überarbeitet wurde.<br />
• Auch Informationen, deren Erstellungsdatum weiter zurückliegt<br />
als 2 Jahre können noch richtig se<strong>in</strong>. In diesem Fall<br />
sollten sie aber unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Gültigkeitsvermerk haben.<br />
• Informationen im Internet s<strong>in</strong>d oft auf mehrere Internetseiten<br />
aufgeteilt. Jede e<strong>in</strong>zelne dieser Seiten wird vielleicht nicht<br />
regelmäßig gepflegt. Hier ist es besonders wichtig, nach<br />
e<strong>in</strong>em Gültigkeitsvermerk zu suchen.<br />
Woraus Sie im Internet besonders achten sollten: Manche<br />
Webseiten zeigen das jeweils aktuelle Datum an, dies hat<br />
nichts mit der Information selbst zu tun, wird aber oft mit<br />
der Aktualitätsangabe zu der betreffenden Information<br />
verwechselt.<br />
• Wenn e<strong>in</strong> Datum angegeben ist, muss erkennbar se<strong>in</strong>, ob<br />
es e<strong>in</strong>en direkten Bezug zur <strong>in</strong>haltlichen Aktualität e<strong>in</strong>er<br />
Information hat.<br />
• Die Angabe zur Überarbeitung e<strong>in</strong>er Website muss nicht<br />
identisch se<strong>in</strong> mit der Aktualitätsangabe der auf diesen<br />
Seiten angebotenen Informationen!<br />
Ist die Information/Webseite • Achten Sie darauf, wer der Betreiber oder Sponsor der<br />
ausgewogen und unabhängig? Information/Seite ist und welche Interessen er hat.<br />
• Sachverhalte sollten neutral und ohne Wertung formuliert<br />
se<strong>in</strong> (Beispiel: „halbvolles oder halbleeres Glas“ oder 50%<br />
Füllstand), damit Sie mit Ihren Entscheidungen nicht unbemerkt<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Richtung gedrängt werden.<br />
• Wenn e<strong>in</strong>e Information Sie verunsichert oder erschreckt,<br />
berücksichtigen Sie diese nicht bei Ihren Entscheidungen.<br />
• Vorsicht ist geboten auch bei Sensationsberichten und<br />
Berichten über Wunderheilungen. In den meisten Fällen -<br />
vor allem dann, wenn damit Werbung gemacht wird- ist das<br />
nicht seriös!<br />
|41
Fragen zur Qualität Wie sie das herausf<strong>in</strong>den können…<br />
Werden Unsicherheiten beschrieben? • Es gibt bei weitem nicht für alle Untersuchungs- oder<br />
Behandlungsmethoden Beweise ihrer Wirksamkeit.<br />
• Manche Behandlungen wirken bei e<strong>in</strong>igen Patienten, bei<br />
anderen aber nicht.<br />
• Manche Untersuchungen/ Behandlungen s<strong>in</strong>d noch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em „experimentellem Stadium“. Das sollte ausdrücklich<br />
vermerkt se<strong>in</strong>!<br />
Werden mögliche Untersuchungen/ • Es sollte vermerkt se<strong>in</strong>, ob bzw. welche anderen anderen<br />
Behandlungen/Maßnahmen genau Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Untersuchung oder Behandlung<br />
beschrieben? außer der/den beschriebenen bestehen.<br />
• Jede Untersuchung/Behandlung/Maßnahme sollte für<br />
Sie ausreichend und verständlich erklärt se<strong>in</strong>.<br />
• Der Nutzen, die Risiken und Nebenwirkungen der<br />
e<strong>in</strong>zelnen Untersuchungen/Behandlungen/Maßnahmen<br />
sollten beschrieben se<strong>in</strong>.<br />
• Sie müssen auch wissen, wie sich die Untersuchungen<br />
/Behandlungen auf Ihre Lebensweisen auswirken, das<br />
heißt, ob sie unter Umständen der Behandlung willen<br />
E<strong>in</strong>bußen an Lebensqualität <strong>in</strong> Kauf nehmen müssen und<br />
vor allem, welche das im e<strong>in</strong>zelnen s<strong>in</strong>d.<br />
• Es sollte darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, was passiert, wenn<br />
die Erkrankung unbehandelt bleibt, bzw. entsprechende<br />
Maßnahmen nicht ergriffen werden.<br />
Wie steht es mit der Sicherheit • Gesundheits<strong>in</strong>formationen im Internet, die speziell für<br />
