die erste fotoausstellung im deutschsprachigen raum 1864 - Albertina
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Andreas Groll<br />
Das Palais Dreher in Wien, Operngasse 8 (zerstört), um <strong>1864</strong><br />
Albumin, 27,5 x 21,6 cm<br />
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
80<br />
DIE ERSTE FOTOAUSSTELLUNG<br />
IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM <strong>1864</strong><br />
Maren Gröning<br />
Am 17. Mai <strong>1864</strong> wurde <strong>die</strong> <strong>erste</strong> große Ausstellung der „Photographischen<br />
Gesellschaft“ in Wien eröffnet, <strong>die</strong> seitdem zugleich<br />
als <strong>erste</strong> fotografische Fachausstellung <strong>im</strong> <strong>deutschsprachigen</strong> Raum gilt.<br />
Die 1861 nach einigen Geburtswehen entstandene „Gesellschaft“<br />
hatte sich <strong>die</strong> Organisation solcher öffentlichen Auftritte als ein<br />
besonderes Ziel ihrer Tätigkeit von Anfang an in <strong>die</strong> Statuten<br />
geschrieben und bereits in ihrem Gründungsjahr mit den Planungen<br />
dafür begonnen. 1 Auf der Suche nach geeigneten Schauräumen wandte<br />
man sich zuerst an den damaligen Pächter des „Alten Dianabades“ <strong>im</strong><br />
zweiten Gemeindebezirk der Stadt Wien, einer Schw<strong>im</strong>mhalle, <strong>die</strong> <strong>im</strong><br />
Winter zugleich als Ballsaal und seit 1860 zunehmend auch als<br />
Konzerthaus und Tanzetablissement betrieben wurde. Johann Strauß<br />
und andere Walzerkönige Wiens spielten hier wiederholt mit großem<br />
Erfolg auf. Leider konnte <strong>die</strong> Verfügbarkeit des Dianabads für <strong>die</strong><br />
gewünschte eineinhalbmonatige Dauer der Ausstellung nicht garantiert<br />
werden. Nachdem es offensichtlich mühsam war, sich über eine vergleichbare<br />
Alternative zu verständigen, gelang es den Verantwortlichen<br />
mehr oder weniger in letzter Minute, einen zumindest annähernd adäquaten<br />
Ausstellungsort zu finden. Durch familiäre Beziehungen des<br />
Vereinsmitglieds Anton Widter zu den Erben des bedeutenden österreichischen<br />
Bierbrauereibesitzers Anton Dreher bekam man <strong>die</strong><br />
Gelegenheit, unentgeltlich ein ganzes Geschoss des soeben fertig<br />
gestellten Palais der Familie Dreher in der Nachbarschaft der damals<br />
noch <strong>im</strong> Bau befindlichen Wiener Oper zu nutzen.<br />
Bedauerlicherweise ist bisher noch keine Aufnahme von der Art, wie<br />
<strong>die</strong> Ausstellung installiert war, aufgetaucht. Angesichts der enormen<br />
Menge der Exponate, <strong>die</strong> der gedruckte Katalog aufzählt, kann man<br />
jedoch davon ausgehen, dass <strong>die</strong> Wände vom Boden bis unter <strong>die</strong> Decke<br />
voll behängt waren und sich in den Z<strong>im</strong>mern <strong>die</strong> Gegenstände allerorts<br />
auftürmten, so wie es den Ausstellungsstil des 19. Jahrhunderts <strong>im</strong><br />
Allgemeinen und das in Bildern überlieferte Aussehen anderer<br />
Fotoausstellungen der Zeit charakterisierte. Mit der Beteiligung von<br />
zirka 110 Ausstellern, <strong>die</strong> mit rund 1100 fotografischen Aufnahmen<br />
sowie rund 400 Produkten des fotografischen Fachhandels – Kameras,
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Objektiven, chemikalischen Präparaten, Buchbinder- und Rahmenhändlerartikeln,<br />
diversen Atelieraccessoirs – aufwarteten, war der<br />
Umfang der Ausstellung keineswegs ungewöhnlich.<br />
Der Katalog enthielt <strong>im</strong>merhin einen Abdruck vom Grundriss der<br />
Palaisetage, und <strong>die</strong> Reihung der Katalognummern richtete sich nach der<br />
Abfolge der einzelnen Räume, <strong>die</strong> man in einem Rundgang zu durchschreiten<br />
hatte. Eine systematische Ordnung, etwa nach Autoren oder<br />
Sujets, war darüber hinaus nicht verfolgt worden. Da es sich um insgesamt<br />
20 Z<strong>im</strong>mer handelte, wurde <strong>die</strong> Ausstellung natürlich entsprechend stark<br />
geklittert. Man benötigte außerdem den ganzen Platz des Geschosses,<br />
sodass unvermeidlich einige Räume einbezogen waren, <strong>die</strong> kein gutes<br />
Licht hatten. Hört man <strong>die</strong> Berichte, <strong>die</strong> es über vergleichbare<br />
Fotoausstellungen der Vereine in Paris, London oder Berlin gibt, so dürfte<br />
<strong>die</strong>se Installation in einer Privatwohnung keinen wirklich idealen<br />
Eindruck gemacht haben. Denn <strong>im</strong>mer wieder wurden <strong>die</strong> Vorteile der<br />
Unterbringung in großen Hallen betont, <strong>die</strong> durch möglichst weit<br />
gestreutes Licht, am besten von einer Glasdecke her, erhellt sein sollten,<br />
wie man es von Bildergalerien oder Dachateliers kannte.<br />
Zur Eröffnung am 17. Mai <strong>1864</strong> hatte man nur <strong>die</strong> Angehörigen der<br />
„Photographischen Gesellschaft“ (das waren auf dem damaligen Stand<br />
max<strong>im</strong>al 150 Personen) und Vertreter der Wiener Tageszeitungen eingeladen.<br />
2 Das Ereignis verlief daher wahrscheinlich nicht ganz so<br />
rauschend, wie man sich zum Beispiel anhand von zeitgenössischen<br />
Bilddarstellungen <strong>die</strong> Vernissage der weltweit <strong>erste</strong>n rein fotografischen<br />
Ausstellung von 1852 <strong>im</strong> Plenarsaal der britischen „Society of Arts“ in<br />
London vorstellen möchte, auf der sich das zahlreiche Publikum nur so<br />
getummelt haben dürfte. 3 Obwohl das Presseecho auf <strong>die</strong> Wiener Veranstaltung<br />
tatsächlich nicht sehr bedeutend war, 4 konnte <strong>die</strong><br />
„Photographische Gesellschaft“ nach Ausstellungsschluss am 30. Juni<br />
<strong>1864</strong> doch fast 10.000 Besucher verbuchen. Wie <strong>die</strong> um einiges professioneller<br />
organisierte Schau des Berliner „Photographischen Vereins“<br />
<strong>im</strong> Folgejahr 1865 zeigt, <strong>die</strong> binnen vier Wochen 13.000 Besucher<br />
