Lehrbuch der Verhaltenstherapie - hannahdenker.de
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Zusammenfassung<br />
von<br />
Hannah Uhle<br />
Wentorgerstr. 63<br />
21029 Hamburg<br />
Reinecke, Hans (1999):<br />
<strong>Lehrbuch</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
&<br />
Tübingen: dgvt Verlag<br />
Margraf, Jürgen (1996):<br />
<strong>Lehrbuch</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong> (Bd. 1)<br />
Berlin u.a.: Springer<br />
Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung und nicht um eine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!
Inhalt<br />
I Verhaltensdiagnostik.............................................................................................................. 1<br />
Ø Indikationsstellung<br />
Ø Problemanalyse<br />
II Grundlagen verhaltenstherapeutischen Metho<strong>de</strong>n................................................................ 9<br />
Ø Kognitionspsychologische Grundlagen<br />
Ø Psychologische Mo<strong>de</strong>lle als Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltentherapie<br />
III Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong>...................................................................................... 26<br />
Ø Klassische Konditionierung<br />
Ø Operante Verfahren<br />
Ø Strategien zum Abbau von Verhalten<br />
Ø Kontingenzmanagement<br />
Ø Bestrafungs- und Aversionsverfahren<br />
Ø Konfrontationsverfahren und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
Ø Training in Angstbewältigung<br />
Ø Kognitive Therapien<br />
IV Spezifische Therapien (Margraf 1996)........................................................................... 105<br />
Ø Agoraphobie & Paniksyndrom<br />
Ø Zwangsstörung<br />
Ø Spezifische Phobien<br />
Ø Sozialphobie<br />
Ø Raucherentwöhnung
(I) Verhaltensdiagnostik<br />
Diagnostik und Indikationsstellung<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> war von Anfang an ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von<br />
unterschiedlichen Verfahren, die sich an Lerntheorien orientieren. Es sind Verfahren, durch<br />
die nicht die „Persönlichkeit“, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Verhaltensweisen, einschließlich kognitiver,<br />
emotionaler und körperlicher Reaktionen, aufgebaut, reduziert und modifiziert wer<strong>de</strong>n. Es<br />
geht nicht um die Erfassung von Eigenschaften als theoretisch zu erschließen<strong>de</strong>n Konstrukte,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um die Erfassung von direkt beobachtbaren Verhaltensweisen einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> sie<br />
steuern<strong>de</strong>n Umgebungsbedingungen.<br />
Indikationsstellung<br />
Die Diagnostik zur Entscheidung zwischen verschie<strong>de</strong>nen Therapiemetho<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verhaltentherapie zunächst unter <strong>de</strong>m Begriff „Verhaltensanalyse“ (behavioral analysis)<br />
diskutiert. Der Begriff stammt aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagenforschung. Er kennzeichnet die<br />
Skinner’sche Lerntheorie, nach <strong><strong>de</strong>r</strong> das Verhalten durch die vorausgehen<strong>de</strong>n und<br />
nachfolgen<strong>de</strong>n Stimuli gesteuert wird. Die Analyse dieser verhaltenssteuern<strong>de</strong>n Stimuli war<br />
auch das Anliegen <strong><strong>de</strong>r</strong> diagnostischen Verhaltensanalyse in <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Anwendung.<br />
Indikationsstellung meint die prinzipielle Zuordnung von therapeutischen Metho<strong>de</strong>n im<br />
weitesten Sinne – pharmakologisch-medizinische Metho<strong>de</strong>n, soziale o<strong><strong>de</strong>r</strong> psychologischtherapeutische<br />
Verfahren – zu Problem <strong>de</strong>s Patienten.<br />
Indikationskriterien:<br />
• Störungsursachen bzw. aufrechterhalten<strong>de</strong> Bedingungen � funktionale Analyse<br />
• Diagnostische Strategie (DSM bzw. ICD-Diagnosen) � störungsspezifische<br />
Verfahren<br />
• „keystone target behavior stragy“ (Nelson, 1988): nach <strong><strong>de</strong>r</strong> primär dasjenige<br />
Verhaltensproblem behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n sollte, <strong>de</strong>ssen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung am ehesten eine<br />
Generalisierung erwarten lässt<br />
Indikationsprüfung:<br />
• Indikationskriterien für das zu lösen<strong>de</strong> Problem sind als zutreffend und gültig<br />
nachgewiesen<br />
• Entspricht <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>nregeln genannten Ausgangsbedingungen<br />
• Erzielter Effekt ist <strong><strong>de</strong>r</strong> erwünschte Zielzustand o<strong><strong>de</strong>r</strong> zumin<strong>de</strong>st einem Teil- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zwischenziel entspricht<br />
• Durch die Maßnahme die Barrieren o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ursachen – zumin<strong>de</strong>st teilweise – beseitigt<br />
wer<strong>de</strong>n können<br />
1
Bei einer vollständigen Prüfung auf prinzipielle Anwendbarkeit einer Metho<strong>de</strong> sind also die<br />
drei das Problem beschreiben<strong>de</strong> Merkmale:<br />
� Ausgangszustand<br />
� Barrieren/ Ursachen<br />
� Ziel<br />
Mit <strong>de</strong>n drei Merkmalen <strong><strong>de</strong>r</strong> Metho<strong>de</strong><br />
� Ausgangsbedingungen<br />
� Operation<br />
� Erzielbarer Effekt<br />
Zu vergleichen.<br />
Problemanalyse<br />
2
Die Problemanalyse umfasst zwei Teilprozesse:<br />
1. Problemstrukturierung zur Formulierung und Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen, von<br />
ihm zu lösen<strong>de</strong>n Teilprobleme durch Angabe <strong>de</strong>s jeweiligen Ist- und Sollzustan<strong>de</strong>s<br />
2. Bedingungsanalyse zur I<strong>de</strong>ntifikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Ursachen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bedingungen <strong>de</strong>s<br />
gegenwärtigen, unerwünschten Istzustan<strong>de</strong>s bzw. <strong><strong>de</strong>r</strong> für die Zielerreichung<br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Bedingungen.<br />
Diagnostische Problemanalyseschemata: diagnostische Metaregeln, die Hinweise geben,<br />
welche Analyse- und Prüfschritte in welcher Reihenfolge unter welchen Voraussetzungen<br />
3
vorgenommen wer<strong>de</strong>n sollen. Sie sorgen für eine gewisse Standardisierung <strong>de</strong>s<br />
diagnostischen Prüf- und Entscheidungsprozesses.<br />
Problemstrukturierung<br />
Strategien <strong><strong>de</strong>r</strong> Strukturierung:<br />
Zustandsanalyse: setzt am gegenwärtigen, beklagten Zustand <strong>de</strong>s Patienten an.<br />
Zielanalyse: setzt an <strong>de</strong>n Wünschen und Zielen <strong>de</strong>s Patienten an<br />
Die zentralen, störungsspezifischen Teilprobleme ergeben sich aus <strong>de</strong>n Schwierigkeiten <strong>de</strong>s<br />
Patienten, <strong><strong>de</strong>r</strong>etwegen er die Behandlung aufsucht. Aus Sicht <strong>de</strong>s Therapeuten liegen<br />
unabhängige Teilprobleme vor, wenn die Lösung eines Teilproblems nicht „automatisch“<br />
auch die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Teilprobleme löst. Kriterium für die Abgrenzung verschie<strong>de</strong>ner<br />
Teilprobleme ist <strong>de</strong>mnach <strong><strong>de</strong>r</strong>en Unabhängigkeit.<br />
Teilprobleme: Im Zentrum <strong><strong>de</strong>r</strong> diagnostischen uns planerischen Tätigkeit <strong>de</strong>s Therapeuten<br />
steht die Definition und Formulierung von „Teilproblemen“. Das sind Sachverhalte, die nach<br />
Meinung <strong>de</strong>s Therapeuten im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
Therapieziele:<br />
� Im Sinne erwünschter Endziele<br />
� Rückgriff auf Störungs- und Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungswissen � konkrete Teilziele, Zusatzziele,<br />
Zwischenziele<br />
� Methodisch bedingte Zwischenziele (z.B. lernen eines Entspannungsverfahren als<br />
Voraussetzung für systematische Desensibilisierung)<br />
� Klinische Diagnosen als Indikationskriterien für Metho<strong>de</strong>nwahl<br />
Bedingunganalyse<br />
• Unterscheidung zwischen Entstehungsbedingungen und aufrechterhalten<strong>de</strong>n<br />
Bedingungen<br />
• Bedingungsanalyse: nach Barrieren, <strong>de</strong>n aufrechterhalten<strong>de</strong>n bzw. zielverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Bedingungen suchen<br />
• Funktionale Verhaltensanaylse: Lindsley (1964) S-R-C-K, Erweiterung durch<br />
Kanfer et a. um O (Stimulus-Organismus-Reaktion-Konsequenz-Kontingenz) �<br />
SORCK<br />
• Erweiterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltentherapie um die Kognitionsanalyse: zielen auf die<br />
unmittelbare Modifikation von Kognitionen ab und dysfunktionale Kognitionen<br />
unterschiedlicher Art sind das Indikationskriterium für diese Metho<strong>de</strong><br />
Multiple Bedingungsanalyse<br />
Je<strong>de</strong> Theorie macht eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Suchstrategie für die Analyse <strong>de</strong>s Einzelfalls erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Die<br />
Bedingungsanalyse sollte daher nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> aus jeweils einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en theoretischen<br />
4
Blickwinkel durchgeführt wer<strong>de</strong>n, wobei zum Teil neue, zusätzliche Sachverhalte in das<br />
Blickfeld geraten, zum Teil aber auch gleiche Sachverhalte aus unterschiedlicher theoretischer<br />
Sicht betrachtet wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong> dieser Analysen ist unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Die Ergebnisse<br />
je<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Analyse sollten für sich betrachtet und zunächst die Schlussfolgerung für das<br />
weitere Vorgehen ziehen, als lägen nur die Ergebnisse dieser Bedingungsanalyse vor. Es wird<br />
also nach je<strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse entschie<strong>de</strong>n, welche Metho<strong>de</strong> – aus diesem Blickwinkel gesehen –<br />
indiziert wäre.<br />
Erst bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapieplanung wer<strong>de</strong>n dann die verschie<strong>de</strong>nen Therapiemetho<strong>de</strong>n, die für die<br />
verschie<strong>de</strong>nen Teilprobleme zusammengetragen. Im Therapieplan ist dann festzulegen,<br />
welches Verfahren tatsächlich in welcher Reihenfolge zur Anwendung kommen soll.<br />
Therapieplanung<br />
Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Metho<strong>de</strong><br />
• Bewertung<br />
o Fachlich angemessen<br />
o Ethisch vertretbar<br />
• Machbarkeit<br />
o Institution<br />
o Therapeuten<br />
o Therapiemotivation<br />
• Kontraindikationen<br />
Therapieplanung umfasst folgen<strong>de</strong> Punkte:<br />
• Indikationsstellung<br />
• Metho<strong>de</strong>nwahl<br />
• Ablaufplanung, Reihenfolge<br />
• Konkretisierung<br />
Therapiedurchführung und Evaluation<br />
Realisationsentscheidungen: Das Verhalten <strong>de</strong>s Therapeuten ist durch die geplanten<br />
Absichten nicht festgelegt. Es kann modifiziert und konkretisiert wer<strong>de</strong>n und neue Absichten<br />
generiert wer<strong>de</strong>n. Die Be<strong>de</strong>utung solcher Realisationsentscheidungen wird durch Ergebnisse<br />
einer Untersuchung von Vogel (1994) dokumentiert: danach wechselt o<strong><strong>de</strong>r</strong> verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t ein<br />
Therapeut während einer Sitzung häufiger als alle zwei Minuten seine Absichten.<br />
Die Güte solcher Entscheidungen steht und fällt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Güte <strong><strong>de</strong>r</strong> Prognose <strong>de</strong>s<br />
Therapieerfolgs durch <strong>de</strong>n Therapeuten. Tatsächlich scheint jedoch die Fähigkeit von<br />
Therapeuten, <strong>de</strong>n Therapieerfolg richtig vorauszusehen, nicht sehr gut zu sein. Im Rahmen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bochumer Angsttherapiestudie (Schulte, et al., 1991) wur<strong>de</strong> nach je<strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiesitzung<br />
die Zuversicht <strong>de</strong>s Therapeuten erfragt und mit <strong>de</strong>m Therapieerfolg korreliert. Ergebnisse: 0,2<br />
bis 0,35; selbst gegen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie steigt die Korrelation auf maximal 0.5.<br />
5
Fazit: Wichtigkeit objektiver Testverfahren zur Therapieevaluation, während <strong>de</strong>s<br />
Therapieverlaufs. Entsprechen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n zur therapiebegleiten<strong>de</strong>n Ergebnisevaluation sind<br />
zu Behandlungsbeginn zu planen.<br />
Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozessevaluation muß <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut fortlaufend registrieren, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient<br />
das Basisverhalten in ausreichen<strong>de</strong>m Maße zeigt. Sind hier Störungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Probleme<br />
festzustellen, so sind die prozeßbezogenen Teilprobleme zu formulieren, und ihre Analyse<br />
rückt – vorübergehend – in <strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit <strong>de</strong>s Therapeuten.<br />
Basisverhalten <strong>de</strong>s Patienten<br />
• Therapienachfrage (Anwesenheit)<br />
• Mitarbeit<br />
• Selbstöffnung<br />
• Erprobung neuer Verhaltensweisen („Hausaufgaben“)<br />
• Aktivität und Initiative (Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong>de</strong>n Alltag übertragen)<br />
Prozessanalyse<br />
Die Determinanten <strong>de</strong>s Basisverhaltens sind im Rahmen einer Prozessanalyse zu überprüfen.<br />
Motivationsanalyse<br />
Motive <strong>de</strong>s Patienten<br />
• Aversive Aspekte: Lei<strong>de</strong>n, Normabweichung, Hilflosigkeit<br />
• Aversive Folgen: Beeinträchtigung, Ablehnung, sozialer Druck<br />
• Positive Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie: hilfreiche beziehung<br />
• Positive Folgen: äußerer Störungsgewinn, psychologischer Störungsgewinn<br />
Erwartung an die Therapie<br />
• Zuversicht<br />
• Kompetenz<br />
• Verständnis<br />
• Unterstützung<br />
• Vertrauenswürdigkeit<br />
• Notwendikeit <strong><strong>de</strong>r</strong> „Patientenrolle“<br />
• Autonomie<br />
Aufgaben <strong>de</strong>s Therapeuten ist es, daraus Handlungs-Ergebnis-Erwartungen zu machen, also<br />
<strong>de</strong>m Patienten <strong>de</strong>utlich zu machen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie davon abhängt, dass er in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Therapie mitarbeitet o<strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeiner: das Basisverhalten zeigt.<br />
Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivationsanalyse prüft <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut, ob fehlen<strong>de</strong> Motivation für eine<br />
eingeschränkte Therapiemotivation und damit ein unzureichen<strong>de</strong>s Basisverhalten vorliegen.<br />
Beziehungsanalyse<br />
6
Eine Möglichkeit zur Beeinflussung <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiemotivation <strong>de</strong>s Patienten: die Gestaltung<br />
einer för<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen therapeutischen Beziehung. Die therapeutische Beziehung bestätigt o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
modifiziert die Therapieerwartungen <strong>de</strong>s Patienten und damit:<br />
• Seine Therapiemotivation<br />
• Sein aktuelles Basisverhalten<br />
• Schafft er die Voraussetzungen für die erfolgversprechen<strong>de</strong> Durchführung spezifischer<br />
Therapiemetho<strong>de</strong>n<br />
Therapeutische Beziehung: Dasjenige, was <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient am Verhalten <strong>de</strong>s Therapeuten<br />
wahrnimmt und mit seinen Erwartungen vergleicht: die subjektive Sicht <strong>de</strong>s<br />
Therapeutenverhaltens durch <strong>de</strong>n Patienten – also die ursprüngliche Sicht von Carl Rogers<br />
(1959).<br />
Nach <strong>de</strong>m hier vorgestellten Mo<strong>de</strong>ll sollte die verlaufsbezogene Strategie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel kein<br />
primäres Anliegen <strong>de</strong>s Therapeuten sein. Sie ist nur dann zu realisieren, wenn ansonsten die<br />
Verwirklichung <strong><strong>de</strong>r</strong> metho<strong>de</strong>nbezogenen Strategie, also <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatz effektiver Metho<strong>de</strong>n für<br />
die gezielte Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Störung, erschwert wäre.<br />
Glie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspunkte für die Problemanalyse und Therapieplanung<br />
Eingangdiagnostik<br />
1. Allgemeine Informationen<br />
a. Daten zur Person<br />
b. Schwierigkeiten und Auffälligkeiten<br />
c. Genese und Vorbehandlungen<br />
d. Auftreten und Interaktionsverhalten<br />
2. Problemstrukturierung<br />
a. Zustandsanalyse: Diagnosen und Ressourcen<br />
b. Zielanalyse: Therapieziele<br />
c. Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilprobleme<br />
d. Verhaltensdiagnostik<br />
3. Bedingungsanalyse<br />
a. Störungsanalysen<br />
i. Analyse äußerer Rahmenbedingungen<br />
ii. Analyse körperlicher Rahmenbedingunen<br />
iii. Störungsspezifische Analyse o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensanalyse<br />
b. Kognitionsanalyse<br />
Prozessanalysen I: Motivationsanalysen<br />
i. Analyse <strong>de</strong>s subjektiven Störungsmo<strong>de</strong>lls<br />
ii. Analyse äußerer Folgen<br />
iii. Analyse psychologischer Folgen<br />
Prozessanalysen II: Beziehungsanalysen<br />
iv. Analyse <strong>de</strong>s interaktiven Therapeutenverhaltens<br />
v. Analyse <strong>de</strong>s interaktiven Patientenverhaltens<br />
7
Für je<strong>de</strong> Beziehungsanalyse:<br />
Therapieverlauf<br />
1. Zusätzliche analysespezifischen Informationen<br />
2. Interpretation/Bedingungsmo<strong>de</strong>lle<br />
3. Strukturierung<br />
4. Therapiemetho<strong>de</strong>n<br />
5. Beziehungsgestaltung<br />
6. Bedingungsmo<strong>de</strong>lle zur Genese<br />
4. Therapieplanung<br />
5. Therapieverlauf<br />
6. Therapiebegleiten<strong>de</strong> Diagnostik<br />
a. Prozessevaluation<br />
b. Ergebnisevaluation<br />
7. Zusätzliche Störungsanalyse o<strong><strong>de</strong>r</strong> Prozessanalyse<br />
a. Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilprobleme<br />
b. Bedingungsanalyse <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilprobleme<br />
c. Adaptive Therapieplanung<br />
Therapieabschluß<br />
8. Therapieabschluß<br />
a. Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />
b. Abschlussdiagnosen<br />
c. Erfolgsbeurteilung<br />
d. Prognose<br />
e. Kommentar<br />
8
II Grundlagen verhaltenstherapeutischen Metho<strong>de</strong>n<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> basiert auf lerntheoretischen Mo<strong>de</strong>llen, weil therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
im Kern als ein Prozess <strong>de</strong>s Lernens aufgefasst wird. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s be<strong>de</strong>utsam für die<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezug zur Grundlagenforschung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Psychologie, damit eine<br />
prinzipielle theoretische, methodologische und empirische Fundierung möglich wird. Ein<br />
Kernbereich für die psychologische Orientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong> bil<strong>de</strong>n seit jeher die<br />
Lerntheorien.<br />
Verhalten:<br />
� Beobachtbare Äußerungen <strong>de</strong>s Organismus<br />
� Kognitive Prozesse<br />
� Psychophysiologische Prozesse<br />
Credo <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong>: „Menschliches Verhalten ist in wesentlichen Aspekten<br />
gelernt, kann also auch ver-, um—o<strong><strong>de</strong>r</strong> neu gelernt wer<strong>de</strong>n!<br />
Therapie als Lernprozeß<br />
- Vom S-R- zum System-Mo<strong>de</strong>ll menschlichen Verhaltens<br />
Prozeß:<br />
• Einzelne Elemente in einem kontinuierlichen Ablauf lassen sich<br />
unterschei<strong>de</strong>n<br />
• Unter einem gewissen Gesichtspunkt sind sie zusammengehörig<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse <strong>de</strong>s verhaltenstherapeutischen Prozesses hat es sich als sinnvoll erwiesen,<br />
folgen<strong>de</strong> Elemente zu differenzieren:<br />
• Verhaltensweisen (Reaktionen) � R<br />
• Situationen komplexer Natur (Stimuli) � S<br />
• Situationen, die einem Verhalten zeitlich nachfolgen (Konsequenzen) � C<br />
• Variablen <strong>de</strong>s Organismus, als relativ konstante Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>atoren <strong>de</strong>s Verhaltens; in<br />
neuerer Zeit wer<strong>de</strong>n darunter oft auch kognitive Verarbeitungsmechanismen,<br />
Standards, Erwartungen, biographische Ereignisse etc. subsumiert, die das Verhalten<br />
mit <strong>de</strong>terminieren; aus diesem Grun<strong>de</strong> wird diese Variable als Selbstregulationssystem<br />
bezeichnet (O)<br />
Die Analyse <strong>de</strong>s Verhaltensablaufs in einzelne unterscheidbare Ereignisse nach diesem<br />
Schema hat zum Ziel das Verhalten (R) eines Menschen als abhängig von Situations-,<br />
Selbstregulations- und Konsequenzbedingungen zu beschreiben (Kanfer et al., 1996). Dies<br />
macht auch <strong>de</strong>n Kernbereich <strong><strong>de</strong>r</strong> sog. Funktionalen Verhaltensanalysen aus. Resultar:<br />
Verhaltensgleichung.<br />
9
Erweiterung <strong>de</strong>s Ursprungsmo<strong>de</strong>ll um verschie<strong>de</strong>ne Ebenen (nach Kanfer, 1979):<br />
α-Variablen: externe situative Bedingungen sowie beobachtbare Merkmale <strong>de</strong>s Verhaltens,<br />
wenn sie ein Element <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltenskette darstellen.<br />
β-Variablen: ver<strong>de</strong>ckte, gedankliche Prozesse, die ebenfalls als Auslöser, als Merkmale o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
als Konsequenzen <strong>de</strong>s menschlichen Verhaltensablaufs gesehen wer<strong>de</strong>n können<br />
γ-Variablen: überdauern<strong>de</strong> biologische und physiologische Ausstattung <strong>de</strong>s Menschen,<br />
aktuelle somatische und physiologische Aspekte<br />
Klassisches Konditionieren<br />
Pawlow (1927) hat gezeigt, dass durch eine zeitliche und räumliche Koppelung eines<br />
biologisch relevanten Stimulus (unkonditionierter Stimulus: UCS) mit einem zunächst<br />
neutralen Stimulus (neutraler Stimulus: NS) dieser neue Reiz Hinweis- und Auslösefunktion<br />
für eine früher unbedingte (unbedingte Reaktin: UCR), nun mehr aber bedingte Reaktion<br />
(konditionierte Reaktion: CR) erhalten kann.<br />
Im Prinzip han<strong>de</strong>lt es sich um ein S-R-Mo<strong>de</strong>ll, weil<br />
1. spezielle Aspekte von S in ihrer Wirkung auf R untersucht wer<strong>de</strong>n<br />
2. S zeitlich vor R gelagert ist<br />
3. Konsequenzen © <strong>de</strong>s Verhaltens ®, also nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausführung einer Reaktion nicht im<br />
Blickwinkel stehen.<br />
UCS: Im Humanbereich nicht nur ein punktuell traumatisches Ereignis, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch<br />
chronische Belastungen, unlösbare Konflikte und interpersonale Stresssituationen<br />
Das Prinzip <strong>de</strong>s klassischen Konditionierens beruht auf sog. Assoziation: Durch zeitliche und<br />
räumliche Kopplung erwirbt ein vorher neutraler Reiz auch die Funktion als Auslöser für eine<br />
ursprünglich unbedingte Reaktion (Kontiguitätsprinzip). Durch klassische Konditionierung ist<br />
keinesfalls eine vollständige Erklärung gegeben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur bestimmte Aspekte.<br />
Operantes bzw. instrumentelles Konditionieren<br />
Innerhalb einer Verhaltenskette lassen sich Reaktionen unterschei<strong>de</strong>n, die offensichtlich von<br />
ihren Konsequenzen <strong>de</strong>terminiert sind. Das Mo<strong>de</strong>ll lässt sich in Abhebung zum klassischen<br />
Konditionieren als R-S-Mo<strong>de</strong>ll beschreiben, weil<br />
1. in erster Linie Merkmale von Stimuli in ihrer Wirkung auf die zukünftige<br />
Auftretungswahrscheinlichkeit von Verhalten untersucht wird<br />
2. Stimuli, also Konsequenzen nach einem Verhalten ® liegen<br />
3. Auslöser <strong>de</strong>s Verhaltens (also Stimuli vor <strong>de</strong>m Auftreten <strong>de</strong>s Verhaltens) zwar<br />
gesehen wer<strong>de</strong>n, in ihrer Relevanz jedoch eine untergeordnete Rolle spielen. Ein<br />
erneutes Auftreten einer Reaktion hängt davon ab, ob die vorherige Reaktion<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>selben operanten Klasse verstärkt wird<br />
10
Man unterschei<strong>de</strong>t folgen<strong>de</strong> Komponenten:<br />
C+: positive Verstärkung (<strong>de</strong>m Verhalten folgt eine positive Konsequenz)<br />
/C-: negative Verstärkun (aversive Konsequenz wird entfernt)<br />
C-: direkte Bestrafung<br />
/C+: indirekte Bestrafung (angenehme Konsequenz entfernt)<br />
SD: Hinweis auf Verstärkung<br />
S^: Hinweis auf Bestrafung<br />
Welche <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenzen als kontingent anzusehen sind, hängt nicht nur von <strong><strong>de</strong>r</strong> bloßen<br />
Kontiguität, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Merkmalen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammengehörigkeit ab. Darüber hinaus bil<strong>de</strong>t das<br />
Individuum aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Menge von Vehaltenskonsequenzen offenbar eine Art „Bilanz“: Positive,<br />
negative und neutrale Konsequenzen wer<strong>de</strong>n im Sinne <strong>de</strong>s „relativen Effekts“ aufsummiert<br />
und im Repertoire <strong>de</strong>s Verhaltens eines Organismus wird dasjenige herausgefiltert, das in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Summe die relativ besten Ergebnisse erzielt.<br />
Verstärkerpläne:<br />
Zur Ausformung von Verhalten sollte Verhalten kontinuierlich verstärkt wer<strong>de</strong>n; zur<br />
Stabilisierung von Verhalten sollte auf intermittieren<strong>de</strong> Verstärkung (Quote, Intervall)<br />
übergegangenen wer<strong>de</strong>n, weil solchermaßen variabel verstärktes Verhalten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
löschungsresistent ist.<br />
Zwei-Faktoren bzw. Zwei-Prozeß-Mo<strong>de</strong>ll<br />
Der Grundgedanken <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls besteht darin, dass man sich die Entstehung von psychischen<br />
Störungen i<strong>de</strong>alerweise nach <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s klassischen Konditionierens, die<br />
Aufrechterhaltung jedoch nach <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s operanten Konditionierens vorstellen kann.<br />
Das Zwei-Faktoren-Mo<strong>de</strong>ll besagt also, dass Angst durch eine Kopplung einer tatsächlich<br />
aversiven Situation (UCS) und <strong>de</strong>m Erleben aversiver Konsequenzen (UCR) mit einem<br />
zunächst neutralen (NS) und später konditionierten Situation (CS) enstehen. Durch mehrfache<br />
Kopplung von CS und UCS erwirbt <strong><strong>de</strong>r</strong> CS die Funktion eines bedingten Auslösers, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
(nunmehr konditionierten Situation ) Angstreaktion (CR) = Erster Faktor<br />
Der CS bekommt gleichzeitig Signalfunktion (=S^) für die aversive Situation und <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Kosequenzen (UCS und UCR), so dass das Individuum aus dieser Situation fliehen bzw. sie<br />
künftig vermei<strong>de</strong>n kann. Die Vermeidungsreaktion (Ř) hält das Individuum von <strong>de</strong>n erneuten<br />
traumatischen Situationen fern das Entfallen <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Situation (/C-) bietet eine sofortige<br />
(negative) Verstärkung für die Vermeidungsreaktionen, so dass diese im Repertoire <strong>de</strong>s<br />
Individuums stabilisiert wird. Die Vermeidungsreaktion weist <strong>de</strong>shalb eine hohe<br />
Löschungsresistenz auf, weil für das Individuum keinerlei „Überprüfung“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefährlichkeit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ursprünglich traumatischen Situation mehr erfolgt (= zweiter Faktor)<br />
Flucht: Das Individuum ist noch im Kontakt mit <strong>de</strong>m aversiven Reir und entflieht diesem<br />
Vermeidung: schon aufgrund bestimmter diskriminiativer Hinweisreize kann das Individuum<br />
<strong>de</strong>m aversiven Stimulus entkommen, somit erfolgt kein Kontakt mehr mit <strong>de</strong>m aversiven<br />
Stimulus<br />
11
Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Theorie:<br />
• Annahme, dass beliebige neutrale Stimuli die Funktion konditionierter Stimuli (CS)<br />
übernehmen können<br />
• Nachweis von Konditionierungsbedingungen bei psychischen Störungen<br />
• Teilweise überholt<br />
Entwicklung und Differenzierungen im Rahmen klassischer Lerntheorien<br />
Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Preparedness (Seligman)<br />
Die Frage ist, warum nicht alle neutralen Stimuli zu Auslösern von Störungen wer<strong>de</strong>n<br />
(Äquipotenzannahme).<br />
• Lernprozesse sind Biologisch-evolutionär eingebettet<br />
• Bestimmte Verknüpfungen müssen rasch und stabil gelernt wer<strong>de</strong>n (z.B. Dunkelheit-<br />
Gefahr)<br />
• Rasche Verknüpfbarkeit bezeichnet man als „prepareness“<br />
Preparness bezieht sich also nicht auf spezielle Stimuli (bzw. Reaktionen), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong>de</strong>n<br />
Umstand, dass es für <strong>de</strong>n Organismus von ihrer biologischen Ausstattung her günstig ist,<br />
bestimmte Verknüpfungen rasch und stabil zu erlernen (dies begünstigt Anpassung und<br />
Überleben).<br />
Von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Be<strong>de</strong>utung erscheint das Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Prepareness, vor allem zur Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Entstehung von Angststörungen, während die Relevanz zur Therapieplannung wohl<br />
eingeschränkt bleibt. Aber: Ergänzung zum Zwei-Faktoren-Mo<strong>de</strong>ll.<br />
Typ A- und Typ B-Konditionierungen (Eysenck)<br />
Typ A-Konditionierung: UCS und CS sind verschie<strong>de</strong>n und extreme motivationale<br />
Bedingungen (z.B. Hunger) sind für die Schaffung einer entsprechen<strong>de</strong>n Koppelung<br />
ausschlaggebend.<br />
Typ B-Konditionierung: Hier ist <strong><strong>de</strong>r</strong> UCS <strong>de</strong>m CS sehr ähnlich und <strong><strong>de</strong>r</strong> UCS besitzt<br />
seinerseits selbst motivationale Eigenschaften (z.B. Aversivität). Durch die Ähnlichkeit löst<br />
bereits <strong><strong>de</strong>r</strong> CS ununterbrochen die CR aus. Diese besitzt selbst aversive<br />
Stimuluscharakteristika, so dass es zu einer ständigen Aufschaukelung von Angst kommt.<br />
Eysenck (1979) hat diesen Prozess auch als „Inkubation“ bezeichnet.<br />
Speziell zur Erklärung komplexer Ängste (Herzphobien, Krankheitsängste) o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch im<br />
Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Panikstörungen und verschie<strong>de</strong>ner psychophysiologischer Störungen bietet das<br />
Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Inkubation eine Erweiterung <strong>de</strong>s Zwei-Faktoren-Mo<strong>de</strong>lls. Man kann sich hier<br />
Inkubation bzw. Typ B-Konditionierungen als kontinuierlichen Aufschaukelungsprozess von<br />
kognitiven, Verhaltens- und physiologischen Prozessen vorstellen.<br />
12
Kontiguität und Kontingenz (Garcia)<br />
Es können nicht beliebige Stimuli (in zeitlicher und räumlicher Nähe eines UCS) die Funktion<br />
eines CS annehmen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Individuum sucht die Umgebung auf diejenigen Stimuli ab,<br />
die am besten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sind, einen UCS (und damit eine potentielle UCR) vorherzusagen.<br />
Konditionierung be<strong>de</strong>utet damit nicht eine passive o<strong><strong>de</strong>r</strong> zufällig Koppelung zwischen<br />
Ereignissen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Lernen von Beziehungen zwischen Ereignissen; die Kontiguität<br />
bil<strong>de</strong>t sicher eine günstige Voraussetzung für dieses Lernen von Beziehungen ähnlich wie<br />
beim Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Attribution. Das Individuum sucht seine Umgebung daraufhin ab, welche<br />
Ereignisse als zusammengehörig angesehen wer<strong>de</strong>n können (= Bildung von Kontingenzen).<br />
Aufgrund biologischer Voraussetzungen etwa ist es wahrscheinlich, dass in <strong>de</strong>n<br />
Tierexperimenten von Garcia Geruch und Geschmack eher einen Prädiktor für die Wirkung<br />
von Futter (z.B. Übelkeit vs. Sättigung) darstellen als dies Röntgenbestrahlung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
bestimmte Lichtverhältnisse gegeben wären.<br />
Kontiguität stellt eine günstige Voraussetzung für das Lernen da, das Individuum bil<strong>de</strong>t aber<br />
nicht zufällig Zusammenhänge (irrelevante Assoziationen), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es erfolgt eine aktive<br />
Koppelung zwischen Reizen (bzw. zwischen Verhalten und Konsequenzen), die in Relation<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kontingenz zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> stehen.<br />
Sicherheits-Signal-Hypothese (Rachman)<br />
Grundlage ist die Annahme, dass Organismen nicht nur eine Verknüpfung zwischen<br />
belasten<strong>de</strong>n Ereignissen (UCS) und entsprechen<strong>de</strong>n Prädiktoren (CS) für eine potentielle<br />
Gefahr (UCR bzw. CR) erlernen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Signale für Sicherheit erlernen.<br />
Patienten erlernen also gewissermaßen auch diejenigen Prädiktoren, die ihnen (subjektiv) die<br />
Gewähr einer gewissen Sicherheit bieten. Im Falle pathologischer Ängste besitzen<br />
Sicherheitssignale eine problematische Funktion insofern, als sie <strong>de</strong>n Patienten scheinbare<br />
Sicherheit vorgeben und aktive Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Dieser passive Aspekt<br />
engen <strong>de</strong>n Verhaltensspielraum eines Patienten weiter ein und führen nicht zu einer<br />
Bewältigung von Angst. Eine wichtige therapeutische Implikation <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls besteht darin,<br />
aktive Bewältigungsstrategien im Repertoire <strong>de</strong>s Individuums auszuformen; die bisherigen<br />
passiven Sicherheitssignale bieten insofern eine nur scheinbare Sicherheit, als sie eine echte<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst gera<strong>de</strong>zu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
Kognitive Komponente: Das Erwartungs-Mo<strong>de</strong>ll von Tolman<br />
Tolman (1932) hat das Konstrukt <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwartung als beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s einfache, klare und sparsame<br />
Version <strong><strong>de</strong>r</strong> Erklärung von Verhalten vorgeschlagen.Erwartung als Konstrukt kann<br />
Zusammenhänge zwischen Umweltbedingungen und <strong>de</strong>m Lernen erklären. Erwartungen im<br />
Sinne von Hypothesen steuern und filtern unsere Wahrnehmung und Erwartungen bil<strong>de</strong>n für<br />
Patienten einen unverrückbaren Teil ihrer Realität.<br />
13
Kognitionspsychologische Grundlagen<br />
Kognitionspsychologische Vorstellungen ziehen sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> durch verschie<strong>de</strong>ne<br />
Lerntheorien, im Grun<strong>de</strong> seit Tolman (1932) und seinen Überlegungen zu einer<br />
Erwartungstheorie <strong>de</strong>s Lernens. Die Grenzen verschwimmen insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in neueren<br />
lerntheoretischen Mo<strong>de</strong>llen, wo Lernen als „komplexe Informationsverarbeitung“ gesehen<br />
wird (Eelen, 1982)<br />
Das Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Self-efficacy von Bandura<br />
„self-efficacy“: nach diesem Mo<strong>de</strong>ll bil<strong>de</strong>t eine Person zwei Typen von Erwartungen:<br />
� Zunächst eine Erwartung, ob und inwiefern sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sein wird, angesichts einer<br />
Situation ein bestimmtes Verhalten zu realisieren (Erwartung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbst-Effizienz)<br />
� Erwartung darüber, inwiefern das gezeigte Verhalten bstimmte (erwünschte)<br />
Ergebnisse erzielen wird (Erwartung einer Verhalten-Effektivität)<br />
Bandura (1977) konnte zeigen, dass die Erwartung einer Selbst-Effizienz für eine<br />
Verhaltensän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von ausschlaggeben<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung ist. Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffassung, er<br />
könne sowieso wenig o<strong><strong>de</strong>r</strong> nichts zur Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung seines Problems beitragen, so ist es<br />
zumeist die Aufgabe <strong>de</strong>s Therapeuten, auf dieser Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwartungen zu intervenieren.<br />
Konkrete Möglichkeiten dazu bieten sich mit Beispielen von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Klienten, die eine<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>barkeit vor Augen führen; eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient in<br />
kleinsten Schritten selbst die Erfahrung macht, dass seine Sichtweise einer Situation für <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Wirkung und sein Verhalten für entsprechen<strong>de</strong> Effekte ausschlaggebend sind. Hier zeigt sich<br />
die enge Verzahnung von konkreten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensebene und einer<br />
Umstrukturierung kognitiver Muster (Erwartungen).<br />
Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertungsprozesse bei R.S. Lazarus<br />
Lazarus (1981) spricht von zwei Stufen von Bewertungsprozessen:<br />
Primary appraisal: angesichts einer Situation erfolgt zunächst eine Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefahr<br />
einer Situation<br />
Secondary appraisal: bei „Gefahr“ kommt es zu einer zweiten Stufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung, nämlich<br />
einer Einschätzung eigener Bewältigungsmöglichkeiten<br />
Das Mo<strong>de</strong>ll von Lazarus ver<strong>de</strong>utlicht eine enge Vernetzung von kognitiven Prozessen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bewertung mit emotionalen Aspekten (z.B. Angst) und Möglichkeiten zur<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung und Bewältigung belasten<strong><strong>de</strong>r</strong> Situationen und Emotionen. Das Mo<strong>de</strong>ll<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertungsprozesse bei Lazarus wur<strong>de</strong> zwar weitgehend unabhängig von klinischpsychologischen<br />
Interventionsverfahren entwickelt, die <strong>de</strong>m Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> „kognitiven<br />
Therapien“ (z.B. Beck, Ellis, Meichenbaum…) zuzuor<strong>de</strong>nen sind; die inhaltlichen und<br />
wissenschaftlichen Vernetzungen sind allerdings nicht zu übersehen: Bei allen Vertretern<br />
kognitiver Therapien spielen Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung kognitiver<br />
Aspekte eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle.<br />
14
Die spezielle kognitive Ätiologiemo<strong>de</strong>lle gehen davon aus, dass beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s Panikpatienten<br />
interozeptive Stimuli in spezieller Weise wahrnehmen und bewerten. Diese Bewertung und<br />
Verknüpfung mit <strong>de</strong>m Gedanken an „Gefahr“ bzw. an eine antizipierte Schädigung führen zu<br />
interner körperlicher (psycho-physiologischer) Erregung, die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Person wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um als<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bedrohlich wahrgenommen wird usw. Eine therapeutische Implikation dieser<br />
theoretischen Mo<strong>de</strong>llannahmen besteht darin, nicht nur konkrete Verhaltensmuster, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
spezielle Bewertungsprozesse zum Ansatzpunkt <strong>de</strong>s therapeutischen Vorgehens zu erheben.<br />
Theorie assoziativer Netzwerke (P. Lang)<br />
Im Prinzip han<strong>de</strong>lt es sich um ein Mo<strong>de</strong>ll, das eine wesentliche Determinante menschlicher<br />
Emotionen in ihrer kognitiv-psychophysiologischen Repräsentation sieht. Hierbei spielen<br />
Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationsverarbeitung eine ausschlaggeben<strong>de</strong> Rolle. Informationen,<br />
Wahrnehmung über externe und interne Ereignisse wer<strong>de</strong>n nach Lang (1979) in Form<br />
assoziativer Netzwerke verarbeitet; zu unterschei<strong>de</strong>n sind dabei:<br />
� Informationen über semantische Be<strong>de</strong>utungen<br />
� Informationen über Merkmale einer komplexen Situation<br />
� Informationen über eigene Reaktionsmöglichkeiten<br />
Komplexe � semantische Bewertung --- Vorerfahrungen --- Bezug eigene Person<br />
Externe � Beurteilung d. Situation --- Gefahr<br />
Situationen � Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktion --- Hilflosigkeit --- Angst<br />
System-Mo<strong>de</strong>ll menschlichen Verhaltens<br />
Für die <strong>Verhaltenstherapie</strong> muß man die funktionale Analyse nach wie vor als eine ganz<br />
zentrale Grundlage ansehen. Gemeint ist damit die Annahme, dass man menschliches<br />
Verhalten (=R) als eingebettet in auslösen<strong>de</strong> (=S) sowie aufrechterhalten<strong>de</strong> Bedingungen (=C)<br />
ansehen muß.<br />
S αβγ � Selbstregulationssystem (βγ) � R αβγ � C αβγ<br />
Α-,β-,γ-Variablen<br />
Lang (1971) unterschei<strong>de</strong>t verschie<strong>de</strong>ne Ebene – sowohl auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong>de</strong>s Verhaltens (R),<br />
von Situationen (S) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenzen (C). Neben <strong>de</strong>m Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse-Ebenen<br />
besitzen α, β und γ gleichzeitig die Funktion von Determinanten <strong>de</strong>s Verhaltens<br />
(gewissermaßen also als unabhängige Variable).<br />
Ein gedanklicher Prozeß (Vorstellung, Erwartung …) bil<strong>de</strong>t nicht nur einen speziellen Aspekt<br />
einer komplexen Situation (Sβ); dieser Gedanke wird möglicherweise zu einem höchst<br />
be<strong>de</strong>utsamen Auslöser für eine Verhaltenskette (z.B. im Sinne einer Planung…). Ein<br />
Merkmal <strong><strong>de</strong>r</strong> System-Analyse besteht somit darin, nicht nur einzelne Elemente (α, β und γ) zu<br />
unterschei<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch ihre Funktion in <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerung menschlichen Verhaltens zu<br />
berücksichtigen.<br />
Selbstregulationssystem (β γ)<br />
15
Situationen lösen Reaktionen nicht unvermittelt aus, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es erfolgt eine Vermittlung<br />
zumin<strong>de</strong>st über sogenannte Organismus-Variablen. Das SORKC-Mo<strong>de</strong>ll bil<strong>de</strong>te über lange<br />
Zeit hinweg die Grundstruktur <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensanalyse.<br />
Selbstregulation: Die Regulation menschlichen Verhaltens ist nicht nur durch externe<br />
Determinanten erklärbar. Zur Erklärung müssen –speziell nach Kanfer (1971)-<br />
Gesichtspunkte innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Person als entschei<strong>de</strong>nd angesehen wer<strong>de</strong>n. Dazu zählen<br />
zunächst stabile und variable somatisch-physiologische Merkmale (� γ-Variablen), daneben<br />
müssen auch psychologische Strukturen als be<strong>de</strong>utsam angesehen wer<strong>de</strong>n (z.B.<br />
Lerngeschichte, selektive Wahrnehmung, etc.) � β-Variablen<br />
Dynamik: Interaktion und Rückkoppelung<br />
Die Annahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Interaktion be<strong>de</strong>utet eine zentrale Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Welt- und<br />
Menschenbil<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltenstheorie: Menschliches Verhalten wird nicht nur als Re-Aktion<br />
auf situationale Bedingung gesehen. Situative Bedingungen, Umgebung, etc. sind vielmehr<br />
auch Ergebnisse eines aktiven Eingriffs von Menschen in externe (und zum Teil interne)<br />
Bedingungen. � „reziproker Determinismus (Bandura, 1977)<br />
Die einzelnen Ebenen interagieren sehr rasch, teilweise kann es zu Prozessen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Abschwächung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärkung o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Aufschauekelns kommen; somit ist das einzelbe<br />
Element nicht als bloßer Stimulus zu sehen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in seiner Wirkung auf das Verhalten als<br />
Ergebnis <strong>de</strong>s komplexen Zusammenspiels unterschiedlicher Ebenen zu verstehen.<br />
Den zweiten Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkoppelung machen Zusammenhänge zwischen <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Elementen aus: Als typisches Beispiel lässt sich auf <strong>de</strong>n Punkt <strong>de</strong>s Selbstregulationssystems<br />
verweisen; hier wer<strong>de</strong>n auf kognitiver Ebene (β) Konsequenzen vorweggenommen und sie<br />
bil<strong>de</strong>n ganz spezielle Determinanten für das nachfolgen<strong>de</strong> Verhalten. Konsequenzen <strong>de</strong>s<br />
Verhaltens besitzen im weiteren Verlauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltenskette eine wichtige Funktion für die<br />
neuerliche Auftrittswahrscheinlichkeit usw.<br />
Prozessmo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
16
Psychische Probleme sind durch drei Komponenten zu kennzeichnen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Analogie zum<br />
Problemlösen entliehen sind: zu unterschei<strong>de</strong>n ist zunächst <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgangszustand, <strong><strong>de</strong>r</strong> vom<br />
Klienten mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger präzise beschrieben wer<strong>de</strong>n kann, <strong><strong>de</strong>r</strong> von ihm allerdings als<br />
problematisch und belastend erlebt wird. Eine therapeutische Intervention beabsichtigt eine<br />
Überführung in einen Zielzustand, <strong><strong>de</strong>r</strong> vom Klienten zunächst negativ charakterisiert wird<br />
(Abwesenheit von Beschwer<strong>de</strong>n und Problemen). Therapie sollte drittens die Mittel<br />
(Metho<strong>de</strong>n) zur Verfügung stellen, die eine Überführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Probleme <strong>de</strong>s Klienten in einen<br />
erwünschten Zielzustand erlauben.<br />
Phase 1: Rollenstrukturierung und Aufbau einer therapeutischen Allianz<br />
17
• Aufbau einer kooperativen Therapeut-Klient Beziehung<br />
• Erste, problembezogene Informationssammlung<br />
• Organisatorisches <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiesituation<br />
