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Sozialreport 2010 - Volkssolidarität Bundesverband e.V.

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S OZIALRE PORT‘90 ‘92 ‘94 ‘96 ‘98 ‘00 ‘02 ‘04 ‘06 ‘08<strong>2010</strong>Die deutsche Vereinigung- 1990 bis <strong>2010</strong> - Positionen derBürgerinnen und Bürger


<strong>Sozialreport</strong> <strong>2010</strong>Daten und Fakten zur sozialen Lage20 Jahre nach der Vereinigung- 1990 bis <strong>2010</strong> -Positionen der Bürgerinnen und BürgerStudie des Sozialwissenschaftlichen ForschungszentrumsBerlin-Brandenburg e.V.im Auftrag der Volkssolidarität <strong>Bundesverband</strong> e .V.August <strong>2010</strong>


InhaltsverzeichnisAbbildungsverzeichnis 5Tabellenverzeichnis 80. Einführung/Vorbemerkungen 111. Zusammenfassende Hauptaussagen 132. Einheit 182.1 Stand der Vereinigung - Sicht der Bürger 182.2 Stand der Einheit nach Lebensbereichen 202.3 Gewinne - Verluste 222.4 Gewinne und Verluste im Zeitverlauf - neue Länder 242.5 Bewertung der Veränderungen 262.6 Identifikation der neuen Bundesbürger 282.7 Identifikation der Bürger der alten Bundesländer 302.8 Regionale Verbundenheit 323. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt 343.1 Entwicklungstendenzen - Ost 343.2 Neue Horizonte - 2019 363.3 Angleichungsvorstellungen der Bürger 383.4 Stand der Angleichung 403.5 "Angleichung" durch Mobilität 423.6 Vielfalt sinkt in der Familienentwicklung 443.7 Gleichstellungsvorsprung - Gleichstellungsrückstand 463.8 Ausländeranteil - Ost-West 483.9 Verhalten zu Ausländern - Multikulturell 503.10 Weltanschauliche Unterschiede 524. Lebenslagen 544.1 Allgemeine Lebenszufriedenheit - Entwicklung neue Länder 544.2 Zufriedenheit im Ost-West-Vergleich 564.3 Zufriedenheit nach Lebensbereichen 584.4 Wirtschaftliche Lage - Entwicklung neue Länder 604.5 Veränderung der Maßstäbe 624.6 Wirtschaftliche Lage im Ost-West-Vergleich 644.7 Erwartungen an künftige wirtschaftliche Lage 664.8 Wirtschaftliche Lage im Vergleich zur wirtschaftlichen Lage 1990 684.9 Bedürfnisbefriedigung 704.10 Individuelle Einkommen 724.11 Haushaltsnettoeinkommen 744.12 Alterseinkommen 764.13 Armutsstrukturen 784.14 Wohnverhältnisse 804.15 Mietverhältnisse 824.16 Sozialer Status 844.17 Erwerbsarbeit 864.18 Arbeitslosigkeit 884.19 Subjektive Schichteinstufung 904.20 Sozialer Aufstieg - sozialer Abstieg 923


5. Werte 945.1 Grundwerte 945.2 Wertestrukturen neue Länder 966. Demokratie 986.1 Grundentwicklungen 986.2 Politisches Interesse 1006.3 Mehr Bürgerbeteiligung 1026.4 Bürgerschaftliches Engagement 1046.5 Parteien 1066.6 Institutionenvertrauen 1087. Zukunftserwartungen 1107.1 Zwischen Hoffnungen und Befürchtungen 1107.2 Zukunftserwartungen - allgemein - Zukunftszufriedenheit 1127.3 Erwartungen an Verbesserungen - Verschlechterungen 1147.4 Erwartungen und Zufriedenheiten Gesundheitswesen 1167.5 Rente mit 67 1187.6 Solidarfonds 1207.7 Konzeptentwicklung notwendig 122Anlage 1244


AbbildungsverzeichnisAbbildung 1.1: "Wo haben Sie 1989 gelebt?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 12Abbildung 2.1:Abbildung 2.2:Abbildung 2.3:"Wie schätzen Sie den Stand der Einheit Deutschlands ein?" - nach Regionen- 2002 und <strong>2010</strong> - in Prozent - 19"Gibt es aus Ihrer Sicht noch Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern?"- nach Lebensbereichen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 21"Sind zwanzig Jahre deutsche Einheit für Sie insgesamt gesehen - Gewinne/Verluste - ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 23Abbildung 2.4: Gewinn-Verlust-Bewertung - neue Länder - 1994 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Befragte Jahrgang 1970 und älter) 25Abbildung 2.5:Abbildung 2.6:Abbildung 2.7:"Was hat sich seit der Wiedervereinigung 1990 in Ihrem Leben wie verändert?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte Jahrgang 1970 und älter) 27"Nach 20 Jahren deutscher Einheit fühle ich mich als richtiger Bundesbürger."- neue Länder und Berlin-Ost - <strong>2010</strong> - in Prozent - 29"20 Jahre deutsche Einheit" - Aussagen zur Identifikation - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - 31Abbildung 2.8a: "Wie stark fühlen Sie sich verbunden mit Ihrer Gemeinde, Ihrer Stadt ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 33Abbildung 2.8b: "Wie fühlen Sie sich verbunden mit Ihrer Gemeinde, Ihrer Stadt …?" - nachAltersgruppen - neue Länder - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "stark"/"ziemlich stark") 33Abbildung 3.1:Abbildung 3.2:Abbildung 3.3:Abbildung 3.5:Abbildung 3.6:Abbildung 3.7:Hauptaussagen zur sozialen Lage - neue Länder - Durchschnittswerte1990 bis <strong>2010</strong> - 35"Ist die Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland bis 2019 real?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 37"Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland heißt für michvor allem ..." - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 39"Entspricht Ihre jetzige, oder falls Sie gegenwärtig nicht (mehr) erwerbstätigsind, Ihre letzte Tätigkeit Ihrem zuerst erlernten Beruf?" - nach ausgewähltenAltersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 43"Welchen Stellenwert haben für Sie Arbeit und Familie?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - 45"Falls Sie Erwerbstätigkeit nur unter bestimmten Bedingungen bejahen, welchewären das?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 47Abbildung 3.8a: Anteil ausländischer Bevölkerung an der Bevölkerung in Deutschland - 2009- in Prozent - 49Abbildung 3.8b: Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund - Deutschland 2009- in Prozent - 49Abbildung 3.9: Positionen zu ausländischen Bürgern in Deutschland - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antwort: "stimme voll zu") 51Abbildung 3.10: Zugehörigkeit zu Religions-/Glaubensgemeinschaften - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (ab 18. Lebensjahr) 535


Abbildung 4.1:Abbildung 4.2:Allgemeine Lebenszufriedenheit - nach ausgewählten Altersgruppen - neueLänder - 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "sehr zufrieden"/"zufrieden") 55Anteil der "sehr Zufriedenen"/"Zufriedenen" - nach sozialen Hauptgruppenund Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 57Abbildung 4.3: Zufriedenheit nach Lebensbereichen - neue Länder - <strong>2010</strong> - in Prozent* - 59Abbildung 4.4:Abbildung 4.5:Abbildung 4.6:Abbildung 4.7:Abbildung 4.8:Abbildung 4.9:"Wie beurteilen Sie heute Ihre eigene wirtschaftliche Lage?" - neue Länder- 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "sehr gut"/"gut") 61Durchschnittliches Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen nach Bewertung derindividuellen wirtschaftlichen Situation - neue Länder - 1992 bis <strong>2010</strong> - in Euro(bis 2002 umgerechnet) - 63Anteil der ihre wirtschaftliche Lage als "sehr gut"/"gut" Kennzeichnenden- nach sozialen Hauptgruppen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 65Bewertung der wirtschaftlichen Situation in fünf bzw. vor fünf Jahren inAbhängigkeit von der Gegenwartsbewertung - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent der gegenwärtigen Bewertung der wirtschaftlichen Lage - 67"Wie bewerten Sie Ihre gegenwärtige individuelle wirtschaftliche Lage imVergleich zur Zeit vor der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (1.7.1990)?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte, welche vor 1971geboren sind) 69"Ermöglicht Ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen im Großen und Ganzendie Befriedigung Ihrer Bedürfnisse?" - nach Regionen und Haushaltsnettoeinkommensgruppenpro Kopf - <strong>2010</strong> - in Prozent - 71Abbildung 4.10: Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (Inland)- 1991 bis 2009 - in Euro - 73Abbildung 4.11: Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner - Deutschland- 1991 bis 2008 - in Euro - 75Abbildung 4.12: Durchschnittliches Geldvermögen nach Altersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong>- in 1000 Euro je Haushalt - 77Abbildung 4.13: Wohnungsgröße in Abhängigkeit von Einkommensprofilen - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Quadratmetern - 79Abbildung 4.14: Wohnfläche je Einwohner nach Regionen - 31.12.2007 - in Quadratmeter - 81Abbildung 4.15: Mietbelastung von Mieterhaushalten - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> -(Privat - Kommunen - Genossenschaften) 83Abbildung 4.16: Sozialer Status - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(Bevölkerung ab 18. Lebensjahr) 85Abbildung 4.17: Erwerbsstrukturen in Partnerhaushalten nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 87Abbildung 4.18: Dauer der Gesamtarbeitslosigkeit - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(18 bis 65 Jahre) 89Abbildung 4.19: Subjektive Schichtzuordnung - nach Regionen - in Prozent - 91Abbildung 4.20: "Wie bewerten Sie Ihre Entwicklung in den letzten fünf Jahren?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antwort: "als Aufstieg") 936


Abbildung 5.1: Ausgewählte Grundwerte nach Altersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antwort: "sehr wichtig") 95Abbildung 5.2:Abbildung 6.1:Wertestrukturen im Ost-West-Vergleich - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antwort:"... ist für mich sehr wichtig") 97Stellenwert politischer Grundwerte und Zufriedenheiten - neue Länder- 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - 99Abbildung 6.2: Entwicklung des politischen Interesses - neue Länder - 1993 bis <strong>2010</strong>- in Prozent - 101Abbildung 6.3:Abbildung 6.4:"Wie viel kann man Ihrer Meinung nach mit nachfolgenden Mitteln zur gesellschaftlichenVeränderung und Entwicklung beitragen?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "sehr viel"/"viel") 103"Sind Sie zur Mitarbeit in einer Organisation mit nachfolgenden Zielenbereit ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antwort: "ja") 105Abbildung 6.5: "Welche Partei setzt sich Ihrer Meinung nach am meisten ein für ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 107Abbildung 6.6:Abbildung 7.1:Abbildung 7.2:Vertrauen in Bundestag und Bundesregierung - nach Altersgruppen undRegionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "volles Vertrauen"/"vielVertrauen") 109"Wenn Sie an die Entwicklung in den nächsten Wochen denken, haben Siedann vor allem Hoffnungen/Befürchtungen ...?" - nach Regionen undAltersgruppen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 111"Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Zukunftsaussichten?" - neue Länder- 1994 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - 113Abbildung 7.3: "Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Bedingungen ändern für ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 115Abbildung 7.4:Abbildung 7.5:Abbildung 7.6:Abbildung 7.7:Anteil der Pflichtversicherten - gesetzliche Krankenversicherung - nachRegionen, Alter und individuellem Einkommen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 117Abschläge im Rentenzugang - 2001 bis 2009 - nach Regionen und Geschlecht- in Prozent - 119"Halten Sie den Solidarzuschlag zu Gunsten der neuen Länder, in den alleErwerbstätigen aus Ost und West einzahlen, für ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - 121"Wer ist Ihrer Meinung nach für eine Konzeptentwicklung zur Angleichung bis2019 zuständig?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "trifftzu"/"trifft eher zu") 1237


TabellenverzeichnisTabelle 1.1: Befragtenstruktur - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 12Tabelle 2.1:Tabelle 2.2Tabelle 2.3:Tabelle 2.4:Tabelle 2.5Tabelle 2.6:Tabelle 2.7:"Die Einschätzungen zur Einheit Deutschlands sind sehr unterschiedlich. WelcherAuffassung würden Sie zustimmen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 18"Gibt es aus Ihrer Sicht noch Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern ineinzelnen Lebensbereichen - wie bewerten Sie diese?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antwort: "ich sehe keine Unterschiede mehr") 20"Sind fast zwanzig Jahre deutsche Einheit für Sie insgesamt - Gewinne/Verluste - ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 22"Sind die Jahre seit der deutschen Einheit für Sie insgesamt - Gewinne/Verluste - ...?" - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleichzu dem früheren Bundesgebiet und Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent - 24"Was hat sich seit der Vereinigung 1990 in Ihrem Leben verändert und inwelcher Hinsicht?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur BefragteJahrgang 1970 und älter) 26"Seit der Einheit sind ... Jahre vergangen." Aussagen zur Identifikation- neue Länder und Berlin-Ost - 1997 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - 28"Seit der Einheit sind 20 Jahre vergangen." Aussagen zur Identifikation- früheres Bundesgebiet und Berlin-West - <strong>2010</strong> - in Prozent - 30Tabelle 2.8: "Wie stark fühlen Sie sich verbunden mit Ihrer Gemeinde/Ihrer Stadt ...?"- neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu demfrüheren Bundesgebiet und Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent - (nur Antworten: "stark"/"ziemlich stark") 32Tabelle 3.1: Ausgewählte statistische Daten - neue Länder (ohne Berlin) - 1989 bis 2009 - 34Tabelle 3.2:Tabelle 3.3:Tabelle 3.4:Tabelle 3.5:Tabelle 3.6:"In der Koalitionsvereinbarung CDU-CSU-FDP wurde vereinbart: 'die Lebensverhältnissein Deutschland bundesweit bis 2019 weitgehend anzugleichen.'Halten Sie diese Zielstellung für real?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 36"Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland heißt für mich vor allem,dass ..." - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 38Angleichung der Lebensverhältnisse - DDR/neue Länder/früheres Bundesgebiet/alte Länder - 40"Entspricht ihre jetzige, oder falls Sie gegenwärtig nicht (mehr) erwerbstätig sind,Ihre letzte ausgeübte Tätigkeit Ihrem zuerst erlernten Beruf?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur 18. bis 65. Lebensjahr) 42"Welcher der nachfolgenden Meinungen können Sie sich am ehesten anschließen?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 44Tabelle 3.7: "Wie ist Ihre Meinung zur Berufstätigkeit der Frau?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - 46Tabelle 3.8:Tabelle 3.9:Anteile ausländischer Bürger und von Bürgern mit Migrationshintergrund- Deutschland - 2009/2008 - 48"Inwieweit stimmen Sie der Meinung zu, dass in Deutschland zu viele Ausländerleben?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 50Tabelle 3.10: "Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (ab 18. Lebensjahr) 52Tabelle 4.1:"Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig alles in allem mit Ihrem Leben?"- neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früheremBundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 548


Tabelle 4.2:"Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig - alles in allem - mit Ihrem Leben?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 56Tabelle 4.3: Zufriedenheit nach Lebensbereichen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - (nur Antworten: "sehr zufrieden"/"zufrieden") 58Tabelle 4.4:Tabelle 4.5:Tabelle 4.6:Tabelle 4.7:Tabelle 4.8:Tabelle 4.9:Tabelle 4.10:Tabelle 4.11:Tabelle 4.12:"Wie bewerten Sie gegenwärtig Ihre eigene wirtschaftliche Lage?" - neue Länderund Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl.Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 60Bewertung der wirtschaftlichen Lage und Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf- neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früheremBundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Euro - 62"Wie beurteilen Sie heute Ihre eigene wirtschaftliche Lage?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - 64"Wie wird vermutlich Ihre wirtschaftliche Lage in fünf Jahren im Vergleich zuheute sein?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 66"Wie bewerten Sie Ihre gegenwärtige individuelle wirtschaftliche Lage imVergleich zur Zeit vor der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (1.7.1990)?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte, welche vor 1971 geboren sind) 68"Ermöglicht Ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen im Großen und Ganzen dieBefriedigung Ihrer Bedürfnisse?" - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - 70Individuelles Nettoeinkommen nach Einkommensgruppen - neue Länder undBerlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl.Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 72Haushalts-Nettoeinkommen nach Einkommensgruppen - neue Länder undBerlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl.Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 74Einkommen und Einnahmen privater Haushalte 2007 - Rentner- undPensionärshaushalte - nach Regionen - 76Tabelle 4.13: Armuts-/Reichtumsprofile - <strong>2010</strong> - in Prozent - (ab 18. Lebensjahr) 78Tabelle 4.14:"Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Wohnung?" - neue Länder und Berlin-Ost- 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 80Tabelle 4.15: Mietentwicklungen - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Mieterhaushalte inkl. Genossenschaftswohnungen) 82Tabelle 4.16:Tabelle 4.17:Tabelle 4.18:Entwicklung des sozialen Status von Erwerbstätigen - neue Länder und Berlin-Ost- 1991 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 84Erwerbstätigenstruktur nach Regionen (Ostdeutschland ab 2005 = neueBundesländer und Berlin) - 1992 bis 2009 - 86"Befürchten Sie in der nächsten Zeit arbeitslos zu werden?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Erwerbstätige) 88Tabelle 4.19: Subjektive Schichtzuordnung - neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - 90Tabelle 4.20:"Wie bewerten Sie Ihre eigene Entwicklung in den letzten fünf Jahren?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 929


Tabelle 5.1:"Welcher der nachfolgenden Werte ist Ihnen der wichtigste (Platz 1), wichtig(Platz 2) ... am wenigsten wichtig (Platz 5)?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 94Tabelle 5.2: Wertestrukturen - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antwort: "... ist für mich sehr wichtig") 96Tabelle 6.1: Demokratiebewertungen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong>Vergleich zum früheren Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - 98Tabelle 6.2: "Wie stark interessieren Sie sich für Politik?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - 100Tabelle 6.3:Tabelle 6.4:Tabelle 6.5:Tabelle 6.6:Tabelle 7.1:Tabelle 7.2:Tabelle 7.3:"Es gibt die unterschiedlichsten Meinungen zur Demokratie. Was gilt fürSie persönlich?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 102Mitgliedschaften - neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleichzu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent - (ab 18. Lebensjahr) 104Mitglieder und Sympathisanten der Parteien - neue Länder und Berlin-Ost- 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 106"Wie viel Vertrauen haben Sie in nachfolgende Institutionen?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - 108"Wenn Sie an die Entwicklung in den nächsten Wochen denken, haben Sie dannvor allem Hoffnungen/Befürchtungen ...?" - neue Länder und Berlin-Ost- 1990 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - 110"Wie wird sich Ihr Leben ganz allgemein in den nächsten fünf Jahren verändern?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 112"Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Bedingungen, um Arbeit zu haben, inunserer Gesellschaft in den nächsten Jahren ändern?" - neue Länder und Berlin-Ost- 1992 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent - (nur Befragte von 18 bis 60 Jahren) 114Tabelle 7.4: Bewertungen Gesundheitswesen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zum früheren Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - 116Tabelle 7.5: "Wann sollte der allgemeine Renteneintritt erfolgen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (18 bis 64 Jahre) 118Tabelle 7.6:Tabelle 7.7:"In der Politik werden Schwerpunkte festgesetzt, für welche Steuermittelverwendet werden. Welches sind für Sie die drei wichtigsten Bereiche?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 120"Was meinen Sie, trifft es zu, dass es an einem Konzept für die weitereAngleichung der Lebensverhältnisse fehlt, und wenn ja, von wem?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - 12210


0. Einführung/Vorbemerkungen<strong>2010</strong> jährt sich zum zwanzigsten Male der Tag der staatlichen Vereinigung Deutschlands - eine historischeZeit, die in der deutschen Geschichte nach 1945 die zweite grundlegende Zäsur darstellt. Beginnendim Sommer/Herbst 1989 wurden in der DDR in einem bis dahin nicht bekannten und späterauch nicht wiederkehrenden Maße von Bürgern unterschiedlichster sozialer Gruppen ihre politischen,sozialen und ökonomischen Interessen artikuliert und auf demokratischem Wege eingebracht. Erwartungshaltungenauf Verbesserung der Lebensverhältnisse sowie progressive Reformen und Veränderungenbildeten sich dabei sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland heraus.Mit dem zum 1. Juli 1990 wirksam werdenden Vertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunionund dem darauf folgenden Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik begannen vor allem fürdie Bürger der DDR/neuen Bundesländer grundlegende Veränderungen/Einschnitte in ihr Leben, welchebis in die Gegenwart - auch in den alten Bundesländern - die Lebensqualität der Bürger sowiederen subjektive Bewertung beeinflussen.Das vorliegende Material ist nicht einfach die 99. Version von sich häufenden Darstellungen der Ergebnisseder 20-jährigen Vereinigungsgeschichte, sondern einerseits eine auf den Meinungen undBefindlichkeiten der Ostdeutschen beruhende Längsschnittanalyse, welche auf 21 Wellen einer repräsentativenjährlichen Befragung ostdeutscher Bürger beruht, an denen insgesamt rd. 32.000 Bürgerteilnahmen. Andererseits wurden zugleich darüber hinaus im Jahre <strong>2010</strong> zum Ost-West-Vergleichauch die Bewertungen der Westdeutschen zu den gleichen Sachverhalten erfasst, um nicht nur bilanzartigdie positiven Veränderungen im Osten seit 1990, sondern auch die Ergebnisse der Angleichungder Lebensverhältnisse, der vorhandenen Befindlichkeiten ebenso wie die Unterschiedlichkeiten inden vorhandenen Chancen auf eine gleichwertige Lebensgestaltung und der Vielfalt des Lebens darzustellen.Der <strong>Sozialreport</strong> <strong>2010</strong> ist - obwohl in der Tradition der Sozial- und Seniorenreporte der vergangenenJahre stehend 1 - ein spezifischer Beitrag zum 20. Jahrestag und stützt sich auch auf spezielle Ausarbeitungenzur friedlichen Revolution sowie Lebenslagen in Ostdeutschland. 2<strong>2010</strong> wurden insgesamt 2.090 Bürger befragt. Die Befragung erfolgte postalisch, nach einem der Bevölkerungsgrößeentsprechenden Anteil in den einzelnen Bundesländern (Random-Route-Verfahrenrepräsentativ ausgewählter Land-/Stadtkreise anhand der Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2009).Verteilt wurden jeweils 10.000 Fragebogen in den alten Bundesländern und Westberlin sowie denneuen Bundesländern und Ostberlin. Mit einem Rücklauf von 2.173 Fragebogen (10,6 %), von denen2.090 Fragebogen als auswertbar in die Gesamtdatei eingegeben wurden (10,5 %), wurde ein erwartetesErgebnis erzielt. Die Datei wurde sowohl für Ost- wie Westdeutschland separat ausgewertet. DieAngaben für Deutschland insgesamt beruhen auf einer nach der Bevölkerungszahl, dem Geschlecht,dem Alter und der Qualifikation gewichteten Gesamtdatei. Soweit nicht anders vermerkt werden imnachfolgenden Material "neue Länder" unter Einschluss von Berlin-Ost und unter "früheres Bundesgebiet"unter Einschluss von Berlin-West verstanden. Die Verwendung von Ostdeutschland/Westdeutschlandentspricht - soweit nicht anders vermerkt - dem analog.12Vgl. Anlage.Vgl. hierzu: Winkler, Gunnar: 20 Jahre später 1989 bis 2009 - Die friedliche Revolution und ihre Ergebnisse - neueBundesländer, SFZ Berlin 2009 sowie Liebscher, Reinhard/Schmidtke, Heidrun: Studien zu Lebenslagen in Ostdeutschland,SFZ 2007 bis <strong>2010</strong>.11


Tabelle 1.1: Befragtenstruktur - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länder(inkl. Berlin-Ost)früheres Bundesgebiet(inkl. Berlin-West)DeutschlandGesamtprobandenn =%GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 25 Jahre25 bis 35 Jahre35 bis 45 Jahre45 bis 60 Jahre60 Jahre und älterberuflicher Abschlussohne AbschlussFacharbeiterFachschul-/Hochschulabschlussohne Antwort1.0731005149101317263318601931.0171005149101419263129561322.090100514910141926322757152Daten der Erhebung: sfz/leben <strong>2010</strong>Entsprechend der Thematik "20 Jahre Deutsche Einheit" wurde zugleich die regionale Herkunft derBefragten erhoben und ergab, dass 1989• von den heute in den neuen Ländern (inkl. Berlin-Ost) lebenden Befragten- 93 % in der DDR lebten (inkl. Berlin-Ost),- 4 % in der BRD (inkl. Berlin-West),- 1 % im Ausland,- 2 % seit 1989 geboren wurden bzw. hier keine Antwort gaben,• von den in Westdeutschland und Westberlin lebenden Befragten- 87 % in der BRD (inkl. Berlin-West) lebten,- 7 % in der DDR (inkl. Berlin-Ost),- 2 % im Ausland,- 4 % 1989 und später geboren wurden (3 %) bzw. keine Antwort gaben (1 %).Abbildung 1.1: "Wo haben Sie 1989 gelebt?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länderfrüheres Bundesgebietfrüheres BundesgebietDDR931989 nochnicht geb./o.Antw.874 12Ausland2 471989 nochnicht geb./o.Antw.Auslandfrüh.Bund.-gebietDDRDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)12


1. Zusammenfassende Hauptaussagen2. Einheit2.1 Die 1989 getroffene Aussage von Alt-Bundeskanzler Willy Brandt: "Jetzt wächst zusammenwas zusammengehört" 3 hat ihre Bedeutung und Richtigkeit bis in die Gegenwart noch nichtverloren. Der Stand der deutschen Einheit wird zwischen Ost und West extrem unterschiedlichbewertet. 47 % der Bürger im Westen und 17 % im Osten sehen die Einheit im Wesentlichenals erreicht an.2.2 Die Bewertung des erreichten Maßes der Vereinigung anerkennt die vollzogenen Fortschritteebenso wie sie eine hohe Erwartungshaltung an noch zu erfolgende "Angleichungen" reflektiert- sie unterstützt zugleich den Erhalt von politischer, kultureller und regionaler Vielfalt.2.3 Die Bürger in Deutschland sehen sich sowohl als Gewinner wie Verlierer der Einheit. Währendim Osten mehr Bürger für sich Gewinne feststellen (42 %) als im Westen (37 %), konstatierenim Westen mehr Bürger Verluste (35 %) als im Osten (24 %). Insbesondere Arbeitsloseund Bürger mit geringem Einkommen sehen sich in Ost wie West als Verlierer.2.4 In den neuen Bundesländern gibt es eine relativ stabile Gewinn-Verlust-Bewertung. Der mitder Sozialreformdebatte Anfang des Jahrzehnts verbundene negative Trend der Bewertungwurde in den letzten Jahren wieder überwunden.2.5 Bürger, welche 1990 bereits 20 Jahre und älter waren, bestätigen die Erkenntnis, dass sich imOsten fast alles verändert hat, während für die alten Bundesländer Kontinuität - im Sinne von"keine Veränderungen" - charakteristisch ist. Insbesondere in selbst gestaltbaren Lebensbereichenwerden im Osten die größten Fortschritte anerkannt.2.6 Seit Mitte der neunziger Jahre entwickelt sich in den neuen Ländern zunehmend eine Identifikationmit der Bundesrepublik Deutschland, die vor allem von den nachrückenden jüngerenJahrgängen sowie Bürgern in gehobenen Lebenslagen getragen wird. Scheinbar restaurativeAussagen (DDR wiederhaben) sind stark an den gegenwärtigen sozialen Status gebunden.Charakteristisch ist die Antwort "weder-noch".2.7 In den alten Bundesländern wollen 11 % der Bürger am liebsten die Mauer wiederhaben und10 % der Westdeutschen fühlen sich in der jetzigen Bundesrepublik nicht mehr richtig wohl.Charakteristisch ist für die alten Bundesländer, dass sich 70 % seit der Vereinigung nicht andersfühlen als vorher bzw. wohler fühlen und/oder erst jetzt richtig als Deutsche. InsbesondereArbeitslose und Bürger mit Einkommensverlusten geben negativere Bewertungen ab.2.8 Die gefühlsmäßige Verbundenheit der Bürger ist nach wie vor stark sozialisationsbedingt.Ostdeutschland ist für die Bürger der neuen Bundesländer, die Bundesrepublik für Bürger desfrüheren Bundesgebietes der Bezugspunkt. Insbesondere ältere Bürger haben eine eindeutigereIdentifikation. Das neue Europa wird in Ost wie West weitaus weniger angenommen.3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.1 Die Bewertungen wesentlicher sozialer Lebenslagen (Zufriedenheit, Erwartungen, wirtschaftlicheLage) unterliegen seit 1990 einer rasch steigenden Zunahme positiver Wertungen, stabilisierensich bis 2000 auf dem erreichten Niveau, um mit Einsetzen der "Reformpolitik" deutlichabzunehmen. Stagnation und geringfügige positive Zunahmen charakterisieren die letztenJahre.3.2 Die Festlegungen des Koalitionsvertrages zur Angleichung der Lebensverhältnisse inDeutschland bis 2019 werden von den Bürgern mehrheitlich nicht für real gehalten. Mehr alsdie Hälfte in Ost und West glaubt nicht mehr an das Erreichen der Angleichung bzw. ist dazunicht aussagefähig.3Brandt, Willy: Rede in Berlin am 10. November 1989.13


