Aus der Praxis - Amt für Kirchenmusik
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Liturgie aktuell<br />
Morgenstern<br />
<strong>der</strong> finstern Nacht<br />
ter ganz an<strong>der</strong>en Vorzeichen in <strong>der</strong> ersten<br />
Strophe eines Adventsliedes die<br />
Erscheinung sowie die Wirkung des<br />
Morgensterns auf den Menschen:<br />
„Die Nacht ist vorgedrungen,<br />
<strong>der</strong> Tag ist nicht mehr fern.<br />
So sei nun Lob gesungen<br />
dem hellen Morgenstern!<br />
Auch wer zur Nacht geweinet,<br />
<strong>der</strong> stimme froh mit ein.<br />
Der Morgenstern bescheinet<br />
auch deine Angst und Pein.“ 6<br />
Der Morgenstern <strong>der</strong> Erlösung<br />
Der Morgenstern erhielt im Neuen Testament<br />
einen weiteren, überaus<br />
schönen Horizont. Er ist Christussymbol,<br />
Christusprädikat. Am Ende des<br />
letzten Buches <strong>der</strong> Bibel, am Ende <strong>der</strong><br />
Offenbarung des Johannes, sagt <strong>der</strong><br />
auferstandene und erhöhte Christus<br />
von sich selbst: „Ich bin die Wurzel<br />
und <strong>der</strong> Stamm Davids, <strong>der</strong> strahlende<br />
Morgenstern“ (Offb 22,16). Die Metapher<br />
„Morgenstern“ spielt auf die Verheißung<br />
an: „Ein Stern geht in Jakob<br />
auf“ (Num 24,17) und „deutet Jesus<br />
symbolisch als die frühe und leuchtende<br />
Ankündigung des großen Tages <strong>der</strong><br />
anbrechenden Heilszeit“ 7 . Mit dieser<br />
Selbstaussage Jesu verbindet sich <strong>der</strong><br />
Ruf des Geistes und <strong>der</strong> Braut (= Kirche):<br />
„Komm!“ Und die Apokalypse fügt hinzu:<br />
„Wer hört, <strong>der</strong> rufe: Komm! ... Er,<br />
<strong>der</strong> dies bezeugt, spricht: Ja, ich komme<br />
bald. – Amen. Komm, Herr Jesus!“<br />
(Offb 22,16.17.20). Im Lied „Morgenstern<br />
<strong>der</strong> finstern Nacht“ klingen die<br />
Selbstoffenbarung Jesu und die Antwort<br />
<strong>der</strong> Kirche weiter. Tatsächlich ist<br />
es ein Gesang <strong>der</strong> Endzeit, die Christus<br />
schon begonnen hat, ein Ruf, <strong>der</strong> sich<br />
orientiert am Kommen des Herrn. Dieses<br />
Christuslied ist unverkennbar<br />
eschatologisch ausgerichtet.<br />
Wer in die Akklamation „Komm, Herr<br />
Jesus“ einstimmt und dem auferstandenen<br />
Christus die Treue bis zum Tod<br />
hält, darf auf die Erfüllung seiner Verheißung<br />
hoffen: „Ich werde ihm den<br />
Morgenstern geben“ (Offb 2,28). Damit<br />
ist die Teilhabe an <strong>der</strong> ewigen Herrschaft<br />
Christi gemeint.<br />
Der Zweite Petrusbrief erinnert an die<br />
„Stimme <strong>der</strong> erhabenen Herrlichkeit“,<br />
die Jesus und die Jünger bei seiner Verklärung<br />
auf dem Berg Tabor hörten. Die<br />
Folgerung liegt auf <strong>der</strong> Hand: „Dadurch<br />
ist das Wort <strong>der</strong> Propheten <strong>für</strong> uns<br />
noch sicherer geworden, und ihr tut<br />
gut daran, es zu beachten; denn es ist<br />
ein Licht, das an einem finsteren Ort<br />
scheint, bis <strong>der</strong> Tag anbricht und <strong>der</strong><br />
Morgenstern aufgeht in eurem Herzen“<br />
(2 Petr 1,19).<br />
Ein alter lateinischer Hymnus, <strong>der</strong> vor<br />
dem 6. Jahrhun<strong>der</strong>t formuliert worden<br />
ist, „Lucis largitor splendide“ stellt<br />
den Morgenstern als Naturphänomen<br />
und als Christusereignis einan<strong>der</strong><br />
gegenüber, um den „wahren Morgenstern“<br />
gebührend hervorzuheben:<br />
„Du leuchten<strong>der</strong> Spen<strong>der</strong> des Lichts!<br />
In deines Lichtes heit’rem Glanz<br />
wird schon, da nun die Nacht versinkt,<br />
<strong>der</strong> neue Tag uns angesagt.<br />
Du wahrer Morgenstern <strong>der</strong> Welt!<br />
Nicht jenes min<strong>der</strong>e Gestirn,<br />
das Kunde bringt vom nahen Tag<br />
und leuchtet in nur kargem Licht,<br />
nein, du bist heller als die Sonn’,<br />
bist selbst das Licht, <strong>der</strong> helle Tag,<br />
<strong>der</strong> unsern inn’ren Sinn durchstrahlt,<br />
das Herz erfüllt mit seinem Schein.“ 8<br />
Das römische Brevier, das <strong>der</strong> Priester<br />
Angelus Silesius jeden Tag zum Gebet<br />
in die Hand nahm, gab ihm im Advent<br />
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