Phase 2: Aufbau von Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmotivation<br />
• Wie wird mein Leben sein, falls ich mich än<strong><strong>de</strong>r</strong>e?<br />
• Wer<strong>de</strong> ich besser dastehen, falls ich mich än<strong><strong>de</strong>r</strong>e?<br />
• Kann ich es schaffen?<br />
• Was muß ich für eine Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung tun?<br />
• Kann ich auf die Unterstützung dieses Therapeuten vertrauen?<br />
Phase 3: Verhaltensanalyse<br />
• Beschreibung <strong>de</strong>s Problems � Verhaltensanalyse (αβγ)<br />
• Bedingungsmo<strong>de</strong>ll<br />
Phase 4: Vereinbaren therapeutischer Ziele und Behandlungsinhalte<br />
• Ziele: normativ<br />
• Zielorientierte Analyse<br />
• Lebenskuchen <strong>de</strong>s Patienten<br />
• Positive Aspekte <strong>de</strong>s Lebens <strong>de</strong>s Patienten<br />
• Zukunftsprojektion<br />
Phase 5: Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />
• Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsstrategien<br />
• Metho<strong>de</strong>neinsatz<br />
Phase 6: Evaluation <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
Für eine konkrete Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie ist ein Registrieren von Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s<br />
Problemverhaltens einerseits und von situativen Bedingungen an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits unerlässlich<br />
(=zielabhängige Evaluation).<br />
Notwendig:<br />
1. Für die prinzipielle Evaluation ist ein Vergleich <strong>de</strong>s Zustan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Patienten zu<br />
Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie mit seiner Situation nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />
2. Für die Feinsteuerung <strong>de</strong>s therapeutischen Prozesses innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie sind<br />
Schwankungen, Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen etc. festzuhalten und zu registrieren.<br />
Die kontinuierliche Evaluation ist auch aus motivationalen Grün<strong>de</strong>n – und zwar für<br />
Therapeuten ebenso wie für Patienten – von großer Be<strong>de</strong>utung.<br />
Phase 7: Beendigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung/Generalisierung<br />
• Stabilisierung/ Transfer bisher erzielte Fortschritte<br />
18
• Arbeit an offenen Fragen, restlichen Problembereichen<br />
• Beendigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />
Psychologische Mo<strong>de</strong>lle als Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
Mo<strong>de</strong>lle <strong><strong>de</strong>r</strong> Persönlichkeit<br />
Eine gewisse Anerkennung interindividueller Differenzen erfolgte mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> O-<br />
Variable in die sog. Verhaltensgleichung (SOR). Dieses Element diente zur Erklärung<br />
interindividuell unterschiedlicher Reaktionen angesichts ähnlicher o<strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>ntischer<br />
Situationen. Organismen reagieren auf eine Situation unterschiedlich, je nach<strong>de</strong>m, welche<br />
Vorerfahrungen sie mit dieser o<strong><strong>de</strong>r</strong> ähnlichen Situation gemacht haben. Das System dieser<br />
Vorerfahrungen eines Organismus macht im klassisch-verhaltenstherapeutischen Verständnis<br />
das aus, was man unter „Persönlichkeit“ verstehen kann.<br />
Sehr konsequent hat man sich innerhalb dieser Auffassung („Situationismus“) von<br />
traditionellen Annahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Persönlichkeitstheorie distanzieren, die <strong>de</strong>m sog. „Trait-<br />
Konzept“ verpflichtet waren. Der inhaltlich-epirische Grund für die Abgrenzung gegenüber<br />
Trait-Mo<strong>de</strong>llen besteht nach Auffassung <strong>de</strong>s Situationismus darin, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> größte Teil<br />
menschlichen Verhaltens durch situative Bedingungen und nicht durch Merkmale <strong><strong>de</strong>r</strong> Person<br />
<strong>de</strong>terminiert wer<strong>de</strong>n. Der methodologische Grund nimmt darauf Bezug, dass in Trait-<br />
Theorien nach Auffassung <strong>de</strong>s Situationismus zirkulär argumentiert wird: Eine Stichprobe<br />
beobachtbarer Verhaltensweisen wird dazu herangezogen, um Schlüsse auf ein (nicht<br />
beobachtbares) Persönlichkeitsmerkmal zu ziehen; dieses Persönlichkeitsmerkmal dient dann<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Vorhersage und zur Erklärung von Verhalten in Situationen.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>s Situationismus wer<strong>de</strong>n differentielle Merkmale unterschiedlicher Personen in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>selben Situation durch die unterschiedliche Lerngeschichte erklärt; im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong> versucht man konsequenterweise, das Verhalten einer<br />
Person in <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n Situation zu beobachten. Situationsspezifische Merkmale<br />
interagieren aber insofern mit individuumsspezifischen Verhalten, als eine Situation nicht<br />
unabhängig vom menschlichen Verhalten betrachtet wer<strong>de</strong>n kann – mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Worten:<br />
Situation wird auch durch menschliches Verhalten gestaltet bzw. neu strukturiert und<br />
verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Person reagiert damit nicht nur auf eine externe, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise<br />
auch auf eine von ihr selbst gestaltete Situation.<br />
Lazarus (1980) spricht in diesem Zusammenhang von „Transaktionismus“. In einem<br />
interaktionistischen Mo<strong>de</strong>ll wer<strong>de</strong>n sowohl die Situationsspezifität von Verhalten, als auch<br />
spezielle individuelle Kompetenzen berücksichtigt.<br />
Sozial-kognitive Persönlichkeitstheorie (nach Mischel, 1973)<br />
1. Konstruktive Fähigkeiten <strong>de</strong>s Individuums: Diese Fähigkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> aktiven<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt wer<strong>de</strong>n nicht in je<strong><strong>de</strong>r</strong> Situation neu gebil<strong>de</strong>t<br />
(erlernt), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n stellen ein relativ stabiles Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> Interaktion dar.<br />
2. Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung: Information wird intern verglichen, so<br />
dass dann Transformationen möglich sind. Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Speicherung, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Transformation etc. sind bei einzelnen Menschen unterschiedlich und machen einen<br />
Teil <strong>de</strong>ssen aus, was wir als „Persönlichkeit“ bezeichnen.<br />
19
3. Fähigkeit zur Bildung von Erwartungen: Erwartungen, kognitive Vorstellungen<br />
etc. <strong>de</strong>terminieren unsere Wahrnehmung (Selektion) <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung, d.h. wir bil<strong>de</strong>n<br />
Erwartungen hinsichtlich verschie<strong>de</strong>ner Situationen.<br />
4. Subjektive Bewertung von Situationen: „Persönlichkeit“ be<strong>de</strong>utet in diesem<br />
Kontext die je nach Individuum unterschiedliche, aber für das Individuum stabile<br />
Wahrnehmung und Bewertung einer Situation.<br />
5. Fähigkeit zur Selbstregulation und planvollem Han<strong>de</strong>ln: Selbstregulation meint,<br />
dass Menschen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sind, das eigene Verhalten bis zu einem gewissen Grad zu<br />
steuern. Im System-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s menschlichen Verhaltens wur<strong>de</strong>n Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstregulation als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Determinante menschlichen Verhaltens<br />
angesehen: β- und γ-Variablen stehen gewissermaßen zwischen situativen<br />
Merkmalen und Reaktionen <strong>de</strong>s Individuums. Als β-Variablen sind Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erwartung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Lerngeschichte und <strong><strong>de</strong>r</strong> planvollen Steuerung eigenen Verhaltens<br />
anzusehen. Auch auf <strong><strong>de</strong>r</strong> biologischen (o<strong><strong>de</strong>r</strong> γ-) Ebene muß von Fähigkeiten <strong>de</strong><br />
Selbstregulation ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Menschen planen außer<strong>de</strong>m unterschiedliche<br />
Maßnahmen. Kennzeichnend für planvolles Han<strong>de</strong>ln ist das Verhaltensmuster mit<br />
Hinblick auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet und bewusst gesteuert wer<strong>de</strong>n. Ziele<br />
können untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit Verhaltensmustern in Konflikt stehen.<br />
6. Interaktion zwischen Verhalten und Situationen: Menschliches Verhalten<br />
interagiert in komplexer und dynamischer Weise mit situativen Merkmalen:<br />
Situationen wer<strong>de</strong>n selektiv und aktiv wahrgenommen, Situationen sind Auslöser<br />
unseres Verhaltens. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite gestalten Menschen ihre Umwelt selbst,<br />
nehmen also aktiv Einfluss auf Situationen, die dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Determinanten unseres<br />
Verhaltens darstellen usw.<br />
Das interaktionistische persönlichkeitstheoretische Mo<strong>de</strong>ll von Mischel (1973) wur<strong>de</strong> als<br />
typisches Beispiel eines Ansatzes angeführt, <strong>de</strong>m für die Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
größte Be<strong>de</strong>utung zukommt; gera<strong>de</strong> diees Mo<strong>de</strong>ll zeigt aber auch, dass es zwischen<br />
klassischen Trait-Ansätzen einerseits und rein situationistischen Mo<strong>de</strong>llen an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits<br />
offenbar zu einer <strong>de</strong>utlichen Annäherung gekommen ist.<br />
Exkurs: Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen<br />
Persönlichkeitsstörungen sollten nicht als Störung von „Persönlichkeit“ angesehen wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n als eine Dysfunktion <strong>de</strong>s Gefüges <strong><strong>de</strong>r</strong> Person in Interaktion mit ihrer Umgebung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
mit sich selbst!<br />
Emotionspsychologische Grundlagen<br />
Theorie <strong><strong>de</strong>r</strong> Emotionen von Plutchik, 1990<br />
1. Emotionen dienen <strong>de</strong>m Überleben <strong>de</strong>s Menschen und sind somit komplexe<br />
Kommunikations- und Informationsmuster im Austauschprozeß <strong>de</strong>s Menschen mit<br />
seiner Umgebung.<br />
2. Emotionen sind genetisch angelegt und damit allen Menschen gemeinsam<br />
3. Emotionen liefern einen Beitrag zum Überleben von Individuuen und <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten<br />
Art<br />
4. Emotion ist ein hypothetisches Konstrukt<br />
5. Emotionen tragen zur komplexen Steuerung von Verhaltensketten bei. Durch<br />
verschie<strong>de</strong>ne Feedbach-Schleifen liefern sie einen Beitrag zur Homöostase <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
menschlichen Funktionen.<br />
6. Unterscheidung:<br />
20
a. Primäre Emotionen: Angst/Furcht, Ärger/Wut, Neugier/Interesse<br />
b. Sekundäre Emotionen sind Gefühle über Emotionen, z.B. Angst vor<br />
unkontrollierter Wut; Scham wegen Angstgefühlen<br />
7. Das komplexe Gefüge <strong><strong>de</strong>r</strong> Emotionen steuert die jeweils verschie<strong>de</strong>nen Strategien, die<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Selbstbil<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Selbstwertes bzw. Der<br />
Verteidigung <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Person dienen. Die jeweils zentrale Funktion ergibt sich aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse ihrer Be<strong>de</strong>utung für das Leben und Überleben <strong><strong>de</strong>r</strong> Person.<br />
Emotionen und Information nach Lang, 1986<br />
Emotionen haben auch Informationscharakter und sind in „netzwerkartiger“ Form im<br />
Gedächtnis gespeichert. Viele emotionale Prozesse laufen <strong>de</strong>mnach automatsiert ab, wenn<br />
„Knoten“ im Netzwerk aktiviert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die verschie<strong>de</strong>nen Möglichkeiten zur Aktivierung von Emotionen haben verschie<strong>de</strong>ne<br />
Implikationen für <strong>de</strong>n therapeutischen Prozeß:<br />
a) Therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen besitzen nur dann persönliche Relevanz und sind<br />
entsprechend stabil, wenn es im Verlauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie zu einer emotionalen<br />
Verarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Emotionen gekommen ist.<br />
b) Bei vielen psychischen Störungen spielen emotional belasten<strong>de</strong> Erinnerungen eine<br />
zentrale Rolle (z.B. PTSD).<br />
c) Eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s zielführen<strong>de</strong> und effektive Möglichkeit zur Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit<br />
belasten<strong>de</strong>n Emotionen besteht darin, die Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefühle schriftlich festzuhalten<br />
(z.B. Tagebücher). Das Nicht-Sprechen über belasten<strong>de</strong> Ereignisse bil<strong>de</strong>t einen Teil<br />
psychischer Störungen. Wenn Personen emtional be<strong>de</strong>utsame, belasten<strong>de</strong> Begriffe<br />
verwen<strong>de</strong>n, so führt dies langfristig (und zwar in objektiven Maßen) zu positiven<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen.<br />
Sozialpsychologische Grundlagen<br />
Therapeutische Intervention fin<strong>de</strong>t jeweils in einem sozialen Kontext statt; die sozialen,<br />
ethischen und normativen Rahmenbedingungen sollten dabei beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s berücksichtig wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Verhalten geht auch mit <strong>de</strong>m Abgehen von Gewohnheiten und<br />
Einstellungen einher, dies ist ungewohnt und be<strong>de</strong>utet Aufwand. Patienten lei<strong>de</strong>n zwar an<br />
ihren Problemen, halten aber <strong>de</strong>nnoch an <strong>de</strong>n schädlichen, aber eingeschliffenen<br />
Verhaltensmustern fest. Damit fällt es ihnen oft schwer, neue Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Problemlösung zu akzeptieren. Wir bezeichnen dies oft als Reaktanz und meinen damit <strong>de</strong>n<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand, <strong>de</strong>n ein Patient gegenüber einer therapeutischen Beeinflussung zeigt.<br />
Der geleistete Aufwand, muß gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n und die Erreichung <strong>de</strong>s Ziels kann eine<br />
solche sein. Wenn das Ziel aber nicht erreicht wird, be<strong>de</strong>utet dies eine kognitive Dissonanz:<br />
Die Person befin<strong>de</strong>t sich über lange Zeit in Therapie, sie hat Mühe und Aufwand auf sich<br />
genommen, <strong><strong>de</strong>r</strong> durch das Ergebnis wenig gerechtfertigt erscheint. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgerungen für<br />
die Person bestün<strong>de</strong> nun darin, entsprechend hohe Motivation in die Richtung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zielerreichung aufzubringen, damit sich daraus zumin<strong>de</strong>st eine gewisse Erklärung für <strong>de</strong>n<br />
Aufwand ergibt.<br />
Für <strong>de</strong>n Therapeuten bestün<strong>de</strong> eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Implikationen darin, <strong>de</strong>n Patienten frühzeitig aktiv am<br />
therapeutischen Prozess zu beteiligen.<br />
Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Beziehung<br />
21
Die Herstellung einer akzeptieren<strong>de</strong>n Interaktion, die Klärung von Rollen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau einer<br />
vertrauensvollen Allianz und die Anregung eines Patienten zu Eigenaktivitäten bil<strong>de</strong>n<br />
wichtige Bestandteile <strong>de</strong>ssen, was heute als unabdingbare Voraussetzungen und Elemente<br />
einer gelingen<strong>de</strong>n verhaltenstherapeutischen Beziehung gesehen wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Wirkfaktoren: Wirkfaktoren sind im Kontrast zu therapeutischen Metho<strong>de</strong>n (Techniken)<br />
prinzipiell nicht beobachtbar; sie wer<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m beobachtbaren Wirkungsspektrum eines<br />
Verfahrens erschlossen und sind also theoretischer Natur.<br />
Die therapeutische Interaktion galt <strong>de</strong>shalb als unspezifischer Faktor, weil sie bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Umsetzung therapeutischer Maßnahmen zwangsläufig mit gegeben war. Man stellte ihre<br />
empirische Wirkung gewiß nicht in Abre<strong>de</strong>, aber die effizienten therapeutischen<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen wer<strong>de</strong>n mit spezifischen und nicht mit spezifischen Faktoren erklärt.<br />
Frank (1985): Allen therapeutischen Ansätzen gemeinsame Faktoren:<br />
� Realisierung einer therapeutischen Beziehung<br />
� Therapeutisches Setting<br />
� Spezielle Übungen und Maßnahmen<br />
� Theoretische Erklärung, ein „Mythos“ (d.h. Erklärungen übergeordneter Art, etwa im<br />
Sinne eines philosophischen weltanschaulichen Hintergrundmo<strong>de</strong>lls/ vErmittlung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Grundgedanken <strong>de</strong>s therapeutischen Ansatzes<br />
Die Unterscheidung von Faktoren als spezifisch versus unspezifisch ist abhängig vom Stand<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung und <strong><strong>de</strong>r</strong> theoretischen Entwicklung.<br />
Die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Beziehung in ihrer Funktion für Prozess und Ergebnis von<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> lässt sich heute nicht mehr von <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie trennen.<br />
Therapeutische Beziehung ist keine zusätzliche Technik, auf die Verhaltenstherapeuten nun<br />
offenbar auch vermehrt zurückgreifen. Es stellt einen sogenannten kategorialen Fehler dar<br />
davon zu sprechen, man wolle zunächst eine „gute therapeutische Beziehung“ herstellen und<br />
darauf aufbauend eine Reihe spezieller Techniken realisieren. Die Qualität einer<br />
therapeutischen Beziehung zeigt sich nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung von therapeutischen Techniken,<br />
so wie sich umgekehrt therapeutische Techniken nur innerhalb <strong>de</strong>s Rahmens einer<br />
therapeutischen Beziehung realisieren lassen. Nur das gleichsinnige Zusammenwirken bei<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Komponenten bewirkt einen zielgerichteten therapeutischen Fortschritt. Eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle<br />
spielt die Gestaltung einer günstigen therapeutischen Beziehung natürlich in <strong>de</strong>n ersten<br />
Phasen <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie: hier ist es Aufgabe <strong>de</strong>s Therapeuten, <strong>de</strong>m Klienten konzentriert und<br />
aktiv zuzuhören und das Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsamen Arbeit möglichst bald und präzise zu klären.<br />
Empirische Untersuchung <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Beziehung (Schindler, 1991):<br />
Unter kontrollierten Bedingungen zeigte sich, dass Merkmale <strong>de</strong> therapeutischen Interaktion<br />
gemeinsam mit therapeutische spezifischen Wirkfaktoren für diese Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung hoch<br />
be<strong>de</strong>utsam sind. In einer aufwendigen sequenziellen Interaktionsanalyse konnten auf seiten<br />
<strong>de</strong>s Therapeuten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die konkrete Unterstützung; Klarheit und Transparenz, auf seiten<br />
<strong>de</strong>s Patienten insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Merkmale <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivation, also Offenheit und Bereitschaft zu<br />
konkreten Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsschritten sowie erste Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmaßnahmen als Prädiktoren für <strong>de</strong>n<br />
therapeutischen Erfolg gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
22
Zur Rolle ethischer und normativer Determinanten sowie kultureller Werte<br />
Therapie ist als soziale Beeinflussung zu verstehen: Normative Vorstellungen, implizite<br />
Menschenbil<strong><strong>de</strong>r</strong> und ethische Prinzipien bil<strong>de</strong>n – auch wenn sie häufig unausgesprochen<br />
bleiben – ganz entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Determinanten menschlicher Handlungen. Diese Vorstellungen<br />
schlagen selbstverständlich auch und zwar im Wege über implizite und explizite<br />
Zielvorstellungen auf die therapeutische Tätigkeit durch.<br />
• Schon in <strong><strong>de</strong>r</strong> Definition von <strong>Verhaltenstherapie</strong> wird betont, dass sich<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> an allgemein akzeptierten Vorstellungen über Ethik und Normen<br />
orientiert.<br />
• <strong>Verhaltenstherapie</strong> stützt sich nicht auf ein eigenes Normensystem; dies sollte aber<br />
nicht unbedingt heißen: „anything goes“<br />
• Umso wichtiger ist Reflexion impliziter und expliziter Werte und Normen!<br />
Attribution, Health-Beliefs-Mo<strong>de</strong>l und „plausibles Mo<strong>de</strong>l“<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren wur<strong>de</strong>n Untersuchungen aus <strong>de</strong>m weiten Feld <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Atttributionstheorie für die <strong>Verhaltenstherapie</strong> nutzbar gemacht. Attributionstheorien gehen<br />
davon aus, dass unser Verhalten auch dadurch beeinflusst wird, dass wir für ein Ereignis in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung eine bestimmte Ursache annehmen (Kausalattribution, Hei<strong><strong>de</strong>r</strong>, 1958)<br />
Attribution: Zuschreibung von Ursachen, Grün<strong>de</strong>n und Erklärungen zu bestimmten<br />
Ereignissen. Aus diesen Zuschreibungen (und nicht so sehr aus <strong>de</strong>n tatsächlichen Grün<strong>de</strong>n)<br />
ergeben sich für das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Person klare Konsequenzen. Attribution leistet eine<br />
wichtige Funktion in unserer Orientierung in <strong><strong>de</strong>r</strong> komplexen Welt: Wir reduzieren die<br />
Informationsmenge auf bewältigbare und für uns relevant erscheinen<strong>de</strong> Dimensionen.<br />
Der Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach <strong>de</strong>n Ursachen von Ereignissen wird mit <strong>de</strong>m Begriff „Attribution“<br />
bezeichnet und bil<strong>de</strong>t einen Eckpfeiler <strong><strong>de</strong>r</strong> sogenannten Attributionstheorien. Im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Attribution sollte man grundsätzlich zwischen<br />
a. Der Entstehung von Attributionen, also Attributionen als abhängige Variable und<br />
b. Den Auswirkungen von Attributionen, also aufgefasst als unabhängige Variable,<br />
unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Generell unterschei<strong>de</strong>n wir:<br />
Kausalattribution: die Suche nach möglichen Ursachen eigenen und frem<strong>de</strong>n Verhaltens<br />
Kontrollattribution: Frage nach einer vermeintlichen Kontrolle und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>barkeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Ursachen<br />
Healthi-Beliefs-Mo<strong>de</strong>l (HBM)<br />
23
„Health-Beliefs-Mo<strong>de</strong>l“ meint im Kern, welche Annahmen und Erklärungen eine Person sich<br />
für die Entstehung und Aufrecherhaltung einer gesundheitlichen Störung zurechtlegt. Die bei<br />
Patienten mit psychischen Störungen anzutreffen<strong>de</strong>n Erklärungsmo<strong>de</strong>lle lassen sich vielfach<br />
auf einem Kontinuum von rein medizinischen Annahmen bis hin zu sozialen Lerntheorien<br />
einzuordnen.<br />
Health-Beliefs-Mo<strong>de</strong>lle stehen in engem Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sogenannten<br />
Kontrollattribution. Rotter (1966) unterschied zunächst zwischen internaler und externaler<br />
Kontrolle:<br />
� Internale Kontrolle: das Individuum schreibt die Kontrolle überwiegend <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Eigeninitiative zu<br />
� Externale Kontrollw: das Schicksal wir abhängig von externen Faktoren (Glück,<br />
Zufall) gesehen. Die Umgebung wird als höchst komplex und unbeeinflussbar erlebt.<br />
Die Beeinflussbarkeit von Handlungen auf Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> Annahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrollierbarkit, stellt<br />
für die klinische Forschung einen be<strong>de</strong>utsamen Faktor dar:<br />
Wenn man Gesichtspunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> Attribution berücksichtigt, sollte die Therapie dazu beitragen,<br />
dass Personen einerseits nach <strong>de</strong>n Ursachen ihres Problems selbst zu suchen angeleitet<br />
wer<strong>de</strong>n (Kausalattribution), an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits aber auch dazu angehalten wer<strong>de</strong>n, die betreffen<strong>de</strong><br />
Störung nicht als unbeeinflussbar und unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>bar zu sehen (Kontrollattribution).<br />
Eine spezielle Facette <strong><strong>de</strong>r</strong> Attribution bil<strong>de</strong>t das Health-Belief-Mo<strong>de</strong>l. Es lassen sich folgen<strong>de</strong><br />
Merkmale unterschei<strong>de</strong>n:<br />
• Das Wissen <strong><strong>de</strong>r</strong> Person um die Anfälligkeit für eine Störung sowie Annahmen über<br />
die Gefahr einer Störung.<br />
• Vermutungen und Annahmen über eine möglicherweise gegebenen Effektivität einer<br />
Behandlung.<br />
• Die Wahrnehmung <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Fähigkeit das Problem zu bewältigen („self-efficacy“)<br />
• Fragen über die Einschätzung <strong>de</strong>s Aufwan<strong>de</strong>s für eine Behandlung (zeitlich, finanziell,<br />
emotional)<br />
Die Beurteilung dieser einzelnen Faktoren ist stark subjektiver Art. Die individuelle<br />
Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> Faktoren ergibt das Health-Beliefs-Mo<strong>de</strong>l, das eben entsprechen<strong>de</strong><br />
Implikationen für <strong>de</strong>n therapeutischen Prozess hat und aus diesen Grün<strong>de</strong>n schon frühzeitig<br />
erfasst wer<strong>de</strong>n sollte. Health-Beliefs-Mo<strong>de</strong>ls sind zumeist vage, heterogen und unstrukturiert.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung plausibler Mo<strong>de</strong>lle sollte man zwischen einem Mo<strong>de</strong>ll für die Entstehung<br />
(plausibles Ätiologiemo<strong>de</strong>ll) und einem Mo<strong>de</strong>ll für die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (plausibles<br />
Therapiemo<strong>de</strong>ll) unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Plausibles Ätiologiemo<strong>de</strong>ll: wird aufgrund diagnostischer Informationen und <strong>de</strong>s<br />
theoretischen Hintergrundwissens erarbeitet. Es kann aus prinzipiellen Grün<strong>de</strong>n keinesfalls<br />
Richtigkeit beanspruchen, weil sich die „wirklichen“ Ursachen schon aus logischen und<br />
wissenschaftstheoretischen Grün<strong>de</strong>n nicht mehr klären lassen. Verschie<strong>de</strong>ne Autoren betonen<br />
auch, dass nicht Richtigkeit, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Plausibilität ein entschei<strong>de</strong>nes Kriterium in diesem<br />
Kontext darstellen.<br />
24
Plausibles Therapiemo<strong>de</strong>ll: knüpft an ätiologische Vorstellungen an und beinhaltet<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e eine Vermittlung grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischer Prinzipien. Auch hier ist<br />
wichtig, an bisherigen Strategien und Selbsthilfeversuchen <strong>de</strong>s Patienten anzuknüpfen.<br />
Gera<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>s Selbstmanagement-Ansatzes (Kanfer, et al., 1996) ist es<br />
wichtig, <strong>de</strong>m Patienten die einzelnen Schritte genau zu erklären, um so die notwendige<br />
Transparenz <strong>de</strong>s therapeutischen Vorgehens zu gewährleisten.<br />
25
III Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
Systemmo<strong>de</strong>ll<br />
S � SR-System � R � C<br />
Konfrontations- und „Kognitive“ Ansätze Mo<strong>de</strong>llernen Operante Verfahren<br />
Bewältigungsverfahren<br />
(Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimulusqualität)<br />
Insgesamt: Selbstkontrolle und Selbstmanagementverfahren<br />
� Die einzelnen Metho<strong>de</strong>n setzten an einzelnen Elementen <strong>de</strong>s Systemmo<strong>de</strong>lls an.<br />
Allgemein:<br />
Konfrontations- und Bewältigungsverfahren<br />
• Setzt an <strong><strong>de</strong>r</strong> „Situation“ an<br />
• Klassisches Anwendungsfeld: Angststörungen<br />
• Neuerdings auch bei Essstörungen, Abhängigkeiten<br />
Verhaltensanalytische Analyse von Angst<br />
Angststörung: Gruppe von Störungen, in <strong><strong>de</strong>r</strong>en Zentrum das subjektive, verhaltensmäßige und<br />
körperliche Erleben einer unangenehmen Emotion (Angst).<br />
Beispiele DSM-IV:<br />
� Panikstörung mit Agoraphobie (300.21)<br />
� Spezifische Phobie (300.29)<br />
� Soziale Phobie (300.25)<br />
� Zwangsstörung (300.3)<br />
� Posttraumatische Belastungsstörung (309.81)<br />
� Generalisierte Angststörung (300.02)<br />
Drei Ebenen <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst:<br />
• Subjektiv-verhaltensmäßige Ebene: (Kognitive Komponenten, Antizipation,<br />
Erwartung)<br />
• Verhaltensebene: (Motorische Reaktionen, komplexe Verhaltensmuster)<br />
• Physiologische Ebene: (Reaktionen <strong>de</strong>s autonomen Nervensystems)<br />
26
Pathologische Angst:<br />
• Der Situation nicht angemessen<br />
• Zeitlich überdauernd (chronisch)<br />
• Erklärungs- und Bewältigungsversuche führen nicht zum Ziel einer Reduktion<br />
• Deutliche Beeinträchtigung<br />
Verhaltenstherapeutische Konfrontationsverfahren:<br />
• Zunächst zur Behandlung von situationsabhängigen Ängsten (Phobien)<br />
• Neuerdings: Panikstörungen, generalisierte Anhsstörungen, PTSD<br />
Systematische Desensibilisierung<br />
• J.D. Wolpe, 1958<br />
• Früher mit „<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong>“ gleichgesetzt<br />
Theoretische und experimentelle Grundlagen<br />
• Experimente zur künstlichen Induktion „neurotischer Störung“ bei Katzen �<br />
„experimentelle Neurosen“<br />
• Antagonistisches Verfahren: Er fütterte die Katzen zunächst in einer Umgebung, die<br />
sich von <strong><strong>de</strong>r</strong> traumatischen Situation unterschied, danach wur<strong>de</strong> in hierarchischen<br />
Stufen, die Umgebung <strong><strong>de</strong>r</strong> belasten<strong>de</strong>n Umgebung angenähert � schrittweise<br />
Annäherung <strong>de</strong>s früheren Verhaltens <strong><strong>de</strong>r</strong> Katzen<br />
• Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Hemmung: seiner Auffassung nach kann eine Angstreaktion gehemmt<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn gleichzeitig mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Angstreaktion eine antagonistische Reaktion<br />
hervorgerufen wird<br />
• Angst-Antagonistisches Verfahren: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson,<br />
1938<br />
• Darbietung angstauslösen<strong><strong>de</strong>r</strong> Szenen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung mit antagonistischer Wirkung<br />
<strong>de</strong>s Entspannungsverfahrens � schrittweiser Angstabbau nach <strong>de</strong>m Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
konditionierten Hemmung<br />
• Je<strong>de</strong> Dämpfung einer Angstreaktion trägt zum Aufbau dieser konditinierten Hemmung<br />
bei<br />
Darstellung <strong>de</strong>s Verfahrens<br />
Drei technische Elemente<br />
• Erstellen einer individuellen Hierarchie angstauslösen<strong><strong>de</strong>r</strong> Situationen<br />
• Einübung eines angstantagonistischen Verfahrens (PME)<br />
• Stufenweise Darbietung <strong><strong>de</strong>r</strong> Items unter Entspannung<br />
27
Ablauf<br />
• Detaillierte funktionale Analyse <strong>de</strong>s Verhaltens<br />
• Besprechung <strong>de</strong>s Therapieablaufs (Prinzipien, Funktion einer Hierarchieerstellung,<br />
PME)<br />
• Betonung einer aktiven, kontinuierlichen Mitarbeit (Selbstbeobachtung zu Hause,<br />
Notizen über belasten<strong>de</strong> Situationen)<br />
1) Erstellung einer Angsthierarchie<br />
• Daten von <strong><strong>de</strong>r</strong> Exploration<br />
• Sammlung von einzelnen Situationen<br />
• Angstbereiche aufgeschlüsselt � Angsthierarchie<br />
• Reizsituationen nach qualitativen und quantitativen Merkmalen analysiert<br />
• Erstellung einer o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrerer Angsthierarchien:<br />
i. Kontinuum von <strong><strong>de</strong>r</strong> schwierigsten bis zur leichtesten Situation<br />
ii. Von 100 bis 0<br />
iii. Rangreihen von 10 bis 15 Situationen<br />
• Vor die Darbietung wird häufig eine Ruheszene gestellt, die keinen Bezug zur<br />
Angsthierarchie hat und zur Einführung und Entspannung verwen<strong>de</strong>t wird<br />
• Abstän<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n einzelnen Items sollte nicht zu groß sein und etwa<br />
gleich<br />
• Items sollten konkret sein<br />
• Szenen sollten lebhaft vorstellbar sein<br />
• Bei komplexen Angststörungen besteht muss man meistens mehrere<br />
Angsthierarchien aufstellen<br />
2) Training in progressiver Muskelentspannung<br />
• Jacobson, 1938<br />
• Vielseitig und flexibel einsetzbar<br />
• Erlernen willkürlicher Kontrolle von Spannung und Entspannung<br />
• Nach Training: Klient sollte in <strong><strong>de</strong>r</strong> lage sein auf die Therapeuteninstruktion mit<br />
allgemeiner körperlicher Entspannung zu reagieren � angenehmer Zustand<br />
• Übungen zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen durchführen � optimaler Lernerfolg<br />
• Auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Entspannungsverfahren möglich<br />
3) Darbietung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Items<br />
• Zunächst ausschließlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung<br />
• Lebhafte Vorstellung muss manchmal geübt wer<strong>de</strong>n<br />
• Ruhiger Therapieraum, Entspannungsstuhl, Zeichen für anhalten<strong>de</strong> Angst<br />
• Vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzung: kurzer Überblick über bevorstehen<strong>de</strong> Aufgabe<br />
• Beginn mit geringsten Item<br />
• Wenn trotz<strong>de</strong>m Angst auftritt � Vorstellung abbrechen und zur Entspannung<br />
übergeleitet<br />
28
• Einzelne Szenen wer<strong>de</strong>n mehrmals durchgearbeitet, bis die Situation angstfrei<br />
erlebt wird und zum nächsten Item übergegagenen wer<strong>de</strong>n kann<br />
• Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung: 10-20 Sekun<strong>de</strong>n<br />
• Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Entspannung: 10-40 Sekun<strong>de</strong>n<br />
• Min<strong>de</strong>stens dreimal angstfrei<br />
• Dauer einer Desensibilisierungssitzung: ca. 15-30 Minuten<br />
• 3 bis 5 Items pro Sitzung<br />
• am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzung immer eine angstfreie Szene<br />
• falls nicht möglich: Ruheszene<br />
• Protokollierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzungen durch <strong>de</strong>n Therapeuten (Item, Anzahl, Dauer,<br />
Vorliegen eines Angstsignals, Bemerkungen)<br />
• Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung: Besprechung<br />
• Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzungen: 15-20<br />
Varianten und Entwicklungen<br />
Variante 1:<br />
• Systematische Dessinsibilisierung in vivo: Darbietung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität (mit<br />
Bearbeitung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung nachher o<strong><strong>de</strong>r</strong> vorher)<br />
• Items, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung schon erfolgreich bewältigt wur<strong>de</strong>n<br />
• Effektive Metho<strong>de</strong><br />
• Ziel: Angstreduktion in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität<br />
• Spezielle Indikation: Ängste bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
Vorteile:<br />
• Situationen bearbeitbar, die im Alltag schwierig sind<br />
• Keine Generalisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung auf die Realität notwendig<br />
• Gefühl subjektiver Kompetenz und Kontrolle � Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivation<br />
Variante 2:<br />
• Systematische Desensibilisierung in Gruppen<br />
• Ökonomische Grün<strong>de</strong><br />
o Gruppe mit ähnlichen Ängsten � gemeinsame Angsthierachie mit mehr Items<br />
als eine individuelle, Orientierung am schwächsten Mitglied<br />
o Individuelle Hierarchien auf Karten � Therapeut for<strong><strong>de</strong>r</strong>t auf die Karten zu<br />
lesen, nach dreimaligen Erfolg wird zur nächsten Karte übergegangen, Vorteil:<br />
unterschiedliche Ängste zusammenfassbar<br />
Praktische Schwierigkeiten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung<br />
• Entspannung kann Angstreaktionen auslösen<br />
• Gedankliches Einlassen auf die oberste Ebene nicht möglich (� motivationales<br />
Problem) � Items auf unterer Ebene differenzieren<br />
• SD sollte als generelle Strategie zur Lösung von Problemen gesehen wer<strong>de</strong>n<br />
29
Kontroverse um Theorie und Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong> Systematischen Desensibilisierung<br />
Hierarchiestellung<br />
• Scheint nicht zentral zu sein<br />
• Krapfl et al, 1969: kein Unterschied, ob man die Items in ab- o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufsteigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Form<br />
darbietet o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar eine Zufallsordnung wählt<br />
Entspannungstraining<br />
• SD wirkt auch ohne Entspannungstraining<br />
• Erleichtern<strong>de</strong>, keine notwendige Bedingung für Effektivität<br />
Darbietung <strong><strong>de</strong>r</strong> Items<br />
• Verteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Items auf verschie<strong>de</strong>ne Sitzungen nicht nötig<br />
• Robinson et al., 1969: erfolgreiche SD an einem Tag (% einstündige Sitzungen)<br />
• Massierte Darbietung ist also ähnlich effektiv<br />
Mo<strong>de</strong>lle und Erklärungen zur Systematischen Desensibilisierung<br />
Reziproke Hemmung<br />
• Reziproke Hemmung: kurzfristige und leicht umkehrbare Hemmung eines<br />
Innervationsprozesses durch einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
• Von Wolpe als neurologische Erklärung für <strong>de</strong>n Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Gegenkonditionierung<br />
• Gegenkonditionierung: Eliminierung einer S-R-Verbindung durch die Koppelung<br />
einer alternativen Reaktion an <strong>de</strong>n Stimulus, wobei die neue Reaktion größere Stärke<br />
als die ursprüngliche Reaktion besitzt<br />
• Zentrale Theorie: die Hemmung von Angst durch ein angstantagonistisches Verfahren<br />
(i. d. R. Relaxation)<br />
Habituation (= Gewöhnung)<br />
• Zeitweilige und umkehrbare Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung einer Reaktion als Folge einer<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten Darbietung eines Stimulus zumeist geringer Intensität<br />
• Erstes Alternativmo<strong>de</strong>ll<br />
• Wird durch 2 Faktoren beeinflusst:<br />
o Durch eine angeborene Habituationsfähigkeit (d.h. durch die unterschiedliche<br />
Fähigkeit eines Organismus, auf einen Reiz hin die Erregung wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
abzusenken)<br />
30
o Durch das aktuelle Erregungsniveau: Habituation wird dann beschleunigt,<br />
wenn das Aktivierungsniveau erniedrigt ist (und umgekehrt)<br />
• SD erhöht die rasche Habituation (durch ein niedriges Aktivierungsniveau)<br />
• Fraglich: Langzeiteffekte von SD ?<br />
Löschung<br />
• Längerfristige Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung einer Reaktion durch eine mehrfache Auslösung unter<br />
Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Nichtverstärkung<br />
• Sehr langsamer Prozess<br />
• SD begünstigt Löschung durch Hierarchisierung und Entspannung<br />
• Geringe angstauslösen<strong>de</strong> Situation (CS) � Erfahrung: ausbleiben von UCS bzw. UCR<br />
• Fraglich: Hierarchiestellung und Entspannung nicht unabdingbar<br />
• Löschung ist nach neueren Auffassungen ein aktiver Prozess <strong>de</strong>s Lernens, d.h. das<br />
Individuum bil<strong>de</strong>t Erwartungen darüber, welche Ereignisse mit welchen Stimuli<br />
verbun<strong>de</strong>n sind<br />
Soziale Verstärkung<br />
• Durch shaping wird kompetentes Verhalten ermutigt<br />
• Verstärkung kleiner und kleinster Schritte wer<strong>de</strong>n als zentral erachtet<br />
• Soziale Verstärkung (z.B. durch <strong>de</strong>n Therapeuten)<br />
• Schwierigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Trennung von sozialer Verstärkung von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wirkmechanismen<br />
• Yates, 1975: Soziale Verstärkung = wichtige Rolle, allein keine Erklärung<br />
• Variante: Mo<strong>de</strong>llernen, Bandura, 1969: allein auch keine Erklärung<br />
Kognitive Mo<strong>de</strong>lle<br />
• Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen von Erwartungen (kognitiven Mustern) bzw. netzwerkartigen<br />
Strukturen <strong>de</strong>s Gedächtnisses (Bower, 1981)<br />
• Therapeutische Erwartungen als zentraler Wirkmechanismus<br />
o Instruktionen <strong>de</strong>s Therapeuten<br />
o Hinweise auf die Wirksamkeit <strong>de</strong>s Verfahrens<br />
o Beruhigen<strong>de</strong> Versicherungen, etc. � positive Erwartungen<br />
• Empirische Befun<strong>de</strong> uneinheitlich:<br />
o Borkorec, 1973: 9 Studien dafür, 10 Studien dagegen<br />
o Wilson & Thomas, 1973: Erwartungshypothese wird gestützt, wenn man als<br />
Kriterium <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung subjektive Angaben benutzt, bezieht man sich<br />
jedoch stärker auf das Kriterium <strong>de</strong>s Vermeidungsverhaltens, sprechen die<br />
Studien gegen die Hypothese<br />
• Theoretischer Pluralismus (alle Erklärungen <strong>de</strong>cken Teile ab)<br />
Stellenwert <strong>de</strong>s Verfahrens in <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
• Erstes elaboriertes Vt-verfahren (va. Gegen pathologische Angstreaktionen)<br />
• Am <strong>de</strong>tailliertesten untersucht<br />
• Abnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschungsaktivität<br />
• Praktisch in <strong>de</strong>n Hintergrund getreten<br />
31
• Einordnung unter <strong>de</strong>n Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimulusqualität (Systemmo<strong>de</strong>ll) bzw.<br />
Konfrontationsverfahren<br />
• Keineswegs falsch o<strong><strong>de</strong>r</strong> überholt:<br />
o Alternativen, die aus <strong><strong>de</strong>r</strong> SD entwickelt wur<strong>de</strong>n<br />
Konfrontation und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
Konfrontation und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung („exposure/response prevention“) kann man in<br />
gewisser Weise als eine Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Systematischen Desensibilisierung verstehen.<br />
Begriffserklärung<br />
Konfrontation:<br />
Aktive Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit einer belasten<strong>de</strong>n (phobischen/ traumatischen Situation)<br />
Exposition („exposure“):<br />
Bezeichnet die Prozedur <strong><strong>de</strong>r</strong> Darbietung einer vom Klienten gefürchteten Situation:<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität (in vivo)<br />
Variationsmöglichkeiten:<br />
• Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Darbietung<br />
• Geschwindigkeit<br />
• Exposition unter Anleitung eines Mo<strong>de</strong>lls (z.T auch in Gruppen)<br />
• Instruktionen über selbstkontrollierte Expositionen<br />
� theoretische Erklärung fast ausschließlich: Löschung von Angst und<br />
Vermeidungsverhalten<br />
Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung („response prevention“):<br />
• Prozedur <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Vermeidungsverhalten<br />
• Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Vermeidungsverhaltens (bei Zwangsstörungen auch<br />
„Neutralisieren“) durch<br />
o Verbale Instruktion<br />
o Anwesenheit eines Therapeuten<br />
o Selbstmanagement<br />
• Löschung<br />
• Ersetzung <strong>de</strong>s Begriffs durch das Konzept <strong>de</strong>s „Reaktions-Management“<br />
o Kein passives Unterdrücken von unangemessener Vermeidungsreaktion<br />
o Aktiver Aufbau von alternativen Bewältigungsreaktionen<br />
Reizüberflutung („flooding“):<br />
• Spezielle Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation<br />
• Eine rasche und intensive Darbietung gefürchteter Items<br />
• i.d.R. erfolgt bereits zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie die Präsentation <strong>de</strong>s sog. „top items“<br />
32
• sowohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität (bevorzugt)<br />
Theoretische Erklärungen:<br />
• Theorien <strong><strong>de</strong>r</strong> Habituation <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst (lange Darbietungszeiten)<br />
• Theorien <strong><strong>de</strong>r</strong> Löschung<br />
• Drastische Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nötig<br />
• Für <strong>de</strong>n Klienten eine starke Belastung<br />
• Starke Motivierung nötig<br />
Implosion:<br />
• Ausschließlich vorstellungsmäßige Darbietung<br />
• Szenen wer<strong>de</strong>n meist übertrieben (d.h. <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität nicht mehr entsprechend)<br />
• Psychodynamische Grundlagen und Interpretationen be<strong>de</strong>utsam<br />
Habituation:<br />
• Erklärungsansatz für die sehr langsame Abnahme von Angst- und<br />
Orientierungsreaktionen<br />
• Spezifische Bedingungen betreffen<br />
o Individuelle Habituationsfähigkeit<br />
o Momentanes Aktivierungsniveau<br />
o Scheint be<strong>de</strong>utsam, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimulus in nicht zu hoher (keinesfalls<br />
maximaler), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eher geringer und gleichförmiger Intensität dargeboten<br />
wird<br />
Löschung:<br />
Zwei Aspekte:<br />
• Verfahren, das ebenfalls speziell zur Bewältigung von Angst- und<br />
Vermeidungsreaktionen entwickelt wur<strong>de</strong> (Schrittweise Konfrontation mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gefürchteten Situation: „graduierte Löschung“)<br />
o Graduierte Löschung:<br />
� Kein antagonistisches Verfahren<br />
� Feedback wichtig<br />
� Geringe angstauslösen<strong>de</strong> Situationen � keine Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
nötig<br />
� Theoretischer Hintergrund: Löschung<br />
• Theoretischer Aspekt: Erklärung für die Reduktion von Angstreaktionen mit<br />