im Internet? Patienten gedacht s<strong>in</strong>d, sollten kostenfrei und ohne<br />
Passwortschutz angeboten werden.<br />
• Wenn jemand (zum Beispiel auf e<strong>in</strong>em Kontaktformular) Ihre<br />
persönlichen Daten erfragt, achten Sie auf e<strong>in</strong>e Erklärung,<br />
wie der Betreiber der Seite mit Ihren Daten umgeht.<br />
• Bedenken Sie, dass e<strong>in</strong>e Email wie e<strong>in</strong>e Postkarte ist, die<br />
auch diejenigen lesen können, für die sie nicht gedacht ist.<br />
Schicken Sie deshalb nicht e<strong>in</strong>fach Ihre Krankengeschichte<br />
an die Email Adresse e<strong>in</strong>es Anbieters von<br />
Gesundheits<strong>in</strong>formationen.<br />
|42
Erklärung von Fachausdrücken<br />
Anamnese<br />
Erhebung der Krankengeschichte; der Arzt befragt Sie ausführlich zu Ihren<br />
Beschwerden, zum Beg<strong>in</strong>n und zum Verlauf der Erkrankung<br />
Angiographie<br />
Röntgenuntersuchung bei der Arterien oder Lymphgefäßen mittels Gabe von<br />
Kontrastmittel dargestellt werden<br />
Angiomyolipom<br />
gutartiger Tumor der sich aus Gefäßen, Muskeln und Fett zusammensetzt<br />
Ansprechrate<br />
… beschreibt bei wie vielen Patienten sich e<strong>in</strong>e Erkrankung auf e<strong>in</strong>e<br />
Bandlung h<strong>in</strong> zurückbildet<br />
AWMF<br />
Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der wissenschaftlichen Mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Fachgesellschaften <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
benigne<br />
gutartig<br />
Chemotherapie<br />
Gabe von speziellen Medikamenten mit dem Ziel, das Wachstum der<br />
Tumorzellen zu hemmen. Zumeist wird der Begriff für die Chemotherapie<br />
mit Zytostatika verwendet. Hier werden die Tumorzellen durch Verwendung<br />
von Medikamenten zur Hemmung der Zellteilung bekämpft (Zytostatika).<br />
Chromosomen<br />
… s<strong>in</strong>d die Träger der Erb<strong>in</strong>formation und bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>nerhalb jeder<br />
Zelle im Zellkern<br />
Computertomographie (CT)<br />
Es handelt sich um e<strong>in</strong>e Untersuchung mit Röntgenstrahlen. Dabei werden,<br />
nicht wie im Röntgenbild nur e<strong>in</strong>e Aufnahme, sondern viele e<strong>in</strong>zelne Schnittbilder<br />
erstellt. Am Computer können nun die e<strong>in</strong>zelnen Aufnahmen zu<br />
Schnittbildern durch den Körpern (längs oder quer) zusammengesetzt<br />
werden. Das Verfahren ermöglicht sogar e<strong>in</strong>en dreidimensionalen E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> den Körper, der zur Therapieplanung genutzt werden kann (Operationsoder<br />
Bestrahlungsplanung).<br />
DGU<br />
Diagnostik<br />
Feststellung e<strong>in</strong>er bestimmten Krankheit aufgrund bestimmter<br />
Untersuchungen<br />
|43
Differenzierungsgrad<br />
Mit e<strong>in</strong>er mikroskopischen Untersuchung wird untersucht, wie stark die<br />
Krebszellen von normalen, gesunden Zellen abweichen (= Differenzierung).<br />
Je ähnlicher die Tumorzellen dem gesunden Gewebe s<strong>in</strong>d, desto günstiger<br />
werden die Krebserkrankung und ihre Prognose e<strong>in</strong>gestuft.<br />
Dialyse<br />
„Blutwäsche“, wenn die Niere(n) ihre natürliche Funktion nicht mehr ausüben<br />
können, dann muss die Re<strong>in</strong>igung des Blutes durch e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e<br />
(„künstliche Niere“) erfolgen<br />
Embolisation<br />
E<strong>in</strong>griff, bei dem e<strong>in</strong> oder mehrere Blutgefäße künstlich verschlossen werden<br />
Endoskop/endoskopisch<br />
Körperhohlräume und Hohlorgane lassen sich mit Hilfe e<strong>in</strong>es beweglichen<br />
Schlauches ausleuchten und betrachten („spiegeln“). In dem Schlauch ist e<strong>in</strong><br />
optisches System e<strong>in</strong>gebaut. Während e<strong>in</strong>er Endoskopie kann der Arzt auch<br />
