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seitenbühne Nr. 21 - Staatsoper Hannover

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16. 17 konzertAnna VogtKollegen im GeisteSchönberg und Brahms im 4. Sinfoniekonzert»Ich lege nicht so sehr Gewicht darauf, einmusikalischer Bauernschreck zu sein, alsvielmehr ein natürlicher Fortsetzer richtigverstandener, guter, alter Tradition«, schriebArnold Schönberg am 9. Juli 1923 an denMusikmäzen Werner Reinhart. Schönberg,der in der Rezeption vor allem als der »Fortschrittliche«,der »radikale Erneuerer« gesehenwurde, bezog seine künstlerische Energieschon immer auch aus der Vergangenheit,aus den Werken von Bach und Mozart, aberauch von Beethoven, Brahms und Wagner.Schönberg hatte seit seiner Jugend seinsatztechnisches und formales Verständnisan den großen Vorbildern geschult, indemer ihre Werke bearbeitete und instrumentierte.Für den jungen Komponisten war dieszunächst auch eine willkommene Einnahmequelle:Mit Arrangements von Operetten unddem Ausschreiben von Klavierauszügenkonnte er so sein Überleben als Künstler sichern.Vor allem in den 1920er und 1930erJahren entstanden mehrere Bearbeitungenvon Kammermusikwerken für großes Orchester,in denen er, trotz aller Verehrungfür die Originalwerke, auch seine ganz eigenenKlangvorstellungen realisierte.Otto Klemperer war es, der Arnold Schönbergim Frühjahr 1937 in Los Angeles, wobeide einer Künstler-Gemeinde aus Gegnernund Opfern des Nationalsozialismus angehörten,zur Bearbeitung von Brahms’berühmtem Klavierquartett g-Moll op. 25anregte. Schönberg, schon immer ein»Brahmsianer«, wie er gerne bekannte, warschnell überzeugt und erklärte seine Motivationfür die Bearbeitung in einem Brief anden Kritiker Alfred Frankenstein am 18.März 1939 mit der lapidaren Aufzählung: »1.Ich mag das Stück. 2. Es wird selten gespielt.3. Es wird immer sehr schlecht gespielt, weilder Pianist, je besser er ist, desto lauterspielt, und man nichts von den Streichernhört. Ich wollte einmal alles hören, und dashabe ich erreicht.« Das Arrangement entstandin nur wenigen Monaten, zwischendem 2. Mai und dem 19. September 1937,obwohl es in seinen Dimensionen einergroßen spätromantischen Sinfonie gleicht –nicht ohne Grund nannte Schönberg es imRückblick stolz »Brahms´ Fünfte Sinfonie«.Otto Klemperer, der die Uraufführung am 7.Mai 1940 dirigierte, war begeistert: »Manmag das Originalquartett gar nicht mehr hören,so schön klingt die Bearbeitung«.Schönberg hielt sich zwar streng an die Instrumentationsregelnseines älteren KollegenBrahms und übernahm natürlich auch dieviersätzige Form mit einem beschwingtenersten Satz, einem Intermezzo, einem lyrischenAndante und einem feurigen Rondoalla zingarese als Schlusssatz. Die wohl gravierendsteÄnderung in Schönbergs Fassungist jedoch das Fehlen des Klaviers, das inBrahms` Quartett eine dominante Rolle eingenommenhatte. So entsteht eine völligneue Klangwirkung, und die kammermusikalischenFeinheiten der Originalvorlagetreten zugunsten einer klanglichen Tiefenwirkungdurch die große Besetzung in denHintergrund. Es ist Brahms durch die Brillevon Arnold Schönberg, und dadurch einWerk, das Grenzen überschreitet: Grenzenzwischen Epochen und Grenzen der Form.So wird aus dem intimen kammermusikalischenWerk ein großes spätromantischesOrchesterwerk, quasi eine Zusammenarbeitzweier Kollegen im Geiste.Auch Brahms´ 1. Klavierkonzert könnte manfast als eine weitere seiner Sinfonien bezeichnen,so dominant und selbstbewusstgibt sich das Orchester in diesem groß angelegtendreisätzigen Werk. Das Konzert entstandim Jahr 1854, nur wenige Jahre nachBrahms´ 1. Klavierquartett und kurz nachdem Selbstmordversuch seines FreundesJohannes BrahmsArnold Schönberg

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