3.3 Die Bürger der neuen Bundesländer - ebenso wie die der alten Bundesländer - verstehen unter"Angleichung" nicht eine Gleichheit im Sinne formaler quantitativer Gleichheit oder Nivellierung,sondern eher und vor allem "Chancengleichheit" im Sinne von Herstellung vergleichbarerBedingungen für einen eigenständigen Lebensvollzug.3.4 Die Entwicklung seit 1990 belegt erreichte Fortschritte wie noch vorhandene Defizite. Je exakterZiele, Zeitpunkt, Richtung und Wege zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnissebestimmt werden, umso wirkungsvoller die Ergebnisse und eine möglich Kontrolle der gesetztenVorgaben.3.5 Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West ist zur Zeit aufgrund derökonomischen und infrastrukturellen Unterschiede nicht gegeben. Ein nicht unbedeutenderTeil der Bürger stellt individuell die Bedingungen der erwarteten Gleichwertigkeit durch hoheberufliche und territoriale Mobilität her.3.6 Der Vereinigungsprozess ist nicht nur mit Gewinn, sondern auch mit Verlust an Vielfalt verbunden.Im Besonderen hinsichtlich der Haltung zu Kindern und Familie ist festzustellen,dass sich in diesem Bereich Anpassungen an traditionelle "deutsche Leitbilder" - die selbst einemAngleichungswandel unterliegen - vollziehen.3.7 Die Haltung zur Berufstätigkeit der Frau trennt nach wie vor Ost- und Westdeutschland. DieUnterschiedlichkeit der Bewertungen ist im Besonderen Resultat der in beiden Regionen bewahrtenTraditionen und erlebten Sozialisation. Der einstmals vorhandene Gleichstellungsvorsprungvon Frauen ist in den neuen Bundesländern im Schwinden.3.8 Zur Vielfalt des Lebens in Deutschland gehören auch das Zusammenleben mit Bürgern andererNationalitäten und die damit verbundene Sprachenvielfalt, religiösen Unterschiede und dasmultikulturelle Leben. Die unterschiedlichen Erfahrungen des Zusammenlebens reflektierensich in Haltungen zu Ausländern zwischen Ost und West.3.9 Insgesamt ist die Haltung der Bürger - der neuen wie der alten Bundesländer - nach 20 JahrenEinheit nicht ausländerfeindlich, aber auch nicht hinreichend ausländerfreundlich - ohne Extremhaltungenleugnen oder rechtfertigen zu wollen. Das verbreitete Klischee von einer Jugend,die sich - im Gegensatz zu "Älteren" - stärker gegen Ausländer in der Bundesrepublikwendet, ist nicht zu belegen.3.10 Die Vereinigung hat die weltanschaulichen Strukturen der Bevölkerung deutlich und nachhaltigauch in dieser Hinsicht in zwei Regionen geteilt. Während im Osten 78 % keiner Religionsgemeinschaftangehören, sind das im Westen 31 %.4. Lebenslagen4.1 "Die" unzufriedenen Ostdeutschen gibt es nicht. Erreichten "Wohlstandsgewinnen" in denJahren nach 1990 stehen im letzten Jahrzehnt "Wohlstandsverluste" gegenüber (Arbeitsmarkt,Verlangsamung des Angleichungsprozesses, Sozialabbau u.a.) ebenso wie andererseits dieAkzeptanz von staatlichen "Schutzschirmen" für die unterschiedlichsten Lebenslagen seit2008. Zufriedenheiten werden im Besonderen von Erwerbsstatus, Zukunftssicherheiten undmateriellem Lebensniveau geprägt.4.2 Insgesamt gibt es eine hohe allgemeine Lebenszufriedenheit in Deutschland. Dabei weist derWesten höhere Zufriedenheiten aus als der Osten. Insbesondere jüngere und ältere Bürger sindüberdurchschnittlich zufrieden.4.3 Die höchsten Zufriedenheiten weisen die Deutschen in Ost wie West für das Wohnen und dieFreizeit aus. Es sind jene Bereiche, welche der Einzelne relativ selbstständig gestalten kann.Am Ende der Zufriedenheitsskala liegen Leben mit Kindern, Demokratie, politischer Einflussund die Einkommens-Preis-Verhältnisse.4.4 Die erfolgten Veränderungen der Lebensverhältnisse nach 1990 reflektieren sich zwischen1990 und 2000 in einer zunehmenden positiven Wertung der individuellen wirtschaftlichenLage. Die zunehmenden negativen Wertungen nach 2000 sind vor allem Auswirkungen derSozialreformen, der Euro-Umstellung sowie des Aussetzens der Einkommensangleichungen.14


4.5 Die Bewertung der jeweiligen individuellen wirtschaftlichen Lage seitens der Bürger der neuenBundesländer beruht auf steigenden Haushaltsnettoeinkommen (pro Kopf) insgesamt alsauch den der Bewertung zugrunde liegenden Einkommenshöhen. Insgesamt nimmt die Differenzierungder den Bewertungen zugrunde liegenden Einkommensgrößen deutlich zu.4.6 Die Aussagen zur wirtschaftlichen Situation reflektieren sowohl die unterschiedlichen Realitätenvon Lebenslagen der Bürger als auch die existierenden regionalen Unterschiede. Insgesamtist die wirtschaftliche Lage im Osten durch einheitlichere (homogenere) Verteilungsstrukturenindividueller finanzieller/materieller Lebenslagen gekennzeichnet.4.7 Die Annahmen über die künftige vom Einzelnen erwartete wirtschaftliche Situation gehen inhohem Maße von Stagnation bzw. von Verschlechterungen aus. Jüngere erwarten vor allemVerbesserungen, Ältere Verschlechterungen. Die Bewertungen zur künftigen Entwicklungweisen keine prinzipiellen Unterschiede zwischen Ost und West aus.4.8 Beim Vergleich der individuellen wirtschaftlichen Lage zwischen der Gegenwart und 1990heben über 40-jährige Bürger aus den neuen Bundesländern vor allem die erfolgten Verbesserungenhervor, während Bürger aus den alten Ländern vor allem Verschlechterungen sehen.4.9 Weniger als die Hälfte der Haushalte in Deutschland können mit ihrem erzielten Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen vorhandene Bedürfnisse befriedigen. In jedem fünften Haushalt istes "zu knapp". Das gilt im Besonderen für Alleinerziehendenhaushalte in Ost wie West sowieHaushalte mit drei und mehr Kindern.4.10 Die Entwicklung des individuellen Nettoeinkommens hat sich in den neuen Bundesländernzunächst rasch vollzogen, ohne ab Mitte der 90er Jahre weitere wesentliche Angleichungsfortschrittezu erreichen. Zugleich haben Differenzierungen in den Einkommen zugenommen - imBesonderen innerhalb der Erwerbstätigenstrukturen. Der Abstand zu den Einkommensstrukturenim Westen ist vor allem in den höheren Segmenten noch deutlich.4.11 Die Veränderungen der individuellen Nettoeinkommen reflektieren sich auch in der Entwicklungder Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland. Der Angleichungsprozess ist auch bei denHaushaltseinkommen weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Anteile in den oberen Einkommenssegmentenliegen in Westdeutschland (63 %) deutlich über dem Osten (38 %).4.12 Das Alterseinkommen in Deutschland ist - wie Einkommen generell - zwischen Ost und Westunterschiedlich. Zwei noch existierende Rentenrechtsgebiete wie unterschiedliche historischeEntwicklungen (Beamte, Vermögen, Wohneigentum) sind dafür Ursache. Tendenzen zunehmenderAltersarmut sind vorgezeichnet.4.13 Zunehmende Armut ist/wird eine der grundlegenden Entwicklungstendenzen des sozialenWandels in Deutschland. <strong>2010</strong> lebten 18 % der ab 18-jährigen Bürger unterhalb der Armutsrisikoschwelle.Das waren in Ostdeutschland 24 % und in Westdeutschland 16 %. Alleinerziehende,Arbeitslose und Familien mit mehreren Kindern sind das am meisten betroffene Potenzial.4.14 Rd. 80 % der Deutschen sind mit ihren Wohnverhältnissen/Wohnbedingungen zufrieden, nur4 % der Bürger sind unzufrieden. Das gilt inzwischen für Ost wie West. Wohnen ist der Lebensbereich,der in den neuen Ländern den größten "Zugewinn" erreicht hat, nicht zuletzt aufgrundder qualitativen Fortschritte in der Wohnsubstanz und im Wohnkomfort.4.15 Modernisierung und Neubau waren in den neuen Ländern zugleich mit bedeutenden PreisundTarifentwicklungen verbunden - bei gleichzeitigem Wegfall von Sozialsubventionen. DerAnteil der Mietbelastung stieg von 4 % des Einkommens auf 28 %.4.16 Hinsichtlich des - an den Erwerbsstatus gebundenen - sozialen Status hat sich eine zunehmendeAngleichung der Strukturen zwischen Ost und West ergeben. Erwerbsstrukturen reflektierenden Weg zur Dienstleistungsgesellschaft auch im Osten. Grundlegendster Einschnitt wardie Herausbildung einer dauerhaften Arbeitslosigkeit.4.17 Beschäftigung nimmt in Deutschland gegensätzliche Verläufe zwischen Ost und West.Zugleich stehen sich unterschiedliche Erwerbsmuster - insbesondere in Familien mit Kindern- gegenüber. Atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse steigen kontinuierlich in Ost wieWest.15


4.18 Der gespaltene Arbeitsmarkt - mit einer doppelt hohen Arbeitslosigkeit im Osten - spaltetDeutschland nachhaltig bis zur künftigen Alterssicherung. In Deutschland verfügen 47 % aller18- bis 65-Jährigen über eigene Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit, darunter im Osten62 %. Rd. ein Drittel der Erwerbstätigen lebt in sozialer Verunsicherung aufgrund empfundenerArbeitsplatzbedrohung.4.19 Die subjektive Schichteinstufung zwischen Ost und West reflektiert die individuelle Lebenslageebenso wie die regionale Sozialisation. Prägend für den Osten sind die Unter- und Arbeiterschicht,für den Westen die Mittelschicht und obere Mittelschicht.4.20 Die Aussagen zu individuellem sozialen Auf- bzw. Abstieg weisen eine relativ hohe Übereinstimmungin Ost wie West auf. Stagnierende Angleichung und die Politik der Sozialreformenhaben zu absinkenden Anteilen der "sozialen Aufsteiger" geführt.5. Werte5.1 Die Grundwertestruktur in Deutschland unterscheidet sich vor allem hinsichtlich des Stellenwertesvon Freiheit und sozialer Sicherheit zwischen Ost und West. Sozialisation und Statusquo führen zu deutlichen Unterschieden zwischen Ost und West.5.2 Arbeit, ein dem Einkommen entsprechender Lebensstandard, Gesundheit und Wohnen stehenim Zentrum der Wertehierarchie der Bürger in den neuen wie alten Bundesländern. GravierenderWertewandel trat in den neuen Ländern beim Stellenwert von Kindern bei Jüngerenund dem Leben in einer demokratischen Gesellschaft auf.6. Demokratie6.1 Hohe Zustimmung zur Demokratie als Wert bei niedriger Zufriedenheit hinsichtlich demokratischerMitwirkungsmöglichkeiten und geringen Erwartungen an Verbesserungen. PositivereZustimmungswerte im Westen.6.2 Insgesamt gibt es in den neuen Ländern ein bis 2005 ansteigendes politisches Interesse - insbesondereim Zusammenhang mit der Politik der Sozialreformen und der Politisierung des öffentlichenLebens (September 2001). In Deutschland ist das politische Interesse (<strong>2010</strong>) in Ostwie West gleichermaßen relativ wenig ausgeprägt - nur 37 % haben starkes, 22 % kein Interesse.6.3 Die Bürger in Ost- wie Westdeutschland sehen in einer stärkeren direkten Bürgerbeteiligungund weniger in Wahlen notwendige Formen einer wirksameren Demokratie. Andere Formen"eigenen Handelns" finden geringere Unterstützung.6.4 Die Vereinskultur hat sich in Ost und West angenähert, bei rückläufigen Entwicklungen in derMitgliedschaft von Parteien und großen Interessenverbänden. Zugleich gibt es in Ost wieWest ein keineswegs unbedeutendes Potenzial, welches Interesse am bürgerschaftlichen Engagementbekundet.6.5 Die Parteienlandschaft in Deutschland hat sich nach 1990 neu strukturiert mit Unterschiedenin Ost und West. Hinsichtlich der den Parteien zugestandenen Kompetenzen in den wichtigstendas Leben der Bürger betreffenden gesellschaftspolitischen Bereichen ist eine Polarisierungzwischen CDU/CSU/SPD einerseits und DIE LINKE andererseits - vor allem im Osten -festzustellen.6.6 Das Vertrauen in die gewählten Institutionen auf Bundes- und Landesebene ist in Deutschlandgenerell gering, wenig und kein Vertrauen sind dominant in der Meinung der Bürger. Polizeiund Gerichten wird demgegenüber ein höheres Vertrauen entgegengebracht.7. Zukunftserwartungen7.1 Über den Gesamtzeitraum seit 1990 sind sinkende Hoffnungen und steigende Befürchtungenfür die neuen Bundesländer charakteristisch. Insbesondere junge Ostdeutsche und ältere Bürgerin Ost wie West gehen in höherem Maße von negativen Erwartungen aus.7.2 Hinsichtlich der Zufriedenheit mit der eigenen Zukunft gibt es ein relativ einheitliches Bild inDeutschland. Insbesondere Jüngere gehen in Ost wie West von Verbesserungen aus, Ältereaus den neuen Bundesländern eher von Verschlechterungen. Arbeitslose aus den alten Bundesländernsehen ihre Zukunft optimistischer als Arbeitslose aus dem Osten.16


7.3 Die für die individuelle Entwicklung erwarteten Verbesserungen bzw. Verschlechterungenvon Lebensbedingungen weisen einerseits eine hohe Übereinstimmung zwischen Ost undWest auf wie andrerseits eine hohe Differenzierung nach einzelnen Lebensbereichen. Vor allemhinsichtlich der finanziellen Absicherung im Alter erwarten Ost wie West deutliche Verschlechterungen.7.4 Die Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen ist gering ausgeprägt, ebenso wie positive Erwartungenan die künftige Entwicklung. Rd. ein Drittel der Bürger ist unzufrieden und erwartetweitere Verschlechterungen.7.5 Nur jeder 10. Bürger zwischen 18 und 64 Jahren unterstützt das Modell "Rente mit 67". Insbesondereab 40-Jährige treten für einen Rentenbeginn vor dem 65. Lebensjahr ein. Die hoheQuote der Rente mit Abschlägen bei Neurentnern spricht gegenwärtig gegen die Rente mit 67.7.6 Im Gegensatz zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit wird notwendiger finanzieller Mitteleinsatzzur "Angleichung" im Westen nicht unterstützt. Der existierende Interessengegensatz Ost-West wird auch deutlich an der Haltung zum Solidaritätsfonds, der im Westen von rd. 60 %als ungerecht empfunden wird.7.7 Die Mehrheit der Bürger in Deutschland hält ein Konzept zur Angleichung der Lebensverhältnissefür erforderlich. Während Ostdeutsche die Verantwortung dafür vor allem bei derBundesregierung sehen, betonen die westdeutschen Bürger im Besonderen die Verantwortungder ostdeutschen Bundesländer. Drei Viertel der Westdeutschen und ein Drittel der Ostdeutschenwenden sich gegen den Solidaritätszuschlag in der gegenwärtigen Struktur.17


2. Einheit2.1 Stand der Vereinigung - Sicht der BürgerDie 1989 getroffene Aussage von Alt-Bundeskanzler Willy Brandt: "Jetzt wächst zusammen waszusammengehört" 4 hat ihre Bedeutung und Richtigkeit bis in die Gegenwart noch nicht verloren.Der erreichte Stand der deutschen Einheit wird zwischen Ost und West extrem unterschiedlich bewertet.47 % der Bürger im Westen und 17 % im Osten sehen die Einheit im Wesentlichen als erreichtan.Tabelle 2.1:"Die Einschätzungen zur Einheit Deutschlands sind sehr unterschiedlich. Welcher Auffassungwürden Sie zustimmen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Ost und Westsind weitgehendzusammengewachsenzwischen Ostund West gibtes nur nochgeringe Unterschiededie UnterschiedezwischenOst undWest sindnoch relativgroßdie Unterschiedewerdenimmergrößerauch in 50Jahren wird esnoch gravierendeUnterschiedegebenDeutschland 9 31 40 3 13 4neue Länder 3 14 53 7 16 7früheres Bundesgebiet 11 36 37 2 12 3GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatus3307322erwerbstätig4arbeitslos/apM 6 2GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)12116711111610101513917161213178neue Länder 5555163435051605339früheres Bundesgebiet 73734253042373939303637544131343233306857118615121222151517202219218162412121219121181422ohneAntwort6777639511242124433In Deutschland vertreten zwanzig Jahre nach der Vereinigung 9 % die Meinung, dass Ost und Westweitgehend zusammengewachsen sind und 31 % sehen nur noch geringe Unterschiede. 40 % stellengroße und 3 % zunehmende Unterschiede fest, 13 % gehen davon aus, dass es auch in 50 Jahren nochgravierende Unterschiede geben wird (4 % ohne Antwort).4567Brandt, Willy: Rede in Berlin am 10. November 1989.Hier und in folgenden Tabellen und Abbildungen: neue Länder einschl. Berlin-Ost.Hier und in folgenden Tabellen: Arbeitslose und Beschäftigte in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.Hier und in folgenden Tabellen und Abbildungen: früheres Bundesgebiet einschl. Berlin-West.18


Während in den alten Bundesländern fast die Hälfte der Bürger (47 %) die Feststellung trifft, dass Ostund West weitgehend zusammengewachsen sind bzw. keine großen Unterschiede mehr bestehen, vertretenim Osten nur 17 % diese Meinung. In den neuen Bundesländern ist die Ansicht, dass die Unterschiedenoch relativ groß sind bzw. zunehmen (53 %), die vorherrschende Meinung, während dies imWesten nur 37 % der Bürger vertreten.Über- bzw. unterdurchschnittliche Bewertungen stehen sich in dieser Frage gegenüber. Diese Tendenzverstärkt sich bei einer detaillierteren Betrachtung nach sozio-demografischen Gruppen vor allem invier Aspekten:• In den alten Bundesländern geben vor allem ältere Bürger eine überdurchschnittlich positive Bewertungab, was im Osten eher bei 25- bis 39-Jährigen der Fall ist.• Mit höherer Qualifikation steigt sowohl im Osten wie im Westen der Anteil derer, die sich positivartikulieren.• Zunehmende Differenzierung in den Lebensverhältnissen im Osten führt bei mittelständischenSchichten/Hochschulabsolventen/höheren Einkommensgruppen zu positiveren Bewertungen, offensichtlichauch hier Ausdruck einer real besseren/wirksameren "Angleichung" (berufliche Tätigkeit/Einkommen/Wohneigentum).• Die Wertungen sind im Osten "homogener" als die von den Bürgern der alten Bundesländer vorgenommenen.Insgesamt ist erkennbar, dass die Bürger der neuen Bundesländer an den Ergebnissen der Einheit zumTeil in sehr unterschiedlichem Maße partizipieren - insbesondere durch die gegebenen/nicht gegebenenMöglichkeiten der Teilnahme am Erwerbsleben, da die Veränderungen in den ökonomischenStrukturen eine Nutzung der Angleichungschancen aus eigener Kraft in hohem Maße begrenzten undnoch immer begrenzen. Zugleich führen bekanntermaßen die in den Jahren ab 2000 in Gang gesetztenSozialreformen in Ost wie West zu negativen Wirkungen. Die Reformen, die in den neuen wie altenBundesländern gleichermaßen realisiert werden, wirken in Ostdeutschland verstärkend auf Ungleichheiten(innerhalb der neuen Bundesländer und zu den alten Bundesländern) und vertiefen in den altenBundesländern zum Teil das Gefühl der nachholenden "Vereinigungskosten" - insbesondere für Bürgerin Berlin-West traten nach 1990 reale "Vereinigungsverluste" auf.Abbildung 2.1: "Wie schätzen Sie den Stand der Einheit Deutschlands ein?" - nach Regionen- 2002 und <strong>2010</strong> - in Prozent -2002 <strong>2010</strong>[3]neue Länder5917[4]6117[2][1][5][3]53neue Länder7[4]161437[5][2][1][6]früheres Bundesgebiet[2]3611337 2 12[3] [4][5][1][6][1] Ost und West sind zusammengewachsen [2] nur noch geringe Unterschiede [3] noch große Unterschiede[4] Unterschiede werden größer [5] auch in 50 Jahren noch Unterschiede [6] ohne AntwortDatenbasis: sfz /2002/<strong>2010</strong> (gew.)19


2. Einheit2.2 Stand der Einheit nach LebensbereichenDie Bewertung des erreichten Maßes der Vereinigung anerkennt die vollzogenen Fortschritte ebensowie sie eine hohe Erwartungshaltung an noch zu erfolgende "Angleichungen" reflektiert - sieunterstützt zugleich den Erhalt von politischer, kultureller und regionaler Vielfalt.Tabelle 2.2"Gibt es aus Ihrer Sicht noch Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern ineinzelnen Lebensbereichen - wie bewerten Sie diese?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antwort: "ich sehe keine Unterschiede mehr")neue LänderfrüheresBundesgebietDeutschlandVielfalt politischer Orientierungen (Parteien) 40 32 33Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden 37 32 33öffentlicher Nahverkehr 35 36 36kulturelle Angebote 33 40 39Gesundheitsversorgung 29 38 36Wohnverhältnisse 29 26 26Religionszugehörigkeit 29 30 30Zusammenleben mit anderen Nationalitäten 25 24 24Ausbildungsmöglichkeiten 24 23 23Verhältnis Stadt-Land 23 22 22Kinderbetreuung 20 30 28Preise für Dienstleistungen 17 20 19berufliche Entwicklungschancen 15 20 19Arbeitslosigkeit 8 10 10Arbeitsplatzangebote 7 13 12Vermögen 7 21 18Renten 5 15 12Lohn/Gehalt 1 8 7Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Aus der Beantwortung der Frage "Gibt es aus Ihrer Sicht noch Unterschiede zwischen alten und neuenLändern?", welche die Möglichkeit bot, dies zu verneinen bzw. Unterschiede festzustellen und zugleichderen Überwindung, ihren Erhalt bzw. Vergrößerung zu benennen, lässt sich hervorheben:Erstens gibt es eine hohe übereinstimmende Wertung über das bereits erreichte Maß überwundenerUnterschiede zwischen Ost und West, ohne die vorhandenen ungerechtfertigten Ungleichheiten zuübersehen oder zu übergehen.Seitens der Ostdeutschen wird vor allem die erreichte politische Integration hervorgehoben. Anerkennung(im Sinne von "sehe keine Unterschiede mehr") finden die erfolgten Veränderungen bei rd.37 bis 40 % der Bürger der neuen Länder hinsichtlich der erreichten Parteien- und Verbandsvielfaltund der damit verbundenen Möglichkeiten, aktiv zu partizipieren. Wenn Westdeutsche das in geringeremMaße als "angeglichen" sehen, ist das offensichtlich eher Vorbehalten gegen einzelne Parteienund Verbände geschuldet als dem erreichten Maß bürgerschaftlichen Engagements.Westdeutsche sehen die Vereinigung bezüglich der kulturellen/gesundheitlichen Versorgung und Kinderbetreuungsowie in den Bereichen Ausbildung/Arbeit in höherem Maße als verwirklicht an als Ostdeutsche- entgegen bekannten Fakten.Zweitens geht die große Mehrheit der Bürger in Ost wie West davon aus, dass notwendige Angleichungsprozessein wichtigen und wesentlichen Lebensbereichen noch ausstehen (vgl. Abbildung 2.2).Das betrifft vor allem jene Bereiche, welche ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen (Arbeit) und zur20


Zeit durch ungerechtfertigte Ungleichheiten gekennzeichnet sind (z.B. Einkommen) und damit Entwicklungschancenbegrenzen.Insbesondere hinsichtlich der Lohn- und Rentenentwicklung sowie der vorhandenen Arbeitslosigkeitund des fehlenden Arbeitsplatzangebotes wird von 65 bis 85 % der Ostdeutschen die noch ausstehendeAngleichung eingefordert. In den alten Ländern findet dies mit 48 bis 65 % wesentlich geringere Unterstützung,liegt aber auch hier an der Spitze der Bereiche, in denen Angleichung angemahnt wird.Drittens wird für eine Reihe von Lebensbereichen auch der Erhalt der vorhandenen Unterschiedlichkeiteneingefordert - insbes. bei politischen und religiösen Strukturen (25 %) sowie kulturellen undregionalen Unterschieden, von Westdeutschen darüber hinaus auch bei Vermögen (22 %), Renten(18 %) sowie Löhnen und Gehältern (9 %).Dabei reflektieren die geäußerten Vorstellungen nicht in jedem Fall die eigenen Erfahrungen im Vereinigungsprozess,sondern sind hinsichtlich der Bewertung erreichter Angleichungen, vorhandenerGleichstellungsrückstände bzw. -vorsprünge stark von Kenntnis/Unkenntnis bzw. dem Wahrheitsgehaltund der Interpretation übermittelter Informationen abhängig (rd. 20 % der Bürger West könnenkeine Antwort geben).Abbildung 2.2: "Gibt es aus Ihrer Sicht noch Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern?"- nach Lebensbereichen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Lohn/GehaltArbeitslosigkeitRentenArbeitsplatzangebotEntwicklungschancenDienstleistungenVermögenAusbildungsmöglichkeitenKinderbetreuungGesundheitsversorgungWohnverhältnisseStadt-Landöffentlicher NahverkehrLeben mit Ausländernkulturelle AngeboteParteienvielfaltVereinsmitgliedschaftenReligionVereinsmitgliedschaftenReligionParteienvielfaltStadt-Landkulturelle AngeboteWohnverhältnisseLeben mit AusländernDienstleistungenöffentlicher NahverkehrKinderbetreuungVermögenGesundheitsversorgungAusbildungsmöglichkeitenRentenEntwicklungschancenArbeitslosigkeitArbeitsplatzangebotLohn/GehaltDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)1312101291318182423242625212523201919171920181518141417141512131022813541835232419nur Antwort: "ja, zu verringern"3429332930293340404043424548485352526565nur Antwort: "ja, aber zu belassen"0 20 40 60 80 100neue Länder früheres Bundesgebiet7377828721


2. Einheit2.3 Gewinne - VerlusteDie Bürger in Deutschland sehen sich sowohl als Gewinner wie Verlierer der Einheit. Während imOsten mehr Bürger für sich Gewinne feststellen (42 %) als im Westen (37 %), konstatieren im Westenmehr Bürger Verluste (35 %) als im Osten (24 %). Insbesondere Arbeitslose und Bürger mitgeringem Einkommen sehen sich in Ost wie West als Verlierer.Tabelle 2.3:"Sind fast zwanzig Jahre deutsche Einheit für Sie insgesamt ...?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent -vor allemGewinnmehrGewinnals VerlustGewinn/Verlustsindgleich großmehrVerlustals Gewinnvor allemVerlusttrifft fürmichnicht zuDeutschland 21 17 20 25 8 7 3neue Länder 19 23 27 18 6 4 2früheres Bundesgebiet 21 16 18 27 8 7 3GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)1622192319142022419232732171320172522252228212522291217141211161618167neue Länder292624233422292528früheres Bundesgebiet20161317172020<strong>2010</strong>201711132023201923233262427402829386635512532998961785101253216022229533861468ohneAntwort212023124121262Die deutsche Einheit erbrachte den Beweis, dass Bürger eines Landes auch auf friedlichem Wegenicht nur Regierungen abwählen und durch neue parteipolitische Zusammensetzungen ersetzen können,sondern dass auch Systemveränderungen möglich sind, sie brachte zugleich für die Mehrheit derBürger der neuen Bundesländer anerkannte und spürbare Verbesserungen der Lebensverhältnisse mitsich, die in vielen Bereichen bis heute nachhaltige Wirkungen zeigen.Es gibt im Vereinigungsprozess keine Gruppe, die sich nur als "Gewinner" oder "Verlierer" sieht -ohne vorhandene Differenzierungen zu ignorieren. Einzelne Gruppen konnten in den ersten Jahrenmehr Gewinne als andere für sich feststellen (Rentner-Ost), die jedoch im Verlaufe der Jahre imSchwinden sind.22


Die Bewertung der Deutschen zu individuell erreichten Wirkungen der Einheit manifestiert sich nachwie vor an den Aussagen, dass 38 % der befragten Bürger im Jahre <strong>2010</strong> die Einheit für sich vorrangigals Gewinn bewerten, 20 % für sich sowohl Gewinne als auch Verluste sehen und 33 % den Vereinigungsprozessfür sich mit Verlusten verbinden (für 9 % der Befragten trifft die Frage nicht zu - zumTeil jüngere Befragte bzw. Immigranten).Die Daten (vgl. auch Tabelle 2.3) verdeutlichen zugleich die große Unterschiedlichkeit der Bewertungzwischen Ost und West. Während im Osten 42 % der Bürger für sich Gewinne sehen, sind das in denalten Bundesländern nur 37 %, im Gegensatz zu den Verlusten, welche für sich nur 24 % der Ostdeutschen,aber 35 % der Westdeutschen feststellen.Bürger, die 1989 in der DDR lebten und jetzt in den alten Bundesländern leben, sehen sich - deutlichüber dem Durchschnitt liegend - zu 64 % als Gewinner (4 % Verluste) ebenso wie 72 % ehemaligerBundesbürger, die heute im Osten leben (7 % Verluste). Andererseits sehen 39 % ehemaliger Westberlinerfür sich vor allem Verluste.Überdurchschnittlich werden Gewinne für sich hervorgehoben von:• Hochschulabsolventen in Ost (66 %) wie West (66 %),• Männer im Osten (47 %) im Vergleich zu Frauen (38 %),• Beamte (71 %) und Selbstständige (58 %) im Vergleich zu Arbeitern (47 %) im Osten,• Familien mit höherem Pro-Kopf-Haushaltseinkommen (63 %) im Vergleich zu unteren Gruppen(18 %) im Osten.Eine überdurchschnittliche Verlustbewertung nehmen vor allem vor:• Befragte zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr in Ost (35 %) und vor allem West (48 %),• Arbeitslose (52 % - Ost bzw. 50 % - West).Abbildung 2.3: "Sind zwanzig Jahre deutsche Einheit für Sie insgesamt gesehen ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länderfrüheres Bundesgebietmehr Gewinn2319vor allemGewinnsowohlals auch18mehr Gewinn1621vor allemGewinnsowohlals auch2718mehr Verlust66trifft nicht zu/o.Antvor allemVerlustmehr Verlust27810vor allemVerlusttrifft nicht zu/o.AntDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)23


