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Nur Flausen im Kopf - h.e.p. verlag ag, Bern

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Esther Lauper Michael De Boni<strong>Nur</strong> <strong>Flausen</strong> <strong>im</strong> <strong>Kopf</strong> ? –Jugendliche verstehenWas Lehrpersonen, Ausbildende und Eltern wissen solltenpraxis


Checklisten, Fr<strong>ag</strong>ebogen, Beobachtungsinstrumente*Was hat mein Gehirn schon gelernt, was kann es schon leisten ? –Checkliste zur Selbst- und FremdeinschätzungWie hirngerecht ist mein Unterricht ? – Checkliste für Lehrpersonen 45Sozialisationsprozess – Beobachtungsinstrument 50Sozialisation : Förderliche und hemmende Einflussfaktoren –BeobachtungsinstrumentDialog zwischen Jugendlichen und Eltern – Fr<strong>ag</strong>ebogen 67Stärkende Ressourcen – Checkliste zur Selbst- und Fremdeinschätzung 72Bewältigung von Übergängen – Beobachtungsinstrument 80Krisenmerkmale – Checkliste zur Selbst- und Fremdeinschätzung 81Integration in die Arbeitswelt – Beobachtungsinstrument 99Auftrittskompetenz – Beobachtungsinstrument 103Suchtmittelkonsum – Beobachtungsinstrument 132Internetsucht – Beobachtungs- oder Befr<strong>ag</strong>ungsinstrument 135Risikoverhalten : Schutzfaktoren – Beobachtungsinstrument 150Risikoverhalten : Risikofaktoren – Beobachtungsinstrument 152Strukturierungsdiskrepanzen – Beobachtungsinstrument 190Reifediskrepanzen – Beobachtungsinstrument 191Integrationsdiskrepanzen – Beobachtungsinstrument 192Kognitive Diskrepanzen – Beobachtungsinstrument 193Leistungsfördernde Ressourcen – Beobachtungsinstrument 201Emotionen der Erzieher / innen – Checkliste zur Selbsteinschätzung 204Leistungserleichternde Ressourcen – Beobachtungsinstrument 206Gespräch am runden Tisch – Ablaufschema 218Standortgespräch – Ablaufschema 223Lerncoaching – Ablaufschema 227Beratungsgespräch – Ablaufschema 234Korrekturgespräch – Ablaufschema 237Konfliktgespräch – Ablaufschema 2384056* Aus Gründen der ( Sprach-)Ökonomie und zugunsten besserer Lesbarkeit wirdin den Beobachtungsinstrumenten gegen unsere eigene Überzeugung fast durchgehenddie Form »der Jugendliche« verwendet ; gemeint sind <strong>im</strong>mer jugendlicheMenschen beider Geschlechter.


7Zur EinführungIn die Jugendzeit fallen wichtige psychologische und soziale Entwicklungsphasen.Pubertät, Ende der obligatorischen Schulzeit, Eintritt ins Berufsleben,beginnende Ablösung vom Elternhaus und »innere Neuorientierung«auf der Suche nach einer eigenen Identität – alle diese Herausforderungensorgen für manche Reibungsfläche. Die Jugendzeit wird deshalb von allenBeteiligten – Eltern, Lehrpersonen, Ausbilder/innen, Trainer/innen und allen,die mit Jugendlichen arbeiten, aber auch von den Jugendlichen selbst – nicht<strong>im</strong>mer als einfach, manchmal sogar als sehr belastend und überfordernd,dafür aber auch als intensiv und spannend erlebt.Dieses Buch möchte zunächst bewusst machen, dass es völlig normal ist,wenn Eltern, Erzieher und auch die Jugendlichen an ihre Grenzen stoßenund manchmal überfordert sind. Es zeigt zugleich, dass es Wege gibt, solchePhasen auszuhalten und anzugehen – und dass es sich lohnt, die vorhandenenRessourcen und Potenziale in den Jugendlichen zu entdecken und zu fördern;wir werden deshalb auch <strong>im</strong>mer wieder auf eine förder- und unterstützungsorientierteHaltung hinweisen, die <strong>im</strong> klaren Gegensatz zu einer defizitorientiertenSichtweise steht.Vor dem Hintergrund des gewaltigen Themenhorizontes der Adoleszenzgalt es, eine Auswahl zu treffen und einige wenige Aspekte zu analysieren.Wir haben uns dabei von unserer Erfahrung aus eigener Lehrtätigkeit aufSekundarstufe II und aus unzähligen Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen,die wir durchgeführt haben, leiten lassen. Theorie und Praxis sollen sich,wenn <strong>im</strong>mer möglich, verbinden, dabei können die angefügten Instrumente( Tabellen, Checklisten usw.) dienlich sein. So lässt sich die Publi kation auchals Arbeitsbuch verwenden, das in der Aus- und Weiterbildung eingesetztwerden kann.Große Aufmerksamkeit widmen wir der Hirnentwicklung während derJugendphase und den neueren Erkenntnissen aus den kognitiven Neurowissenschaften.Tatsächlich sind wir überzeugt, dass die Ergebnisse der aktuellenHirnforschung in der Diskussion um eine gelingende Erziehung neuePerspektiven öffnen können. Vor allem der Zusammenhang zwischen Hirnentwicklungund best<strong>im</strong>mten Verhaltensweisen von Jugendlichen, die fürErwachsene manchmal kaum nachvollziehbar sind, wird durch die Forschungserkenntnissebesser verständlich. Ebenso kann die Hirnforschungdie starken St<strong>im</strong>mungsschwankungen und das manchmal instabile Selbstbild