unterschiedlichen theoretischen Mo<strong>de</strong>llen:<br />
o Hemmungstheorie (Hull, 1943)<br />
o Theorie <strong><strong>de</strong>r</strong> Generalisierungs-Abnahme<br />
33
o Interferenztheorie<br />
o Frustrationstheorie<br />
o Erwartungstheorie (Tolmann, 1932)<br />
Prinzipien und Grundlagen von Konfrontation und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• Grundlagen in experimentellen Studien zur Ausformung und Löschung von<br />
Vermeidungsverhalten bei Tieren<br />
o Ausformung von aktivem/passiven Vermeidungsverhalten führt rasch zur CS<br />
als diskriminiative Funktion für stabile Vermeidung<br />
o Sehr löschungsresistent<br />
o Tiere unternahmen keine Realitätstestung mehr<br />
o Verweis auf das Zwei-Faktoren-Mo<strong>de</strong>ll von Mowrer (1950)<br />
• Experimentelle „Behandlung“:<br />
o Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermeidung<br />
o Anfangs große Erregung � dann lernen<br />
o Schließlich: konnte auch die Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung aufgegeben wer<strong>de</strong>n<br />
o Vermeidung und Angstreaktion waren gelöscht<br />
• Analogien zum Humanbereich:<br />
o Über Jahre andauern<strong>de</strong>s Vermeidungsverhalten<br />
o Erst Konfrontation und Erlernen ihrer Ungefährlichkeit führen zur Löschung<br />
• Hinweis von Kanfer (1985):<br />
o Im Humanbereich spezielle Aspekte<br />
o Spezieller sozialer Kontext<br />
o Individuelle Be<strong>de</strong>utungsmuster#Kompexität und Vernetzung mit kognitiven<br />
Komponenten<br />
Zur Anwendung von Konfrontation und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• Konfrontation mit einem Item löst Angstreaktion (auf mehreren Ebenen) aus<br />
• Erwartungen spielen eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle („Katastrophengedanken“)<br />
• Überschreitung einer subjektiven Toleranzschwelle � Vermeidungsverhalten (R-)<br />
• Verbleiben in <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation ist unabdingbar<br />
Praktische Hinweise:<br />
• Tragfähige therapeutische Beziehung<br />
• Dauer: zu kurz führt zu Angststeigerung,<br />
o wenigstens 30 min<br />
o Gibt Expositionszeiten von 100 bis 120 min<br />
o „Plateau“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst muss überschritten sein<br />
o Reduktion während <strong><strong>de</strong>r</strong> Expo muß erlebt wer<strong>de</strong>n<br />
o Angsttherapie kann nicht erfolgen, ohne einen kurzfristigen Angstanstieg<br />
34
o Therapie mit Menschen unter angstreduzieren<strong>de</strong>n Medikamenten: Anxiolytika<br />
und Tranquilizer (BEzodiazepine) wer<strong>de</strong>n manchmal dazu verwen<strong>de</strong>t, die<br />
unangenehme Komponente <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie abzuschwächen<br />
• Entschei<strong>de</strong>nd ist aber die effektive Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• Gegen <strong>de</strong>n Einsatz von Medikamenten spricht die Attributionsforschung<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s be<strong>de</strong>utsam: auf die emotionale Be<strong>de</strong>utung seiner Angst einlassen:<br />
o Foa& Kozak (1986): „emptional processing“ (emotionale Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung)<br />
Ausmaß und Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung:<br />
• Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flucht- und Vermeidungsreaktion geht über:<br />
o Verbale Instruktion<br />
o Leichtes Drängeln<br />
o Bis körperlicher Einschränkung<br />
• Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Vermeidung (nicht in vivo) schwer kontrollierbar<br />
• Übertragung in <strong>de</strong>n Alltag wichtig („home-based-treatment“: Marks, 1978)<br />
• Co-Therapeuten, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Personen aus <strong>de</strong>m sozialen Umfeld können bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Exposition<br />
und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung beistehen<br />
• Kontrolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewältigung sollte zunehmend <strong>de</strong>m Klienten selbst übergeben wer<strong>de</strong>n<br />
Effektivität:<br />
• Ausgesprochen befriedigend<br />
• Unter günstigen Bedingungen profitieren 80-85% <strong><strong>de</strong>r</strong> massiv beeinträchtigten<br />
Patienten <strong>de</strong>utlich von <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung (Marks, 1987)<br />
• Rechte hohe Stabilität <strong><strong>de</strong>r</strong> Effekte, etwas niedriger bei Zwangsstörungen und<br />
Abhängigkeiten<br />
• Konsequenter Aufbau von Alternativen<br />
• Fälle von Verschlechterung wur<strong>de</strong>n nicht berichtet<br />
• Einschränkung: nur 1-3% aller Patienten kommen zu einer zielführen<strong>de</strong>n Therapie<br />
(Margraf & Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>, 1995)<br />
Anwendung:<br />
• Objektbezogene Ängste (Phobien)<br />
• Panikstörungen<br />
• Posttraumatische Belastungsstörungen<br />
• Essstörungen<br />
• Abhängigkeiten wie Alkoholismus<br />
Exkurs: „Bereavement Therapy“ als Variante von Konfrontation und<br />
Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• Anwendung <strong>de</strong>s Konfrontationsmo<strong>de</strong>lls auf extreme und andauern<strong>de</strong> Trauerreaktionen<br />
(Ramsay, 1979)<br />
• Vermeidung <strong><strong>de</strong>r</strong> (kognitiven) Be- und Verarbeitung eines Verlusterlebnisses<br />
35
• Erinnerung als Hinweisreiz für Vermeidung, so dass eine Verarbeitung (Trauer,<br />
Weinen, usw.) nicht erfolgen kann<br />
• Nachträgliche Konfrontation mit <strong>de</strong>m Verlustereignis<br />
• Nachholen <strong><strong>de</strong>r</strong> Trauerarbeit ist Löschung möglich<br />
• Wenig Erfahrungen mit diesem Ansatz<br />
Modifikation von Konfrontationsverfahren:<br />
Flooding/ Implosion/ Graduierte Konfrontation<br />
Die im Folgen<strong>de</strong>n anzusprechen<strong>de</strong>n Varianten sind in theoretischer Hinsicht in theoretischer<br />
Hinsicht im Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation und Löschung chronischer Angstreaktion zuzuordnen.<br />
Auf technologischer Ebene ergeben sich verschie<strong>de</strong>ne Abwandlungen und Varianten:<br />
Flooding („Reizüberflutung“):<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s intensive Konfrontation <strong>de</strong>s Patienten mit <strong><strong>de</strong>r</strong> gefürchteten Situation<br />
• „top items“ � maximale Angst<br />
• meist in Realität<br />
• hohe Motivation und Belastbarkeit nötig<br />
• Erleben <strong><strong>de</strong>r</strong> Ungefährlichkeit � Durchbruch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie<br />
• An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Items wer<strong>de</strong>n dann durchaus leichter bewältigt<br />
• Massierte Konfrontation günstig als Rückfallprophylaxe:<br />
o Lernen sich auch in Zukunft kritischen, schwierigen Situationen zu stellen,<br />
keine Vermeidung<br />
o Günstige Follow-up-Daten<br />
• Falls Konfrontation in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität nicht möglich:<br />
o Konfrontation in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung<br />
o Zentrales Erklärungsprinzip:<br />
� Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Habituation � mehere Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holungen nötig<br />
Implosion:<br />
• Folgen<strong>de</strong> Elemente sind zentral:<br />
o Eine Konfrontation erfolgt nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung<br />
o Die Situation wird z.T. massiv übertrieben<br />
o Sowohl auf theoretischer, als auch auf technischer Ebene sind<br />
psychodynamische Mo<strong>de</strong>llvorstellungen zentral<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie selbst: lerntheoretische Mechanismen:<br />
o Durch eine intensive, übertriebene Vorstellung � lernen das Situation<br />
ungefährlich<br />
• Psychodynamischer Hintergrund:<br />
o Nicht nur angegebene Szenen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Szenen, von <strong>de</strong>nen man aufgrund<br />
theoretischer Überlegung annimmt, dass sie für <strong>de</strong>n Patienten entsprechen<strong>de</strong><br />
Relevanz haben (z.B. Aggressivität, Oralität, Analität, Sexualität etc.)<br />
36
Grün<strong>de</strong> für das in <strong>de</strong>n Hintergrundtreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Implosionstechnik:<br />
• Ungenaue Beschreibung <strong>de</strong>s Verfahrens, das verschie<strong>de</strong>ne Varianten, aber auch<br />
Fehlern bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung Tür und Tor öffnet<br />
• Probleme bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellungsfähigkeit von Klienten, die wenig o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar nicht prüfbar<br />
sind<br />
• Theoretische Ungereimtheiten, was vor allem die Relevanz psychodynamischer<br />
Faktoren betrifft; diese sind selbst innerhalb <strong>de</strong>s Verfahrens <strong><strong>de</strong>r</strong> Implosionstechnik<br />
ausgesprochen umstritten<br />
Graduierte Konfrontation („graduierte extinction“):<br />
• Speziell zur Bewältigung von klinischen Angst- und Vermeidungsreaktionen<br />
entwickelt<br />
• Mittelstellung zwischen Systematischer Desensiblisierung und Flooding<br />
• Schrittweise und systematische Darbietung <strong><strong>de</strong>r</strong> „top items“<br />
• Beginn mit extrem schwachen Reizen � die keinerlei Abwehr- und<br />
Vermeidungsreaktion auslösen<br />
• Ausschließliche Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermeidung durch zu schwache Reize (!)<br />
• Grundlage:<br />
o Befun<strong>de</strong> zur Bestrafung: wenn minimal aversive Stimuli geboten wer<strong>de</strong>n, dann<br />
wer<strong>de</strong>n etwas „gefährlichere“ Reize nicht mehr als solche erlebt<br />
o Minimal aversive Stimuli lösen nun Alternativen zum Vermeidungsverhalten<br />
aus � neue Reaktionen wer<strong>de</strong>n generalisiert und interferieren mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst<br />
(� Interferenztheorie <strong><strong>de</strong>r</strong> Löschung, Kimble 1961)<br />
o Expliziter Einsatz von Feedback (Fortschritt beim Annäherungsverhalten):<br />
operanter Faktor<br />
• Anwendung:<br />
o Behandlung von Angst- und Vermeidungsverhalten<br />
• „graduiert“, weil es abhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbsteinschätzung <strong>de</strong>s Klienten ist<br />
• Wirkfaktoren:<br />
o Konkrete Erfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewältigung<br />
o Kognitive Mechanismen (Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwartungen, stabiler kognitiver,<br />
emotionaler Schemata)<br />
• Experimentelle Fundierung:<br />
o Poppen, 1979: Vergleich in Tierverschen von graduierter Löschung, Flooding,<br />
Gegenkonditionierung und regulärer Löschung<br />
o Ergebnisse:<br />
37
� Reguläre Löschung: am wenigsten effektiv zum Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s<br />
Annäherungsverhaltens<br />
� Graduiertes Gegenkonditionieren und graduierte Konfrontation zeigten<br />
die raschesten Effekte<br />
� Nach 10 Sitzungen hatten die 3 Verfahren ähnliche Löschung <strong>de</strong>s<br />
Vermeidungsverhaltens und Aufbau <strong>de</strong>s Annäherungsverhatens wie<br />
graduierte Verfahren<br />
• Effektivitätsnachweise sind recht kompliziert:<br />
o Graduierte Konfrontation häufig Kontrollbedingung<br />
o Effekte sind geringer, wenn die kLienten nicht über ihre Verbesserungen<br />
regelmäßig informiert wer<strong>de</strong>n<br />
• Parallelen zur „ver<strong>de</strong>ckten Löschung“ (Cautela, 1971):<br />
o Gesamtes Verfahren könnte im Prinzip auch „ver<strong>de</strong>ckt“ durchgeführt wer<strong>de</strong>n<br />
o Sinnvoll erscheint dieses Verfahren eventuell als Vorstufe <strong><strong>de</strong>r</strong> realen<br />
(graduierten) Konfrontation, wenn sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient zum erst einmal die<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit einer von ihm befürchteten Situation vorstellt, bevor<br />
er diese in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität aufsucht.<br />
Training in Angstbewältigung<br />
Bewältigung:<br />
Lernen mit belasten<strong>de</strong>n Situationen und damit verbun<strong>de</strong>nen Emotionen umzugehen<br />
Angstbewältigung Allgemein:<br />
• Täuscht eine Einheitlichkeit in therapeutischen Verfahren vor, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität nicht<br />
existiert<br />
• Heterogene Menge an therapeutischen Strategien (auch außerhalb<br />
verhaltenstherapeutischen Settings, z.B. Meditationsverfahren)<br />
• kognitive Komponente wird in allen Verfahren eine wichtige Rolle zugebilligt:<br />
gedankliche Prozesse <strong>de</strong>terminieren weitgehend die Färbung von menschlichen<br />
Emotionen, sie sind zugänglich und verän<strong><strong>de</strong>r</strong>bar<br />
• aber auch klassisch-verhaltenstherapeutische Übungen nötig<br />
Diskrimantionstraining:<br />
• frühzeitiges Erkennen einer Angstreaktion � Diskrimination dieser Reaktion<br />
• einsetzten effektiver Bewältigungsmetho<strong>de</strong>n<br />
• Differenzierung auf einer subjektiven Skala (0-100) hilft erste Unterscheidungen zu<br />
treffen � Feststellung, dass Angst ist nicht immer gleich stark ausgeprägt � erstes<br />
subjektives Gefühl <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrolle<br />
Strategien zur Bewältigung von Angst:<br />
• Angst soll nicht mehr vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n � erste Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung damit<br />
38
• Patient muß eine prinzipielle Bereitschaft zur Selbstkontrolle haben (Ertragen<br />
kurzfristiger aversiver Situationen)<br />
• Viele Patienten setzten Strategien ein, die nur einer gewissen Korrektur o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Optimierung bedürfen<br />
Üben im therapeutischen Setting:<br />
• Ziel: schrittweise Übertragung auf natürliche Situationen<br />
• Absichtliches provozieren von Angst (z.B. Hyperventilation) � teil einer „paradoxen<br />
Intervention) � erleben von Kontrolle<br />
• Angst beinhaltet nicht eine von ihm unabhängige Pathologie, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient<br />
kommt selbst in die Lage, Angst auszulösen und er kann selbständig lernen mit dieser<br />
Angst umzugehen<br />
• Gelungene Bewältigung: Im pragmatischen Kontext könnte man von gelungener<br />
Bewältigung dann sprechen, wenn es zu einer relativen Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Lebensvollzugs anhand selbstgesetzter Zielvorstellungen<br />
gekommen ist.<br />
Trainings in Selbstsicherheit<br />
• Früher: gegen soziale Unsicherheit<br />
• Heute: Aufbau von sozialen Fertigkeiten, von sozialer Kompetenz mit <strong>de</strong>m Ziel einer<br />
Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Interaktion<br />
Historischer Hintergrund:<br />
• Begrün<strong><strong>de</strong>r</strong>: A. Salter, 1949<br />
• Gehemmter Mensch (nach Salter):<br />
o Unsichere Persönlichkeit<br />
o Nicht spontan<br />
o Schwierigkeiten im Ausdruck von Gefühlen<br />
o Nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage nach <strong>de</strong>n eigenen Bedürfnissen zu leben<br />
• Selbstsichere Mensch (nach Salter):<br />
o Ehrlich und offen im Gefühlsausdruck<br />
o Spontan und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage flexibel zu han<strong>de</strong>ln<br />
• „Expressive Training“ nach Salter:<br />
o Ausdruck von Gefühlen<br />
o Mimischer Ausdruck<br />
o Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprechen und Angreifen, wobei erlebte Differenzen im interpersonalen<br />
Bezug explizit zum Ausdruck gebracht wer<strong>de</strong>n<br />
o Gezielter Gebrauch <strong>de</strong>s Pronomens „ich“<br />
o Fähigkeit zur Improvisation und zur Flexibilität<br />
39
• Realisierung einer o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrerer Regeln führt zur Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong> Selbstsicherheit:<br />
o Aktualisierung von Emotionen<br />
• Ansatz wur<strong>de</strong> erst 10 Jahre später rezipiert (Wolpe, 1958)<br />
Wolpe, 1958:<br />
• Ursache von Selbstunsicherheit ist soziale Angst<br />
• Angstreaktionen verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n sozial angemessenes und <strong>de</strong>n eigenen Gefühlen und<br />
Bedürfnissen entsprechen<strong>de</strong>s Verhalten<br />
• Angst verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t:<br />
o Ärger auszudrücken<br />
o Selbstsichere Reaktionen zu zeigen<br />
• Angstantagonistisches Verhalten zu sozialer Angst durch Entspannung &<br />
selbstsicheres Verhalten � inkompatibel mit Angst<br />
• Operante VEstärkung <strong>de</strong>s neuen Verhaltens:<br />
o durch Therapeuten,<br />
o durch Gruppe<br />
o soziale Umwelt<br />
Be<strong>de</strong>utsame Techniken für das Selbstsicherheitstraining:<br />
1. Ermutigung zur Selbstbehauptung durch <strong>de</strong>n Therapeuten, verbale Instruktionen und<br />
Information<br />
2. Verhaltensübungen, die nach Schwierigkeiten hierarchisch zu ordnen sind. In <strong>de</strong>n<br />
Verhaltensübungen sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient schrittweise die bisher gehemmten Gefühle direkt<br />
äußern.<br />
3. Soziale Verstärkung bei Äußern neuen Verhaltens. Dieses neue Verhalten sollte auch<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> „Lebensphilosophie“, <strong>de</strong>m Recht auf die Duchsetzung adäquater For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
entsprechen.<br />
Kritik von Lazarus:<br />
• Gegen Selbstsicherheitstraining als bloße Vermittlung aggressiver, rücksichtsloser<br />
Verhaltensweisen<br />
• Reines Training in „Durchsetzungsfähigkeit“ führt zwar zu gesteigerter<br />
Selbstbehauptung, gleichzeitig jedoch zu zwischenmenschlicher Distanz und<br />
Entfremdung<br />
Lazarus Begriff „Soziale Kompetenz“:<br />
• Die Fähigkeit, nein zu sagen<br />
40
• Die Fähigkeit, Bitten, Wünsche und For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu äußern<br />
• Die Fähigkeit, positive und negative Gefühle zu äußern<br />
• Die Fähigkeit, Gespräche anzuknüpfen, sie fortzuführen und zu been<strong>de</strong>n.<br />
• Unabhängige Bereiche<br />
• Für je<strong>de</strong> Person indivividuelle Analyse und ein eigenes Training<br />
• Nicht nur auf Verhaltensebene, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch im Zusammenhang mit<br />
o Kognitiven Mustern<br />
o Einstellungen<br />
o Bewertungen<br />
o Lebensphilosophie<br />
Folgen<strong>de</strong> weitere Quellen als historische uns konzeptionelle Vorläufer <strong>de</strong>s<br />
Selbstsicherheitstrainings:<br />
� Moreno, 1946: „Psychodrama“: Möglichkeit zum direkten (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
nonverbalen) Ausdruck von Gefühlen geschaffen<br />
� Kelly, 1955: „Fixed-Role-Therapy“: Verbindung zwischen Verhaltens- und<br />
kognitiver Therapie (Vorstellen eines Mo<strong>de</strong>lls als Vorbereitung einer<br />
Verhaltensän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung).<br />
� Ellis, 1962: „Rational-Emotive-Therapie“: Betonung problematischer Funktion<br />
bestimmter Kognitionen und Fehleinstellungen für die Ausformung und<br />
Aufrecherhaltung problematischer Verhaltensweisen<br />
Begriffsklärung<br />
Gemeinsame Elemente von selbstsicherem (assertives) Verhalten:<br />
• Assertives Verhalten ist interpersonales Verhalten, da es in einer ehrlichen und relativ<br />
direkten Äußerung von Gefühlen und Gedanken besteht.<br />
• Assertives Verhalten ist sozial angemessenes Verhalten.<br />
• Assertives Verhalten einer Person berücksichtigt sowohl die eigenen Bedürfnisse, als<br />
auch die Gefühle und das Befin<strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Personen.<br />
Richtlinien für die Unterscheidung von Alberti et al., 1978:<br />
a) Non-assertivem = passivem, unsicherem<br />
b) Assertivem = selbstsicherem, <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation angemessenem<br />
c) Aggressivem Verhalten<br />
Definition (Assertives Verhalten), Rich et al., 1976:<br />
„Assertives Verhalten beinhaltet die Fähigkeit, in einer interpersonalen Situation nach<br />
Verstärkung zu streben, sie aufrecht zu halten o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu vermehren. Dies geschieht durch <strong>de</strong>n<br />
direkten Ausdruck von Gefühlen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wünschen, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausdruck solcher Wünsche<br />
mit <strong>de</strong>m Risiko <strong>de</strong>s Verlustes von Verstärkung o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar mit Bestrafung verbun<strong>de</strong>n ist.“<br />
41
Verschie<strong>de</strong>ne Bereiche:<br />
Ansatzpunkte und Komponenten von Selbstsicherheitstrainings<br />
1. Die subjektive Einstellung einer Person zu sich selbst<br />
2. Der Aspekt sozialer Fertigkeiten und die Fähigkeit, diese auch adäquat einzusetzten<br />
3. Die Komponente <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Angst und Hemmung<br />
1. Subjektive Einstellung<br />
• Negatives Selbstkonzept, entstan<strong>de</strong>n durch:<br />
i. Erleben von sozialer Unsicherheit<br />
ii. Erziehungseinflüsse<br />
iii. Fortlaufen<strong>de</strong> Misserfolge<br />
• � Min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertigkeitsgefühlen<br />
• ähnlich: „Schemata“ nach A.T. Beck, 1976 (Strukturierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmung<br />
und Speicherung <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Erlebnisse)<br />
• Verweis auf Konzepte <strong><strong>de</strong>r</strong> „Self-efficacy“ (Bandura, 1977)<br />
Spezifische Indikation für die Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> subjektiven Komponente im<br />
Selbstsicherheitstraining:<br />
• Probleme <strong>de</strong>s Kontrollverlustes bei aggressiven Gefühlen<br />
• Ungeduldige, überaus irritierbare Personen, die sich in unterschiedlichsten Situationen<br />
angegriffen fühlen und meinen, ihrerseits durch Angriff reagieren zu können. In einem<br />
solchen Fall steht das Erlernen adäquater, sensibler Stimulusdiskrimination im<br />
Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund<br />
• Impulsive Personen � Erlernen angemessener Reaktionen<br />
• Selbstunsichere Personen � adäquate Strategien <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchsetzung eigener Wünsche<br />
und Bedürfnisse<br />
2. Soziale Fertigkeiten<br />
• Soziale Fertigkeiten:<br />
o Verbale<br />
o Motorische<br />
o Mimisch-gestische Fähigkeiten (Verhaltensweisen)<br />
o … die an die soziale Umwelt gerichtet sind und von diesen Verstärkt wer<strong>de</strong>n<br />
• dazu gehört: soziales Diskriminationslernen<br />
• Selbstsicherheit zeichnet sich dadurch aus, dass zwar die eigenen Gefühle und<br />
Bedürfnisse wahrgenommen und direkt geäußert wer<strong>de</strong>n, dies aber nicht in<br />
anklagen<strong><strong>de</strong>r</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> verletzen<strong><strong>de</strong>r</strong> Form erfolgt<br />
• Soziale Problem konstruktiv lösen<br />
• Adäquate Form <strong>de</strong>s aggressiven Ausdrucks von aggressiven Gefühlen<br />
42
• Schulung in sozialer Wahrnehmung und Differenzierung bil<strong>de</strong>t einen ersten Schritt zu<br />
Aufbau adäquaten sozialen Verhaltens; weitere wichtige Elemente sind die<br />
Instruktionen und Informationen über adäquates Verhalten in neuen Situationen,<br />
Rollenspielen und Mo<strong>de</strong>llernen<br />
3. Soziale Angst und Hemmung<br />
Soziale Angst als das erleben unangenehmer Gefühle in sozialen Situationen kann sich auf<br />
verschie<strong>de</strong>ne Bereiche beziehen:<br />
a) Auslösen<strong>de</strong> Situation:<br />
a. Angst vor öffentlicher Beachtung<br />
b. Vor Misserfolg und Kritik<br />
c. Angst vor Versagen<br />
d. Angst und Befangenheit im sozialen Kontext<br />
e. Angst, For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Bitten abzuschlagen („nein“-sagen)<br />
f. Angst vor eigenen Ansprüchen<br />
b) Gefürchtete Reaktionen:<br />
a. Antizipation von unangenehmen Reaktionen<br />
c) Vermeidungsstrategien:<br />
a. Die gefürchtete Situation wird nicht mehr aufgesucht, weil aversive<br />
Konsequenzen antizipiert wer<strong>de</strong>n<br />
b. Vermei<strong>de</strong>n wird verstärkt, weil gefürchtete aversive Konsequenzen ausbleiben<br />
c. Unterscheidung aktive Vermeidung (Flucht) und passive Vermeidung<br />
(Gedankliche Abwesenheit, Schweigen)<br />
d) Kreislauf:<br />
a. Antizipation negativer Gefühle � Vermeidung �Isolation (keine neuen<br />
Erfahrungen)<br />
Mo<strong>de</strong>lle von Selbstsicherheitstrainings<br />
43
Historische Entwicklung:<br />
Salter (1949), Wolpe (1958), Lazarus (1963)<br />
� verschie<strong>de</strong>ne Mo<strong>de</strong>lle mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Schwerpunkten<br />
Assertiveness-Training-<br />
Programm (ATP)<br />
Ullrich <strong>de</strong> Muynck &<br />
Ullrich, 1976<br />
4 Themenbereiche sozialer<br />
Kompetenz:<br />
• For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung stellen<br />
• Neinsagen<br />
Kritisieren<br />
und<br />
• Herstellen<br />
Kontakten<br />
von<br />
• Sich öffentlicher<br />
Beachtung aussetzen<br />
und Fehler erlauben<br />
Verhaltenstrainingsprogramm<br />
zum Aufbau sozialer<br />
Kompetenz (VTP)<br />
Gruppentherapie sozialer<br />
Kompetenz (GSK)<br />
Feldhege & Krauthan, 1979 Hinsch & Pfingsten, 1983<br />
4 Verhaltensbereiche:<br />
• Die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Beziehung zu Partner,<br />
Freun<strong>de</strong>n und Bekannten<br />
(Bereich<br />
Kommunikation)<br />
• Das Aufnehmen und<br />
Aufrechterhalten von<br />
Kontakten zu frem<strong>de</strong>n<br />
Personen (Bereich<br />
Kontakt)<br />
• Das Durchsetzen von<br />
berechtigten Ansprüchen<br />
und For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
(Bereich<br />
Selbstbehauptung)<br />
• Die Bewältigung von<br />
Belastungssituationen<br />
(Bereich Belastung)<br />
3 Teile:<br />
• Teil A: „Formen,<br />
Entstehung und<br />
Therapie“ sozial<br />
inkompetenten<br />
Verhaltens<br />
• Teil B: Konzeption,<br />
Metho<strong>de</strong> und<br />
Wirksamkeit <strong>de</strong>s<br />
GSK“: Unterteilung<br />
<strong>de</strong>s Konstruktes<br />
„Soziale<br />
Kompetenz“ in 3<br />
Teile: Recht<br />
durchsetzen (Typ<br />
R), Beziehungen<br />
(Typ B), Um<br />
Sympathie werben<br />
(Typ S)<br />
• Teil C:<br />
Durchführungsmater<br />
ialen (Rollenspiele,<br />
Entspannungstraining,<br />
Fragebögen)<br />
• Weniger aufwendig<br />
44
Therapeutische<br />
Wirkfaktoren:<br />
• Verhaltensübungen<br />
und Rollenspiele<br />
• In-vivo-Training/<br />
Hausaufgaben in<br />
konkreten<br />
Situationen<br />
• Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verstärkung,<br />
operantes/<br />
instrumentelles<br />
Lernen<br />
• Vermittlung von<br />
unmittelbaren<br />
Vi<strong>de</strong>o-Feedbacks<br />
• Sukzessive<br />
Annäherung an<br />
problematische<br />
Situationen<br />
• Instruktion/ direkte<br />
Anweisung <strong>de</strong>s<br />
Therapeuten<br />
• Liste von zu<br />
erlernen<strong>de</strong>n und zu<br />
verlernen<strong>de</strong>n<br />
Bereichen<br />
• Therapiekontrakte/<br />
Verträge<br />
• Mo<strong>de</strong>llernen<br />
• Durchführung <strong>de</strong>s<br />
ATP in Gruppen<br />
• Selbstinstruktionen<br />
ATP ist standardisiert:<br />
Die damit verbun<strong>de</strong>ne<br />
Inflexibilität wird allerdings<br />
dadurch aufgehoben, dass es<br />
sich bei <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Situationen um Bereiche<br />
han<strong>de</strong>lt, die von allen<br />
Personen geübt wer<strong>de</strong>n<br />
sollen � Einschränkung<br />
von Vermeidung<br />
Vorteile von<br />
Gruppentherapie, Grawe,<br />
1980:<br />
• Gruppe als Mo<strong>de</strong>ll<br />
Reihe von<br />
verhaltenstherapeutischen<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprinzipien:<br />
• Mo<strong>de</strong>llernen<br />
• Verhaltensinstruktionen<br />
• Gezielte Hilfestellung<br />
• Praktische Anleitung<br />
• Suksessive Ausformung<br />
<strong>de</strong>s Verhaltens<br />
• Kognitive<br />
Umstrukturierung<br />
• In-vivo-Übungen/<br />
Hausaufgaben<br />
Die Items wer<strong>de</strong>n selbständig in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe erarbeitet<br />
Defizite im sozialen Verhalten<br />
sollen durch<br />
• sog. Wissens- und<br />
• Verhaltenstechniken<br />
ausgeglichen wer<strong>de</strong>n<br />
als ATP<br />
Gleiche Ziele wie ATP<br />
Dem Konzept <strong>de</strong>s GSK<br />
liegt ein Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
zugrun<strong>de</strong>, das das<br />
Zusammenwirken von<br />
kognitiven, emotionalen<br />
und beobachtbarem<br />
Verhalten bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bewältigung sozialer<br />
Situationen beschreibt:<br />
1) Trainingselemente<br />
auf kognitiver Ebene<br />
(Diskrimination)<br />
2) Trainigselemente<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> emotionalen<br />
Ebene (PME)<br />
3) Trainingselemente<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> motorischen<br />
Ebene (Rollensoiele<br />
mit Vi<strong>de</strong>ofeedback)<br />
1)<br />
Von vornherein als<br />
Gruppentherapie konzipiert<br />
45
sozialer<br />
Interaktionen<br />
• Aktive Beteiligung<br />
in einer sozialen<br />
Situation<br />
• Nicht nut Werte und<br />
Normen <strong>de</strong>s<br />
Therapeuten,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Gruppe<br />
Spielregeln für effektive<br />
Gruppenarbeit (Fiedler,<br />
1975):<br />
• Akzeptierend und<br />
freundlich<br />
• Positives Verhalten<br />
verstärken<br />
• Gefühle von<br />
Langeweile und<br />
Ärger sollten<br />
a<strong>de</strong>quat<br />
angesprochen<br />
wer<strong>de</strong>n<br />
• Organisatorische<br />
Aspekte ein<strong>de</strong>utig<br />
festgelegt<br />
Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe:<br />
Abhängig von<br />
Therapeutenerfahrung;<br />
möglichst 2 Therapeuten,<br />
nicht zu heterogen<br />
Die Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verhaltenstechniken erfolgt<br />
i.d.R. in <strong><strong>de</strong>r</strong> Interaktion<br />
mehrerer Individuuen (Gruppe)<br />
Nicht zu heterogene Gruppen,<br />
7-9 Teilnehmer, gemischtgeschlechtlich,<br />
alter homogen<br />
Ablauf:<br />
1) Einführung in <strong>de</strong>n<br />
jeweiligen<br />
Verhaltensbereich<br />
2) Erarbeiten von<br />
Wissenstechniken für<br />
<strong>de</strong>n Verhaltensbereich<br />
3) Erarbeiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Übungssituationen zu<br />
<strong>de</strong>n Verhaltenstechniken<br />
<strong>de</strong>s Verhaltensbereichs<br />
(Rollenspiele)<br />
4) Weitere<br />
Übungssituationen mit<br />
ansteigen<strong>de</strong>m<br />
Schwierigkeitsgrad<br />
5) In-vivo-Übungen<br />
Ca. 8-10 Teilnehmer, 2<br />
Therapeuten<br />
Ablauf:<br />
1) Vorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Trainingsinhalte<br />
2) Einführung <strong>de</strong>s<br />
Erklärungsmo<strong>de</strong>lls<br />
3) Diskrimination<br />
selbsticher/aggressiv<br />
; Einführung <strong>de</strong>s<br />
Mo<strong>de</strong>llrollenspiels<br />
(Typ R)<br />
4) Bewusstmachen von<br />
Selbstverbalisation<br />
anhand <strong>de</strong>s<br />
projektiven<br />
Vi<strong>de</strong>ofilms und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstlobübung<br />
5) Einführung von<br />
46
6) Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung <strong>de</strong>s<br />
Lernstoffs <strong>de</strong>s<br />
Verhaltensbereichs<br />
7) Interaktionszentrierte<br />
Gruppensitzungen<br />
Modifikationen:<br />
• Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Reihenfolge<br />
• Einsatz<br />
standardisierter<br />
Übungssituatione<br />
n<br />
• Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung<br />
während <strong>de</strong>s<br />
Trainings<br />
• Auch in<br />
„offenen“<br />
Gruppen möglich<br />
• Anwendung in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Einzeltherapie<br />
• Einbezug <strong>de</strong>s<br />
Sozialpartners<br />
Situationstyp B (Teil<br />
I)<br />
6) Einführung von<br />
Situationstyp B (Teil<br />
ii); Rollenspiel und<br />
Vi<strong>de</strong>ofeedback<br />
7) Einführung <strong>de</strong>s<br />
Situationstyp S;<br />
Rollenspiel mit<br />
Vi<strong>de</strong>ofeedback<br />
8) Diskrimination <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Situationstypen und<br />
abschließen<strong>de</strong>s<br />
Rollenspiel mit<br />
Vi<strong>de</strong>ofeedback,<br />
wobei die Wahl <strong>de</strong>s<br />
Situationstyps<br />
freigestellt wird<br />
9) Zusätzlich:<br />
Entspannungstraining<br />
Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> „minimal effektiven Verhaltensweise:<br />
Die minimal effektive Verhaltensweise ist dasjenige Verhalten, das mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit zur gewünschten Zielerreichung führt und das gleichzeitig mit einem<br />
Minimum an Aufwand und negativen Emotionen verbun<strong>de</strong>n ist.<br />
Bewertung von Trainings in Selbstsicherheit<br />
• Die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung beinhaltet eine schrittweise Konfrontation mit bisher<br />
gemie<strong>de</strong>nen sozialen Situationen Die graduierte Annäherung am komplexe und<br />
schwierige Interaktionsmuster erleichtert die Überwindung bisherigen<br />
Vermeidungsverhaltens.<br />
• Das Ziel <strong>de</strong>s Trainings besteht nicht nur im Abbau von Vermeidungsverhalten,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch im aktiven Erwerb von sozialen Fertigkeiten (positive Konsequenzen<br />
erleben).<br />
• Normative Gesichtspunkte und gesellschaftliche Standards fließen ein,<br />
Zielbestimmungen än<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich mit gesellschaftlichem Wan<strong>de</strong>l<br />
• Mit <strong>de</strong>m Erlernen sozialer Kompetenz erwirbt die Person einen Verhaltensspielraum,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> es ihr ermöglicht, das ihr zur Verfügung stehen<strong>de</strong> Verstärkerpotential optimal zu<br />
nutzen<br />
47
Grundlagen:<br />
Thorndike, 1898<br />
Skinner, 1938<br />
Operante Metho<strong>de</strong>n<br />
Zentrales Lerngesetz:<br />
Instrumentelleles Verhalten wird in erster Linie durch seine Konsequenzen kontrolliert.<br />
(Thornedike)<br />
Unterscheidung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernprinzipien (S-R) und <strong>de</strong>s operanten Konditionierens (R-S). Skinner<br />
hat speziell <strong>de</strong>m operanten Lernen die größere Be<strong>de</strong>utung für die Stabilisierung <strong>de</strong>s<br />
Verhaltens zuerkannt.<br />
(Skinner)<br />
Operante Metho<strong>de</strong>n = Konsequenzkontrolle<br />
Unterscheidung:<br />
Positiver Stimulus (C+): Positive Verstärkung<br />
↑R � C+<br />
Aversiver Stimulus (C-) Bestrafung<br />
↓R � C-<br />
Bedingungen für operantes Lernen:<br />
Bestrafung/ Löschung<br />
↓R � /C+<br />
Negative Verstärkung<br />
↑R � /C-<br />
• Kein automatischer, passiver Prozess<br />
• Eine Reihe von intermittieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Variablen (Module) <strong>de</strong>terminieren die operante<br />
Konditionierung:<br />
o Prädisponieren<strong>de</strong> Faktoren<br />
o Motivationale Bedingungen<br />
o Evolutionäre Variablen<br />
o Frequenz <strong>de</strong>s Verhaltens<br />
48
Metho<strong>de</strong>n zum Aufbau von Verhalten<br />
Positive Verstärkung:<br />
Entschei<strong>de</strong>nd für die Wirksamkeit ist die Kontingenz zwischen Verhalten und Konsequenz.<br />
Kontingenz: Relation <strong>de</strong>s Verhaltens zu einer zugehörigen Konsequenz dieses Verhaltens.<br />
Dies ist <strong>de</strong>shalb wichtig, weil Verhalten üblicherweise unter multipler Kontingenzkontrolle<br />
steht – Verhalten ohne Konsequenzen ist schwer <strong>de</strong>nkbar.<br />
Wenn Stimuli in großer zeitlicher Distanz (verzögerte Verstärkung) dargeboten wer<strong>de</strong>n, so<br />
wird die Erkennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontingenzrelation erschwert.<br />
Garcia et al. (1972):<br />
• Nicht unbedingt die Stimuli, die in zeitlicher und räumlicher Nähe liegen<br />
• Das Individuum sucht die Umgebung nach zugehörigen Stimuli ab<br />
• Nachweis im infrahumanen Bereich<br />
• Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Lerntheorien (Rescola, 1988)<br />
Hinweise für die therapeutische Praxis:<br />
• Vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung positiver Verstärkung bedarf es einer präzisen funktionalen<br />
Analyse und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmung relevanter Verstärker (i.d.R durch Beobachtung)<br />
• Als positive Verstärker eignen sich nicht nur primäre und sekundäre Verstärker,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Verhatensweisen <strong>de</strong>s Individuums selbst (Premack-Prinzip)<br />
• Positive Verstärker sollten unmittelbar nach <strong>de</strong>m Auftreten <strong>de</strong>s Zielverhaltens<br />
verabreicht wer<strong>de</strong>n (Kanfer et al., 1970)<br />
• Dem Individuum sollte die Relation zwischen erwünschtem Verhalten und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verabreichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärker transparent sein<br />
• Zur Vermeidung von Sättigungseffekten sollte die Darbietung von Verstärkern<br />
variabel erfolgen<br />
• Zum Aufbau von Verhalten sollte die positive Verstärkung zunächst kontinuierlich<br />
erfolgen, zur Stabilisierung von Verhalten sollte zu intermittieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärkung<br />
übergegangen wer<strong>de</strong>n<br />
• Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahl <strong>de</strong>s Zielverhaltens sollte darauf geachtet wer<strong>de</strong>n, dass dies<br />
selbstverstärkend wird bzw. eine Vernetzung in <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Umgebung erfährt.<br />
Darüber hinaus sollte die Person schrittweise dazu befähigt wer<strong>de</strong>n, die Verstärkung<br />
selbst durchzuführen.<br />
Spezielle Möglichkeiten positiver Verstärkung:<br />
Shaping:<br />
Schrittweise Ausformung von Verhalten, wobei zunächst erste Elemente und Ansatzpunkte<br />
<strong>de</strong>s Zielverhaltens positiv verstärkt wer<strong>de</strong>n.<br />
• Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t eine Analyse <strong>de</strong>s Zielverhaltens<br />
49
• Schrittweise diskriminitiv verstärkt, d.h. immer größere Ähnlichkeit mit <strong>de</strong>m<br />
Zielverhalten<br />
• Aufwendiges Verfahren<br />
Chaining:<br />
Aufbau einer komplexen Verhaltensweise. Das letzte Element <strong><strong>de</strong>r</strong> Kette wird als erstes<br />
verstärkt und die Verhaltenskette gewissermaßen von „hinten“ aufgebaut. Durch das Prinzip<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Koppelung erwerben die einzelnen Elemente <strong><strong>de</strong>r</strong> Kette schrittweise ebenfalls<br />
(sekundären) Verstärkercharakter.<br />
• Aufglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von komplexem Verhalten in kleine Einheiten (Ketten)<br />
• Bestimmung welche Teile schon vorhan<strong>de</strong>n sind und welche evtl. noch durch Shaping<br />
aufgebaut wer<strong>de</strong>n müssen<br />
• Schrittweise Bearbeitung bis die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Verhaltensweise unter <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
simuluskontrolle <strong><strong>de</strong>r</strong> vorausgegangenen Reaktion stehen, verstärkt wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschluß<br />
Prompting:<br />
Darunter ist eine verbale o<strong><strong>de</strong>r</strong> verhaltensmäßige Hilfestellung zu verstehen. Durch<br />
Instruktion, durch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand führen usw. sollte die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s lernen<strong>de</strong>n<br />
Individuums überhaupt erst auf das gewünschte Verhalten gelenkt wer<strong>de</strong>n. Prompting ist eine<br />
sehr elegante operante Strategie, die eingesetzt wird, damit positive Verstärkung greifen kann.<br />
Beispiele:<br />
• Vormachen <strong>de</strong>s erwünschten Verhaltens<br />
• Ein<strong>de</strong>utige Instruktionen<br />
• Hinzeigen auf Objekte<br />
Fading:<br />
Schrittweise Ausblen<strong>de</strong>n von Hilfsstimuli bis das Zielverhalten schließlich unter die Kontrolle<br />
natürlicher Konsequenzen gelangt. Zum erlernen komplexen Verhaltens können zunächst<br />
verbale, bildliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> verhaltensmäßige Hilfestellungen gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Alle Strategien gemeinsam:<br />
• Teil komplexer Therapieprogramme<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Kennzeichen: schrittweises vorgehen<br />
• Unterstützung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung<br />
Bestrafung von Verhalten<br />
Strategien zum Abbau von Verhalten<br />
Bestrafung:<br />
kontingente Anwendung eines aversiven Reizes auf ein bestimmtes Verhalten<br />
Funktionale Fassung von Bestrafung:<br />
Prozeß, bei <strong>de</strong>m die Auftrittshäufigkeit eines Verhaltens einer bestimmten operanten Klasse<br />
als Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> reaktionskontingenten Anwendung eines Stimulus sinkt<br />
50
Verzicht auf aversive Verfahren problematisch, weil man <strong>de</strong>n Patienten <strong>de</strong>n aversiven<br />
„natürichen“ Bedingungen überlassen wür<strong>de</strong>.<br />
Hinweise für die Durchführung von Bestrafungsverfahren:<br />
• Nur in Verbindung mit Verstärkung von Alternativverhalten<br />
• Kontingent folgen<br />
• Nur in Absprache mit Klienten<br />
Löschung von Verhalten<br />
Löschung:<br />
Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen Auftrittshäufigkeit von Verhalten einer operanten Klasse durch<br />
das Entfernen <strong><strong>de</strong>r</strong> positiven Verstärker, die dieses Verhalten aufrechterhalten.<br />
• Dem Verhalten sollte in Zukunft lediglich „neutrale“ Konsequenzen folgen<br />
• Keine sofortige Unterdrückung <strong>de</strong>s Verhaltens, steigt zunächst manchmal sogar noch<br />
an<br />
• Löschungskurve eine Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> vorangegangenen Verstärkungsgeschichtte<br />
Durchführung:<br />
• Nur in Verbindung mit Verstärkung von Alternativverhalten<br />
• In Verhaltensanalyse alle Verstärker herausfin<strong>de</strong>n<br />
• Verhalten von allen Personen <strong><strong>de</strong>r</strong> relevanten Umgebung gelöscht<br />
Variante: „covered extinction“, Cautela, 1971<br />
• Vorstellung eines problematischem Verhaltens<br />
• Zieht nicht mehr die erwarteten Konsequenzen nach sich<br />
• Entfallen (Löschen) <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktionen steht Verhalten ohne Konsequenzen da<br />
• Langfristig unter Löschungsbedingunen<br />
Response Cost<br />
Response Cost:<br />
operantes Bestrafungsverfahren, bei <strong>de</strong>m bereits erhaltene generalisierte Verstärker (Token,<br />
Geld, …) für unangemessenes Verhalten entzogen wer<strong>de</strong>n.<br />
51
Voraussetzungen:<br />
• Vorhan<strong>de</strong>nsein eines positiven (generalisierten) Verstärkers<br />
• Klient muß Gelegenheit haben Verstärker zu erwerben<br />
• Erwerb von Verstärkern sollte an erwünschtes Verhalten geknüpft sein<br />
• Sollte <strong>de</strong>n natürlichen Kontingenzen weitgehend entsprechen<br />
• Verlust eines Verstärkers sofort nach <strong>de</strong>m unerwünschten Vehalten folgen<br />
Time-Out<br />
Time-Out:<br />
Reduktion <strong>de</strong>s Problemverhaltens dadurch, dass man alle potentiellen Verstärker <strong>de</strong>s<br />
Verhaltens unerreichbar macht.<br />
• Response Cost vorzuiehen, wenn die Verstärker nicht i<strong>de</strong>ntifizierbar sind<br />
• Unterschied zu Response Cost: Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, dass die Person für unangemessenes<br />
Verhalten überhaupt Verstärker erhält<br />
Durchführung:<br />
• Immer in Kombination mit positiver Verstärkung von Alternativverhalten<br />
• Neutrale Umgebung sollte keine verstärken<strong>de</strong> Eigenschaft aufweisen<br />
• Klare Instruktionen<br />
Sättigung und Beschränkung<br />
Wenn eine bestimmte Reaktion sehr häufig gezeigt wird und wenn dieser Verhaltensweise<br />
immer <strong><strong>de</strong>r</strong>selbe Verstärker folgt, so tritt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit Sättigung ein. Eine prinzipiell<br />
angenehme Aktivität wird auf diese Weise allmählich zu einer unangenehmen Betätigung.<br />
Beschränkung kann nicht als verhaltenstherapeutische Metho<strong>de</strong> angesehen wer<strong>de</strong>n, weil mit<br />
ihr kaum Lerneffekte zu erwarten sind.<br />
Strategien zur Stabilisierung von Verhalten<br />
• Schrittweiser Übergang von <strong>de</strong>n therapeutischen auf <strong>de</strong>n Alltag<br />
• Übergang von kontinuierlicher auf intermittieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Verhalten<br />
• Verlängerte Abstän<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Therapiesitzungen<br />
• Wochenen<strong>de</strong>n zu Hause<br />
52
• Innerhalb <strong>de</strong>s therapeutischen Settings:<br />
• Verstärkung nicht allein durch Therapeuten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch natürliche Kontingenzen<br />
• Therapie sollte eine Problemlöseperspektiven vermitteln<br />
• Die Problemanalyse, Zielbestimmung und Therapieplanung kann in <strong><strong>de</strong>r</strong> VT so explizit<br />
und transparent gestaltet wer<strong>de</strong>n, dass das allgemeine Vorgehen eine Art flexiblen<br />
Muster für künftige Schwierigkeiten darstellt.<br />
• Umgebungsbedingungen schwer beeinflussbar: Strategie <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle<br />
o Selbstkontrolle: <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient lernt, die Kontingenzen seines Verhaltens selbst zu<br />
setzten und dadurch sein Verhalten selbst zu steuern<br />
o Impliziert eine Reihe vermittelbarer und erlernbarer Strategien zur Steuerung<br />
<strong>de</strong>s eigenen Verhaltens<br />
o Ziel: Unabhängigkeit <strong>de</strong>s Patienten von therapeutischen Bedingungen in<br />
Richtung Selbstbestimmung und Selbstmanagement (Kanfer et al., 1982)<br />
Strategien <strong>de</strong>s Kontingenzmanagement<br />
Kontingenzmanagement:<br />
Systematische Darbietung bzw. Entfernung positiver bzw. aversiver Stimuli.<br />
� Vom Therapeuten<br />
� Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Person selbst<br />
� Personen <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Umgebung<br />
Kontingenzmanagement setzt eine exakte Verhaltensbeobachtung und Verhaltensanalyse zur<br />
Bestimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Verhaltensexzesse und –<strong>de</strong>fizite voraus.<br />
Token Economies<br />
• Variante <strong>de</strong>s Kontingenzmanagement<br />
• Übersetzt: Münz/Eintausch-Verstärkersystem<br />
• Token = Objekt mit Tauschwert, generalisierte konditieionierte Verstärker<br />
• Vorteil gegenüber primären Verstärkern: kontingent einsetzbar, kaum Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sättigung<br />
• Einführung zunächst in geschlossenen Institutionen (psychiatrische Kliniken, Heime<br />
etc.) � Motivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> langzeithospitalisierten Patienten für Aktivitäten<br />
Durchführung eines Token-Programms nach Ayllon&Azrin, 1968:<br />
1. Auswahl und Präzisierung <strong>de</strong>s gewünschten Zielverhaltens<br />