2. Einheit2.4 Gewinne und Verluste im Zeitverlauf - neue LänderIn den neuen Bundesländern gibt es eine relativ stabile Gewinn-Verlust-Bewertung. Der mit derSozialreformdebatte Anfang des Jahrzehnts verbundene negative Trend der Bewertung wurde inden letzten Jahren wieder überwunden.Tabelle 2.4:"Sind die Jahre seit der deutschen Einheit für Sie insgesamt ...?" - neue Länder undBerlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu dem früheren Bundesgebiet undBerlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent -neue LänderfrüheresBundesgebiet1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>vor allem Gewinn 16 19 13 19 21 21mehr Gewinn als Verlust 28 22 31 23 16 17DeutschlandGewinn/Verlust sind gleich groß nicht 41 41 26 27 18 20mehr Verlust als Gewinn erhoben 12 15 27 18 27 25vor allem Verlust 3 2 9 6 8 8trifft nicht zu/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)- - 5 6 10 9Für die neuen Länder sind insgesamt seit 1994 (erstmalige Erhebung) weitgehend stabile Gewinn- undVerlustbewertungen typisch - mit einer kritischeren Bewertung in den Jahren der Diskussion um undEinführung grundlegender Elemente der Sozialreform (Rente, Gesundheit, Arbeitsmarkt, Pflege). Insbesonderedie hohen Gewinnbewertungen der älteren Bürger trugen bislang maßgeblich zur Gesamtbewertungin den neuen Ländern bei - trotz Stagnation der Alterseinkommen als auch des Nachrückensvon Jahrgängen mit geringen Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrundvielfach unterbrochener Erwerbsbiografien bzw. Niedrigeinkommen. Die mit dem Renteneintritt verbundene"soziale Sicherheit" im Alterseinkommen privilegiert aufgrund der Solidargemeinschaft inder Rentenversicherung ältere Bürger.Betrachtet man die Gesamtentwicklung in Ostdeutschland - begrenzt auf den Teil der Bevölkerung,der 1989/1990 20 Jahre und älter war (Jahrgang 1970 und älter) - so ergibt sich, dass die Gewinn-Verlust-Bewertung seit 1990 einem Wandel unterliegt:a) Während die Zahl derer, die den Vergleich der mit der Vereinigung erzielten individuellen Wirkungenpositiv bewerten, weitgehend stabil ist, nimmt der Anteil jener zu, die für sich stärker Verlustesehen (Reformpolitik).b) Der Vergleich in den ersten Jahren bezog sich fast ausschließlich auf die Veränderungen der ü-berwundenen Lebensverhältnisse in der DDR und noch nicht auf die nachhaltig wirkenden neuensozialen Strukturen (Arbeitslosigkeit).c) Ab Ende der 90er Jahre werden sowohl der DDR-Vergleich als auch die inzwischen eingeleiteten -ursprünglich nicht für möglich gehaltenen - sozialen Einschnitte bewertet wie auch die stagnierendeAngleichung.Die unterschiedlichen Aspekte der Ost-West-Bewertung seien noch erweitert um:• die subjektive Schichteinstufung, nach der in Ost wie West sich jeweils 64 % der oberen Mittelschicht/Oberschichtals Gewinner der Vereinigung sehen - d.h. eine bedeutend positivere Wertung.24


In Ostdeutschland sehen sich auch die sich der Mittelschicht Zuordnenden mit 63 % deutlich alsGewinner (West = 31 %). Während sich in Westdeutschland auch die sich der Unterschicht Zuordnendennoch zu 28 % als Gewinner sehen, sind das im Osten nur 14 %.• Im Osten ist der Zusammenhang von "sozialem Aufstieg/Abstieg" mit der Einheit ausgeprägter.70 % derer, welche ihre Entwicklung der letzten Jahre als "sozialen Aufstieg" sehen, kennzeichnenihre persönlichen Veränderungen "als Gewinn" (im Westen nur 47 %).• Die Bewertungen sind nicht zuletzt gebunden an/verbunden mit den jeweiligen politischen Orientierungen/Parteisympathiendes einzelnen Bürgers. Dabei belegen die Untersuchungen sowohl dieUnterschiedlichkeit der Bewertungen zwischen den Parteien als auch innerhalb der Sympathisantenin Ost und West.Anfang des Jahrzehnts vorgenommene Analysen bezüglich einzelner Lebensbereiche sehen bei Ostdeutschenauf der Gewinnerseite vor allem die Bereiche Wohnen, Reisen und Kennenlernen fremderKulturen, Vielfalt der Vereinstätigkeit, Waren- und Dienstleistungsangebot, persönliche Freiheit. Verlustewerden vor allem gesehen in den Bereichen Arbeit, soziale Sicherheit, soziale Gerechtigkeit undSolidarität. 8Abbildung 2.4: Gewinn-Verlust-Bewertung - neue Länder - 1994 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Befragte Jahrgang 1970 und älter)100%80%18 16 19 22 2416 18 212734 3237 3632 3326 2960%40 414646 444342423832 3529 3433 3134 2940%20%43 433632 3241 39 37 36 34 34 343035 3640 420%1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Gewinn sowohl als auch VerlustDatenbasis: sfz/leben 1994-<strong>2010</strong> (gew.)8Vgl. Winkler, Gunnar: Leben in den neuen Bundesländern, in: <strong>Sozialreport</strong> 2001 - Daten und Fakten zur sozialen Lage inden neuen Bundesländern, Berlin 2001, S. 57-61.25


2. Einheit2.5 Bewertung der VeränderungenBürger, welche 1990 bereits 20 Jahre und älter waren, bestätigen die Erkenntnis, dass sich im Ostenfast alles verändert hat, während für die alten Bundesländer Kontinuität - im Sinne von "keineVeränderungen - charakteristisch ist. Insbesondere in selbst gestaltbaren Lebensbereichen werdenim Osten die größten Fortschritte anerkannt.Tabelle 2.5"Was hat sich seit der Vereinigung 1990 in Ihrem Leben verändert und in welcher Hinsicht?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte Jahrgang 1970 und älter)vor allempositivneue Länderweder/nochvor allemnegativtrifft nicht zu/ohne AntwortWohnungsausstattung 55 31 5 9Urlaubsmöglichkeiten 54 19 16 12Wohnsituation 46 38 8 9Einkommen 35 21 32 12familiärer Zusammenhalt 24 50 14 12Bildungschancen 18 38 11 33Freundeskreis 17 55 18 10Berufsentwicklung 15 24 29 31Aufstiegschancen 13 25 29 33politischer Einfluss 9 41 16 36früheres BundesgebietWohnungsausstattung 20 59 4 17Urlaubsmöglichkeiten 23 49 13 15Wohnsituation 24 55 5 16Einkommen 14 39 32 16familiärer Zusammenhalt 19 58 5 19Bildungschancen 6 64 7 23Freundeskreis 18 60 4 18Berufsentwicklung 11 44 13 33Aufstiegschancen 8 42 17 33politischer Einfluss 2 62 12 24Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Der Vergleich der Jahrgänge, welche 1990 mindestens 20 Jahre und älter waren (bis Geburtsjahr1970), belegt - wie die Abbildungen verdeutlichen - die keineswegs neue Erkenntnis, dass sich imOsten fast alles und Westen nur wenig verändert hat.Charakteristisch für den Osten sind die anerkannten Verbesserungen in vielen Lebensbereichen, insbesondereim Wohnen und in der Urlaubsgestaltung, also in Bereichen, welche einen hohen individuellemEntscheidungsspielraum haben und vom Einzelnen entsprechend seinen individuellen Lebensverhältnissengestaltbar sind. Das sind zugleich jene Bereiche, in denen nur geringfügig Verschlechterungenangegeben werden.Eine spezifische Bewertungssituation liegt im Osten bei den Einkommen vor. 35 % akzeptieren dieerfolgten Veränderungen (vor allem höhere Einkommensgruppen und Hochschulabsolventen). Rd. einDrittel (32 %) sieht jedoch für sich eher Verschlechterungen - das betrifft vor allem Arbeitslose (75 %)sowie Familien mit einem Pro-Kopf-Einkommen unter 1.000 Euro (52 %).26


2 72 51 91 92 01 51 21 21 01 01 01 11 21 21 51 91 92 02 52 73 22 82 93 03 12 82 52 22 11 91 92 22 12 52 82 92 83 03 23 1Die an berufliche Tätigkeiten gebundenen Bewertungen (berufliche Entwicklung, Aufstiegschancen)werden stark von Verschlechterungen bestimmt (auch hier Arbeitslose - 70 % - und Facharbeiter sowieBürger ohne beruflichen Abschluss).Die von westdeutschen Bürgern vorrangig abgegebene Bewertung in Bezug auf Veränderungen seitder Vereinigung ist die Feststellung "weder positiv - noch negativ", d.h. eine weitgehende Kontinuitätin der Entwicklung. Diese Aussage wird von jeweils 50 % bzw. darüber getroffen hinsichtlich despolitischen Einflusses (62 %), der Wohnverhältnisse (57 %), der sozialen Beziehungen in der Familieund des Freundeskreises (58 %) sowie der Bildungschancen (64 %). Auch hier liegen Wohnen undUrlaub an der Spitze der positiven Veränderungen. Insbesondere die Einkommensentwicklung erreichtmit 32 % den Höchstwert "negativer" Bewertung - auf gleichem Niveau wie in den neuen Bundesländern.Es ist offensichtlich, dass in den alten Bundesländern der spürbar abnehmende durchschnittlicheAnstieg der Bruttolöhne und -gehälter seit 1990 bei einem nicht unbedeutenden Teil zu Einkommensverlustenführt. Das wird durch schneller steigende Steuer- und Sozialbeiträge noch verstärkt. DieseEntwicklungen werden dann als "Vereinigungsverluste" gekennzeichnet, obwohl diese Entwicklungmaßgeblich von anderen Faktoren beeinflusst wurde.Die mit den Sozialreformen verbundenen Einschnitte in den individuellen Lebensvollzug, vor allemauf dem Arbeitsmarkt, wirken offensichtlich in Ost wie West auf die Bewertungen negativ.Abbildung 2.5: "Was hat sich seit der Wiedervereinigung 1990 in Ihrem Leben wie verändert?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent* - (nur Befragte Jahrgang 1970 und älter)neue Länderfrüheres BundesgebietWohnungsausstattung555245Wohnsituation468204Urlaubsgestaltung54162313familiärer Zusammenhalt2414195Einkommen35321432Freundeskreis1718184Bildungschancen181267politischer Einfluss916212Berufsentwicklung15291113Aufstiegschancen132981780 60 40 20 0 20 40 60 8080 60 40 20 0 20 40 60 80rie1 vor allem positiv weder noch vor allem negativ* Differenz zu 100 = trifft nicht zu/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)27


2. Einheit2.6 Identifikation der neuen BundesbürgerSeit Mitte der neunziger Jahre entwickelt sich in den neuen Ländern zunehmend eine Identifikationmit der Bundesrepublik Deutschland, die vor allem von den nachrückenden jüngeren Jahrgängensowie Bürgern in gehobenen Lebenslagen getragen wird. Scheinbar restaurative Aussagen(DDR wiederhaben) sind stark an den gegenwärtigen sozialen Status gebunden. Charakteristisch istdie Antwort "weder-noch".Tabelle 2.6:"Seit der Einheit sind ... Jahre vergangen. Welche Aussage trifft für Sie am ehestenzu?" - neue Länder und Berlin-Ost - 1997 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -1997 2000 2002 2004 2006 2008 <strong>2010</strong>fühle mich als richtiger Bundesbürger 16 21 20 17 21 22 25möchte am liebsten die DDR wieder haben 10 6 10 13 14 11 9ich möchte weder die DDR wiederhabennoch fühle ich mich in der Bundesrepublikschon richtig wohl68 65 67 64 60 62 59trifft nicht zu/ohne Antwort 6 8 3 6 5 5 7Datenbasis: sfz/leben 1997-<strong>2010</strong> (gew.)Eine "neue" gesamtdeutsche Identität hat sich in den neuen Bundesländern nicht automatisch mit derdeutschen Einheit hergestellt. Die vierzigjährige Existenz zweier deutscher Staaten bis 1990 ist einehistorische Komponente, die auch 20 Jahre nach der Vereinigung Haltungen der lebenden Generationenin Deutschland beeinflusst. Sie reflektiert aber auch, dass - wie W. Brandt formulierte - immernoch zusammenwachsen muss, was zusammengehört. 9Ostidentität ist nicht die spezifische Beschreibung für regionale Besonderheiten zwischen Ländern, diees zwischen Schleswig-Holstein und Bayern ebenso gibt wie zwischen Mecklenburg-Vorpommernund Sachsen, sondern reflektiert die Gleich- und Ungleichheit der politischen, ökonomischen und sozialenEntwicklung in den beiden Teilgesellschaften im vereinigten Deutschland. Es ist "kein regionalerFolklorismus" 10 , sondern es bestanden/bestehen beträchtliche Unterschiede im Verhältnis zur Arbeit,zur Vereinbarkeit von Arbeit und familiären Verpflichtungen, zur Religion und zur Demokratie(nicht im Sinne von Demokratieakzeptanz und dem Stellenwert von Demokratie, sondern von Demokratieverständnis11 ).Identifikation in diesem Sinne ist Ausdruck der Positionen der Bürger zu den sie heute wie früher umgebendenpolitischen, sozialen und ökonomischen Lebensverhältnissen. Das heißt auch, dass Ostidentitätnatürlich mit der DDR-Entwicklung verbunden ist, in der ein abnehmender Teil der Bürger derneuen Länder sich sozialisierte, sich schulische und berufliche Bildung erwarb und berufliche Karrierenvollzog.Die sich erst nach 1990 entwickelnde Ostidentität ist Aneignung neuer Werte- und Verhaltensstrukturenebenso wie eine spezifische Form von Besitzstandswahrung im Sinne von progressiven, vom Einzelnenerworbenen Denk- und Verhaltensweisen. Es ist gleichermaßen Besinnung auf frühere undgegenwärtige, als positiv empfundene Verhältnisse und Zustände wie Einsicht in fehlerhafte, falscheund zum Teil Menschenrechten entgegenstehende Entwicklungen. Es ist Akzeptanz erreichter Veränderungennach 1990 ebenso wie Erleben von Ungleichbehandlungen, die als ungerechtfertigt gegenübereiner Region aufgrund ihrer Vergangenheit betrachtet werden. Insgesamt ist in den neuen Länderneine relativ stabile, wenn auch noch auf niedrigem Niveau - tendenziell zunehmende - Identifika-91011Brandt, Willy: Rede in Berlin am 10. November 1989.Greiffenhagen, Martin/Greiffenhagen, Sylvia: Zwei politische Kulturen, in: Der Bürger im Staat, Landeszentrale fürpolitische Bildung BW, Heft 4/2000, S. 179.Kaase, Max/Bauer-Kaase, Petra: Deutsche Vereinigung und innere Einheit 1990-1997, in: Meulemann, Heiner (Hrsg.):Werte und nationale Identität im vereinten Deutschland, Verlag Leske+Budrich, Opladen 1998, S. 252.28


tion "als richtiger Bundesbürger" feststellbar (1995 = 9 %/<strong>2010</strong> = 25 %). Vor allem bei jüngeren Menschengibt es eine im Zeitverlauf ansteigende Bindung (<strong>2010</strong> = 39 %), die sich von älteren Altersgruppen(ab 60-Jährige <strong>2010</strong> = 20 %) eindeutig abhebt.Dabei ist die Identifikation mit der Bundesrepublik keinesfalls ausschließlich eine traditionell historischeKomponente, sondern wird zunehmend von den realen Lebensverhältnissen und den existierendenUnterschieden zu den alten Bundesländern beeinflusst. Höhere Einkommensgruppen fühlen sichder Bundesrepublik deutlich verbundener (über 40 %) als niedrige (14 %), ebenso wie Hochschulabsolventenzu 35 % sich bereits als Bundesbürger fühlen (Integrationseffekt). Städter fühlen sich verbundener(27 %) als Bewohner kleiner Gemeinden (19 %).Bürger, welche sich als richtige Bundesbürger fühlen, bewerten zugleich mit 52 % die Einheit bereitsals vollzogen, d.h. sie sehen keine Unterschiede mehr bzw. nur geringe Unterschiede. Auch sich derMittelschicht bzw. der oberen Mittelschicht Zuordnende sehen sich zu 42 % bzw. 37 % als Bundesbürger.Häufig wird Verwunderung darüber geäußert, dass sich so wenig Bürger der neuen Bundesländerschon richtig integriert, sondern als "weder - noch" betrachten. Aber Fühlen als Bundesbürgerist nicht nur Identifikation mit dem Grundgesetz, sondern auch Identifikation mit den realen sozialenund ökonomischen Verhältnissen, ist Zurechtfinden in Lebensverhältnissen mit nach 1990 veränderten,anderen Lebenszielen und Wertvorstellungen, ist auch Anerkennung des eigenen Lebensvollzugsdurch die andere Teilgesellschaft. Empirische Ergebnisse belegen die These, dass Ostidentitätmehrheitlich weder eine die bundesrepublikanischen Verhältnisse generell ablehnende noch eine aufRestauration alter DDR-Verhältnisse gerichtete Bewertung einschließt.Auch die Position, "die DDR wiederhaben zu wollen", ist weniger eine pauschale Forderung an Systemwiederherstellungnoch "Restposten" von DDR-Bewusstsein. Das wird nicht zuletzt dadurch belegt,dass diese Äußerungen vor allem an den Erwerbsstatus gebunden sind. Mit 23 % bei Arbeitslosensowie 35 % bei Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen liegen seit Jahren überdurchschnittlicheWerte für "die DDR wiederhaben zu wollen" vor, die darauf verweisen, dass die Aussage vor allemin den gegenwärtigen sozialen Verhältnissen wurzelt und nicht in allgemeinen "nostalgischen"Betrachtungen. Es geht nicht um das DDR-System, sondern um einen Arbeitsplatz mit entsprechendemEinkommen. Die Aussagen dokumentieren damit zugleich, dass der Teil von Bürgern, der dieDDR wiederhaben will, sich deutlich reduzieren würde, wenn bestimmte Lebensbedingungen verändertwürden - z.B. durch Reduzierung der Arbeitslosigkeit und von prekären Arbeitsverhältnissen.Abbildung 2.6: "Nach 20 Jahren deutscher Einheit fühle ich mich als richtiger Bundesbürger."- neue Länder und Berlin-Ost - <strong>2010</strong> - in Prozent -60G eschlecht Alter Haushaltsnettoeinkommen(äquivalenzgewichtet)40insgesamt 25 %20&2 5 2 5&232539302821 2014274145018-24Jahre25-39Jahre40-49Jahre50-59Jahre60 Jahreu.ält.unt.1000Euroweiblichmännlich1000-1500Euro1500-2000Euro2000Eurou.dar.Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)29


2. Einheit2.7 Identifikation der Bürger der alten BundesländerIn den alten Bundesländern wollen 11 % der Bürger am liebsten die Mauer wiederhaben und 10 %der Westdeutschen fühlen sich in der jetzigen Bundesrepublik nicht mehr richtig wohl. Charakteristischist für die alten Bundesländer, dass sich 70 % seit der Vereinigung nicht anders fühlen alsvorher bzw. wohler fühlen und/oder erst jetzt richtig als Deutsche. Insbesondere Arbeitslose undBürger mit Einkommensverlusten geben negativere Bewertungen ab.Tabelle 2.7:"Seit der Einheit sind 20 Jahre vergangen. Welche Aussage trifft für Sie am ehestenzu?" - früheres Bundesgebiet und Berlin-West - <strong>2010</strong> - in Prozent -ich möchteam liebstendie Mauerwiederhabenich fühlemich nichtmehr richtigwohlich fühlemich nichtanders alsvorherich fühlemichwohlerich fühlemich jetzt alsrichtigerDeutschertrifft nichtzu/ohneAntwortinsgesamt 11 10 44 20 6 9Geschlechtweiblich 12 10 40 19 6 13männlich 10 10 48 20 7 5Alter18 bis 24 Jahre 12 2 23 34 13 1525 bis 39 Jahre 13 5 49 18 1 1540 bis 49 Jahre 17 10 50 12 4 650 bis 59 Jahre 12 14 47 16 5 560 Jahre und älter 5 13 41 23 10 8Erwerbsstatuserwerbstätig 13 9 50 17 4 7arbeitslos/apM 16 15 28 29 5 8Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Immer wieder wird die Antwort, dass rd. 9 % der Bürger der neuen Bundesländer die DDR wiederhabenwollen, zu Negativ-Schlagzeilen hochstilisiert. Dabei wird übersehen/übergangen, dass auch inden alten Bundesländern 14 (<strong>2010</strong>) 11 % der Bürger am liebsten die Mauer wiederhaben möchten und10 % der Westdeutschen sich in der heutigen Bundesrepublik nicht mehr richtig wohlfühlen. Charakteristischist für die alten Bundesländer, dass sich 70 % seit der Vereinigung nicht anders fühlen alsvorher (44 %) bzw. wohler fühlen (20 %) und 6 % erst jetzt richtig als Deutsche.Es sind auch in Westdeutschland vor allem die Arbeitslosen (16 %) sowie in prekären ArbeitsverhältnissenTätigen (15 %), welche die Mauer wiederhaben wollen, sowie die mittleren Altersgruppen.Keineswegs uninteressant ist, dass es nicht nur die unteren Schichten sind, welche die Mauer wünschen(15 %), sondern auch partiell Bürger, welche sich der Oberschicht zuordnen (13 %).Insbesondere in den Großstädten werden - im Gegensatz zu Ostdeutschland - eher kritische Positionengeäußert.Es sind auch im Besonderen die Bürger, die vor 1990 in Westberlin lebten, welche die Mauer zurückhabenwollen. Von den heute in Westdeutschland lebenden Bürgern, welche bis 1990 in der DDRlebten, enthielten sich über 60 % der Stimme und trafen keine Aussage.Wenn es auch in den alten Bundesländern vor allem Arbeitslose sind, die sich die Mauer zurückwünschenbzw. sich nicht mehr in der Bundesrepublik wohlfühlen, gilt auch für den Westen: Mehrheitlichwill man nicht die Mauer wiederhaben, sondern eine Wohlstandsentwicklung wie vor 1990. Ein Teil30


der heutigen veränderten Lebensumstände wird einfach der "Vereinigung" - im Kleinen mit der DDRund im Großen mit der Osterweiterung der EU - angelastet und damit "Schuld" nicht dem gegenwärtigen,sondern dem vergangenen System zugeordnet.Die Vorstellungen des Einzelnen über die mit der deutschen Einheit zu erreichenden Veränderungenin den gesellschaftlichen und individuellen Lebensverhältnissen waren ohne Zweifel unterschiedlich -das gilt im Besonderen zwischen Ost und West. Während im Osten ein relativ breites Spektrum anVorstellungen zur Veränderung existierte - so der Wunsch auf verbesserte Möglichkeiten, um für dasdurch gute Arbeit erworbene Geld auch entsprechend dem Bedarf Waren und Leistungen zu erhalten,um ungehindert reisen und sich politisch betätigen zu können, auf verbesserte Umweltbedingungen,eine qualitativ bessere medizinische und gesundheitliche Betreuung usw. - gingen die westdeutschenBürger mehrheitlich davon aus, dass sich für sie nichts verändern würde. In Ost wie West ging jedochkaum jemand davon aus, dass grundlegende negative Einschnitte in den Lebensverhältnissen erfolgenwürden, dass es Bereiche des Lebens geben könnte, in denen man hinter das 1990 existente Niveauzurückfallen würde. 12Offensichtlich trifft das jedoch für einen - wenn auch nicht großen - Teil der Bürger zu.Abbildung 2.7: "20 Jahre deutsche Einheit - welche Aussage trifft Ihre Meinung am besten?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -100%79680%2060%5940%94420%2510110%neue LänderAls Ostdeutscher ...fühle ich mich nach 20 Jahren bereits als richtiger Bundesbürger.möchte ich am liebsten die DDR wiederhaben.möchte ich weder die DDR wiederhaben noch fühle ich mich inder Bundesrepublik schon richtig wohl.trifft nicht zu/ohne Antwortfrüheres BundesgebietAls Westdeutscher ...möchte ich am liebsten die Mauer wiederhaben.fühle ich mich in der jetzigen Bundesrepublik nicht mehr richtig wohl.fühle ich mich nach der Wiedervereinigung nicht anders als vorher.fühle ich mich nach der Vereinigung wohler.fühle ich mich erst nach der Wiedervereinigung richtig als Deutscher.trifft nicht zu/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)12Vgl. <strong>Sozialreport</strong> DDR 1990 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in der DDR (Hrsg. G. Winkler), Verlag die Wirtschaft,Berlin 1990, Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart/München/Landsberg 1990.31


2. Einheit2.8 Regionale VerbundenheitDie gefühlsmäßige Verbundenheit der Bürger ist nach wie vor stark sozialisationsbedingt. Ostdeutschlandist für die Bürger der neuen Bundesländer, die Bundesrepublik für Bürger des früherenBundesgebietes der Bezugspunkt. Insbesondere ältere Bürger haben eine eindeutigere Identifikation.Das neue Europa wird in Ost wie West weitaus weniger angenommen.Tabelle 2.8:"Wie stark fühlen Sie sich verbunden mit...?" - neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis<strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu dem früheren Bundesgebiet und Berlin-West sowieDeutschland insgesamt) - in Prozent - (nur Antworten: "stark"/"ziemlich stark")neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1992 1997 2000 2005 <strong>2010</strong>Ihrer Gemeinde 74 73 74 61 63 65 64Ihrem Bundesland 67 67 63 53 54 51 52Ostdeutschland n. e. 80 77 67 72 46* -Bundesrepublik 65 45 45 39 46 68 63Europäische Union 25 20 16 18 16 31 28* Verbundenheit mit früherem Bundesgebietn. e. = nicht erhobenDatenbasis: sfz/leben 1992-<strong>2010</strong> (gew.)Es ist ein charakteristisches Merkmal der Einheit, dass sich die Verbundenheit mehr am örtlichen Gemeinwesen,an der die Menschen verbindenden relativen Gleichheit der Lebensverhältnisse und am(regional) gemeinsam verbrachten Leben orientiert als an übergreifenden politischen Strukturen (Bundesrepublik,Europa). Dabei gilt für westdeutsche Bürger, dass für sie der grundlegende Bezug die"Bundesrepublik" ist, und nicht "Westdeutschland", sie sind in der Bundesrepublik groß geworden undnicht im Westen, während für den Bürger der neuen Länder der Bezug zu Ostdeutschland die Regionist, in der man groß geworden ist, gelernt, gearbeitet, geheiratet usw. hat.Die Bürger in den neuen Bundesländern fühlen sich - fasst man "stark verbunden" und "ziemlich verbunden"zusammen - nach wie vor insbesondere mit Ostdeutschland verbunden (72 % aller Befragtenab 18. Lebensjahr) - in etwa deckungsgleich mit den Bürgern der alten Bundesländer, die sich zu 68 %mit der Bundesrepublik verbunden fühlen. Die Verbundenheit zum "Sozialisationsgebiet" ist im Prinzipgleich und liegt in Ost wie West an vorderster Stelle. Wenn das Verhältnis der Ostdeutschen zurBundesrepublik mit 46 %iger Verbundenheit geringer ausfällt, reflektiert das aus spezifischer Sicht dienoch nicht durchgängig erreichte Integration und Identifikation.In Ost wie West hat die "gefühlte" Nähe zur jeweiligen Gemeinde einen hohen Stellenwert. So geben63 % der Ostdeutschen und 65 % der Westdeutschen an, sich mit ihrer Gemeinde/Stadt stark verbundenzu fühlen. Auch mit dem jeweiligen Bundesland gibt es noch eine starke Verbundenheit (54 %Ostdeutschland/51 % Westdeutschland). Die Verbundenheit mit Europa ist im Vergleich dazu deutlichniedriger - wenn auch im Westen mit 31 % höher als im Osten (16 %) - auch Ergebnis der fehlendenEinbindung in den Entstehungsprozess im Osten und damit Reflexion der historischen Entwicklung.Es ist als "normal" zu werten, dass die jeweilige Verbundenheit zur anderen Region gering ausfällt - sofühlen sich Ostdeutsche zu 22 % mit Westdeutschland und Westdeutsche zu 19 % mit Ostdeutschlandverbunden.Altersabhängigkeiten bestimmen vor allem die Verbundenheit der Ostdeutschen mit ihrer Region.Während 80 % der ab 70-Jährigen sich mit Ostdeutschland stark verbunden fühlen (<strong>2010</strong>), geben das32


nur 57 % der unter 25-Jährigen an. Eine ganz normale Bewertung, wenn man davon ausgeht, dassdiese Altersgruppe zu DDR-Zeiten im Vorschulalter bzw. noch nicht geboren war. Trotzdem führendie ungünstigen/ungleichen Lebensverhältnisse für einen nicht geringen Teil junger Menschen in denneuen Ländern zu einer engen Verbundenheit zum Osten - bei Wegzug derer, welche aus unterschiedlichstenGründen (insbes. Ausbildungs- und Arbeitsplatz) - die neuen Länder verlassen. Auch in denalten Bundesländern ist die Verbundenheit der unter 25-Jährigen mit der Bundesrepublik mit 44 %deutlich niedriger als der ab 70-Jährigen mit 77 %.Seit der Vereinigung haben sich deutliche Veränderungen im Osten vollzogen. Während einerseits dieVerbundenheit zu Ostdeutschland trotz Rückläufigkeit nach wie vor sehr hoch ist, gibt es bezogen aufGemeinden und das jeweilige Bundesland doch erkennbare langfristige rückläufige Entwicklungen(vgl. Tabelle 2.8). Im Gegensatz sank die Verbundenheit mit der Bundesrepublik unmittelbar nach1990 (65 %) Mitte der 90er Jahre deutlich, um seitdem weitgehend stabil niedrig zu bleiben. Das Ergebnisvon 1992 ist vor allem von den mit der Vereinigung erreichten Veränderungen beeinflusst,ebenso wie danach von den erkennbaren sozialen Verunsicherungen und Einschnitten.Abbildung 2.8a: "Wie stark fühlen Sie sich verbunden mit ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent* -OstdeutscheWestdeutschestarkziemlich29231843 40 36163031931326 2242 43151236 34724712weniggar nicht-2 121-44-3 131-33-3 333-55-4 04010-1 0-5 050-2 020-4 343-3 23228 -2 8-11-3 131-22-4 040-444243-4 2 -4 3-77-2 121-4 141-3 333OstdeutschlandGemeinde/StadtBundeslandBundesrepublikWest-EuropäischdeutschlandGemeinsch.BundesrepublikGemeinde/StadtBundeslandWestdeutschlandEuropäischeGemeinsch.Ostdeutschland* Differenz zu 100 = ich weiß nicht/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Abbildung 2.8b: "Wie fühlen Sie sich verbunden mit …?" - nach Altersgruppen - neue Länder - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antworten: "stark"/"ziemlich stark")100Ostdeutschland Bundesrepublik Bundesland806040205718-24Jahre6625-34JahreDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)035-44Jahre73 73 7145-59Jahre60-69Jahre8070Jahreu.ält.4118-24Jahre25-34Jahre50 4935-44Jahre4145-59Jahre60-69Jahre47 5070Jahreu.ält.918-24Jahre2625-34Jahre1035-44Jahre1645-59Jahre2260-69Jahre1770Jahreu.ält.33