8<strong>Nur</strong> <strong>Flausen</strong> <strong>im</strong> <strong>Kopf</strong>? – Jugendliche verstehenund Selbstwerterleben besser erklären. Die hier dargelegten Zusammenhängezwischen Hirnforschungsergebnissen und Adoleszenz werden abernicht theoretisch abgehandelt, vielmehr sollen sie Eltern, Lehrpersonen undAusbildern zusätzliche Informationen für den konkreten Umgang mitJugendlichen in der Praxis vermitteln. Es geht uns also vor allem darum,Theoriewissen so aufzubereiten, dass Menschen <strong>im</strong> Umgang mit Jugendlichenin ihren erzieherischen Bemühungen unterstützt werden. Dies kommtunter anderem auch in Kapiteln wie »Wohlwollende Präsenz« oder »Haltund Orientierung« explizit zum Ausdruck.Wir haben uns bemüht, uns möglichst auf die Phase der Adoleszenz zukonzentrieren, also etwa die Zeit vom 16. Altersjahr bis ins junge Erwachsenenalter.So kann das Buch Lehrpersonen und Eltern dienen, wenn sie sichüber Jugendliche informieren wollen, die in einer Berufslehre oder auf derSekundarstufe sind. Damit grenzt es sich von Publikationen ab, die sich allgemeinmit der »Jugendzeit« oder mit der »Pubertät« beschäftigen. Im vorliegendenWerk wird zum Beispiel nur dann auf »pubertäre« PhänomeneBezug genommen, wenn sie sich auch noch in der Adoleszenz bemerkbarmachen.Das Buch ist so aufgebaut, dass man es als »Lesebuch« verwenden kann,indem man sich einen Überblick über aktuelle Themen der Adoleszenz verschafft.Es kann aber auch als Nachschl<strong>ag</strong>ewerk oder als Arbeitsbuch Verwendungfinden. Inhaltlich richtet es sich nicht spezifisch an Fachleute, päd<strong>ag</strong>ogischesoder psychologisches Vorwissen wird also nicht vorausgesetzt.Wer sich mit einigen Schwerpunkten der Adoleszenz vertraut machen will,findet hier einen Einstieg in die Thematik.Esther Lauper und Michael De BoniZürich, <strong>im</strong> Januar 2013Zu den Bildern in diesem BuchDie Fotos in diesem Band stammen von Clara Neugebauer. Die 17-jährigeZürcherin hat nach dem Abschluss der Sekundarschule den gestalterischenVorkurs an der F+F Schule für Kunst und Mediendesign besucht. Sie hat2012 eine Ausbildung als Grafikerin begonnen. Für dieses Buch hat sieJugendliche bei Aktivitäten, die ihnen am Herzen liegen, begleitet und fotografiertund ihren Berichten zugehört. Das Coverfoto der jungen »Fotografinmit Hund« hat Noëmi Roos aufgenommen.


1Besichtigungeiner GroßbaustelleDas jugendliche GehirnBest<strong>im</strong>mte Denk- und Verhaltensmuster treten fast nur in derJugendzeit auf. Sie stehen in einem engen Zusammenhang mit denmassiven Veränderungsprozessen <strong>im</strong> Gehirn, die in dieser Lebensphasestattfinden. Die Neurowissenschaften decken solche Zusammenhängeauf und liefern damit auch neue Anstöße und Einsichtenfür Erziehung und Unterricht. Das ist der Grund, weshalb wir denGehirnfunktionen und ihrer Entwicklung ein eigenes, ausführlichesKapitel widmen.