registrierte, 5 hätte man freilich mehr erreichen können. Dafür war am<br />
24. Mai auch der österreichische Kaiser Franz Joseph gekommen und<br />
81<br />
1 Die Statuten wurden am 2. Januar 1861 vom Wiener Magistrat<br />
genehmigt. Zum Text vgl. Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie, Bd. 5,<br />
1862, Nr. 11/12, S. 201–203. Die Organisation einer öffentlichen<br />
Ausstellung wurde zum <strong>erste</strong>n Mal auf der vierten Plenarversammlung<br />
des Vereins am 4. Juni 1861 thematisiert (vgl. Zeitschrift für Fotografie<br />
und Stereoskopie, Bd. 3, 1861, Nr. 12, S. 218). Es ist anzumerken, dass <strong>die</strong><br />
„Gesellschaft“ dem Wiener Publikum bereits am 19. März eine kleine<br />
Schau der von ihren Mitgliedern zur Londoner Weltausstellung 1862<br />
entsandten Exponate an ihrem Tagungsort in der Kaiserlichen Akademie<br />
der Wissenschaften vorgeführt hatte (vgl. Zeitschrift für Fotografie und<br />
Stereoskopie, Bd. 5, 1862, Nr. 7/8, S. 106). Am 29. November 1863<br />
wurden für geladene Gäste ebenda außerdem 79 Blätter des in London<br />
lebenden Wiener Fotografen Paul Pretsch, Proben seines neuen<br />
fotogalvanografischen Druckverfahrens, gezeigt (vgl. Zeitschrift für Fotografie<br />
und Stereoskopie, Bd. 8, <strong>1864</strong>, Nr. 67, S. 4, 15 f.). Am 16. Februar<br />
<strong>1864</strong> bekam man, wiederum in den Räumen der Akademie der Wissenschaften,<br />
schließlich <strong>die</strong> zirka 80 Fotoarbeiten zu sehen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Vereinsmitglieder<br />
zu Ehren der zweijährigen Aktivität ihres Präsidenten Anton<br />
Martin angefertigt und zu einem „Festalbum“ zusammengetragen hatten<br />
(vgl. Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie, Bd. 8, <strong>1864</strong>, Nr. 70, S. 46 f.).<br />
2 Vgl. das Protokoll zur 43. Plenarversammlung der „Photographischen<br />
Gesellschaft“, <strong>die</strong> der Verein an <strong>die</strong>sem Tag mit der Eröffnung der<br />
Ausstellung in den Räumen des Dreher’schen Palais zusammenfallen<br />
ließ, in: Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie, Bd. 8, <strong>1864</strong>, Nr. 73/74,<br />
S. 85.<br />
3 Vgl. Ulrich Pohlmann, „Harmonie zwischen Kunst und Industrie“.<br />
Zur Geschichte der <strong>erste</strong>n Photoausstellungen (1839–1868), in: Bodo<br />
von Drewitz, Reinhard Matz (Hrsg.), Silber und Salz. Zur Frühzeit der<br />
Photographie <strong>im</strong> deutschen Sprach<strong>raum</strong> 1839–1860, Ausst.-Kat. Josef-<br />
Haubrich-Kunsthalle, Köln; Stadtmuseum München; Museum für Kunst<br />
und Gewerbe, Hamburg; Köln, Heidelberg 1989, S. 496–513, hier<br />
S. 510, Abb. 9.<br />
4 Offenbar stand <strong>die</strong> lokale Kulturberichterstattung in <strong>die</strong>sen Tagen<br />
hauptsächlich <strong>im</strong> Bann der nur kurz zuvor, am 12. Mai <strong>1864</strong>,<br />
stattgefundenen Eröffnung des „Österreichischen Museums für Kunst<br />
und Industrie“ (des heutigen „Museums für angewandte Kunst“) in<br />
Wien.<br />
5 Vgl. Pohlmann, Anm. 3, S. 513.
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Grundriss der Ausstellungsräumlichkeiten<br />
6 Vgl. zum Beispiel den Kurzbericht in der Wiener Morgenpost,<br />
14. Jg., <strong>1864</strong>, Nr. 143, Stichwort „Tagesneuigkeiten“.<br />
7 Vgl. das Protokoll der Plenarversammlung der „Photographischen<br />
Gesellschaft“ vom 3. Januar 1865, in: Photographische Correspondenz,<br />
2. Jg., 1865, Nr. 8, S. 46 f.<br />
8 „Ein ausgestelltes Bild ist dasselbe wie ein durch den Druck<br />
veröffentlichtes Buch. Es handelt sich um ein Schauspiel, das <strong>im</strong><br />
Theater dargestellt wird: jeder hat das Recht, sein Urteil zu äußern.“<br />
So 1747 der französische Literat La Font de Saint-Yenne, für den eine<br />
öffentliche Kunstausstellung merklich noch nicht zur Normalität des<br />
Kunstbetriebs um <strong>die</strong> Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte; zit. nach:<br />
Oskar Bätschmann, Ausstellungskünstler. Kult und Karriere <strong>im</strong> modernen<br />
Kunstsystem, Köln 1997, S. 55, Anm. 172.<br />
9 Vgl. Ulrich Pohlmann, Anm. 3.<br />
10 Vgl. Oskar Bätschmann, Anm. 8, S. 12.<br />
82<br />
hatte sich eine Stunde lang herumführen lassen. 6 Einem zufriedenen<br />
Rückblick der „Photographischen Gesellschaft“ auf das Jahr <strong>1864</strong><br />
ebenfalls förderlich war <strong>die</strong> zeitweilige Anwesenheit der kaiserlichen<br />
Erzherzöge Carl Ludwig, Ludwig Victor, Rainer und Ferdinand. 7<br />
DAS MEDIUM DE R AUSSTE LLU NG<br />
Zweifellos trugen <strong>die</strong> Ausstellungen des 19. Jahrhunderts maßgeblich<br />
dazu bei, <strong>die</strong> Fotografie als eine wesentliche Größe <strong>im</strong> modernen<br />
Kulturleben zu etablieren. Ausstellungen als Instanzen einer nachdrücklichen<br />
Veröffentlichung erscheinen heute selbstverständlich. 8 Das gilt<br />
desto mehr, je weiter man das Spektrum der Inszenierungsmöglichkeiten<br />
anlegt. Die Typologie von Ulrich Pohlmann, dem man<br />
über <strong>die</strong> Geschichte der <strong>erste</strong>n fotografischen Ausstellungen das wahrscheinlich<br />
beste Resümee verdankt, umfasst eine Spannbreite, <strong>die</strong> von<br />
Schaufenstern und Kunstvereinsausstellungen über Industrie- und<br />
Gewerbeausstellungen sowie Weltausstellungen bis zu den fotografischen<br />
Vereinsausstellungen reicht, 9 denen ja der hier diskutierte Fall<br />
zuzuordnen ist.<br />
Das Erstaunliche am Erscheinungsbild fast aller <strong>die</strong>ser Veranstaltungen<br />
liegt, wie bereits angesprochen, in der enormen, geradezu<br />
unübersehbaren Akkumulation der Exponate. Dies verwundert aus<br />
heutiger Sicht vor allem bei den Kunstausstellungen. Buchstäblich<br />
Tausende, und zwar nicht nur Tausende von Exponaten, sondern auch<br />
Tausende von Beiträgern, waren um <strong>die</strong> Mitte des Jahrhunderts etwa auf<br />
