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Professor Dr. Werner Glogauer Schulpädagoge und - 1

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Jahr. Wenn man das aneinander reiht, dann sind das in etwa 50 Tage pro<br />

Jahr. Das ist doch mehr, als wir in der Regel Urlaub haben. Warum hat das<br />

Fernsehen diese große Bedeutung gewonnen?<br />

<strong>Glogauer</strong>: Dafür gibt es natürlich verschiedene Ursachen <strong>und</strong> Gründe. Einen Gr<strong>und</strong><br />

habe ich vorhin schon angesprochen: Das sind diese beschränkten<br />

Freizeitmöglichkeiten im Freien. Das muss man wirklich sehr bedauern.<br />

Denn für die gesamte geistige, motorische <strong>und</strong> sinnliche Entwicklung<br />

entstehen dadurch für die Kinder große Nachteile. Wenn immer mehr<br />

ferngesehen wird oder wenn immer mehr Computerspiele gespielt werden,<br />

dann wird ja auch kaum noch gelesen. Die Tatsache, dass das Lesen seit<br />

ungefähr zwei, drei Jahrzehnten sehr stark rückläufig ist, wird ja auch von<br />

der Wirtschaft sehr bedauert, weil man diesen Mangel im Hinblick auf die<br />

Schreib- <strong>und</strong> Lesefertigkeiten am Arbeitsplatz sehr konkret beobachten<br />

kann.<br />

Reuß: Aus den USA gibt es eine Aufsehen erregende Untersuchung an 3000<br />

Kindern zwischen drei <strong>und</strong> fünf Jahren. Gemäß dieser Studie war das<br />

Fernsehen für 44 Prozent aller Kinder beliebter als der eigene Vater <strong>und</strong> für<br />

immerhin noch 20 Prozent aller Kinder beliebter als die eigene Mutter. Was<br />

macht diese emotionale Bindung an dieses technische Gerät namens<br />

Fernseher aus?<br />

<strong>Glogauer</strong>: Sie haben den richtigen Begriff gewählt, denn es ist tatsächlich ein<br />

emotionales Verhältnis. Die Kinder <strong>und</strong> teilweise noch die Jugendlichen bis<br />

zu 14 Jahren entwickeln z. B. zu den Figuren aus den Action-<br />

Zeichentrickserien emotionale Beziehungen: Diese Figuren sind sehr<br />

attraktiv für sie, damit kann der Vater, der müde von der Arbeit kommt <strong>und</strong><br />

ziemlich abgeschlagen den eigenen Sohn oder die eigene Tochter erlebt,<br />

nicht konkurrieren. Aufgr<strong>und</strong> der medialen Darstellung sind diese Figuren<br />

für die Kinder ganz einfach attraktiver. Da ist wiederum ein Gr<strong>und</strong> dafür,<br />

warum die Vorbildfunktion der Eltern zurückgegangen ist.<br />

Reuß: Die Wirkung der Medien wird ja sehr häufig negativ beschrieben: zur<br />

gesamten Gewaltdebatte werden wir sicherlich gleich noch kommen. Wenn<br />

es jedoch so ist, wenn es also bestimmte negative Reiz-Reaktions-Muster<br />

gibt, dann müsste doch auch der Umkehrschluss gelten: Demgemäß<br />

könnten dann die Medien auch sehr positiv wirken. Wie müssten also die<br />

Medieninhalte gestaltet werden, damit sie diese Attraktivität haben <strong>und</strong><br />

gleichzeitig positiv wirken?<br />

<strong>Glogauer</strong>: Das, was Sie im zweiten Teil Ihrer Frage gesagt haben, muss man in der<br />

Tat unterstreichen. Diese Potenz der Medien zu einer solchen Wirkung gibt<br />

es selbstverständlich. Aber wir erleben ja vor allem bei den elektronischen<br />

Medien, dass dort mehr das Negative, mehr die Gewalt <strong>und</strong> die<br />

Katastrophen <strong>und</strong> mehr das Negative unseres menschlichen Lebens <strong>und</strong><br />

unserer Kultur gezeigt werden. Das wäre schon ein großes Anliegen, bei<br />

dem natürlich alle zusammenarbeiten müssten: Es sollten mehr pro-soziale<br />

Inhalte, wenn ich das einmal auf diesen Nenner bringen darf, in den Medien<br />

gezeigt werden.<br />

Reuß: Nun gibt es ja durchaus Versuche in der Richtung, denn es gibt Serien, die<br />

millionenfach gesehen werden <strong>und</strong> die wie z. B. die "Lindenstraße"<br />

versuchen, in einem einzigen Haus alle Alltagsprobleme zu fokussieren, die<br />

man sich vorstellen kann. Wie beurteilen Sie denn die Wirkung solcher<br />

Serien?<br />

<strong>Glogauer</strong>: Die Wirkung ist ja ganz offensichtlich groß. Denn diese <strong>und</strong> auch andere<br />

analoge Serien sind ja so angelegt, dass sich möglichst viele Zuschauer<br />

darin wiedererkennen können: die täglichen Probleme, die sie haben usw.<br />

Aber auch hier beginnt ja schon die Fiktionalität: Das ist ja nicht wirklich die<br />

Realität, sondern das ist eine fiktive Welt. Ich möchte nicht sagen, dass<br />

schon bei diesen Serien gewisse Gefahren bestehen, aber wenn man zu

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