1 Besichtigung einer Großbaustelle – Das jugendliche Gehirn11In diesen Abschnitten stehen die folgenden Fr<strong>ag</strong>en <strong>im</strong> Zentrum :• Welche Teile des Gehirns und welche Aspekte der Gehirnentwicklungspielen während der Adoleszenz eine besonders wichtige Rolle ?• Was ist das »frontale Phänomen«, wie zeigt es sich, und welche Funktionhat dabei das l<strong>im</strong>bische System ?• Wie wirken sich die neuronalen Veränderungen auf das Verhalten unddas Selbstbild von Jugendlichen aus ?• Was bedeuten diese Erkenntnisse fürs Lernen, für die Erziehung und denUnterricht ?Wir deuten aus neuropsychologischer Sicht jugendliche Verhaltensweisen,die sich anders nur schwer erklären lassen, und zeigen, was Jugendliche vonuns Erwachsenen brauchen, um mit den neurologischen Veränderungen dieserLebensphase möglichst produktiv umzugehen. Letztlich geht es um dieFr<strong>ag</strong>e, mit welchen Mitteln und Maßnahmen wir zur Stabilisierung desJugendgehirns beitr<strong>ag</strong>en können, um den Lern- und Ausbildungserfolg zuunterstützen. Dass Jugendliche in instabilen Entwicklungsphasen einerAußenstabilisierung bedürfen, ist unbestritten – sie werden uns dafür dankbarsein, zumindest <strong>im</strong> Nachhinein. Auf der anderen Seite wären allzu vieleInterventionen von Erwachsenen eher kontraproduktiv. Das Jugendgehirnmuss letztlich selbst lernen, Stabilisierungskräfte zu mobilisieren.Hirnforschung und kognitive PsychologieDas Wissen der Hirnforschung wächst derzeit fast explosionsartig. Viele»neue« Erkenntnisse der kognitiven Neurowissenschaften sind aber nicht <strong>im</strong>eigentlichen Sinne neu, sondern bestätigen lediglich Erfahrungswerte derErziehungswissenschaften und der Psychologie. Die neuen bildgebendenVerfahren ( Computertomografie ) erlauben Einblicke in funktionale Prozessedes Gehirns. Das lässt auf naturwissenschaftlicher Basis Grundl<strong>ag</strong>enforschungzu, wie sie vorher nicht möglich war. Dabei ergänzen sich die kognitivenNeurowissenschaften und die traditionelle kognitive Psychologienahezu ideal.Dass wir den Ergebnissen der Hirnforschung einige Bedeutung be<strong>im</strong>essen,heißt nicht, dass wir uns den neuen »Neuro-Mythen« ( Jäncke 2009 ) verschriebenhätten, die den Diskurs zwischen kognitiven Neurowissenschaften,kognitiver Psychologie und Erziehungswissenschaften oft prägen. Die kognitivePsychologie hat exzellentes Wissen über Lernen aufgebaut, das denPäd<strong>ag</strong>og / innen seit Jahrzehnten zur Verfügung steht. Diese Ansicht vertretenauch Blakemore und Frith : »Der Dialog zwischen den Disziplinen bedarfeines Vermittlers, damit nicht eine Disziplin über die andere dominiert. Be<strong>im</strong>Dialog zwischen Hirnforschung und Erziehungswissenschaft ist der kognitivenPsychologie diese Rolle geradezu auf den Leib geschnitten. Wir meinen,