2. Bestimmung von Art und Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Token bezogen auf spezifische Formen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Ausprägungen <strong>de</strong>s Zielverhaltens<br />
3. Registrieren <strong>de</strong>s zu bekräftigen<strong>de</strong>n Zielverhaltens<br />
4. Regeln für <strong>de</strong>n Eintausch <strong><strong>de</strong>r</strong> Tokens gegen primäre Verstärker (z.B. zeitlicher<br />
Abstand)<br />
• „niedriges“ Verhaltensniveau � je<strong>de</strong> Marke unmittelbar eintauschen<br />
53
• später zeitlich verzögert<br />
• Einsatz häufig in Schulen und Heimen bei sog. <strong>de</strong>linquenten Jugendlichen �<br />
Verbesserung <strong>de</strong>s Problemverhaltens + Erhöhte Aufmerksamkeit und<br />
Zuwendung durch Lehrer und Erzieher � soziale Verstärkung zentrale<br />
Be<strong>de</strong>utung<br />
• Problem: Token als Verstärker für „angepasstes“ Verhalten, nicht mehr<br />
individuelle Therapie, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zur Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ordnung auf einer<br />
Station � Missbrauch <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Möglichkeiten von Token<br />
Kontingenz-Verträge<br />
• „contingency contracting“: spezielle Form <strong>de</strong>s Kontingenz-Managements<br />
• relevante Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention wer<strong>de</strong>n in einer Vereinbarung klar festgelegt<br />
• entwickelt für:<br />
o Partnerprobleme<br />
o Delinquentes Verhalten<br />
o Alkoholismus<br />
o Gewichtskontrolle<br />
• Verstärker müssen verdient wer<strong>de</strong>n, Verpflichtung bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Parteien sollten<br />
ausbalanciert sein<br />
Kontingenzmanagement in <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Umgebung<br />
• Interventionsansätze in <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Umgebung<br />
• Auffassung, dass Personen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Umgebung besser über relevante<br />
Verstärker bescheid wissen und diese auch kontingent einsetzten können<br />
• Personen <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung von Fachmann eingeführt:<br />
o Erlernen von Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensbeobachtung<br />
o Finktionale Verhaltensanalyse<br />
o Erlernen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fähigkeit, Zielprobleme zu i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
o Adäquater Einsatz von Verstärkern<br />
• Mediatormo<strong>de</strong>ll nach Tharp et al., 1975:<br />
54
Abschließen<strong>de</strong> Bemerkung zu <strong>de</strong>n operanten Verfahren<br />
• Hohe Be<strong>de</strong>utung für die <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
• Bei fast allen Verfahren (oft implizit) eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle<br />
Exkurs:<br />
Mittelbarer<br />
Therapeut<br />
Bestrafungs- und Aversionsverfahren<br />
• Keine einheitliche Begriffsverwendung<br />
• Kriterium <strong><strong>de</strong>r</strong> Aversität:<br />
o Eigenschaften eines bestimmten Reizes<br />
o Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensrate<br />
• In funktionaler Fassung versteht man unter Bestrafung eine Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen<br />
Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten einer bestimmten operanten Klasse als<br />
Folge einer kontingenten Darbietung <strong>de</strong>s Reizes auf diese Reaktion<br />
• Verschie<strong>de</strong>ne Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Verhaltenskontrolle:<br />
o Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Konditionierung: Attraktivität eines Stimulus durch<br />
Koppelung mit einem aversiven Reiz gesenkt<br />
o Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> operanten Konditionierung: Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Auftrittswahrscheinlichkeit durch kontingente Darbietung eines aversiven<br />
Reizes<br />
Aversionstherapie<br />
Unmittelbarer<br />
Therapeut<br />
Beraten<strong>de</strong> Person Personen mit<br />
Verstärkern aus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen<br />
Umgebung<br />
Zielperson<br />
Patient<br />
Aversionstherapie:<br />
Darbietung aversiver Stimuli nach <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Konditionierung:<br />
55
• Mehrfache Kopplung <strong>de</strong>s CS mit unangenehmen Reaktionen (UCR) � CS = Aversion<br />
• Aufbau von Alternativverhalten durch CS als diskriminantivem Reiz<br />
• Wichtig: UCS wird kontingenz auf <strong>de</strong>n CS gegeben bis er zu Alternativverhalten führt<br />
(Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimulussubstittion)<br />
• Grawe et al. 1994: Effektivität nachgewiesen, trotz<strong>de</strong>m: seltener Einsatz, effektive<br />
Alternativen<br />
Bestrafungsverfahren<br />
• Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> operanten Konditionierung<br />
• Senkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auftrittswahrscheinlichkeit durch kontingente Gabe auf eine Reaktion<br />
Vermeidungstraining<br />
• Klient kann einen aversiven Stimulus vermei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m er Alternativverhalten zeigt<br />
• Zuerst jedoch Einsatz von Fluchttraining: Einsatz <strong>de</strong>s aversiven Stimulus, solange <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Klient das Problemverhalten zeigt; durch Flucht kann <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Stimulus jedoch<br />
been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
• Ausformung von diskriminativen Hinweisreizen � Vermei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s aversiven Stimuli,<br />
in<strong>de</strong>m auf <strong>de</strong>n Hinweisreiz Alternativverhalten gezeigt wird<br />
Bandura, 1969:<br />
Mo<strong>de</strong>lllernen<br />
Mo<strong>de</strong>llernen: wenn sich ein Individuum aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachtung <strong>de</strong>s Verhaltens an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
Personen und <strong><strong>de</strong>r</strong> darauf folgen<strong>de</strong>n Konsequenzen neue Verhaltensweisen aneignet o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn<br />
schon bestehen<strong>de</strong> Verhaltensweisen in Richtung <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Beim Vorgang <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernen (als Prozeß) sind folgen<strong>de</strong> Gesichtspunkte zu unterschei<strong>de</strong>n:<br />
• Der Beobachter erwirbt neue Verhaltensweisen, die in seinem Repertoire bisher nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>n waren<br />
• Durch das Verhalten <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls wer<strong>de</strong>n beim Beobachter vorhan<strong>de</strong>ne<br />
Verhaltensweisen gestärkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> abgeschwächt. Die Beobachtung negativer<br />
Verhaltenskonsequenzen beim Mo<strong>de</strong>ll führt zur Hemmung, die Beobachtung<br />
positiver Konsequenzen zur Enthemmung <strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>n Verhaltens.<br />
• Das Verhalten <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls besitzt lediglich die Funktion eines diskriminativen<br />
Hinweisreizes (SD), <strong><strong>de</strong>r</strong> das Auftreten schon vorher gelernter Verhaltensweisen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>selben Klasse erleichtert<br />
Erklärung <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernens:<br />
• Instinkttheorien (Morgan, 1896)<br />
• Assoziationstheorien (Allport, 1924)<br />
• Verstärkertheorien (Skinner, 1953)<br />
• Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>s affektiven Feedback (Mowrer, 1960)<br />
56
Mo<strong>de</strong>llernen aus heutiger Sicht:<br />
• Im Kontext <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Lerntheorien zu sehen<br />
• Lernprozesse in hohem Maße durch soziale und interpersonalen Determinanten<br />
beeinflusst<br />
• Zwischenstellung zwischen klassisch lerntheoretischen bis hin zu kognitiven<br />
Metho<strong>de</strong>n<br />
• Wichtig: Heraustellung <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Bedingungen <strong>de</strong>s Lernenens<br />
• Imitation: lediglich die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung frem<strong>de</strong>n Verhaltens ohne Spezifizierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bedingungen<br />
• Soziale Erleichterung, Verhaltensansteckung: Teilprozesse <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernens<br />
Grundlagen/ Voraussetzungen <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernens, Bandura, 1977:<br />
1. Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufmerksamkeit beinhalten die Wahrnehmung und selektive Filterung<br />
von Information durch einen Beobachter. Gesteuert durch motivationale und<br />
emotionale Bedingungen <strong>de</strong>s Beobachters<br />
2. Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Speicherung von Information: Da eine Nachahmung häufig nicht<br />
unmittelbar stattfin<strong>de</strong>t, muss beim Beobachter ein Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Speicherung<br />
angenommen wer<strong>de</strong>n. Aktiver Vorgang im verbalen und bildlichen<br />
Repräsentationssystem. Gespeichert wer<strong>de</strong>n vom Individuum offenbar jene Aspekte<br />
eines komplexen Vorgangs, die im Kontext eigener Bedürfnisse relevant sind.<br />
3. Verbale, kognitive o<strong><strong>de</strong>r</strong> motorische Reproduktionsprozesse. Dies beinhaltet geistige<br />
und physische Voraussetzungen, ohne die beobachtete Muster nicht reproduzierbar<br />
sind. Gera<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Reproduktionsprozessen scheinen zum Teil enge<br />
Grenzen <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernens zu liegen: Wir können komplexe Verhaltensweisen<br />
offenbar mit größter Aufmerksamkeit verfolgen und entsprechend speichern. Eine<br />
Reproduktion wird zum Teil nur unter hohem Aufwand von Übung gelingen.<br />
4. Motivationale Prozesse: zentrale Bedingung. Unterscheidung<br />
a. „Lernen“ meint die Übernahme von Inhalten, ohne dass diese unbedingt<br />
gezeigt wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
b. „Performance“ be<strong>de</strong>utet, dass Verhalten auch gezeigt wird. Dies setzt<br />
situative Auslösebedingungen wie motorische Determinanten voraus.<br />
Beobachtungseffekt<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernens<br />
57
• Aufbau neuer Verhaltensweisen durch die Nachahmung <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llverhaltens<br />
• Neue komplexe Verhaltensweisen können vergleichsweise rasch gelernt wer<strong>de</strong>n<br />
• Strategie <strong>de</strong>s ver<strong>de</strong>ckten Mo<strong>de</strong>llernens (covert mo<strong>de</strong>lling):<br />
o die Person stellt sich vor, wie sie selbst o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Person die<br />
angemessene Reaktion ausführt<br />
o Annahme: Durchführung komplexen Verhaltens in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung geübt �<br />
leichter in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität umgesetzt wer<strong>de</strong>n kann<br />
• Kazdin, 1973 unterschei<strong>de</strong>t in Anlehnung an Meichenbaum, 1971 zwei Varianten:<br />
o In einem Fall hatte sich die Person ein meistern<strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>ll vorzustellen, das in<br />
je<strong>de</strong>m Fall kompetente Reaktionen zeigt, keine Angst hat und die einzelnen<br />
Lösungsschritte für eine Aufgabe problemlos beherrscht.<br />
o Vorstellung eines bewältigen<strong>de</strong>n (coping) Mo<strong>de</strong>lls, das angesichts einer<br />
Aufgabe zunächst ängstlich reagiert, dann jedoch einzelne Schritte bewältigt<br />
und langsam zu einer erfolgreichen Bearbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgabe übergeht.<br />
• Für die offene Vorgabe von Mo<strong>de</strong>llen hat sich die Darbietung <strong>de</strong>s bewältigen<strong>de</strong>n<br />
Mo<strong>de</strong>lls in vielen Fällen als überlegen erwiesen. Solche Befun<strong>de</strong> stehen für einen<br />
Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Varianten ver<strong>de</strong>ckten Mo<strong>de</strong>llernens noch aus.<br />
Stellvertreten<strong>de</strong> Konditionierung emotionaler Reaktionen<br />
• Emotionale Reaktionen können stellvertretend über die Darbietung emotionaler<br />
Reaktionen von Mo<strong>de</strong>llpersonen gelernt wer<strong>de</strong>n<br />
• Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Menschen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die von<br />
Mo<strong>de</strong>llpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen.<br />
Stellvertreten<strong>de</strong> Löschung<br />
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertreten<strong><strong>de</strong>r</strong> Basis<br />
gelöscht wer<strong>de</strong>n<br />
• Beobachtete Personen zeigen Annäherungsverhalten an furchtauslösen<strong>de</strong> Objekte und<br />
Situationen<br />
• 3 Prozesse als Grün<strong>de</strong>, Bandura, 1969:<br />
o Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte Darbietung von Annäherungsverhalten senkt das<br />
Erregungspotential aversiver Reaktionen unter die Schwelle entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Vermeidungsreaktionen<br />
o Ängstliche Personen wer<strong>de</strong>n dadurch in die Lage versetzt, selbst<br />
annäherungsverhalten zu praktizieren<br />
o Der direkte Kontakt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> bedrohlichen Situation führt zu einer Reihe von<br />
neueren Erfahrungen, die zur Löschung von Vermeidungsverhalten beitragen<br />
• Kontakt-Desensibilisierung: Ein Mo<strong>de</strong>ll führt erwünschtes Verhalten von<br />
zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwierigkeit aus. Der Klient sollte das Verhalten nach je<strong>de</strong>m Item<br />
nachvollziehen. Ganz wichtig ist, dass <strong>de</strong>m Klienten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachahmung <strong>de</strong>s<br />
Mo<strong>de</strong>llverhaltens, also bei <strong><strong>de</strong>r</strong> konkreten Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Situation,<br />
Erfolgserlebnisse vermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />
58
• Mo<strong>de</strong>llernen kann auch genutzt wer<strong>de</strong>n, Verhaltensweisen zu vermitteln, die im<br />
Repertoire <strong>de</strong>s Patienten bisher noch gar nicht vorhan<strong>de</strong>n waren<br />
Hemmen<strong>de</strong> und enthemmen<strong>de</strong> Effekte<br />
• Durch Mo<strong>de</strong>llernen kann die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gestärkt<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> abgeschwächt wer<strong>de</strong>n � hemmen<strong>de</strong> bzw. enthemmen<strong>de</strong> Effekte<br />
• Enthemmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt: Verhalten tritt als Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> Mo<strong>de</strong>llbeobachtung häufiger auf<br />
� beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie von Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n macht man sich die Prinzipien<br />
enthemmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Funktionen eines angstfreien Mo<strong>de</strong>lls zunutze<br />
Reaktionserleichtern<strong>de</strong> Effekte<br />
• Prozesse <strong>de</strong>s Diskriminationslernens wer<strong>de</strong>n durch Mo<strong>de</strong>llernen erleichtert<br />
• Die Vorgabe einer Mo<strong>de</strong>llperson erfolgt unter spezifischen Stimulusbedingungen, die<br />
vom Patienten beobachtet und für eigenes Verhalten übernommen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
• Bei selbsticherem Verhalten geht es häufig darum, welches Verhalten in welchen<br />
Situationen angemessen ist � Diskriminierung und soziale Beurteilung nötig<br />
• Anwendung: rasches und effizientes Diskriminationslernen in komplexen sozialen<br />
Situationen. Dabei geht man davon aus, dass entsprechen<strong>de</strong> Verhaltensweisen im<br />
Repertoire <strong>de</strong>s Individuums im Prinzip vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />
• Impliziter Rückgriff auf Mo<strong>de</strong>llernen (z.B. Therapeut) o<strong><strong>de</strong>r</strong> explizit (z.B. Therapie<br />
von Angst). Unverzichtbarer Bestandteil bei Selbstsicherheits- und Kompetenztraining<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>e therapeutische Anwendungen<br />
• „fixed role therapy“, Kelly (1955): Hier wird enem Klienten das erwüschte<br />
Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben. Dieser hat dadurch die Möglichkeit, es in<br />
einer therapeutischen Situation erstmals zu üben und anschließend zu versuchen, es in<br />
<strong>de</strong>n Alltag zu übertragen.<br />
• „Verhaltensübung“, Lazarus (1966) und das Rollenspiel: Das Rollenspiel ist ein<br />
zentraler Bestandteil <strong>de</strong>s Selbstbehauptungs- bzw. Selbstsicherheitstrainings und kann<br />
als eine Standardmetho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> VT angesehen wer<strong>de</strong>n, Fliegel et al (1991). Hier wer<strong>de</strong>n<br />
Variablen wie<br />
o die Mo<strong>de</strong>lleigenschaften<br />
o optimale Anregungsbedingungen einer Gruppe<br />
o Fokussierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufmerksamkeit<br />
o Optimale Kodierung<br />
o Ausführung <strong>de</strong>s Verhaltens exakt geplant und therapeutisch eingesetzt.<br />
• Mo<strong>de</strong>llfunktion <strong>de</strong>s Therapeuten: Seit <strong>de</strong>n Untersuchungen von Rosenthal (1955)<br />
über die Annäherung <strong><strong>de</strong>r</strong> moralischen Normen von Klienten an die <strong>de</strong>s Therapeuten ist<br />
diese Frage immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> thematisiert und untersucht wor<strong>de</strong>n.<br />
Mo<strong>de</strong>lle kognitiver Therapien<br />
Kognitive Therapien setzten am Selbstregulationssystem und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> β-<br />
Kontrolle an , also um Einstellungen, Erwartungen, Mechanismen <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven<br />
Repräsentation und Verarbeitung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstgespräche, <strong><strong>de</strong>r</strong> Standards und Bewertungen. Nach<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Therapie sind sie entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Determinanten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Regulation<br />
menschlichen Verhaltens.<br />
59
Die Übergänge zwischen „kognitiven Therapien“ und „kognitiver Verhaltentherapie“ sind<br />
fließend, sowohl in theoretischer wie praktischer Hinsicht.<br />
Kognitive Therapieansätze<br />
• Kliniker die zunächst psychodynamischen Ansätzen nahestan<strong>de</strong>n (v.a. Beck, Ellis)<br />
• Entschei<strong>de</strong>nd nicht spezielle Gedanken, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Be<strong>de</strong>utung, die Menschen mit<br />
Gedanken verbin<strong>de</strong>n<br />
• Nach Beck&Ellis sind die Be<strong>de</strong>utungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gedanken für die Entstehung und<br />
Aufrchterhaltung psychischer Probleme verantwortlich<br />
• Nach Beck&Ellis kommt <strong>de</strong>m Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung, Rationalität und Validität von<br />
Gedanken eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle zu<br />
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Mo<strong>de</strong>lle<br />
• Wurzeln in <strong><strong>de</strong>r</strong> systemischen Weiterentwicklung klassisch-verhaltenstherapeutischen<br />
Ansätzen<br />
• Vermittelen<strong>de</strong>, gedankliche Prozesse sind entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Determinanten normalem<br />
wie pathologischen Verhaltens<br />
• Trotz methodologischer Probleme müssen solche Prozesse berücksichtigt wer<strong>de</strong>n<br />
(Bandura, Kanfer, Mahoney, Meichenbaum)<br />
• Ziel ist nicht unbedingt die Rationalität von Gedanken zu diskutieren, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Ziel<br />
besteht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung funktionaler, zielführen<strong><strong>de</strong>r</strong> Fertigkeiten auf kognitiver und<br />
Verhaltenebene<br />
Entwicklungen, die zu kognitiven Therapien geführt haben:<br />
• Variabilität menschlichen Verhalten nicht erklärbar mit S-R-Mo<strong>de</strong>llen<br />
• Komplexes menschliches Sprachverhalten (Chomsky (1959) vs. Skinner(1957)):<br />
o Bei<strong>de</strong> Theoretiker hatten unterschiedliche Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache thematisiert.<br />
Chomsky <strong>de</strong>n Spracherwerb und Skinner <strong>de</strong>n Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprach-Verwendung<br />
• Verhaltensbereich: Vielfach machen gedankliche Prozesse <strong>de</strong>n zentralen Gegenstand<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Intervention aus (z.B. <strong>de</strong>pressives Grübeln, zwanghafte<br />
Gedanken)<br />
• Unterschiedliche Ebenen menschlichen Verhaltens (Lang, 1971):<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong>: Verhalten � Kognitionen<br />
Kognitive Therapien: Kognitionen � Verhalten<br />
Kognitive <strong>Verhaltenstherapie</strong>: Kognitionen ↔ Vehalten<br />
Grundlegen<strong>de</strong> Vorstellungen auf <strong>de</strong>nen die kognitive <strong>Verhaltenstherapie</strong> basiert<br />
(Mahoney&Arnkoff, 1978):<br />
1. Der menschliche Organismus reagiert v.a. auf die kognitive („innere“) Repräsentation,<br />
also die Darstellung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Abbildung seiner Umgebung, und nicht auf die Umgebung<br />
selbst.<br />
2. Diese kognitive Repräsentation sind funktional mit <strong>de</strong>n Lernprozessen verbun<strong>de</strong>n.<br />
3. Menschliches Lernen ist zum Großteil kognitiv vermittelt.<br />
4. Gedanken, Gefühle und Verhalten sind interaktiv, sie bedingen einan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
60
Grundlegen<strong>de</strong> Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven <strong>Verhaltenstherapie</strong>:<br />
1. Kognitive Aktivitäten beeinflussen Verhalten<br />
� Systemmo<strong>de</strong>ll menschlichen Verhaltens<br />
� Situationen (Sαβγ) führen erst über Vermittlungsprozesse zu Effekten<br />
� Nicht unbedingt „bewusst“, viele „automatisch“ (therapeutische Aufgabe:<br />
herausfin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> Gedanken)<br />
� Vielfach wer<strong>de</strong>n dann nicht die Gedanken, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Bewertung, die<br />
automatischen Beurteilungen, die „beliefs“ zum Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven<br />
Therapie.<br />
2. Kognitive Aktivitäten können erfasst und direkt verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
� Annahme einer direkten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung kognitiver Prozesse stützt sich eher auf<br />
indirekte Argumente einer Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung kognitiver Inhalte<br />
3. Verhaltensän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen können durch kognitive Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bewirkt wer<strong>de</strong>n<br />
� Basiert auf Grundlagenarbeiten zum Thema:<br />
o Attribution<br />
o Erleben von Kontrolle<br />
o Erlernte Hilflosigkeit<br />
� Demnach sind es nicht so sehr aktuelle Kontingenzen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die vom Subjekt<br />
wahrgenommenen Determinanten, die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Einfluß auf unser Verhalten<br />
haben<br />
Kognitive Therapien<br />
• Heterogenes Feld<br />
• Unklarheit mit <strong>de</strong>m Begriff „kognitiv“<br />
• Unklarheit: Techniken: Die Beschreibung eines kognitiven Verfahrens kann nicht als<br />
i<strong>de</strong>ntisch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
Ver<strong>de</strong>ckte Verfahre<br />
Cautela<br />
Ganz zentral an <strong>de</strong>n Verfahren ist, dass Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erwartung etc. in Analogie zu beobachtbaren Abläufen gesehen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
� Kontinuitätsannahme: Demnach sind die genannten Prozesse zwar nicht direkt<br />
beobachtbar, jedoch durch die klassischen Prinzipien <strong>de</strong>s Lernens zu beschreiben und zu<br />
erklären.<br />
Kognitionen = „vermitteln<strong>de</strong> Prozesse“<br />
Kognitionen wer<strong>de</strong>n in diesem Sinne als „ver<strong>de</strong>ckte Reize“ (S), „ver<strong>de</strong>ckte Reaktionen“ (R)<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> als „ver<strong>de</strong>ckte Konsequenzen“ (C) beschrieben.<br />
„Coverants“ (Homme, 1965): Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> Worte „covert“ und „operant“. Coverants<br />
meinen eine Beschreibung ver<strong>de</strong>ckter Aktivitäten und bil<strong>de</strong>n i.d.R. wichtige Elemente<br />
komplexer Verhaltensketten.<br />
61
Zur Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung stören<strong><strong>de</strong>r</strong> Coverants benutzte Homme (1965) die Verstärkerhypothese von<br />
Premack (1965): Reaktionen mit hoher Auftrittswahrscheinlichkeit („high probabilitiy<br />
behavior“, HPB) können <strong>de</strong>mnach als Verstärker für Verhaltensweisen mit niedriger<br />
Auftrittswahrscheinlichkeit („low probability behavior“, LPB) eingesetzt wer<strong>de</strong>n (Premack-<br />
Prinzip)<br />
� Weiterentwicklung klassisch-verhaltenstherapeutischer Verfahren: bereits auf theoretischer<br />
Ebene erkennt man <strong>de</strong>n inneren Abläufen, Gedanken usw. eine vermitteln<strong>de</strong> Rolle zu. Sie<br />
wer<strong>de</strong>n als ebenso verän<strong><strong>de</strong>r</strong>bar angesehen wie beobachtbares Verhalten.<br />
Vom Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention her sind sie als kognitive Ansätze anzusehen, von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkprinzipien her wären die Metho<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>n klassischen<br />
konditionierungstheoretischen Mo<strong>de</strong>llen zuzuordnen.<br />
Ver<strong>de</strong>cktes Gegenkonditionieren<br />
Metho<strong>de</strong>n<br />
• Therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung beobachtbarer Verhaltensmuster durch die Verwendung<br />
ver<strong>de</strong>ckter Reize (Gedanken, Vorstellungen, z.T. Reaktionen)<br />
• Ähnlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Systematischen Dessensibilisierung<br />
• Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermeidungsreaktion und gleichzeitiger Aufbau von erwünschtem<br />
Verhalten durch die Koppelung mit einer sehr angenehmen Vorstellung.<br />
• Ursprünglich eigene unangenehme Reaktionen positiver „gefärbt“ und von <strong>de</strong>n<br />
Personen häufiger geäußert.<br />
• Gegenkonditionierung nicht durch Muskelrelaxation, son<strong><strong>de</strong>r</strong> durch positive,<br />
emotionsbesetzte vorgestellte Szenen<br />
• Prinzipien <strong>de</strong>s Lernens wer<strong>de</strong>n auf kognitive Strategien übertragen<br />
• Nicht die einzige Therapiestrategie bei komplexen Problemen<br />
Ver<strong>de</strong>ckte Sensibilisierung<br />
• „covert sensitisation“: Koppelung einer Vorstellung angenehmer Szenen (Reize,<br />
Reaktionen) mit einer Vorstellung aversiver Szenen<br />
• In vielen Fällen bil<strong>de</strong>n im Prinzip durchaus angenehme Szemen und Reaktionen<br />
(Alkohol, Rauchen, Essen, Sexualität) eine Quelle massiver Verhaltensprobleme und<br />
psychischer Störungen (Alkoholismus, sexuelle Gewalt). Durch Koppelung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Auslöser problematischen Verhaltens sollen diese Szenen für die Person ebenfalls<br />
aversiv besetzt o<strong><strong>de</strong>r</strong> zumin<strong>de</strong>st neutral wer<strong>de</strong>n.<br />
• Schritte:<br />
o Klare, lebhafte Vorstellung<br />
o Vorstellung wird mit unangenehmer Szene gekoppelt<br />
o Mehrfache Koppelung � Konditionierung <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Komponenten auf die<br />
angenehme Verhaltensweise<br />
o Zentral: früh in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltenskette angenehme Tätigkeit unterbrechen<br />
o Daraufhin kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient auch die Vorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> aversiven Szene been<strong>de</strong>n<br />
� angenehm (Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Aversionserleichterung)<br />
o Somit wird die Vorstellung <strong>de</strong>s Trinkens von Alkohol aversiv, das<br />
Unterbrechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung hingegen positiv konditioniert<br />
62
• Entschei<strong>de</strong>nd ist natürlich nicht nur, dass damit die Vorstellungen in ihrer emotionalen<br />
Qualität verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n dass die an die Vorstellung angeschlossenen<br />
Verhaltensweisen in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
• Stellt u.U. eine gewisse therapeutische Alternative zu offenen Aversionsverfahren dar<br />
Ver<strong>de</strong>ckte Verstärkung<br />
• Verknüpfung von vorgestellten o<strong><strong>de</strong>r</strong> tatsächlichem Verhalten mit einer vorgrestellten<br />
Verstärkung<br />
• Ziel: Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auftrittswahrscheinlichkeit <strong>de</strong>s verstärkten Verhaltens<br />
• Analog zur offenen Verstärkung: R � C+<br />
• Vorgestellte Szene o<strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivität als symbolischer Verstärker mit erwünschtem<br />
Verhalten gekoppelt<br />
• Der Klient sollte sich das erwünschte Verhalten vorstellen und dann auf Instruktion<br />
<strong>de</strong>s Therapeuten hin auf die besprochene Vorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> angenehmen Situation<br />
überwechseln � schrittweise selbst übernehmen<br />
• Querverbindung zum Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverstärkung (Kanfer, 1977) einerseits und zum<br />
Vorgehen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> „Privatsprache“ (Meichenbaum, 1974)<br />
• Kanfer (1977): Selbstverstärkung besitzt ähnliche therapeutische Effekte wie externe,<br />
offene Verstärkung<br />
• Meichenbaum (!974): Wichtig, nicht nur Verhaltensmuster („Reaktionen“), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
auch <strong>de</strong>n begleiten<strong>de</strong>n „inneren Monolog“ zu berücksichtigen und ggf. therapeutisch<br />
zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
• Weitere „ver<strong>de</strong>ckte“ Verfahren nach Cautela, 1971:<br />
o Ver<strong>de</strong>ckte Löschung<br />
o Ver<strong>de</strong>cktes Mo<strong>de</strong>llernen<br />
Exkurs: Gedankenstop<br />
• Bain, 1928 � von Wolpe, 1958 in das Repertoire verhaltenstherapeutischer Verfahren<br />
übernommen<br />
• Ziel: Reduktion exzessiver gedanklicher Abläufe (z.B. zwanghafte Gedanken;<br />
aggressive Impulse usw.)<br />
• Annahme einer Kontinuität zwischen beobachtbarem Verhalten und gedanklichen<br />
Prozessen<br />
• Problem: gedankliche Prozesse können schwer extern beeinflusst wer<strong>de</strong>n, oft<br />
situational unabhängig<br />
• Anzeige für Gedankenstop als ein Therapielement:<br />
o wenn aufdringliche Gedanken zielführen<strong>de</strong>, funktionale Gedanken- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Handlungsabläufe stören<br />
o bei impulsiven Gedanken, die im interpersonalen Kontext zu Schwierigkeiten<br />
führen können (z.B. aggressive Impulse)<br />
• Vorteile:<br />
o Situationsunahängigkeit<br />
o Strategie <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle<br />
• Nachteile:<br />
o Bei zwanghaften Gedanken kontraproduktiv<br />
o Gedanken sind <strong>de</strong>shalb so aufdringlich, weil die Person unablässig versucht,<br />
sie zu unterdrücken („rebound-Effekt“)<br />
63
o Nur noch mehr „Kontrolle“ für <strong>de</strong>n Patienten, <strong><strong>de</strong>r</strong> ohnehin schon zu viel<br />
Kontrolle ausübt<br />
o Bei Zwangsstörungen sollte sich das Unterbrechen auf die<br />
Vermeidungsreaktion im Kontext <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwangsgedanken („Neutralisieren“),<br />
nicht auf die angsterhöhen<strong>de</strong>n Gedanken selbst richten<br />
Ellis: Die Rational-Emotive Therapie<br />
• Ellis, 1957: Rational-emotive Therapie (RET)<br />
• Annahme: Ursachen psychischer Störungen sind in irrationalen Denkmustern zu<br />
suchen<br />
Philosophische uns weltanschauliche Prinzipien<br />
• Grundlagen: stoische Philosophie: Epiktet: „Nicht die Dinge an sich beunruhigen <strong>de</strong>n<br />
Menschen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n seine Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Dinge!“<br />
• Außer<strong>de</strong>m:<br />
o Kants „Kritik <strong><strong>de</strong>r</strong> reinen Vernunft“: Grundlage für <strong>de</strong>n wissenschafts-logischen<br />
und empirischen Ansatz<br />
o Semantik bei Korzybski (1933): Menschen sollten <strong>de</strong>mnach lernen, explizit zu<br />
<strong>de</strong>nken, d.h. sie sollten Sprache nicht übergeneralisieren und lernen, Begriffe<br />
und Emotionen zu trennen.<br />
o Verknüpfung mit humanistischen I<strong>de</strong>en: ethischen Humanismus von B. Russel<br />
und <strong>de</strong>n existenzialistischen Grundvorstellungen (Hei<strong>de</strong>gger)<br />
• Im psychologischen Bereich:<br />
o K. Horney (1950) mit ihrer Ansicht, dass Menschen sich von <strong><strong>de</strong>r</strong> „Tyrannei<br />
<strong>de</strong>s Sollens“ befreien sollten<br />
o A. Adler (1927) mit seinen Überlegungen über <strong>de</strong>n Zusammenhang von<br />
Gedanken und Verhalten: Min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertigkeitskomplexe als kognitive<br />
Konstrukte führen zu einer verzerrten Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt, zu Angst und<br />
psychischen Störungen.<br />
o Direktiver Ansatz von Herzberg (1945): „active psychotherapy“<br />
Störungsmo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> RET<br />
• Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Rationalität: „Rational“ sind diejenigen Vorstellungen, Gedanken und<br />
Verhaltensmuster eines Menschen, die ihm helfen, zentrale Ziele anzustreben und zu<br />
erreichen.<br />
• Als „irrational“ bezeichnet Ellis diejenigen Verhaltensmuster, die einen Menschen<br />
daran hin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, langfristig hedonistische Ziele zu erreichen.<br />
• Ellis kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung von funktionalen bzw. dysfunktionalen Denk- und<br />
Verhaltensmustern von Beck sehr nahe.<br />
• Im Zentrum <strong><strong>de</strong>r</strong> Theorie für die Entstehung psychischer Störungen steht <strong><strong>de</strong>r</strong> sog.<br />
ABC-Prozess: Dabei sind Kognitionen, Emotionen und Verhaltensmuster nicht als<br />
getrennt anzusehen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie beeinflussen einan<strong><strong>de</strong>r</strong> in komplexer Weise<br />
A � B � C<br />
Activating Event Belief Konsequenzen<br />
(externs Ereignis) (Wahrnehmung, Bewertung) (Folgerungen auf<br />
64
Verhaltens- und<br />
emotionaler Ebene)<br />
• Ursache für Störungen: biologische Ten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s Menschen, irrational zu <strong>de</strong>nken:<br />
o Die Haltung <strong>de</strong>s Menschen, in absolutistischen Kategorien zu <strong>de</strong>nken<br />
o Dogmatische Haltung zeigt sich beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n sog. „must’s“ und „should’s<br />
o Diese dogmatische Haltung verursacht nicht selbst die Störung, sie macht das<br />
Individuum aber anfällig – weil sich diese inflexible Position keinesfalls in<br />
allen Situationen durchhalten lässt.<br />
o Im Zentrum <strong>de</strong>s Belief-Systems stehen sog. „irrationale Annahmen“, die eine<br />
Quelle für Störungen darstellen<br />
• Beispiele für irrationale Annahmen (und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Gegenposition):<br />
o Es ist eine irrationale Annahme, wenn man meint, es sei eine Katastrophe,<br />
wenn Umstän<strong>de</strong> und Situationen nicht nach unseren Vorstellungen gestaltet<br />
sind. Rational wäre es, problematische Zustän<strong>de</strong> durch eigene Anstrengungen<br />
zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n und, falls dies nicht möglich ist, die kognitive Dissonanz<br />
zwischen <strong>de</strong>n eigenen Wünschen und <strong>de</strong>n Tatsachen zu ertragen.<br />
o Es ist eine irrationale Annahme zu meinen, man müsse in je<strong><strong>de</strong>r</strong> Hinsicht<br />
kompetent, intelligent und perfekt sein. Rational wäre es, sich selbst als<br />
unvollständigen Menschen mit Stärken, Kompetenzen, aber auch mit Fehlern<br />
und Schwächen und bestimmten Grenzen zu sehen und zu akzeptieren.<br />
o Es ist eine irrationale Annahme zu meinen, man müsse in allen Situationen<br />
Kontrolle über interne und externe Zustän<strong>de</strong> besitzen, und man müsse<br />
diese Zustän<strong>de</strong> immer in die gewünschte Richtung beeinflussen können.<br />
Rational ist vielmehr die Annahme, dass eine Reihe von Dingen in unserem<br />
Leben vom Zufall gesteuert wer<strong>de</strong>n, dass wir aber <strong>de</strong>nnoch gut und glücklich<br />
leben können.<br />
• Die von Ellis (1962) angeführten logischen Fehler, die <strong>de</strong>n irrationalen Beliefs<br />
zugrun<strong>de</strong> liegen, sind ganz ähnlich <strong>de</strong>n „kognitiven Verzerrungen“ bei A. Beck zu<br />
sehen. Beispiele:<br />
o Alles- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nichts-Denken („Wenn ich bei einer wichtigen Aufgabe versagt<br />
habe, so ist dies ein totaler Fehler …“)<br />
o Fokussieren auf negative Aspekte („…ich kann keine positiven Dinge im<br />
Leben sehen…!“)<br />
o Nicht-Beachten positiver Aspekte („man hat mir zwar ein Kompliment<br />
gemacht, aber das war nur Freundlichkeit, um mich zu schonen…“)<br />
o Personalisieren („Ich habe es nicht gut genug gemacht, darum lachen alle<br />
über mich!“)<br />
o Perfektionismus („Ich habe etwas zwar gut gemacht, aber es müsste perfekt<br />
sein und <strong>de</strong>shalb bin ich im Grun<strong>de</strong> inkompetent!“)<br />
• „Sekundärproblematik“: Menschen lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mnach nicht nur unter Ängsten,<br />
Konflikten, Schwierigkeiten, psychischen Störungen etc., son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch unter <strong>de</strong>m<br />
Gedanken, wie schlimm dies alles ist.<br />
• Weitere Determinante für die Entstehung psychischer Störungen:<br />
o Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Erziehung, in <strong>de</strong>nen starre Rituale und Tabus vermittelt wer<strong>de</strong>n �<br />
problematisches Belief-System<br />
o Philosophie <strong><strong>de</strong>r</strong> „geringen Frustrationstoleranz“: Dies beinhaltet lediglich<br />
kurzfristigen Hedonismus und die Einstellung, dass es schlimm wäre,<br />
kurzfristig eine aversive Situation zu ertragen. Diese Position <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen<br />
Frustrationstoleranz (LFT-Problem) verstellt vielfach auch eine mögliche<br />
65
Therapie-Theorie<br />
therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, weil Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zunächst immer aversiv ist –<br />
auch wenn die langfristigen Ziele durchaus attraktiv wären.<br />
• Ziel: grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> philosophischen Einstellungen<br />
• Die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Belief-System gilt als notwendige und hinreichen<strong>de</strong><br />
Voraussetzung für eine therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (d.h. eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Komponente B im ABC-System)<br />
• Durchführung ist direktiv – <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut übernimmt gewissermaßen die Rolle eines<br />
Erziehers<br />
• Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Beziehung wer<strong>de</strong>n als wichtig, aber nicht als<br />
unabdingbar angesehen<br />
• In seiner Rolle übernimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut auch die Funktion eines rationalen Mo<strong>de</strong>lls,<br />
das <strong>de</strong>n Klienten stellenweise mit Humor, mit Beispielen und mit Analysen und<br />
Hinweisen durch <strong>de</strong>n therapeutischen Prozess begleitet<br />
• Der therapeutische Prozess beinhaltet folgen<strong>de</strong> Stufen:<br />
o Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> RET<br />
o Assesment, d.h. die Erfassung <strong>de</strong>s Belief-Systems, z.T mit Hilfe emotivprovokativer<br />
Metho<strong>de</strong>n<br />
o Disputation irrationaler Annahmen mit <strong>de</strong>m Ziel emotionaler Einsicht<br />
o Durcharbeiten zentraler Themen, Berücksichtigen von Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand<br />
o Beendigung und Vermittlung von Strategien zur Selbsthilfe<br />
• Es ist wichtig, dass die Klienten die lebensphilosophischen Annahmen und<br />
Grundpositionen <strong><strong>de</strong>r</strong> RET übernehmen, diese sind so eng mit einer „rationalen<br />
Lebensführung“ verbun<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong>en Vermittlung als entschei<strong>de</strong>nd für eine stabile<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung angesehen wird<br />
Therapietechniken<br />
• Pragmatische Grundhaltung: alle Techniken, die zur Erreichung <strong>de</strong>s Ziels dienen<br />
können (breites Spektrum von Verfahren)<br />
• Kogntive, emotive und verhaltensmäßige Verfahren<br />
Kognitive Techniken<br />
• Irrationale Denkmuster erfassen � Differenzierung und Strukturierung von bisherigen<br />
Denkmustern<br />
• Ersetzung durch eine wissenschaftliche, logische und realistische Lebensphilosophie<br />
• Disputation: unlogischer Selbstindoktrinationen<br />
• Nicht nur eine sachliche Diskussion bzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong> konkreten Sätze, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine<br />
systematisches Ankämpfen gegen die zentralen irrationalen Beliefs<br />
• Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Disputation (D): Klient soll Destruktivcharakter seiner zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n<br />
Auffassungen erkennen � Ersetzung durch alternative, rationalere Denkmuster<br />
• Hausaufgaben: Hilfe, in <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient sich selbst die Sinnlosigkeit und <strong>de</strong>n<br />
problematischen Charakter seiner Annahme vor Augen führen sollte.<br />
• Didaktisch, sokratisches Gespräch<br />
• Therapeut: stark aktive, direktive und pädagogisch-dozieren<strong>de</strong> Rolle. Die<br />
Äußerungen <strong>de</strong>s Therapeuten bestehen in einer Vermittlung von Information, in<br />
66
Auffor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zum Nachvollzug und im Extremfall in direkten Anweisungen und<br />
Befehlen an <strong>de</strong>n Klienten<br />
• Direkte Exploration <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Emotionen, <strong><strong>de</strong>r</strong> irrationalen Sätze und Annahmen<br />
• Gegensuggestion, Gegenpropaganda wird eingesetzt<br />
Weitere be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> kognitive Metho<strong>de</strong>:<br />
• Anwendung von Vorstellungstechniken: <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut kann <strong>de</strong>n Klient dazu<br />
veranlassen, eine bestimmte Aufgabe in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung zu lösen und dabei eventuell<br />
seinen bisherigen Standpunkt zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
• Verfahren <strong><strong>de</strong>r</strong> „negativen Vorstellung“:<br />
o in Gedanken in die Details eines unangenehmen, aktivieren<strong>de</strong>n Ereignisses (A)<br />
hineinzuversetzten und die dabei auftreten<strong>de</strong>n gefühlsmäßigen Konsequenzen<br />
(C) kurzfristig zu ertragen<br />
o Dann wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient dazu angeleitet, das unangehme Gefühl verstan<strong>de</strong>smäßig<br />
so zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass dabei wichtige emotionale Komponenten wegfallen.<br />
o Gelingt <strong>de</strong>m Klienten eine solche Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung, so hat er als<br />
nächstes herauszufin<strong>de</strong>n, welche kognitiven Prozesse bei ihm abgelaufen sind,<br />
die ihn eine Emotion nun als angemessener empfin<strong>de</strong>n lassen.<br />
o Der Klient sollte durch diese Technik erkennen, dass er eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
seines Gefühls durch die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung seiner irrationalen Beliefs erreicht hat.<br />
• Ähnlich: „positive Vorstellung“:<br />
o Ausgegangen wird dabei von einer unangemessenen Emotion (C ), wobei sich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Klient nun die damit verbun<strong>de</strong>nen irrationalen Beliefs vor Augen halten<br />
und disputieren sollte<br />
o Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Disputionsphase: möglichst lebhafte Vorstellung, wie sich die<br />
Gefühle verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wenn er die irrationalen Beliefs durch rationale ersetzt<br />
o Wichtig: die neuen Konsequenzen (C) wer<strong>de</strong>n als angemessen und<br />
befriedigen<strong><strong>de</strong>r</strong> erlebt<br />
• Verwendung von Büchern, Tonbän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Filmen und Diagrammen<br />
• Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik <strong><strong>de</strong>r</strong> Disputation durch das Instruktionspapier:<br />
o Enthält verschie<strong>de</strong>ne Fragen hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Rationalität und Irrationalität von<br />
Gedanken und Meinungen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen schriftlich<br />
bearbeiten sollte.<br />
o Benutzung <strong>de</strong>s ABC-Schemas und die Zuordnung eigener Gedanken und<br />
Gefühle gehört zu <strong>de</strong>n kognitiven Metho<strong>de</strong>n, anhand <strong><strong>de</strong>r</strong>er ein Klient eine<br />
rationalere Einstellung zu seinem Problem gewinnen kann.<br />
Emotive Techniken<br />
• Verfahren <strong>de</strong>s direkten Erlebens von Gefühlen<br />
• Ziel: langfristige, kognitive Umstrukturierung<br />
• Ellis, 1977: psychische Probleme eines Klienten lassen sich durch emotive Metho<strong>de</strong>n<br />
allein kaum beheben, weil sie nicht <strong>de</strong>n Kern <strong><strong>de</strong>r</strong> irrationalen Denkmuster erreichen.<br />
• Emotive Techniken bil<strong>de</strong>n einen gewissen Zugang zu <strong>de</strong>n kognitiven Problemen eines<br />
Klienten<br />
• Den Klienten als Person voll Empathie akzeptieren<br />
• Strategien <strong>de</strong>s Humors � Distanzierung von irrationalen Annahmen<br />
• Strategie <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbst-Öffnung: berichten Klienten ganz offen, dass auch sie selbst<br />
keineswegs ohne Fehler sind, weisen aber daraufhin, wie es ihnen selbst gelungen ist,<br />
diese Probleme durch rationale Disputation zu bewältigen<br />
67
