Professor Dr. Werner Glogauer Schulpädagoge und - 1
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Unterrichts sind.<br />
Reuß: Wer bestimmt eigentlich, was für uns, also für die Mediennutzer, wirklich gut<br />
ist? Brauchen wir nicht alle ab <strong>und</strong> zu neben der Anspannung im Beruf oder<br />
in der Schule auch ein wenig Entspannung? Müssen wir nicht auch<br />
manchmal zur reinen Entspannung einen spannenden Krimi sehen, einen<br />
unterhaltsamen Spielfilm? Ist daher nicht auch das Seichte ab <strong>und</strong> zu<br />
notwendig?<br />
<strong>Glogauer</strong>: Das ist ganz klar so. Wir kennen ja die Situation von vielen Menschen, die<br />
heute gestresst von der Arbeit nach Hause kommen <strong>und</strong> sich nicht mehr<br />
fordern lassen wollen. Sie wollen sich entspannen, <strong>und</strong> da sind natürlich die<br />
Medien – ich möchte hier wirklich alle Medien nennen – ein ganz passabler<br />
Weg.<br />
Reuß: Wie nutzen Sie eigentlich selbst die Medien?<br />
<strong>Glogauer</strong>: Ich schaue mir z. B. sehr gerne Sportsendungen an, weil ich selbst von<br />
Jugend an aktiver Sportler gewesen bin. Als Medienpädagoge <strong>und</strong><br />
Medienwissenschaftler muss ich natürlich auch sehr viele andere Dinge<br />
ansehen: auch Dinge, die ich mir ansonsten nicht ansehen würde. Ich<br />
schaue mir z. B. sehr viel Werbung an. Das hängt zum Teil auch mit den<br />
jeweiligen Forschungsprojekten zusammen. Ich habe jetzt die Werbung<br />
bereits genannt: Wir haben einmal eine Untersuchung über die<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> Wirkung von Werbefernsehen gemacht. Da muss man<br />
dann in diesem Bereich schon auch selbst zu Hause sein, das ist ganz klar.<br />
Reuß: Die Sozialisation des Menschen wurde früher von der Familie, von der<br />
Kirche, von der Schule oder anderen sozialen Gruppen geprägt. Heute hat<br />
man aber den Eindruck, dass durch die immer stärkere Bedeutung der<br />
Medien diese Gruppen zunehmend ihren prägenden Charakter verlieren.<br />
Ersetzen die Medien die anderen sozialen Gruppen tatsächlich zunehmend<br />
in der Sozialisationsfunktion?<br />
<strong>Glogauer</strong>: Das ist eine ganz wichtige Frage. Es gibt da schon Prozesse, die diese<br />
Verschiebung zeigen: <strong>und</strong> zwar sehr stark zeigen. Das sind allerdings<br />
Prozesse, die mehr unter der Decke vor sich gegangen sind. Wir können<br />
doch davon ausgehen, dass die wichtigsten Einflüsse auf Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendliche in der Erziehung <strong>und</strong> Bildung eigentlich doch immer von<br />
naturgegebenen Gr<strong>und</strong>lagen bereitgestellt worden sind: Das war eben<br />
insgesamt die Natur. Eine weitere wichtige Gr<strong>und</strong>lage der Einflüsse wurde<br />
vom sozialen Umfeld gestellt: von der Familie usw. Die dritte Komponente<br />
stellte selbstverständlich die jeweilige Kultur dieser Gesellschaft bzw. dieses<br />
Gesellschaftsbereichs dar. Heute stellt man jedoch bedauerlicherweise fest,<br />
dass z. B. der Einfluss der Eltern <strong>und</strong> der Erziehungsberechtigten<br />
insgesamt abnimmt: Die Vorbildfunktion der Eltern, der Lehrer, der Priester,<br />
der Meister usw. ist ganz stark zurückgegangen. Man hat gerade in den<br />
letzten Jahren auf diesem Gebiet ja Untersuchungen gemacht, die das<br />
bestätigt haben. Diese Vorbildgruppen machen heute nur noch einige<br />
Prozent aus: An der Spitze stehen dabei heute die Leute aus den Medien,<br />
vom Film, vom Fernsehen, aus der Mode usw. Dieser Bef<strong>und</strong> ist so<br />
eindeutig, dass man das eigentlich bedauern muss: Die Vorbildfunktion der<br />
Menschen im nahen sozialen Umfeld ist so gut wie aufgehoben worden.<br />
Reuß: Ich würde hier, wenn Sie erlauben, gerne einen kleinen Schnitt machen,<br />
denn wir werden danach zur Wirkungsforschung noch einmal ausführlich<br />
zurückkommen. Ich würde Sie nun unseren Zuschauern gerne als Mensch<br />
etwas näher vorstellen. Sie kommen ursprünglich aus Schlesien <strong>und</strong> sind<br />
nach dem Krieg in Kehlheim aufgewachsen. Wie sind Sie aufgewachsen?<br />
Wie war Ihre Kindheit?<br />
<strong>Glogauer</strong>: Ich habe, insgesamt gesehen, eigentlich eine sehr positive Kindheit gehabt.<br />
Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, <strong>und</strong> so war in meiner Kindheit die