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.1 Entwicklungstendenzen - OstDie Bewertungen wesentlicher sozialer Lebenslagen (Zufriedenheit, Erwartungen, wirtschaftlicheLage) unterliegen seit 1990 einer rasch steigenden Zunahme positiver Wertungen, stabilisieren sichbis 2000 auf dem erreichten Niveau, um mit Einsetzen der "Reformpolitik" deutlich abzunehmen.Stagnation und geringfügige positive Zunahmen charakterisieren die letzten Jahre.Tabelle 3.1: Ausgewählte statistische Daten - neue Länder (ohne Berlin) - 1989 bis 2009 -ME 1989* 1991 1995 2000 2005 2009Einwohner 1000 Pers. 16.434 14.632 14.204 13.900 13.387 12.974Erwerbstätige 1000 Pers. 9.747 6.795 6.058 5.907 5.609 5.753Arbeitnehmer 1000 Pers. 9.560** 6.451 5.594 5.384 4.989 5.129Arbeitslose (inkl. Berlin-Ost) 1000 Pers. - 1.006 1.185 1.509 1.614 1.123Arbeitslosenquote (abhängige zivileErwerbspersonen)Prozent - 10,2 14,8 18,5 20,6 14,7sv-pflichtig Beschäftigte (inkl. Berlin) 1000 Pers. 7.974 6.679 1) 6.355 5.727 4.927 5.218Wanderungssaldo 1000 Pers. -383 -165 -32 -76 -49 -55 2)Bruttoinlandprodukt in jeweiligen Preisen/ErwerbstätigenEuro 21.052 15.785 34.509 39.712 46.136 49.077Bruttolöhne/-gehälter je Arbeitnehmer Euro - 11.097 18.523 20.014 21.331 22.667verfügbares Einkommender Haushalte/Einwohner* inkl. Berlin-Ost ** abhängig Beschäftigte1) 1992 2) 2008Euro - 7.145 11.333 13.309 14.558 15.536 2)Quellen: VGRDL, Reihe 1, Länderergebnisse, Bd. ½;5, Wiesbaden <strong>2010</strong>; Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit; Statistisches Bundesamt - Wirtschaftsrechnungen,Fachserie 15, Heft 1; DRV - Statistische Zeitreihen - 2009; Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB); für 1989: Statistisches Jahrbuchder DDR 1990, S. 325; vgl. Steiner, A.: Statistische Übersichten zur Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. SBZ/DDRDie Mehrheit der Bürger in den neuen Bundesländern anerkennt die spürbare Anhebung des Lebensniveausebenso wie sie nicht übersieht, dass dies mit einer zunehmenden Differenzierung in den Lebenslagen,mit Polarisierungen, die zur Herausbildung neuer - bis 1990 in den neuen Bundesländernunbekannter - "Großgruppen" (Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger u.a.) geführt haben, verbunden ist.Unverkennbar auch, dass der Angleichungsprozess seit gut einem Jahrzehnt stagniert bzw. einem stetenAuf und Ab unterliegt.Insgesamt sind die Entwicklungen in Ostdeutschland (vgl. Tabelle 3.1) durch unterschiedliche - zumTeil gegensätzliche - Trends charakterisiert. Neben Bevölkerungsrückgang stehen Einkommenszuwächse(besonders bis 2000), neben steigender Lebenserwartung und verlängertem Seniorendaseinsinkende Rentenzahlbeträge der Neurentner, neben sinkenden Schülerzahlen steigende Zahlen vonHochschulabsolventen usw. Wenn jedoch bilanziert wird, dann darf sich das nicht auf Wirtschaft undEinkommen begrenzen, sondern muss die seit 1989/90 bewirkten Aktivitäten, die den Vereinigungsprozessletztlich ermöglichten, ebenso wie die erfolgten Umstellungs- und Anpassungsprozesse einschließen.Dabei wird offensichtlich, dass die Reflexion sozialer Entwicklungen für den Zeitraum 1990 bis 2009im Wesentlichen fünf unterschiedliche Phasen aufweist:Angleichungsphase 1990 bis 1995Starker Zugewinn an sozialer Zufriedenheit - d.h. allgemeiner Lebenszufriedenheit, steigendenHoffnungen und Zunahme positiver Bewertung der individuellen wirtschaftlichen Lage beruhendauf den raschen, spürbaren Veränderungen des täglichen Lebens. Überwindung der Arbeitslosigkeitund noch nicht erreichte völlige Angleichung der Lebensverhältnisse werden als kurzzeitig zuüberwindende Entwicklungen angesehen.34


Stabilisierungsphase 1996 bis 1999 Relative Stabilisierung der sozialen Entwicklungen und erfolgten Bewertungen auf dem bis 1995erreichten Niveau und damit verbundenen sinkenden Hoffnungen auf rasche Angleichung.Abschwungphase 2000 bis 2003 Im Zuge des von der rot-grünen Koalition in Gang gesetzten "Reformwerkes" (Agenda <strong>2010</strong>, Gesundheits-,Renten-, Arbeitsmarktreformen) sowie der Euro-Umstellung erfolgt eine rasche Abnahmesozialer Zufriedenheit gepaart mit steigenden Befürchtungen auf die Zukunft.Stagnationsphase 2004 bis 2008 Nach 2003 folgen wechselnde, jeweils gering zunehmende bzw. abnehmende Bewertungen sozialerEntwicklungen mit einem insgesamt stagnierenden, zum Teil vorhandene Ungleichheiten erweiterndenAngleichungsprozess.Krisenbewältigung seit 2009 Seit 2009 erfolgt durch Einsatz von Milliarden von Steuermitteln eine Politik der Krisenbewältigung,die durchaus positiv auf die Bewertung der Lebensverhältnisse wirkt. Absicherung von Arbeitsplätzendurch Kurzarbeit, Rentenerhöhung 2009, zusätzliche Familienleistungen und die Sicherungvon Sparguthaben und Vermögen tragen zur positiven Bewertung bei. Verstärkte Hoffnungenauf eine positive Entwicklung insgesamt sind damit jedoch nicht verbunden. In welchemMaße die neuen "Sparbeschlüsse" das Meinungsbild beeinflussen, können erst die Ergebnisse ab2011 belegen.Abbildung 3.1: Hauptaussagen zur sozialen Lage - neue Länder - Durchschnittswerte 1990 bis <strong>2010</strong> -3Angleichung Stabilisierung Abschwung Stagnation KrisenbewältigungallgemeineZufriedenheit2individuellewirtschaftlicheSituationHoffnungen11990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Durchschnittswerte:Zufriedenheit: 3 = zufrieden, 2 = teilweise zufrieden, 1 = unzufriedenwirt. Lage: 3 = gut, 2 = teils gut/teil schlecht, 1 = schlechtHoffnungen: 3 = Hoffnungen, 2 = sowohl Hoffnungen als auch Befürchtungen, 1 = BefürchtungenDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)35


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.2 Neue Horizonte - 2019Die Festlegungen des Koalitionsvertrages zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschlandbis 2019 werden von den Bürgern mehrheitlich nicht für real gehalten. Mehr als die Hälfte in Ostund West glaubt nicht mehr an das Erreichen der Angleichung bzw. ist dazu nicht aussagefähig.Tabelle 3.2:"In der Koalitionsvereinbarung CDU-CSU-FDP wurde vereinbart: 'die Lebensverhältnissein Deutschland bundesweit bis 2019 weitgehend anzugleichen.' Halten Sie dieseZielstellung für real?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -ja nein ich weiß nicht ohne AntwortDeutschland 23 56 18 3neue Länder 17 66 15 2früheres Bundesgebiet 25 53 18 4GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)17181716211416<strong>2010</strong>262511132721392413neue Länder626963746472606879früheres Bundesgebiet495675565458405666Mit der Entscheidung der Volkskammer der DDR, den Beitritt der Länder der DDR zum Geltungsbereichdes Grundgesetzes der Bundesrepublik zu vollziehen, war die Übernahme der politischen undökonomischen Strukturen sowie der ihnen zugrunde liegenden bzw. sie festschreibenden Gesetze imSinne der Übernahme geregelt (mit Ausnahme weniger gesetzlicher Regelungen, welche zeitlich aufgeschobenwurden - z.B. Schwangerschaftsabbruch).Eine detailliertere Betrachtung lässt erkennen, dass für die Bewertung des inzwischen erfolgten "Vereinigungsprozesses"im Sinne veränderter Lebensverhältnisse der Bürger in der Gesellschaft auch diejeweiligen "Politikvorgaben" einen entsprechenden Platz einnehmen. Bereits 1994 wurde aus "Wahrungder Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" die "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse",offensichtlich der Erkenntnis folgend, dass einheitliche Lebensverhältnisse nicht mehr/nicht wiederherstellbar waren. Bis in die letzten Jahre wurden entsprechende Zielstellungen geändert bzw. angepasst.181119111211191192016143016161518193223331153013563236


Vorgaben zu Lebenslageentwicklungen Ost-West bestanden in der Grundgesetzfassung zum Zeitpunkt der Vereinigung 1990 in der Verantwortung des Bundesfür "die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeitder Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus." (GG seit 1949 § 72 (3) 2) 1994 mit der Änderung des Grundgesetzes bezogen auf das Gesetzgebungsrecht des Bundes,"wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder dieWahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzlicheRegelung erforderlich macht." (GG vom 27.10.1994 - Art. 72 (2)) im Bericht zur Deutschen Einheit 2009: "bis zum Jahr 2019 die ostdeutschen Länder auch wirtschaftlichan die strukturschwächeren westdeutschen Länder heranzuführen" (die besten Ostländererreichen das unterste Level West). in der Koalitionsvereinbarung CDU-CSU-FDP durch den einleitenden Satz des Abschnitts "DeutscheEinheit": "Wir halten an der Zielsetzung fest, die Lebensverhältnisse in Deutschland bis 2019bundesweit weitgehend anzugleichen." 13Mit der Koalitionsvereinbarung der CDU-CSU-FDP vom Oktober 2009 ist die Diskussion um Gleichheit/Gleichwertigkeitder Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik - nicht zuletzt vor dem Hintergrunddes deutschen Vereinigungsprozesses - neu belebt worden und hat mit den dort enthaltenenAussagen - zur weitgehenden Angleichung der Lebensverhältnisse - neue Impulse erhalten.Nur 23 % der ab 18-jährigen Bürger in Deutschland halten die Festlegungen des Koalitionsvertrageszur Angleichung der Lebensverhältnisse für real, 56 % verneinen das, 18 % können dazu keine Aussagetreffen (weiß ich nicht) bzw. 4 % geben keine Antwort. Dabei sind die positiven Erwartungshaltungenin den alten Bundesländern erkennbar höher (25 % ja/53 % nein) als im Osten. Nur 17 % der Ostdeutschenhalten das für real, 66 % nicht. Grundlage für die insgesamt nicht vertrauensvolle Haltungzu den getroffenen Aussagen sind in Ost wie West sicher die Erfahrungen des 20-jährigen "Angleichungsprozesses"sowie des allgemeinen Politikvertrauens. 53 % der im Westen lebenden und 41 %der Ostdeutschen, welche "volles" bzw. "viel Vertrauen" in die Bundesregierung haben, glauben auchan die Angleichung. Im Gegensatz dazu gehen 66 % der Westdeutschen und 77 % der Ostdeutschen,welche "wenig" bzw. "kein Vertrauen" in die Regierung haben, auch nicht davon aus, dass die vereinbarteAngleichung real sei.Positivere Wertungen geben ab: Hochschulabsolventen sowie Großstädter - negativere Wertungen vorallem Arbeitslose in Ost wie West. Insgesamt liegen jedoch bei einer sozial-strukturellen Analyse dieunterschiedlichen Wertungen innerhalb einer eng begrenzten Spannweite.Abbildung 3.2: "Ist die Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland bis 2019 real?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länder(und Berlin-Ost)f rüheres Bundesgebiet(und Berlin-West)ja17ja25nein66152o. Antwortnein53184o. Antwortich weißnichtich weißnichtDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)13Koalitionsvereinbarung CDU-CSU-FDP: Wachstum, Bildung, Zusammenhalt, Berlin, 26. Oktober 2009, S. 56.37


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.3 Angleichungsvorstellungen der BürgerDie Bürger der neuen Bundesländer - ebenso wie die der alten Bundesländer - verstehen unter"Angleichung" nicht eine Gleichheit im Sinne formaler quantitativer Gleichheit oder Nivellierung,sondern eher und vor allem "Chancengleichheit" im Sinne von Herstellung vergleichbarer Bedingungenfür einen eigenständigen Lebensvollzug.Tabelle 3.3: "Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland heißt für mich vor allem, dass ..."- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (Mehrfachantworten möglich)ja nein ich weiß nicht ohne Antwortneue Länderalle die gleichen Chancen haben müssen 90 2 1 7alle Lebensbedingungen für alle gleich sind 57 28 4 10auch Beibehaltung von kulturellen Unterschieden 55 21 10 13auch Beibehaltung von regionalen Unterschieden 59 19 8 15früheres Bundesgebietalle die gleichen Chancen haben müssen 88 4 1 7alle Lebensbedingungen für alle gleich sind 54 33 4 9auch Beibehaltung von kulturellen Unterschieden 57 21 9 13auch Beibehaltung von regionalen Unterschieden 53 22 11 14Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Die deutsche Vereinigung stand zunächst unter der Leitorientierung der Angleichung der LebensverhältnisseOst an West. Nach einem raschen Anstieg für den Bürger wichtiger Indikatoren (Lohn, Rente,Wohnungsqualität) und seiner Stabilisierung bis 2000 erfolgte ein erkennbarer Abschwung undseitdem Stagnation bei den wichtigsten ökonomisch-personellen Indikatoren, zum Teil sogar mit zunehmendenDifferenzierungen zwischen Ost und West.Angleichung wörtlich genommen wäre "quantitative Gleichheit" - zumindest in den wichtigsten quantitativerfassbaren und bewertbaren Lebensbedingungen wie: Einkommen, Erwerbsbeteiligung, Arbeitslosigkeit,Wohnbedingungen (Wohnfläche/Wohnräume), gesundheitliche Betreuung usw."Gleichheit" überall zu erwarten oder zu fordern wäre eine falsche Orientierung. Aber dort, wo ungerechtfertigteUngleichheit besteht, ist eine Angleichung vonnöten.Im Gegensatz zu z.T. vorhandenen Klischees verstehen die Bürger der neuen Bundesländer - ebensowie die der alten Bundesländer - keinesfalls unter Angleichung, dass alles "gleich werden" muss:Angleichung steht - wie die Befragungsergebnisse in Ost wie West belegen - eher und vor allem für"Chancengleichheit" und nicht für eine Gleichheit im Sinne formaler Gleichheit (allen das Gleiche/Nivellierung),sondern im Sinne von Gleichem bei vergleichbaren Bedingungen. Diese Meinungvertreten rd. 90 % der ab 18-Jährigen in Ost wie West.Im Gegensatz dazu sind es zwischen jeweils 55 bis 60 %, welche kulturelle und regionale Unterschiedeebenso akzeptieren, wie sie in diesem Zusammenhang aber auch gleichen Lebensbedingungen allerzustimmen. Letzteres reflektiert, dass einerseits eine generelle Forderung nach "Angleichung" nichtden Empfindungen und Vorstellungen der Mehrheit der Bürger entspricht, andererseits auch eine alszu groß empfundene Ungleichheit (z.B. zwischen dem Einkommen von Facharbeitern und Managern,zwischen Durchschnittsbürgern und Gehältern von Spitzensportlern) als ungerechtfertigt empfundenwird.38


Einschränkende Bemerkungen zur Angleichung wie z.B. "nicht jedes Dorf braucht ein Theater", sindnatürlich richtig, aber werden auch von Niemandem erwartet. Aber eine flächendeckende "Entsorgung"kultureller Infrastrukturen bis in die Kreisstädte - auch in erreichbarer Entfernung der mittleren"Zentren" - schafft Ungleichheiten, welche nicht nur mit regionaler Unterschiedlichkeit erklärbar sind.Auch die Aussage: "Wer mit staatlichen Maßnahmen erreichen will, dass in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein das deutsche Durchschnittseinkommen erzielt wird, macht denVersuch, das Wasser den Berg hinauflaufen zu lassen." 14 , präsentierte eine bewusst vorgenommenefalsche Darstellung des Denkens der Bürger: Es wird kein Einheitslohn, sondern es wird gleicher Lohnfür gleiche Leistung bzw. gleiche Rente für gleiche Lebensarbeitsleistung eingefordert.Die einzelnen Sichten auf den Angleichungsprozess mögen unterschiedlich sein bzw. jeweils nur eineneinzelnen Bereich betreffen, generell ist jedoch hervorzuheben, dass es insgesamt darum geht,keine pauschale "Angleichung" zu fordern oder zu erwarten.Unzufriedenheit mit der noch nicht erreichten Angleichung kann mehrheitlich auch nicht generell mitallgemeiner Unzufriedenheit verbunden oder als "Ostalgie" oder "ostdeutscher Larmoyanz" gekennzeichnetwerden. Sie entsteht dann, wenn Möglichkeiten der Bürger, eine Verbesserung der Lebensverhältnissedurch eigenes Handeln erreichen zu können (Chancengleichheit), begrenzt werden. Entwederweil vor allem Arbeit fehlt und damit die Voraussetzung für ein der eigenen Leistung entsprechendesEinkommen, oder weil - z.B. bei Senioren und künftigen Rentnern - eine fehlende hinreichendeAlterssicherung nicht mehr rückwirkend erreicht werden kann.Der Prozess der Angleichung ist ein Prozess ohne Ende. Seit mehr als hundert Jahren lässt sich nachweisen,wie sich die Einkommens- und Lebensstandardspirale nach oben dreht, mit unterschiedlichenSchwerpunkten, Betroffenen, Regionen usw. Wird es nicht geregelt, beginnt die Abwanderung in diebesseren Gebiete bzw. Gebiete mit besseren Konditionen, die für den einzelnen gegenwärtig von Bedeutungsind. Die hohe Abwanderungsrate junger Menschen aus den neuen in die alten Bundesländerresultiert nicht zuletzt aus ungleichen Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten bei ungleichen Einkommen.Abbildung 3.3: "Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland heißt für mich vor allem ..."- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -gleiche Chancen für alle9088Beibehaltung kultureller Unterschiede5557Bewahrung regionaler Unterschiede5359gleiche Lebensbedingungen für alle5754Angleichung in beide Richtungen5368Angleichung Ost an West4760Angleichung Nord an Süd37440 20 40 60 80 100neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)14Vgl. Walter, Norbert: Deutsche Bank, Financial Times Deutschland, 13.09.2004.39


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.4 Stand der AngleichungDie Entwicklung seit 1990 belegt erreichte Fortschritte wie noch vorhandene Defizite. Je exakterZiele, Zeitpunkt, Richtung und Wege zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bestimmtwerden, umso wirkungsvoller die Ergebnisse und eine möglich Kontrolle der gesetzten Vorgaben.Tabelle 3.4:Angleichung der Lebensverhältnisse - DDR/neue Länder/früheres Bundesgebiet/alteLänder -AngleichungsfeldBevölkerungME1989/1990/1991 derzeitiger StandJahr Ost West Ost/West%Jahr Ost West Ost/West%Einwohner in Millionen 1989 16,4 62,1 26,4 2009 14,2 67,6 21,0Geburtenziffer Leb.geb/1000 EW 1989 12,9 11,0 117,2 2008 7,7 8,3 92,8Lebenserwartung - Männer- FrauenM JahreF Jahre1989198970,176,4Altenquotient über 65-Jährige % 1990 7,7 9,3 82,8 2007 20,3 17,7 114,7Ausländeranteil Prozent 1991 0,8 8 10,0 2009 2,3 9,9 23,2WirtschaftBIP je Einwohner Euro 1989 12.516 22.550 55,5 2009* 21.760 31.086 70,0BIP je Erwerbstätige Euro 1989 21.334 47.678 44,7 2009* 49.077 61.947 79,2Ausg. Forsch. u. Entwickl. Euro/ET 1993 226 572 39,5 2006 261 1.603 16,3Volkseink. (Erwerbs-/Verm.eink.)Lebensverhältnisse72,779,096,496,72007200775,882,077,282,3Euro/Einw./Jahr 1991 6.708 16.902 39,7 2008 16.099 24.609 65,4Bruttolöhne/Gehälter* Euro/JahrArb.n. 1991 11.097 21.763 51,0 2009 22.667 28.530 79,4vereinbarte Arbeitszeit Stunden/Woche 1990 40,2 38,4 104,7 2009 39,5 38,8 101,8Rentenzahlbetr. (Altr/Neuz.) Euro 1989 230 581 40 2009 773 651 118,7Haushaltsnettoeinkommen* Euro/Monat 1990 835 1343 62,2 2008 1.149 1.444 79,6verfügbares HH-Eink.* Euro/Einw. 1991 7.145 13.779 51,9 2008 15.484 19.838 78,1Sparquote Prozent 1989 4,8 12,4 38,7 2008 9,6 11,6 82,8Wohneigentum Prozent 1989 27 39,3 68,7 2008 33 46 71,7Wohnungsgröße qm/Wohnung 1990a) 64 86 74,4 <strong>2010</strong> 79 101 78,2Haushaltsausstattung/PKW Grad/100 Hh 1988b) 48 76,1 63,1 2009 71,0 78,0 91,0Telefon Grad/100 Hh 1988b) 17,2 96,8 17,8 2009 99,9 99,4 100,1subjektive Schichteinstufung Mittelschicht % 1993 42 58 72,4 <strong>2010</strong> 41 52 78,8ArbeitsmarktErwerbstätigenquote Prozent 1989 88 63 139,7 2008 68,3 71,3 95,8Arbeitslosenquote Prozent 1990 10,3 6,3 163,5 2009 13,0 6,9 188,4InfrastrukturenKinderbetr. (Kita 0 bis 7 J.)unter 3 J.3 bis 6 J.Prozent1989*** 86 35 246Krankenhausbetten je 100.000 Einw. 1989 980 1.079 91 2007 643 611 105,2Arztdichte Einw./Arzt 1989 409 333 123 2008 292 252 115,9KulturAbitur Prozent 1990 11,7 16,4 71,3 2008** 21,8 25 87,2Facharbeiter Prozent 1991 76,1 60,6 125,6 2008 55,5 49,7 111,7Mitglieder in Organisationen Prozent erw. Bev. 1992 53 63 84,1 <strong>2010</strong> 487 55 87,3Ehrenamt in Vereinen Prozent 1990 27 27 100 2007 25 30 83,3Mitglieder in Sportvereinen Prozent 1988 21,9 29,4 74,5 2008 13,7 31,8 43,1Religion - konfessionslos Prozent 1991 73 11 664 <strong>2010</strong> 78 31 252* ohne Berlin ** neue Länder und Gesamtberlin *** FBG geschätzta) FBG = 1987 b) je 1.000 EinwohnerQuellen: Statistisches Bundesamt, div. Fachserien/VGRDL; Fachstatistiken der Bundesministerien/Arbeitsagentur;empirische Erhebungen: SOEP/Freiwilligensurvey/Leben 1990-<strong>2010</strong>; Statistiken von Verbänden/Vereinen/Hesske: Gesamtrechnungen2009200944,995,114,692,098,299,6307,5103,440


Es ist unbestritten, dass alle zeitlichen "Angleichungsvorstellungen" der ersten Jahre nach der Vereinigungnicht eingehalten werden konnten. Gleichzeitig besteht keine Veranlassung, das Erreichte kleinzu reden (vgl. Tabelle 3.4). Der Unmut über stetig veränderte Zielstellungen nimmt zu. Politik undWissenschaft formulieren unterschiedlichste Zeitpunkte der zu erfolgenden Angleichung wie z.B.:• Die Bundeskanzlerin erklärt, dass die deutsche Einheit "im Wesentlichen" bis 2030 vollendet seinkönnte 15 .• Angleichung der Erwerbseinkommen und Renten soll bis 2030/2032 16 lt. "Rentenversicherungsberichtder Bundesregierung 2008" erfolgen.• Eine Angleichung der Wirtschaftskraft Ost an West wird erst bis 2055 für möglich gehalten (Analysedes Instituts für Wirtschaftsforschung Halle - Oktober 2009).Die Daten belegen, dass mehrheitlich eine 80 %ige Angleichung erreicht wurde, sie belegen aberauch, dass die einzelnen Sichten unterschiedlich sein mögen bzw. jeweils nur einen einzelnen Bereichder Angleichung betreffen. Es wird immer offensichtlicher, dass es differenzierterer Strategien bedarf,welche Richtung, Zeitpunkt und Wege zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse festlegenbzw. existente Unterschiede anerkennen. Pauschal zu fordern "Ost muss werden wie West" ist keinProgramm.Das gilt auch für summierende Aussagen, bei denen unterschiedlichste Indikatoren zusammengefasstwerden. Eine gute Kindergartenbetreuung kann und darf nicht zum Ausgleich mit Negativ-Zahlen derArbeitslosigkeit dienen, fehlende Infrastrukturen nicht mit höheren Einkommen ausgeglichen werdenusw. Unterschiede sind zu erfassen und zu bewerten und sollten nicht von einem allgemeinen Durchschnittverdeckt werden.Die Tabelle 3.4 ist der Versuch, 17 die erreichten Ergebnisse - soweit möglich gemessen am Ausgangspunkt1989 - aber auch deren Differenziertheit in den verschiedensten Lebensbereichen darzustellen.Dabei ist hervorzuheben, dass• in einigen Bereichen hinter geringen "Angleichungsquoten" ein enormer Gewinn an Lebensqualitätsteht - so z.B. in der Lebenserwartung, welche in den neuen Bundesländern um 5 Jahre gestiegenist, obwohl sich die Angleichungsquote nur gering veränderte;• die enorme, aber nicht hinreichende Verdoppelung des BIP je Erwerbstätigen - wird sie auf dieBevölkerung bezogen - geringer ausfällt aufgrund der Abwanderung und Alterung;• der Ausbau des Kommunikationsnetzes den Ausstattungsgrad mit Telefonen so steigerte, dasskeine Unterschiede mehr bestehen usw.Die Tabelle belegt, dass jeder Indikator einer eigenen Interpretation bedarf. Daraus folgt aber auch,dass es differenzierender Festlegungen über den weiteren Angleichungs- und Integrationsprozess bedarf.Insofern ist denen zuzustimmen, die sich für einen Rahmenplan der Herstellung gleichwertigerLebensverhältnisse aussprechen. 18 Die Notwendigkeit ergibt sich gerade aus einer differenzierten Betrachtungeinzelner Lebensbereiche und Einzelgebiete.15161718Merkel, Angela auf dem Ost-Kongress der CDU, Dresden 10.10.2008.Rentenversicherungsbericht 2008 der Bundesregierung, Berlin 2008, S. 47.Vgl. hierzu auch bezogen auf ökonomische Parameter: Busch, Ullrich/Kühn, Wolfgang/Steinitz, Klaus: Entwicklung undSchrumpfung in Ostdeutschland, VSA-Verlag, Hamburg 2009, S. 129/130.Ebenda.41