• Einsatz von Sprichwörtern, Lie<strong><strong>de</strong>r</strong> und Gedichte � spielerischer Umgang mit einen<br />
Problemen (entkrampfte Haltung)<br />
• Gezielte Risikoübungen: befürchtete Konsequenzen weniger problematisch als<br />
erwartet. Zentral an diesen z.T. provokanten Übungen („shame attacking exercises“)<br />
ist das direkte emotionale Erleben unangenehmer Gefühlen – und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Abklingen im<br />
Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit<br />
Behaviorale Techniken<br />
• Üben<strong>de</strong> praktische Erfahrung, konkretes Han<strong>de</strong>ln sind wichtige Elemente in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Stabilisierung neuer Gewohnheiten<br />
• Konkrete Übungen in schwierigen Situationen führen dazu, dass eine Habituation<br />
und damit natürliche Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Kognitionen und Einstellungen erfolgt<br />
• Gestufte Übungen � verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Erwartungen<br />
• Übungen zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen, Aufgaben und Hausaufgaben spielen in <strong><strong>de</strong>r</strong> RET<br />
eine be<strong>de</strong>utsame Rolle: hier soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient zusätzlich zur Disputation lernen, dass eine<br />
verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te (rationalere) Grundhaltung dabei hilft, reale Situationen zu bewältigen<br />
• Belohnung für Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: durch entsprechen<strong>de</strong> positive Rückmeldung kann <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Klient lernen, welche rationalen Denk- und Verhaltensmuster im Sinne seiner Ziele<br />
wünschenswert und wichtig sind.<br />
• Übernahme fixer Rollen („fixed role therapy, Kelly, 1955) � Ausbruch aus starren<br />
Verhaltensmuster, Übung neuer Verhaltensmuster<br />
• Pragmatische Haltung: selbstverständlicher Rückgriff auf Metho<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m<br />
Repertoire <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong>:<br />
o Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lernens von konkreten Verhaltensmuster<br />
o Training bestimmter Fertigkeiten<br />
Anwendung und Effektivitität<br />
• Anwendung bei einem breiten Spektrum von psychischen Störungen<br />
• Effektivität in einer Reihe von Studien nachgewiesen<br />
Abschließen<strong>de</strong> Bewertungen<br />
• Wegbereiter <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
• Viele Elemente inzwischen Allgemeingut (z.B. ABC-Theorie)<br />
• Entstehung und Durchsetzung hängen in hohem Maße mit einer für die USA typischen<br />
Haltung und Lebenseinstellung zusammen<br />
• Einige Probleme sind im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Ätiologie-Theorie von Ellis zu sehen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Beliefs zum Teil axiomatisch festgehalten und propagiert wird<br />
• Streckenweise wenig prüfbar und daher ebenso problematisch sind die Annahmen<br />
über die biologischen Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Irrationalität <strong>de</strong>s Menschen<br />
Kognitive Therapie: Das Mo<strong>de</strong>ll von A.T. Beck<br />
68
• A.T. Beck: zunächst Psychoanalytiker<br />
• Unzufrie<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie <strong>de</strong>pressiver Patienten und <strong><strong>de</strong>r</strong> zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n<br />
Mo<strong>de</strong>llvorstelung (Depression als gegen sich selbst gerichtete Aggressivität)<br />
• Nach ihm ist es bei Depressionen entschei<strong>de</strong>nd, <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s <strong>de</strong>pressiven Denkens<br />
zu analysieren � Ausarbeitung eines eigenen Ansatzes, <strong>de</strong>n Beck als „Kognitive<br />
Therapie“ bezeichnet<br />
• Übernahme in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen Raum (Hautzinger, 1993)<br />
Theoretische Grundlagen<br />
• Kognitive Aspekte sind als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Komponenten einer <strong>de</strong>pressiven<br />
Entwicklung anzusehen<br />
• Unterschied zu Ellis: be<strong>de</strong>utsam <strong>de</strong>n Inhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Gedanken zu erfassen<br />
• In Ablehung zu psychoanalytischen Mo<strong>de</strong>llvorstellungen sind nach Beck diese Inhalte<br />
durchaus erfassbar (nicht unbedingt „unbewusst“)<br />
• „Kognitive Tria<strong>de</strong>“ (3 Bereiche, auf die sich die <strong>de</strong>pressiven Gedanken beziehen):<br />
Welt<br />
Selbst<br />
Zukunf<br />
t<br />
• Auch die verschie<strong>de</strong>nen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Begleiterscheinungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Depression<br />
(Antriebslosigkeit, Motivationsverlust, Suizidgedaken) können auf diese drei Bereiche<br />
bezogen wer<strong>de</strong>n<br />
• Kaum Aussagen zur Entstehung von Depressionen; hier wird zumeist ein<br />
multifaktorielles Enstehungsmo<strong>de</strong>ll angenommen (Hautzinger, 1994), in <strong>de</strong>m eine<br />
spezielle Vulnerabilität, negative Erfahrungen, erlebte Verluste etc. eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle spielen<br />
• Aufrechterhaltung und Stabilisierung durch kognitive Mechanismen und ihren<br />
Interaktionen mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Ebenen (Beck)<br />
Therapie-Theorie<br />
• Ziel: Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> gedanklichen Muster<br />
• Notwendig: herausarbeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Muster und ihrer Verzerrungen<br />
• Komponenten:<br />
o Klärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Attribution <strong>de</strong>s Patienten: Kausalattributionen und<br />
Kontrollattribution (Schon in dieser Phase sollte <strong>de</strong>m Patienten ein plausibles<br />
Mo<strong>de</strong>ll für Entstehung und Aufrechterhaltung seiner problematischen<br />
69
Erwartungen vermittelt wer<strong>de</strong>n � Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hilflosigkeit und<br />
Demoralisierung<br />
o Analyse dysfunktionaler Schemata: dabei han<strong>de</strong>lt es sich um kognitive<br />
Strukturen, die die Wahrnehmung und das Erleben <strong><strong>de</strong>r</strong> Person strukturieren.<br />
Die Schemata sind zumeist stark automatosiert (gewissermaßen die „Brille“,<br />
durch die <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient sich selbst, die Welt und die Zukunft sieht). Sie sind im<br />
therapeutischen Prozeß speziell dann zugänglich, wenn sich verschie<strong>de</strong>ne<br />
Konsistenzen (im Sinne zentraler „beliefs“) über verschie<strong>de</strong>ne Situationen<br />
hinweg zeigen).<br />
o „kognitive Fehler“: <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient macht – speziell in emotional be<strong>de</strong>utsamen<br />
Situationen – offenbar ganz typische kognitive Fehler. Beck hat verschie<strong>de</strong>ne<br />
dieser Fehler benannt, sie sollten allerdings im Sinne einer heuristischen<br />
Bezeichnung gesehen wer<strong>de</strong>n. Wichtig ist vielmehr, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient im Laufe<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie lernt, die Fehler zu i<strong>de</strong>ntifizieren, sie auf ihre Validität hin zu<br />
prüfen und sie schließlich durch zielführen<strong>de</strong> Denkmuster zu ersetzen<br />
Beispiele für kognitive Fehler:<br />
1. Willkürliches Schließen: Spezielle Schlussfolgerungen ohne ausreichen<strong>de</strong> Evi<strong>de</strong>nz<br />
2. Selektive Abstraktion: Bezug auf Details aus einer komplexen Situation, ohne Kontext<br />
3. Übergeneralisierung: Entwicklung einer allgemeinen Regel auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage<br />
unzureichen<strong><strong>de</strong>r</strong> Information o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund eines einzelnen,<br />
isolierten Ereignisses<br />
4. Personalisierung: Bezug von Ereignissen auf sich selbst, ohne dass es dafür klare<br />
Hinweise gibt<br />
5. Dichotomes Denken: Denken in Alles-o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nichts-Kategorien ohne Abstufungen, wie<br />
sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität gegeben sind, <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient ordnet sich selbst<br />
zumeist am Rand <strong>de</strong>s negativen Spektrums an<br />
• Therapeutische Interaktion: Klient wird als gleichberechtigter Partner gesehen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
selbst <strong><strong>de</strong>r</strong> Experte für seine Probleme ist<br />
• Enge Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Klient<br />
• Aktive Beteilung ist eine unbedingte Voraussetzung<br />
• Während es bei Ellis stärker am Therapeuten liegt, die kognitiven Fehler<br />
herauszufin<strong>de</strong>n, ist dies bei Beck eine gemeinsame Aufgabe<br />
• Unterschied zu Meichenbaum (1974): Kognitionen eher in ihrem funktionalen Kontext<br />
gesehen. Bei Beck spielen die Be<strong>de</strong>utungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gedanken, d.h. <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhalt u.z. im je<br />
individuellen System eines Patienten, die ausschlaggeben<strong>de</strong> Rolle für die Entstehung<br />
und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> psychischen Störung<br />
Therapeutische Techniken<br />
• Beginn: Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong> theoretischen Grundlagen <strong>de</strong>s kognitiven Depressions-<br />
Mo<strong>de</strong>ll � Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmotivation<br />
• Gewissen Abfolge: erst verhaltenstherapeutische Strategien, dann kognitive<br />
• Enger Verzahnung verhaltensmäßiger und kognitiver Strategien<br />
• Verhaltensmäßige und kognitive Strategien wer<strong>de</strong>n durchaus aktiv und direktiv<br />
eingesetzt, um eine als zentral erachtete kognitive Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung hervorzurufen<br />
(A) Interventionen auf Verhaltensebene<br />
1. Graduierte Aufgabenstellung/ Erfolgstherapie<br />
70
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie und durch Hausaufgaben<br />
• Ziel: Durchbrechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Inaktivität und Passivität <strong>de</strong>s Klienten bis zum<br />
erreichen eines adäquaten Aktivitätsniveaus<br />
• Wichtig: konkrete Erfolge erleben<br />
• Benennung einer Anzahl von Aktivitäten, die nach und nacjh mehr Zeit und<br />
Aufwand erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n und komplexer wer<strong>de</strong>n<br />
• Sinnvoll: begleiten<strong>de</strong> Kognitionen registrieren lassen � sichtbar machen, wie<br />
einzelne Kognitionen die Erfolge unterhöhlen und subjektiv zunichte machen<br />
� konkrete Erfahrung <strong>de</strong>s Zusammenhangs von Kognitionen und vErhalten<br />
2. Planen und Durchführen von (erfreulichen) Aktivitäten<br />
• Wichtig: Eigenaktivitäten entwickeln<br />
• Ein Aktivitätsplan hilft <strong>de</strong>m Klienten, <strong>de</strong>n Tag zu strukturieren<br />
• Depressive wi<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen sich häufig en Ansätzen zur Aktivierung und es ist <strong>de</strong>shalb<br />
von entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung, für die Aktivierung eine Reihe von Anreizen zu<br />
setzten<br />
• Aufgaben sind zu erledigen, nicht weil sie Freu<strong>de</strong> machen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um die<br />
Unzufrie<strong>de</strong>nheit zu reduzieren<br />
• Bei Klienten mit einem insgeamt hinreichen<strong>de</strong>n Aktivitätsniveau: Schaffung eines<br />
ausgewogenen Verhältnis von erfreulichen (verstärken<strong>de</strong>n) und weniger erfreulichen<br />
(aber notwendigen) Aufgaben<br />
3. Mastery und Pleasure-Therapie<br />
• Verlust von Verstärkerwirksamkeit: prinzipiell erfreuliche Erfahrungen wer<strong>de</strong>n von<br />
Depressiven nicht mehr als solche erlebt<br />
• Theorie von Beck:<br />
o Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärkerwirksamkeit auf kognitive Einstellungen zurückzuführen<br />
o Buchführung: Aufgaben die gemeistert wur<strong>de</strong>n mit einem M (mastery), solche<br />
die Spaß gemacht haben, mit einem P (pleasure) gekennzeichnet<br />
o Beck berichtet, dass <strong>de</strong>pressive sich erst auf diese Weise ihrer positiven<br />
Erfahrungen bewusst wer<strong>de</strong>n, was ein Gefühl <strong><strong>de</strong>r</strong> Zufrie<strong>de</strong>nheit nach sich<br />
zieht.<br />
(B) Kognitive Interventionen<br />
1. Sammeln und Aufzeichnen automatischer Gedanken<br />
• Automatische Gedanken: Interpretationen eigener Fähigkeiten, von Ereignissen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Umwelt o<strong><strong>de</strong>r</strong> Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft (� kognitive Tria<strong>de</strong>). Diese automatischen<br />
Gedanken wer<strong>de</strong>n als Ursache für die Entstehung und Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Depression gesehen. Sie sind:<br />
o Stereotyp<br />
o Irrational<br />
o Voller kognitiver Verzerrungen<br />
• Auftreten<strong>de</strong> automatische Gedanken � unangenehmes Gefühl<br />
• Sammlung von Gedanken � Bewusstwerdung von Selbstverbalisationen und <strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Gefühlen<br />
71
• Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Sammlung:<br />
o Festgesetzte Zeiten an sie zu <strong>de</strong>nken � aufschreiben<br />
o Zum Zeitpunkt gravieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Missstimmung/ Depression<br />
o Erfassung in Abhängigkeit von auslösen<strong>de</strong>n (internen o<strong><strong>de</strong>r</strong> externen)<br />
Situationen. Die Gedanken sollten dann schriftlich festgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
o In <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Sitzung<br />
• Klient soll Gedanken als psychische Wirklichkeiten erkennen. Der Therapeut soll<br />
darauf hinweisen, dass die Gedanken unrealistisch und vorwiegend negativ sind.<br />
2. Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong>de</strong>n Gedanken/ Zwei-Spalten-Technik<br />
• Hausaufgaben: rationale Antwort auf irrationale Gedanken<br />
• Schema: links die Kognition (automatischer Gedanke), rechts rationale Antwort<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie lernen: möglichst viele Antworten auf seine Kognitionen geben zu<br />
können<br />
• Diese Zwei-Spalten-Technik führt <strong>de</strong>m Klienten auch vor Augen, dass es mehrere<br />
Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit automatischen Gedanken gibt �<br />
zusätzliche Spalte: Uminterpretation <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n Ereignisse<br />
• Fragen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong>de</strong>n automatischen Gedanken durch <strong>de</strong>n<br />
Therapeuten:<br />
o Worin besteht die Evi<strong>de</strong>nz für <strong>de</strong>n Gedanken?<br />
o Welches sind alternative Interpretationen <strong>de</strong>s Ereignisses?<br />
o Welches wäre die Folge, wenn das Belief zutrifft?<br />
• Klient soll sich durch die letzte Frage mit <strong>de</strong>n Konsequenzen von Gedanken<br />
auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen � Katastrophengedanken � realistische Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgen<br />
• Veranlassung zur realistischen Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>s traumatischen)<br />
Ereignissen<br />
• Bei hinreichen<strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl von Kognitionen wer<strong>de</strong>n diese zu einzelnen Themen<br />
zusammengefasst � herauskristallisieren <strong>de</strong> kognitiven Verzerrungen, je<strong>de</strong> Kognition<br />
kann vom Klienten auf logische Fehler in ihrer Entwicklung untersucht wer<strong>de</strong>n<br />
(Angabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Art <strong>de</strong>s Fehlers)<br />
3. Austesten von Kognitionen<br />
• Strategie zur Modifikation problematischer Kognitionen:<br />
o Unterscheidung von Vorstellung und Fakten:<br />
� Gedanken sind kein Abbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität<br />
� Lernen zu unterschei<strong>de</strong>n zwischen Tatsachen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung durch<br />
Gedanken<br />
o Überprüfen von Beobachtung: Die Interpretation und Urteile <strong>de</strong>s Klienten<br />
sollten direkt und konkret auf ihre Genauigkeit und Vollständigkeit an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Realität überprüft wer<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s zu achten ist auf „willkürliche<br />
Schlussfolgerungen“<br />
• Austesten von Kognitionen: Kombination kognitiver und verhaltensorientierter<br />
Strategien: Durch eine direkte Konfrontation in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient prüfen,<br />
ob seine Kognitionen auch gerechtfertigt sind<br />
• Ein bisher „geschlossenes“ System eines <strong>de</strong>pressiven Menschen beginnt sich zu<br />
öffnen, wenn er seine Denkmuster i<strong>de</strong>ntifiziert hat und Antworten auf seine<br />
Kognitionen gibt.<br />
72
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle: I<strong>de</strong>ntifikation von kognitiven Schemata, d.h. <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Strukturen,<br />
die die verzerrte Wahrnehmung und kognitive Verarbeitung von Ereignissen<br />
bedingen. Der Klient sollte damit lernen, nicht nur einzelne Situationen präzise und<br />
korrekt zu beurteilen, er sollte vielmehr eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung seiner dysfunktionalen<br />
Schemata vornehmen<br />
4. Umattribution<br />
• Kognitive Muster führen zu Selbstschuldzuweisungen und Verantwortung �<br />
Blindheit gegenüber Zufall o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schuld an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
• Wenn die verzerrten Gedankenmuster i<strong>de</strong>ntifiziert sind � Auflistung und<br />
Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Faktoren, die zu <strong>de</strong>n Situation beigetragen haben könnten<br />
• Umattribution soll <strong>de</strong>n Klienten dazu veranlassen, seine eigenen Wünsche und<br />
Bedürfnisse zu i<strong>de</strong>ntifizieren und sie in Abwägung mit Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Personen zu realisieren<br />
• Attribution stellt im Prinzip einen ganz wichtigen Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie dar � wichtig für<br />
Therapieerfolg<br />
5. Aufbau von Erwartungen<br />
• Grundsätzlich pessimistische Vorhersagen<br />
• Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Kognitionen<br />
• Variablen ausfindig machen, die eine positive Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft<br />
ermöglichen<br />
• Annahmen sind durch die Lerngeschichte sehr stabil uns Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bedürfen großer<br />
Anstrengung von Seiten <strong>de</strong>s Therapeuten<br />
• Kognitive Verzerrungen zeigen im Verlauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie unterschiedliche Merkmale,<br />
Beck unterschei<strong>de</strong>t 3 Dimensionen:<br />
o Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit:<br />
� Miss<strong>de</strong>utung einer gegenwärtigen Erfahrung<br />
� Miss<strong>de</strong>utung vergangener und gegenwärtiger Ereignisse<br />
� Miss<strong>de</strong>utung zukünftiger Ereignisse, in<strong>de</strong>m vergangene und<br />
gegenwärtige Einstellungen extrapoliert wer<strong>de</strong>n<br />
o Generalisierung:<br />
� Grad an Verallgemeinerung: Ein Einzelereignis wird hier als allgemein<br />
gültig und unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>bar angesehen, wobei sich das Selbstbild <strong>de</strong>s<br />
Klienten immer mehr verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
o Gewissheit:<br />
� Hält stabil an seinen Ansichten und Schlussfolgerungen fest<br />
� Aufgrund seiner Kognitionen macht er problematische<br />
Lernerfahrungen<br />
� Die Gewissheit, mit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient an seinen selbst<strong>de</strong>struktiven<br />
Gedanken festhält, verhält sich proportional zur Intensität <strong><strong>de</strong>r</strong> Störung<br />
Anwendungen/ Effektivität<br />
• Die kognitive Sichtweise hat zur Ausdifferenzierung von psychologischen<br />
Interventionsverfahren geführt<br />
73
• Bewährter Ansatz durch Einzelstudien, multizentrischen Studien und Metaanalysen<br />
(Grawe et al., 1994) nachgewisen<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Verdienst: die Be<strong>de</strong>utung kognitiver Variablen für die Ätiologie,<br />
Aufrechterhaltung und Therapie differenziert zu haben<br />
• Der Rückgriff auf unterschiedlichen Ebenen macht eine differentielle Einschätzung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Elemente schwierig<br />
• Anwendung:<br />
o Depressionen<br />
o Angst- und Panikstörungen<br />
o Persönlichkeitsstörungen<br />
o Esstörungen<br />
o Schizophrene Störungen<br />
o Abhängigkeitserkrankungen<br />
• Elemente <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Therapien wer<strong>de</strong>n heute als Bestandteile <strong>de</strong>s Vorgehens bei<br />
vielen psychischen Störungen als unabdingbar erachtet (z.B. Zwangsstörungen,<br />
Schizophrenie, Abhängigkeitserkrankungen, Suizidalität, Hypochondrie)<br />
Kognitive <strong>Verhaltenstherapie</strong> (Donald Meichenbaum)<br />
• Kognitive Verhaltensmodifikation („cognitive behavior modification“)<br />
• Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache in ihrer Funktion für die Regulation menschlichen Han<strong>de</strong>lns<br />
(„innerer Monolog“)<br />
• Meichenbaum (1986): Differenzierung und Präzisierung für <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
„Kognitionen“:<br />
o Kognitive Ereignisse sind i.d.R bewusste Gedanke und Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
� Erwartungen<br />
� Attribution<br />
� Schemata<br />
o Sie machen das aus, was Meichenbaum als „inneren Dialog“ bzw. „inneren<br />
Monolog“ bezeichnet. Die sprachlich formulierten Gedanken sind nicht nur<br />
mit <strong>de</strong>n Gedanken, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n natürlich auch mit Emotionen eng verknüpft<br />
o Kognitive Prozesse beinhalten Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationsverarbeitung<br />
(theoretische Strukturen, die nicht direkt beobachtbar sind):<br />
� Aufmerksamkeit<br />
� Bewertung bestimmter Wahrnehmungen<br />
� Speicherung im Gedächtnis<br />
o Kognitive Strukturen sind Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Sichtweise und<br />
Konstruktion <strong><strong>de</strong>r</strong> äußeren und inneren Welt. Kelly (1969) versteht darunter<br />
„persönliche Konstrukte“, diese haben eine wichtige selektive Filterfunktion.<br />
Konstrukte beinhalten auch affektive Informationen.<br />
• Grundlagen: entwicklungspsychologische Arbeiten von Luria (1945) und Vygotsky<br />
(1934): Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache für die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> gedanklichen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Handlungsrolle. Externe sprachliche Instruktionen dienen <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerung <strong>de</strong>s<br />
Verhaltens. Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung wer<strong>de</strong>n diese Instruktionen von <strong>de</strong>n Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
selbst übernommen und dienen später – als Begleitphänomene <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns – zur<br />
Steuerung <strong>de</strong>s eigenen Verhaltens.<br />
Selbstinstruktions-Training<br />
74
• Hilfestellung für impulsive, hyperaktive und aggressive Kin<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
• Sprache als Möglichkeit zur Steuerung <strong>de</strong>s Verhaltens<br />
• 5 Schritte:<br />
o Mo<strong>de</strong>llernen: Ein Erwachsener führt unter lautem Sprechen eine Aufgabe<br />
durch<br />
o Das Kind versucht anschließend dieselbe Aufgabe zu lösen, in<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n<br />
lauten Instruktionen <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls folgt (offene externe Anleitung)<br />
o Das Kind bewältigt die Aufgabe, in<strong>de</strong>m es sich die Instruktionen selbst laut<br />
erteilt (offene Selbstanleitung)<br />
o Das Kind führt die Aufgabe durch, wobei es sich flüsternd instruiert<br />
(ausblen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> offene Selbstanweisung)<br />
o Das Kind führt die Aufgabe durch, wobei es sich flüsternd instruiert<br />
(ausblen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> offene Selbstanweisung)<br />
o Das Kind geht die Aufgabe durch und lenkt dabei sein Verhalten durch<br />
lautlose Selbstverbalisation (ver<strong>de</strong>ckte Selbstinstruktionen)<br />
• Die einzelnen Instruktionen beinhalten:<br />
o Eine Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgabe<br />
o Einzelne Schritte <strong><strong>de</strong>r</strong> Planung und <strong>de</strong>s Probierens<br />
o Eine Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung einzelner Schritte zur Lösung <strong>de</strong>s<br />
Problems<br />
o Selbstverstärkung<br />
• Einsatz bei einer Reihe kindlicher Verhaltensstörungen:<br />
o Bewältigung von Konfliktsituationen<br />
o Problemlösetechnik in Form eines Selbstinstruktionstrainings (D’Zurilla &<br />
Goldfried, 1971)<br />
o Aufmerksamkeitstraining für impulsive Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> (Wagner, 1976)<br />
o „Schildkrötentechnik“ für impulsiv-aggressive Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> (Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong> et al., 1975)<br />
o „Think aloud-program“ (Camp et al., 1981)<br />
• Notwendig: Kooperation von Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n � nicht „verordnen“<br />
• Einbettung in komplexe Treatments<br />
• Zum erlernen solcher „Meta-Kognitionen“ gibt Meichenbaum (1986) folgen<strong>de</strong><br />
Richtlinien:<br />
o Analyse <strong>de</strong>s Zielverhaltens. Voraussetzung: Verhaltens- und situationale<br />
Analyse, I<strong>de</strong>ntifizieren <strong><strong>de</strong>r</strong> Komponenten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Voraussetzungen, die für das<br />
Zielverhalten notwendig sind<br />
o Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> vorhan<strong>de</strong>nen Fertigkeiten eines Klienten, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verhaltensfähigkeiten, affektbezogener Gedanken, Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>, Gefühle, die einer<br />
Durchführung im Wege stehen könnten<br />
o Zusammenarbeit: Stelle sicher, dass Klient und Therapeut in <strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse und<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Problems zusammenarbeiten. Dies gilt auch für die<br />
Durchführung, für die Evaluation und für die Umsetzung <strong>de</strong>s<br />
Trainingsmanuals<br />
o Wähle die Aufgaben sehr sorgfältig aus; mache die Übung möglichst ähnlich<br />
<strong>de</strong>m Kriterium<br />
o Stelle sicher, dass die Fähigkeiten im Repertoire <strong>de</strong>s Klienten vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind; lehre dann <strong>de</strong>n Klienten metakognitive und Planungsfertigkeiten<br />
o Stelle sicher, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient Feedback über die Trainingsmaßnahmen erhält<br />
o Überlege genau, welche Gesichtspunkte für eine Generalisierung notwendig<br />
sind; Generalisierung sollte nicht erwartet, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n geplant wer<strong>de</strong>n!<br />
75
o Wenn immer dies möglich ist, so trainiere das Verhalten in mulitplen Settings<br />
mit unterschiedlichen Aufgaben und Therapeuten. Klienten sollten schrittweise<br />
mit immer schwierigeren Aufgaben umgehen lernen (in <strong><strong>de</strong>r</strong> Klinik und in vivo)<br />
o Antizipiere und überlege mögliche und wirkliche Fehler eines<br />
Trainingsprogrammes<br />
o Die Beendigung <strong>de</strong>s Trainingsprogramms sollte auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> Fertigkeiten,<br />
nicht auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis einer bestimmten Zeit überlegt wer<strong>de</strong>n; überlege und plane<br />
Booster-Sessions, Follow-Up und Nachkontrollen<br />
• Effektivität:<br />
o Explizite Untersuchung dieses Trainingselements relativ schwierig<br />
o Positive Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung und Verbesserungen in einer Reihe unterschiedlicher<br />
Parameter<br />
Stress-Impfungstraining (Meichenbaum, 1977)<br />
• Existenz weiterer Stressbewältigungsmo<strong>de</strong>llen<br />
o Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage <strong>de</strong>s kgnitiven Stressmo<strong>de</strong>lls von Lazarus (1966) wur<strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>ne Trainings zur Stressbewältigung entwickelt:<br />
� Angstbewältigungstraining (Suinn et al. 1971)<br />
� Selbstkontrolltraining (Goldfried, 1971)<br />
• Stress-Impfungstraining nach Meichenbaum (1977): Verfahren zur Bewältigung von<br />
Stresssituationen<br />
• Impfung: Anlehnung an das biologische Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Immunreaktion: Durch eine<br />
Impfung wer<strong>de</strong>n Schutzreaktionen <strong>de</strong>s Immunsystem gegen zukünftige belasten<strong>de</strong><br />
Einflüsse aufgebaut<br />
• Ähnlich: Erwerb von Strategien zur Bewältigung schwieriger Situationen, als eine<br />
Möglichkeit, auch zukünftig mit belasten<strong>de</strong>n Situationen umzugehen<br />
• Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen Belastung lässt sich durch frühzeitiges Lernen in schwierigen<br />
Situationen vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, so dass spätere Belastungssituationen keine so gravieren<strong>de</strong>n<br />
traumatischen Auswirkungen haben<br />
• 3 Schritte:<br />
o Informationsphase<br />
o Übungsphase<br />
o Anwendungsphase<br />
1. Informationsphase<br />
• Ziel:<br />
i. Klares Verständnis für Entstehung und Aufrechterhaltung von<br />
Stressreaktionen, Ängste, Ärger und Probleme<br />
ii. Detaillierte Problemanalyse (Gedanken bei belasten<strong>de</strong>n Situationen)<br />
• Darstellung <strong>de</strong>s Prinzipis <strong><strong>de</strong>r</strong> emotionalen Erregung bei Schachter (1966):<br />
i. Demnach können für intensive Emotionen 2 Komponenten als<br />
ausschlaggebend angesehen wer<strong>de</strong>n, nämlich:<br />
1. eine erhöhte unspezifische physiologische Erregung und<br />
2. eine Reihe von Gedanken, die zur inhaltlichen Bewertung, zur<br />
„Färbung“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Emotionen beitragen<br />
• Verständnis wie Gedanken zur Aufschaukelung von Stress und negativen<br />
Emotionen beitragen<br />
76
• Selbstverbalisation bil<strong>de</strong>n eine wesentliche Komponente <strong>de</strong>s kognitiven<br />
Anteils im Umgang mit Streß- und Belastungssituationen<br />
• Wenn es gelingt, diese Selbstinstruktionen zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, tritt ebenfalls eine<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s autonomen Anteils und <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten Emotion ein<br />
• Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverbalisation: Differenzierung<br />
zwischen Streß-, Angst- und Ärgerreaktionen<br />
2. Übungsphase<br />
• Sammeln von Informationen über eine problematische Situation und eigener<br />
Stressreaktionen<br />
• Erlernen von Bewältigungsreaktionen, speziell im Bereich von Entspannungstrainings<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig: kognitive Bewältigungsreaktionen<br />
• Der Prozeß lässt sich in 4 zeitlich überlappen<strong>de</strong> Schritte einteilen:<br />
o Vorbereitung auf einen Stressor (Orientierung: „Was ist als nächstes zu tun?“)<br />
o Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation mit <strong>de</strong>m Stressor (Erinnerung, was angesichts einer<br />
stressigen Situation zu tun ist: „Du kannst mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung fertig<br />
wer<strong>de</strong>n!“)<br />
o Phase <strong>de</strong>s Gefühls, überwältigt zu wer<strong>de</strong>n (Vorwegnahme <strong>de</strong>s Ernstfalls:<br />
„Konzentriere dich auf das wesentliche!“)<br />
o Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverstärkung (Selbstverstärkung soll dazu dienen, das<br />
Bewältigungsverhalten im Repertoire <strong><strong>de</strong>r</strong> Person zu stabilisieren: „Es hat<br />
geklappt!“)<br />
• die wirksamsten Bewältigungsstrategien wer<strong>de</strong>n üblicherweise vom Klienten selbst<br />
entwickelt (z.B. im Rahmen von Hausaufgaben) � Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> Sätze nicht starr festlegen!<br />
• Kleine schriftliche Unterlagen („Zettel“ in einer Brieftasche; Notizen im Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong> usw.)<br />
häufig hilfreich<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungsphase wird vom Therapeuten üblicherweise eine leichte Stresssituation<br />
hergestellt; <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient kann in dieser Situation konkret üben, wie er Selbstinstruktionen<br />
zur Bewältigung einsetzt � in Absprache mit Klienten<br />
3. Anwendungsphase<br />
• Ziel: Erprobung in realen Situationen; Vermittlung einer gewissen Flexibilität im<br />
Umgang mit realen Problemsituationen<br />
• Gestufte Stresssituationen: Einsatz von Selbstverbalisationen<br />
• Reale Situationen: komplexer, schwerer kontrollierbar als Übungssituationen<br />
• Meichenbaum geht davon aus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient in <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungsphase<br />
Bewältigungsreaktionen erlernt, die für reale Belastungen eine gewisse schützen<strong>de</strong>,<br />
immunisieren<strong>de</strong> Wirkung ausübt<br />
• Stress sollte i<strong>de</strong>alerweise nicht mehr dyfunktionale (bisher automatisierte) Gedanken<br />
auslösen, die die Stresssituation aufschaukeln, durch kontinuierliche Übung wer<strong>de</strong>n<br />
die neu erworbenen Selbstverbalisationen nun automatisiert<br />
• Theoretische und empirische Begründung <strong>de</strong>s Ansatzes:<br />
o Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestrafung: Aversive Reize (Stresssituationen) mit <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Organismus häufig konfrontiert war, lösen <strong>de</strong>utlich geringere emotionale<br />
Reaktionen aus als Neue (Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Habituation).<br />
o Bei früheren Konfrontationen mit aversiven Reizen hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Organismus<br />
entsprechen<strong>de</strong> Bewältigungsreaktionen erlernt, die nunmehr eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
und zu einer Reduktion <strong>de</strong> emotionalen Belastung beitragen<br />
77
Anwendung und Bewertung <strong>de</strong>s Ansatzes<br />
• Ursprünglich: Kontrolle von Stress- und Belastungssituationen<br />
• Inzwischen: breite Anwendung und Evaluation, z.B. Bewältigung problematischer<br />
Ärger-Reaktionen, bei Angststörungen<br />
• 2 Bereiche beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s heraiszugreifen:<br />
o Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensmedizin: Beispiele: Vorbereitung auf chirurgische<br />
Eingriffe (Kendall et al., 1979), Schmerzbewältigung<br />
o Präventiv bei unterschiedlichen Berufsgruppen:<br />
� Personen im Gesundheits- und Sozialsystem<br />
� Personen in Lehrberufen<br />
� Polizisten<br />
� Fallschirmspringer<br />
� Sportler � Sportpsychologie<br />
� Bewältigung kritischer Lebensereignisse � Umweltkatastrophen,<br />
traumatische Belastungen<br />
• Der Ansatz ist z.T sehr komplex und die Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkfaktoren <strong>de</strong>s Trainings ist<br />
alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e als einfach<br />
• Sowohl das Selbstinstruktionstraining als auch das Stress-Impfungs-Training lassen<br />
sich einfach und effizient in komplexe Therapieprogramme integrieren<br />
• Vor allem für Praktiker akzeptabel und nützlich<br />
Problemlösen als kognitive Therapieverfahren (D’Zurilla & Goldfried)<br />
• Patienten mit psychischen Problemen in spezifischen Problemlösefertigkeiten<br />
trainieren<br />
• Die Begründung für dieses Vorgehen bil<strong>de</strong>ten Studien, nach welchen psychiatrischen<br />
Patienten ein Defizit an Fähigkeiten zur Lösung praktischer und lebensnaher<br />
Problemstellungen haben<br />
• An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Klienten verfügen zwar über ein sozial adäquates Repertoire von<br />
Verhaltensweisen, es mangelt ihnen doch an selbständigen Problemlösefähigkeiten.<br />
Ziel: Fertigkeiten zur selbständigen Lösung von Problemen trainieren<br />
• Training in allgemeiner Problemlösestrategien � möglichst verschie<strong>de</strong>ne,<br />
komplexe Schwierigkeiten <strong>de</strong>s alltäglichen Lebens selbständig meistern<br />
• Geht nicht um Vermittlung spezifischer Verhaltensweisen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um das Einüben<br />
von Strategien, die zur Lösung unterschiedlicher Probleme einsetzbar sind<br />
Theoretische Grundlagen<br />
• Befun<strong>de</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinen und kognitiven Psychologie (Newell & Simon, 1972)<br />
Problem:<br />
Lebenssituation, die vom Individuum effizientes Han<strong>de</strong>ln verlangt, für die die Person aber<br />
zumin<strong>de</strong>st kurzfristig keine entsprechen<strong>de</strong>n Reaktionen zur Verfügung hat � Diskrepanz<br />
zwischen „IST“ und „SOLL“-Zustand.<br />
78
Problemlösen:<br />
Prozeß, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf eine Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> in einer Problemsituation gegebenen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
abzielt.<br />
Kognitive, affektive und verhaltensmäßige Strategien:<br />
• Das Problem kann für <strong>de</strong>n Patienten darin bestehen, dass er nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage ist, einen<br />
Ausgangszustand klar und präzise zu analysieren<br />
• Die Schwierigkeit besteht eventuell darin, dass keine präzise Vorstellung über <strong>de</strong>n<br />
Zielzustand vorliegen<br />
• Probleme können auch dadurch charakterisiert sein, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient zwar über <strong>de</strong>n<br />
Ausgang- und Zielzustand klare Vorstellungen hat, dass er aber nicht über die Mittel<br />
(Metho<strong>de</strong>n) verfügt, um eine Überführung zu bewerkstelligen<br />
Lösung:<br />
Einzelne Reaktionen o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein ganzes Muster an Reaktionen, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sind, eine<br />
Problemsituation so zu transferieren, dass sie von <strong><strong>de</strong>r</strong> Person nicht mehr als Problem<br />
angesehen wird<br />
I<strong>de</strong>almo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Problemlösens<br />
D’Zurilla & Goldfried, 1971<br />
Problemlöseprozess als Abfolge folgen<strong><strong>de</strong>r</strong> Stufen:<br />
• Allgemeine Orientierung<br />
• Beschreiben <strong>de</strong>s Problems<br />
• Erstellen von Alternativen<br />
• Treffen einer Entscheidung<br />
• Anwendung und Überprüfung<br />
1. Allgemeine Orientierung<br />
• I<strong>de</strong>ntifikation einer Situation als „Problem“<br />
• Akzeptieren, dass Probleme zum täglichen Leben gehören<br />
• Rasch und sensibel erkannt und nicht übergangen wer<strong>de</strong>n; eigene emotionale<br />
Reaktionen können dabei ein Hinweis auf solche Probleme sein<br />
• Ineffektive Reaktionen („automatisches Reagieren“) sollten ausbleiben, weil<br />
überstürztes Reagieren eine effiziente Problemlösung erschwert. Dies schließt zum<br />
Beispiel das kurzfristige Ertragen einer unangenehmen Problemsituation mit ein<br />
• Merkmal <strong><strong>de</strong>r</strong> Orientierungsphase: Problem als eine Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung und nicht als<br />
Bedrohung zu sehen (Lazarus & Folkmam, 1984)<br />
2. Beschreibung <strong>de</strong>s Problems<br />
• Präzise Beobachtung und Erfassung einzelner Bestandteile einer Problemsituation<br />
(möglichst von mehreren Standpunkten aus)<br />
79
• Trennung von relevanten uns irrelevanten Informationen; Unterscheidung in<br />
vorranginge und nachrangige Problembereiche<br />
3. Entwickeln von Alternativen<br />
• Entwicklung möglichst vieler Lösungen<br />
• Noch keine Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Lösungsmöglichkeiten � „Brainstorming“<br />
(Osborn, 1963)<br />
o Kritik und Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> I<strong>de</strong>en sollte unterbleiben<br />
o Ausgefallene und „verrückte“ I<strong>de</strong>en sind erwünscht<br />
o Quantität statt Qualität<br />
o Kombination bzw. Verbesserung möglicher Lösungen sind erwünscht<br />
• Merkmale <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Flexibilität und Variation besoners be<strong>de</strong>utsam<br />
4. Treffen einer Entscheidung<br />
• Auswahl nach Optimierungsprinzipien<br />
• Grundlage: Bestimmung <strong>de</strong>s Nutzens einer Strategie im Hinblick auf die<br />
Zielvorstellungen <strong>de</strong>s Klienten � langfristige Folgen wer<strong>de</strong>n berücksichtigt<br />
(komplexer Prozess)<br />
• Die Kombination <strong>de</strong>s Wertes mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Auftrittswahrscheinlichkeit können in einer<br />
Matrix festgehalten wer<strong>de</strong>n, so dass ein Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen Alternativen<br />
möglich wird<br />
• Grundlage: Theorie <strong>de</strong>s erwarteten Nutzens (Edwards, 1961), nach <strong><strong>de</strong>r</strong> das<br />
Wahlverhalten einer Person auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage einer rationalen Analyse von Kosten<br />
und Gewinn erfolgen sollte.<br />
• Vollzug schwierig � neue Probleme bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung<br />
5. Anwendung und Überprüfung<br />
• Überprüfung, ob sich die gewählte Alternative als so zielführend herausstellt, wie dies<br />
angenommen wor<strong>de</strong>n ist<br />
• Im Fall einer suboptimalen Lösung: Schritt <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkoppelung und ein neuer<br />
Durchlauf<br />
• Möglichst viele Konsequenzen eines neuen Verhaltens beobachten und registrieren,<br />
damit die Effektivität neuer Problemlösungen beurteilt wer<strong>de</strong>n kann<br />
Beschreibung <strong>de</strong>s Problemlöseprozesses:<br />
• I<strong>de</strong>alisierung<br />
• Orientierungshilfe für die Praxis<br />
• Rückkoppelungsschleifen wichtig � mehrfach durchlaufen<br />
Einsatz von Problemlösen bietet sich unter 2 Gesichtspunkten an:<br />
(1) als eine spezielle Therapiemaßnahme (eingebettet in Therapieprogramm)<br />
(2) gesamtes Verhaltenstherapeutisches Verfahren unter Problemlöseperspektive sehen<br />
(Kognitive Restrukturierung, Strategien zur Angstbewältigung,<br />
80
Anwendung:<br />
Selbstkontrollstrategien) Hier bietet Problemlösen ein Meta-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s<br />
therapeutischen Prozesses.<br />
• breites Spektrum von Stötungsbil<strong><strong>de</strong>r</strong> (Agoraphobien, Depressionen, …), zu speziellen<br />
Prblemstellungen (Gewichtskontrolle, Partnerprobleme, Stressprobleme, Soziale<br />
Defizite), sowie zu klinischen Gruppen (Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>, Jugendliche, Erwachsene,<br />
psychiatrische Patienten…)<br />
Kognitionen, Emotionen und Verhalten im Problemlösen<br />
Der Prozeß <strong>de</strong>s Problemlösens darf nicht als rein intellektueller Prozeß verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n besteht aus einer engen Vernetzung von kognitiven, emotionalen und<br />
verhaltensmäßigen Prozessen.<br />
Kognitive Aspekte<br />
• kognitive Fähigkeiten notwendig<br />
• sog. „Metakognitive Fähigkeiten“ im Sinne einer allgemeinen Orientierung, d.h. eine<br />
allgemeine Einstellung, dass Schwierigkeiten zum Ablauf <strong>de</strong>s menschlichen Lebens<br />
gehören (Meichenbaum & Asarnow., 1979)<br />
• Annahme persönlicher Kontrolle, eine spezielle Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Attribution und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
allgemeinen Haltung speziellen Schwierigkeiten gegenüber<br />
Emotionale Aspekte<br />
• Schon die Wahrnehmung einer Situation kann mit unangenehmen Gefühlen verknüpft<br />
sein<br />
• Die mit <strong>de</strong>m Problemlösen verbun<strong>de</strong>nen (meist intensiven und stark schwanken<strong>de</strong>n)<br />
Emotionen bil<strong>de</strong>n für das effiziente Problemlösen wichtige Bestandteile<br />
• Für das klinische Problemlösen ist es notwendig, Emotionen gebührend zu<br />
berücksichtigen.<br />
• Zur Bewältigung von Emotionen bieten sich 2 Strategien aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Stressforschung an:<br />
o Kognitive Bewältigung im Sinne einer Umstrukturierung meint eine<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Komponenten von Emotionen (Um-Bewertung)<br />
o Emotionale Bewältigung meint eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> emotionalen<br />
(autonomen) Komponenten <strong>de</strong>s Gefühls, z.B. durch eine Intervention wie<br />
Entspannungsverfahren etc.<br />
Verhaltensebene<br />
• Problemlösen verlangt spezielle Fertigkeiten<br />
• Aufgabe <strong>de</strong>s Trainings im Problemlösen ist es die einzelnen Komponenten dieser<br />
Fertigkeiten auszuformen und zu einer zielführen<strong>de</strong>n Kette zusammenzufügen<br />
Bewertung und Resümee<br />
81
• Höchste Relevanz innerhalb <strong>de</strong>s Spektrums <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
• Gute empirische Befundlage<br />
• Neben <strong>de</strong>m engeren klinisch-psychologischen Kontext sind Problemlöseansätze auch<br />
in vielen außerklinischen Fel<strong><strong>de</strong>r</strong>n eingesetzt wor<strong>de</strong>n, z.B.<br />
o Personalschulung<br />
o Management<br />
o Betriebsführung<br />
• Kontraindikation:<br />
o Bei Krisenintervention<br />
o Sofortige Maßnahmen bei Depressionen und Angststörungen<br />
„Paradoxe“ Interventionsansätze<br />
Historische Wurzeln:<br />
Allgemein:<br />
• „Alle Kreter sind Lügner“ (Kreter Epimeni<strong>de</strong>s): Der Satz ist falsch, wenn er wahr ist<br />
und er ist wahr, wenn er falsch ist. Solche Paradoxien gehörten lange Zeit zu unlösbar<br />
scheinen<strong>de</strong>n Rätseln <strong><strong>de</strong>r</strong> Logik und Mathematik<br />
• Whitehead & Russel (1910): unterschie<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>m Mitglied einer Menge und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Menge selbst und for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten, dass die Aussagen über ein Mitglied einer Menge<br />
nicht gleichzeitig Aussagen über die Menge selbst sein dürfen.<br />
Psychologie & Psychotherapie:<br />
• Vorläufer waren zum Beispiel:<br />
• Alfred Adler: ein Patient will seine Symptomatik gleichzeitig beibehalten und<br />
verlieren<br />
• Dunlap (1932): Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> „negativen Praxis“: willentliche Versuche, Tics zu<br />
produzieren führt zu einer Unterbindung <strong>de</strong>s Verhaltensablaufs<br />