den repräsentativen Pariser „Salons“, den seit 1737 existierenden Jahresbeziehungsweise<br />
Zweijahresausstellungen der französischen „Académie<br />
royale de Peinture et de Sculpture“, vertreten. Angesichts <strong>die</strong>ser Massen<br />
von Schaustücken und deren Anziehungskraft auf Massen von Besuchern<br />
bewahrheiteten sich <strong>im</strong> Grunde nur allzu augenscheinlich <strong>die</strong> schon <strong>im</strong><br />
18. Jahrhundert geäußerten Befürchtungen der Angehörigen der<br />
„Académie“, dass man sich auf <strong>die</strong>se Weise notwendig mit dem<br />
„Feilbieten von Waren“ 10 gemein machen würde. Die „Salons“ sind<br />
exemplarisch für den ambivalenten Erfolg einer auf dem Weg von<br />
Ausstellungen ,demokratisierten‘ Kunst. In ihrer historischen<br />
Entwicklung bekundet sich einerseits unmissverständlich <strong>die</strong> Absicht,<br />
Bedeutung und Qualität von Kunstwerken <strong>im</strong> Spiegel der Meinungen<br />
eines gegenüber der Tradition ganz entschieden verbreiterten Publikums<br />
zu beleuchten. Es galt definitiv, herkömmliche Interpretationsmonopole
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zu durchbrechen, <strong>die</strong> sich auf den Standesdünkel aristokratischer<br />
Auftraggeber beziehungsweise <strong>die</strong> Härte einer in scholastischen Formeln<br />
erstarrten Gelehrsamkeit ‚höher gebildeter Stände‘ verließen.<br />
Andererseits waren <strong>die</strong> „Salons“ selbst, wohl um <strong>die</strong> St<strong>im</strong>men der <strong>im</strong><br />
frühen 18. Jahrhundert <strong>im</strong>mer lauter werdenden aufgeklärten Kunstkritik<br />
zu beruhigen, vom französischen König dekretiert worden. Ihre<br />
Durchsetzung als hoheitliche hierarchische Instanz der Exemplifikation<br />
einer akademisch disziplinierten Kunstpflege war noch radikaler und<br />
zugleich noch paradoxer geworden, nachdem 1776 <strong>die</strong> Ausstellungen<br />
der Pariser Maler- und Bildhauerzunft, der traditionellen handwerklichen<br />
und mit der „Académie“ konkurrierenden Interessenvertretung<br />
der Künstler, verboten wurden.<br />
Aber zurück zu dem auffälligen Markt-, Messe- oder – wie er von<br />
Zeitgenossen besonders gerne apostrophiert wurde –„Bazar“-Charakter 11<br />
der Ausstellungen des 19. Jahrhunderts. Zu recht betont Ulrich<br />
Pohlmann <strong>die</strong> gegenüber den Kunstausstellungen privilegierte<br />
Bedeutung der ebenfalls seit der Mitte des 18. Jahrhunderts absichtsvoll<br />
als Spiegel einer aufgeklärten und fortschrittsbewussten Zivilisation<br />
reorganisierten Gewerbe- und Industrieausstellungen. Denn der (<strong>im</strong><br />
Sinne praktischer Nutzbarkeit) wissenschaftliche und wirtschaftliche<br />
Wert der Fotografie stand <strong>im</strong> Unterschied zu ihrem Kunstwert von<br />
Anfang an kaum zur Diskussion. Der ,Markt‘ als Inbegriff für <strong>die</strong> ganze<br />
Breite einer modernen Öffentlichkeit war daher das ideale Komplement,<br />
wo es für <strong>die</strong> Fotografie darauf ankam, sich nachhaltig in ein „Zeitalter<br />
der technischen Reproduzierbarkeit“ 12 einzuschreiben. Und <strong>die</strong>s gilt erst<br />
recht für <strong>die</strong> pathetisch gesteigerte Form der Weltausstellungen. Bereits<br />
Roger Fenton, einer der Hauptanreger und nachmaliger Ehrensekretär<br />
der 1852/53 gegründeten britischen „Photographic Society“, hatte <strong>die</strong><br />
von der 1851 in London stattgefundenen <strong>erste</strong>n Weltausstellung ausgegangenen<br />
Impulse derart unterstrichen, dass sie – ‘by the competition<br />
and comparison, which that exhibition induced’ – <strong>die</strong> Fotografie<br />
geradewegs ‘into a new phase of its history’ leiteten. 13<br />
Gerade <strong>die</strong> <strong>erste</strong>n internationalen Industrieausstellungen dokumentieren<br />
jedoch sehr gut <strong>die</strong> Herausforderung an <strong>die</strong> Fotografen, sich<br />
mit ihrer professionellen Identität zu befassen. 14 Dies spricht schon aus<br />
dem spontanen Schluss auf <strong>die</strong> Notwendigkeit der Formierung der<br />
britischen „Photographic Society“, den Roger Fenton damals aus seiner<br />
Beobachtung des überraschenden Auftriebs, den <strong>die</strong> Londoner<br />
83<br />
Ateliers von Emil Busch und Ferdinand Beyrich<br />
Einblick in <strong>die</strong> internationale fotografische Ausstellung in Berlin 1865,<br />
1865<br />
Albumin, 32,7 x 30,2 cm<br />
11 „Indem gewissermassen ein lockender Bazar eröffnet ist, in<br />
welchem alle Anwendungen der Photographie in ihrem reizendsten<br />
Kleide zur Schau gestellt erscheinen, so wird nicht leicht Jemand ohne<br />
den lebhaften Wunsch hinweggehen, in den Besitz <strong>die</strong>ses oder jenes<br />
hübschen Gegenstandes zu gelangen“, so Ludwig Schrank in seiner<br />
Rezension der Ausstellung; vgl. Ludwig Schrank, Bericht über <strong>die</strong> <strong>erste</strong><br />
photographische Ausstellung in Wien, in: Photographische Correspondenz,<br />
1. Jg., <strong>1864</strong>, Nr. 1, S. 3–14, Nr. 2, S. 27–34, Nr. 3, S. 55–62, Nr. 4,<br />
S. 88–95, hier S. 2.<br />
12 Vgl. Walter Benjamin, Das Kunstwerk <strong>im</strong> Zeitalter seiner<br />
technischen Reproduzierbarkeit, in: ders., Illuminationen. Ausgewählte<br />
Schriften, ausgewählt von Siegfried Unseld, Frankfurt am Main 1977,<br />
S. 136–169.<br />
13 Vgl. das Protokoll der Gründungssitzung der Londoner<br />
„Photographic Society“ am 20. Januar 1853, in: Journal of the<br />
Photographic Society, 1. Jg., 1853, Nr. 1, S. 1–9, hier S. 3. Vgl. auch<br />
John Hannavy, Roger Fenton of Cr<strong>im</strong>ble Hall, London 1975, S. 21.<br />
14 Zur bis heute anhaltenden Problematik eines verlässlichen<br />
Anforderungprofils von Berufsfotografen vgl. Luc Boltanski, Jean-<br />
Claude Chamboredon, Fachwissen oder Begabung?, in: Pierre Bour<strong>die</strong>u<br />
u. a., Eine illegit<strong>im</strong>e Kunst. Die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie,<br />
