Vietnam - Verein Papilio - Kinder brauchen Hilfe
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Was nun ist die Freiheit, die sie meinen?<br />
<strong>Vietnam</strong> ist eines der letzten verbliebenen kommunistischen Länder. Ich war in<br />
meiner Jugend einer dieser linken Revoluzzer, habe in der Folge den realen<br />
Sozialismus quer durch Europa erkundet. Da wir manchmal als politische Delegation<br />
unterwegs waren, konnten wir viel kritischer hinterfragen als allgemein üblich und<br />
gestattet war. Ich erinnere mich an die immer blasser werdenden Gesichter in<br />
Ostdeutschland oder der damaligen Sowjetunion. Aber Schein und Gesicht wurden<br />
gewahrt.<br />
Mir wurde eingeredet, in <strong>Vietnam</strong> sei es unhöflich, unerwünscht, über Politik zu<br />
reden. Ich bin unhöflich. Nicht dass ich diese Gespräche suche, werde mich auch<br />
hüten, zu sagen, mit wem ich was gesprochen habe. Jedenfalls geht es nie von mir<br />
aus, aber als politischer Mensch kommt man eben nicht umhin, gewisse Fragen zu<br />
stellen.<br />
Ich bemühe mich, höflich zu sein und streiche mal ganz nett die Verdienste der<br />
regierenden Einheitspartei heraus: Also, das Land ist unabhängig, soweit ein relativ<br />
kleines Land zwischen den Interessen Chinas, Russlands und den USA unabhängig<br />
sein kann. Nennen wir es halt Freiheit. Und den Weg dorthin schauen wir Touristen<br />
uns eben an. Soll sein.<br />
Männer und Frauen sind offiziell gleichberechtigt, sprich, den Frauen steht alles<br />
offen, was auch den Männern offen steht. Dies ist sicher ein gewaltiger Fortschritt<br />
gegenüber früher. Nennen wir auch dies Freiheit, mit allen Einschränkungen durch<br />
Sitten und Konventionen. Manchmal habe ich den Eindruck, vor allem später bei den<br />
Bergvölkern im Norden, dass es eher so ist wie in burgenländischen Dörfern: Der<br />
Mann ist der Herr im Haus und die Frau sagt ihm, was er tun soll. Der Handel ist<br />
weibliche Domäne, und auch das Geld scheint eher in den Taschen der Frauen<br />
eingenäht zu sein. Vielleicht aber auch trügt hier der asiatische Schein.<br />
Und, ja, es gibt Wahlen. Als ich in Hanoi bin, stehen gerade Wahlen bevor. Im<br />
Wahlkreis, den ich mir anschaue, kandidieren fünf Volksvertreter, von denen man<br />
zwei streichen kann. Nennen wir auch das Freiheit. Man versichert mir, es würde<br />
keinen Unterschied machen. Und im übrigen weiß ohnehin keiner die Namen der<br />
derzeit Regierenden. Man kennt Ho Chi Minh, man liebt Ho Chi Minh, man verehrt<br />
ihn. Besucht ihn in seinem Mausoleum, gibt in Hanoi brav Kamera, Handy, Geld,<br />
Regenschirm und Menschenwürde ab, um sich in Zweierreihen formiert<br />
angemessenen Schrittes (<strong>Kinder</strong> innen, damit sie freie Sicht haben) an der unwirklich<br />
bleich konservierten Leiche des geliebten Onkels vorbei zu bewegen. Mindestens<br />
fünf Meter Abstand, auf Bildern kommt man ihm näher als hier. Wer weiß, wozu das<br />
gut ist…<br />
Den Krieg mit China und die permanente Gefahr aus dem Norden muss ich bewusst<br />
ansprechen, um darüber zu hören. Was mich zumindest wundert. Sind die Chinesen<br />
doch laut, spucken überall hin, und<br />
überhaupt, unsympathisch. Zumindest<br />
versuchen meine vietnamesischen<br />
Freunde, mir dieses Bild zu vermitteln.<br />
Man handelt halt heute fleißig mit China.<br />
Auch eine Form von Freiheit.<br />
Und den Beweis für all diese Freiheiten<br />
dürfen wir im Präsidentenpalast in Saigon<br />
anschauen, im Kriegsmuseum, und in Cu<br />
Chi. Der Weg ist das Ziel würde Konfuzius<br />
sagen. Oder so ähnlich.