• Eigentlicher Grün<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s paradoxen Verfahrens: Viktor Frankl<br />
o Schule <strong><strong>de</strong>r</strong> Logotherapie<br />
o Existenzielle Ansätze<br />
o Seiner Ansicht nach spielen bei vielen psychischen Störungen Gesichtspunkte<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> antizipatorischen Angst eine verhängnisvolle Rolle (z.B. Sexualstörungen).<br />
Gera<strong>de</strong> die Antizipation <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst und die Vermeidung halten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folge die<br />
Pathologie aufrecht. Dieser Zirkel lässt sich nach Frankl (1975) nur<br />
durchbrechen, wenn die antizipatorische Angst ausgeschaltet wird. Das erfolgt<br />
– und darin besteht die „Paradoxie“ – durch das Zugehen auf die Angst und<br />
ihre anschließen<strong>de</strong> Bewältigung<br />
• Neuere Überlegungen: L.M. Ascher (1981): Zusammentragen und für kognitivverhaltenstherapeutisches<br />
Vorgehen Systematisierung einzelner Mo<strong>de</strong>lle<br />
Merkmale paradoxer Intervention<br />
• Genau genommen könnte je<strong>de</strong> therapeutische Metho<strong>de</strong>, die auf eine Konfrontation<br />
und Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptomatik abhebt, als „paradox“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n<br />
• Engeres Verständnis nach Ascher, 1989:<br />
82
o Paradoxien beinhalten ein Merkmal <strong><strong>de</strong>r</strong> Überraschung, das in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel<br />
gegen die Erwartung einer helfen<strong>de</strong>n, mitleidvollen Beziehung läuft. Der<br />
Patient selbst und seine Umgebung haben in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel in aufwendiger Weise<br />
versucht, Hilfestellung zu leisten, die <strong>de</strong>n Patienten zumeist noch stärker in<br />
seine Abhängigkeit, Hilflosigkeit etc. verstrickt hat.<br />
o Paradoxe Interventionen beinhalten kein Drängen nach Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n geben <strong>de</strong>m Patienten die Erlaubnis, zum Teil sogar die Anweisung zur<br />
Beibehaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptomatik. Dies bringt <strong>de</strong>m Patienten eine erste<br />
Erleichterung, weil dadurch <strong><strong>de</strong>r</strong> Druck von ihm genommen wird.<br />
o Aus diesem Vorgehen resultieren emotionale Reaktionen <strong>de</strong>s Patienten, die<br />
eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erleichtern; erst wenn eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nicht mehr<br />
gewaltsam in Angriff genommen wird, ist sie für die Patienten möglich.<br />
Theoretischer Hintergrund<br />
• Heterogene theoretische Begründungen<br />
• Vertreter stammen aus unterschiedlichen therapeutischen Schulen (Psychoanalyse,<br />
Familientherapie, <strong>Verhaltenstherapie</strong> …)<br />
• Größtenteils pragmatisches Vorgehen<br />
• Die Einordnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Paradoxen Intervention in <strong>de</strong>n Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitivverhaltenstherapeutischen<br />
Verfahren hängt damit zusammen, dass die Vermittlung<br />
einer paradoxen Anweisung per se wohl nur kognitiv erfolgen kann. Der Modus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention läuft damit vorwiegend auf kognitiver Ebene.<br />
• Omer, 1981: Folgen<strong>de</strong> Aspekte für paradoxe Interventionen:<br />
o Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> antizipatorischen Angst von Frankl (1947): Angst verstellt<br />
für <strong>de</strong>n Patienten <strong>de</strong>n unvoreingenommenen Blick auf seine Probleme<br />
einerseits und seine Ressourcen an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits.<br />
o Systemtheoretische Überlegungen: Diese orientieren sich weitgehend am<br />
Mo<strong>de</strong>ll von Watzlawik et al. (1974) bzw. an strategischen Ansätzen<br />
(Haley, 1963): Durch die Paradoxe Intervention bekommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient eine<br />
Wahlmöglichkeit, die er bisher nicht mehr wahrgenommen hatte<br />
o Lerntheoretische Konzepte, die sich insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e am Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
konditionierten Hemmung orientieren: Durch eine paradoxe Intervention<br />
wird <strong>de</strong>mnach eine Hemmung <strong>de</strong>s bisherigen Verhaltensablaufs entwickelt,<br />
die eine neue Gestaltung <strong>de</strong>s Verhaltensablaufs ermöglicht.<br />
• Durch eine paradoxe Intervention wird ein Problem aus seinem bisherigen Kontext<br />
genommen, wodurch für <strong>de</strong>n Patienten eine völlig neue Sichtweise entstehen kann.<br />
• Dabei spielen sozialpsychologische Aspekte von Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand und Compliance<br />
ebenso eine Rolle wie Prinzipien einer funktionalen Sichtweise.<br />
• Unterschiedliche Zielvorstellungen <strong><strong>de</strong>r</strong> paradoxen Intervention:<br />
o Lösung erster und zweiter Ordnung (Watzlawik et al., 1974):<br />
� Lösung erster Ordnung: Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung „innerhalb“ <strong>de</strong>s Rahmens<br />
einer Person; therapeutische Hilfestellungen versuchen hier <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Person Erleichterung im Umgang mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Schwierigkeiten zu vermitteln (z.B. Entspannungstraining)<br />
� Lösung zweiter Ordnung: Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Rahmens selbst: Hier<br />
wer<strong>de</strong>n die Regeln <strong>de</strong>s Systems selbst verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t und gera<strong>de</strong> die<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regeln führt zur Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Problematik: Es liegt<br />
83
Interventionsmetho<strong>de</strong>n<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand, dass die Lösung zweiter Art für paradoxes Vorgehen<br />
eine zentrale Rolle spielt<br />
• Heterogene Ansätze, begrifflichliche Uneinheitlichkeit<br />
• Gemeinsam ist <strong>de</strong>n Verfahren das Prinzip, dass sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient auf eine nicht<br />
erwartete Weise auf seine Problematik einlassen sollte und dass daraus eine<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Problems ensteht.<br />
Dowd & Trutt (1988) listen folgen<strong>de</strong> unterschiedliche Interventionsprinzipien auf:<br />
Symptomverschreibung<br />
• Hier wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient angeleitet, ein Symptom willkürlich zu produzieren (meist<br />
begrenzte Zeit)<br />
• Ziel: Kontrolle über die Probleme zu gewinnen o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Problem „aufzugeben“<br />
• „paradoxe Instruktion“ (Frankl, 1985)<br />
• 2 Aspekte sind nach Frankl elementar:<br />
o Den Einsatz von Humor („<strong><strong>de</strong>r</strong> Angst ins Gesicht lachen“)<br />
o Distanzierung von <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptoatik, wodurch <strong><strong>de</strong>r</strong> Zyklus <strong><strong>de</strong>r</strong> antizipatorischen<br />
Angst unterbrochen und eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Pathologie erleichtert wird<br />
Reframing<br />
• Be<strong>de</strong>utung eines Problems dadurch zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass es in einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kontext<br />
gestellt wird<br />
• Diese Vermittlung einer alternativen Sichtweise hilft <strong>de</strong>m Patienten, seine Probleme in<br />
einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Licht zu sehen<br />
• Ähnliche Metho<strong>de</strong> RElabeling: einem Problem wird eine verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Bezeichnung<br />
gegeben; hier bleibt <strong><strong>de</strong>r</strong> Rahmen bestehen, und eine verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Sicht kommt durch<br />
eine verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Sichtweise und Benennung <strong>de</strong>s Problems zustan<strong>de</strong> (z.B. Regen als<br />
„feuchter Sonnenschein“)<br />
Einschränkung/ Restraining<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand angezeigt<br />
• Therapeut versucht eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n (Koitus Verbot bei<br />
Sexualstörungen)<br />
• Variation: Klient bei Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zu bremsen – damit diesen gewissermaßen das<br />
Tempo <strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung selbst bestimmen zu lassen<br />
Position <strong>de</strong>s Klienten<br />
• Therapeut übernimmt für eine gewisse Zeit die negative Sichtweise <strong>de</strong>s Patienten,<br />
damit er selbst positive Aspekte sieht<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei Patienten, die ihr Problem in „klagen<strong><strong>de</strong>r</strong>“ Weise artikulieren<br />
• Notwendig: Vorsicht & Sensibilität<br />
84
Nutzungs-Technik („Utilization“)<br />
• Strategie, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> VT immer schon ausgiebig genutzt wur<strong>de</strong><br />
• Selbstaufzeichnungen – lediglich um zu sehen … was passiert<br />
• Technik <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivitäten <strong>de</strong>s Patienten, d.h. was immer <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient tut,<br />
kann als ein Schritt in die richtige Richtung gesehen wer<strong>de</strong>n<br />
• Man überlässt es <strong>de</strong>m Klienten, in welche Richtung Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erfolgt und erlaubt<br />
ihm selbstverständlich auch das Beibehalten seines Problems<br />
Konfusionstechnik<br />
• Ursprünglich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Hypnotherapie<br />
• Klient wird mit einer verwirren<strong>de</strong>n Vielfalt an Aussagen & Meinungen konfrontiert,<br />
da <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient i.d.R versucht, einen Sinn zu fin<strong>de</strong>n, wird er versuchen, sich diejenige<br />
Position zu eigen zu machen, die ihm in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise entspricht<br />
• Technik in paar- und familientherapeutischen Ansatz von DeShazer (1979)<br />
aufgegriffen<br />
Forschung<br />
• Viele Studien zur Effektivität bei unterschiedlichen Störungen<br />
• Im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlafstörungen gibt es mittlerweile bereits Meta-Analysen<br />
(Dod&Trutt, 1988)<br />
• Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung:<br />
o Untersuchungen an subklinschen Stichproben (Stu<strong>de</strong>nten)<br />
o Geringe Fallzahlen<br />
o Geringere, aber be<strong>de</strong>utsame Effektstärken, als in <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen VT<br />
o Verwendung von weiteren Techniken außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> paradoxen Intervention<br />
o Am besten in Kombination mit <strong>Verhaltenstherapie</strong> und kognitiver Therapie<br />
untersucht<br />
Resümee<br />
• Ethik � Manipulation<br />
• Während für therapeutisches Vorgehen entsprechen<strong>de</strong> Transparenz verlangt wird,<br />
können paradoxe Verfahren nicht gänzlich transparent sein, das hängt ganz explizit<br />
mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Struktur <strong>de</strong>s Vorgehens zusammen<br />
Selbstkontrolle<br />
• Selbstkontrolle und Selbstmanagement (Kanfer 1970)<br />
• Uneinheitliche Begriffsverwendung<br />
• We<strong><strong>de</strong>r</strong> Einigkeit über die Intention, noch über die Extension dieses Begriffes<br />
85
• Unterschiedliche theoretische Ansätze und technische Verfahren unter <strong>de</strong>m Dach<br />
„Selbstkontrolle“ vereinigt<br />
Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle<br />
• Klassisch-verhaltenstherapeutische Prinzipien: Skinner (1953) hat das Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstkontrolle im klassisch behavioristischen Kontext gesehen. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> externen<br />
Kontrolle menschlichen Verhaltens durch Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Kontingenzen können<br />
seiner Ansicht nach auch Reaktionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Person selbst die Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerung<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Verhaltensmuster <strong>de</strong>s Individuums übernehmen.<br />
• Unter Selbstkontrolle ist <strong>de</strong>mnach die Fähigkeit eines Individuums zu verstehen,<br />
eigenes Verhalten durch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Verhaltensweisen zu steuern.<br />
• Zentral: Unterscheidung in kontrollieren<strong>de</strong> unf in kontrollierte Reaktionen:<br />
o Kontrollieren<strong>de</strong> Verhaltensweisen: diejenigen Verhaltensweisen, die<br />
geeignet sind, die zukünftige Auftrittswahrscheinlichkeit eines<br />
Problemverhaltens zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
o Kontrollierte Verhaltensweise: Verhaltensmuster, <strong>de</strong>ssen<br />
Auftrittswahrscheinlichkeit man in Zukunft zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n wünscht<br />
• Mit behavioristischen Mo<strong>de</strong>llen, zentrale Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle nicht erklärbar:<br />
o Wieso kann eine Person eine Reaktionskette mit hoher<br />
Auftrittswahrscheinlichkeit unterbrechen und durch eine kontrollieren<strong>de</strong><br />
Reaktion ersetzen?<br />
Kognitive und motivationale Kontrolle<br />
• Kognitive Prozesse spielen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerung menschlichen Verhaltens eine<br />
zentrale Rolle (� β-Ebene)<br />
• Wenn man von „Selbst“ spricht, meint das keineswegs eine Art „Geist in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Maschine“, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Annahme unterschiedlicher Ebenen <strong><strong>de</strong>r</strong> Regulation<br />
mebschlichen Verhaltens<br />
• Die Rolle bewusster Handlungen sind entschei<strong>de</strong>nd bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle<br />
• Motivationaler Aspekt:<br />
o Wissen stellt i.d.R nur eine unzureichen<strong>de</strong> Voraussetzung für Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
von Problemverhalten dar<br />
o Anzunehmen iszt vielmehr eine Hierarchie von Präferenzen, von Zielen<br />
und von motivationalen Bestrebungen, die unsere Entscheidungen in<br />
hohem Maße <strong>de</strong>terminieren (Heckhausen, 1980, Kanfer, 1993)<br />
Hierarchische Struktur<br />
• Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstregulation wird häufig auf <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> Handlung Bezu<br />
genommen. Mit diesem Begriff wird gesagt, dass mebschliches Verhalten:<br />
o Absichtsvoll<br />
o zielgerichtet<br />
o von komplexer Natur ist � hierarchische Organisation von Verhalten<br />
• Kernbereich einer Handlung, Mo<strong>de</strong>ll von Miller et al., 1960:<br />
o TOTE-Einheit (Test-Operate-Test-Exit)<br />
o Einfache Rückkoppelungsschleife<br />
86
o Test: Vergleichsprozeß mit einer binären Entscheidungsmöglichkeit<br />
o Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidungsgrundlage wird eine Operation begangen, die <strong>de</strong>n IST-<br />
in einen SOLL-Wert überführen soll<br />
o Neue Prüfung <strong>de</strong>s Zustan<strong>de</strong>s (Test), um zu sehen, ob die Operation<br />
befriedigend verlaufen ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> noch mal durchlaufen wer<strong>de</strong>n muß, sonst Exit<br />
• Gera<strong>de</strong> für die Selbstregulation ist es sinnvoll, von dieser hierarchischen Organisation<br />
menschlichen Verhaltens auszugehen:<br />
o Möglichkeit konflikthafte Strategien zu i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
o Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle Rechnung tragen<br />
Interaktion<br />
• Bandura, 1969<br />
• Menschliches Verhalten nicht bloßes Produkt von Umwelteinflüssen<br />
• Untersuchungen im Rahmen kognitiver Lerntheorien haben gezeigt, dass kognitive<br />
Prozesse be<strong>de</strong>utsame intervenieren<strong>de</strong> Variablen für menschliches Verhalten sind<br />
• Selbstkontrolle: Vorstellung eines Menschen als eines informationsverarbeiten<strong>de</strong>n<br />
Wesens<br />
• „Interaktionismus“:<br />
o es gibt zwar einen be<strong>de</strong>utsamen Einfluß von Umgebungsbedingungen, aber<br />
auch unser Verhalten beeinflusst die Umgebung<br />
o Ohne die Annahme eines reziproken Interaktionsismus wird eine Analyse<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle sehr schwierig: Erst wenn man davon ausgeht, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Mensch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage ist, seine Umgebung selbst zu strukturieren und zu<br />
han<strong>de</strong>ln, kann man von Selbstkontrolle sprechen.<br />
o Für diese interaktionistische Sichtweise hat Kanfer eine Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
verschie<strong>de</strong>nen Einflußgrößen in α-,β-,γ-Variablen vorgeschlagen<br />
• Externe Kontrolle und Selbstkontrolle sind in einen sozialen und biologischen<br />
Rahmen eingebettet, so dass man auch von einem Kontinuum zwischen<br />
Selbstkontrolle („Freiheit“) einerseits und externer Kontrolle („Abhängigkeit“)<br />
auszugehen hat.<br />
• Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle sind in hohem Maße mit evolutionären Aspekten<br />
vernetzt<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozietät und <strong>de</strong>s Individuums bil<strong>de</strong>t aber Selbstkontrolle eine<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle, hier spielen Faktoren <strong><strong>de</strong>r</strong> intellektuellen, sozialen und vor allem<br />
sprachlichen Entwicklung eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle<br />
Begriffserklärung: Selbstregulation, Selbstkontrolle, Selbstmanagement<br />
• Grundlage: Das von F.H. Kanfer entwickelte Systemmo<strong>de</strong>ll menschlichen<br />
Verhaltens:<br />
o Unterscheidung zwischen α-, β-, und γ-Kontrolle<br />
• Nach <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> multiplen Regulation lassen sich folgen<strong>de</strong> drei Ebenen<br />
unterschei<strong>de</strong>n:<br />
o α: Dies meint die multiplen Einflüsse durch die externe Umgebung;<br />
darunter sind sowohl konkrete situative Bedingungen, aber auch eigene<br />
Verhaltensmuster o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltensmuster an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Personen zu verstehen.<br />
Auch invariante situative Bedingungen im Sinne von Makro-Variablen<br />
87
sind hier anzuführen (Wohn- und Arbeitssituation; Lebensumwelt,<br />
Kulturelle Einflüsse etc.)<br />
o β: Dies umschließt vielfältige psychische Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme,<br />
Verarbeitung, Speicherung und Aktivierung von Information.<br />
o γ: Steht für individuelle ebenso wie für überindividuelle biologische,<br />
somatisch-physiologische Bedingungen; diese können aktueller Natur<br />
(Müdigkeit, Medikamenteneinflüsse etc.) sein, o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch im Sinne<br />
überdauern<strong><strong>de</strong>r</strong> Einflüsse eine wichtige Rolle für menschliches Verhalten<br />
spielen (z.B. konkrete Behin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung; geschlechtsspezifische Merkmale<br />
usw.)<br />
α: Situation, konkretes Verhalten<br />
I<br />
β: Gedankliche Prognose, Erwartungen, etc.<br />
I<br />
γ: Biologisch-somatische Bedingungen<br />
• Interaktion von <strong>de</strong>n Variablen<br />
• Im konkreten Verhaltensablauf stehen die einzelnen Variablen mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger<br />
im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Hintergrund: Keine <strong><strong>de</strong>r</strong> Variablen ist völlig ohne Einfluß.<br />
• Das relative Ausmaß, in <strong>de</strong>m die β-Variablen im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen, ist die<br />
Voraussetzung dafür, von Selbstkontrolle sprechen zu können.<br />
1. Selbstregulation<br />
Unter Selbstregulation versteht man versteht man eine Beschreibung und theoretische<br />
Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Vorgänge, mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Hilfe eine Person eigenes Verhalten steuert.<br />
• Kanfer (1977) unterschei<strong>de</strong>t 3 Stufen:<br />
o Selbstüberwachung (Selbstbeobachtung)<br />
o Selbstbewertung<br />
o Selbstverstärkung<br />
• Regulation: Für die Regulation ist es zunächst zentral, von einem Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Antizipation auszugehen; dies be<strong>de</strong>utet, dass die Person in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sein muß, sich<br />
zukünftige Zustän<strong>de</strong>, Ziele, etc. vorzustellen und im Sinne eines „Feed-Forward“ zu<br />
han<strong>de</strong>ln.<br />
• Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> Kenntnis (vorläufiger) Resultate <strong>de</strong>s eigenen Han<strong>de</strong>lns erfolgt<br />
sowohl eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Beibehaltung kognitiver Konzepte sowie<br />
konkreter Verhaltensweisen.<br />
• Notwendig: Fähigkeit <strong>de</strong>s Individuums zum Vergleich gegenwärtiger mit vergangenen<br />
und zukünftigen Zustän<strong>de</strong>n und Verhaltensweisen (Prozesse <strong>de</strong>s Gedächtnisses, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Abstraktion)<br />
• Das Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstregulation beschreibt diejenigen Prozesse, die eine Person beim<br />
Unterbrechen einer Verhaltenskette von sich aus in Gang setzt: In einer<br />
Entscheidungssituation richtet sich die Aufmerksamkeit vermehrt auf eigenes<br />
Verhalten, auf <strong>de</strong>ssen Bedingungen und Konsequenzen (Selbstbeobachtung)<br />
• Das Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstüberwachung wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> 2 Stufe mit einem bestimmten<br />
Kriterium verglichen, d.h. es setzt ein Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbewertung (Self-evaluation)<br />
88
ein.Selbstbewertung beinhaltet einen Vergleich <strong>de</strong>ssen, was man gera<strong>de</strong> tut mit <strong>de</strong>n<br />
ursprünglichen Zielen <strong>de</strong>s Verhaltens. Wichtiges Element: Standards<br />
• 3 Phase: Motivationaler Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverstärkung (Self-reinforcement): Je<br />
nach Übereinstimmung <strong>de</strong>s eigenen beobachteten Verhltens mit bestimmten Standards<br />
wird die Person zufrie<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> unzufrie<strong>de</strong>n sein. Im Falle großer Diskrepanz mit <strong>de</strong>n<br />
Standards wer<strong>de</strong>n jedoch eine Reihe von Verhaltensweisen eingesetzt, um <strong>de</strong>n<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Fehler zu korrigieren.<br />
2. Selbstkontrolle<br />
Selbstkontrolle mein einen Spezialfall <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstregulation; auch hier wird eine<br />
Verhaltenskette unterbrochen. Kennzeichnend dafür ist allerdings das Vorliegen eines<br />
Konfliktes.<br />
1. Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stehen einer Versuchung<br />
Hier führt die Person eine Verhaltensweise nicht aus, obgleich diese eine hohe<br />
Auftrittswahrscheinlichkeit besitzt.<br />
2. Hel<strong>de</strong>nhaftes Verhalten<br />
Hel<strong>de</strong>nhaftes Verhalten meint <strong>de</strong>n Umstand, dass eine Person ein Verhalten ausführt, obwohl<br />
dieses Verhalten kurzfristig aversive Konsequenzen nach sich ziehen wird.<br />
3. Selbstmanagement<br />
Selbstmanagement bezeichnet ganz allgemein die Fähigkeit einer Person, eigenes Verhalten<br />
durch <strong>de</strong>n Einsatz konkreter Strategien zu steuern bzw. zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
• Selbstmanagement bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Oberbegriff für <strong>de</strong>n dynamischen Interaktionsprozeß<br />
von α-, β-, γ- Variablen im Repertoire eines Individuums.<br />
• Selbstmanagement ist im Kontext kognitiver Therapieansätze zu sehen, da β-<br />
Variablen im Sinne einer Strukturierung zukünftiger Abläufe zumin<strong>de</strong>st zeitweilig im<br />
Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen.<br />
• Selbstmanagement ist keineswegs eine Bezeichnung für ein abgegrenztes, konkretes<br />
Therapieverfahren, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Sinne Kanfers als eine Art „Meta-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s<br />
therapeutischen Prozesses“ zu verstehen<br />
• Therapie als Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprozess in verschie<strong>de</strong>nen Phasen mit aktiver Beteiligung <strong>de</strong>s<br />
Klienten<br />
• Gera<strong>de</strong> Prinzipien <strong>de</strong>s Selbstmanagements überschreiten die Grenzen konkreter<br />
therapeutischer Richtungen; Selbstmanagement als Ansatz einer „allgemeinen<br />
Psychotherapie“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> als prinzipiell orientiertes Therapieverfahren<br />
• Ein ganz allgemeines und wichtiges Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstmanagementtherapie besteht darin,<br />
Klienten zur Bewältigung eigener Probleme zu bewegen<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle<br />
• Prozessmo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Intervention:<br />
o Klärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rollen von Klient und Therapeut<br />
o Optimierung motivationaler Voraussetzungen<br />
89
o Präzisierung von Zielen<br />
o Therapeut = professioneller Helfer<br />
• Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle sind zu <strong>de</strong>njenigen Verfahren innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> zu zählen, in <strong>de</strong>nen die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Selbstregulationssystems<br />
(β-Kontrolle) im Zentrum <strong>de</strong>s Ansatzes steht<br />
• Selbstmanagement – als Oberbegriff – umfasst dabei alle klinisch relevanten<br />
Strategien, die ein Klient einsetzen kann.<br />
• Der Einsatz von Selbstkontrolltechniken bietet sich bei folgen<strong>de</strong>n Problemstellungen<br />
an:<br />
o Konflikthafte Kontingenzen<br />
o „kontrollieren<strong>de</strong> Reaktionen“ eines problemhaften Verhaltensmusters; solche<br />
Metho<strong>de</strong>n haben das Ziel, die Auftretenswahrscheinlichkeit in Richtung eines<br />
festgelegten Zieles zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
o Das Selbstkontrollverhalten steht nicht unter externer Kontrolle von<br />
Kontingenzen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird durch selbsterzeugte Bedingungen eingeleitet und<br />
aufrechterhalten (Kanfer, 1977)<br />
• Bei einem Selbstkontrollprogramm besteht die Aufgabe <strong>de</strong>s Therapeuten darin, <strong>de</strong>n<br />
Klienten zu motivieren, das Selbstkontrollprogramm in Angriff zu nehjmen �<br />
ausblen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Hilfestellung<br />
• Der Therapeut versucht, <strong>de</strong>m Klienten verschie<strong>de</strong>ne Selbstkontrollmetho<strong>de</strong>n<br />
(Strategien) zu vermitteln, die sich zur Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung seiner Problematik als zielführend<br />
herausstellen könnten.<br />
• Wichtigste Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle:<br />
o Ansatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbeobachtung/ Selbstaufzeichnung eigenen Verhaltens<br />
o Selbstverstärkung und Selbstbestrafung (Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontingenzkonztrolle)<br />
o Strategien <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimuluskontrolle<br />
o Contract Management<br />
1. Selbstbeobachtung und Selbstaufzeichnungen eigenen Verhaltens<br />
• Erste Stufe <strong>de</strong>s Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprozesses: Selbstbeobachtung <strong>de</strong>s Problemverhaltens und<br />
seiner Bedingungen<br />
o Probleme näher spezifizieren<br />
o Erstmals veranlasst ein Problemverhalten genau zu erfassen � Erfassung von<br />
Merkmalen und Schwankungen<br />
o Präzisierung von Zielen<br />
o Fin<strong>de</strong>n von Ansatzpunkten für eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• Verhaltensnahe Beschreibung eines Problems � wertvolle Voraussetzung für eine<br />
gemeinsame funktionale Analyse<br />
• Technische Aspekte und Hilfsmittel:<br />
o Verhaltenstagebuch: Hier wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient angeleitet, das Problemverhalten in<br />
Stichworten zu beschreiben; dazu sollten situative Merkmale (z.B. Tageszeit,<br />
Ort, Umgebungsbedingungen etc.) mit erfasst wer<strong>de</strong>n. Möglichst einfache<br />
handhabe � im Alltag umsetzbar<br />
o Strichlisten: Hier sollte die Auftrittshäufigkeit kritischer Verhaltensweisen (in<br />
einer Zeiteinheit) festgehalten wer<strong>de</strong>n; die Vorgabe einer Strichliste empfiehlt<br />
sich insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e dann, wenn das Verhalten klar und abgrenzbar vorgegeben<br />
ist<br />
90
o Stoppuhren: eignen sich zum Registrieren <strong><strong>de</strong>r</strong> zeitlichen Dauer eines<br />
Problemverhaltens bzw. <strong>de</strong>ssen Alternativen. Hier lässt sich die Dauer <strong>de</strong>s<br />
Verhaltens unter Umstän<strong>de</strong>n auch kumulativ registrieren.<br />
o Graphische Schemata: Hier wird die Auftretenshäufigkeit eines Verhaltens<br />
im zeitlichen Verlauf festgehalten; in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel gibt die Abszisse die Zeitachse<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ordinate wird das Kriteriumsverhalten eingetragen. (�<br />
Baseline <strong>de</strong>s Verhaltens)<br />
• Der Klient lernt, wesentliche Bestandteile einer Verhaltensanalyse eigenstndig<br />
durchzuführen. Auf diese Weise wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient mit <strong>de</strong>n Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> funktionalen<br />
Analyse vertraut.<br />
• Gemeinsam mit <strong>de</strong>m Therapeuten wird i.d.R. ein funktionales Bedingungsmo<strong>de</strong>ll<br />
erstellt<br />
Reaktive Effekte<br />
• Reaktivität: Beobachten und Registrieren eigenen Verhalten führt zu einer<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dieses Verhaltens. In <strong>de</strong>n meisten Fällen kommt es zu einer<br />
Konfundierung von Effekten <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbeobachtung mit Effekten <strong>de</strong>s<br />
Selbstkontrollverfahren.<br />
• Reaktive Effekte lassen sich unterschei<strong>de</strong>n in:<br />
o Eine Unterbrechnung einer Verhaltenskette durch <strong>de</strong>n Akt <strong>de</strong>s Aufzeichnens<br />
o Verstärken<strong>de</strong> und bestrafen<strong>de</strong> Effekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbeobachtung als Konsequenz<br />
eines erfassten Verhaltens<br />
• Bei<strong>de</strong> Effekte lassen sich gezielt als Elemente <strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention nutzen<br />
• Effekte von Selbstaufzeichnung:<br />
o Die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Problemverhaltens als reaktive Folge <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstbeobachtung verläuft i.d.R in die Richtung <strong>de</strong>s therapeutischen Ziels.<br />
Somit stellt dies einen wichtigen ersten Schritt in einem<br />
Selbstkontrollverfahren dar.<br />
o Die reaktiven Effekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbeobachtung sind i.d.R zeitlich begrenzt; das<br />
Registrieren kann als neues Verhalten im Repertoire einer Person angesehen<br />
wer<strong>de</strong>n, das seinerseits Anfangseffekte erzielt. Zur Stabilisierung müssten für<br />
dieses Verhalten allerdings eigene Kontingenzen zur Verfügung stehen. Dies<br />
hat die Konsequenz, das Selbstbeobachtung allein zwar sehr be<strong>de</strong>utsame<br />
Initialeffekte besitzt, in <strong>de</strong>n wenigsten Fällen jedoch eine ausreichen<strong>de</strong><br />
therapeutische Strategie darstellt<br />
• Was <strong>de</strong>n Zeitpunkt angeht, so lässt sich aus heutiger Sicht sagen, dass man Klienten<br />
dazu anleiten sollte, Problemverhalten vor <strong>de</strong>m Auftreten zu registrieren, um <strong>de</strong>n<br />
Effekt <strong>de</strong>s Unterbrechens eines Problemverhaltens zu nutzen.<br />
• Erwünschtes Verhalten sollten nach <strong>de</strong>m Auftreten registriert wer<strong>de</strong>n, damit <strong><strong>de</strong>r</strong> Akt<br />
<strong>de</strong>s Aufzeichnens als operante Verstärkung genutzt wer<strong>de</strong>n kann<br />
2. Selbstverstärkung und Selbstbestrafung<br />
• Von Selbstverstärkung spricht man dann, wenn sich eine Person selbst als<br />
Konsequenz eines erwünschten Verhaltens einen realen o<strong><strong>de</strong>r</strong> symbolischen<br />
(ver<strong>de</strong>ckten) Stimulus darbietet, so dass die zukünftige Auftrittswahrscheinlichkeit<br />
von Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong>selben operanten Klasse ansteigt<br />
91
• Unter Selbstbestrafung versteht man die kontingente Darbietung eines aversiven<br />
Reizes als Folge eines unerwünschten Verhaltens durch die Person selbst. Dies hat<br />
eine Unterbrechung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhaltenskette und eine Senkung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong>selben operanten Klasse zur Folge.<br />
• Unterschied zur externen Verstärkung:<br />
o die Person selbst entschei<strong>de</strong>t über die Verstärkung o<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht Verstärkung<br />
o auch solche Verhaltensweisen, die nicht von außen beobachtbar sind<br />
o als Verstärker können auch Reize eingesetzt wer<strong>de</strong>n, die verbal-symbolischen<br />
Charakter haben (z.B ver<strong>de</strong>cktes Selbstlob als Konsequenz einer speziellen<br />
Leistung)<br />
• Kombination von Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverstärkung und Selbstbestrafung (Kanfer,<br />
1977):<br />
Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenz Konsequenz<br />
Darbieten Entfernen<br />
positiv Positive Selbstverstärkung Ver<strong>de</strong>ckte Löschung<br />
selbst dargeboten<br />
verbal-symbolisch<br />
negativ Selbstbetrafung<br />
Anwendung von Selbstverstärkung<br />
Selbst dargeboten<br />
Verbal-symbolisch<br />
Selbstauferlegtes time-out<br />
(zeitlich beschränkt)<br />
Negative Selbstverstärkung<br />
Selbst dargeboten<br />
Verbal-symbolisch<br />
• Man kann eine Person dazu anleiten, sich selbst durch einen außergewöhnlichen Reiz<br />
zu verstärken, <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht alltäglich ist. Damit ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärkung aus <strong>de</strong>m<br />
Alltag herausgebrochen.<br />
• Eine Person kann sich für eine gewisse Zeit bestimmter alltäglicher Verstärker<br />
enthalten, diese wer<strong>de</strong>n erst kontingent für ein einschlägiges Zielverhalten verabreicht<br />
Untersuchungen zur Selbstverstärkung und Selbstbestrafung<br />
• Selbstverstärkung hat ähnliche Effekte erbracht wie Fremdverstärkung<br />
• Eine Analyse <strong>de</strong>s Prozesses <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstverstärkung zeigt, dass sich hier – ähnlich wie<br />
bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Fremdverstärkung – sowohl eine Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rate <strong>de</strong>s verstärkten Verhaltens<br />
als auch eine spezielle Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivation ergibt<br />
• Studien zur Bestrafung zeigen, dass die Bestrafung eines Verhaltens neben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Senkung <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen Auftrittsrate vor allem diskriminative Funktion hat: Durch<br />
einen aversiven Reiz wird eine zumeist automatisierte und unerwünschte<br />
Verhaltenskette unterbrochen; damit können alternative Verhaltensweisen aufgebaut<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Stimuluskontrolle<br />
92
• Das Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimuluskontrolle besteht darin, dass die Umgebung (physisch, sozial)<br />
für das Verhalten in einer Weise verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird, dass das Zielverhalten<br />
wahrscheinlicher wird.<br />
• Stimuluskontrolle im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle beinhaltet nun, dass eine Person<br />
selbst ihre Umgebung so modifiziert, dass das Zielverhalten wahrscheinlicher wird<br />
• Physikalische Beschränkung<br />
• Eigentlich sollte die Person, die diskriminativen Hinweisreize für das Zielverhalten<br />
selbst produzieren. Solche Stimulusbedingungen wer<strong>de</strong>n meist (ver<strong>de</strong>ckter) verbaler<br />
Natur sein. Durch verbale Selbstinstruktionen kann die Person selbst eine erwünschte<br />
Verhaltenskette einleiten (Meichenbaum, 1977)<br />
• Die Einführung verbaler Selbstinstruktionen zur Stimuluskontrolle bietet sich<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e dann an, wenn die physikalische o<strong><strong>de</strong>r</strong> soziale Umwelt nicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
• Verbale Stimuli, die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Person selbst produziert wer<strong>de</strong>n können, stellen eine<br />
Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> β-Kontrolle dar.<br />
• Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimuluskontrolle fin<strong>de</strong>n bei einer ganzen Reihe von<br />
verhaltentherapeutischen Strategien Anwendung: Unter einem funktionalen<br />
Gesichtspunkt sollten durch <strong>de</strong>n Therapeuten o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Klienten selbst Bedingungen<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n, die das Auftreten <strong>de</strong>s Zielverhaltens wahrscheinlicher machen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> erleichtern.<br />
• Stimuluskontrolle allein reicht zur Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung eines stabilen (konflikthaften)<br />
Verhaltens i.d.R nicht aus. Hier bietet sich eine Kombination mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Formen <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle, mit Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> externen Kontrolle, aber auch<br />
mit Verfahren <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Umstrukturierung beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s an.<br />
4. Contract Management<br />
• Durch <strong>de</strong>n Vertrag wer<strong>de</strong>n sowohl die Verhaltensweisen als auch die zukünftigen<br />
Kontingenzen für erwünschtes Verhalten präzisiert.<br />
• Vorteile:<br />
o Spezifische Verhaltensweisen in Gang setzen<br />
o Klare Ziele für die Zielerreichung zu formulieren<br />
o Die Konsequenzen für das Zielverhalten präzise festlegen<br />
• Ein solcher Vertrag kann nicht nur zwischen 2 o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehreren Partnern abgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle spielt auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertrag mit sich selbst. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Personen<br />
wer<strong>de</strong>n dabei oft als zusätzliche Hilfestellung bzw. als Beobachter mit einbezogen.<br />
• Damit nicht nur die Abgabe, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die Einhaltung von Kontrakten<br />
gewährleistet ist, sollten einige Bedingungen beachtet wer<strong>de</strong>n (Kanfer, 1977):<br />
o Das zu kontrollieren<strong>de</strong> Verhalten sollte präzise beschrieben wer<strong>de</strong>n<br />
o Gegenseitigkeit (Bedingungen für alle beteiligten Personen festgelegt)<br />
o Festlegung <strong><strong>de</strong>r</strong> positiven Konsequenzen für die Einhaltung (� Verhalten<br />
langfristig aufrechterhalten)<br />
o Zielverhalten sollte beobachtbar sein<br />
o Der unangenehme Zustand sollte nicht schon durch das Versprechen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
erst bei <strong>de</strong>n ersten Selbstkontrollschritten been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
o Rückgriff auf konstruktive Elemente aus bisherigen Selbstkontrollversuchen<br />
o Erlebter Konflikt sollte dazu benutzt wer<strong>de</strong>n, effektives<br />
Selbstkontrollverhalten zu etablieren. Es ist die Aufgabe <strong>de</strong>s Therapeuten, aus<br />
93
diesem Konflikt heraus durch Informationen und therapeutische Hilfestellung<br />
einen zielführen<strong>de</strong>n Kontrakt erstellen zu helfen<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig bei Kontrakten ist allerdings die motivieren<strong>de</strong> Funktion für <strong>de</strong>n<br />
Klienten<br />
Probleme und offene Fragen<br />
• Ursprünglich eine Weiterentwicklung und Ergänzung von verhaltenstherapeutischen<br />
Metho<strong>de</strong>n<br />
• Man kann Selbstkontrolle zum einen als eine konkrete Metho<strong>de</strong>, als ein spezielles<br />
Therapieverfahren betrachten<br />
• Man kann Selbstkontrolle als ein generelles Ziel therapeutischer Intervention ansehen.<br />
Dann spricht man bevorzugt von „Selbstmanagement-Therapie“, speziell dann,<br />
wenn man das übergeordnete Vorgehen mit speziellen Zielen, einem speziellen<br />
Prozessverlauf und <strong>de</strong>n Einsatz klinisch relevanter Verfahren meint.<br />
Vorzüge von Selbstkontrollverfahren<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle wird die Intervention soweit wie möglich vom Klienten selbst<br />
durchgeführt. Die Mitbestimmung durch <strong>de</strong>n Klienten sowie die Transparenz sind Teil<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention, so dass das Machtgefälle zwischen Klient und Therapeut<br />
zumin<strong>de</strong>st minimiert wird.<br />
• Die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle vorgeschaltete Selbstbeobachtung bil<strong>de</strong>t nicht nur eine<br />
Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivation <strong>de</strong>s Klienten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch eine Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Datengewinnung für Bereiche, die sonst nur schwer o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar nicht zugänglich wären.<br />
• Durch Selbstkontrollverfahren wer<strong>de</strong>n auch Probleme therapeutisch zugänglich, die<br />
üblicherweise während <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Interaktion nicht auftreten o<strong><strong>de</strong>r</strong> zum<br />
Beispiel im Rollenspiel beobachtet wer<strong>de</strong>n können. Dazu gehören Probleme privater<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> intimer Natur.<br />
• Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Vorteil, wenn sich bestimmte Umgebungsvariablen als nicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>bar<br />
herausstellen, obwohl sie die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Determinanten eines Problems<br />
ausmachen. Selbstkontrolle stellen zumin<strong>de</strong>st einen Ausweg dar, die <strong>de</strong>m Klienten ein<br />
gewisses Maß an subjektiver Kontrolle in einer problematischen Situation vermitteln.<br />
• Sofortige Anwendung in natürlichen Situationen durch <strong>de</strong>n Klienten selbst<br />
• Zur Aufrechterhaltung eines therapeutischen Erfolges sind Strategien <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstkontrolle praktisch die Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl: Im Verlauf eines therapeutischen<br />
Prozesses wer<strong>de</strong>n Fortschritte noch eher extern (durch einen Therapeuten) kontrolliert.<br />
Die Stabilisierung einer Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Umgebung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t jedoch<br />
Faktoren, die diese Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung aufrechterhalten. Therapie besteht in diesem Sinne in<br />
einer schrittweisen Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrolle durch <strong>de</strong>n Therapeuten und eine ebenso<br />
kontinuierliche Übernahme dieser Verantwortung durch <strong>de</strong>n Klienten.<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient eine Strategie zum Umgang mit seinen Problemen<br />
vermittelt bekommen. Das Erleben von Bewältigungsstrategien, die bei<br />
unterschiedlichen Problemkonstellationen eingesetzt wer<strong>de</strong>n können (�<br />
Rückfallprävention)<br />
Selbstkontrolle und Freiheit<br />
94
• Skinner (1953): Freiheit als Illusion, weil damit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>terministische Rahmen<br />
gesprengt wäre. Verhalten, Han<strong>de</strong>ln und Denken <strong>de</strong>s Menschen wird als von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Umgebung <strong>de</strong>terminiert gesehen.<br />
• Innerhalb <strong>de</strong>s reziproken Determinismus (Bandura, 1974): auch Handlungen <strong>de</strong>s<br />
Individuums selbst können als Determinanten neuer Verhaltensmuster angesehen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
• Im Mo<strong>de</strong>ll einer multiplen Regulation menschlichen Verhaltens (Kanfer, 1970)<br />
können die von einem Individuum selbst produzierten Reize als eine Einflußgröße<br />
aufgefasst wer<strong>de</strong>n. Im Systemmo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Regulation ist von einem kontinuierlichen<br />
Einfluß unterschiedlicher Faktoren auszugehen.<br />
• Freiheit o<strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle sind also keine Alles-O<strong><strong>de</strong>r</strong>-Nichts-Zustän<strong>de</strong>: Therapie<br />
sollte vielmehr dazu beitragen, das relative Ausmaß von Freiheit und Selbstkontrolle<br />
zu erhöhen.<br />
95
Dimensionen<br />
Allgemein Kognitive Therapie<br />
Beck Ellis, 1977 Meichenbaum, 1974, 1986<br />
bei Depressionen entschei<strong>de</strong>nd, <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s<br />
<strong>de</strong>pressiven Denkens zu analysieren<br />
(Übernahme in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen Raum<br />
(Hautzinger, 1993)<br />
Rational-Emotive (Verhaltens)therapie<br />
Entstehung und Durchsetzung hängen in hohem<br />
Maße mit einer für die USA typischen Haltung<br />
und Lebenseinstellung zusammen<br />
Ursachen psychischer Störungen sind in<br />
irrationalen Denkmustern zu suchen<br />
Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Rationalität: „Rational“ sind<br />
diejenigen Vorstellungen, Gedanken und<br />
Verhaltensmuster eines Menschen, die ihm<br />
helfen, zentrale Ziele anzustreben und zu<br />
erreichen.<br />
Als „irrational“ bezeichnet Ellis diejenigen<br />
Verhaltensmuster, die einen Menschen daran<br />
hin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, langfristig hedonistische Ziele zu<br />
erreichen.<br />
Ellis kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstellung von funktionalen<br />
bzw. dysfunktionalen Denk- und<br />
Verhaltensmustern von Beck sehr nahe.<br />
Kognitionen, Emotionen und Verhaltensmuster<br />
sind nicht als getrennt anzusehen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie<br />
beeinflussen einan<strong><strong>de</strong>r</strong> in komplexer Weise<br />
Ursache für Störungen: biologische Ten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s<br />
Kognitive-<strong>Verhaltenstherapie</strong><br />
Bandura,<br />