aus dem Französischen von Udo Rennert, Frankfurt am Main 1983,<br />
S. 203–231.
15 Protokoll der Gründungssitzung der Londoner „Photographic<br />
Society“ am 20. Januar 1853, Anm. 13, S. 3.<br />
16 Vgl. Official descriptive and illustrated catalogue of the Great Exhibition<br />
of the works of industries of all nations, Bd. 2, London 1851, S. 394, zit.<br />
nach: Pohlmann, Anm. 3, S. 502.<br />
17 Hermann Vogel, Bericht über den photographischen Theil der<br />
Weltausstellung des Jahres 1862, in: Photographische Monatshefte, Bd. 1,<br />
1862, Nr. 6, S. 288–296, Bd. 2, 1863, Nr. 7, S. 349–378, Nr. 8,<br />
S. 427–441, Nr. 9, S. 487–507, hier Bd. 1, S. 288.<br />
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
84<br />
Weltausstellung von 1851 der Fotografie gegeben hatte, zog, 15 war doch<br />
ein Großteil der Fotografien, fotografischen Präparate und Utensilien<br />
1851 allzu generell der Ausstellungsabteilung der „Philosophical,<br />
Musical, Horological, and Surgical Instruments“ 16 zugeteilt. Noch auf<br />
der zweiten Londoner Weltausstellung 1862, <strong>die</strong> der Fotografie katalogmäßig<br />
<strong>im</strong>merhin zum <strong>erste</strong>n Mal eine separate „Klasse“ zugestand,<br />
landeten vor Ort wieder nicht unwesentliche Gruppen von Exponaten,<br />
wie etwa <strong>die</strong> Fotografien der preußischen und österreichischen<br />
Aussteller, faktisch in direkter Nachbarschaft einerseits (bei den<br />
Österreichern) zu Musik-, andererseits (bei den Preußen) zu chirurgischen<br />
Instrumenten, wie der Berliner Berichterstatter Hermann Vogel<br />
leicht sarkastisch registrierte. 17<br />
E INE KONSE RVATIVE „G ESE LLSCHAF T“<br />
Für das Bedürfnis der Fotografen, sich das Ansehen eines eigenständigen<br />
Metiers und einer eigenständigen intellektuellen Disziplin zu verschaffen,<br />
traten <strong>im</strong> 19. Jahrhundert tatsächlich in <strong>erste</strong>r Linie <strong>die</strong><br />
bürgerlichen Vereine ein. Der ‚bürgerliche‘ Charakter <strong>die</strong>ser Vereine sei<br />
hier <strong>im</strong> Interesse der folgenden Ausführungen mit dem Akzent des<br />
,Biedermeierlichen‘ versehen, um eine Tendenz zu bezeichnen, sich auf<br />
risikoarme wirtschaftliche und kulturelle Konzepte, etwa auf eine Ökonomie<br />
möglichst sparsamen Haushaltens und auf eine autoritätsbetonte<br />
Erziehungsphilosophie, zurückziehen. Die anhaltende Wendung zum<br />
Medium öffentlicher Ausstellungen dokumentiert hingegen, dass man<br />
trotz konservativer Grundhaltung auf <strong>die</strong> Idee einer quasi theatralischen<br />
Einbeziehung des ganzen zeitgenössischen Publikums in <strong>die</strong> eigenen<br />
Interessen bis zu einem gewissen Grad nicht verzichten konnte.<br />
Die Geschichte der Wiener „Photographischen Gesellschaft“ und<br />
ihrer <strong>erste</strong>n Ausstellung von <strong>1864</strong> beinhaltet viele, in manchen<br />
Momenten wahrscheinlich sogar überdurchschnittlich viele charakteristische<br />
Aspekte <strong>die</strong>ser problematischen Versuche einer <strong>erste</strong>n<br />
bürgerlichen Identitätsfindung der Fotografie.<br />
Oberflächlich betrachtet vollzog sich <strong>die</strong> Formierung der<br />
„Gesellschaft“ nach denselben Prinzipien wie <strong>die</strong> ihrer maßgeblichen<br />
ausländischen Vorbilder. Das war zum einen <strong>die</strong> 1852/53 entstandene<br />
britische „Photographic Society“ in London (<strong>die</strong> sich ihrerseits an der<br />
noch früheren, aber vielleicht noch nicht ganz so offiziösen französischen<br />
„Société Héliographique“ von 1851 orientierte), zum anderen <strong>die</strong> 1855
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in Paris gegründete „Société française de photographie“. In Wien<br />
bestand der gleichsam mythologische Kern des Vereins ebenfalls in<br />
einem kleinen Kreis besonders exper<strong>im</strong>entier-, innovations- und vor<br />
allem auch kommunikationsfreudiger Einzelpersönlichkeiten, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
kulturhistorische Wichtigkeit der Fotografie sofort erfasst hatten, als<br />
<strong>die</strong>se 1839 durch <strong>die</strong> Publikation Louis Jacques Mandé Daguerres in<br />
Paris bekannt geworden war. In den 1840er-Jahren wirkten sie fieberhaft<br />
an der Verbesserung der neuen Bildtechnik. Dabei stieg insbesondere<br />
der Mathematiker Joseph Petzval (1807–1891) zum großen Heroen der<br />
österreichischen Fotogeschichte auf, nachdem er 1840 ein Objektiv von<br />
entschieden gesteigerter Lichtstärke entwickelt hatte, das sofort<br />
europaweit Verbreitung fand und der Fotografie speziell auf dem Gebiet<br />
des Porträts ein sprunghaft wachsendes Wirkungsfeld eröffnete. Anton<br />
Martin (1812–1882), neben dem Optiker Peter Wilhelm Friedrich<br />
Voigtländer Petzvals damaliger Mitarbeiter und später <strong>erste</strong>r Präsident<br />
der „Photographischen Gesellschaft“, erinnerte auf den Vereinssitzungen<br />
<strong>im</strong>mer wieder an jene frühe Zeit des Exper<strong>im</strong>entierens und mahnte <strong>die</strong><br />
Kollegen, in der Routine allgemeiner Geschäftigkeit nicht den<br />
Anschluss an den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt der Fotografie<br />
zu versäumen.<br />
Ein gewisser Abglanz <strong>die</strong>ses ehrgeizigen Fortschrittsdenkens blieb<br />
den Wiener Fotografen während des 19. Jahrhunderts gewiss erhalten.<br />
Aber <strong>die</strong> <strong>im</strong> Rahmen des Vereins bald einsetzende stagnative<br />
Verbürgerlichung macht sich doch recht deutlich bemerkbar, so etwa<br />
wenn <strong>die</strong> „Gesellschaft“ sich noch 1901 schmeichelte, vor allem unter<br />
ihren Gründungsmitgliedern des Jahres 1861 eine bedeutende Anzahl<br />
von Vertretern „aus den höher gebildeten Ständen“ wiederfinden zu<br />
können. Ludwig Schrank (1828–1905), <strong>1864</strong> Begründer und langjähriger<br />
Redakteur des traditionsreichen Wiener Vereinsorgans<br />
Photographische Correspondenz 18 , zählte dazu unter anderem Maler,<br />
Kupf<strong>erste</strong>cher und Lithografen, Pharmazeuten, Chemiker, Botaniker<br />
und Archäologen, Fabrikbesitzer, Offiziere, Stadtpolitiker und Beamte.<br />
Und damit waren noch nicht <strong>die</strong> „eigentlichen Gelehrten“ angezeigt:<br />
etwa <strong>die</strong> Universitätsprofessoren der Chemie Anton Schrötter und<br />
Joseph Johann Pohl, der Mathematik Joseph Petzval oder der<br />
Kunstgeschichte Rudolf von Eitelberger. 19 Dabei hatte gerade Ludwig<br />
Schrank bereits <strong>im</strong> Sommer <strong>1864</strong> in einer ganzen Liste von<br />
Reformvorschlägen das kleinlich-provinzielle Denken der<br />
85<br />
Ludwig Angerer<br />
Joseph Petzval in Fechtstellung be<strong>im</strong> Fingerziehen, um 1860–1865<br />
Albumin, 9,8 x 12,5 cm<br />
Der berühmte österreichisch-ungarische Mathematiker und<br />
Erfinder des <strong>erste</strong>n erfolgreichen Porträtobjektivs Joseph Petzval<br />
war ein lebenslustiger und sehr sportlicher Mann. Hier sieht man<br />
ihn mit seinem bevorzugten Fechtpartner, dem Forstbeamten<br />
August Schleicher.<br />
18 Von <strong>1864</strong> bis 1971, ab 1903 unter dem Titel Photographische<br />
Korrespondenz.<br />
19 Ludwig Schrank, Gedenkblatt zum 40jährigen Jubiläum der<br />
Photographischen Gesellschaft in Wien, in: Photographische<br />
Correspondenz, 38. Jg., 1901, Nr. 494, S. 655–674, hier S. 658 f. Zur<br />
sozialhistorischen Definition der „Stände mit höherer Schulbildung“<br />
<strong>im</strong> Österreich der 1850er- und 1860er-Jahre und der allgemein zunehmenden<br />
Bedeutung des Kriteriums einer akademischen Ausbildung für<br />
eine bürgerliche Prestigekultur nach 1848 vgl. Friedrich Edelmayer,<br />
Das Bildungsbürgertum, in: Harry Kühnel (Red.), Das Zeitalter Kaiser<br />
Franz Josephs, Ausst.-Kat. Schloss Grafenegg 1984, Bd. 1, S. 197–202,<br />
hier S. 198.
