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20Jahre Mauerfall - Katholische Akademie

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42 Tagungsdokumentation<br />

„Mitgliederwerbung“. Es soll uns um das „Heil-Werden“ unserer Mitmenschen gehen.<br />

Wenn wir das so sagen, spüren wir, dass dies uns selbst auf den Prüfstand stellt:<br />

Glauben wir selbst wirklich daran, dass die Christusberührung uns (in einem ganz<br />

tiefen Sinn) „heil“ macht? Haben wir „österliche Augen“, mit denen wir anders als die<br />

Ungläubigen auf diese Welt und unser Leben schauen können, auch auf das unserer<br />

Mitmenschen? Sehen wir „mehr“ als andere? Diese Einstellung wird uns helfen, eine<br />

gewisse „Absichtslosigkeit“ in der Begegnung mit Nichtgetauften durchzuhalten. (In<br />

Frankreich sagt man: gratuité). Wir stehen nicht unter „Erfolgsdruck“. Die eigentliche<br />

Bekehrung bewirkt ohnehin der Geist Gottes. Wir sind „Zuarbeiter“! Wir leisten<br />

„Hebammen-Dienste“!<br />

Das bedeutet: Das Vorhaben, „offene“, wegweisende und gastfreundliche Kirche<br />

zu sein, erfordert von uns eine ständige „Selbstevangelisierung“. Indem wir andere<br />

einladen, müssen wir uns selbst verändern, und zwar im Sinne einer immer tieferen<br />

Christus-Verähnlichung. Wir müssen immer mehr lernen, mit den Augen Christi zu<br />

sehen, mit seinem Herzen zu fühlen. Da gibt es keinen Rollenunterschied zwischen<br />

„Hauptamtlichen“ (Geweihten und Nichtgeweihten) und den Gläubigen ohne „Amt“.<br />

Die in der Seelsorge Tätigen haben einen zusätzlichen Auftrag: Sie sollen und dürfen<br />

die Gemeinden so zurüsten und begleiten, dass sie diese „Offenheit“ für das Weltzeugnis<br />

heute erwerben bzw. ausbauen, diese Zeugniskompetenz, ohne die „Kirche<br />

nur ein Ofen wäre, der sich selbst wärmt“ (nach einem Wort von Kardinal Alfred<br />

Bengsch). Nur sich selbst evangelisierende Christen sind in der Lage, andere mit dem<br />

Evangelium in Kontakt zu bringen. Und allein deswegen ist Kirche da. Das ist ihr Sinn.<br />

3. Begleiten<br />

In diesem Stichwort klingt für mich die Art der Seelsorge mit, die Gott selbst an<br />

uns allen treibt. Er „begleitet“ uns – helfend, mahnend, warnend, manchmal auch<br />

uns erschreckend, aber niemals verurteilend. Ich spüre bei den Menschen bei uns<br />

im Osten eine tiefe Sehnsucht nach gelingenden Beziehungen, nach menschlicher<br />

Nähe und nach Angenommen-Sein. Wenn es irgendwie gelingt, das erste Misstrauen<br />

gegenüber Kirche zu zerstreuen, wirkliche absichtslose Nähe zum anderen glaubhaft<br />

zu machen, dann öffnen sich oftmals sehr bald die Herzen. Es gehört zu den schönsten<br />

Erfahrungen im Leben eines Priesters, wenn er bei einem Hausbesuch gesagt bekommt:<br />

„Das ist aber schön, Herr Pfarrer, dass die Kirche (!) einmal nach mir schaut!“<br />

Übrigens sagen das manche auch zu einem aus dem Pfarrgemeinderat, der im Namen<br />

der Gemeinde einen Besuch macht.<br />

Die Chance kirchlich-pastoralen Wirkens besteht heute darin, in der zunehmenden<br />

Vereinzelung der Menschen Beziehungsnetze zu knüpfen. Ich gebe zu: Wir erfahren<br />

in diesem Bemühen auch Ablehnung, wir begegnen Vorbehalten und Misstrauen.

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