Kanfer,<br />
Mahoney, Meichenbaum<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s<br />
Selbstinstruktionstrainings & <strong>de</strong>s<br />
Stressimpfungstrainings<br />
Ziel ist nicht unbedingt die<br />
Rationalität von Gedanken zu<br />
diskutieren, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Ziel<br />
besteht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung<br />
funktionaler, zielführen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Fertigkeiten auf kognitiver und<br />
Verhaltenebene<br />
Gedanken, Gefühle und<br />
Verhalten sind interaktiv, sie<br />
bedingen einan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wenn sich die Selbstverbalisation<br />
än<strong><strong>de</strong>r</strong>t, tritt eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s<br />
autonomen Anteils <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten<br />
Emotion ein<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 96
Gedanken<br />
Ziel: Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> gedanklichen Muster.<br />
Notwendig: herausarbeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven<br />
Muster und ihrer Verzerrungen<br />
Beispiele :<br />
Dichotomes Denken:Denken in Alles-o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Nichts-Kategorien ohne Abstufungen, wie<br />
sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität gegeben sind, <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient<br />
ordnet sich selbst<br />
zumeist am Rand <strong>de</strong>s negativen Spektrums an<br />
Personalisierung: Bezug von Ereignissen<br />
auf sich selbst, ohne dass es dafür klare<br />
Hinweise gibt<br />
Übergeneralisierung:Entwicklung einer<br />
allgemeinen Regel auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage<br />
unzureichen<strong><strong>de</strong>r</strong> Information o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund<br />
eines einzelnen,isolierten Ereignisses<br />
Willkürliches Schließen:Spezielle<br />
Schlussfolgerungen ohne ausreichen<strong>de</strong> Evi<strong>de</strong>nz<br />
Selektive Abstraktion: Bezug auf Details<br />
aus einer komplexen Situation, ohne Kontext<br />
Menschen, irrational zu <strong>de</strong>nken<br />
Ziel: grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> philosophischen<br />
Einstellungen<br />
Die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Belief-System gilt als<br />
notwendige und hinreichen<strong>de</strong> Voraussetzung für<br />
eine therapeutische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (d.h. eine<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Komponente B im ABC-<br />
System)<br />
Die von Ellis (1962) angeführten logischen<br />
Fehler, die <strong>de</strong>n irrationalen Beliefs zugrun<strong>de</strong><br />
liegen, sind ganz ähnlich <strong>de</strong>n „kognitiven<br />
Verzerrungen“ bei A. Beck zu sehen.<br />
Beispiele:<br />
Alles- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nichts-Denken („Wenn ich bei einer<br />
wichtigen Aufgabe versagt habe, so ist dies ein<br />
totaler Fehler …“)<br />
Personalisieren („Ich habe es nicht gut genug<br />
gemacht, darum lachen alle über mich!“)<br />
Fokussieren auf negative Aspekte („…ich kann<br />
keine positiven Dinge im Leben sehen…!“)<br />
Nicht-Beachten positiver Aspekte („man hat<br />
mir zwar ein Kompliment gemacht, aber das war<br />
nur Freundlichkeit, um mich zu schonen…“)<br />
Perfektionismus („Ich habe etwas zwar gut<br />
gemacht, aber es müsste perfekt sein und <strong>de</strong>shalb<br />
bin ich im Grun<strong>de</strong> inkompetent!“)<br />
Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache in ihrer<br />
Funktion für die Regulation<br />
menschlichen Han<strong>de</strong>lns („innerer<br />
Monolog“)<br />
Differenzierung und Präzisierung<br />
für <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
„Kognitionen“:<br />
Kognitive Ereignisse sind i.d.R<br />
bewusste Gedanke und Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
Erwartungen<br />
Attribution<br />
Schemata<br />
Sie machen das aus, was<br />
Meichenbaum als „inneren<br />
Dialog“ bzw. „inneren Monolog“<br />
bezeichnet. Die sprachlich<br />
formulierten Gedanken sind nicht<br />
nur mit <strong>de</strong>n Gedanken, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 97
TherapeutischeInteraktion:<br />
Klient wird als gleichberechtigter Partner<br />
gesehen, <strong><strong>de</strong>r</strong> selbst <strong><strong>de</strong>r</strong> Experte für seine<br />
Probleme ist<br />
Enge Zusammenarbeit zwischen Therapeut und<br />
Klient<br />
Durchführung ist direktiv – <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut<br />
übernimmt gewissermaßen die Rolle eines<br />
Erziehers<br />
Didaktisch, sokratisches Gespräch<br />
Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> therapeutischen Beziehung wer<strong>de</strong>n<br />
natürlich auch mit Emotionen eng<br />
verknüpft<br />
Kognitive Prozesse beinhalten<br />
Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Informationsverarbeitung<br />
Kognitive Strukturen sind<br />
Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmung, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sichtweise und Konstruktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
äußeren und inneren Welt. Kelly<br />
(1969) versteht darunter<br />
„persönliche Konstrukte“, diese<br />
haben eine wichtige selektive<br />
Filterfunktion. Konstrukte<br />
beinhalten auch affektive<br />
Informationen.<br />
Gedanken tragen zur<br />
Aufschaukelung von Stress bei<br />
Selbstverbalisation bil<strong>de</strong>n eine<br />
wesentliche Komponente <strong>de</strong>s<br />
kognitiven Anteils im Umgang<br />
mit Stress- und<br />
Belastungssituationen<br />
Zusammenarbeit:<br />
Es muß sichergestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass Klient und Therapeut in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Analyse und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung<br />
<strong>de</strong>s Problems zusammenarbeiten.<br />
Dies gilt auch für die<br />
Durchführung, Evaluation und<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 98
Aktive Beteilung ist eine unbedingte<br />
Voraussetzung<br />
Während es bei Ellis stärker am Therapeuten<br />
liegt, die kognitiven Fehler herauszufin<strong>de</strong>n, ist<br />
dies bei Beck eine gemeinsame Aufgabe<br />
als wichtig, aber nicht als unabdingbar<br />
angesehen<br />
In seiner Rolle übernimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut auch die<br />
Funktion eines rationalen Mo<strong>de</strong>lls, das <strong>de</strong>n<br />
Klienten stellenweise mit Humor, mit Beispielen<br />
und mit Analysen und Hinweisen durch <strong>de</strong>n<br />
therapeutischen Prozess begleitet<br />
Es ist wichtig, dass die Klienten die<br />
lebensphilosophischen Annahmen und<br />
Grundpositionen <strong><strong>de</strong>r</strong> RET übernehmen, diese sind<br />
so eng mit einer „rationalen Lebensführung“<br />
verbun<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong>en Vermittlung als<br />
entschei<strong>de</strong>nd für eine stabile Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
angesehen wird<br />
stark aktive, direktive und pädagogischdozieren<strong>de</strong><br />
Rolle. Die Äußerungen <strong>de</strong>s<br />
Therapeuten bestehen in einer Vermittlung von<br />
Information, in Auffor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zum Nachvollzug<br />
und im Extremfall in direkten Anweisungen und<br />
Befehlen an <strong>de</strong>n Klienten<br />
Direkte Exploration <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Emotionen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
irrationalen Sätze und Annahmen<br />
Gegenpropaganda<br />
Gegensuggestion, wird eingesetzt<br />
Umsetzung <strong>de</strong>s Trainingsmanuals<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 99
TherapeutischeTechniken<br />
Kognitive<br />
Techniken<br />
Enger Verzahnung verhaltensmäßiger und<br />
kognitiver Strategien<br />
Verhaltensmäßige und kognitive Strategien<br />
wer<strong>de</strong>n durchaus aktiv und direktiv eingesetzt,<br />
um eine als zentral erachtete kognitive<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung hervorzurufen<br />
Sammeln und Aufzeichnen automatischer<br />
Gedanken<br />
Automatische Gedanken: Interpretationen<br />
eigener Fähigkeiten, von Ereignissen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Umwelt o<strong><strong>de</strong>r</strong> Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft (�<br />
kognitive Tria<strong>de</strong>). Diese automatischen<br />
Gedanken wer<strong>de</strong>n als Ursache für die<br />
Entstehung und Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Depression gesehen. Sie sind:<br />
Stereotyp<br />
Irrational<br />
Voller kognitiver Verzerrungen<br />
Auftreten<strong>de</strong> automatische Gedanken �<br />
unangenehmes Gefühl<br />
Sammlung von Gedanken � Bewusstwerdung<br />
von Selbstverbalisationen und <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Gefühlen<br />
Klient soll Gedanken als psychische<br />
Wirklichkeiten erkennen. Der Therapeut soll<br />
darauf hinweisen, dass die Gedanken<br />
Pragmatische Grundhaltung: alle Techniken, die<br />
zur Erreichung <strong>de</strong>s Ziels dienen können (breites<br />
Spektrum von Verfahren)<br />
Kogntive, emotive und verhaltensmäßige<br />
Verfahren<br />
Ersetzung durch eine wissenschaftliche, logische<br />
und realistische Lebensphilosophie<br />
Disputation: unlogischer Selbstindoktrinationen<br />
Nicht nur eine sachliche Diskussion bzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
konkreten Sätze, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine systematisches<br />
Ankämpfen gegen die zentralen irrationalen<br />
Beliefs<br />
Selbstinstruktionstraining:<br />
Mo<strong>de</strong>llernen<br />
Offene externe Anleitung<br />
Offene Selbstanleitung<br />
Ausblen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> offene<br />
Selbstanleitung<br />
Ver<strong>de</strong>ckte Selbstinstruktion<br />
Stressimpfungstraining:<br />
Informationsphase<br />
Übungsphase<br />
Anwendungsphase<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 100
unrealistisch und vorwiegend negativ sind.<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong>de</strong>n Gedanken/<br />
Zwei-Spalten-Technik<br />
• Hausaufgaben: rationale Antwort auf<br />
irrationale Gedanken<br />
• Schema: links die Kognition<br />
(automatischer Gedanke), rechts<br />
rationale Antwort<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie lernen: möglichst viele<br />
Antworten auf seine Kognitionen geben zu<br />
können<br />
Diese Zwei-Spalten-Technik führt <strong>de</strong>m<br />
Klienten auch vor Augen, dass es mehrere<br />
Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit<br />
automatischen Gedanken gibt � zusätzliche<br />
Spalte: Uminterpretation <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Ereignisse<br />
Klient soll mit <strong>de</strong>n Konsequenzen von<br />
Gedanken auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen �<br />
Katastrophengedanken � realistische<br />
Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgen<br />
Veranlassung zur realistischen<br />
Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
traumatischen) Ereignissen<br />
Bei hinreichen<strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl von Kognitionen<br />
wer<strong>de</strong>n diese zu einzelnen Themen<br />
ABC-Mo<strong>de</strong>ll<br />
Vorstellungstechniken:<br />
Negative/ positive Vorstellung<br />
Instruktionspapier<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 101
Hausaufgaben<br />
zusammengefasst � herauskristallisieren <strong>de</strong><br />
kognitiven Verzerrungen, je<strong>de</strong> Kognition kann<br />
vom Klienten auf logische Fehler in ihrer<br />
Entwicklung untersucht wer<strong>de</strong>n (Angabe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Art <strong>de</strong>s Fehlers)<br />
Umattribution<br />
Wenn die verzerrten Gedankenmuster<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert sind � Auflistung und<br />
Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Faktoren, die zu <strong>de</strong>n<br />
Situation beigetragen haben könnten<br />
Umattribution soll <strong>de</strong>n Klienten dazu<br />
veranlassen, seine eigenen Wünsche und<br />
Bedürfnisse zu i<strong>de</strong>ntifizieren und sie in<br />
Abwägung mit Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Personen zu realisieren<br />
Attribution stellt im Prinzip einen ganz<br />
wichtigen Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie dar � wichtig für<br />
Therapieerfolg<br />
Aufbau von Erwartungen<br />
Sammlung automatischer Gedanken<br />
Ziel: Erfassung von Schemata<br />
Aktivitäten:<br />
Ziel: Durchbrechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Inaktivität und<br />
Passivität <strong>de</strong>s Klienten bis zum erreichen eines<br />
adäquaten Aktivitätsniveaus<br />
Wichtig: konkrete Erfolge erleben<br />
Hilfe, in <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient sich selbst die<br />
Sinnlosigkeit und <strong>de</strong>n problematischen Charakter<br />
seiner Annahme vor Augen führen sollte.<br />
Übungen zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen, Aufgaben und<br />
Hausaufgaben spielen in <strong><strong>de</strong>r</strong> RET eine<br />
be<strong>de</strong>utsame Rolle: hier soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient zusätzlich<br />
zur Disputation lernen, dass eine verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />
(rationalere) Grundhaltung dabei hilft, reale<br />
Situationen zu bewältigen<br />
Ziel: Eigenständige Entwicklung<br />
von Bewältigungsstrategien<br />
Einsatz von Selbstverbalisation<br />
im Alltag � Generalisierung<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 102
Emotive<br />
Techniken:<br />
Austesten von Kognitionen<br />
Strategie zur Modifikation problematischer<br />
Kognitionen:<br />
Unterscheidung von Vorstellung und Fakten<br />
Überprüfen von Beobachtung: Die<br />
Interpretation und Urteile <strong>de</strong>s Klienten sollten<br />
direkt und konkret auf ihre Genauigkeit und<br />
Vollständigkeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität überprüft<br />
wer<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s zu achten ist auf<br />
„willkürliche Schlussfolgerungen“<br />
Austesten von Kognitionen: Kombination<br />
kognitiver und verhaltensorientierter Strategien:<br />
Durch eine direkte Konfrontation in <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität<br />
sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Klient prüfen, ob seine Kognitionen<br />
auch gerechtfertigt sind<br />
Ein bisher „geschlossenes“ System eines<br />
<strong>de</strong>pressiven Menschen beginnt sich zu öffnen,<br />
wenn er seine Denkmuster i<strong>de</strong>ntifiziert hat und<br />
Antworten auf seine Kognitionen gibt.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rolle: I<strong>de</strong>ntifikation von kognitiven<br />
Schemata, d.h. <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Strukturen, die die<br />
verzerrte Wahrnehmung und kognitive<br />
Verarbeitung von Ereignissen bedingen. Der<br />
Klient sollte damit lernen, nicht nur einzelne<br />
Situationen präzise und korrekt zu beurteilen, er<br />
sollte vielmehr eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung seiner<br />
Verfahren <strong>de</strong>s direkten Erlebens von Gefühlen<br />
Ziel: langfristige, kognitive Umstrukturierung<br />
psychische Probleme eines Klienten lassen sich<br />
durch emotive Metho<strong>de</strong>n allein kaum beheben,<br />
weil sie nicht <strong>de</strong>n Kern <strong><strong>de</strong>r</strong> irrationalen<br />
Denkmuster erreichen.<br />
Emotive Techniken bil<strong>de</strong>n einen gewissen<br />
Zugang zu <strong>de</strong>n kognitiven Problemen eines<br />
Klienten<br />
Den Klienten als Person voll Empathie<br />
akzeptieren<br />
Strategien <strong>de</strong>s Humors � Distanzierung von<br />
irrationalen Annahmen<br />
Strategie <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbst-Öffnung: berichten<br />
Klienten ganz offen, dass auch sie selbst<br />
keineswegs ohne Fehler sind, weisen aber<br />
daraufhin, wie es ihnen selbst gelungen ist, diese<br />
Probleme durch rationale Disputation zu<br />
bewältigen<br />
Einsatz von Sprichwörtern, Lie<strong><strong>de</strong>r</strong> und Gedichte<br />
� spielerischer Umgang mit einen Problemen<br />
(entkrampfte Haltung)<br />
Gezielte Risikoübungen: befürchtete<br />
Konsequenzen weniger problematisch als<br />
erwartet. Zentral an diesen z.T. provokanten<br />
Übungen („shame attacking exercises“) ist das<br />
direkte emotionale Erleben unangenehmer<br />
Gefühlen – und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Abklingen im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zeit<br />
Entspannungstrainings als<br />
Bewältigungsstrategie<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 103
BehavioraleTechniken:<br />
dysfunktionalen Schemata vornehmen<br />
Benennung einer Anzahl von Aktivitäten, die<br />
nach und nach mehr Zeit und Aufwand<br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n und komplexer wer<strong>de</strong>n<br />
Sinnvoll: begleiten<strong>de</strong> Kognitionen registrieren<br />
lassen � konkrete Erfahrung <strong>de</strong>s<br />
Zusammenhangs von Kognitionen und<br />
Verhalten<br />
Wichtig: Eigenaktivitäten entwickeln<br />
Ein Aktivitätsplan hilft <strong>de</strong>m Klienten, <strong>de</strong>n Tag<br />
zu strukturieren<br />
Aufgaben sind zu erledigen, nicht weil sie<br />
Freu<strong>de</strong> machen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um die<br />
Unzufrie<strong>de</strong>nheit zu reduzieren<br />
Bei Klienten mit einem insgeamt hinreichen<strong>de</strong>n<br />
Aktivitätsniveau: Schaffung eines<br />
ausgewogenen Verhältnis von erfreulichen<br />
(verstärken<strong>de</strong>n) und weniger erfreulichen (aber<br />
notwendigen) Aufgaben<br />
Mastery und Pleasure-Therapie<br />
Verlust von Verstärkerwirksamkeit:<br />
prinzipiell erfreuliche Erfahrungen wer<strong>de</strong>n von<br />
Depressiven nicht mehr als solche erlebt<br />
Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstärkerwirksamkeit auf<br />
kognitive Einstellungen zurückzuführen<br />
Buchführung: Aufgabe gemeistert: M<br />
(mastery), solche die Spaß gemacht haben, mit<br />
Üben<strong>de</strong> praktische Erfahrung, konkretes Han<strong>de</strong>ln<br />
sind wichtige Elemente in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stabilisierung<br />
neuer Gewohnheiten<br />
Konkrete Übungen in schwierigen Situationen<br />
führen dazu, dass eine Habituation und damit<br />
natürliche Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Kognitionen und<br />
Einstellungen erfolgt<br />
Gestufte Übungen � verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Erwartungen<br />
Belohnung für Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: durch<br />
entsprechen<strong>de</strong> positive Rückmeldung kann <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Klient lernen, welche rationalen Denk- und<br />
Verhaltensmuster im Sinne seiner Ziele<br />
wünschenswert und wichtig sind.<br />
Übernahme fixer Rollen („fixed role therapy,<br />
Kelly, 1955) � Ausbruch aus starren<br />
Verhaltensmuster, Übung neuer Verhaltensmuster<br />
Pragmatische Haltung: selbstverständlicher<br />
Rückgriff auf Metho<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Repertoire <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong>:<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lernens von konkreten<br />
Verhaltensmuster<br />
Training bestimmter Fertigkeiten<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 104
einem P (pleasure) kennzeichnen.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 105
IV Spezifische Therapien (Margraf 1996)<br />
Therapeutisches Vorgehen bei Paniksyndrom und Agoraphobie<br />
• Es muss berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, ob die Panikanfälle, das agorische<br />
Vermeidungsverhalten o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Beschwer<strong>de</strong>n im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen<br />
Behandlung von Panikanfällen<br />
• Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation mit internen Reizen (beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s körperlicher<br />
Symptomen) mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung von Strategien zur Bewältigung von Angst und<br />
körperlichen Symptomen und kognitiven Metho<strong>de</strong>n, die auf eine verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Interpretation<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ursprünglich als bedrohlich erlebten Angstsymptome abzielen.<br />
• Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm für Panikanfälle, Margraf<br />
& Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>, 1990<br />
• 15 Sitzungen, je ca. 50 Minuten Länge, als Einzeltherapien<br />
• Die ersten 10 Sitzungen fin<strong>de</strong>n 2x wöchentlich statt. Alle Sitzungen wer<strong>de</strong>n auf<br />
Tonband aufgenommen, und die Patienten erhalten die Aufgabe, diese Bän<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Hause<br />
anzuhören.<br />
• Die Therapie besteht aus <strong>de</strong>n Komponenten<br />
o Informationsvermittlung<br />
o Kognitive Therapie<br />
o Konfrontation mit angstauslösen<strong>de</strong>n Reizen<br />
• Grundprinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie ist es, nicht nur die Angst <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten zu reduzieren,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ihnen Fertigkeiten und Strategien zu vermitteln, die sie auch ohne Therapeuten<br />
selbständig einsetzten können<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
106
Vermittlung eines Erklärungsmo<strong>de</strong>lls<br />
• Grundlage <strong>de</strong>s Erklärungsmo<strong>de</strong>lls ist das obige psychophysiologische Mo<strong>de</strong>ll<br />
• Sowohl „spontan“ auftreten<strong>de</strong> Anfälle als auch starke Angstreaktionen in phobischen<br />
Situationen wer<strong>de</strong>n als Ergebnis eines „Teufelskreises“ aus <strong>de</strong>m individuell relevanten<br />
körperlichen Symptomen (z.B. Herzrasen, Schwin<strong>de</strong>l), Kognitionen (z.B. „Ich könnte<br />
verrückt wer<strong>de</strong>n.“) und Verhaltensweisen (z.B. Hyperventilation) dargestellt.<br />
• „Geleitetes Ent<strong>de</strong>cken“: In <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Autoren hat es sich als sehr be<strong>de</strong>utsam<br />
erwiesen, <strong>de</strong>n Teufelskreis nicht in einer Art „Frontalunterricht“ zu vermitteln, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit<br />
Hilfe gezielter Fragen <strong>de</strong>n Patienten das Mo<strong>de</strong>ll selbst ent<strong>de</strong>cken zu lassen.<br />
• Das Teufelskreismo<strong>de</strong>ll wird dann sowohl auf „spontan“ auftreten<strong>de</strong> Anfälle als auch<br />
auf übermäßige Angstreaktionen in angstauslösen<strong>de</strong>n Situationen angewen<strong>de</strong>t. Die Patienten<br />
wer<strong>de</strong>n darauf hingewiesen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsame Nenner für ihre Probleme die „Angst vor<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Angst“ sei. Ihre Deutung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome als Hinweise auf eine körperliche Bedrohung sei<br />
zwar verständlich, wür<strong>de</strong> jedoch eine vErschlimmerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome und damit <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst<br />
bewirken.<br />
• Das vermittelte Wissen wird durch Rückfragen und Rollenspiele nachgeprüft<br />
• Schriftliche Ausarbeitungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationen wer<strong>de</strong>n mit nach Hause gegeben<br />
Häufige Probleme<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
107
• Mangeln<strong>de</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong>de</strong>s Patienten mit <strong>de</strong>m psychologischen<br />
Erklärungsmo<strong>de</strong>ll<br />
• Patienten überre<strong>de</strong>n statt überzeugen wollen<br />
• „Therapeutischr Overkill“: Patienten argumentativ in die Enge treiben, „Kreuzverhör“.<br />
Korrektur <strong><strong>de</strong>r</strong> Fehlinterpretationen körperlicher Symptome<br />
Beispiel:<br />
Schwächegefühle � „Ich wer<strong>de</strong> in Ohnmacht fallen.“<br />
• Diese Fehlinterpretationen müssen verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Dazu wird ein allgemeines<br />
Korrekturschema angewen<strong>de</strong>t, das aus folgen<strong>de</strong>n 8 Schritten besteht:<br />
o I<strong>de</strong>ntifikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Fehlinterpretation<br />
o Einschätzung <strong>de</strong>s Ausmaßes, in <strong>de</strong>m die Patienten von <strong><strong>de</strong>r</strong> Fehlinterpretation<br />
überzeugt sind (0-100%), getrennt für <strong>de</strong>n Zeitpunkt während eines Panikanfalls und<br />
außerhalb eines Panikanfalls<br />
o Sammeln aller Daten, die für die Fehlinterpretation sprechen<br />
o Sammeln aller Daten, die gegen die Fehlinterpretation sprechen (diesen Schritt<br />
erst einleiten, wenn wirklich alle Argumente für die Fehlinterpretation vorliegen).<br />
o Erstellen einer alternativen Erklärung.<br />
o Sammeln aller Daten, die für die alternative Erklärung sprechen<br />
o Überzeugungsrating für die Fehlinterpretation<br />
o Überzeugungsrating für die alternativen Erklärungen<br />
• Schwieriges Verfahren<br />
• Die Korrektur <strong><strong>de</strong>r</strong> Fehlinterpretationen darf erst been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, wenn alle wichtigen<br />
Fehlinterpretationen <strong>de</strong>s Patienten besprochen wur<strong>de</strong>n<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel sind dies jedoch nicht mehr als drei.<br />
• Es sollten nie mehrere Fehlinterpretationen gleichzeitig behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
immer nur eine, um möglichst konkret und effektiv die Argumente für und gegen die<br />
Fehlinterpretationen zu formulieren.<br />
Verhaltensexperimente<br />
• Sie dienen dazu, die Fehlinterpretationen <strong>de</strong>s Patienten und die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie<br />
erarbeiteten Erklärungsalternativen im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.<br />
• Können auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation mit <strong>de</strong>n gefürchteten Symptomen dienen<br />
• Ähnlich wie bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontationsbehandlung im Rahmen von Phobien wer<strong>de</strong>n die<br />
Patienten systematisch <strong>de</strong>n angstauslösen<strong>de</strong>n Reizen ausgesetzt<br />
• Im Unterschied zu <strong>de</strong>n Phobien han<strong>de</strong>lt es sich aber hier nicht um externale Reize,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um internale Reize wie<br />
o Herzklopfen<br />
o Schwin<strong>de</strong>l<br />
o Atemnot<br />
• Weitere Therapieelemente:<br />
o Körperliche Belastungen (Treppensteigen, Kniebeugen, etc.)<br />
o Versuch „ganz normal“ zu <strong>de</strong>nken, fühlen, atmen, um auf diese Weise zu<br />
<strong>de</strong>monstrieren, dass eine übermäßige Beschäftigung mit sich selbst bzw. <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, ob man<br />
noch normal ist verunsichert und sogar das Empfin<strong>de</strong>n abnormer Zustän<strong>de</strong> hervorbringen<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
108
kann. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch, aktiv nicht an bestimmte Dinge zu <strong>de</strong>nken, ist häufig be<strong>de</strong>utsam. In<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Tat verstärkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch <strong><strong>de</strong>r</strong> aktiven Gedankenunterdrückung i.d.R <strong>de</strong>n zu<br />
unterdrücken<strong>de</strong>n Gedanken noch. Die Konsequenz aus dieser Übung lautet daher, auch<br />
unangenehme o<strong><strong>de</strong>r</strong> erschrecken<strong>de</strong> Gedanken als Teil <strong>de</strong>s normalen Bewusstseinsstroms zu<br />
akzeptieren und zuzulassen – um so eher verschwin<strong>de</strong>n sie dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Rückfallprophylaxe<br />
• Stark fluktuieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Verlauf<br />
• In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Aspekt <strong>de</strong>s Lernens von Fertigkeiten betont. Die Patienten<br />
sollen die erworbenen Strategien selbständig außerhab <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiesituation einsetzten<br />
können –Y Generalisierung<br />
• „Vorhersage“ von Fluktuationen im Angstniveau, die aber nicht als Katastrophe<br />
empfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollten. Der Rückschlag sollte nicht als „Alles-o<strong><strong>de</strong>r</strong>-Nichts-Phänomen“<br />
bewertet wer<strong>de</strong>n. Den Patienten wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterschied zwischen Rückschlägen (überwindbare<br />
temporäre Schwierigkeiten) und vollständigen Rückfällen erläutert � Diathese-Stress-Mo<strong>de</strong>ll<br />
� Motivation <strong><strong>de</strong>r</strong> Reduktion von Stressoren und Konflikten im Alltag<br />
• Hausaufgaben in möglichst vielen verschie<strong>de</strong>nen, realistischen Situationen zur<br />
Generalisierung und Verhütung von Rückfällen<br />
• Gegen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie eigene Entscheidungen bzw. Eigenverantwortung in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Therapieplanung<br />
• Selbstverstärkung geübt<br />
• Gegen En<strong>de</strong> noch mal alle früheren Fehlinterpretationen durchgehen und prüfen, on<br />
noch Zweifel an <strong>de</strong>n erarbeiteten Alternativerklärungen bestehen<br />
Wunsch nach 100% Sicherheit<br />
• Gibt es nicht!<br />
Behandlung von Agoraphobien<br />
• Konfrontation mit angstauslösen<strong>de</strong>n Situationen („Exposure“)<br />
• Unterschiedliches Vorgehen gebräuchlich:<br />
o Graduelles Vorgehen: Abstufung nach Schwierigkeit<br />
o Reizüberflutung bei schweren Phobien langfristig wirksamer: Bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Reizüberflutung beginnt die Therapie gleich mit Situationen, die mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit starke Angst auslösen wer<strong>de</strong>n. Mehrere Stun<strong>de</strong>n Konfrontation täglich an<br />
aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong>folgen<strong>de</strong>n Tagen (massierte Übung) scheint die schnellsten und stabilsten Erfolge<br />
zu bewirken. Behandlungsdauer: ca. 5 – 10 Tage, je nach Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Sitzungen<br />
o Weiterhin unterschei<strong>de</strong>n sich die einzelnen Ansätze nach Häufigkeit <strong>de</strong>s<br />
Therapeutenkontaktes. So kann ein Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungen allein o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit Unterstützung <strong>de</strong>s<br />
Partners durchgeführt wer<strong>de</strong>n<br />
Vorgehen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> massierten Reizkonfrontation<br />
Kognitive Vorbereitung<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
109
• Erklärungsmo<strong>de</strong>ll für die Angstproblematik vermitteln: Grundlage bil<strong>de</strong>t die Zwei-<br />
Faktoren-Theorie <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst, ggf. erweitert um Angaben zu Sicherheitssignalen,<br />
Prädispositionen und „Preparedness“<br />
• Vermeidungsverhalten ist zentral für die Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ängste und stabilisiert<br />
diese.<br />
• Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlaufskurve <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst in phobischen Situationen (Erwartung,<br />
Vermeidung und Habituation)<br />
• Information über die konkrete Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> massierten Reizkonfrontation im<br />
individuellen Fall geben. An dieser Stelle wird betont, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut Fluchtten<strong>de</strong>nzen<br />
während <strong><strong>de</strong>r</strong> Reizkonfrontation nicht unterstützen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird.<br />
• Be<strong>de</strong>nkzeit über mehrere Tage, in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient sich für o<strong><strong>de</strong>r</strong> gegen die Behandlung<br />
entschei<strong>de</strong>n soll � Maximierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiemotivation<br />
Massierte Reizkonfrontation<br />
• 5-10 Tage, täglich 6 -8 Stun<strong>de</strong>n<br />
• Die Situationen für die Konfrontation in vivo wer<strong>de</strong>n zuvor sehr konkret und<br />
<strong>de</strong>tailliert zusammen mit <strong>de</strong>n Patienten geplant. Dabei muss jeweils genügend Zeit für die<br />
einzelnen Situationen vorgesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
• Die Patienten wer<strong>de</strong>n instruiert, so lange in <strong>de</strong>n einzelnen Situationen zu bleiben, bis<br />
die Angst „von selbst“ geringer wird, ohne zu versuchen, die Angst zu unterdrücken o<strong><strong>de</strong>r</strong> sich<br />
abzulenken.<br />
• Die Begleitung durch die Therapeuten sollte so bald wie möglich ausgeschlichen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
• Die Patienten wer<strong>de</strong>n für die Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontationsübung (nich für<br />
Angstfreiheit) verstärkt und zur Selbstverstärkung ermutigt.<br />
• Sobald <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut sicher ist, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient kein Flucht- und<br />
Vermeidungsverhalten mehr zeigen wird, sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient in Absprache mit <strong>de</strong>m<br />
Therapeuten alleine phobische Situationen aufsuchen.<br />
• In dieser Phase fin<strong>de</strong>n noch häufig Therapeut-Patient-Kontakte statt. Diese<br />
Selbstkontrollphase gewährleistet, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient auch nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie die gelernten<br />
Fertigkeiten alleine anwen<strong>de</strong>n kann.<br />
• Zum Abschluß wird noch mal betont, dass es sich um die Vermittlung von<br />
Fertigkeiten han<strong>de</strong>lt, die selbständig auch bei wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auftreten<strong>de</strong>n Ängsten eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
können, um Rückfälle vorbeugen zu können.<br />
Empirische Überprüfung<br />
Effizienzstudien zur Behandlung von Agoraphobien<br />
• Effektivität von Konfrontationsverfahren in <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie von Angststörungen und<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Agoraphobien klar belegt (Grawe et al, 1994; u.a.)<br />
• Starke Wirkung auf die Hauptsymptomatik (Ängste & Vermeidungsverhalten), aber<br />
auch auf individuell <strong>de</strong>finierte an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Zielsymptome (Wohlbefin<strong>de</strong>n, Arbeit & Freizeit)<br />
• In keiner Studie: Verschlechterung<br />
• Insgesamt weist die massierte Konfrontation in vivo umfassen<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wirkungen auf als<br />
graduierte bzw. in-sensu-Konfrontation o<strong><strong>de</strong>r</strong> systmatische Desensiblisierung<br />
• Größtes Problem: Akzeptanz. In Deutschland lehnte 10% die Therapie ab, während<br />
bei graduellem Vorgehen die Ablehnungsquote geringer zu sein scheint<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 110<br />
Ausarbeitung!
Effizienzstudien zur Behandlung von Panikanfällen<br />
• In allen Studien wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utliche und stabile Verbesserungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> vollständige<br />
Remissionen erzielt<br />
• Meist kam es zu zusätzlichen Besserungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Katamnese, zumin<strong>de</strong>st jedoch<br />
blieben die zum En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie erzielten Fortschritte bestehen.<br />
• Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten konnten Panikanfälle langfristig völlig beseitigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
• Tatsächliche Versorgung mit angemessener Behandlung gering<br />
Behandlung von Zwängen mit offenen Zwangshandungen<br />
Konfrontation und Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
Vorgehen im Einzelnen<br />
• Willkürliche Konfrontation mit allen bislang vermie<strong>de</strong>nen Situationen<br />
• Direkte Konfrontation mit <strong>de</strong>n gefürchteten Reizen (Zwangsgedanken eingeschlossen)<br />
• I<strong>de</strong>ntifikation und Modifikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpretationen, die vom Patienten beim<br />
Auftauchen und bezüglich <strong>de</strong>s Inhalts seiner aufdringlichen Gedanken gemacht wer<strong>de</strong>n<br />
• Unterbindung von Zwangshandlungen und neutralisieren<strong>de</strong>m Verhalten und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ver<strong>de</strong>ckter Reaktionen<br />
• Höchstmöglicher Grad <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfrontation bei gleichzeitiger völliger Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von<br />
Neutralisierung<br />
• An<strong><strong>de</strong>r</strong>nfalls hätte die Neutralisierung <strong>de</strong>n Effekt, die Konfrontation vorzeitig zu<br />
been<strong>de</strong>n und die vollständige Konfrontation <strong>de</strong>s Patienten mit seinen Ängsten zu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
• Der Erfolg <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie hängt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit <strong>de</strong>s Patienten ab<br />
• Ziel ist es, dass die Patienten so früh wie möglich eigene Verantwortung für die<br />
Planung und Durchführung ihrer eigenen Behandlung übernehmen<br />
• Ausführlicher Gebrauch von Hausaufgaben � Verallgemeinerung<br />
• Bei fortgeschrittener Behandlung übernimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient nicht nur die Verantwortung<br />
dafür, die Hausaufgaben sachgerecht durchzuführen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n er plant sie auch selbst<br />
Vorstellung <strong>de</strong>s Therapierationals<br />
• Patient ermutigen seine Ängste und Sorgen anzusprechen<br />
• Es wird die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpretationen <strong><strong>de</strong>r</strong> aufdringlichen Gedanken hervorgehoben<br />
und dass mit einer Modifikation solcher Überzeugungen auch das zwanghafte Verhalten<br />
beeinflusst wer<strong>de</strong>n kann.<br />
• Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinn <strong><strong>de</strong>r</strong> extremen Konfrontation mit Situationen, die über das alltägliche<br />
Verhalten hinausgehen, muss angesprochen wer<strong>de</strong>n: Die Konfrontation mit schwierigen<br />
Situationen macht es einem leichter, alltägliche Situationen zu meistern.<br />
• Die Komponente <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung kann vermittelt wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m erklärt<br />
wird, wie wichtig es ist, sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst zu konfrontieren, ohne sie durch die Rituale<br />
einfach abzuschalten<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
111
• Der Patient soll dies mit eigenen Worten beschreiben, um sicherzugehen, dass er<br />
verstan<strong>de</strong>n hat.<br />
• Verhaltensexperimente:<br />
o Ein solches Experiment wird so angelegt, dass man danach sowohl darüber<br />
Aussagen machen kann, wie sich die Angst während<strong>de</strong>ssen verhalten hat als auch darüber,<br />
wie es sich mit <strong>de</strong>n gefürchteten Konsequenzen verhält<br />
o Dazu muss <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient in die Lage versetzt wer<strong>de</strong>n, für eine vorher festgelegte<br />
Zeit (Üblicherweise 2 Stun<strong>de</strong>n) <strong><strong>de</strong>r</strong> Neutralisierung zu wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stehen.<br />
o Diese Verhaltensexperimente können dann als Basis für weitere<br />
Konfrontationen mit Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Ausarbeitung eines Behandlungsplans<br />
• Unterscheidung kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele<br />
• Alle Konfrontationen wer<strong>de</strong>n im voraus besprochen, und es wird <strong>de</strong>m Patienten<br />
gegenüber betont, dass es „keine Überraschungen“ geben wird.<br />
• Die Reihenfolge hängt in großem Maße ab<br />
o Von <strong>de</strong>m Vertrauen <strong>de</strong>s Patienten<br />
o Vom Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Beeinträchtigung durch die verschie<strong>de</strong>nen Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Problematik<br />
o Vom Ausmaß, in <strong>de</strong>m die verschie<strong>de</strong>nen Aspekte im normalen Lebensumfeld<br />
<strong>de</strong>s Patienten auftauchen<br />
o Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bereitschaft <strong>de</strong>s Patienten, sich <strong>de</strong>n Übungen zu unterziehen<br />
• Im allgemeinen sollte diese Konfrontationsbehandlung mit einer Übung eginnen, die<br />
eine In-vivo-Konfrontation beinhaltet<br />
• Die erste Aufgabe sollte eine mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ate Schwierigkeit aufweisen<br />
• Sie sollte für die alltägliche Lebensführung <strong>de</strong>s Patienten relevant sein, so dass ein<br />
Erfolg sofort als Verstärkung dienen kann<br />
• Während allen Übungen sollten permanent die Interpretationen <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten bzgl.<br />
ihrer Gedanken im Auge behalten wer<strong>de</strong>n<br />
Vorbereitung auf die Konfrontation<br />
• Es darf keine Versuche geben, <strong>de</strong>n Patienten zu versichern, dass die einzelnen<br />
speziellen Übungen völlig ungefährlich sind<br />
• Die Konfrontation mit <strong>de</strong>n gefürchteten Reizen steigt graduell mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwierigkeit<br />
an, so dass die Therapie nicht gleich am Anfang als so unangenehm erlebt wird, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Patient nicht mehr weitermachen kann.<br />
• Am besten führt <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapeut vor einer Übung das erwünschte Verhalten <strong>de</strong>m<br />
Patienten im Sinne eines Mo<strong>de</strong>lls vor.<br />
• Mo<strong>de</strong>llernen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie:<br />
o Forschungsergebnisse noch unein<strong>de</strong>utig<br />
o Klarste Art <strong><strong>de</strong>r</strong> Demonstration, welche Verhaltensweisen während <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Konfrontation mit Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung genau erwünscht sind<br />
o Bessere Compliance<br />
o Mo<strong>de</strong>llernen schnell ausschleichen, da es <strong>de</strong>n unerwünschten Nebeneffekt hat,<br />
als starke Beruhigung zu wirken<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
112
• In <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n Wochen einer ambulanten Behandlung kann es sinnvoll sein,<br />
wenn man min<strong>de</strong>stens 2-3 Sitzungen pro Woche veranschlagt<br />
• Die Fortschritte in dieser frühen Phase sind oft beachtlich<br />
• Konfrontationsübungen in vivo dauern üblicherweise 1 bis 1 ½ Stun<strong>de</strong>n, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Therapeut am Anfang min<strong>de</strong>stens 3 Stun<strong>de</strong>n freihalten sollte, um die Sitzungen verlängern zu<br />
können.<br />
• Es ist nachteilig eine Sitzung auf <strong>de</strong>m höchsten Niveau <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst zu been<strong>de</strong>n, die<br />
Sitzung sollte dann verlängert wer<strong>de</strong>n, bis es zumin<strong>de</strong>st zu einer gewissen Reduktion <strong>de</strong>s<br />
Unbehagens gekommen ist<br />
• Nach 2 Wochen können die Abstän<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen auf 7 bis 14 Tage<br />
verlängert wer<strong>de</strong>n<br />
• Zunahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausaufgaben:<br />
o In allen Sitzungen und bei <strong>de</strong>n Hausaufgaben schätzt <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient sein<br />
Unbehagen und <strong>de</strong>n Drang zur Neutralisierung anhand eines Ratings ein � Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Compliance, Analyse von Schwierigkeiten<br />
o Zunahme selbstgesteuerter Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Vermeidung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Neutralisierung<br />
• Konfrontation mit Verantwortlichkeit:<br />
o Besprechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle von Sorgen bzgl. <strong>de</strong>m Thema Verantwortung<br />
o Patient muss eine Hausaufgabe vollständig selbst planen ohne Details im<br />
voraus mit <strong>de</strong>m Theraeuten zu besprechen<br />
Rückversicherung<br />
• Die Suche nach Rückversicherung und Beruhigung ist ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Merkmal von<br />
Zwängen<br />
• Auch die Angehörigen sollten z.B. wie folgt han<strong>de</strong>ln, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient nach<br />
Rückversicherung fragt:<br />
o „Die therapeutische Anweisung besagt, dass ich solche Fragen nicht<br />
beantworten soll“<br />
o Dies kann mit Rollenspielen zuvor geübt wer<strong>de</strong>n, damit sie nicht abweisend<br />
wirkt.<br />
Kognitive Behandlung<br />
• Entwicklung eines umfassen<strong>de</strong>n, kognitiv-behavioralen Mo<strong>de</strong>lls <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwangsproblematik. Dazu gehört die I<strong>de</strong>ntifikation entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
verzerrter Überzeugungen und die gemeinsame Erarbeitung einer nichtbedrohlichen,<br />
alternativen Sichtweise <strong><strong>de</strong>r</strong> zwanghaften Erfahrungen<br />
• Detaillierte I<strong>de</strong>ntifikation und Selbstbeobachtung von Zwangsgedanken und <strong>de</strong>n<br />
zugehörigen Bewertungen durch <strong>de</strong>n Patienten wer<strong>de</strong>n kombiniert mit Aufgaben, die <strong>de</strong>m<br />
Patienten helfen sollen, die Überzeugungen bzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortlichkeit in kleinen Schritten<br />
zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
• Diskussionstechniken: Hinterfragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertungen und <strong><strong>de</strong>r</strong> grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Annahmen, auf <strong>de</strong>nen diese basieren. Ziel ist die Modifikation <strong><strong>de</strong>r</strong> negativen Überzeugungen<br />
<strong>de</strong>s Patienten bzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen persönlichen Verantwortlichkeit<br />
• Durchführung von Verhaltensexperimenten, um direkte Bewertungen, annahmen und<br />
Prozesse zu testen, von <strong>de</strong>nen angenommen wird, dass sie bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwangsproblematik <strong>de</strong>s<br />
Patienten beteiligt sind<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 113<br />
Ausarbeitung!