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.5 "Angleichung" durch MobilitätGleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West ist zur Zeit aufgrund der ökonomischenund infrastrukturellen Unterschiede nicht gegeben. Ein nicht unbedeutender Teil der Bürgerstellt individuell die Bedingungen der erwarteten Gleichwertigkeit durch hohe berufliche und territorialeMobilität her.Tabelle 3.5:"Entspricht ihre jetzige, oder falls Sie gegenwärtig nicht (mehr) erwerbstätig sind, Ihreletzte ausgeübte Tätigkeit Ihrem zuerst erlernten Beruf?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur 18. bis 65. Lebensjahr)janein, aber meinWissen istnutzbarnein, ich habewas ganzNeues gelerntnein, aber ichhabe keineneue Ausbildungerworbentrifft nicht zu/ohne AntwortDeutschland 40 18 15 6 22neue Länder 33 20 22 7 18früheres Bundesgebiet 42 17 13 5 24neue LänderGeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 bis 64 JahreErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 bis 64 JahreErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)3631374226283240214242285043423153441523-202919252129früheres Bundesgebiet14198132022182210Die fast 45-jährige Teilung bringt zwei Staaten/Teilgesellschaften hervor, welche auch nach 1990 bisin die Gegenwart vor allem durch die erfolgte wirtschaftsstrukturelle Entwicklung aufrechterhaltenbleiben und auch mental erkennbar und nachweisbar sind. Dabei ist auch zu beachten, dass die Deindustrialisierungund Strukturreform in der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern nicht nur zurLiquidation von Unternehmen - und damit Erwerbsgrundlagen - führten, sondern damit verbundenauch eine bis dato vorhandene Gleichwertigkeit von sozio-kulturellen Lebensverhältnissen im Ostenzerstörten. Damit wurden nicht nur Betreuungsinstitutionen liquidiert (auch wenn sie z.T. marode waren),sondern auch Rahmenbedingungen für eine gleichwertige soziale, gesundheitliche und kulturelleBetreuung und Versorgung zunehmend ungleich strukturiert. Gleichwertige Lebensverhältnisse sindvor allem an Erwerbsmöglichkeiten und damit an die Möglichkeit, eigenes erarbeitetes Einkommen zu2125111729301423241312-16141412121095-799371274-666761819165214614218142424641517173181742


erhalten, gebunden. Es wird immer deutlicher, dass Land und Dorf kaum noch "Arbeitgeber" sind. 19 Inländlichen Gebieten ist Gleichwertigkeit nur über Zentralisierung in Städten und hinreichende Verkehrsanbindungerreichbar.Die Bürger der neuen Länder haben in den vergangenen 20 Jahren insgesamt durch eine einmaligeberufliche und territoriale Mobilität den Versuch unternommen, die ungleichwertigen Lebensverhältnissezwischen Ost und West individuell zu mindern bzw. zu überwinden. Nur ein Drittel der 18- bis65-jährigen Ostdeutschen ist noch im erlernten Beruf tätig (33 %) - in der Altersgruppe 40 bis 50 Jahrenur rd. ein Viertel (Westdeutschland 43 %). 30 % der genannten Altersgruppe haben im Osten etwas"völlig Neues" erlernt/erlernen müssen.In nicht unbedeutendem Maße haben vor allem junge Menschen das Problem für sich durch die Abstimmungmit den Füßen, d.h. durch Abwanderung, geregelt. Ein Land nicht verlassen zu dürfen, ist -ebenso wie in ein anderes Land nicht umsiedeln/übersiedeln zu dürfen - immer eine Begrenzung individuellerFreiheiten. Aber auch ein Land oder eine Region verlassen zu müssen, weil grundlegendeRechte - wie das Recht auf Arbeit und damit die Möglichkeit, ein auf eigener Arbeitsleistung beruhendesEinkommen zu erhalten - nicht erzielbar sind, sind mehrheitlich immer durch äußere Zwänge verursachte"Freiheitsgewinne". Insofern haben sich in den neuen Ländern die Motive seit 1989 und 1990zum Teil geändert - das Hauptmotiv: Wanderung aufgrund ungleicher Arbeits- und Lebenschancen istgeblieben.Seit 1989 haben rd. 3,4 Millionen Bürger der neuen Länder ihren Wohnsitz Richtung Westen verlassen,in umgekehrter Richtung übersiedelten 1,6 Millionen Bürger der alten Länder in die neuen Länder.Das entspricht einem Wanderungsverlust von rd. 1,8 Millionen Bürgern. Die Wanderung zwischenOst und West ist zugleich mit deutlichen Veränderungen in den Strukturen verbunden, da insbesondereFrauen (59 %) und 18- bis 24-Jährige den Hauptanteil der Abwandernden ausmachen. DieJugend - vor allem weiblich - ging, das "Mittelalter" kam - zum Teil als Rückkehrer, zum Teil als neueEliten. Während die Abwanderung flächendeckend und noch eher aus ländlichen Gebieten stattfand,erfolgte die Zuwanderung in hohem Maße in sog. Inseln (Leipzig, Potsdam, Rostock).Abbildung 3.5: "Entspricht Ihre jetzige, oder falls Sie gegenwärtig nicht (mehr) erwerbstätigsind, Ihre letzte Tätigkeit Ihrem zuerst erlernten Beruf?" - nach ausgewähltenAltersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -60im erlernten Beruf tätigetwas völlig Neues gelernt5040305020424243 42103326282213171629 3014 140insges.(18-65 Jahre)25-39Jahre40-49Jahre50-59Jahreinsges.(18-65 Jahre)25-39Jahre40-49Jahre50-59JahreDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)neue Länderfrüheres Bundesgebiet19Krappweis, Stefan: Gleichwertige Lebensverhältnisse, http://planung-tu-berlin.de43


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.6 Vielfalt sinkt in der FamilienentwicklungDer Vereinigungsprozess ist nicht nur mit Gewinn, sondern auch mit Verlust an Vielfalt verbunden.Im Besonderen hinsichtlich der Haltung zu Kindern und Familie ist festzustellen, dass sich in diesemBereich Anpassungen an traditionelle "deutsche Leitbilder" - die selbst einem Angleichungswandelunterliegen - vollziehen.Tabelle 3.6:"Welcher der nachfolgenden Meinungen können Sie sich am ehesten anschließen?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -das Wichtigsteim Leben ist mirdie Familie, erstdanach kommtalles anderedas Wichtigsteist mir die Arbeit/derBeruf,erst danachkommt allesanderefür mich sindArbeit/Berufund Familiegleichermaßenwichtigmir sind andereDinge wichtigich weiß nicht/ohne AntwortDeutschland 33 3 54 3 7neue Länder 24 2 63 4 7früheres Bundesgebiet 35 3 51 3 7GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)2722143420252439321959342731neue Länder2344231früheres Bundesgebiet25152241Vielfalt - gleich, ob regionale, soziale oder kulturelle - ist keine Chance, sondern Bedingung gesellschaftlicherEntwicklung, die es zu gestalten, vor allem aber zu akzeptieren gilt. Im Raumordnungsgesetzist festgeschrieben, dass "die prägende Vielfalt des Gesamtraumes und seiner Teilräume zu sichern"20 ist. Das schließt u.a. ein:• soziale Strukturen, welche von der Tradition bzw. dem Wirtschafts- und Lebensstandort geprägtsind und eigenständige "Milieus" hervorbringen aufgrund unterschiedlicher Bildungs-, Schicht-,Berufsstrukturen usw.;• Vielfalt der Lebensformen - traditionell gebunden und von "Leitbildern" geprägt (Haltung zu Vereinbarkeitvon Beruf und Kinderbetreuung, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Zusammenlebenohne Trauschein, Anteil Alleinerziehender);626559527366635053533259565735166122142243757434108614428820Vgl. Gesetz zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 22.12.2008, § 2 (2).44


• gemeinsames Leben von Angehörigen unterschiedlicher Nationalität und Geburt (sog. Migrationshintergrund),aber auch unterschiedlicher "Landes-Stämme" - Sachsen, Bayern, mit ihrenspezifischen kulturellen Werten gehören zum Zusammenleben;• Vielfalt der politischen und Vereinsstrukturen, welche - ohne Akzeptanz faschistischer oderrechtsextremer Strukturen - Meinungs- und Organisationsvielfalt belegen. Klassische Ost-West-Strukturen sind u.a.: Kleingartenstrukturen, Sportstrukturen, Wohlfahrtsstrukturen (BeispielVolkssolidarität im Osten, SoVD und VdK im Westen).Der Vereinigungsprozess ist auch mit dem Verlust an Vielfalt verbunden, so ist z.B. hinsichtlich derHaltung zu Kindern und Familie festzustellen, dass für die Altersgruppen unter 50 Jahren in den neuenLändern ein stetiger Rückgang des Wertes "mit Kindern zu leben" (von "ist für mich sehr wichtig" zu"wichtig") bis 2005 kennzeichnend ist, danach stabilisierend mit leichter Tendenz des Ansteigens.Insgesamt zeigen die seit 1990 veränderten ökonomischen Verhältnisse wie auch die seit 2005/2006forcierten Diskussionen um Lebensverhältnisse von Kindern (Kinderarmut) ebenso wie erfolgte finanzielleLeistungsverbesserungen (Kindergeld) ihre Wirkung.Nicht zu übersehen ist aber auch, dass sich in diesem Bereich Anpassungen an traditionelle "deutscheLeitbilder" - die selbst einem "Angleichungswandel" unterliegen - vollziehen. Das betrifft 21• den zunehmenden Anteil an Kinderlosigkeit im Osten (lebenslagebedingt/berufliche Karriere);• die Anpassung im Geburtenverhalten durch das Hinausschieben der Erstgeburt auf ein Lebensaltervon 30 Jahre und älter;• damit verbunden einen zunehmenden Anteil von Müttern mit einem Kind (2008 hatten im Ostenin den Jahrgängen 1974 bis 1978 bereits 56 % aller Mütter nur noch 1 Kind - West = 44 %).Die Untersuchungen <strong>2010</strong> belegen erneut die unterschiedlichen Positionen. Tatsächlich stehen heuteim Osten wesentlich weniger Frauen im Erwerbsleben als 1990, aber nicht, weil sie Hausfrau seinwollen, sondern weil es an Arbeitsplätzen mangelt.Während im Osten eindeutig die "Vereinbarkeit" als Lebensmodell für Frauen Vorrang hat (63 %),sind es im Westen nur 51 % (bei jüngeren Frauen zwischen 25 bis 40 Jahre sind es - im Gegensatz dazu- bereits 63 %). Im Osten befürworten 24 % den Vorrang der Familie, im Westen 35 %. Für denOsten ist typisch, dass mit dem Einkommen der Anteil derer steigt, die sowohl Arbeit als auch Familiefür wichtig in ihrem Leben halten. Geringere Einkommen reflektieren auch die Vorrangigkeit der Familie.Abbildung 3.6: "Welchen Stellenwert haben für Sie Arbeit und Familie?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -neue Länder(und B erlin-Ost)früheres B undesgebiet(und Berlin-West)erst dieArbeit224erst dieFamilieerst dieArbeit335erst dieFamilie763 4iwn/o.A.5173iwn/o.A.beidesgleichanderes istwichtigbeidesgleichanderes istwichtigDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)21Pötzsch, Olga: Annahmen zur Geburtenentwicklung in der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, in: Wirtschaftund Statistik 1/<strong>2010</strong>, S. 29-40.45


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.7 Gleichstellungsvorsprung - GleichstellungsrückstandDie Haltung zur Berufstätigkeit der Frau trennt nach wie vor Ost- und Westdeutschland. Die Unterschiedlichkeitder Bewertungen ist im Besonderen Resultat der in beiden Regionen bewahrtenTraditionen und erlebten Sozialisation. Der einstmals vorhandene Gleichstellungsvorsprung vonFrauen ist in den neuen Bundesländern im Schwinden.Tabelle 3.7: "Wie ist Ihre Meinung zur Berufstätigkeit der Frau?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -Frauen sollten injedem Fall berufstätigseinFrauen sollten nurunter bestimmtemBedingungenberufstätig seinFrauen solltenüberhaupt nichtberufstätig seinich habe keineMeinung dazuohne AntwortDeutschland 54 38 1 2 5neue Länder 74 18 1 2 5früheres Bundesgebiet 48 44 1 3 5GeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)76738977697770787050464753525439566617204192517191726neue Länderfrüheres Bundesgebiet45424727424255362711112011121022511254234470 5224034231 32Die Haltung zur Berufstätigkeit der Frau trennt nach wie vor Ost- und Westdeutschland 22 . Die von denwestdeutschen Aussagen geprägte Gesamt-Bewertung, dass 54 % der ab 18-jährigen Bürger inDeutschland der Meinung sind, Frauen sollten in jedem Fall berufstätig sein, überdeckt den großenUnterschied zwischen Ost (74 %) und West (48 %). Während im Westen Berufstätigkeit der Frauenstark an "bestimmte Bedingungen" (44 %) gebunden wird, binden im Osten nur 18 % die Berufstätigkeitder Frau an einschränkende Bedingungen. Das betrifft in den alten Bundesländern insbesonderedas Alter der Kinder und dass keine Vernachlässigung der Familie eintritt (vgl. Abbildung 3.7), wasim Osten eine vergleichsweise geringere einschränkende Rolle spielt. In den neuen Ländern habenArbeitsinhalte und -verdienste im Vergleich zu Westdeutschland ein höheres Gewicht.Die Unterschiedlichkeit der Bewertungen ist im Besonderen Resultat der in beiden Regionen erfolgten/erlebtenunterschiedlichen Traditionen und Sozialisation. In Ost wie West decken sich die Meinungenvon Frauen und Männern jeweils. Das traditionelle Rollenbild wird von jüngeren Frauen im35142234522Eine detaillierte Aufarbeitung erfolgt in einer speziellen Studie zum Vergleich der Gleichstellung in Ost und West durchdas SFZ Ende <strong>2010</strong>.46


Westen stärker vertreten als von den älteren. Das in der DDR erreichte Maß an Gleichstellung/Gleichberechtigung hat bis in die Gegenwart zu einem nachweisbaren ungleichen Niveau zwischenden alten und neuen Bundesländern geführt, so dass dafür sogar der Terminus des "Gleichstellungsvorsprungs"23 benutzt wurde/wird. Allerdings führte das nicht vorrangig zu einer Angleichungder alten Bundesländer, sondern zu einem Abbau in den neuen Bundesländern.Die ostdeutschen Frauen haben seit der Wende in mehrfacher Weise auf sich aufmerksam gemacht. 43Einerseits halten sie weiterhin an der Integration in den Arbeitsmarkt fest, weil sie Erwerbsarbeit alsselbstverständlich ansehen. Zum Zweiten reagierten die Jüngeren von ihnen auf die neue Zeit mit einemVerzicht auf die Geburt von Kindern, der in seinem Ausmaß bis zu diesem Zeitpunkt noch nievon Demografen beobachtet wurde und schon längst nicht mehr mit zeitweiligem Verzicht erklärtwerden kann. Drittens, und das sind die unmittelbaren Auswirkungen des zuvor Gesagten, sind unterden in das westliche Landesteil Abwandernden seit geraumer Zeit vor allem junge und gut ausgebildeteFrauen, so dass erstmalig in der Geschichte nun auch Frauen der "Arbeit hinterherziehen", und zwarin Größenordnungen. So beträgt der Wanderungssaldo seit 1991 rd. 600.000 Frauen.Von dem einstmals vorhandenen Gleichstellungsvorsprung in Bezug auf die hohe Erwerbsbeteiligungvon Frauen in der DDR gegenüber ihren Geschlechtsgenossinnen im Westen, ist - außer dem Stellenwertvon Arbeit für das eigene Leben - kaum etwas übrig geblieben. Im April <strong>2010</strong> waren rd. 475.000Frauen in Ostdeutschland arbeitslos. Das waren 44 % aller Arbeitslosen, in Westdeutschland waren esknapp über eine Million (45 % aller Arbeitslosen).Die Prophezeiung der heutigen Bundeskanzlerin A. Merkel von 1991 hat sich nur quantitativ bestätigt:"Man muss davon ausgehen, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen in den neuen Bundesländern zurückgehenwird. Dies ist natürlich, weil es die Möglichkeit, Hausfrau zu sein, eigentlich nicht gab." 24Der Wunsch, endlich Hausfrau sein zu dürfen, hat sich nicht ausgebreitet.Abbildung 3.7: "Falls Sie Erwerbstätigkeit nur unter bestimmten Bedingungen bejahen, welchewären das?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Wunsch der FrauKinderunterbringung vorh.73737277Familie nicht vernachlässigt7185Mann verdient nicht genug6059wenn Kinder größer sind5067attraktiver Verdienst3048Arbeit reizvoll3442nicht zu langer Arbeitstag32360 20 40 60 80 100neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)2324Geißler, Reiner: Soziale Ungleichheit zwischen Frauen und Männern im geteilten und vereinten Deutschland, APuZ14-15/1991, S. 23.Merkel, Angela: Die Situation der Frauen in der ehemaligen DDR, in: Frauenpolitik im Umbruch, Dokumentation einerFachtagung der Konrad-Adenauer-Stiftung, 1991, S. 9f.47


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.8 Ausländeranteil - Ost-WestZur Vielfalt des Lebens in Deutschland gehören auch das Zusammenleben mit Bürgern andererNationalitäten und die damit verbundene Sprachenvielfalt, religiösen Unterschiede und das multikulturelleLeben. Die unterschiedlichen Erfahrungen des Zusammenlebens reflektieren sich inHaltungen zu Ausländern zwischen Ost und West.Tabelle 3.8:Anteile ausländischer Bürger und von Bürgern mit Migrationshintergrund- Deutschland - 2009 -Bevölkerung ausländische Bürger Bürger mit Migrationshintergrund2009 2009 20091000 1000 % 1000 %Deutschland 81.904 7.147 8,7 16.048 19,6früheres Bundesgebiet (inkl. Berlin) 68.925 6.834 9,9 15.431 22,4neue Länder (ohne Berlin) 12.979 303 2,3 617 4,8Quelle: Statistisches Bundesamt: Fachserie 1 Reihe 2 - Ausländische Bürger 2009 - Wiesbaden <strong>2010</strong>, Fachserie 1, Reihe 2.2 - Bevölkerung mit Migrationshintergrund2009 - Wiesbaden <strong>2010</strong>Zur Vielfalt des Lebens in Deutschland gehören - in Westdeutschland aufgrund der Einwanderungspolitikder 50er und 60er Jahre nicht vergleichbar mit dem Osten - das Zusammenleben mit Bürgernanderer Nationalitäten, Staatsangehörigkeiten und ethnischen Gruppen, die damit verbundene Sprachenvielfalt,religiösen Unterschiede und Kulturen. Bis in die Gegenwart ist die Haltung zu Ausländernbeliebtes Spielfeld für politische Auseinandersetzungen, die sich mit der deutschen Einheit verstärkthaben.Im Verlaufe der friedlichen Revolution wandelten sich die Losungen rasch von "Wir sind das Volk" in"Wir sind ein Volk" und folgten damit - aus Sicht der Akteure unbewusst - einer Diktion, die - unterEinschluss der hohen Ausländeranteile - nicht "Wir sind eine Bevölkerung" forderten, sondern auf"deutsch sein" setzten und der Anfang einer "neuen Ausgrenzung" ausländischer Bürger war. 20 Jahrespäter werden diese Bürger - vor allem in den alten Bundesländern Beheimateten - feststellen 25 , dassdie von ihnen erbrachten Leistungen für die Bundesrepublik abgewertet werden, dass aus der altenethnisch-sozialen Konstellation (Westdeutsche - Ausländer) plötzlich eine Dreierkonstellation gewordenist (Westdeutsche-Ostdeutsche-Ausländer). So wie Ausländer in der alten Bundesrepublik genutztwurden, um Druck auf deutsche Arbeiter zu machen, werden jetzt die Ostdeutschen genutzt, um Druckzu machen (gegen Ausländer und Westdeutsche) 26 . Ausländer werden wieder als eine keineswegsunbedeutende Ursache für fehlende Arbeitsplätze, für niedrige Löhne, für die sozialen Probleme charakterisiert.Letztendlich führte das dazu, dass schon integrierte Ausländer sich wieder ihrer nationalenHerkunft besinnen und ethnische Aspekte für sie an Gewicht gewinnen, wie auf der anderen Seite dieneu entstandene Ostidentität sich sowohl an den Westdeutschen reibt, wie sie sich zugleich gegenüberAusländern "überhebt". Obwohl eigene Erfahrungen im Umgang mit Ausländern weitgehend fehlen,werden sie als eine Ursache für soziale Probleme im Osten angesehen. 27 Deutschland ist sowohl• durch den realen Anteil an ausländischer Bevölkerung,• den Anteil an Bürgern mit Migrationshintergrund als auch• der Haltung zum Zusammenleben mit ausländischen Bürgernin Ost und West gespalten.252627Vgl. hierzu detaillierter: Cil, Nevim: Türkische Migranten und der Mauerfall, APuZ, 21-22-2009, S. 40 ff.Vgl. ebenda, S. 43.Vgl. hierzu detaillierter: Winkler, Gunnar: Einstellungen zu Ausländern und rechtsextremistische Auffassungen in denneuen Bundesländern, Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 133, Düsseldorf 2007.48


Insgesamt beträgt der Anteil von ausländischen Bürgern (2009) rd. 8,7 Prozent, darunter in Westdeutschland9,9 % und in Ostdeutschland 2,3 %. Aufgrund der jahrzehntelangen Immigration undIntegration von Bürgern überwiegend mit ausländischer Herkunft - zumindest in Westdeutschland -beträgt der Anteil der Bürger mit Migrationshintergrund 19,6 % in Deutschland, darunter 22,4 % inWestdeutschland und 4,8 % in Ostdeutschland. Das heißt, im Osten lebten im Jahr 2009 nur 4,4 %aller in Deutschland lebenden Ausländer und 3,8 % aller Bürger mit Migrationshintergrund.Die Haltung zu Ausländern ist generell übereinstimmend, jedoch hinsichtlich positiver und negativerEinflüsse von ausländischen Bürgern in Deutschland zweigeteilt zwischen Ost und West. Dabei ist dieHaltung der Ostdeutschen zu Ausländern ohne Zweifel davon beeinflusst, dass es bis 1990 eine spezifischeForm des Umgangs mit Ausländern gab (Ende 1989 lebten in der DDR knapp 200.000 Ausländer).Es war bis 1990 nicht Anliegen der Politik, Ausländer zu integrieren, sondern ihnen zeitweiligAufenthalt zu geben, ohne mit ihnen auf Dauer zusammenleben zu wollen bzw. zu können. Gründe fürAusländeraufenthalt waren politisches Asyl (z.B. Chile), Ausbildung (Facharbeiter, Studium) undbefristete Aufenthalte für Arbeitskräfte (insbesondere Vietnam) in Schwerpunktbereichen. FamiliäreBindungen waren selten und wurden weder gewünscht noch gefördert.Nach 1990 erfolgte einerseits eine Rückkehr in die Heimatländer sowie andererseits eine Zuwanderunginsbesondere von Deutschen aus Gebieten der seinerzeitigen UdSSR. Trotzdem blieb der Anteilausländischer Bürger und von Bürgern mit Migrationshintergrund insgesamt gering.Im Gegensatz dazu ist die Entwicklung der Wirtschaft und des Wohlstandes in Westdeutschland - unddamit auch Grundlagen für die "Überlegenheit" des Systems - ohne die zahlreichen "Gastarbeiter" undausländischen Arbeitnehmer sowie ihrer (inzwischen Mehrgenerationen-)Familien nicht denkbar. Dieseunterschiedlichen Erfahrungen reflektieren sich auch in Haltungen zu Ausländern zwischen Ost undWest.Abbildung 3.8:Anteil ausländischer Bevölkerung an derBevölkerung in Deutschland - 2009 - in Prozent -Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund- Deutschland - 2009 - in Prozent -!!!!unter 3 %3 bis 7,4 %7,5 bis 9,9 %10 bis 12,4 %12,5 % u.dar.unter 5 %5 bis 14,9 %15 bis 19,9 %20 bis 24,9 %25 % u.dar.Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 2, Ausländische Bevölkerung 2009,Wiesbaden <strong>2010</strong>Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 2.2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit,Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Ergebnisse des Mikrozensus 2009, Wiesbaden <strong>2010</strong>49


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.9 Verhalten zu Ausländern - MultikulturellInsgesamt ist die Haltung der Bürger - der neuen wie der alten Bundesländer - nach 20 JahrenEinheit nicht ausländerfeindlich, aber auch nicht hinreichend ausländerfreundlich - ohne Extremhaltungenleugnen oder rechtfertigen zu wollen. Das verbreitete Klischee von einer Jugend, die sich- im Gegensatz zu "Älteren" - stärker gegen Ausländer in der Bundesrepublik wendet, ist nicht zubelegen.Tabelle 3.9:"Inwieweit stimmen Sie der Meinung zu, dass in Deutschland zu viele Ausländerleben?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -stimmevoll zustimmeteilweise zustimmenicht zuich weißnichtDeutschland 35 36 25 2 3neue Länder 37 38 18 5 2früheres Bundesgebiet 34 35 27 1 3GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)383527264144403248323633273240373255neue Länder363956423628363934früheres Bundesgebiet3733353244273634161818122719211223132728324023282032245553584511012112ohneAntwort225021313205614Die Haltungen gegenüber Ausländern sind in Deutschland insgesamt geprägt von• der Forderung von 73 % der ab 18-jährigen Bürger, dass sich Ausländer den hiesigen Gegebenheitenmehr anpassen sollten (teilweise Zustimmung 21 %, keine Zustimmung 3 %);• negativen Bewertungen hinsichtlich der Rolle der ausländischen Bürger zu ihrer Rolle in Deutschland.So stimmten 35 % der Bürger der Auffassung voll zu, dass es "zu viele Ausländer" inDeutschland gäbe und "ihre Zahl in den nächsten Jahren reduziert werden müsse", 36 % stimmtendem teilweise zu und nur 25 % stimmten dieser Auffassung nicht zu. Analoge Aussagen werdenvon den Befragten dazu getroffen, dass "Ausländer viele soziale Probleme verschärften" (33 %volle Zustimmung, 50 % teilweise Zustimmung, 13 % keine Zustimmung) sowie hinsichtlich der50


Ausnutzung "unserer" sozialen Leistungen durch Ausländer und des "Lebens auf unsere Kosten"(23 % volle Zustimmung, 56 % "teilweise", 16 % keine Zustimmung).• Positive Wertungen hinsichtlich des Zusammenlebens mit ausländischen Bürgern und ihrer Integrationin die Gesellschaft werden nur in geringem Maße getroffen. Dass sie das Leben bereichern,sehen nur 18 % (53 % teilweise), bzw. zum Wohlstand in Deutschland beitragen nur 21 %(57 % teilweise).• Dass Deutschland aufgrund des Elends in vielen Teilen der Welt mehr Ausländer aufnehmen sollte,unterstützen nur 3 % voll und 19 % teilweise, 72 % geben dem keine Zustimmung.Die Untersuchung bestätigt - wie bereits hervorgehoben - insgesamt eine weitgehende Übereinstimmungin der Grundstruktur zur Haltung zu ausländischen Bürgern in Ost und West. Dabei werdenNegativwertungen im Osten stärker hervorgehoben, positive stärker in den alten Bundesländern (vgl.Abbildung 3.9). Bestätigt wird auch die allgemeine Annahme, dass sich besonders Erwerbsstrukturen,d.h. Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit oder eine erzwungene/gewollte vorzeitige Rentnerschaft, in denPositionen zu Ausländern - speziell in ablehnenden Positionen niederschlagen.Die Untersuchungen belegen, dass generell die Haltung jüngerer Menschen zu Ausländern freundlicherist als die älterer Menschen - im Besonderen im Osten - obwohl auch sie nicht hinreichend integrativist. Das verbreitete Klischee von einer Jugend, die sich - im Gegensatz zu den "Älteren" - stärkergegen Ausländer in der Bundesrepublik wendet, ist nicht zu belegen.Insgesamt ist die Haltung der Bürger - der neuen wie der alten Bundesländer - nach 20 Jahren Einheitnicht ausländerfeindlich, aber auch nicht hinreichend ausländerfreundlich - ohne Extremhaltungenleugnen oder rechtfertigen zu wollen.Abbildung 3.9: Positionen zu ausländischen Bürgern in Deutschland - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antwort: "stimme voll zu")Deutschland sollte aufgrund des Elendsin der Welt mehr Ausländer aufnehmen24Ausländer tragen durch ihre Arbeitzu unserem Wohlstand bei1323Ausländer bereichernunser Leben1419Ausländer nutzen unsere soz. Leistungenaus und leben auf unsere Kosten2226in Deutschland leben zu viele Ausländer,ihre Zahl sollte kleiner werdenAusländer verschärfen vielesoziale Probleme31343738Ausländer sollten sich den hiesigenGewohnheiten mehr anpassen71730 20 40 60 80 100neue Länderfrüheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)51


