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Jahre lang versuchte Dittrich – meist mit tatkräftiger<br />
Unterstützung von Kallweit - die gefährliche Politik<br />
der NPD in die Öffentlichkeit zu transportieren, bis<br />
er im Oktober 2008 „aufgrund persönlicher Umstände<br />
und einer beruflichen Neuorientierung“ zurücktrat.<br />
Beobachter berichten, dass sich Dittrich bis dato<br />
nicht durch Redebeiträge hervorgetan habe. Wenn er<br />
etwas ansprach, dann las er es meist von einem Zettel<br />
ab. Dabei saß der jüngere „Kamerad“ oft hinter<br />
ihm. Wie bei NPD-Kommunalmandatsträgern üblich,<br />
bombardierte Dittrich Rat und Bürgermeisterin<br />
vor allem mit zahllosen schriftlichen Anfragen. Diese<br />
Methode wird auf den Parteiseiten im Internet als lokalpolitisches<br />
Engagement verkauft.<br />
Wie Gemeindewahlleiter Hans-Joachim Bienert<br />
während einer Ratssitzung erläuterte, bleibt der frei<br />
gewordene Sitz von Dittrich bis zum Ablauf der<br />
Wahlperiode unbesetzt, da die NPD im Vorfeld keine<br />
Ersatzperson benannt habe. Als Patrick Kallweit von<br />
der Entscheidung hörte, verließ er gemeinsam mit<br />
Andreas Molau wütend den Ratssaal. Die Partei legte<br />
Beschwerde ein, noch ist der Rechtsstreit anhängig.<br />
Doch auch ohne Mandat ist die NPD in Vienenburg<br />
umtriebig. Sie veranstaltet einmal im Monat<br />
einen Stammtisch und lädt dazu auch Vertreter der<br />
„Freien Kameradschaften“ ein. Junge Rechte fingen<br />
Schüler im Januar 2008 vor der Grundschule auf dem<br />
Weg zur Bushaltestelle ab, um ihnen die sogenannten<br />
„Schulhof-CDs“ der NPD in die Hände zu drücken.<br />
Immer wieder kleben an Laternenpfählen im<br />
Ort rechte Aufkleber. Die Gruppe der Erstwähler ist<br />
seit der sogenannten „Schuloffensive“ der NPD ins<br />
Visier niedersächsischer Neonazis geraten. Rechte<br />
Strategen haben das große fremdenfeindliche Potential<br />
bei jungen Mädchen und Jungen entdeckt.<br />
Christian Pfeiffer, Chef des Kriminologischen Forschungsinstitut<br />
Niedersachsen (KFN) stellte im März<br />
2009 gemeinsam mit Bundesinnenminister Wolfgang<br />
Schäuble die Ergebnisse seiner jüngsten Studie zur<br />
Jugendgewalt in Deutschland vor. Erschreckendes<br />
kam zutage: der Erhebung zufolge sind 14,4% der Jugendlichen<br />
in der 9. Klasse, also etwa jeder siebte, als<br />
“sehr ausländerfeindlich” einzustufen. 11,5% zeigten<br />
Sympathien für rechtsextreme Einstellungen.<br />
Kallweit und seine Truppe gehen noch weiter. Ein<br />
eigenes „Kommunales Informationsblatt“ der NPD,<br />
namens „Denkzettel“, erschien bereits in der fünften<br />
Ausgabe. Es befasst sich mit lokalen Themen und<br />
versuchte u.a. einen „Skandal“ um angeblich verschwundene<br />
Sponsorengelder für das Vienenburger<br />
Seefest aufzudecken. „Korruption“ titelte das NPD-<br />
Blatt unter Kallweits Verantwortung und prangerte<br />
„mysteriöseste verwaltungstechnische Vorgänge“ im<br />
Rat der Stadt an. „Postengeilheit, Macht- und Geldgier“<br />
schimpft ausgerechnet ein extrem rechter Jungpolitiker,<br />
der selbst in den eigenen Reihen manchmal<br />
argwöhnisch als Überflieger betrachtet wird. Reißerisch<br />
nimmt das kostenlos verteilte NPD-Massenblatt<br />
„Denkzettel“ die Vienenburger Bürgermeisterin<br />
Transparent des NPD-Kreisbereichs <strong>Goslar</strong> bei einem Aufmarsch<br />
am 1� Mai 2007 in Vechta�<br />
Foto: Otto Belina<br />
Astrid Eltner ins Visier. Kein Zufall: Unter Führung<br />
der engagierten Politikerin war im Vienenburger<br />
Stadtrat bereits im Februar 2007 eine Resolution gegen<br />
Rechtsextremismus – mit einer Gegenstimme<br />
– verabschiedet worden.<br />
In der Resolution heißt es, auch mit Blick auf<br />
das NPD-Mandat, warnend: „Mit Entsetzen und Betroffenheit<br />
nimmt der Rat der Stadt Vienenburg die<br />
jüngsten Erfolge rechtsextremistischer Parteien bei<br />
den Kommunalwahlen in Niedersachsen und den<br />
Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern zur<br />
Kenntnis. Rechtsextremes Wahlverhalten darf nicht<br />
als reines Protestverhalten verstanden und damit<br />
verharmlost werden. Rechtsextremes Gedankengut<br />
macht sich schleichend breit.“ Der Stadtrat verpflichtet<br />
sich: „Dem müssen wir entschlossenes und gemeinsames<br />
Handeln entgegensetzen. Politik, Vereine<br />
und Verbände, Gruppen und Initiativen, Kirchen,<br />
Unternehmen, Betriebsräte, Behörden, Institutionen,<br />
alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, unsere<br />
Gesellschaft aktiv gegen Anfeindungen zu verteidigen<br />
und dem weiteren Anwachsen des Rechtsextremismus<br />
Einhalt zu bieten.“<br />
„Klasse statt Masse“<br />
Kallweit zählt für Beobachter zur neuen, aber zahlenmäßig<br />
noch schwach ausgeprägten „Avantgarde“<br />
der bundesweiten Neonazi-Szene. „Klasse statt Mas-