12<strong>Nur</strong> <strong>Flausen</strong> <strong>im</strong> <strong>Kopf</strong>? – Jugendliche verstehendass die Hirnforschung am ehesten auf dem Weg über kognitive PsychologieEingang in die Lehr-Lern-Forschung finden kann« ( Blakemore / Frith 2006,S. 23 ).Allerdings sind wir gleichzeitig überzeugt, dass dank neuem Wissen überdie Plastizität des Gehirns – zum Beispiel über die Reifungsprozesse <strong>im</strong> Frontalcortexund die Umbauprozesse während der Phasen der jugendlichenReife – das Verhalten Jugendlicher besser verständlich wird. Ähnliche Ansichtenvertritt auch Jäncke ( 2009 ), wenn er darauf hinweist, dass aktuelleBefunde aus dem Umfeld der Neurowissenschaften für Lehrpersonen vonInteresse sind und »neue Denkanstöße« für den Schulallt<strong>ag</strong> liefern können.Unser Augenmerk gilt nicht nur den »rein kognitiven« Lernprozessen,sondern vor allem auch den Hirnprozessen, die emotionales und sozialesVerhalten beeinflussen. Hier kann die Neurowissenschaft sogar völlig neueErkenntnisse bieten. Um den Rahmen nicht zu sprengen, werden hier nurausgewählte Schwerpunkte aus der neueren Forschung berücksichtigt.Gehirnentwicklung in der AdoleszenzJugendliche sind von der frühen Adoleszenz bis ins junge Erwachsenenalter( bis ca. 22 Jahre ) dramatischen psychischen und physischen Veränderungenunterworfen. Neben der Geschlechtsreifung und dem Körperwachstum sindes vor allem zentrale Umstrukturierungsprozesse <strong>im</strong> Gehirn, die sich bemerkbarmachen. Es findet ein massiver neuronaler Umbau statt – so massiv, dassJugendliche in best<strong>im</strong>mten Situationen nicht mehr wissen, wer sie sind undwas sie tun. Innere Impulse führen zu Spontanhandlungen, deren Folgennicht realisiert oder einkalkuliert werden. Das folgende Beispiel einer solchunkontrollierten Handlung hat uns ein Vater berichtet : Seine Tochter hatteseine neue Designerhose auf einem Wäschestapel gefunden. Sie nahm eineSchere und schnitt die Hosenbeine ab, weil sie die Hose mit dem neuenZuschnitt einfach »so cool« fand. Selbstverständlich ging sie anschließend inder neu designten Hose auch zur Schule und erntete bei ihren MitschülerinnenKompl<strong>im</strong>ente.Wie kann es zu solchen für Erwachsene nicht nachvollziehbaren Handlungenkommen ? Die Antwort ist einfach : Das Gehirn selbst produziert inder Phase der Adoleszenz manchmal Kurzschlüsse. Um das zu verstehen,müssen wir einige wesentliche Entwicklungsprozesse kennen, die vor allemin der frühen Phase der Adoleszenz stattfinden, also kurz nach Beginn derPubertät, und bis über das 20. Altersjahr hinaus wirksam sind. Betrachtenwir zunächst die einzelnen Puzzleteile, damit wir am Schluss das ganze Bildzusammenstellen und die Zusammenhänge besser verstehen können.


14<strong>Nur</strong> <strong>Flausen</strong> <strong>im</strong> <strong>Kopf</strong>? – Jugendliche verstehenIn den präfrontalen Regionen des Gehirns, den vorderen, stirnseitigen Bereichender Großhirnrinde, und in den orbitofrontalen Regionen ( orbito =Augenhöhle, also die über den Augen liegenden Regionen ) befinden sichwesentliche Hirnbereiche, in denen sogenannte »Exekutivfunktionen« angesiedeltsind. Sie haben die Aufgabe, Handlungsentwürfe vorzubereiten undden Handlungsablauf genau zu planen, Impulse und Affekte zu unterdrücken,sich situationsgerecht zu verhalten, widersprüchliche Informationengegeneinander abzuwägen und Entscheidungen zwischen mehreren Alternativenzu fällen. Zu diesen Funktionen gehört auch die Fähigkeit, die Aufmerksamkeitgezielt auf etwas zu richten, sich auf eine wichtige Sache überlängere Zeiträume zu konzentrieren, gleichzeitig mehrere Aufgaben zu überblickenund verschiedene Dinge gleichzeitig zu tun. Regionen in derGroßhirnrinde <strong>im</strong> Bereich des Übergangs vom Frontal- zum Schläfenlappensind ferner wichtig für die Selbstwahrnehmung und das Selbstgefühl.In den frontalen Bereichen des Gehirns sind also wichtige Funktionenangesiedelt, die für die Affektkontrolle, die Selbststeuerung, Mitgefühl undVerantwortungsbewusstsein zuständig sind. Ausgerechnet das Frontalhirn istnun die Gehirnregion, deren Entwicklung am spätesten abgeschlossen wird.Das ist der Grund, weshalb »das Betriebssystem« des neuronalen Netzwerks,das für die differenzierte Steuerung der emotionalen und sozialen Prozessezuständig ist, während der gesamten Adoleszenz noch nicht verlässlich funktioniert.Abbildung 1-3Das Neuron als vernetzteSchaltstelle. Die Pfeilrichtungzeigt den Informationsflussan.Synapsen(Schaltstellen zu anderen Neuronen)Dendriten(Nervenzellfortsätze des Zellkörpers.Zufuhr von Informationen)Zellkörper mit ZellkernAxon(abführender Nervenzellfortsatz;jedes Neuron hat nur ein Axon)MyelinscheidenEndknöpfchen des Axons