3. Angleichung - Gleichwertigkeit - Vielfalt3.10 Weltanschauliche UnterschiedeDie Vereinigung hat die weltanschaulichen Strukturen der Bevölkerung deutlich und nachhaltigauch in dieser Hinsicht in zwei Regionen geteilt. Während im Osten 78 % keiner Religionsgemeinschaftangehören, sind das im Westen 31 %.Tabelle 3.10: "Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(ab 18. Lebensjahr)neinja, der evangelischenKircheja, der römischkatholischenKircheja, einer anderenReligionohne AntwortDeutschland 41 28 29 2 1neue Länder 78 17 3 2 1früheres Bundesgebiet 31 31 35 2 1neue LänderGeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtweiblichmännlichAlter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)75818778808570808928353939371512346520131315121025144früheres Bundesgebiet323026272536352822Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit kulturellen Lebens wurde durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepubliknicht zuletzt auch hinsichtlich der weltanschaulichen Strukturen der Bevölkerung deutlichund hat nachhaltig die Bundesrepublik auch aus dieser Sicht in zwei Regionen geteilt - ohne dass dienach 1990 erwartete "Re-Christianisierung" eingetreten ist.Die Veränderungen der Wirkungsmöglichkeiten der Kirche in den neuen Bundesländern, ihre erreichteBewegungsfreiheit und gewachsene Einflussnahme in der Gesellschaft haben - so zeigen die Daten -bisher zu keiner generellen Änderung in der Haltung der Ostdeutschen zu den Kirchen und Religionengeführt. Dabei ist im Ost-West-Vergleich festzustellen, dass es sowohl im Osten als auch im Westeneine deutliche altersabhängige Zunahme der Bürger gibt, welche keiner Religionsgemeinschaft angehören.28 Betrachtet man speziell die 18- bis 30-Jährigen, so sind es in den alten Bundesländern inzwi-3314323333932353233274534132111123121312521300213102<strong>2010</strong>0128Vgl. Eicken, Joachim/Schmitz-Veltin, Ansgar: Die Entwicklung der Kirchenmitglieder in Deutschland, StatistischesBundesamt - Wirtschaft und Statistik 6/<strong>2010</strong>, S. 576 ff.52


schen 39 % und in den neuen Ländern 85 %, welche sich keiner Religionsgemeinschaft zuordnen.Frauen sind in stärkerem Maße in Ost (25 %) wie West (72 %) Mitglieder von Kirchen/Religionsgemeinschaften(Männer Ost - 17 %/Männer West - 65 %).Über den Gesamtzeitraum seit 1990 bis <strong>2010</strong> hat sich kein grundlegender Wertewandel bezüglich desStellenwertes von Religion in den neuen Bundesländern eingestellt. <strong>2010</strong> gaben 18 % der ab18-jährigen Ostdeutschen, aber auch nur 28 % der Westdeutschen an, dass Religion in ihrem Lebenwichtig sei, für 14 bzw. 21 % hat sie einen mittleren Stellenwert, und 67 % im Osten und 48 % imWesten halten sie in ihrem Leben für weniger bzw. unwichtig.Betrachtet man die Mitgliederentwicklung der Kirchen in den neuen Bundesländern, fällt auf, dass diedurch die gesetzlich sanktionierte Einziehung der Kirchensteuer hervorgerufene enorme Austrittswellenach 1990 zwar abgeflacht ist, aber keineswegs umgekehrt wurde. Der geringe Anteil anderer Religionenist sicher auch Reflexion des geringen Anteils ausländischer Bürger bzw. von Bürgern mitMigrationshintergrund in den neuen Bundesländern, ebenso wie davon auszugehen ist, dass der Anteilanderer Religionen im Westen höher als in der Befragung ausgewiesen ist, da ein großer Teil aufgrundvon Sprachbarrieren und generellen Vorbehalten sich Befragungen entzieht. Die erwartete Zuwendungzu den Kirchen im Osten ist nicht eingetreten, was ein Grund dafür sein mag, dass bis in die jüngsteGegenwart immer wieder der Versuch von Einzelpersonen unternommen wird 29 , die erfolgte "Entkirchlichung"in der DDR für die heutige Situation im Osten verantwortlich zu machen.Dabei ist hervorzuheben, dass für die Mehrheit der nicht religiös Gebundenen und ihren Umgang mitden Kirchen/Religionen die Feststellung zutreffend ist: "Die ostdeutsche Religionslosigkeit ist nichtaggressiv, antikirchlich oder antireligiös" 30 .So wie Religionsbekenntnisse sich zwischen Ost und West in bedeutendem Maße unterscheiden, sinddamit auch traditionelle Unterschiede in Zeremonien und Feierlichkeiten verbunden - beginnend beider Geburt, dem Eintritt ins Erwachsenenleben, über Hochzeit bis schließlich zum Tod. In den neuenBundesländern werden diese Anlässe mehrheitlich auf die standesamtliche Zeremonie begrenzt bzw.weltanschaulich nicht gebunden ausgestaltet (z.B. Jugendweihen).Abbildung 3.10: Zugehörigkeit zu Religions-/Glaubensgemeinschaften - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (ab 18. Lebensjahr)neue Länderfrüheres Bundesgebietanderekatholischevangelisch782 3171evangelischkatholischohneAntw.35312 311ohneAntw.keineanderekeineDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)2930Vgl. Schönbohm, J. (ehemaliger Innenminister Land Brandenburg) im August 2009.Schröder, Richard: Die Gesellschaft im Osten ist atheistisch, in: R. Schröder: Die wichtigsten Irrtümer über die deutscheEinheit, Verlag Herder, Freiburg i.B. 2007, S. 215.53


4. Lebenslagen4.1 Allgemeine Lebenszufriedenheit - Entwicklung neue Länder"Die" unzufriedenen Ostdeutschen gibt es nicht. Erreichten "Wohlstandsgewinnen" in den Jahrennach 1990 stehen im letzten Jahrzehnt "Wohlstandsverluste" gegenüber (Arbeitsmarkt, Verlangsamungdes Angleichungsprozesses, Sozialabbau u.a.) ebenso wie andererseits die Akzeptanz vonstaatlichen "Schutzschirmen" für die unterschiedlichsten Lebenslagen seit 2008. Zufriedenheitenwerden im Besonderen von Erwerbsstatus, Zukunftssicherheiten und materiellem Lebensniveaugeprägt.Tabelle 4.1:"Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig alles in allem mit Ihrem Leben?" - neue Länderund Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent -neue Länder und Berlin-Ost1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>früheresBundesgebietDeutschlandsehr zufrieden 2 7 7 5 7 14 12zufrieden 31 50 51 42 44 48 47teilweise zufrieden 50 36 34 33 33 28 29unzufrieden 13 7 7 14 12 6 7sehr unzufrieden 3 2 1 5 3 2 2ohne Antwort 1 0 - 2 1 2 2Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Die allgemeine Lebenszufriedenheit reflektiert in zusammenfassender Weise die Gesamtheit individuellerLebensbedingungen und Lebensumstände sowie die ihnen zugrunde liegenden sozialen, ökonomischenund politischen Rahmenbedingungen.Die allgemeinen Lebenszufriedenheiten in Ostdeutschland werden inzwischen von den Erfahrungenaus 20 Jahren Bundesrepublik sowie bei einem abnehmenden Teil der Bevölkerung aus rd. 40 JahrenDDR bzw. den gelebten Nachkriegs- und zum Teil Kriegsjahren beeinflusst. Gleichzeitig steigt derAnteil von Bürgern, welche die DDR nicht mehr aus eigenem Erleben kennen. Die Lebenszufriedenheitenwerden gleichermaßen durch sich zunehmend angleichende, aber auch noch vorhandene, zumTeil auch zunehmend ungleiche Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland geprägt. Die1989/90 vorhandenen hohen Erwartungshaltungen an Veränderungen in allen Lebensbereichen habensich inzwischen modifiziert, sowohl aufgrund der realen positiven Veränderungen als auch der Erkenntnisder Nichtrealisierbarkeit von Idealvorstellungen.<strong>2010</strong> waren in den neuen Bundesländern 51 % der Bürger ab 18. Lebensjahr mit ihrem Leben "alles inallem" zufrieden, 33 % teilweise zufrieden und 15 % unzufrieden/sehr unzufrieden.Im Vergleich über die Jahre seit 1990 ist für die neuen Bundesländer ein kontinuierlicher Anstieg von33 % auf 60 % im Jahre 1999 ebenso charakteristisch wie die deutlichen "Zufriedenheitsverluste" inden Jahren 2002 und 2003 in allen Bevölkerungsgruppen. Erst in den letzten Jahren treten scheinbarstabile "Zufriedenheitsgewinne" auf. Trotzdem gilt insgesamt: "Die" unzufriedenen Ostdeutschen gibtes nicht. Erreichten Wohlstandsgewinnen in den Jahren nach 1990 stehen im letzten JahrzehntWohlstandsverluste gegenüber (Arbeitsmarkt, Verlangsamung des Angleichungsprozesses, Sozialabbauu.a.) ebenso wie andererseits die Akzeptanz von staatlichen "Schutzschirmen" für die unterschiedlichstenLebenslagen während der Finanzkrise (2008/2009), die Absicherung des Erwerbsstatus durch"Kurzarbeit" oder die Rentenerhöhung <strong>2010</strong> positiven Einfluss auf die Bewertung haben.54


Erkennbar ist (vgl. Abbildung 4.1), dass bei den 50- bis 60-Jährigen (wie bei den unter 60-Jährigengenerell) vor allem die Politik der Sozialreformen (insbes. Arbeitsmarktreform, Gesundheitsreform)direkten Einfluss hatte, während bei den älteren Jahrgängen erst mit dem Wirksamwerden der Rentenreform(Nullrunden, Nachhaltigkeitsfaktor) und einseitigen Entwicklungen in der Pflegereform negativereBewertungen erfolgten, wie andererseits u.a. die Rentengarantie und die Rentenerhöhung 2009positive Wirkung zeigen.Bezogen auf die Entwicklung seit 1990 sind charakteristisch und die Gesamtbewertung beeinflussend:• eine relativ übereinstimmende Bewertung der allgemeinen Lebenszufriedenheit zwischen Frauenund Männern;• deutliche Zufriedenheitsverluste bei den Altersgruppen der 40- bis 60-Jährigen zwischen 2000 und2005 (Arbeitsmarktreform) und seit 2005 bei den Bürgern, welche im Rentenalter sind;• ein deutlicher Rückgang der Zufriedenheit bei Arbeitslosen/in arbeitsmarktpolitischen MaßnahmenTätigen mit Wirksamwerden der Arbeitsmarktreform (Hartz) - Unzufriedenheit 41 %;• überdurchschnittlich bessere Bewertungen bei Hochschulabsolventen und Bürgern mit hohemFamilieneinkommen.Die allgemeine Lebenszufriedenheit, die - wie bereits hervorgehoben - von der Gesamtheit der Lebensumständebeeinflusst wird, verweist jedoch in besonderem Maße darauf, dass• es einen engen Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und sozialen Grundwerten gibt. Das betrifftim Besonderen auch die Zufriedenheit mit den Zukunftsaussichten sowie - jedoch mit Abstand- die Bewertung der Einkommenszufriedenheit;• die Lebenszufriedenheit zugleich stark korreliert mit der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation,die von 60 % der "Zufriedenen" insgesamt mit gut bewertet wird, im Gegensatz zu den "sehrUnzufriedenen", welche auch die wirtschaftliche Situation zu 57 % mit sehr schlecht bewerten.• Die individuellen Einkommensverhältnisse liegen bei den "sehr Zufriedenen" um das 2,5-Fache(1.661 Euro) höher als bei den "sehr Unzufriedenen" (680 Euro), beim bedarfsgewichteten Haushaltseinkommen(Pro-Kopf-Einkommen entsprechend unterschiedlicher Bedarfsstruktur zwischenErwachsenen, Alleinlebenden und Kindern/Jugendlichen) bei dem 2-Fachen.• Auch hinsichtlich der Wohnverhältnisse reflektiert eine abnehmende Lebenszufriedenheit schlechtereWohnbedingungen/-verhältnisse.Abbildung 4.1: Allgemeine Lebenszufriedenheit - nach ausgewählten Altersgruppen - neue Länder- 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "sehr zufrieden"/"zufrieden")10075502501990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)ab 18. Lebensjahr insg. 50-60 Jahre 60 Jahre und älter55


4. Lebenslagen4.2 Zufriedenheit im Ost-West-VergleichInsgesamt gibt es eine hohe allgemeine Lebenszufriedenheit in Deutschland. Dabei weist der Westenhöhere Zufriedenheiten aus als der Osten. Insbesondere jüngere und ältere Bürger sind überdurchschnittlichzufrieden.Tabelle 4.2: "Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig - alles in allem - mit Ihrem Leben? Sind Sie ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -sehrzufriedenzufriedenteilweisezufriedenunzufriedensehrunzufriedenDeutschland 12 47 30 7 2 2neue Länder 7 44 33 12 3 1früheres Bundesgebiet 14 48 28 6 2 2GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)7611126357116111617101116112454349414039504810neue Länder343223353832323244früheres Bundesgebiet46503847424457481930273025343622343091516101118101027481089537332316611142262311015ohneAntwort213012132123201<strong>2010</strong> sind in Deutschland 59 % der Bürger mit ihrem Leben alles in allem sehr zufrieden/zufrieden,30 % teilweise zufrieden und nur 9 % unzufrieden/sehr unzufrieden. Dabei ist die allgemeine Lebenszufriedenheitim Westen mit 62 % Zufriedenen und 8 % Unzufriedenen deutlich höher als im Osten(vgl. Tabelle 4.2), aber auch in den neuen Ländern sind 51 % der Bürger sehr zufrieden/zufrieden undnur 15 % unzufrieden/sehr unzufrieden.Einfluss auf die Lebenszufriedenheit haben vor allem die erworbene und eingesetzte Qualifikation, dersoziale/berufliche und familiäre Status sowie das damit verbundene Einkommen bzw. die vorhandenenVermögenswerte (z.B. Wohneigentum).Insgesamt werden im Ost-West-Vergleich erkennbar:• hohe Zufriedenheiten in Westdeutschland bei größerer Differenziertheit nach Geschlecht, Alter,Qualifikation und Einkommen als im Osten;56


• Zufriedenheit in Ostdeutschland mit relativ hoher Homogenität insbesondere nach Geschlecht;• starke Einkommensabhängigkeit auf unterschiedlichem Niveau (vgl. Tabelle 4.3);• Unzufriedenheiten sind insgesamt relativ gering und konzentrieren sich auf Arbeitslose und dieAltersgruppe der 50- bis 60-Jährigen in den neuen Ländern sowie Alleinerziehende;• sich der Mittelschicht bzw. der oberen Mittelschicht Zuordnende sind in Ost wie West zu 70 %und mehr mit ihrem Leben alles in allem zufrieden.Der Zusammenhang zwischen allgemeiner Lebenszufriedenheit und sozialen Lebenslagen ist unbestritten- dabei erweist sich, dass die "Unzufriedenen" in Ost und West vergleichbarere Lebenslagenaufweisen als die "Zufriedenen".Zufriedene Westdeutsche verfügen über deutlich höhere individuelle Nettoeinkommen sowie Vermögenund größere Wohnungen. In Ostdeutschland beeinflusst Erwerbstätigkeit das Maß der Zufriedenheitstärker als in Westdeutschland.Ein Vergleich der Zufriedenheitsbewertung nach sozialen Hauptgruppen (vgl. Abbildung 4.2) zeigt,dass Beamte (Ost und West), Selbstständige (West) ebenso wie Hochschulabsolventen (Ost undWest), Familien ohne Kinder und Rentner (West) sowie Angestellte (Ost und West) überdurchschnittlichpositive Wertungen abgeben.Während Familien mit Kindern in Ost wie West in etwa vergleichbare Wertungen abgeben, liegen dieFamilien ohne Kinder mit 53 % im Osten und 73 % im Westen deutlich auseinander - offensichtlichnicht nur Ergebnis ungleicher Lebenslagen, sondern auch sich unterscheidender Lebensvorstellungen.Deutlich unterdurchschnittlich sind die Mehrheit der ostdeutschen sozialen Gruppen sowie Alleinerziehendeund Arbeitslose aus Ost und West.Abbildung 4.2: Anteil der "sehr Zufriedenen"/"Zufriedenen" - nach sozialen Hauptgruppen undRegionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Beamte - OstBeamte - WestSelbstständige - WestHochschulabschl. - WestFam. ohne Kinder - WestRentner - Westohne berufl. Abschl. - WestHochschulabschl. - OstAngestellte - WestAngestellte - OstDeutschlandErwerbstätige - WestFacharbeiter - WestErwerbstätige - OstRentner - OstSelbstständige - OstFam. ohne Kinder - Ostohne berufl. Abschl. - OstFacharbeiter - OstAlleinerziehende - OstAlleinerziehende - WestArbeitslose - WestArbeitslose - Ost618363146777574747372686762605959585656555352neue Länderfrüheres Bundesgebiet0 20 40 60 80Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)57


4. Lebenslagen4.3 Zufriedenheit nach LebensbereichenDie höchsten Zufriedenheiten weisen die Deutschen in Ost wie West für das Wohnen und die Freizeitaus. Es sind jene Bereiche, welche der Einzelne relativ selbstständig gestalten kann. Am Endeder Zufriedenheitsskala liegen Leben mit Kindern, Demokratie, politischer Einfluss und die Einkommens-Preis-Verhältnisse.Tabelle 4.3: Zufriedenheit nach Lebensbereichen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - (nur Antworten: "sehr zufrieden"/"zufrieden")neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebiet1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>DeutschlandWohnung 63 74 82 78 79 84 83Bildungsangebote 43 48 45 34 43 51 49soziale Sicherheit 54 27 29 16 28 36 34Arbeit (unter 60 Jahre) 60 49 51 46 54 56 56Freizeit 38 67 67 62 61 68 66Gesundheitswesen 29 63 41 19 23 29 28Umwelt 3 26 31 22 22 19 19Einkommens-Preis-Verhältnis 2 11 14 5 12 14 14mit Kindern leben (unter 60 Jahre) 56 36 38 18 24 28 27Demokratieentwicklung 8 18 15 7 16 26 24persönlicher politischer Einfluss 12 12 10 6 10 16 15jeweils höchster Wert in den neuen Ländern (+ Berlin-Ost) = grün unterlegtjeweils niedrigster Wert in den neuen Ländern = gelb unterlegtDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Die in der allgemeinen Lebenszufriedenheit gewissermaßen zusammengefasste Bewertung löst sich ineine hohe Differenziertheit bei einer Betrachtung nach einzelnen Lebensbereichen auf.Dabei sind Zufriedenheiten und eingetretene Veränderungen in den neuen Bundesländern - das belegendie Untersuchungen seit 1990 - übergreifend wie folgt zusammenfassbar:• Bereiche, die der Einzelne eigenständig, (relativ) unabhängig von äußeren Einflüssen auf seinLeben gestaltet, wie z.B. Partnerbeziehungen oder das Wohnen sowie die Freizeit. Insgesamt erweisensich diese Bereiche der Privatsphäre als stabile Elemente der Zufriedenheit, die sich überJahre durch ein hohes Zufriedenheitsmaß auszeichnen.• Bereiche von Lebensverhältnissen, in denen 1989/1990 die Menschen grundlegende Veränderungenerwarteten, die jedoch in unterschiedlichem Maße für den Einzelnen bzw. einzelne Gruppeneingetreten sind. Das betrifft insbesondere Umwelt, Einkommensentwicklung und Realisierungsmöglichkeitensowie Bildung, aber auch die Demokratieentwicklung und den Bereich Arbeit, indenen vorhandene Unzufriedenheiten nicht/kaum abgebaut wurden bzw. sich neu aufbauten.• Bereiche, in denen nach einem Anstieg bis Mitte der 90er Jahre ab 1998/1999 ein rapider Zufriedenheitsabfallerfolgte und bei denen von der Mehrheit der Bürger mit der Vereinigung keine Veränderungenangenommen wurden, sondern von einer (mehr oder weniger) kontinuierlichen Fortsetzungder Entwicklung ausgegangen wurde. Inzwischen sind die Gegensätzlichkeiten der sozialenSicherung für den Einzelnen direkt erlebbar und für große Teile der Bevölkerung auch spürbar.Das betrifft insbesondere Unzufriedenheiten im Bereich des Gesundheitswesens und der Zu-58


kunftserwartungen, aber auch der wirtschaftlichen Situation im Lande. Im Gegensatz dazu wirkenvon der Koalition eingeleitete "Sozialpakete" (Kurzarbeit, Rentenerhöhung, teilweiser Schutz vorfinanziellen Verlusten) auf die Zufriedenheitsbewertung positiv (z.B. soziale Sicherheit).Im Vergleich der Zufriedenheiten in einzelnen Lebensbereichen zwischen Ost und West ist eine in denGrundstrukturen weitgehend übereinstimmende Zufriedenheitsstruktur feststellbar - auch in den altenBundesländern sind die Zufriedenheiten im Bereich Wohnen (84 %) und Freizeit (68 %) am höchstenund hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit (10 %) und der Einkommens-Preis-Verhältnisse (14 %) amgeringsten.Über den Werten im Osten liegen Bildung (51 %), Demokratieentwicklung (26 %), familiäre Lebensbedingungen(20 %) und persönlicher politischer Einfluss (16 %). Unzufriedenheiten sind im Ostenvor allem höher bezogen auf die wirtschaftliche Situation im Lande, die Zukunftssicherheit, die Einkommensverhältnisseund die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung. Alles in allem Wertungen, diemittels der west- und ostdeutschen Realitäten nachvollziehbar sind.Der Erwerbsstatus und die damit verbundene Einkommenssituation wirken naturgemäß in Ost wieWest auf individuelle Zufriedenheiten. Dabei ist im Osten die Bewertung zwischen Erwerbstätigenund Arbeitslosen stärker differenzierend als im Westen.Abbildung 4.3: Zufriedenheit nach Lebensbereichen - neue Länder - <strong>2010</strong> - in Prozent* -sehr zufrieden/zufriedenteilweisezufriedenunzufrieden/sehr unzufriedenWohnungFreizeitPartnerschaftArbeit (18-59 Jahre)persönliche SicherheitBildungeig. Zukunftsaussichtensoziale Sicherheitöffentliche VerwaltungUmweltGesundheitswesenmit Kindern zu lebenLebensbeding. f. FamilienDemokratieVerhältn. Einkom./Preisepers.politischer Einflusswirtschaftliche Situationsoziale Gerechtigkeit796168545143342822222324131612105777123 3121416162023232114241714111513125510121416162023232114241714111613121713303025293425314556435862100 80 60 40 200 20 40 60 80 100* Differenz zu 100 = ich weiß nicht/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)59


4. Lebenslagen4.4 Wirtschaftliche Lage - Entwicklung neue LänderDie erfolgten Veränderungen der Lebensverhältnisse nach 1990 reflektieren sich zwischen 1990und 2000 in einer zunehmenden positiven Wertung der individuellen wirtschaftlichen Lage. Diezunehmenden negativen Wertungen nach 2000 sind vor allem Auswirkungen der Sozialreformen,der Euro-Umstellung sowie des Aussetzens der Einkommensangleichungen.Tabelle 4.4:"Wie bewerten Sie gegenwärtig Ihre eigene wirtschaftliche Lage?" - neue Länder undBerlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent -neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>sehr gut 2 3 3 3 3 5 4gut 38 44 44 32 33 39 38teils gut/teils schlecht 43 43 40 36 42 40 41schlecht 15 9 11 18 17 10 12sehr schlecht 2 1 2 11 5 4 4ohne Antwort 0 1 0 1 1 2 2Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Die Bewertung der wirtschaftlichen Situation des Einzelnen bzw. seiner Familie ist keineswegs nureinkommensabhängig, sondern reflektiert die Einkommenssituation des Einzelnen bzw. der Familienmitgliederebenso wie die (soweit vorhanden) Vermögensentwicklungen, aber auch Besitz undAusstattung sowie die Möglichkeiten, aufgrund eigener Erwerbsarbeit in der Gegenwart oder Vergangenheitein Einkommen zu erreichen, um mit diesem seine Bedürfnisse - mehr oder weniger - befriedigenzu können.Die Verbesserung der individuellen wirtschaftlichen Lage war 1989/1990 - ebenso wie die Neugestaltungder demokratischen Verhältnisse - ein wesentlicher Faktor für viele Menschen, sich kritisch mitdem DDR-System auseinanderzusetzen. Dabei standen sowohl die Angleichung an die materiellenLebensverhältnisse in den alten Bundesländern als auch die Verbesserung der Möglichkeiten zur Realisierungder vorhandenen Einkommen mit einer erforderlichen Breite und Vielfalt des Waren- undDienstleistungsangebots im Mittelpunkt. Es ging nicht um Überwindung von Hunger, Armut oderObdachlosigkeit, sondern um die Realisierungsbedingungen der vorhandenen finanziellen Ressourcenin den Familien.Es ist unbestritten, dass die mit der Vereinigung erfolgten Einkommensentwicklungen in Ostdeutschland- vor allem bis 2000 - und die sich bietenden Möglichkeiten eines Waren- und Dienstleistungsangebotes,das in seiner quantitativen und qualitativen Struktur nahezu jeglichen dem Einkommen entsprechendenBedarf zu befriedigen in der Lage ist, zu den gravierendsten, spürbaren und auch anerkanntenVerbesserungen seit der Vereinigung gehören. Damit verbunden stieg der Anteil der Bürger,welche ihre wirtschaftliche Situation mit "sehr gut"/"gut" bewerten, von 40 % (1990) auf 47 %(1995/2000) - ohne Zweifel Resultat der erfolgten Veränderungen in den Einkommens- und Realisierungsbedingungen.Unbestritten auch, dass die wirtschaftliche Situation der Bürger seit Wirken derSozialreformen einer deutlich abwertenden Entwicklung bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise unterliegt- das wird durch positivere Bewertungen in den Jahren 2009/<strong>2010</strong> nicht aufgehoben.60


Eine deutliche Zunahme negativer Wertungen nach 2000 ist vor allem gebunden an die mit den Sozialreformenerfolgten Einschnitte, die Wirkungen der Euro-Umstellung (die inzwischen bei fast gleicherPreisstruktur wie vor 2002 als Kaufkraftverlust empfunden und bewertet wird) sowie das Aussetzender Einkommensangleichungen an westdeutsches Einkommensniveau (Tarife, Rentenwert).Die Bewertung der wirtschaftlichen Lage in Ostdeutschland reflektiert• den 1989/90 vorhandenen Widerspruch zwischen relativ guter Bewertung der eigenen wirtschaftlichenLage und den vorhandenen geringen Möglichkeiten, damit die vorhandenen Bedürfnisse zubefriedigen;• die unmittelbar nach 1990 sich vollziehende positive Entwicklung, vorhandenes "Einkommen"bedürfnisgerecht befriedigen zu können (Konsumgüter, Reisen, Wohnen);• den rasanten Abstieg der Bewertungen mit beginnender Realisierung der Sozialreformen unter"Rot-Grün" sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage als auch der damit möglichen Bedürfnisbefriedigung.Die erfolgten Veränderungen im Zeitverlauf (vgl. Abbildung 4.4) verweisen auf eine homogenereBewertung zwischen Erwerbstätigen und Rentnern - die noch prägend für die Gesamtbewertung sind -,vor allem aber auf die deutlich unterschiedliche unterdurchschnittliche Bewertung der wirtschaftlichenSituation durch Arbeitslose, in der sich offensichtlich Arbeitsmarktreformen und Euroumstellung bündeln.Abbildung 4.4: "Wie beurteilen Sie heute Ihre eigene wirtschaftliche Lage?" - neue Länder- 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "sehr gut"/"gut")10075502501990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)insgesamt Erwerbstätige Arbeitslose Rentner61


4. Lebenslagen4.5 Veränderung der MaßstäbeDie Bewertung der jeweiligen individuellen wirtschaftlichen Lage seitens der Bürger der neuenBundesländer beruht auf steigenden Haushaltsnettoeinkommen (pro Kopf) insgesamt, als auch dender Bewertung zugrunde liegenden Einkommenshöhen. Insgesamt nimmt die Differenzierung derden Bewertungen zugrunde liegenden Einkommensgrößen deutlich zu.Tabelle 4.5:Bewertung der wirtschaftlichen Lage und Haushaltsnettoeinkommen* pro Kopf - neueLänder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebietinkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Euro -neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1992 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>sehr gut 871 1.156 1.263 1.951 2.616 2.684 2.673gut 732 985 1.101 1.446 1.624 1.900 1.849teils gut/teils schlecht 578 784 869 1.102 1.133 1.305 1.265schlecht 495 663 816 846 828 987 941sehr schlecht 410 435 575 517 653 788 748* äquivalenzgewichtet lt. OECDDatenbasis: sfz/leben 1992-<strong>2010</strong> (gew.)Die der Bewertung der individuellen wirtschaftlichen Situation zugrunde liegenden Haushaltsnettoeinkommen(Pro-Kopf-Einkommen) zeigen in den neuen Bundesländern insgesamt einen steigendenVerlauf. So stieg das Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf von 472 Euro im Jahr 1990 auf 1.255 Euroim Jahr <strong>2010</strong>. Die seit 1992 erhobene Bewertung der wirtschaftlichen Lage belegt im Zusammenhangmit der Einkommensentwicklung insofern, dass gleichen Bewertungen in der Gegenwart in den neuenBundesländern deutlich höhere Durchschnittseinkommen zugrunde liegen als vor 10 oder 20 Jahren.• 1992 bewerteten Bürger der neuen Bundesländer mit einem Einkommen von 742 Euro (umgerechnetvon DM in Euro) ihre wirtschaftliche Lage als "sehr gut"/"gut" - <strong>2010</strong> lagen dem imDurchschnitt 1.697 Euro zugrunde. Der Maßstab für eine positive Bewertung hat sich deutlichnach oben verschoben.• Ein ansteigendes Haushaltseinkommen liegt sowohl einer "teils/teils"-Bewertung (1992 = 578Euro - <strong>2010</strong> = 1.133 Euro) wie auch einer "schlechten" Bewertung (1992 = 476 Euro - <strong>2010</strong> = 786Euro) zugrunde - wenn auch in deutlich abgeschwächter Form.• Die der gleichen Bewertung der wirtschaftlichen Situation zugrunde liegenden Einkommen stiegenzwischen 1992 und <strong>2010</strong> von 100 % bei- guter Bewertung auf 229 %,- mittlerer Bewertung auf 196 %,- schlechter Bewertung auf 165 %.Der Maßstab für eine "schlechte" Bewertung hat sich relativ "verschlechtert".• Die Differenz zwischen "sehr guter" und "sehr schlechter" Bewertung in Euro ist deutlich angestiegen.Lagen 1992 zwischen beiden 461 Euro, so trennten <strong>2010</strong> rd. 1.913 Euro die beiden - vergleichbartrennen beide Bewertungsgruppen im Westen 1.896 Euro.62