e<strong>in</strong>e Gewebeprobe entnehmen oder sogar e<strong>in</strong>e Operation durchführen.<br />
Fernmetastase<br />
Siehe Metastase<br />
Grad<strong>in</strong>g<br />
Durch e<strong>in</strong>e mikroskopische (histologische) Untersuchung des Tumors kann<br />
der Grad der Bösartigkeit nach bestimmten Kriterien abgeschätzt werden.<br />
Dabei spielt der Differenzierungsgrad des Tumors oder die Zellteilungsrate<br />
e<strong>in</strong>e Rolle. Meistens wird das Grad<strong>in</strong>g <strong>in</strong> drei Gruppe e<strong>in</strong>geteilt (I-III), wobei<br />
„I“ die prognostisch günstigste Gruppe darstellt.<br />
Hämaturie<br />
Blut im Ur<strong>in</strong><br />
Hormone<br />
Botenstoffe des Körpers, die durch das Blut- oder Lymphsystem im Körper<br />
verteilt werden<br />
Immunsystem<br />
Körpereigenes Abwehrsystem, welches Krankheitserreger (z.B. Vieren,<br />
Bakterien) oder fremde Substanzen erkennt und Gegenmaßnahmen gegen<br />
diese aktiviert und im Idealfall diese unschädlich macht.<br />
Immuntherapie<br />
E<strong>in</strong>e Behandlungsmethode, die das Immunsystem aktiviert und nutzt.<br />
Bei Krebserkrankungen soll die körpereigene Abwehr mit geeigneten<br />
Medikamenten gegen die Krebszellen e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />
|44
Interferone<br />
Botenstoffe, mit denen die körpereigenen Abwehrzellen des Immunsystems<br />
kommunizieren. Interferone, die künstlich hergestellt werden können, werden<br />
zur Behandlung verschiedener Krebsarten e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Interleuk<strong>in</strong>e<br />
… s<strong>in</strong>d besondere Gewebehormone, durch welche das Wachstum und die<br />
Ausdifferenzierung der Zellen des blutbildenden Systems reguliert werden.<br />
Sie werden ebenfalls zur Krebstherapie e<strong>in</strong>gesetzt, s<strong>in</strong>d aber häufig mit<br />
starken Nebenwirkungen gekoppelt.<br />
Kernsp<strong>in</strong>tomographie/Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)<br />
Auch dieses bildgebende Verfahren liefert wie die Computertomographie<br />
Schnittbilder. Dabei werden aber ke<strong>in</strong>e Röntgenstrahlen, sondern<br />
Magnetfelder benutzt.<br />
Kreat<strong>in</strong><strong>in</strong><br />
Dient zur E<strong>in</strong>schätzung der Nierenfunktion. Da diese Substanz, die <strong>in</strong> der<br />
Muskulatur gebildet wird, normalerweise fast völlig durch die Niere ausgeschieden<br />
wird, zeigt e<strong>in</strong> Anstieg des Kreat<strong>in</strong><strong>in</strong>s im Blutserum e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>schränkung der Nierenfunktion an.<br />
Kurativ<br />
Behandlung mit dem Ziel der Heilung<br />
Lokal<br />
Örtlich<br />
Lokalrezidiv<br />
Widerauftreten e<strong>in</strong>er Tumorerkrankung am Ort des ersten, ursprünglichen<br />
Auftretens<br />
Metastase<br />
Absiedlung der ursprünglichen Tumorerkrankung. Durch „Abschwemmung“<br />
von Tumorzellen des ursprünglichen Tumors durch das Blut- (hämatogene<br />
Metastasierung) oder das Lymphsystem (lymphogene M.) entsteht an neuer<br />
Stelle e<strong>in</strong> weiterer Krankheitsherd.<br />
Mortalitätsrate<br />
Sterberate<br />
Onkologie<br />
Lehre von den Krebserkrankungen<br />
Onkozytom<br />
Tumor der Niere, der heutzutage als gutartig angesehen wird.<br />
|45
Palliativ<br />
L<strong>in</strong>dern.<br />
Wenn e<strong>in</strong>e Krebserkrankung so weit fortgeschritten ist, dass ke<strong>in</strong>e Heilung<br />
mehr erfolgen kann, liegt der Schwerpunkt der Therapie <strong>in</strong> der L<strong>in</strong>derung<br />
der Beschwerden, <strong>in</strong>sbesondere der Schmerzen und der Kontrolle der<br />
krankheitsbed<strong>in</strong>gte Symptome.<br />
Prognose<br />
Zukünftiger Verlauf der Erkrankung; aufgrund verschiedener Faktoren (z.B.<br />