20 Vgl. das Protokoll zur 45. Plenarversammlung der<br />
„Photographischen Gesellschaft“ am 19. Juli <strong>1864</strong>, in: Photographische<br />
Correspondenz, 1. Jg., <strong>1864</strong>, Nr. 3, S. 54.<br />
21 Die Londoner „Photographic Society“ hingegen hatte, um den<br />
Kreis der am Vereinsleben Interessierten möglichst groß zu halten,<br />
vorsorglich ihre auswärtigen Mitglieder nach Entrichtung der<br />
Beitrittsgebühr und eines einmaligen Jahresbeitrags von allen weiteren<br />
finanziellen Verpflichtungen befreit (vgl. Roger Fenton, Upon the<br />
Mode in which it is advisable the Society should conduct its Labours,<br />
in: Journal of the Photographic Society, 1. Jg., 1853, Nr. 1, S. 8 f.,<br />
hier S. 9).<br />
22 Vgl. Ludwig Schrank, Zur Reform der photographischen<br />
Gesellschaft in Wien, in: Photographische Correspondenz, 1. Jg., <strong>1864</strong>,<br />
Nr. 4, S. 105–110.<br />
23 Oskar Kramer, Photographie parisienne, in: Photographische<br />
Correspondenz, 2. Jg., 1865, Nr. 13, S. 169–177, Nr. 14, S. 202–204,<br />
hier S. 175, 177.<br />
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
86<br />
„Photographischen Gesellschaft“ stigmatisiert. Bezogen auf <strong>die</strong> soeben<br />
abgelaufene Ausstellung hatte er dem Verein schon separat verpasste<br />
Chancen <strong>im</strong> Hinblick auf Möglichkeiten einer eminent gesteigerten<br />
Attraktivität für das Publikum vorgeworfen. Schrank meinte damit unter<br />
anderem eine Lotterie aus unentgeltlich gestifteten Exponaten oder eine<br />
intelligentere Preispolitik, der es bei längerfristiger Planung kaum eingefallen<br />
wäre, sich unter dem Titel von eigenen „Honoratiorentagen“, an<br />
denen <strong>die</strong> Eintrittsgelder schlicht von dreißig auf fünfzig Kronen hinaufgesetzt<br />
wurden, auf <strong>die</strong> Zahlungskraft einer elitären Besucherschicht zu<br />
verlassen. 20 Grundsätzlich kam <strong>die</strong> unzeitgemäße Sozialphilosophie der<br />
„Photographischen Gesellschaft“ auch dadurch zum Ausdruck, dass das<br />
Vereinsorgan (damals noch <strong>die</strong> Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie)<br />
notorisch zu spät erschien; dass der Vereinsbeitrag auswärtiger<br />
Mitglieder, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sitzungen der „Gesellschaft“ natürlich nicht regelmäßig<br />
besuchen konnten und denen außer dem kostenlosen Bezug der<br />
Vereinszeitschrift kein besonderer Service garantiert war, den<br />
Handelspreis <strong>die</strong>ser Zeitschrift auf fast beleidigende Weise überstieg; 21<br />
schließlich dass <strong>die</strong> „Photographische Gesellschaft“ sich bisher nicht<br />
wirklich bereit gezeigt hatte, für eine fachmännische Forschungs- und<br />
Entwicklungsaktivität <strong>die</strong> notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen<br />
und weitere geeignete Organisationsmaßnahmen zu treffen, wie unter<br />
anderem Laborräumlichkeiten bereitzustellen. 22<br />
Der Einfluss einer solchen Haltung auf <strong>die</strong> Mehrheit der Wiener<br />
Fotografen während der 1860er-Jahre und fast das gesamte 19. Jahrhundert<br />
hindurch war erheblich. Symptomatisch erscheint hier der<br />
Bericht des Fotografen, Fotohändlers und -verlegers Oskar Kramer<br />
(1835–1892), der 1865 von seinem Besuch in Paris und seiner erstmaligen<br />
Teilnahme an einer Plenarversammlung der für den Wiener<br />
Verein so vorbildlichen „Société française de photographie“ erzählte. Er<br />
wunderte sich außerordentlich, „dass <strong>die</strong> bekanntesten Pariser<br />
Photographen ihr [der „Société“] theilweise niemals angehört haben,<br />
theilweise erst neuerdings ausgetreten sind“ 23 . Die österreichischen<br />
Fotografen fühlten sich also in offenbar weit stärkerem Maß authentisch<br />
durch ihre „Gesellschaft“ repräsentiert als <strong>die</strong> Kollegen in der<br />
französischen Metropole.<br />
Im Licht der Wiener Ausstellung von <strong>1864</strong> kam das charakteristische<br />
Schwanken des Vereins zwischen progressiven Ambitionen und<br />
biedermeierlich-bürgerlicher Konformität auf eigene Weise zur
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Julius Leth<br />
Der Sarkophag Kaiser Karls VI. in der Kapuzinergruft in Wien, 1865 oder 1866<br />
Albumin, 24,4 x 20,2 cm<br />
87
24 Protokoll der 43. Plenarversammlung der Photographischen<br />
Gesellschaft, in: Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie,<br />
Bd. 8, <strong>1864</strong>, Nr. 73/74, S. 85.<br />
25 Vgl. Martina Labrugger, Die historische Entwicklung des Vereinsrechts<br />
in Österreich, Diss. Univ. Graz, 1993, S. 84, 87.<br />
26 Protokoll der 44. Plenarversammlung der Photographischen<br />
Gesellschaft, in: Zeitschrift für Fotografie und Stereoskopie, Bd. 8, <strong>1864</strong>,<br />
Nr. 73/74, S. 86 f., hier S. 86.<br />
27 Vgl. Anonym, Die Photographische Ausstellung in Wien, in:<br />
Photographische Mittheilungen, 1. Jg., <strong>1864</strong>–1865, Nr. 5, S. 61–62. Der<br />
Rezensent, der <strong>die</strong> Ausstellung selbst nicht gesehen hatte, bezog seine<br />
Informationen <strong>im</strong> Wesentlichen aus der Besprechung von Ludwig<br />
Schrank in der Photographischen Correspondenz; vgl. Ludwig Schrank,<br />
Anm. 11. Damit hatte sich <strong>die</strong> „Photographische Gesellschaft“ den<br />
Text der einzigen differenzierteren Kritik zu ihrer<br />
Ausstellung selbst geschrieben.<br />
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
88<br />
Geltung. Man genoss zweifellos <strong>die</strong> Ehre, <strong>die</strong> „<strong>erste</strong> fotografische<br />
Ausstellung in Deutschland“ zu veranstalten, so Anton Martin bei seiner<br />
feierlichen Ansprache auf der exklusiven Voreröffnung am 17. Mai<br />
<strong>1864</strong>. 24 Doch das Programm der Ausstellung beinhaltete bei allem<br />