• Es wird <strong>de</strong>m Patienten dabei geholfen, grundlegen<strong>de</strong> allgemeine Annahmen, die zur<br />
Fehlinterpretation <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen kognitiven Aktivität führen, zu i<strong>de</strong>ntifizieren und zu<br />
modifizieren<br />
• Diese Therapiemetho<strong>de</strong> ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wirksam bei Patienten, die zu ängstlich sind, um<br />
sich voll auf die Konfrontation mit Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung einzulassen, da die kognitiven<br />
Elemente sich direkt auf die Überzeugungen beziehen, die das Unbehagen verursachen und<br />
die die Zwangshandlungen auslösen und motivieren.<br />
• Die kognitive Therapie versucht, die Fehlinterpretationen, die die Patienten dazu<br />
verleiten, ihre Rituale zu vollziehen, zu i<strong>de</strong>ntifizieren und zu hinterfragen, so dass das<br />
Unterbin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwangshandlungen vom Patienten als weniger gefährlich wahrgenommen<br />
wird.<br />
Mögliche Schwierigkeiten im Therapieverlauf<br />
• Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie können v.a. 3 Schwierigkeiten auftauchen:<br />
o Es fin<strong>de</strong>t keine Habituation (Angstreduktion) in <strong>de</strong>n Konfrontationsübungen<br />
statt � Konfrontation zu kurz, Nebendiagnose Depression<br />
o Trotz völliger Compliance gibt es zwischen <strong>de</strong>n Sitzungen kaum Fortschritte<br />
� Patienten können sich von <strong>de</strong>n angstauslösen<strong>de</strong>n Reizen ablenken bzw. ihre Angst durch<br />
neutralisieren reduzieren<br />
o Non-Compliance<br />
Behandlung von Zwängen ohne offene Zwangshandlungen<br />
• Schwierige Variante <strong>de</strong>s Zwangssndroms, da die Vermeidung und die Neutralisierung<br />
fast völlig ver<strong>de</strong>ckt ablaufen und <strong>de</strong>shalb beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s schwer zugänglich und zu kontrollieren<br />
sind.<br />
• Das oben angeführte Therapierational benötigt für diesen Fall nur eine kleine<br />
Erweiterung, nämlich die Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle kognitiver Neutralisierung und<br />
Vermeidung, welche schwer zu ent<strong>de</strong>cken und zu kontrollieren sind.<br />
Behandlungselemente<br />
• Die Behandlung besteht zunächst aus einer kognitiven Neubewertung. Dieser folgt ein<br />
Habituationstraining, um damit die kognitive Alternative zum Problem <strong>de</strong>s Patienten zu<br />
bestätigen<br />
• Habituationstraining:<br />
o Training, wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt und vorhersagbar bislang gefürchtete Gedanken so lange<br />
zu <strong>de</strong>nken, bis von selbst eine Angstreduktion eintritt, während zur selben Zeit jegliche<br />
ver<strong>de</strong>ckte Vermeidung o<strong><strong>de</strong>r</strong> neutralisieren<strong>de</strong> Verhaltensweisen unterlassen wer<strong>de</strong>n<br />
o Wenn eine Habituation gegenüber vorhersagbaren Reizen erreicht wur<strong>de</strong>, geht<br />
die Behandlung zu weniger vorhersagbaren Reizen über<br />
• Um die Gedanken wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt in einer vorhersagbaren Art und Weise zu präsentieren,<br />
gibt es mehrere Metho<strong>de</strong>n:<br />
o Willkürliches Hervorrufen von Gedanken<br />
o Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holtes Aufschreiben <strong>de</strong>s Gedankens<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
114
o Abhören eines Endlosban<strong>de</strong>s, das <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient selbst mit <strong>de</strong>n Gedanken auf<br />
Kassette gesprochen hat<br />
o Eine Kombination dieser Strategie kann beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wirksam sein, in<strong>de</strong>m man<br />
mit <strong>de</strong>m Endlosband beginnt.<br />
o Auf <strong>de</strong>m Band darf kein neutralisieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Gedanke sein!<br />
o Der Patient wird dazu angehalten, sich das Band so genau wie möglich und<br />
ohne zu neutralisieren 10mal hintereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> anzuhören.<br />
o Nach je<strong>de</strong>m Durchgang wer<strong>de</strong>n das Unbehagen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Drang zu<br />
neutralisieren auf einer Skala von 0-100 eingeschätzt.<br />
o Nach <strong>de</strong>m Anhören wer<strong>de</strong>n alle Impulse, zu vermei<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu neutralisieren<br />
besprochen.<br />
o Übungen min<strong>de</strong>stens 2x täglich, am besten solange bis sich die Angst auf<br />
min<strong>de</strong>stens 50% <strong>de</strong>s maximalen Niveaus während <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungen reduziert hat.<br />
o Zusätzlich wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient angehalten, jegliches neutralisieren während <strong>de</strong>s<br />
Tages zu unterbin<strong>de</strong>n und Aufzeichnungen über das Auftauchen von Gedanken, Unbehagen<br />
und <strong>de</strong>m Drang zu neutralisieren zu führen<br />
o Üblicherweise fin<strong>de</strong>t eine Generalisierung statt.<br />
• Spezifische Techniken, um die Generalisierung zu erhöhen:<br />
o Der Patient hört sich das Band in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s schwierigen Situationen an<br />
o Der Patient soll sich sein Band anhören, wenn er auch wirklich ängstlich ist,<br />
entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> von natürlichem Stress o<strong><strong>de</strong>r</strong> bei geplanten Stress<br />
o Willkürliches Variieren <strong>de</strong> Habituation auf <strong>de</strong>m Band, laute Störgeräusche<br />
Alternative Behandlungsmetho<strong>de</strong>n<br />
Medikamentöse Ansätze<br />
Eine Metaanalyse mehrerer Effekticitätsstudien ergab, dass eine anti<strong>de</strong>pressive Medikation,<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e SSRI, eine direkte Wirkung auf Zwänge ausüben, Christensen et al., 1987. Hohe<br />
Rückfallquoten nach Absetzten (90% innerhalb von 7 Wochen).<br />
Psychochirurgische Maßnahmen<br />
Rachman, 1979: keine Belege für die Wirksamkeit<br />
Stationäre Behandlung<br />
• Selten notwendig<br />
• Schlechtere Generalisierung in <strong>de</strong>n Alltag<br />
• Aufnahme sollte im voraus geplant wer<strong>de</strong>n und zeitlich begrenzt sein (möglichst nur 1<br />
Woche)<br />
• Zum Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme ist es angezeigt, rund um die Uhr bei gleichzeitiger<br />
Reaktionsverhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zu konfrontieren; Generalisierungsübungen für <strong>de</strong>n Alltag sollten<br />
bereits vom 2 Tag an beginnen, und dabei sollten von Anfang an begleitete Besuche zu Hause<br />
auf <strong>de</strong>m Programm stehen.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
115
2. Spezifische Phobien<br />
2.1. Einleitung<br />
Seit <strong>de</strong>n 60er Jahren sind die spezifischen Phobien als eigenständiges Krankheitsbild<br />
anerkannt.<br />
Menschen, die an einer spezifischen Phobie lei<strong>de</strong>n haben Angst vor einem klar<br />
umschriebenen Objekt o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Situation (im Gegensatz zu Agoraphobie o<strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialphobie,<br />
wo eine Vielzahl verschie<strong>de</strong>ner Situationen gefürchtet und gemie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n). Die<br />
Entwicklung von Folgeproblemen (Depression, Abhängigkeit) ist be<strong>de</strong>utend seltener als bei<br />
Agoraphobie und Sozialphobie.<br />
2.2. Diagnostische Kriterien<br />
DSM-IV Kriterien <strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen Phobie (im DSM-III: einfache Phobien):<br />
A. Durch die Anwesenheit o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Erwartung eines spezifischen Objektes o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer<br />
spezifischen Situation ausgelöste Angst (z.B. Fliegen, Höhen, Tiere, Spritzen, Blut)<br />
B. Die Konfrontation mit <strong>de</strong>m spezifischen Stimulus löst fast immer eine unmittelbare<br />
Angstreaktion aus, die die Form eines Angstanfalls annehmen kann.<br />
C. Die phobischen Stimuli wer<strong>de</strong>n vermie<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit starker Angst ertragen.<br />
D. Die Person erkennt, dass die Angst übertrieben o<strong><strong>de</strong>r</strong> unvernünftig ist.<br />
E. Die Vermeidung o<strong><strong>de</strong>r</strong> die ängstlichen Erwartungen verursachen ausgeprägtes Lei<strong>de</strong>n<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> beeinträchtigen die berufliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> soziale Funktionsfähigkeit.<br />
F. Die Angst o<strong><strong>de</strong>r</strong> die phobische Vermeidung steht nicht in Zusammenhang mit einer<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en psychischen Störung, z.B.<br />
- nicht Angst vor Verunreinigung (Zwangssyndrom)<br />
- nicht Vermeidung von Hinweisreizen auf einen vergangenen schweren Stressor<br />
(posttraumatische Belastungsstörung)<br />
- nicht Vermeidung sozialer Situationen aufgrund von Peinlichkeit (Sozialphobie)<br />
- nicht Angst vor unerwartetem Angstanfall (Paniksyndrom)<br />
- nicht agoraphobisches Vermeidungsverhalten<br />
Spezifische Untergruppen:<br />
1. natürliche Umgebung (Tieren, Insekte, Sturm, Wasser)<br />
2. Blut, Spritzen, Verletzungen<br />
3. situativ (Autos, Flugzeuge, Höhne, Aufzüge, Tunnel, Brücken)<br />
4. sonstige (z.B. phobische Vermeidung von Situationen, die zum ersticken, zum Erbrechen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Krampfanfällen führen können.)<br />
2.3. Prävalenz<br />
Die Prävalenzrate <strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen Phobien schwankt international betrachtet <strong>de</strong>utlich: 5,9%<br />
in Neuseeland, 15,1% in <strong>de</strong>n USA.. Nach irgendwelchen Daten soll sogar mehr als die Hälfte<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung während ihres Lebens einmal eine irgendwie geartete spezifische Phobie<br />
haben.<br />
In allen epi<strong>de</strong>miologischen Studien wur<strong>de</strong>n signifikant höhere Prävalenzraten für Frauen als<br />
für Männer gefun<strong>de</strong>n.<br />
2.4. Überblick über Therapieerfolgsstudien<br />
2.4.1. Spezifische Phobien<br />
Höhenphobie<br />
Die Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl ist das angeleitete Erfolgslernen (WILLIAMS, 1984) (= „gui<strong>de</strong>d<br />
mastery“ = teilnehmen<strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernen (BANDURA, 1969)). Der Patient soll dabei die<br />
allerschwierigsten Situationen so schnell wie möglich angehen. Der Therapeut kann bei<br />
Bedarf folgen<strong>de</strong> Hilfen geben:<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
116
� Beherrschen von Unteraufgaben (noch etwas weiter weg vom Gelän<strong><strong>de</strong>r</strong> hinsetzen und<br />
sich erst zunehmend nähern)<br />
� Nahziele (in<strong>de</strong>m sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient Zwischenzielen widmet)<br />
� Tätliche Unterstützung (Führen am Arm)<br />
� Gestufte Konfrontationsdauer (Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bearbeitung wird zunehmend erhöht)<br />
� Mo<strong>de</strong>llernen (Therapeut macht es vor)<br />
� Unterbindung von Abwehrmanöver (Patient soll es besser machen und Abwehr<br />
unterlassen)<br />
� Variieren<strong>de</strong> Ausführung<br />
(Studie: 62% (87%) <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten habe in Verhaltenstest nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung alle Übungen<br />
durchgeführt.<br />
Tierphobien<br />
Die meisten Studien zu Tierphobien beschäftigen sich mit Spinnen- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schlangenphobien.<br />
Sie zeigen, dass teilnehmen<strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llernen (TM) signifikant besser ist als systematische<br />
Desensibilisierung und Wartelistenkontrollgruppe.<br />
Die im folgen<strong>de</strong>n vorgestellte Behandlungsmetho<strong>de</strong> für Tier- (Spinnen-)phobie entwickelte<br />
ÖST (1989). Sie besteht aus massierter Konfrontation kombiniert mit teilnehmen<strong>de</strong>m<br />
Mo<strong>de</strong>llernen:<br />
- Ausarbeitung eines <strong>de</strong>taillierten Therapierationals<br />
Therapierational = Erklärungsmo<strong>de</strong>ll für ein Problem bzw. eine Störung, aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Interventionsmetho<strong>de</strong>n abgeleitet wer<strong>de</strong>n können und das die Transparenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie für<br />
<strong>de</strong>n Patienten erhöht.<br />
- erste Sitzung kann bis zu 3 Stun<strong>de</strong>n dauern, in <strong><strong>de</strong>r</strong> vier o<strong><strong>de</strong>r</strong> fünf Spinnen zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Größe eingesetzt wer<strong>de</strong>n:<br />
- je<strong><strong>de</strong>r</strong> Schritt wird vom Therapeuten als Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>monstriert �<br />
- 1. Aufgabe: Spinne mit Glas Papier fangen und so tun als ob man sie hinaus bringt<br />
- 2. Aufgabe: Berühren <strong><strong>de</strong>r</strong> Spinne<br />
- 3. Aufgabe: Spinne in die Hand nehmen<br />
- usw. (evtl. bis Spinne im Gesicht)<br />
- Übungen so lange, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient sich mit nur noch wenig o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar keiner Angst mehr<br />
mit <strong>de</strong>n Spinnen befassen kann (Subjective Units of Discomfort Scale SUDS)<br />
- wird auf Vi<strong>de</strong>o aufgenommen, damit Patient sich an die Übungen besser „erinnern“<br />
kann<br />
� Diese Behandlung ist als 1-Session-Behandlung effektiver als an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Behandlungsformen<br />
Blut-, Verletzungs- und Spritzenphobie<br />
Die Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> angewandten Anspannung („applied tension“) wird am Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Blutphobie erläutert. Das beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e an <strong><strong>de</strong>r</strong> Blutphobie und worin sie sich von allen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Typen spezifischer Phobien unterschei<strong>de</strong>t ist, dass viele Patienten eine Geschichte von<br />
tatsächlichen Ohnmachtsanfällen in <strong><strong>de</strong>r</strong> phobischen Situation aufweisen. Sie zeigen bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Konfrontation ein spezifische autonome Reaktion ,bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Herzrate und Blutdruck zunächst<br />
ansteigen (wie bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Phobien auch), dann aber rapi<strong>de</strong> abfallen, was gelegentlich zur<br />
Ohnmacht führt. Die angewandte Anspannung richtet sich direkt auf diese physiologische<br />
Reaktion:<br />
- erste Sitzung: Es wird eine Verhaltensanalyse erstellt und <strong>de</strong>m Patienten<br />
Anspannungstechniken beigebracht.<br />
- zweite Sitzung: Diapräsentation von Verletzten. Der Patient soll auf nahen<strong>de</strong><br />
Ohnmachtsanzeichen achten und bei erstem Auftreten Anspannungstechniken einsetzen, aber<br />
Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> weiter betrachten und dies so lange tun, bis autonome Reaktion been<strong>de</strong>t ist<br />
- vierte Sitzung: ab in <strong>de</strong>n Blutspen<strong>de</strong>dienst und was gutes für die Volksgesundheit tun.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
117
- fünfte Sitzung: nach <strong>de</strong>m Beiwohnen einer Operation am offene Herzen<br />
� Forschung zeigt, dass es nicht notwendig ist Konfrontation mit blutphobischen Reizen<br />
einzusetzen. Es müssen <strong>de</strong>m Patienten lediglich effektive Coping-Technik beigebracht<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
- die Anspannungstechnik<br />
- wie man die Anzeichen einer nahen<strong>de</strong>n Ohnmacht bemerkt<br />
- wann und wie die Anspannungstechnik eingesetzt wird<br />
Die Spritzenphobie ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Blutphobie sehr ähnlich, kann aber Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n<br />
Befürchtungen, z.B. <strong>de</strong>n Schmerz beim Einstechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Na<strong>de</strong>l, aufweisen. Nur bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Ten<strong>de</strong>nz in Ohnmacht zu fallen ist die applied-tension Metho<strong>de</strong> angebracht, ansonsten einfach<br />
Konfrontation.<br />
Klaustrophobie<br />
Folgen<strong>de</strong> Therapien sind praktikabel:<br />
- Konfrontation in vivo (für Patienten, die verhaltensmäßig auf die phobische Situation (z.B.<br />
kleines Zimmer) reagieren)<br />
- angewandte Entspannung (für Patienten, die eher körperlich reagieren)<br />
- 1-Session-Konfrontationsbehandlung<br />
Zahnarztphobie<br />
Die am besten entwickelte Behandlungsmetho<strong>de</strong> für die Zahnarztphobie ist das<br />
Breitspektrumprogramm (BERGGREN & CARLSSON, 1984). Diese psychophysiologische<br />
Therapie besteht aus: - systematischer Desensibilisierung<br />
- EMG- Biofeedback<br />
- Mo<strong>de</strong>llernen durch Vi<strong>de</strong>o<br />
Flugphobien<br />
Mögliche (nach Forschung gleich gute) Therapien sind: systematische Desensibilisierung,<br />
Implosion (= Konfrontation in sensu), Flooding (= Reizüberflutung) und Entspannung. Auch<br />
eine Manual gesteuerte Form <strong>de</strong>s Selbstinstruktionstrainings (Therapierational,<br />
Entspannungstraining, Bewältigungsstrategien) schnei<strong>de</strong>t gut ab.<br />
2.5. Kontrollgruppenvergleiche<br />
2.5.1. Vergleich mit Nicht-Behandlung<br />
In 90% <strong><strong>de</strong>r</strong> Studien erzielen die aktiven Behandlungsbedingungen signifikant bessere<br />
Ergebnisse als die Nichtbehandlung.<br />
2.5.2. Vergleich mit Aufmerksamkeitskontrollgruppe<br />
Die Kontrollgruppe erhält z.B. ein Entspannungstraining, das dann mit eigentlichen<br />
Behandlung verglichen wird, aber eben auch eigene Effekte haben kann. So zeigte sich z.B.,<br />
dass ein Entspannungstraining eine effektive Behandlung für Zahnarztphobie ist. Daher sind<br />
hier die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Studien nicht gar so gut.<br />
2.6. Klinisch signifikante Verbesserung (KSV)<br />
Neben Kontrollgruppendifferenzen ist das Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> klinisch signifikanten Verbesserung<br />
(KSV) durch die Behandlungsform entschei<strong>de</strong>nd. Zwei wichtige Kriterien dafür sind:<br />
- Der Unterschied zwischen Vor- und Nachuntersuchung muss für <strong>de</strong>n Patienten statistisch<br />
signifikant sein.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
118
- Der Wert <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachuntersuchung muss im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Population bzw.<br />
außerhalb <strong>de</strong>s Bereichs <strong><strong>de</strong>r</strong> Patientenpopulation liegen (<strong>de</strong>finiert als Mittelwert ±2<br />
Standardabweichungen)<br />
Diese Metho<strong>de</strong> wird aber selten angewandt.<br />
2.6.1. Effizienzstudien mit KSV bei spezifischen Phobien<br />
Bei Interesse nachzulesen auf Seite 37/38.<br />
2.7. Schlußfolgerungen<br />
2.7.1. Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl<br />
Aus <strong>de</strong>n Studien wird folgen<strong>de</strong>s abgeleitet:<br />
Legt man die jeweils erfolgreichste Behandlungsmetho<strong>de</strong> zugrun<strong>de</strong>, so läßt sich bei <strong>de</strong>n<br />
spezifischen Phobien in 77-95% <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle eine klinische Verbesserung erzielen.<br />
Behaviorale Behandlungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl bei spezifischen Phobien:<br />
Höhenphobie gui<strong>de</strong>d mastery (= teiln. Mo<strong>de</strong>llernen)<br />
Tierphobie gui<strong>de</strong>d mastery (= teiln. Mo<strong>de</strong>llernen)<br />
Blut- & Verletzungsphobien applied tension (angewandte Anspannung)<br />
Spritzenphobie 1-session-Konfrontation in vivo<br />
Klaustrophobie angewandte Entspannung<br />
1-Session-Konfrontation in vivo<br />
Zahnarztphobie Breitspektrumprogramm<br />
systematische Desensibilisierung<br />
Coping-Techniken<br />
Flugphobien Coping-Techniken<br />
1-session-Konfrontation in vivo<br />
3. Sozialphobie<br />
3.1. Beschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Störung<br />
3.1.1. Definition<br />
Die Definition im DSM-IV ist gegenüber früheren Definitionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialphobie <strong>de</strong>utlich<br />
erweitert, in<strong>de</strong>m das Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> gefürchteten sozialen Situationen <strong>de</strong>utlich größer und die<br />
durch die Störung bedingten Beeinflussungen umfassen<strong><strong>de</strong>r</strong> sein können. Für Sozialphobiker,<br />
die die meisten sozialen Situationen fürchten ist ein Generalisierter Subtypus eingeführt<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Nach ICD-10 ist die Sozialphobie die „Angst in vergleichsweise kleinen Gruppen (im<br />
Gegensatz zu Menschenmengen) im Mittelpunkt zu stehen. Diese Angst führt dazu soziale<br />
Situationen zu mei<strong>de</strong>n.“ Es sind sowohl Ängste vor Beobachtung als auch Ängste vor<br />
Interaktionen aufgeführt. Das Vermeidungsverhalten ist hier wichtiges diagnostisches<br />
Kriterium (während es im DSM-IV „nur“ Symptom ist, hier gibt es auch Sozialphobiker, die<br />
die phobischen Situationen unter großem Unbehagen ertragen).<br />
3.1.2. Prävalenz und Störungsbeginn<br />
Mit einem gemittelten Wert für die Lebenszeitprävalenz von 13,3% stellt die Sozialphobie in<br />
<strong>de</strong>n USA nach Major Depression und Alkoholismus die dritthäufigste psychische Störung dar.<br />
Frauen sind häufiger betroffen, obwohl sich mehr Männer in Behandlung befin<strong>de</strong>n. Dieser<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch kann mit soziokulturellen Normen erklärt wer<strong>de</strong>n: Männer lei<strong>de</strong>n stärker unter<br />
<strong>de</strong>n Angstsymptomen, weil diese Eigenschaften nicht in die Stereotypen und kulturell<br />
akzeptierten Normen von Männlichkeit passen, während schüchterne Frauen <strong>de</strong>m stereotypen<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
119
Frauenbild entsprechen und somit weniger Bedürfnis verspüren die Problematik ihrer Ängste<br />
zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Häufig mel<strong>de</strong>n sich Sozialphobiker mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Problemen zur Therapie (z.B.<br />
Alkoholmißbrauch), <strong>de</strong>nn viele fürchten, dass eine Offenbarung ihrer Ängste nur in<br />
Peinlichkeit und negativer Beurteilung durch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e en<strong>de</strong>n kann.<br />
Nach einer Studie liegt das Erstauftrittsalter bei 91% vor <strong>de</strong>m 25. Lebensjahr (Mittel: 15,5).<br />
Das Erstauftrittsalter hängt von <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Untergruppe ab: nicht-generalisierte<br />
Sozialphobie 22,6 Jahre; generalisierte Sozialphobie 13 Jahre.<br />
3.2. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Störungskonzepte<br />
3.2.1. Bestandteile von Ätiologiemo<strong>de</strong>llen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialphobie<br />
Erhöhte Selbstaufmerksamkeit<br />
Nach BUSS (1980) tendieren Sozialphobiker zu hohen Werten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Dimension<br />
Selbstaufmerksamkeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit und sind übermäßig sensibel gegenüber sozialbewerten<strong>de</strong>n<br />
Reizen und reagieren stärker und negativer auf <strong>de</strong>n Ausgang sozialer Ereignisse.<br />
Nach HARTMAN (1983) haben sozial ängstliche Personen exzessive auf sich selbst<br />
gerichtete Metakognitionen. Das be<strong>de</strong>utet, sie überwachen die kognitiven wahrnehmen<strong>de</strong>n,<br />
physiologischen und motorischen Prozesse, die normalerweise automatisch ablaufen, was die<br />
Personen dann von sozialen Interaktionen distanziert, was wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um zu Ängstlichkeit und<br />
inkompetenten Sozialverhalten führt.<br />
Aus <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n zwei Ätiologiemo<strong>de</strong>llen können auch Behandlungsziele und -strategien<br />
abgeleitet wer<strong>de</strong>n:<br />
Das Selbstdarstellungsmo<strong>de</strong>ll (SCHLENKER & LEARY, 1982)<br />
Angst entsteht aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwartung o<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>m Erleben sozialer Bewertung in wirklichen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> vorgestellten Situationen. Die Person hat das Ziel, auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e einen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Eindruck<br />
zu machen und bezweifelt seine Fähigkeit dies zu erreichen. Für das Auftreten sozialer Angst<br />
ist die Motivation, einen guten Eindruck zu machen und die Wahrnehmung mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Selbstwirksamkeit von Be<strong>de</strong>utung.<br />
Das Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Vulnerabilität (BECK & EMERY, 1985)<br />
Ein kognitives Schema ist ein grundlegen<strong>de</strong> kognitive Struktur, die die Informationsverarbeitung<br />
leitet, und wahrgenommene Objekte klassifiziert und interpretiert. Schemata<br />
helfen <strong>de</strong>m Individuum, sich an Situationen anzupassen, selektiv relevante Information<br />
abzurufen und relevante Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> laufen<strong>de</strong>n Situation auszuwählen. Mehrere Schemata<br />
wer<strong>de</strong>n in Modi zusammengefaßt und können selektive Aufmerksamkeit erzeugen.<br />
Personen mit Angststörungen han<strong>de</strong>ln im Vulnerabilitätsmodus. Im Vulnerabilitätsmodus<br />
lenkt die Person ihre Aufmerksamkeit auf die eignen Schwächen o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf früheres Versagen.<br />
Diskrepante Informationen wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m jeweiligen Schema verzerrt o<strong><strong>de</strong>r</strong> ausgeschlossen<br />
(z.B. durch Minimieren <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenenStärken). Die kognitiven Verzerrungen (z.B. unlogische &<br />
negative Gedanken) hin<strong><strong>de</strong>r</strong>n Sozialphobiker daran, die Bedrohung, die in einer sozialen<br />
Situation besteht, und die eigene Selbstwirksamkeit richtig einzuschätzen, wobei sie sich<br />
dadurch auszeichnen, dass sie übermäßig wachsam gegenüber solchen sozialen Bedrohungen<br />
sind.<br />
Außer<strong>de</strong>m kommt es zu selbsterfüllen<strong>de</strong>n Prophezeiungen (z.B. in einem Gespräch nichts zu<br />
sagen zu haben).<br />
Die antizipierten negativen Erfahrungen halten Sozialphobiker von sozialen Situationen fern<br />
und verstärken so die verzerrten Kognitionen <strong>de</strong>s Vulnerabilitätsmodus.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
120
3.2.2. Ein integriertes kognitiv-behaviorales Mo<strong>de</strong>ll<br />
HEIMBERG (1995) hat ein integriertes kognitiv-behaviorales Ätiologiemo<strong>de</strong>ll<br />
vorgeschlagen, das ein Diathese-Stress-Mo<strong>de</strong>ll <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialphobie ist (das heißt, dass<br />
genetische Disposition bei entsprechen<strong>de</strong>n Umweltbelastungen zur Störung führt).<br />
Eine genetische Disposition trifft auf eine Sensibilisierung durch Umwelteinflüsse. Das sind<br />
Umgebungsfaktoren wie Eltern, die selbst sozial ängstlich waren und so als Vorbild fungiert<br />
haben o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn die Eltern ihre Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> sozial isolieren. Auch frühe negative Erfahrungen mit<br />
Peers o<strong><strong>de</strong>r</strong> gegengeschlechtlichen Partnern können Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> sensibilisieren. Hieraus entwickelt<br />
sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Glaube, dass soziale Begegnungen Bedrohungen <strong>de</strong>s Selbstwertgefühls o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
eigenen sozialen Stellung darstellen. Es wird versucht negative soziale Erlebnisse zu<br />
vermei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m die Personen versuchen sich perfekt zu verhalten. Da sie das (wie niemand<br />
sonst) nicht schaffen können, kommen sie zu <strong>de</strong>m Schluß, dass ihr Verhalten so bewertet<br />
wird, dass es zu Erniedrigung, Verlegenheit, Zurückweisung und Statusverlust kommt. Diese<br />
Überzeugung führt dazu, dass sie sich sozialen Situationen nur besorgt nähern, bzw. sie wenn<br />
immer möglich vermei<strong>de</strong>n. Sie heben die Gefahrenreize in sozialen Situationen verstärkt<br />
hervor und erleben physiologische Erregung. Diese Angstsymptome wer<strong>de</strong>n als „Beweis“ für<br />
die Gefahr ge<strong>de</strong>utet und es besteht die Sorge, dass ihre Angst bemerkt wird und zu negativer<br />
Bewertung führt. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> dieser Prozesse kann die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en verstärken, sodass es zu einer<br />
raschen Eskalation von Angst kommen kann.<br />
Empirische Befun<strong>de</strong><br />
- Sozialphobiker halten ihre Eltern für eher überbehütend, <strong>de</strong>n Vater zurücksweisend, die<br />
Mutter sozial Ängstlich<br />
- Außer<strong>de</strong>m berichten sie, dass ihre Eltern weniger soziale Aktivitäten gemacht haben, und<br />
sie abhielten eigene Erfahrungen zu machen und großes Gewicht auf die Meinung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
legten und Scham als Disziplinierungsmaßnahme einsetzten.<br />
- Sozialphobiker befürchten, dass soziale Situationen negative Ergebnisse nach sich ziehen<br />
und sie mit diesen nicht umgehen können<br />
- Attributionsstil: negativer Ausgang einer Situation � auf sich (eigene Unzulänglichkeit)<br />
positiver Ausgang � externe Faktoren (Glück, wohlwollen<strong>de</strong>s<br />
Verhalten an<strong><strong>de</strong>r</strong>er)<br />
- Sozialphobiker haben ein Übermaß an negativen selbstbezogenen Gedanken<br />
- Sie erleben verstärkte Erregung in sozialen Situationen<br />
- Sie überschätzen die Wahrscheinlichkeit mit <strong><strong>de</strong>r</strong> ihre körperlichen Symptome von<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en wahrgenommen wer<strong>de</strong>n<br />
3.3. Therapeutisches Vorgehen<br />
3.3.1. Einführen<strong>de</strong> Bemerkungen zur kognitiv-behavioralen Gruppentherapie<br />
(KBGT)<br />
Vorgestellt wird die kognitiv-behaviorale Gruppentherapie, wie sie von HEIMBERG<br />
entwickelt wur<strong>de</strong>.<br />
Allgemeine Aspekte<br />
Erster Vorteil ist, dass <strong>de</strong>n Teilnehmern bewußt wird, dass sie nicht an einem einzigartigen<br />
Problem lei<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn sie selbst haben das nicht erfahren, weil sie zu verlegen waren, ihre<br />
sozialen Ängste zu offenbaren. Die Gruppenmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> stellen für sich gegenseitig eine<br />
bislang unbekannte Quelle an Unterstützung dar. Ein Zussammengehörigkeitsgefühl, das auf<br />
gegenseitiger Wertschätzung und echter Anteilnahme beruht, ist für Sozialphobiker eine<br />
seltene Erfahrung.<br />
Spezifische Aspekte<br />
Die Gruppensitzungen selbst sind schon eine Konfrontationssituation, mit mehreren<br />
gefürchteten sozialen Situationen. Die Gruppensitzungen bieten einen guten Rahmen, um die<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
121
fälschlichen Annahmen (Verzerrte Kognitionen?) zu überprüfen, die zur Aufrechterhaltung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Ängste dienen. Dabei sind korrigieren<strong>de</strong> Rückmeldungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppenmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
entschei<strong>de</strong>nd (für <strong>de</strong>n Patienten oft wichtiger als Therapeutenrückmeldungen). Auch<br />
Rollenspiele (z.B. Partysituation) können gut eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
3.3.2. Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe und vorbereiten<strong>de</strong> Maßnahmen<br />
Die KBGT-Gruppe besteht aus 6 Patienten und zwei Therapeuten (ein Stu<strong>de</strong>nt) und wird über<br />
zwölf wöchentliche Sitzungen geführt (Richtwerte). In einer vorangegangenen Einzelsitzung<br />
wer<strong>de</strong>n Aufbau einer tragfähigen Beziehung, Durchführung einer Problemananlyse,<br />
Vorstellen <strong>de</strong>s Therapieprogramms sowie Erstellung einer Angst- und Vermeidungshierarchie<br />
vorgenommen. Auf die Hierarchie kann später bei Hausaufgaben o<strong><strong>de</strong>r</strong> Übungen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Gruppe zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />
3.3.3. Trainingsphase: erste und zweite Sitzung<br />
Die ersten bei<strong>de</strong>n Sitzungen sind die einleiten<strong>de</strong>n Trainingsphase, in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Patienten<br />
Techniken <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Umstrukturierung und Fertigkeiten im Umgang mit sozialen<br />
Situationen beigebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Erste Sitzung<br />
Patienten sollen lernen automatische Gedanken (AG) zu i<strong>de</strong>ntifizieren. Automatische<br />
Gedanken sind Gedanken, die wie Tatsachen behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n und die Angst in sozialen<br />
Situationen auslösen und aufrechterhalten. Sie repräsentieren vage und außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kontrolle <strong>de</strong>s Patienten liegen<strong>de</strong> Ziele.<br />
Als Hausaufgabe soll eine Liste von angstbesetzten Situationen und eine mit automatischen<br />
Gedanken, die in <strong><strong>de</strong>r</strong>en Folge auftraten, erstellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Zweite Sitzung<br />
Die Listen <strong><strong>de</strong>r</strong> automatischen Gedanken wer<strong>de</strong>n an die Tafel geschrieben und nach BURNS<br />
(1980) und PERSONS (1989) Typologie sortiert und diskutiert:<br />
- Alles-o<strong><strong>de</strong>r</strong>-Nichts-Denken (Einteilen von Situationen nach dichotomen<br />
Gesichtspunkten: interessant vs. langweilig ...)<br />
- Wahrsagen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gedankenlesen (Vorhersage zukünftiger Mißgeschicke o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erwartung negativer Bewertung durch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e)<br />
- Katastrophisieren (kleinere Fauxpas haben große, negative und langfristige<br />
Konsequenzen)<br />
Die anschließen<strong>de</strong> Disputation dient dazu., alternative Erklärungen anzubieten, sich<br />
vergangene Erfahrungen in ähnlichen Situationen objektiv ins Gedächtnis zu rufen und die<br />
Patienten anzuleiten eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Perspektive zu übernehmen. Dabei können Fragen wie „Wie<br />
hoch ist die Wahrscheinlichkeit für diese Konsequenz?“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Gibt es eine alternative<br />
Sichtweise für diese Situation?“ helfen. Bei Erfolg beseitigt die Disputation <strong>de</strong>n Einfluss<br />
eines automatischen Gedankens.<br />
Zum Schluß <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Umstrukturierung wird eine alternative rationale Antwort<br />
entwickelt. Sie soll die situationsspezifischen Ziele <strong>de</strong>s Patienten (soziale Interaktion,<br />
öffentliches Auftreten) berücksichtigen, z.B.: „Ich kann mit dieser Person re<strong>de</strong>n, sogar wenn<br />
ich ängstlich bin.“ (Anm.:Ich hab es so verstan<strong>de</strong>n, dass es eine Antwort pro Patient ist!)<br />
Schritte <strong><strong>de</strong>r</strong> kognitiven Umstrukturierung:<br />
1. I<strong>de</strong>ntifizieren automatischer Gedanken (die in bestimmten Situationen ausgelöst<br />
wer<strong>de</strong>n)<br />
2. Benennen <strong><strong>de</strong>r</strong> zugehörigen kognitiven Verzerrungen<br />
3. Infragestellen und Disputieren <strong><strong>de</strong>r</strong> Logik <strong><strong>de</strong>r</strong> automatischen Gedanken<br />
4. Entwicklung einer alternative rationalen Antwort bzw. Setzen von Verhaltenszielen<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
122
3.3.4. Aktive Behandlungsphase: dritte bis zwölfte Sitzung<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> dritten Sitzung beginnen simulierte Konfrontationssituationen, wobei alle Sitzungen<br />
einen ähnlichen Ablauf haben:<br />
- Durchsprechen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausaufgaben, damit je<strong><strong>de</strong>r</strong> Patient individuelle Aufmerksamkeit<br />
bekommt<br />
- zwei bis drei Patienten wer<strong>de</strong>n für Konfrontationsübungen ausgewählt (Vorgehen<br />
nach Hierarchie von leichter zu schwieriger), die mit <strong>de</strong>m Therapeuten o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Mitpatienten ausgeführt (simuliert) wer<strong>de</strong>n.<br />
- Wichtig ist das Festlegen von Verhaltenszielen für die Konfrontationsübungen (sollen<br />
sichtbar, messbar und realistisch sein, bzw. müssen in <strong><strong>de</strong>r</strong> vorgesehenen Zeit und unter <strong>de</strong>n<br />
gegebenen Umstän<strong>de</strong>n auch erreichbar sein, z.B. sich bekannt machen, eine bestimmte Zahl<br />
an Kommentaren geben o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fragen stellen)<br />
- Die Konfrontationsübungen dauern etwa 10 Minuten, wobei zu Beginn und dann im<br />
Minutentakt ein subjektives Angstrating vorgenommen wird. (basierend auf SUDS). Im<br />
selben Intervall liest <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient seine rationale Antwort laut vor.<br />
- Die Nachbereitung beginnt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zielerreichung. Dabei können<br />
„ver<strong>de</strong>ckte Ziele“ aufge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. (Wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient trotz Zielerreichung unzufrie<strong>de</strong>n ist<br />
hat er üblicherweise die I<strong>de</strong>e, dass irgen<strong>de</strong>in „Standard“ nicht erreicht wur<strong>de</strong>, o<strong><strong>de</strong>r</strong> er keine<br />
Angst haben sollte. Da hilft die Betonung von Verhaltenszielen und einer Unterscheidung<br />
zwischen Nah- und Fernzielen. (Fernziel kann evtl. sein, keine Angst zu haben))<br />
- In <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschlußsitzung, in <strong><strong>de</strong>r</strong> auch noch Übungen stattfin<strong>de</strong>n, wird ein Rückblick<br />
auf die Fortschritte <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer vorgenommen und realistische Ziele für eine fortgesetzte<br />
Arbeit alleine gesetzt<br />
3.4. Empirische Überprüfung<br />
Studien zeigen, dass<br />
- kognitive Umstrukturierung eine effektive Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialphobie ist und die<br />
Effekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Reizkonfrontation verstärkt.<br />
- kognitive Umstrukturierung kombiniert mit Konfrontation die jeweiligen<br />
Einzelbehandlungen übertrifft.<br />
- eine Kombination aus Entspannung, Ablenkung, rationale Selbstgespräche und<br />
Reizkonfrontation effektiver ist als Reizkonfrontation alleine.<br />
- eine Kombination von Konfrontation ins sensu, Rollenspiel, kognitiver<br />
Umstrukturierung und Zuteilung von Hausaufgaben zu einem signifikant besseren Ergebnis<br />
bzgl. sozialer Ängstlichkeit und Angst vor negativen Bewertungen vor und nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Behandlung führt und bis zur sechs-Monats-Katamnese anhält.<br />
- bei einem Vergleich von KGBT mit Placebo, Experten schätzen das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Patienten als weniger schwerwiegend beeinträchtigt ein, und nach Katamnese 5 Jahre weniger<br />
phobisch, weniger beeinträchtigt durch Symptome.<br />
- beim Vergleich mit Phenelzin (MAO-Hemmer) Phenelzin bei einigen Maßen besser<br />
wirkt, KGBT aber die besser Langzeitwirkung hat.<br />
16 Raucherentwöhnung (bzw. Rauchentwöhnung ;-)<br />
Therapeutisches Vorgehen<br />
Zumeist wer<strong>de</strong>n Gruppentherapien in <strong>de</strong>nen verhaltenstherapeutische Kontrolltechniken<br />
vermittelt wer<strong>de</strong>n angewen<strong>de</strong>t. Gruppentherapien sind ökonomischer als Einzeltherapien.<br />
Außer<strong>de</strong>m haben sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungsaustausch unter Betroffenen und die gegenseitige<br />
Unterstützung bis hin zu Selbsthilfegruppen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachsorge als erfolgssteigernd<br />
erwiesen.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
123
Der Raucher lernt, durch Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m Rauchen vorausgehen<strong>de</strong>n und nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
Bedingungen (Stimulus- und Konsequenzkontrolle) das Zielverhalten (Rauchen) selbst zu<br />
verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Therapie angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n:<br />
� operante Verfahren <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstkontrolle, wie z.B. eine Selbstverpflichtungserklärung, in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Raucher sich verbindl. dazu bereit erklärt, seinen Zigarettenkonsum zu reduzieren und<br />
sich selber belohnt o<strong><strong>de</strong>r</strong> bei Verstoß bestraft.<br />
� Steigerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwöhnungsmotivation. Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong>de</strong>n negativen Folgen<br />
<strong>de</strong>s Rauchens und <strong>de</strong>n positiven Folgen <strong>de</strong>s Nichtrauchens. Dissonanz zum Verhalten <strong>de</strong>s<br />
Noch-immer-Rauchens wird erhöht.<br />
� Selbstbeobachtung. Z.B. durch eine Strichliste, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Raucher vor <strong>de</strong>m Anzün<strong>de</strong>n<br />
einer Zigarette einen Strich auf eine Liste machen soll, damit die Kopplung zwischen<br />
Auslösereiz (z.B. Kaffee) und Zigarette unterbrochen wird. O<strong><strong>de</strong>r</strong> besser noch durch ein<br />
Tagesprotokoll, in <strong>de</strong>m Uhrzeit, situative Umstän<strong>de</strong> und Gefühlslage vor und nach <strong>de</strong>m<br />
Rauchen festgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
� Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbeobachtung lassen sich Bewältigungsmöglichkeiten ableiten. Hierbei gibt<br />
es keinen Leitfa<strong>de</strong>n. Meistens kommen Gesprächstherapeutische Elemente zum Einsatz o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Rollenspiele, Gestaltübungen, imaginative Verfahren, Entspannungsübungen etc..<br />
Ein Programm mit Selbstkontrolltechniken, kogn. Verfahren und Nikotinpflaster als<br />
medikamentöse Begleittherapie ist bei Unland (1994 und 1995) zusammengefasst.<br />
Empirische Belege<br />
Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Raucherentwöhnung ist die dauerhafte Abstinenz. Daher lässt sich erst nach etwa<br />
einem halben Jahr die Wirksamkeit überprüfen, da bis zu diesem Zeitpunkt ca. 90% <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Rückfälle auftraten. Neben guten Erfolgsraten sollte die Entwöhnungsmetho<strong>de</strong> für viele<br />
Betroffene erreichbar, anwendbar, finanzierbar und zeitlich machbar sein.<br />
Problem bei <strong>de</strong>n Studien ist, dass die Erfolgsrate steigt, je motivierter die Teilnehmer waren<br />
bzw. je strenger sie selektiert wur<strong>de</strong>n.<br />
Suggestivtherapien. Bei Akupunktur, Handauflegen, Hypnose und Placebotherapien sind die<br />
spezif. Wirkungsweisen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Raucherentwöhnung nicht bekannt. Wirkung liegt wohl<br />
vorwiegend in <strong>de</strong>n Erwartungen auf Erfolg im Sinne einer selbsterfüllen<strong>de</strong>n Prophezeiung.<br />
Nachteilig ist, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Raucher sehr passiv bleibt und bei einem Rückfall sich nicht selber<br />
helfen kann. Gibt nur wenig Nachweise für langfristigen Nutzen, aber ist hilfreich in<br />
multimodaler Therapie.<br />
Medikamentöse Therapie. Es gibt zwei Wirkweisen:<br />
1. kann das Rauchen durch das Medikament an negative Reize gekoppelt wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Geschmack <strong><strong>de</strong>r</strong> Zigarette vergällt o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwin<strong>de</strong>l / Übelkeit hervorgerufen wird.<br />
2. Medikamente als Substitution <strong>de</strong>s Suchtstoffes können das Verlangen nach Nikotin in<br />
Zigarettenform mil<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />
Erstere Wirkweise wird kaum mehr angewen<strong>de</strong>t. Bei zweiterer Wirkweise gibt es keine<br />
Studie zur Applikationsform, aber das Nikotinpflaster ist <strong>de</strong>m Nikotinkaugummi usw.<br />
psycholog. vorzuziehen, da es kontinuierlich versorgt. Eine Medikamentöse Therapie allein<br />
bringt nichts.<br />
Selbstkontrollverfahren. Haben sich bewährt und gelten daher als Standardtherapie.<br />
Langfristige Erfolgsraten von 20-25% wer<strong>de</strong>n erreicht, die in Kombi. mit Nikotinpflaster um<br />
10% gesteigert wer<strong>de</strong>n können. Mit Schlusspunktmetho<strong>de</strong> o. schrittweiser Reduktion<br />
verbun<strong>de</strong>n.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
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Kognitive Verfahren. Über Erfolge liegen nur wenige wiss. Ergebnisse vor, di allerdings<br />
erfolgversprechend klingen. "Zusammenfassend haben die Techniken <strong><strong>de</strong>r</strong> kogn.<br />
<strong>Verhaltenstherapie</strong> die besten Erfolge."<br />
Verglichen mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Menge an Rauchern ist <strong><strong>de</strong>r</strong> betriebene Forschungs- und Therapieaufwand<br />
sehr gering.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche<br />
Ausarbeitung!<br />
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