Erkennbar ist ein Sprung in der Bewertung in der Umstellungsphase zum Euro (vgl. Abbildung 4.5).Die Bewertung wirtschaftlich "gut" geht von einem deutlich höheren Durchschnittseinkommen (nachEuroumstellung) aus. Das gilt auch für die Bewertung "schlecht" bereits im Vorfeld der Umstellung.Die äquivalenzgewichteten Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen zeigen analoge Tendenzen wie dieHaushaltsnettoeinkommen. Die mit der Euroumstellung verbundenen "Umbewertungen" werden nochdeutlicher (vgl. Abbildung 4.5):• Die Grenze bei den unteren Einkommensgruppen verschiebt sich bereits vor der Umstellung inRichtung negativer Wirkungen, d.h. dass Bürger mit einem geringeren Einkommen (bis zu 800bzw. 900 Euro) vor der Umstellung ihre wirtschaftliche Situation als "schlecht"/"sehr schlecht"bewerten, in der - nicht völlig unberechtigten - Annahme, dass ihre Einkommen weniger ausreichendsein werden.• Nach der Euro-Umstellung verschiebt sich das einer positiven Wertung zugrunde liegende Einkommendeutlich, was bedeutet, dass die Euro-Umstellung zu einer beschleunigt zunehmendenDifferenzierung in der Bewertung der wirtschaftlichen Lage beigetragen hat und die den Bewertungenzugrunde liegenden Unterschiede vergrößert hat.Analoge strukturelle Veränderungen gelten auch für die Wohnbedingungen - so betrug die durchschnittlicheWohnungsgröße der ihre Situation als "sehr gut" Kennzeichnenden 1995 rd. 80 qm und<strong>2010</strong> rd. 120 qm und darüber. Analoge Tendenzen gelten für das Wohneigentum und Vermögen.Abbildung 4.5: Durchschnittliches Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen nach Bewertung derindividuellen wirtschaftlichen Situation - neue Länder - 1992 bis <strong>2010</strong> - in Euro(bis 2002 umgerechnet) -20001500100050001992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Datenbasis: sfz/leben 1992-<strong>2010</strong> (gew.)gut teils/teils schlecht63


4. Lebenslagen4.6 Wirtschaftliche Lage im Ost-West-VergleichDie Aussagen zur wirtschaftlichen Situation reflektieren sowohl die unterschiedlichen Realitätenvon Lebenslagen der Bürger als auch die existierenden regionalen Unterschiede. Insgesamt ist diewirtschaftliche Lage im Osten durch einheitlichere (homogenere) Verteilungsstrukturen individuellerfinanzieller/materieller Lebenslagen gekennzeichnet.Tabelle 4.6:"Wie beurteilen Sie heute Ihre eigene wirtschaftliche Lage? Würden Sie sagen, sieist ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -sehr gut gut teils gut/teils schlechtschlecht sehr schlecht ohneAntwortDeutschland 4 38 41 12 4 1neue Länder 3 33 42 17 5 1früheres Bundesgebiet 5 39 40 10 4 2GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)3253232313426303528383 385456385460neue Länder463947434140434230früheres Bundesgebiet41373330323654399Insgesamt bewerten über 40 % der Bürger in Deutschland ihre wirtschaftliche Lage mit "sehrgut"/"gut" (42 %), weitere 41 % mit "teils gut/teils schlecht" und 16 % mit "schlecht"/"sehr schlecht"(vgl. Tabelle 4.6). Die Bewertung der wirtschaftlichen Situation in den alten Bundesländern fällt mit44 % ("sehr gut"/"gut") besser aus als in den neuen Ländern (36 %), wie dementsprechend 22 % derOstdeutschen ihre Situation als "schlecht"/"sehr schlecht" bewerten - im Vergleich zu 14 % im Westen.Es sind jedoch keineswegs nur die jeweils höheren oder geringeren Anteile der Wertungen, welcheUnterschiede ausmachen, sondern die den jeweiligen Aussagen zugrunde liegenden Werte. Diegrundlegende Differenzierung in den jeweiligen Bewertungen sind die Lebenslagenunterschiede zwischenden Bürgern mit "guter" und denen mit "schlechter" Einschätzung. Das bezieht sich auf Ein-394150463943314014151916181620151441713101416105124455757812235375521331110111301014164


kommen wie Vermögen, auf Wohnbedingungen und Wohnverhältnisse ebenso wie auf Bildung undErwerbsstatus.Insgesamt ist im Osten eine homogenere Grundstruktur als in Westdeutschland charakteristisch. Soweisen die Einkommensstrukturen im Osten eine wesentlich dichtere Verteilung auf als im Westen,was sich bei Vermögen und Eigentum noch deutlich verstärkt.Wenn die Wertungen im Westen positiver ausfallen als im Osten, reflektiert das zugleich die real differenziertenLebensverhältnisse. Besondere Unterschiedlichkeiten werden erkennbar• bei einer überdurchschnittlichen positiven Bewertung der Rentner (Ost 39 % "sehr gut/"gut" -West 53 %). Da sich diese Wertung nicht nur auf Rentner und Renten der GRV bezieht, sondernauch betriebliche Zusatzversicherungen und Pensionen einbezieht ebenso wie Vermögen undWohneigentum, reflektiert die Aussage reale Lebenslagen im Alter, die jedoch vor allem für denWesten prägend sind;• in einer überdurchschnittlichen Bewertung seitens der Befragten mit Hochschulabschluss (57 %Ost - 75 % West) sowie Beamten (vgl. Abbildung 4.6);• während im Westen die positiven Wertungen von Beamten, Selbstständigen und Angestelltengetragen werden, sind es im Osten im Wesentlichen die Angestellten, nicht zuletzt auch aufgrundder geringen Beamtenanteile in der Bevölkerung und unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößenstrukturenmit Wirkung für die individuelle wirtschaftliche Lage z.B. der Selbstständigen (hoherAnteil "Soloselbstständiger) bei weitgehendem Fehlen einer eigenständigen Oberschicht undoberen Mittelschicht;• in Ost wie West, wo es vor allem Alleinerziehende und Arbeitslose sind, welche unterdurchschnittlicheWertungen abgeben;• in unterschiedlichen Bewertungen zwischen Familien, indem im Osten Familien mit Kindern diepositivere Aussage treffen (Ost 49 %/West 40 %), sind es im Westen die Familien ohne Kinder(Ost 35 %/ West 55 %). Offensichtlich wirken hier sowohl die geringere Berufstätigkeit von Mütternim Westen als auch die generelle Betrachtung von Kindern als "Kostenfaktor".Abbildung 4.6: Anteil der ihre wirtschaftliche Lage als "sehr gut"/"gut" Kennzeichnenden- nach sozialen Hauptgruppen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Beamte - WestHochschulabschl. - WestBeamte - OstHochschulabschl. - OstSelbstständige - WestFam. ohne Kinder - WestRentner - WestFam. mit Kindern - OstAngestellte - WestErwerbstätige - WestAngestellte - OstDeutschlandErwerbstätige - OstFacharbeiter - WestFam. mit Kindern - WestRentner - OstSelbstständige - OstFam. ohne Kinder - Ostohne berufl. Abschl. - Westohne berufl. Abschl. - OstFacharbeiter - OstAlleinerziehende - WestAlleinerziehende - OstArbeitslose - West 5Arbeitslose - Ost 15756555349484543424140403939353434292722787571neue Länderfrüheres Bundesgebiet0 20 40 60 80 100Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)65


4. Lebenslagen4.7 Erwartungen an künftige wirtschaftliche LageDie Annahmen über die künftige vom Einzelnen erwartete wirtschaftliche Situation gehen im hohenMaße von Stagnation bzw. von Verschlechterungen aus. Jüngere erwarten vor allem Verbesserungen,Ältere Verschlechterungen. Die Bewertungen zur künftigen Entwicklung weisen keineprinzipiellen Unterschiede zwischen Ost und West aus.Tabelle 4.7:"Wie wird vermutlich Ihre wirtschaftliche Lage in fünf Jahren im Vergleich zu heutesein?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -vermutlichbesservermutlichwie heutevermutlichschlechterich weißnichtohneAntwortDeutschland 19 30 35 9 7neue Länder 15 29 39 11 6früheres Bundesgebiet 19 30 34 9 8GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)14176331652151315246235171131730neue Länder273115363824253819früheres Bundesgebiet322826214026333319413691936545432503435726304146323212101310171271315116512997917660435113587-64131093Charakteristisch für die Bewertung der wirtschaftlichen Lage sind auch eine zunehmende wirtschaftlichePerspektivlosigkeit und Verunsicherung. Bezogen auf die vermutlich erwartete künftige wirtschaftlicheSituation "in fünf Jahren" gehen 19 % der Bürger davon aus, dass sich ihre Lage verbessernwird, 30 % erwarten keine Veränderung und 35 % nehmen Verschlechterungen an. Dabei stimmendie Erwartungen in Ost wie West weitgehend überein.Die Annahme auf Verbesserungen wird in Ost wie West vor allem von den jüngeren Bürgern getragen(über 60 Prozent der unter 25-Jährigen und rd. jeder Dritte im Alter zwischen 25 und 39 Jahren).Verschlechterungen nehmen im Besonderen ab 50-jährige Bürger im Osten (über 50 %), aber auch imWesten (40 %) sowie Arbeitslose an (50 % in den neuen Ländern - rd. ein Drittel in den alten Ländern).66


Beachtenswert ist auch der hohe Anteil der Bürger, welcher mit "ich weiß nicht" antwortet, was aufeine relativ hohe Verunsicherung des Einzelnen verweist.Bezogen auf den Vergleich zur wirtschaftlichen Situation des Einzelnen "vor fünf Jahren" stellen 43 %der Bürger fest, dass es ihnen 2005 besser ging als <strong>2010</strong>, zugleich sehen 38 % für sich keine Veränderungen,und nur 18 % konstatieren, dass es ihnen vor 5 Jahren schlechter ging, d.h. inzwischen eineVerbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage eingetreten ist.Im Gegensatz zu den Aussagen auf die künftigen Entwicklungen gibt es hinsichtlich der erfolgtenVeränderungen eine relativ hohe Übereinstimmung:• zwischen Ost und West (Ost 41 % ging es besser/West 43 %),• zwischen Männern und Frauen,• zwischen den einzelnen Altersgruppen (nur die unter 25- Jährigen geben zu fast 50 % an, dass esihnen vorher schlechter ging),• bei der Gruppe der Arbeitslosen, die in Ost wie West zu rd. 60 % eine Verschlechterung ihrerwirtschaftlichen Situation feststellen.Die nachfolgende Abbildung verweist grafisch auf den Zusammenhang zwischen vergangener, gegenwärtigerund angenommener künftiger wirtschaftlicher Lage. Es bilden sich über die Dauer Karrierenheraus, deren soziale Lage sich stabil im unteren, mittleren bzw. oberen Bereich der Bewertungenbefindet.Abbildung 4.7: Bewertung der wirtschaftlichen Situation in fünf bzw. vor fünf Jahren inAbhängigkeit von der Gegenwartsbewertung - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent der gegenwärtigen Bewertung der wirtschaftlichen Lage -100Bewertung <strong>2010</strong>In fünf Jahren wird es mirvermutlich schlechter gehen.Vor fünf Jahren ginges mir besser.80604020813252841365955 5749882334484863647072meine gegenwärtige 0wirtschaftliche Lage ist ...sehr gut gut teil/teils schlecht sehrschlechtsehr gut gut teil/teils schlecht sehrschlechtneue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)67


4. Lebenslagen4.8 Wirtschaftliche Lage im Vergleich zur wirtschaftlichen Lage 1990Beim Vergleich der individuellen wirtschaftlichen Lage zwischen der Gegenwart und 1990 hebenüber 40-jährige Bürger aus den neuen Bundesländern vor allem die erfolgten Verbesserungen hervor,während Bürger aus den alten Ländern vor allem Verschlechterungen sehen.Tabelle 4.8:"Wie bewerten Sie Ihre gegenwärtige individuelle wirtschaftliche Lage imVergleich zur Zeit vor der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (1.7.1990)?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte, welche vor 1971 geboren sind)vielbesserbesser genauso schlechter vielschlechterDeutschland 11 17 23 30 16 4neue Länder 14 27 16 24 15 4früheres Bundesgebiet 10 14 24 31 16 4GeschlechtAlterweiblichmännlich40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)12162013101912101019681272431223029308neue Länder1814121320144früheres Bundesgebiet14141810141682425162131191523242524222240303326412935301813171714113616161619151540ohne Antwort545444-626243-28 % der ab 40-jährigen in Deutschland lebenden Bürger bewerten ihre wirtschaftliche Situation gegenwärtigals viel besser/besser im Vergleich zur Zeit vor der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion,46 % als schlechter/viel schlechter und 23 % sehen sie für sich als unverändert an. Die insgesamtgetroffenen Aussagen werden vor allem von den Bürgern Westdeutschlands beeinflusst. 47 % gebeneine Verschlechterung, 24 % keine Veränderung und nur 24 % eine Verbesserung an - im Gegensatzzum Osten mit 41 % Verbesserung, 39 % Verschlechterung und 16 % ohne Veränderung.Über dem Durchschnitt liegende Aussagen zu Verbesserungen geben vor allem an:• Männer in Ost wie West,• Erwerbstätige,• Fach- und Hochschulabsolventen im Osten,• obere Einkommensgruppen (über 2.000 Euro individuelles Nettoeinkommen).68


Verschlechterungen stellen vor allem fest:• ehemalige Westberliner,• die Altersgruppe 50 bis 60 Jahre in Ost wie West,• Arbeitslose,• Großstädter.Die Unterschiedlichkeit der Bewertung resultiert naturgemäß aus den enormen Angleichungsprozessenin den Jahren 1990 bis 1999 und den in den neuen Bundesländern in dieser Zeit erfolgenden Angleichungender Erwerbseinkommen, der Renten, der Wohnbedingungen und - wenn auch mit deutlichenUnterschieden - den Vermögensverhältnissen. Andererseits erfolgt die "Negativ"bewertung derWestdeutschen offensichtlich vor allem aus dem Gefühl heraus, dass die z.T. reale Einkommensstagnation,die abflachende bzw. durch Nullrunden gekennzeichnete Rentenentwicklung, die gesamte Politikder Sozialreformen mit ihren Lebensstandard senkenden Auswirkungen vorrangig eine Folge derdeutschen Vereinigung seien. Sieht man von den realen Einkommensverlusten der Westberliner ab, sowird übersehen, dass der beabsichtigte Umbau des Sozialstaates bereits vor 1990 in der Diskussionwar.Im Ergebnis der "Systemkonfrontation" zwischen Ost und West in Deutschland führte der "Wettbewerb"bis 1990 zu steigenden Sozialleistungen. Mit der Vereinigung war der Weg zum Abbau undUmbau des Sozialleistungssystems frei - mit deutlichen Einschnitten in die Lebenslagen der Mehrheitder Bürger.Abbildung 4.8: "Wie bewerten Sie Ihre gegenwärtige individuelle wirtschaftliche Lage imVergleich zur Zeit vor der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (1.7.1990)?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Befragte, welche vor 1971 geboren sind)neue Länderfrüheres Bundesgebietbessergenausobessergenauso16242715144viel bessero. Antw.142410431 16viel bessero. Antw.schlechterviel schlechterschlechterviel schlechterDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)69


4. Lebenslagen4.9 BedürfnisbefriedigungWeniger als die Hälfte der Haushalte in Deutschland können mit ihrem erzielten Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommenvorhandene Bedürfnisse befriedigen. In jedem fünften Haushalt ist es "zuknapp". Das gilt im Besonderen für Alleinerziehendenhaushalte in Ost wie West sowie Haushaltemit drei und mehr Kindern.Tabelle 4.9:"Ermöglicht Ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen im Großen und Ganzen dieBefriedigung Ihrer Bedürfnisse?" - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong>(<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent -neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>ja 16 38 36 27 31 42 40mit Einschränkungen 52 42 43 37 36 33 34nein, es ist knapp 28 20 21 36 28 19 21ohne Antwort 4 0 1 1 5 5 5Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)In Deutschland halten 40 % (<strong>2010</strong>) der Bürger ihr Haushaltsnettoeinkommen für ausreichend, umdamit ihre Bedürfnisse befriedigen zu können, für 34 % wird das nur unter bestimmten Einschränkungenermöglicht und für 21 % ist es zu knapp.Dabei liegt der Anteil der Haushalte mit einem ihre Bedürfnisse "befriedigenden" Einkommen imWesten bei 42 % (durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen 3.132 Euro), im Osten bei 31 %(2.759 Euro). Der Anteil der Haushalte, für welche es zu knapp ist, beträgt im Westen 19 % (1.513Euro) und im Osten 28 % (1.183 Euro) (vgl. hierzu auch Abbildung 4.9).Die Daten machen zugleich deutlich, dass die Ansprüche im Osten erkennbar geringer sind und gleichenWertungen im Westen im Durchschnitt ein um ca. 400 Euro höheres Einkommen zugrunde liegt,was der These von den "anspruchsvollen Ostdeutschen" - zumindest aus dieser Sicht - entgegensteht.Überdurchschnittlich positive Wertungen ("Bedürfnisbefriedigung mit Haushaltsnettoeinkommenmöglich") geben ab:• Rentner im Westen (49 % - Ost 33 %),• Hochschulabsolventen Ost und West (58 %/74 %),• Großstädter West (61 %)/Mittel- und Großstädter Ost (37 %),• höhere Einkommensgruppen Ost wie West.Überdurchschnittlich negative Wertungen ("Bedürfnisbefriedigung mit Haushaltsnettoeinkommennicht möglich") treffen:• Arbeitslose Ost (63 %) wie West (56 %),• 25- bis 39-Jährige West (27 %)/40- bis 60-Jährige Ost (36 %),• Bewohner von kleinen Gemeinden Ost (32 %)/mittleren Städten West (23 %).70


Die Abbildung 4.9 zeigt den - keineswegs neuen - Zusammenhang zwischen dem Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen und den damit gegebenen Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung. Erstein Pro-Kopf-Einkommen von über 1.500 Euro ermöglicht es 50 % und mehr dieser Einkommensgruppen,ihre Bedürfnisse zu befriedigen, zwischen 750 Euro und 1.500 Euro ist eine "Bedürfnisbefriedigungmit Einschränkungen" charakteristisch, unter 750 Euro überwiegt die nicht hinreichendeBedürfnisbefriedigung.Vor allem die Familienform und Größe wirken auf die Möglichkeiten, mit dem erzielten Einkommeneine den Bedürfnissen der Familie entsprechende Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.Das betrifft in Deutschland 49 % aller Haushalte ohne Kinder, 44 % der Haushalte mit Kindern, 32 %der Alleinlebenden-Haushalte, jedoch in den Alleinerziehendenhaushalten nur 17 %. In den altenBundesländern können 61 % der Alleinerziehenden keine erforderliche Bedürfnisbefriedigung erreichen,da die zur Verfügung stehenden Einkommen "zu knapp" sind - im Osten sind das 40 % allerAlleinerziehendenhaushalte (möglicherweise aufgrund der höheren Erwerbsquote von Frauen in denneuen Bundesländern von 67 %).Insbesondere auch in Familien mit drei und mehr Kindern erreichen 44 % keine hinreichende Bedürfnisbefriedigung.Abbildung 4.9: "Ermöglicht Ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen im Großen und Ganzen dieBefriedigung Ihrer Bedürfnisse?" - nach Regionen und Haushaltsnettoeinkommensgruppenpro Kopf - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länderfrüheres Bundesgebiet100%2 2 116732020832480%474151443060%71474640%4253783640627320%2336340%4bis 750Euro10750-1000Euro1000-1500Euro1500-2000Euro2000Euround dar.bis 750Euro13 16750-1000Euro1000-1500Euro1500-2000Euro2000Euround dar.ja mit Einschränkungen nein ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)71


4. Lebenslagen4.10 Individuelle EinkommenDie Entwicklung des individuellen Nettoeinkommens hat sich in den neuen Bundesländern zunächstrasch vollzogen, ohne ab Mitte der 90er Jahre weitere wesentliche Angleichungsfortschrittezu erreichen. Zugleich haben Differenzierungen in den Einkommen zugenommen - im Besondereninnerhalb der Erwerbstätigenstrukturen. Der Abstand zu den Einkommensstrukturen im Westen istvor allem in den höheren Segmenten noch deutlich.Tabelle 4.10: Individuelles Nettoeinkommen nach Einkommensgruppen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowieDeutschland insgesamt) - in Prozent - (nur Befragte mit Einkommensangaben)neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>bis 500 Euro 81 30 34 13 12 12 12500 bis 1.000 Euro 18 47 38 34 34 18 221.000 bis 1.500 Euro 1 18 22 31 31 22 231.500 bis 2.000 Euro 3 5 13 12 19 172.000 Euro und darüber 2 2 9 11 29 25Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Die Entwicklungen und Rahmenbedingungen der Arbeitseinkommen waren ein für die friedliche Revolutionkeineswegs gering zu schätzender Faktor. Im Besonderen die in der DDR unzureichendeleistungsabhängige Differenzierung der Arbeitseinkommen zwischen Ungelernten, Facharbeitern undHochschulabsolventen führte zu Benachteiligungen von Werktätigen mit höheren beruflichen Abschlüssen,die zum Teil durch ungleiche ungerechtfertigte Besteuerungen noch erhöht wurden. Entscheidendwar allerdings, dass dem erzielten Arbeitseinkommen kein entsprechendes Warenangebotgegenüberstand, welches eine Realisierung der erarbeiteten Einkommen entsprechend den Bedürfnissender Bürger ermöglichte.Mit der Währungs- und Wirtschaftsunion traten grundlegende Wandlungen auch in den Einkommensbereichenein. Es gab ab 1990 zunächst eine stetige - wenn auch zunehmend geringere - Zunahme desBruttodurchschnittslohnes sowie der Renten.Dabei ist seit Mitte der 90er Jahre jedoch keine weitere grundlegende Angleichung in den Einkommenerzielt worden - im Gegenteil: die Schere in den Bruttolöhnen zwischen Ost und West hat zugenommen.Während die Angleichungsquote bereits 1996 bei 75,0 % und 2000 bei 76,9 % lag - was einerabsoluten Differenz von 501 Euro/Monat entsprach -, lag die Quote 2009 bei 79,6 % und noch immereiner absoluten Differenz von 484 Euro/Monat (vgl. Abbildung 4.10) - mit Auswirkungen auf die entsprechendenErsatzleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit ebenso wie auf die Alterseinkommen.Die Nettolohnentwicklung der abhängig Beschäftigten vollzog sich in Deutschland in den vergangenenJahren im Vergleich zu den Bruttolöhnen verlangsamt, da Sozialbeiträge und Steuern deutlichangehoben wurden. Die Beitragssätze der Arbeitnehmer betrugen 1991 rd. 17,7 % und stiegen bis2009 auf 19,9 %, was die den Bürgern zur Verfügung stehenden Nettoeinkommen schmälerte.72


Wenn auch eine Einkommensentwicklung bei Arbeitnehmern insgesamt zu verzeichnen ist, darf dasnicht darüber hinwegtäuschen, dass in Deutschland 2009 die Einkommen im Vergleich zu 2008 gesunkensind, wie insgesamt zugleich der Anteil von Beschäftigten im Niedriglohnbereich gestiegen ist.Parallel dazu sanken über die Jahre die Leistungen für Arbeitslosigkeit sowie der Anteil der Nettorentenim Verhältnis zum Bruttoeinkommen.Der Vergleich der individuellen Nettoeinkommensentwicklung in den neuen Bundesländern zwischen1990 und <strong>2010</strong> (vgl. Tabelle 4.10) lässt erkennen:• die Überwindung der niedrigen und homogenen Einkommensstrukturen (Erwerbseinkommen undRenten) in der DDR mit einem für heutige Verhältnisse umgerechneten Anteil von 81 % der Bürger,welche unter 500 Euro (netto) erzielten. (So betrug 1988 das Bruttoeinkommen in der DDRfür Produktionsarbeiter 1.100 Mark der DDR und für Fach- und Hochschulabsolventen 1.477Mark. Dabei sind zugleich die geringen Steuern, Sozialabgaben, ein anderes Preisniveau sowieSozialleistungsstrukturen zu berücksichtigen.);• die sich über Jahre langsam verändernden Einkommensstrukturen mit einem Anteil von 12 % derab 18-jährigen Bürger, welche ein Einkommen (netto) unter 500 Euro erreichen (Rentner, Auszubildende,prekäre Arbeitsverhältnisse), mit einem nach wie vor geringen Anteil von Bürgern miteinem Nettoeinkommen von über 2.000 Euro;• die unterschiedlichen Einkommensstrukturen zwischen Ost und West vor allem in den höherenEinkommenssegmenten. So erreichen in Westdeutschland fast 50 % ein Nettoeinkommen mit1.500 und mehr Euro - im Osten sind das 23 %.Abbildung 4.10: Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (Inland)- 1991 bis 2009 - in Euro -30Tausende20025150201510010551,36269,1 72,2 74,5 75 75,4 75,6 76,4 76,9 77 77,1 77,3 77,5 78 78,3 78 78,5 79,65001991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009Brutto/AN/Ost Brutto/AN/West Lohn-Angleichungsquote0Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Reihe 1, Bd. 2, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg,Stuttgart <strong>2010</strong>73


4. Lebenslagen4.11 HaushaltsnettoeinkommenDie Veränderungen der individuellen Nettoeinkommen reflektieren sich auch in der Entwicklungder Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland. Der Angleichungsprozess ist auch bei den Haushaltseinkommenweitgehend zum Erliegen gekommen. Die Anteile in den oberen Einkommenssegmentenliegen in Westdeutschland (63 %) deutlich über dem Osten (38 %).Tabelle 4.11: Haushalts-Nettoeinkommen nach Einkommensgruppen - neue Länder und Berlin-Ost- 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowieDeutschland insgesamt) - in Prozent - (nur Befragte mit Einkommensangaben)neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>bis 500 Euro 20 23 28 15 5 4 4500 bis 1.000 Euro 54 18 15 13 14 9 101.000 bis 1.500 Euro 20 26 20 18 22 12 141.500 bis 2.000 Euro 6 19 21 21 22 12 142.000 Euro und darüber 1 15 16 32 38 63 57Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Weder in den alten noch in den neuen Bundesländern verfügt der einzelne Haushalt ausschließlichüber Erwerbs- bzw. Renteneinkommen, sondern über zusätzliche finanzielle Mittel z.B. aus Sozialtransfersoder Zinsen (soweit Sparguthaben und andere Finanzanlagen vorhanden sind). Neueste Veröffentlichungender offiziellen Statistik 31 (April <strong>2010</strong>) weisen aus, dass das dem einzelnen Einwohnerin Privathaushalten zur Verfügung stehende Einkommen im Jahr 2008 in Deutschland bei 18.974 Eurolag (vgl. Abbildung 4.11). Es betrug in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) 15.483 Euro und inden alten Bundesländern 19.838 Euro, das entspricht einer Angleichungsquote von 78 % bei einerabsoluten Differenz von 4.355 Euro pro Jahr und Einwohner.Damit verbunden sind unbestrittenermaßen folgende Veränderungen:a) Das verfügbare Einkommen ist seit 1991 in Deutschland insgesamt um 6.465 Euro/Jahr gestiegen,d.h. auf 152 % (1991 = 12.509 Euro).b) Der Angleichungsprozess hat sich nach einer Phase der raschen Angleichung bis zum Jahr 2000relativ schnell von 52 % des Westniveaus auf 79 % angenähert, verbunden mit einem deutlichenAnstieg der absoluten Summe des zur Verfügung stehenden Einkommens.c) Seit Beginn des neuen Jahrtausends wurde der Angleichungsprozess weitgehend ausgesetzt undverharrte bei 77/78 %. Die absolute Differenz zwischen alten und neuen Bundesländern hat dadurchin den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen.Nicht zu übersehen ist auch, dass das gegenwärtige Niveau im Osten auf bedeutenden Transferzahlungenberuht, die auf unzureichenden Möglichkeiten einer fehlenden bzw. entsprechend bezahlten Tätigkeitberuhen. Die zu erwartende Vergrößerung der Anzahl der Rentner mit deutlich sinkenden Rentenzahlbeträgenwird diese Prozesse - soweit nicht gegengesteuert wird - noch verstärken.31Statistische Ämter des Bundes und der Länder, VGRL, "Entstehung, Verteilung und Verwendung des Bruttoinlandsproduktsin den Ländern und Ost-West-Großraumregionen Deutschlands 1991 bis 2008", Reihe 1, Band 5, Wiesbaden <strong>2010</strong>.74