Tumorstadium, Grad<strong>in</strong>g usw.) kann e<strong>in</strong>e grobe Abschätzung des weiteren<br />
Krankheitsverlaufs vorgenommen werden.<br />
Psychisch<br />
Seelisch<br />
Radiotherapie<br />
Strahlenbehandlung<br />
Randomisierung<br />
Zufällige, nicht bee<strong>in</strong>flussbare Aufteilung der Teilnehmer e<strong>in</strong>er Studie auf die<br />
Behandlungs- oder Kontrollgruppe. Sie gewährleistet die Vergleichbarkeit<br />
von Behandlungs- oder Kontrollgruppe.<br />
Remission<br />
Rückbildung von Krankheitssymptomen. Man unterscheidet die Teilremission<br />
(teilweisen/zeitweise Rückbildung) und Komplett- oder Vollremission.<br />
Resektion<br />
Operative Entfernung von erkrankten Teilen e<strong>in</strong>es Organs<br />
Rezidiv<br />
Begriff für „Rückfall“ bzw. Wiederauftreten der Krankheit nach e<strong>in</strong>em<br />
krankheitsfreien Zeitraum<br />
Stable disease<br />
„Stabile Erkrankung“. Tumorerkrankung ist stabil und ändert sich nicht.<br />
Stadiene<strong>in</strong>teilung (Stag<strong>in</strong>g)<br />
E<strong>in</strong>teilung der Tumorerkrankung <strong>in</strong> verschiedene, prognostisch wesentliche<br />
Gruppen. Verwendet werden Tumorausdehnung, Lymphknotenbefall und<br />
Metastasenstatus (siehe Kapitel Prognose)<br />
Strahlenbehandlung (Radiotherapie)<br />
Strahlung (radioaktive / ionisierende) kann zum Zweck der Heilung oder der<br />
L<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>er Krebserkrankung e<strong>in</strong>gesetzt werden. Tumorzellen sollen<br />
durch die Strahlentherapie zerstört werden. Die Strahlendosis ist dabei um<br />
e<strong>in</strong> Vielfaches höher als bei e<strong>in</strong>er Röntgenuntersuchung.<br />
|46
Subkutan<br />
Verabreichung e<strong>in</strong>es Medikamentes unter die Haut<br />
Symptom<br />
Zeichen e<strong>in</strong>er Krankheit<br />
Systemische Therapie<br />
Behandlung, die auf den gesamten Körper wirkt und nicht nur auf e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Stelle. E<strong>in</strong> Beispiel für die systemische Therapie ist die<br />
Chemotherapie.<br />
Therapie<br />
Behandlung e<strong>in</strong>er Erkrankung<br />
TNM / UICC - Klassifikation<br />
Beschreibt e<strong>in</strong>er Tumorerkrankung anhand Tumorausdehnung (T), regionär<br />
befallener Lymphknoten (N) und Fernmetastasen (M) bzw. deren<br />
Komb<strong>in</strong>ationen (UICC).<br />
Tumor<br />
unkontrollierte Wucherung von Körperzellen<br />
Tumorvakz<strong>in</strong>ierung<br />
Vakz<strong>in</strong>ierung bedeutet Impfung. Bei der neuen Methode der<br />
Tumorvakz<strong>in</strong>ierung werden speziell aufbereitete Zellen <strong>in</strong> den Körper<br />
e<strong>in</strong>gebracht, die die Immunabwehr aktivieren sollen. Die so aktivierten<br />
körpereigene „Killerzellen“ sollen dann die Tumorzellen zerstören.<br />
Überlebensrate<br />
Anteil der Patienten, die nach e<strong>in</strong>er gewissen Zeit noch leben.<br />
UICC<br />
International Union Aga<strong>in</strong>st Cancer. Internationale Vere<strong>in</strong>igung gegen<br />
den Krebs, die u.a. auch für die Pflege und Herausgabe der Tumorstadiene<strong>in</strong>teilungen<br />
(TNM / UICC) verantwortlich ist.<br />
Zytok<strong>in</strong>e<br />
… s<strong>in</strong>d Botenstoffe, die zur Kommunikation <strong>in</strong>nerhalb des Immunsystems<br />
dienen und zur Krebstherapie e<strong>in</strong>gesetzt werden können. Zu ihnen gehören<br />
beispielsweise Interleuk<strong>in</strong>e und Interferone.<br />
|47
Literatur<br />
Grundlagen, Krankheitsstadien, Prognose<br />
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|49
Weiterführende Informationen<br />
im Internet (L<strong>in</strong>ks)<br />
Informationen zum Thema <strong>Nierenkrebs</strong><br />
www.deutschekrebshilfe.de Deutsche Krebshilfe<br />
www.deutschekrebsgesellschaft.de Deutsche Krebsgesellschaft<br />