1 Besichtigung einer Großbaustelle – Das jugendliche Gehirn15Fachbegriffe, Zahlen und FaktenGraue Hirnsubstanz : Als graue Substanz wird Hirngewebe bezeichnet, das hauptsächlichaus Nervenzellkörpern ( Neuronen ) und ihren Kontaktstellen ( Synapsen )besteht, aber auch aus Nervenfasern, die keine Myelinschicht ( Myelinscheiden )besitzen.Weiße Hirnsubsubstanz : Damit sind Nervenfasern ( Axone ) gemeint, die eine Fettummantelung( Myelinschicht ) besitzen und dadurch weiß wirken. Axone, die miteiner Myelinschicht umhüllt sind, leiten die Impulse von einer Nervenzelle zuranderen schneller als solche ohne diese isolierende Schicht. Die Nervenfasernwerden für ihre Funktionen erst durch ihre Myelinummantelung richtig leistungsfähig.Nervenfasern mit dieser Ummantelung nennt man auch markhaltige Fasern.Die Leitungsgeschwindigkeit der markhaltigen Fasern beträgt bis zu 120 m / s,diejenige der marklosen Fasern d<strong>ag</strong>egen nur bis zu 2 m / s. Wenn ein Bereich <strong>im</strong>Gehirn viel weiße Substanz aufweist, können wir davon ausgehen, dass dieserHirnbereich funktional leistungsfähiger strukturiert ist.Synaptogenese : Bildung neuer Synapsen ( Verknüpfungen zwischen den einzelnenNervenzellen ). Im ersten Jahr nach der Geburt entwickelt das Gehirn viel mehrSynapsen, als es später <strong>im</strong> Erwachsenenalter braucht. Diese Synaptogenese ( auchSynapsenexplosion genannt ) kann mehrere Monate dauern.Pruning : Der Abbau ungebrauchter Nervenverbindungen ( Synapsen ) wird pruninggenannt, was so viel wie »herausschneiden«, »beschneiden« oder »ausjäten«bedeutet. Kaum oder gar nicht benutzte Verbindungen werden »über Bordgeworfen«. Dieser Prozess findet in der frühen Kindheit und während der Jugendzeitstatt. Die Regionen <strong>im</strong> präfrontalen Cortex beginnen erst nach der Pubertätmit dem »Ausmisten«. Bis zur Pubertät wird nämlich in dieser Region graueSubstanz stetig aufgebaut und erreicht ihre Höchstdichte mit etwa zwölf Jahren.Dann werden die Nervenfasern während der gesamten Adoleszenz zunehmendmyelinisiert. Damit werden die Hirnstrukturen <strong>im</strong> frontalen Hirn entsprechend»betriebstaug licher«.Abbildung 1-4Nicht gebrauchte Verbindungen( Synapsen ) werden»ausgemustert« oder»herausgeschnitten«( engl. pruning ), die häufiggebrauchten werden ausgebaut.Die Darstellungder Abbildung ist starkvereinfacht. Man musssich vorstellen, dass eineNervenzelle bis zu 30 000synaptische Kontakte zuanderen Neuronen herstellenkann. Wie undwarum myelinisieren sichaber die Axone ?Best<strong>im</strong>mte Oligodendrozytenzellen( eine Art vonNervenzellen, die nur <strong>im</strong>Zentralnervensystem vorkommt) produzieren diefetthaltige Membran undwickeln sie um die Axone.Wenn Astrozytenzellen( stern- oder spinnenförmigverzweigte Nervenzellen<strong>im</strong> Zentralnervensystem) einen zunehmendenSignalverkehr über Axoneregistrieren, regen sieOligodendrozytenzellendazu an, die Fettummantelungzu bilden. Fazit :Das Gehirn wird be<strong>im</strong>Gebrauch besser !


Noëmi Roos (16)»Ich will meinen Körper fit halten und treibe deshalbregelmäßig Sport. Vor drei Jahren begann ich mitBoxen. Die Sportart sprach mich einfach an. Also meldeteich mich für einen Kurs an. Er gefiel mir, und ichging von Anfang an drei- bis fünfmal in der Wochezum Training. Es tut mir einfach gut, weil ich meineganze Energie reinstecken kann.«

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