35Vorwindkurs: Gekonntin die Tiefe segelnVon Michael AeppliDie neue Sportboot-Generation ist u.a.darum beliebt, weilesauf demVorwindkurssehr zügig vorangeht undSpass macht. Das gilt fürdie Onyx ganzbesonders. Will man jedoch in einerRegatta möglichst raschvon der LuvzurLeemarke gelangen, gilt es so hochwie nötig und sotiefwie möglich zusegeln. AmRuder der Onyx muss manstets der Versuchung widerstehen, aufdem Vorwindkurs nicht zu hoch, zuschnell und damitzuweitzusegeln.Wiesosind moderne Sportbooteaufraumen Kursen so schnell? Hierzutragen mehrere Faktoren bei: Modernewiderstandsarme, gestreckte Bootsformen,kleine benetzteFlächen,strömungsoptimierte Anhänge (Flossen),geringe Verdrängung, und grosse, relativleicht beherrschbare asymmetrischeVorwindsegel, die viel "Dampf" erzeugen.Diese Faktoren bewirken in ihrerKombination, dass der neue Bootstypbereits bei moderaten WindstärkenGeschwindigkeiten erreichen kann, diedeutlich über der physikalisch vorgegebenen"Rumpfgeschwindigkeit"fürverdrängende Bootskörper liegen.Den neuen Bootstyp deshalb auch als"Halbgleiter" zubezeichnen, trifft zu.mit dem schnellen Boot ja schliesslichauch deutlich früher im Ziel sein muss,als das Gros der "normalen" Boote.Dem Neuling fehlen meist nur ein paarInformationen und ein bisschen Übung.Ausserdem sollteervon der hergebrachtenArt an den Vorwindkursheranzugehen mindestens teilweiseAbstand nehmen. Das Augenmerk vielerAmateur-Regatteure richtet sich nämlichoft noch immer darauf, die ersteMarkemöglichst als Erster zu erreichen unddanach den herausgesegelten Vorsprungzu verwalten.Diese eher defensive Strategiehat so-langeihre Berechtigung, als alle Konkurrentenmit langsamen,schwerenBooten und symmetrischen Spinnakernin mehr oder weniger direkter Linie(platt) vor dem Wind von der Luv- zurLeemarke fahren. DieseKurswahl hatden Vorteil, dass man bei einemWinddreher eigentlich bloss zu halsenbraucht und dabei immer noch auf derdirekten (sicheren) Liniezur nächstenMarke fährt. Mit asymmetrischen Spinnakernund schnelleren Booten ist diedirekte Linienwahlnach Lee meist keineOption. Auf dem Vorwindkurs gelten fürmoderne Sportboote andere Spielregeln.Hier wird für die Windstärke "zu hoch" gesegelt –möglicherweisevorgegebendurch dieLage der nächsten Bahnmarke.Das Potenzial,wirkungsvoll"Höhezu vernichten" ist daTrotzdempassiert es nicht selten, dassder Steuermann einer Onyx ander Leemarkezu seinem Leidwesen erkennenmuss, dasserKonkurrenten mitkonservativeren Booten kaum distanzierenkonnte. Wird in einem Sportbootfeldmit "Vergütung" gesegelt, istdamitnichts gewonnen, weil die Mannschaft
<strong>2010</strong> Onyx <strong>Class</strong> <strong>Magazine</strong>Tempo aufbauen vor dem AbfallenDer schnellste Kurs nach Leeführt übers Kreuzen vor demWindBootewie die Onyx verlangen auf demVorwindkurs abhängig von derWindstärkenach einemganz bestimmtenWindeinfallswinkel, um optimal nach Leesegeln zu können. Im Prinzip wie an derKreuz. Konzentrieren wir uns nachfolgendauf dieSituation bei mittlerenWindstärken, indenen unsere Rennenmehrheitlich stattfinden.Diese fünf Faktoren haben entscheidendenEinfluss auf die Leegeschwindigkeit.1. Erkennen von Winddrehern2. Optimaler Windeinfallswinkel3. Segelstellung und Gennakerführung4. Gewichtstrimm im Boot5. Erkennen von Windfeldern1. Wenn auf dem Vorwindkurs gekreuztwird, spielen die Winddreher dieselbeRolle wie an derKreuz.An der Kreuz ist der optimale Kurs relativleicht zufinden. Erliegt innerhalb vonein paar wenigen Graden. Sobald mandiesen Bereich verlässt, reagiert dasBoot, mit mehr Lage (zutief) oder mitweniger Fahrt und weniger Lage (zuhoch). Winddreher sind an der Kreuzdeshalb sehr einfach zu erkennen undman weiss, dass bei einem Abfaller übereine allfällige Wende zu entscheiden ist,falls die Taktik diese nicht verbietet.Segelt man heute nun auch auf demVorwindkurs mit einem deutlichspitzeren Windeinfallswinkel im Zick-Zackkurs nach Lee, muss man auf dasgenau Gleiche achten, wie ander Kreuz.Bloss mit umgekehrten Vorzeichen.Wenn der Wind auf dem Gennakerkursbeginnt, achterlicher einzufallen, mussüber eine Halse nachgedacht werden.2. Der optimale WindeinfallswinkelDiezweite Aufgabe ist, den bestenWindeinfallswinkel fürs Boot zu kennenund dann so zu fahren, dassdieserpermanenteingehalten wird.Aufgrund meiner Erfahrungengibt esfürdieOnyx eine Faustregel, mit der mannicht schlecht fährt: Achten Sie beiMittelwind darauf, dass Ihr gut ausbalancierter"Windex" immer möglichst im90 0 -Winkel zur Schiffsachsesteht.Dieser optimale Kurs nach Leeist jedochniemals als Geradezuverstehen. Vielmehrsegelt man eine Schlangenlinie,diesich abwechslungsweise aus Anluven(= Beschleunigen) und Abfallen (=Bootauslaufen lassen und Höhe vernichten)zusammensetzt. Die Radien diesesSchlangenlinienkurses sind zu ertasten.Weil eine Onyx unter Gennaker beioptimaler Segelführung schon ab 5ktsWind durch zügiges Anluven rasch anFahrt gewinnt, fällt der scheinbare Windauch rasch viel spitzer ein: Wer schnellerfährt, kann deutlicher abfallen, für einekurze Phase -dank widerstandsarmerBootsform -ohne merklichen Speedverlust,aber mitviel Raumgewinn RichtungLeemarke. Sobald das Bootzulangsam zu werden droht, beginnt mandas Spiel durch Anluven vonNeuem.Wer esbeherrscht, gewinnt bei fastidentischer Bootsgeschwindigkeit inkurzer Zeit mehrere Bootslängen Leeweggegenüber Konkurrenten, die dieseTechnik nicht anwenden.Böensind dieGelegenheit, noch rascher indie Tiefezusegeln und damit Reserve für die flauenPhasen zu schaffen, in denen man durchAnluven die Bootsgeschwindigkeit hochhalten kann und damit taktischeOptionen,sich vor seine Gegner zu setzen,gewinnt.Mir scheint, dassdie Onyx für dieseFahrtechnik besonders geeignetist.3. Segelstellung und GennakerführungDer beschriebene Schlangenlinienkursverlangt permanentes Anpassen derSegelstellung. Die Segelführung mussdabei präzis auf die Steuerbewegungen