Aus der Praxis - Amt für Kirchenmusik
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8<br />
klassisches<br />
Christuslied<br />
mehr feststellen. Von den Daten her,<br />
wäre es auf jeden Fall möglich. Dieses<br />
Lied, entstanden an <strong>der</strong> Schwelle des<br />
Barockzeitalters im Jahre 1599, fand<br />
auf evangelischer Seite sofort eine ungewöhnlich<br />
starke Verbreitung, schon<br />
im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t ist es auch in den<br />
katholischen Kirchengesang übergegangen.<br />
Im Blick auf die vorgegebene<br />
bib lische Thematik des Morgensterns<br />
lassen sich einige gedankliche Parallelen<br />
notieren:<br />
– „Wie schön leuchtet <strong>der</strong> Morgenstern,<br />
voll Gnad und Wahrheit von<br />
dem Herrn uns herrlich aufgegangen“<br />
(1).<br />
– „Herr, dich such ich … deiner kann<br />
ich nicht vergessen“ (2).<br />
– „Gieß sehr tief in mein Herz hinein<br />
… die Flamme deiner Liebe“ (3).<br />
– „Von Gott kommt mir ein Freudenschein,<br />
wenn du mich mit den<br />
Augen dein gar freundlich tust<br />
anbli cken“ (4).<br />
– „Komm, du schöne Freudenkrone,<br />
säum nicht lange. Deiner wart ich<br />
mit Verlangen“ (7).<br />
Christusmystik –<br />
Christusfrömmigkeit<br />
Das Lied „Morgenstern <strong>der</strong> finstern<br />
Nacht“ steht im Horizont des geistigen<br />
und geistlichen Schaffens von Angelus<br />
Silesius. Bewegend ist das Christusbild,<br />
wie es in <strong>der</strong> Schrift „Cherubinischer<br />
Wan<strong>der</strong>smann“ in immer neuen<br />
Wendungen aufleuchtet. Er bekennt<br />
aus <strong>der</strong> Tiefe seines Herzens: „Chris -<br />
tus ist alles“ und entfaltet diese Kernaussage:<br />
„O Wun<strong>der</strong>! Christus ist die Wahrheit<br />
und das Wort, Licht, Leben, Speis und<br />
Trank, Pfad, Pilgram, Tür und Ort.“ 14<br />
<strong>Kirchenmusik</strong>alische Mitteilungen November 2008<br />
Ein sehnsüchtiges Verlangen nach<br />
Chris tus erfüllte den schlesischen<br />
Dichter. Was er lebte und glaubte,<br />
brachte er in seinen Lie<strong>der</strong>n und Epigrammen<br />
in Zeit übergreifen<strong>der</strong> Weise<br />
zum <strong>Aus</strong>druck. Er wusste, was er wollte<br />
und was er erwartete:<br />
„Ich will <strong>der</strong> Monde sein: sei, Jesus, du<br />
die Sonne! So wird mein Angesicht voll<br />
ewger Freud und Wonne.“ 15<br />
Nach Angelus Silesius geht je<strong>der</strong><br />
Mensch mit <strong>der</strong> Hoffnung um, möglichst<br />
glücklich zu werden und zu bleiben.<br />
Das Wort Himmel ist ein Synonym<br />
<strong>für</strong> dieses Glück. Johannes Scheffler<br />
versteht unter Glück und Himmel das<br />
Ruhen in Gott. „Dieser Himmel beginnt<br />
schon auf Erden. Auch inmitten von<br />
Lärm und Gewühl kann es ein mystisches<br />
Ruhen in Gott geben.“ 16<br />
„Halt an, wo läufst du hin, <strong>der</strong> Himmel<br />
ist in dir: Suchst du Gott an<strong>der</strong>swo, du<br />
fehlst ihn <strong>für</strong> und <strong>für</strong>.“ 17<br />
In einem an<strong>der</strong>en Epigramm ruft Scheff -<br />
ler zum eiligen Laufen auf:<br />
„Christ, laufe was du kannst, willst du<br />
in Himmel ein!<br />
Es heißt nicht stille stehn, du musst<br />
<strong>der</strong> Erste sein.“ 18<br />
Doch es geht nicht nur um das zielstrebige<br />
schnelle Laufen, es geht vor allem<br />
um die Liebe, wie Angelus Silesius immer<br />
wie<strong>der</strong> von neuem betont:<br />
„Das Losungswort ist Lieb: hast dus<br />
nicht eingenommen, So darfst du nimmermehr<br />
ans Himmels Grenzen kommen.“<br />
19<br />
„Wer ohne Liebe läuft, kommt nicht ins<br />
Himmelreich: Er springt bald hin bald<br />
her, ist einem Irrwisch gleich.“ 20