FHW Journal Sommer 06.qxp
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INTERNATIONAL<br />
Kolloquium zur Europäischen Nachkriegsarchitektur<br />
MODERN<br />
ARCHITECTURE<br />
Die Moderne – ein kühler, rationaler „Stil“, der, abgesehen<br />
von ein paar Luxusvillen der alten Meister, verantwortlich<br />
sei für lebensfeindliche Vorstadtghettos und der mit seinem<br />
kantigen Erscheinungsbild rücksichtslos in traditionelle<br />
Stadtgefüge breche.<br />
So oder ähnlich lässt sich eine öffentlich weit verbreitete<br />
Rezeption der Baumasse beschreiben, die unter dem Begriff<br />
der Moderne leichtfertig zusammengefasst wird. Das Klischee<br />
bestimmt seit bald 100 Jahren die Diskussion, von Adolf<br />
Loos`Haus Michaelerplatz bis zur „Rekonstruktion“ Frankfurter<br />
Fachwerkensembles.<br />
Aber können die Antworten tatsächlich so einfach sein?<br />
War die Moderne nicht gerade die Möglichkeit neuer und<br />
sehr unterschiedlicher Positionen und bahnbrechender<br />
Entwicklungen, zwangsläufig auch begleitet von Fehlern<br />
und Versäumnissen, aber auch heute selbstverständlicher<br />
Errungenschaften? Mit dem Erstarken totalitärer Regime des<br />
Faschismus in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
wurde diese Entwicklung in Europa jäh unterbrochen.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gab es in den europäischen<br />
Ländern, der politischen und wirtschaftlichen Lage<br />
entsprechend, äußerst unterschiedliche Anknüpfungspunkte<br />
an die Baukultur der Vorkriegsjahre, aber auch internationale<br />
Parallelen. Diese Unterschiede bestimmten und bestimmen<br />
auch heute noch den öffentlichen und privaten Alltag mehr,<br />
als das im allgemeinen Bewusstsein verankert scheint.<br />
Wie unterschiedlich oder ähnlich waren die Entwicklungen<br />
in den zwei sich bildenden deutschen Staaten, und welch<br />
immense Rolle spielen sie noch heute? Was war zeitgleich<br />
unter Francos Regime möglich, in welchem Zusammenhang<br />
dazu steht der Boom der Kulturbauten heute in Spanien?<br />
Wie entstand die heutige Gegenwart in anderen europäischen<br />
Staaten? Welche Länder exportieren heute Architektur von<br />
internationaler Bedeutung, welche importieren sie und welche<br />
bleiben verhalten? Die Antwort ist in einer differenzierten<br />
Betrachtung der europäischen Architektur der Nachkriegsmoderne<br />
zu finden. Auf der Suche danach war das Kolloquium<br />
„Modern Architecture in Postwar Europe“ vom 11. bis 13.<br />
November 2005.<br />
22<br />
IN POSTWAR EUROPE<br />
FH Wiesbaden als erste Hochschule<br />
Die Fachhochschule Wiesbaden und die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
ermöglichten das Treffen der Forscher unter<br />
der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. habil. Thilo<br />
Hilpert. Die Förderung durch die DFG unterstreicht dabei<br />
die wissenschaftliche Bedeutung der Frage, und erstaunlich<br />
ist, dass sich eine Fachhochschule als erste Hochschule dieser<br />
Aufgabe in dieser Form stellte. Ohne die Unterstützung des<br />
Präsidenten Dr. Clemens Klockner wäre die Tagung kaum<br />
so wirksam gewesen. Und doch war die erfolgreiche Durchführung<br />
mit sehr begrenzten Mitteln nur durch eine Anzahl<br />
sehr engagierter Helfer möglich. Dank der freundlichen und<br />
tatkräftigen Unterstützung der Dyckerhoff AG und der evangelischen<br />
Heilig-Geist-Gemeinde konnten die Beiträge in<br />
Gebäuden der fünfziger bzw. sechziger Jahre von Ernst Neufert<br />
und Herbert Rimpl stattfinden. Nach einem guten Jahr der<br />
Vorbereitung war es gelungen, wichtige Forscher aus verschiedenen<br />
europäischen Staaten zusammenzubringen.<br />
Die evangelische Heilig-Geist-Kirche<br />
Der erste Tag gab einen Einblick in die unterschiedlichen<br />
Entwicklungen der modernen Architektur der Nachkriegsjahre<br />
in England (Dr. Nicholas Bullock, Cambridge),<br />
Frankreich (Prof. Dr. Gérard Monnier, Paris), Spanien (Prof.<br />
Dr. Carlos Sambricio, Madrid), Slowenien (Prof. Dr. Peter<br />
Krecic, Ljubljana), Finnland (Lic. Phil. Timo Tuomi, Helsinki)<br />
und Polen (Dr. Jacek Friedrich, Gdansk). Interessante<br />
Unterschiede, aber auch überraschende Parallelen und Verbindungen<br />
wurden von den Teilnehmern herausgearbeitet.