Ernst, sich an den damals namhaftesten, vor allem Londoner und Pariser<br />
Modellen solcher Präsentationen zu messen (<strong>die</strong> britische „Photographic<br />
Society“ hatte 1853 und <strong>die</strong> „Société française de photographie“ 1854<br />
ihre <strong>erste</strong> vereinseigene Ausstellung gezeigt), <strong>die</strong> Einschränkung, dass<br />
nur eingeschriebene Mitglieder der „Photographischen Gesellschaft“ zur<br />
Einsendung von Exponaten berechtigt sein sollten. Dadurch wurde <strong>die</strong><br />
Aufmerksamkeit eines umfassenderen, speziell auch internationalen<br />
Publikums <strong>im</strong> Grunde blockiert.<br />
Es kann hier nur als Hypothese formuliert werden, dass das in dem<br />
besagten Punkt unerwartet engherzige Ausstellungsprogramm der<br />
Wiener möglicherweise in dem gegen 1865 wieder verstärkt<br />
reaktionären politischen Kl<strong>im</strong>a der österreichischen Monarchie<br />
beziehungsweise auch in der Fortdauer best<strong>im</strong>mter vereins- und versammlungsrechtlicher<br />
Regelungen seit 1852 begründet war, <strong>die</strong> den<br />
österreichischen Vereinen vor allem jegliche politische Betätigung<br />
kategorisch untersagten. Vermutlich auch unter <strong>die</strong>sen Vorzeichen fand<br />
bei den österreichischen Behörden internationaler Vereinsverkehr nur<br />
selten Billigung. 25<br />
Die „Photographische Gesellschaft“, deren dem Bildungsbürgertum<br />
zuzurechnende Mitglieder in der Mehrzahl regierungstreu dachten,<br />
wollte sich sicher nicht in den Verdacht einer politischen Anstößigkeit<br />
bringen. Man ärgerte sich zum Beispiel mit möglichst spitzen Worten,<br />
dass als einzige Ausnahme <strong>die</strong> Hauptprotagonistin der liberalen Wiener<br />
Zeitschriftenlandschaft, Die Presse, <strong>die</strong> in ihrem Titel, wie ausdrücklich<br />
apostrophiert wurde, das Motto „Gleiches Recht für alle“ führte, nicht<br />
der Einladung zur Konferenz am 17. Mai <strong>1864</strong> gefolgt war. 26 Dass es<br />
der „Gesellschaft“ jedoch nicht einmal gelang, auch nur in einer einzigen<br />
der deutschen Fachzeitschriften außerhalb Österreichs eine ausführlichere<br />
Rezension zu erhalten, 27 während <strong>die</strong> englischen und<br />
französischen Fotojournale überhaupt stumm blieben, muss als<br />
Symptom für eine doch sehr unglückliche Kommunikationsstrategie<br />
gedeutet werden.
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
G R U N DLAG E N FÜ R EINE VIELSE ITIG E R E<br />
OR IENTIERUNG<br />
Faktisch beinhaltete <strong>die</strong> Wiener Ausstellung von <strong>1864</strong> jedoch sehr wohl<br />
deutliche Signale für den Willen der „Photographischen Gesellschaft“,<br />
sich <strong>im</strong> Feld einer dynamischen modernen Öffentlichkeit zu platzieren.<br />
Da zu ihren Proponenten nicht nur einhe<strong>im</strong>ische Autorenfotografen,<br />
sondern ebenso fotografisch interessierte Händler und Sammler<br />
gehörten, erhielten <strong>die</strong>se Gelegenheit, <strong>die</strong> Präsentation auf mittelbare<br />
Weise durchaus auch mit einem erweiterten internationalen Spektrum<br />
von Exponaten zu beschicken. Als hervorragendste Persönlichkeit trat<br />
hier der Diplomat Wilhelm Schwarz-Senborn (1816–1903) auf.<br />
Schwarz-Senborn war seit 1854 Leiter des österreichischen Konsulats in<br />
Paris und schon 1851 sowie dann auch 1855, 1862 und 1867 als<br />
Regierungskommissar wesentlich in <strong>die</strong> Koordination österreichischer<br />
Teilnehmer an den <strong>erste</strong>n Londoner und Pariser Weltausstellungen<br />
involviert. 1873 wurde er schließlich Generaldirektor der<br />
Weltausstellung in Wien. Seine gute, vielfach offenbar freundschaftliche<br />
Kenntnis der Pariser Fotografenszene war schon bei der Konstitution der<br />
„Photographischen Gesellschaft“ in Wien zum Tragen gekommen.<br />
Seit 1858 mit eigenen Vorschlägen um einen vereinsmäßigen<br />
Zusammenschluss der Fotografen in der österreichischen Hauptstadt<br />
bemüht, freute er sich, den Betreibern der „Gesellschaft“ 1860 unter<br />
anderem durch Informationen über <strong>die</strong> Geschäftsordnung der „Société<br />
française de photographie“ helfen zu können. 28 <strong>1864</strong> konnte er eine nicht<br />
unbeträchtliche Anzahl so bedeutender französischer Repräsentanten der<br />
zeitgenössischen Fotografiekultur wie A<strong>im</strong>é Civiale, Alphonse Poitevin,<br />
Charles Nègre, Ernest Lacan, François-Marie Gobinet de Villecholle<br />
(Franck), Édouard Baldus oder Alphonse Davanne überreden, der<br />
Wiener Ausstellung exemplarische Arbeiten zu überlassen, wobei <strong>die</strong><br />
„Photographische Gesellschaft“ viele <strong>die</strong>ser Exponate anschließend sogar<br />
zum Geschenk erhielt. Eine gewichtigere Menge von ausländischen<br />
Fotografien, vor allem Kunstreproduktionen und Bilder <strong>im</strong> handlichen<br />
Visitkarten- und Stereoformat, zeigte daneben der bereits genannte<br />
Oskar Kramer dank seiner regen Handelsbeziehungen zu Deutschland,<br />
Frankreich und England. Der österreichische Forschungsreisende Karl<br />
von Scherzer stellte eine umfangreiche Gruppe fernasiatischer, australischer<br />
und südamerikanischer Aufnahmen und der Dichter Friedrich<br />
Uhl eine Landschaftsansicht des berühmten kalifornischen Fotografen<br />
89<br />
Anonym<br />
Steckbrief eines Insassen des Zentralgefängnisses von Ensishe<strong>im</strong>, Elsass,<br />
1849–1854<br />
Salzpapier, 10,6 x 7,8 cm, auf das erkennungs<strong>die</strong>nstliche Formular<br />
geklebt<br />
Aus der historischen Abteilung der Ausstellung<br />
28 Vgl. Urkunden über <strong>die</strong> Gründung der Photographischen<br />
Gesellschaft in Wien, in: Photographische Correspondenz, 23. Jg., 1886,<br />
Nr. 306, S. 111–116, hier S. 113 f.