www.krebs<strong>in</strong>formation.de Krebs<strong>in</strong>formationsdienst (KID)<br />
www.nierenkrebs.de Deutsche Multicentergruppe für die komb<strong>in</strong>ierte<br />
Chemo-Immuntherapie<br />
www.onkod<strong>in</strong>.de Onkologische Informationen der Universität<br />
Kaiserslautern<br />
www.meb.uni-bonn.de/cancernet/deutsch/<strong>in</strong>dex.html Cancer Net – Universität Bonn<br />
www.krebs-kompass.de Krebskompass<br />
www.awmf-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Informationen<br />
AMWF: Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der<br />
Wissenschaftlichen Mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Fachgesellschaften<br />
www.gekid.de Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> (GEKID)<br />
www.rki.de Dachdokumentation Krebs im Robert-Koch-Institut<br />
www.dkfz-heidelberg.de Deutsches Krebsforschungszentrum(DKFZ)<br />
Englischsprachige L<strong>in</strong>ks<br />
www.cancerbacup.org Englische patientengerechte Informationen über<br />
verschiedene Krebsarten und deren Versorgung<br />
www.who.<strong>in</strong>t/cancer/en WHO (World Health Organization)<br />
www.nci.nih.gov/cancertopics/types/kidney National Cancer Institute<br />
|50
Dr. med. Volker Rohde<br />
ist zur Zeit Oberarzt der Kl<strong>in</strong>ik für Urologie und K<strong>in</strong>derurologie, Universitätskl<strong>in</strong>ikum Gießen und<br />
Marburg mit uroonkologischem Schwerpunkt, langjährige Tätigkeit <strong>in</strong> der universitären und außeruniversitären<br />
Lehre.<br />
Studium der Mediz<strong>in</strong> <strong>in</strong> Hannover und Bonn, Promotion <strong>in</strong> Köln, ärztliche Tätigkeiten <strong>in</strong> der Chirurgie,<br />
Pathologie und Urologie <strong>in</strong> Bergisch Gladbach, Frankfurt, Homburg/Saar, Kiel und Gießen.<br />
Leiter kl<strong>in</strong>ischer, multizentrischer Studien zur Lebensqualität beim Prostatakarz<strong>in</strong>om,<br />
Gutachtertätigkeit bei der Bewertung mediz<strong>in</strong>ischer Technologien und Methoden (Health Technology<br />
Assessment, HTA).<br />
Email: vrohde@gmx.de<br />
Priv. Doz. Dr. med.<br />
Alexander Katal<strong>in</strong>ic<br />
Jahrgang 1965, ist Direktor des Instituts für Krebsepidemiologie e.V. an der Universität zu Lübeck<br />
und assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Sozialmediz<strong>in</strong>, Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />
Schleswig-Holste<strong>in</strong>, Campus Lübeck<br />
1986-1992 Studium der Humanmediz<strong>in</strong> an der Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg.<br />
1993-1997 wissenschaftlicher Assistent am Institut für mediz<strong>in</strong>ische Statistik und Dokumentation der<br />
Friedrich-Alexander-Universität. 1994 Dissertation. 1995 Approbation. 1997 Leiter der Registerstelle<br />
des Krebsregisters Schleswig-Holste<strong>in</strong> am Institut für Krebsepidemiologie e.V. <strong>in</strong> Lübeck mit wissenschaftlicher<br />
Anb<strong>in</strong>dung an das Institut für Sozialmediz<strong>in</strong>, UKSH, Campus Lübeck. 1999 Zertifikat<br />
„Biometrie“ der GMDS (Gesellschaft für Informatik, Biometrie und Epidemiologie). 2003 Mitglied<br />
der Ethikkommission der Ärztekammer Schleswig-Holste<strong>in</strong>. 2004 Habilitation und venia legendi für<br />
Sozialmediz<strong>in</strong>, Epidemiologie und Versorgungsforschung. 2005 Direktor des Instituts für<br />
Krebsepidemiologie e.V., Universität zu Lübeck.<br />
Priv. Doz. Dr. med. Alexander Katal<strong>in</strong>ic<br />
Institut für Krebsepidemiologie e.V.<br />
Beckergrube 43-47<br />
D-23552 Lübeck<br />
Telefon: +49.451.7992550<br />
Email: alexander.katal<strong>in</strong>ic@krebsregister-sh.de<br />
Internet: www.krebsregister-sh.de<br />
|51
<strong>Roche</strong> Pharma AG<br />
79630 Grenzach-Wyhlen<br />
0609/19113190(RFA-BRO-Niere)