29 Wie Anm. 7.<br />
30 Vgl. Anonym, Die internationale photographische Ausstellung, in:<br />
Photographische Mittheilungen, 2. Jg., 1865–1866, Nr. 15, S. 27–30,<br />
Nr. 16, S. 46–51, Nr. 17, S. 58 f., Nr. 18, S. 66–68, Nr. 19, S. 79–82,<br />
und Louis-Alphonse Davanne, Bericht über <strong>die</strong> Klasse 17: „Épreuves et<br />
appareils photographiques“ auf der Weltausstellung in Paris 1867, in:<br />
Bulletin de la Société française de photographie, Bd. 14, 1868, S. 189–196,<br />
207–224, 239–251.<br />
31 Vgl. Anonym, Rapport sur l’exposition ouverte par la Société en<br />
1857, in: Bulletin de la Société française de photographie, Bd. 3, 1857,<br />
S. 250–313, hier S. 252–254.<br />
32 Zu <strong>die</strong>sem Komplex, der <strong>im</strong> neunten Raum der Ausstellung konzentriert<br />
war, trugen vor allem <strong>die</strong> Exponate von Wilhelm Schwarz-<br />
Senborn, Ernest Lacan, Andreas Groll, Albin Mutterer, Anton Martin<br />
und Andreas von Ettingshausen bei. Die historische Mustersammlung<br />
der Wiener „Photographischen Gesellschaft“ ging später in den Besitz<br />
der 1888 in Wien gegründeten heutigen „Höheren Graphischen<br />
Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt“ über. Diese weltweit früheste nach<br />
modernen Maßstäben organisierte Berufsschule für Fotografen war<br />
ihrerseits maßgeblich von so bedeutenden Exponenten der<br />
„Photographischen Gesellschaft“ wie Josef Maria Eder (1855–1944)<br />
betrieben worden (vgl. dazu den Beitrag „Künstlerische Fotografie an<br />
der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt 1888–1955“ in <strong>die</strong>ser<br />
Publikation, S. 171–199). So meinte auch Roger Fenton 1853 zur<br />
Tätigkeit der „Photographic Society“ 1853: ‘One of its s<strong>im</strong>plest, but<br />
not least <strong>im</strong>portant offices, will be to define what is already known’;<br />
Roger Fenton, Anm. 21, S. 8.<br />
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
90<br />
Carleton E. Watkins zur Verfügung, sodass der Horizont der Wiener<br />
Ausstellung von <strong>1864</strong> wenigstens andeutungsweise sogar über den<br />
europäischen Kontinent hinausreichte.<br />
„Die Ausstellung hat den Zweck, der durch sie beabsichtigt wurde,<br />
vollständig erreicht. Sie hat gezeigt, dass <strong>die</strong> Photographie in<br />
Oesterreich vollkommen auf derselben hohen Stufe stehe, wie in anderen<br />
Ländern“, so Präsident Anton Martin bei seiner Jahresbilanz für <strong>1864</strong>. 29<br />
Noch überzeugendere Beweise für <strong>die</strong> internationale Konkurrenzfähigkeit<br />
der Wiener Atelierfotografie sollten dann allerdings erst<br />
<strong>die</strong> Berliner Ausstellung von 1865 und <strong>die</strong> Pariser Weltausstellung von<br />
1867 erbringen. Die Exponate kamen dort an privilegierten Stellen des<br />
Ausstellungsarrangements auch in ihrer Ensemblewirkung hervorragend<br />
zur Geltung – ein Zeichen für den guten Ruf, der den Österreichern<br />
voraneilte, sowie <strong>die</strong> sorgsame Planungsarbeit, <strong>die</strong> für Berlin der<br />
Fotohändler August Moll und für Paris Ludwig Angerer und Achilles<br />
Melingo leisteten. Als überragende Spitzenleistungen fanden schließlich<br />
speziell <strong>die</strong> riesenformatigen Salzpapierfotografien der „K.k. Hof- und<br />
Staatsdruckerei“, <strong>die</strong> handwerklich und ästhetisch tadellosen Porträtund<br />
Sachaufnahmen von Ludwig Angerer oder etwa auch <strong>die</strong> von Julius<br />
Leth das höchste Lob der Kritiker in den Gastgeberländern. 30<br />
Wichtig für eine erweiterte Perspektive des Ausstellungsprogramms war<br />
außerdem eine umfangreiche Abteilung mit Exponaten zur Geschichte<br />
der Fotografie seit ihren Anfängen. Diese Idee ging wahrscheinlich<br />
pr<strong>im</strong>är auf eine Anregung durch <strong>die</strong> französische „Société“ zurück, <strong>die</strong><br />
1857 ihrer Jahresausstellung erstmals eine große Anzahl historischer<br />
Stücke aus dem eigenen Archiv hinzugefügt hatte. 31 Die<br />
„Photographische Gesellschaft“ hatte in ihren Statuten ebenfalls <strong>die</strong><br />
Anlage einer solchen Sammlung vorgesehen, <strong>die</strong> den ,Fortschritt‘, eben<br />
den historischen Erfolg der Fotografie als einer eigenständigen Technik<br />
(und Kunst), dokumentieren sollte und durch <strong>die</strong> verschiedenen<br />
Schenkungen anlässlich der Ausstellung von <strong>1864</strong> wohl ihre <strong>erste</strong>n<br />
definitiven Zuwächse erhielt. 32<br />
Wenn letztendlich auf der Ausstellung von <strong>1864</strong> nur zwei weibliche<br />
Fotografinnen – <strong>die</strong> Österreicherin Adele Perlmutter und <strong>die</strong> Französin<br />
Louise Laffon – zum Zuge kamen, muss doch anerkannt werden, dass es<br />
<strong>die</strong> „Photographische Gesellschaft“ etwa <strong>im</strong> Unterschied zur Londoner<br />
„Photographic Society“ anscheinend nicht nötig hatte, <strong>die</strong> Zulassung
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
von Frauen in ihren Vereinsstatuten eigens zu betonen. 33 Auch ausländische<br />
Berufskollegen waren wohl nicht prinzipiell ausgeschlossen. Um<br />
deren Mitgliedschaft kümmerte man sich jedoch ebenfalls auf nicht sehr<br />
überzeugende Art. Denn nach dem Aachener Fotografen Jacob Wothly<br />
(Vereinsmitglied seit April 1861) wurden mit Max Hanfstaengl und<br />
Joseph Albert erst <strong>1864</strong> zwei weitere etwas namhaftere deutsche<br />
Repräsentanten der Zunft aufgenommen, und sogar erst 1873 Alphonse<br />
Davanne, der Präsident der Pariser „Société française de photographie“,<br />
der doch schon <strong>1864</strong> so großzügig zum Erfolg der Ausstellung der<br />
„Gesellschaft“ beigetragen hatte.<br />
LITE RATU R<br />
Oskar Bätschmann, Ausstellungskünstler. Kult und Karriere <strong>im</strong> modernen<br />
Kunstsystem, Köln 1997.<br />
Jutta Pemsel, Die Wiener Weltausstellung von 1873. Das gründerzeitliche<br />
Wien am Wendepunkt, Wien, Köln 1989.<br />
Ulrich Pohlmann, „Harmonie zwischen Kunst und Industrie“. Zur<br />
Geschichte der <strong>erste</strong>n Photoausstellungen (1839–1868), in: Bodo von<br />
Drewitz, Reinhard Matz (Hrsg.), Silber und Salz. Zur Frühzeit der<br />
Photographie <strong>im</strong> deutschen Sprach<strong>raum</strong> 1839–1860, Ausst.-Kat. Josef-<br />
Haubrich-Kunsthalle, Köln; Stadtmuseum München; Museum für<br />
Kunst und Gewerbe Hamburg; Köln, Heidelberg 1989.<br />
Otto Prelinger, Die k. k. Photographische Gesellschaft in Wien 1861–<br />
1911, Wien 1911.<br />
91<br />
33 Vgl. <strong>die</strong> Statuten der „Society“, in: Journal of the Photographic Society,<br />
1. Jg., Nr. 1, S. 4 f., hier S. 4, Punkt 9. Die <strong>erste</strong> Frau in der<br />
„Photographischen Gesellschaft“, <strong>die</strong> Wiener Fotografin Julie Haftner,<br />
war schon <strong>im</strong> April 1861 aufgenommen worden. Ihr folgten, freilich in<br />
gehörigen Abständen, Adele Perlmutter (Vereinsmitglied seit April<br />
<strong>1864</strong>), Franziska Beer (ab März 1865) und Rosa Jenik (ab 1872). Die<br />
ganze Spannbreite der geschlechtsspezifischen Vereinspolitik der<br />
„Gesellschaft“ bedürfte noch einer eigenen historischen Untersuchung.
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Louise Laffon<br />
Jagdstillleben mit zwei Schnepfen, <strong>1864</strong> oder früher<br />
Albumin, 24,2 x 19,4 cm<br />
93<br />
Adolphe Braun<br />
Stillleben mit Hortensien, Holler, Forellengeranien, Aufnahme 1854,<br />
Druck nach 1866<br />
Pigmentdruck, 44,4 x 47,5 cm
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Andreas Groll<br />
Stechkürass und gewaffnete Handschuhe, 1862 oder früher<br />
Albumin, 28,6 x 22,9 cm<br />
Illustration zu: Eduard von Sacken, Die vorzüglichsten Rüstungen und Waffen der k.k. Ambraser-Sammlung in Originalphotographien,<br />
2. Bd., Wien 1862<br />
94
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Franz Antoine<br />
Ritterstillleben, 1859<br />
Albumin, 37,5 x 31,7 cm<br />
95
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Édouard Baldus<br />
Die Ruine von Schloss Polignac in der Auvergne, 1854<br />
Salzpapier, 33,4 x 44 cm<br />
96
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Paul Pretsch nach Bisson frères<br />
Heidelberger Schloss, Detail der Fassade des Ottheinrichbaus, Aufnahme 1857, Druck um 1860<br />
Fotogalvanografie, 45,5 x 37,6 cm<br />
97
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Andreas Groll<br />
Titelblatt des „Albums der Banater Besitzungen“, 1863<br />
Albumin, 24 x 26,7 cm<br />
Dieses Album entstand <strong>im</strong> Auftrag der „K.K. privilegierten österreichischen Staatseisenbahngesellschaft“, eines pr<strong>im</strong>är durch französisches<br />
Kapital finanzierten Unternehmens, das 1855 <strong>im</strong> Zuge von Reprivatisierungen sowohl <strong>die</strong> seit den späten 1840er-Jahren vorhandenen<br />
Bahnlinien als auch <strong>die</strong> Berg- und Hüttenwerke des Banater Gebirges (heute Rumänien mit serbischem Grenzstreifen) von der<br />
österreichischen Monarchie kaufen konnte.<br />
98
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Julius Leth<br />
Dampffahrzeug aus der Produktion von Wilhelm Knaust in Wien, 1867<br />
Fotolithografie, 24,2 x 31,6 cm<br />
99<br />
Hermann Heid<br />
Mastochse, 1881<br />
Albumin, 19,5 x 26,6 cm
A U G E U N D A P P A R AT<br />
Carleton E. Watkins<br />
Mirror Lake <strong>im</strong> Yosemite Valley, Kalifornien, um 1865 (1878–1881?)<br />
Albumin, 52 x 39,9 cm<br />
100
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
A<strong>im</strong>é Civiale<br />
Eingang in den Bergkessel von Zermatt, 1863<br />
Albumin von gewachstem Papiernegativ, 26,8 x 35,4 cm<br />
101
A U G E U N D A P P A R AT<br />
Johann Bosch<br />
Der Ursprung der Laibach bei Oberlaibach, Slowenien, 1856<br />
Albumin, 25,9 x 37,8 cm<br />
102
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Alphonse Davanne<br />
Die Brücke von Bétharram in den Pyrenäen, um 1862<br />
Albumin von Taupenot-Trockenplatte, 24,7 x 31,2 cm<br />
103
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Édouard Baldus<br />
Der Tour Saint-Jacques in Paris nach der Restaurierung, um 1858<br />
Salzpapier, 43,3 x 32,7 cm<br />
104
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Emil Rabending<br />
Blick aus dem Atelier des Fotografen in der Wiener Leopoldstadt, 1859<br />
Salzpapier, 17 x 24,1 cm<br />
105
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Fotografisches Atelier der K.k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien<br />
Die Schottenbastei in Wien zur Zeit ihres Abbruchs, 1862<br />
Salzpapier, 40 x 54 cm<br />
Zwischen 1858 und 1884 wurden auf Befehl Kaisers Franz Josephs I. <strong>die</strong> alten monumentalen Befestigungsanlagen um <strong>die</strong> Wiener<br />
Innenstadt niedergerissen, um Platz für <strong>die</strong> heutige Ringstraße und ihre Prachtbauten zu schaffen. Zur Dokumentation der <strong>erste</strong>n Phasen<br />
<strong>die</strong>ser Demolierungsarbeiten zwischen 1858 und 1863 gaben das Ministerium des Inneren und <strong>die</strong> Gemeinde Wien bei der K.k. Hof-<br />
und Staatsdruckerei eine Serie von Fotografien in Auftrag, aus der das hier gezeigte Beispiel stammt. Es dokumentiert den Beginn der<br />
Schleifung der Kurtine der Schottenbastei (<strong>im</strong> Mittelgrund der Fotografie, mit zahlreichen Arbeitern), <strong>die</strong> zwischen dem 18. März<br />
und 14. Juni 1862 stattfand. Im Vordergrund sieht man <strong>die</strong> Zufahrtsstraße zum Schottentor.<br />
106
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Franz Antoine<br />
Freunde und <strong>die</strong> Gattin von Franz Antoine, Marie, vor einem Pavillon, um 1859<br />
Albumin, 28,3 x 20,8 cm<br />
107
D A S A U G E U N D D E R A P P A R AT<br />
Ludwig Angerer<br />
Kaiserin Elisabeth <strong>im</strong> schwarzen Ausgehmantel von rechts hinten, 1862<br />
Albumin, 2 Visitkarten<br />
Ludwig Angerer (1827–1879) und Emil Rabending (1823–1886) waren <strong>die</strong> bevorzugtesten Porträtisten der tragisch-romantischen<br />
Kaiserin, <strong>die</strong> sich selbst begeistert als Sammlerin von Visitkartenfotografien mit Bildnissen berühmter Persönlichkeiten aus den Adels-,<br />
Politiker- und Schauspielerkreisen Europas betätigte.<br />
108
D I E E R S T E F O T O A U S S T E L L U N G I M D E U T S C H S P R A C H I G E N R A U M 1 8 6 4<br />
Alois Löcherer<br />
Bildnis des Philologen Friedrich Wilhelm Thiersch, um 1853<br />
Salzpapier, 24,3 x 18,9 cm<br />
Das Bildnis gehört zu Löcherers Photographischem Album der Zeitgenossen, einer typischen Sammlung von Porträts prominenter<br />
Persönlichkeiten, wie sie schon seit dem frühen 19. Jahrhundert durch <strong>die</strong> Lithografie verbreitet worden waren.<br />
109