Die Veränderungen in der Haushaltsnettoeinkommensstruktur in den neuen Ländern zwischen 1990und <strong>2010</strong> (vgl. Tabelle 4.11) machen deutlich, dass insbesondere nach 2000 in den unteren Einkommenssegmentenein deutlicher Rückgang erfolgte, während gleichzeitig eine anteilige Zunahme in denoberen Segmenten stattfand. Die Unterschiede gerade in den oberen Segmenten zwischen Ost- undWestdeutschland sind relativ groß (38 % Ost/63 % West).<strong>2010</strong> betrug das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland 2.337 Euro, in Westdeutschland2.454 Euro und in Ostdeutschland 1.919 Euro - das sind 82 % des Westens. Unter Einbeziehungunterschiedlicher Haushaltsgrößen erreicht das äquivalenzgewichtete Haushaltsnettoeinkommenpro Familienmitglied 1.484 Euro, im Westen 1.549 Euro und im Osten 1.251 Euro (= 81 %).Die Unterschiede sind nach wie vor besonders deutlich zwischen• Haushalten mit Hochschulabsolventen und Facharbeitern,• Selbstständigenhaushalten und Arbeiter-/Angestelltenhaushalten,• Pensionärshaushalten und Rentnerhaushalten (in Westdeutschland).Hinsichtlich der Ost-West-Strukturen unterscheiden sich beide Regionen - über Einkommensunterschiedein den Erwerbseinkommen und Rentenzahlbeträgen - vor allem aufgrund• der Einkommen aus selbstständiger Arbeit und Beamtenpensionen,• der Einnahmen aus Vermögen,• zu zahlender Einkommens- und Kirchensteuern.Abbildung 4.11: Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner - Deutschland- 1991 bis 2008 - in Euro -Tausend Euro25% Angleichung20020150151001050551,959,37 966,4 69,9 74,2 77,1 77,4 77,7 79,2 79,3 79,0 79,6 79,7 79,5 78,4 78,4 78,3 78,101991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008neue Länder (o. Berlin) alte Länder (o. Berlin) Angleichungsquote0Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, VGRL, "Entstehung, Verteilung und Verwendung des Bruttoinlandsprodukts in den Ländern und Ost-West-Großraumregionen Deutschlands 1991 bis 2008", Reihe 1, Band 5, Wiesbaden <strong>2010</strong>75


4. Lebenslagen4.12 AlterseinkommenDas Alterseinkommen in Deutschland ist - wie Einkommen generell - zwischen Ost und West unterschiedlich.Zwei noch existierende Rentenrechtsgebiete wie unterschiedliche historische Entwicklungen(Beamte, Vermögen, Wohneigentum) sind dafür Ursache. Tendenzen zunehmender Altersarmutsind vorgezeichnet.Tabelle 4.12: Einkommen und Einnahmen privater Haushalte 2007 - Rentner- undPensionärshaushalte - nach Regionen -alte Bundesländer und Berlin-West neue BundesländerundBerlin-OstRentner Pensionäre Senioren Rentner RentnerWestOst-West-RelationRentner Ost zu ...SeniorenWestBruttoeinkommen aus unselbstständigerArbeit117 244 137 (55) 47 40Einnahmen aus Vermögen 386 622 422 143 37 34Einkommen aus öffentlichenTransferzahlungen1.481 3.186 1.745 1.558 105 89dar.: (Brutto) Renten der gesetzlichenRentenversicherung1.291 296 1.137 1.493 116 131(Brutto) Pensionen (30) 2.551 420 / 0 0Kindergeld (5) (13) 6 / 0 0Einkommen aus nichtöffentlichenTransferzahlungen247 289 253 58 23 23dar.: (Brutto) Werks- undBetriebsrenten137 (14) 118 (7) 5 6Unterstützung von privatenHaushalten80 94 82 (35) 44 42Haushaltsbruttoeinkommen 2.237 4.359 2.565 1.819 81 71abz.: Einkommens-, Kirchensteuerund Solidaritätszuschlag20 294 62 / 0 0Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung160 76 147 146 91 99Haushaltsnettoeinkommen 2.057 3.988 2.355 1.670 81 71Datenbasis: Statistisches Bundesamt, Fachserie 15 Reihe 1, Laufende Wirtschaftsrechnungen, Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte 2007, Wiesbaden,September 2009 und darauf basierende EigenberechnungenDas Alterseinkommen bezogen auf das Haushaltsnettoeinkommen in den neuen Bundesländern liegt -wie oben stehende Tabelle anhand offizieller Zahlen belegt - im Vergleich zu Rentnerhaushalten Westbei 81 % (2007). Folgt man dem allgemein in der Politik und vielen Medien üblichen Muster des ausschließlichenVergleichs der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, so erreichen die Ostrentnerhaushalte116 % der Rentnerhaushalte West - dabei bleiben sowohl Betriebsrenten und Pensionenmit ihren keineswegs unbedeutenden Leistungen allerdings unberücksichtigt. Werden diese Leistungeneinbezogen, liegen die Haushaltsnettoeinkommen der Rentner Ost bei 71 % der Westhaushaltevon Senioren (Rentner und Pensionäre).Die empirische Erhebung im Jahr <strong>2010</strong> kommt zu weitgehend vergleichbaren Ergebnissen:• Das individuell bezogene Nettoeinkommen von Senioren betrug danach in Deutschland 1.271Euro - es lag im früheren Bundesgebiet bei 1.381 Euro und in den neuen Ländern bei 1.078 Euro,was 78 % des Westens entsprach, bei einer monatlichen Differenz von rd. 300 Euro - PensionäreWest gaben ein individuelles Nettoeinkommen von 1.957 Euro an.• Das Haushaltsnettoeinkommen lag (<strong>2010</strong>) für Senioren bei 1.771 Euro, im Westen 1.872 Euro undim Osten bei 1.498 Euro - das entspricht 80,0 % oder einer Differenz von 374 Euro - BeamtenhaushalteWest gaben ein Haushaltsnettoeinkommen von 2.575 Euro an.76


• Das Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf (äquivalenzgewichtet) für Senioren betrug in Deutschland(<strong>2010</strong>) 1.300 Euro, im Westen 1.381 Euro und im Osten 1.078, was 78 % der Westhaushalteentspricht.Die Einkommensdebatte für Senioren in den neuen Bundesländern ist seit 1990 geprägt durch• die Anerkennung der Rentenumstellung auf bundesdeutsches Rentenrecht und ein damit verbundenes,zunächst rasch ansteigendes Renteneinkommen - auch aufgrund von "Sonderleistungen" imSinne des Bestandsschutzes (Auffüllbeträge);• die nach wie vor existenten zwei Rechtsgebiete im Rentenrecht, welche auf Grundlage unterschiedlicheraktueller Rentenwerte zur Ungleichbehandlung bei gleichen Lebensarbeitsleistungenführen und im Osten gegenwärtig rd. 89 % des Rentenwertes West sichern;• die einseitigen Debatten über "höhere GRV-Renten" im Osten, welche nicht alle Elemente derAlterssicherung einbeziehen und den Vergleich der Alterseinkommen auf die Rente reduzieren;Zugleich erfolgte ein genereller Paradigmenwechsel in der Alterssicherung bezogen auf Lebensstandardsicherung,die Einführung geförderter "privater" Vorsorge und die Heraufsetzung der Renteneintrittsaltersgrenzen(Wegfall der vorzeitigen Berentung bei Arbeitslosigkeit und für Frauen) in Deutschland,begleitet von zunehmenden staatlichen Eingriffen in das Rentensystem (Nullrunden, Nachholfaktor,Rentensicherung).Mit der Einführung von Rentenabschlägen bei vorzeitigem Renteneintritt werden zunehmend die Rentender Neuzugänge abgesenkt. Im Jahr 2009 betraf das 55 % aller Rentenzugänge mit einem durchschnittlichenAbschlag von rd. 102 Euro Abschlag pro Monat für die gesamte Rentenlaufzeit - dasbetraf 51 % der Männer West und 52 % der Frauen West sowie 66 % der Männer Ost und 82 % derFrauen Ost.Die Unterschiede zwischen Ost und West werden gerade im Alter auch deutlich beim Wohnungseigentumund Geldvermögen (vgl. Abbildung 4.12).Nach wie vor existieren zwei Rentenrechtsgebiete mit ungerechtfertigter Ungleichbehandlung gleicherLebensarbeitsleistung.Die eingeleiteten Entwicklungen verstärken Tendenzen der Altersarmut in bisher nicht gekanntenGrößenordnungen besonders im Osten, aber auch im Westen.Abbildung 4.12: Durchschnittliches Geldvermögen nach Altersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong>- in 1000 Euro je Haushalt -Tausend Euro7062,46053,2504029,938,130<strong>2010</strong>,718,717,720,523,713,2100neue Länderfrüheres Bundesgebietbis 40 Jahre 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60-69 Jahre 70 Jahre und älterDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)77


4. Lebenslagen4.13 ArmutsstrukturenZunehmende Armut ist/wird eine der grundlegenden Entwicklungstendenzen des sozialen Wandelsin Deutschland. <strong>2010</strong> lebten 18 % der ab 18-jährigen Bürger unterhalb der Armutsrisikoschwelle.Das waren in Ostdeutschland 24 % und in Westdeutschland 16 %. Alleinerziehende, Arbeitsloseund Familien mit mehreren Kindern sind das am meisten betroffene Potenzial.Tabelle 4.13: Armuts-/Reichtumsprofile - <strong>2010</strong> - in Prozent - (ab 18. Lebensjahr)(Median Deutschland =1.330 Euro)bis 40 %Medianbis 532 EurostrengeArmut40 bis 60 %533 - 798EuroArmutsrisikoschwelle60 bis 80 %799 - 1.064Eurountere Einkommen80 bis 120 %1.065 - 1.596EuromittlereEinkommen120 bis 200 %1.597-2.660Eurohöhere Einkommen200 % u.dar.über2.660 EuroDeutschland 8 10 15 33 27 8neue Bundesländer 9 15 19 38 15 4früheres Bundesgebiet 8 8 14 31 31 9Alter18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMfamiliärer StatusAlterFam. mit Kind/ernFam. ohne Kind/eralleinerziehendalleinlebend18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMfamiliärer StatusFam. mit Kind/ernFam. ohne Kind/eralleinerziehendalleinlebendDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)10125136240561511342667435112713241116161393214924191457136614133126neue Länder161714162617916211520früheres Bundesgebiet1210171118827169141640354028454117414330343641272430311438282630919202092501915151443635313038929441925hohe Einkommen-65727156-2-79149131414310Armut wird in Deutschland in immer stärkerem Maße zu einem sozialen Problem. Armut von "Kindernin Familien", "Armut trotz Arbeit", "Altersarmut" sind inzwischen in Medien und Politik täglichpräsent und werden mit ständig neuen Zahlen belegt. Armut ist in Ost wie West in der Tendenz steigendund wird mit unterschiedlichen "regionalen" Parametern hoch- oder runtergerechnet.78


In Übereinstimmung mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen 32 ist davon auszugehen, dass eine"regionale" Armutsermittlung - bezogen auf einen "regionalen Median" - immer unrealistischer wirdund dem Grundsatz der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse widerspricht.Auf Grundlage des Gesamtdeutschen Medians ergibt sich:a) In Deutschland leben <strong>2010</strong> rd. 18 % der ab 18-jährigen Bürger im Bereich des Armutsrisikos(60 % des Median-Haushaltsnetto/pro Kopf - 798 Euro und darunter) - das sind in Ostdeutschland(inkl. Berlin-Ost) 24 % und in Westdeutschland (inkl. Berlin-West) 16 %.b) In Armut im "strengen" Sinne leben (40 % des Median - 532 Euro) zum gleichen Zeitpunkt inDeutschland 8 % (Ost = 9 %/West = 8 %).c) Besondere Betroffenheit liegt nach wie vor (<strong>2010</strong>) bei:• Arbeitslosen (61 % - Ostdeutschland 72 %/Westdeutschland 49 %),• Alleinerziehenden (39 % - Ostdeutschland 38 %/ Westdeutschland 39 %),• Familien mit drei und mehr wirtschaftlich unselbstständigen Kindern (35 % - Ostdeutschland38 %/Westdeutschland 35 %).In Armut lebende Familien verfügen über kleinere Wohnungen (65 bis 75 % des Durchschnitts) undleben überwiegend in Mietwohnungen mit einem deutlich unter dem Durchschnitt befindlichen Eigentumsanteil(i.d.R. in ländlichen Gebieten). Armut ist im Besonderen mit geringer allgemeiner undberuflicher Bildung und davon abhängigen Erwerbsmöglichkeiten verbunden.Bezogen auf die jeweiligen regionalen Einkommenswerte verschieben sich die Armutsquotienten zuUngunsten des Ostens aufgrund generell geringerer Einkommen (geringere Anteile) und steigen zuGunsten der alten Bundesländer. Liegen die Werte Ost im Bereich der Armutsgefährdung mit 680Euro im Osten dann "nur" bei 17 %, so erreichen sie mit 824 Euro im Westen 18 %.Abbildung 4.13: Wohnungsgröße in Abhängigkeit von Einkommensprofilen - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Quadratmetern -160 neue Länder(inkl. Berlin-Ost)140früheres Bundesgebiet(inkl. Berlin-West)1<strong>2010</strong>080139139604063 66 698096768897 95110200strenge ArmutArmutsrisikoschwelleunteres Einkommenmittleres Einkommenhöheres Einkommenhohes Einkommenstrenge ArmutArmutsrisikoschwelleunteres Einkommenmittleres Einkommenhöheres Einkommenhohes EinkommenDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)32Vgl. Hauser, Richard: Die Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland in den letzten Dekaden,in: Reichtum und Vermögen (Hrsg.: Druyen/Lauterbach/Grundmann), VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden2009, S. 59.79


4. Lebenslagen4.14 WohnverhältnisseRd. 80 % der Deutschen sind mit ihren Wohnverhältnissen/Wohnbedingungen zufrieden, nur 4 %der Bürger sind unzufrieden. Das gilt inzwischen für Ost wie West. Wohnen ist der Lebensbereich,der in den neuen Ländern den größten "Zugewinn" erreicht hat, nicht zuletzt aufgrund der qualitativenFortschritte in der Wohnsubstanz und im Wohnkomfort.Tabelle 4.14: "Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Wohnung?" - neue Länder und Berlin-Ost- 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-Westsowie Deutschland insgesamt) - in Prozent -neue Länder und Berlin-Ost1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>sehr zufrieden 17 20 24 26 26 32 31zufrieden 46 54 58 52 54 51 52teilweise zufrieden 16 18 14 14 14 10 11unzufrieden 7 6 3 3 4 3 3sehr unzufrieden 9 2 1 1 1 1 1ohne Antwort/trifft nicht zu 5 1 1 4 2 3 2Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)früheresBundesgebietDeutschlandDie Vorstellungen zu Veränderungen im Wohnen in den Jahren vor 1990 und der Phase der Vereinigungzielten vor allem auf mehr Wohnkomfort - im Sinne moderner Heizsysteme und Sanitärbereiche,aber auch der Telekommunikation -, auf ansehnlichere Wohngebiete mit einer dem Bedarf entsprechendenInfrastruktur und die Möglichkeiten freier Wahl des Wohnortes, der Wohnungsgröße und dergewünschten Eigentumsform. Nach 1990 drängten insbesondere noch nicht im Renten- bzw. Vorrentenalterstehende Altersgruppen aus den Städten ins Umland. 33 Der Drang auf ein Leben im Grünen,auf kleinere Wohnformen und auf "Eigentum" entvölkerte zum Teil die Städte und schuf neue Siedlungenim städtischen Umfeld.Bereits 10 Jahre nach der Vereinigung war im Wesentlichen eine durchgängig moderne Wohnungsausstattungerreicht. Bereits 2001 verfügten anstelle von 58 % der Wohnungen (1990) 95 % überWarmwasser, 98 % besaßen ein IWC sowie Bad/Dusche, 97 % hatten ein modernes Heizsystem und92 % einen Telefonanschluss (1988 = 17 %). Viele der erreichten Veränderungen erscheinen aus derSicht von heute inzwischen schon als selbstverständlich, werden aber nach wie vor zu den positivstenVeränderungen seit 1990 gezählt und in der Wohnzufriedenheit reflektiert und anerkannt.Generell gilt für Bürger in den neuen Bundesländern, dass sich die Wohnzufriedenheit seit 1990 deutlicherhöht hat. Nach anfänglich sozialen Verunsicherungen - nicht zuletzt durch Mietentwicklungen,die zum Teil ohne Veränderung der qualitativen Standards erfolgten - hat sich seit Beginn des Jahrtausendsdoch eine stabile Wohnzufriedenheit mit insgesamt äußerst geringer Unzufriedenheit herausgebildet.Der Anteil der Unzufriedenen liegt bei 4 % bis 5 %, was einen ausgesprochen niedrigen Wertdarstellt.Differenzierungen liegen für alle Altersgruppen (<strong>2010</strong>) vor allem zwischen Wohnungseigentümern(Zufriedenheit West = 92 %/Ost = 89 %) und privaten Mietwohnungen (75 % im Westen und im Osten).33Vgl. Hinrichs, Wilhelm: Die Ostdeutschen in Bewegung, in: Handeln im Wandel (Hrsg.: W. Hinrichs/E. Priller), editionsigma, Berlin 2001, S. 275 ff.80


Insgesamt ist festzustellen, dass in den neuen Ländern Wohnräume und Wohnfläche in den vergangenenJahren deutlich zugenommen haben, der Abstand zu Westdeutschland hat sich bezogen auf deneinzelnen Einwohner verringert. Die durchschnittliche Wohnfläche der Haushalte der Bürger liegt inOstdeutschland - bezogen auf ab 18-jährige Bürger (<strong>2010</strong>) bei 79 m², in Westdeutschland bei 101 m 2 .Wurde zu DDR-Zeiten in der Regel der Wohnraum als zu klein empfunden - vor allem mit steigenderFamiliengröße -, so ist inzwischen die Finanzierbarkeit des Wohnens zum entscheidenden Kriteriumgeworden.Der Neubau im Osten vollzog sich im Wesentlichen 34 über den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusernund Errichtung von Mehrfamilienhäusern im Umland der großen Städte. Die Bebauung erfolgtemehrheitlich in Form sogenannter "Wohnparks" und "Gartenstädte" auf der grünen Wiese. Dies warteilweise mit einer Zersiedelung und enger Bebauung des Umlandes der großen Städte, einer großflächigenVersiegelung des Bodens und anderen ökologischen Nachteilen verbunden.Die Chancen auf den Erwerb von Wohneigentum, auf etwas "Eigenes" nutzten nach 1990 nicht wenigeBürger, insbesondere jene, die noch nicht im Rentenalter standen und durch die Annahme gesicherterEinkommensverhältnisse kreditwürdig waren.Der Anteil der Haushalte, die über Haus- und Grundbesitz verfügen, betrug lt. offizieller Statistik inDeutschland 49 % (2003) 35 - das waren in Ostdeutschland 39 %, in Westdeutschland 51 %. In denneuen Bundesländern wohnten 2003 rd. 26 % der Bürger in Einfamilienhäusern (Westdeutschland =34 %), 8 % in Zweifamilienhäusern (Westdeutschland = 15 %), 65 % in Wohngebäuden mit mehr alsdrei Wohnungen (Westdeutschland = 49 %) und jeweils 2 % in sonstigen Gebäuden (z.B. in Schulen,Betrieben, Hotels usw.).Abbildung 4.14: Wohnfläche je Einwohner nach Regionen - 31.12.2007 - in Quadratmeter -!!unter 36 m 236-40 m 240-44 m 244 m 2 u. darüberQuelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 3, Bautätigkeit und Wohnen, Wiesbaden 20083435Vgl. hierzu auch: Hinrichs, Wilhelm: Entwicklung der Wohnverhältnisse in Ostdeutschland 1990-1998, in: <strong>Sozialreport</strong>1999: Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern (hrsg. vom Sozialwissenschaftlichen ForschungszentrumBerlin-Brandenburg e.V. durch G. Winkler), Berlin 1999, S. 237 ff.Statistisches Bundesamt, Fachserie 15, Sonderheft 1, Wirtschaftsrechnungen, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe -Haus- und Grundbesitz sowie Wohnsituation privater Haushalte - 2003, Wiesbaden 2004.81


4. Lebenslagen4.15 MietverhältnisseModernisierung und Neubau waren in den neuen Ländern zugleich mit bedeutenden Preis- undTarifentwicklungen verbunden - bei gleichzeitigem Wegfall von Sozialsubventionen. Der Anteil derMietbelastung stieg von 4 % des Einkommens auf 28 %.Tabelle 4.15: Mietentwicklungen - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Mieterhaushalteinkl. Genossenschaftswohnungen)unter 25Euro25-50Euro50-150Euro150-250Euro250-350Euro350-500Euro1990 60 34 6 - - - -1991 29 56 15 1 - - -1993 1 1 24 40 28 5 11997 - - 9 23 32 28 82000 - - 5 18 29 32 162002 - - 1 12 23 42 212004 - - 1 8 19 38 352006 - - 1 6 20 40 332008 - - 1 9 20 35 33<strong>2010</strong> - - 1 4 21 35 39<strong>2010</strong> - früheresBundesgebietDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)500 Eurou. dar.- - 3 4 9 20 65Die hohe Zufriedenheit mit den verbesserten Wohnbedingungen erfolgte nicht unabhängig vom wachsendenAnteil der Mieten am Haushaltsnettoeinkommen. Insgesamt stiegen die Mieten seit 1990 vorallem im Zeitraum ab 1991 verbunden mit Sanierungen und Renovierungen sowie Umzug in Wohnhäusermit besserem Komfort und besserer Lage deutlich an.In Ostdeutschland lag der Anteil der Mieten 36 bei den entsprechenden Mieterhaushalten im Jahre 1990bei 3 % bzw. 1991 bei 4 %, stieg bis 1993 auf 17 %, erreichte um die Jahrtausendwende 26 % undliegt in den letzten Jahren bei rd. 28/29 % des Haushaltsnettoeinkommens. Es erfolgte damit eine rascheAngleichung an die Mietbelastung westdeutscher Haushalte mit 31 %.Wohnen und Wohnqualität sind in einem bis 1990 nicht bekannten Maße von Mieten, Betriebskostenund Finanzierungsbedingungen bei Eigentum abhängig und damit vom individuellen bzw. familiärenEinkommen. Von einer Miete pro Quadratmeter (inkl. Betriebskosten) von rd. 0,50 Mark der DDR(Ende 1989) auf bis zu 10 Euro und darüber haben sich die Wohnkosten in den vergangenen Jahrenentwickelt. Während Mieten und Betriebskosten bei kommunalem und genossenschaftlichem Eigentumim Prinzip gleich verlaufend sind, haben sich für Mieter in privatem Eigentum die Mieten deutlichererhöht.So betrugen die Mieten der befragten Bürger im Jahr <strong>2010</strong> in Ostdeutschland (inkl. Berlin-Ost) beiprivaten Vermietern im Durchschnitt 506 Euro (West = 614 Euro), bei kommunalen Vermietern 401Euro (West = 653 Euro) und in Genossenschaften 370 Euro (West 544 Euro). Der Abstand der Mietebzw. Belastung bei Eigentum wird in den neuen Bundesländern mit 490 Euro und in den alten Bundesländernmit 883 Euro angegeben - die Differenz entspricht nicht vorrangig günstigeren Tarifen,36Datenbasis sfz/leben 1990 bis <strong>2010</strong> (gew.).82


sondern resultiert auch aus anteilig geringeren Belastungen bei Wohneigentum aufgrund des Entstehungszeitpunktes.Aufgrund der 2005 wirksam gewordenen Änderung des Sozialrechts wurde in Deutschland der Anteilder Wohngeld empfangenden Haushalte deutlich reduziert. 3,6 % der Haushalte in den neuen Ländernerhielten Ende 2009 - vor allem aufgrund nicht hinreichender eigener Einkommen - Wohngeld. Dasbetraf rd. 240.000 Familien in den neuen Ländern (ohne Berlin) und 340.000 Haushalte in den altenLändern (1,5 %) (Berlin = 30.000 - 1,3 %). Während im Osten die Anzahl der Wohngeld empfangendenHaushalte steigende Tendenz hat, ist die Zahl im Westen sinkend. 37 Im Durchschnitt wurden inden neuen Ländern 14 Euro pro Einwohner für die Wohngeld empfangenden Haushalte ausgegeben,im Westen 8 Euro/Einwohner.Obwohl Deutschland zu den reichsten Ländern der Welt gehört, ist die existente Wohnungslosigkeitkeineswegs unbedeutend. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. gibt - aufgrunddes Fehlens einer bundeseinheitlichen Statistik - die Anzahl der Wohnungslosen für 2008 mit 227.000an, darunter 27.000 Ostdeutsche und 4.000 Ausländer 38 . Der relativ geringe Anteil im Osten ist auchdem hohen Wohnungsleerstand geschuldet. Die Zahl der von Wohnungslosigkeit Bedrohten wird mit103.000 angegeben.Abbildung 4.15: Mietbelastung von Mieterhaushalten - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> -(Privat - Kommunen - Genossenschaften)Euro2000Prozent1001500806010004050003,1 4,13 ,1 4 ,11 3 ,916,8 17,5 19,5 21,7 23,7 25,8 26,6 26,3 26,5 25,213,92 929,0 28,0 2 828,2 28,7 28,7 28,9 28,3 27,51990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Miete (Euro) Hh-Netto (Euro) Mietbelastung (%)200Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)3738Vorliegende Ergebnisse einer Anfrage der Fraktion DIE LINKE durch den parlamentarischen Staatssekretär Jan Mücke(FDP).Siehe hierzu. www.bag-wohnungslosenhilfe.de83


4. Lebenslagen4.16 Sozialer StatusHinsichtlich des - an den Erwerbsstatus gebundenen - sozialen Status hat sich eine zunehmendeAngleichung der Strukturen zwischen Ost und West ergeben. Erwerbsstrukturen reflektieren denWeg zur Dienstleistungsgesellschaft auch im Osten. Grundlegendster Einschnitt war die Herausbildungeiner dauerhaften Arbeitslosigkeit.Tabelle 4.16: Entwicklung des sozialen Status von Erwerbstätigen - neue Länder und Berlin-Ost- 1991 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowieDeutschland insgesamt) - in Prozent -Anteil Erwerbstätige anBevölkerung*neue Länder und Berlin-Ost1991 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>46 43 42 42 44 a) 50 a) 49 a)sozialer Status** 100 100 100 100 100 100 100Arbeiter 41 37 36 27 29 20 22Angestelltedar. BeamtefrüheresBundesgebietDeutschlandSelbstständige/Freischaffende/mithelfendeFamilienangehörige50-4925046155 11 12 10 11 11 11in der Landwirtschaft Tätige 4 2 1 1 1 1 1a) 2009* Datenbasis Stat. BA, Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung in den Ländern und Ost-West-Großraumregionen Deutschlands 1991 bis 2009, Reihe 1,Band 1, Wiesbaden <strong>2010</strong>** Datenbasis: SFZ/leben 1991-<strong>2010</strong> (gew.)585678668Die mit der Vereinigung verbundene Neugestaltung der Wirtschafts- und Eigentumsstrukturen hat zugravierenden Veränderungen in den Erwerbs-/Nichterwerbsstrukturen im Osten Deutschlands und zueiner Angleichung an (alt-)bundesdeutsche Strukturen geführt.Kennzeichnend dafür sind:• Rückgang der Erwerbstätigkeit durch vorzeitige Berentung in den ersten Jahren nach der Vereinigung(Altersübergang ab 55. Lebensjahr), eine rasch ansteigende Arbeitslosigkeit und "Parken"von Arbeitslosen in "arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen", steigende Anteile an Studierenden undin Ausbildung bzw. Umschulung Befindlichen, Anstieg der Nichterwerbstätigen (Rentner, Hausfrauen/-männertrotz Rückgang Kinder/Jugendlicher). Im Ost-West-Vergleich ist eine weitgehendeAngleichung des Anteils der ab 18-jährigen Bürger erreicht, allerdings bei unterschiedlichenStrukturen der "Nichterwerbstätigkeit". Während in den neuen Bundesländern ein höherer Anteilsich aufgrund der Arbeitsmarktstrukturen und Altersstrukturen bereits in der Rente (tendenziellzunehmend auch Pensionäre) befindet, überwiegt in den alten Bundesländern der Anteil von vorallem Frauen, die im Haushalt "tätig" sind (vgl. Abbildung 4.16).• Rückgang des Anteils an Arbeitern, Anstieg der Angestellten und Herausbildung einer neuen, dieSozialstruktur prägenden Angestellten-/Beamtenschicht sowie Ausweitung des Anteils an Selbstständigen(oft Soloselbstständige) und Freiberuflichen, Rückgang der in der Landwirtschaft Beschäftigtenvon 7 % (1991) auf 3 % (neue Bundesländer ohne Berlin). Zugleich sank der Anteilder im produzierenden Gewerbe Beschäftigten von 40 % (1991) auf 25 % (2009) zugunsten der inDienstleistungsbereichen Tätigen von 53 % auf 72 %. Damit wurde eine vergleichbare Struktur zu84


Westdeutschland (ohne Berlin) mit 2 % in der Land-, Forst- und Fischerei Beschäftigten, 25 % improduzierenden Gewerbe und 71 % in Dienstleistungsbereichen erreicht.• Parallel dazu sank der Anteil der Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern von 76 % (1991) auf69 % (2009).• Die gravierendste Entwicklung war jedoch der Anstieg der Arbeitslosigkeit und einer vorzeitigenBerentung. 2009 gingen in Deutschland fast 500.000 "Neurentner" (55 %) mit Abschlägen vorzeitigin Rente, was eine Einkommensminderung von rd. 102 Euro/Monat ausmachte. Das waren inden neuen Bundesländern 74 % mit 101 Euro/Monat und in den alten Bundesländern 52 % mit103 Euro.Abbildung 4.16: Sozialer Status - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(Bevölkerung ab 18. Lebensjahr)Schül./Stud./Azubi9neue Länder3115SonstigeSonstigeSelbst./Freisch/Selbst./Freisch./mith.Fam.angeh.m.FamBeamteRentner/Pensionäre2947Erwerbstätige53Angestellte9629ArbeiterapM/Arb.-loseSonstigefrüheres BundesgebietSchül./Stud./Azubi113118SonstigeSonstigeSelbst./Freisch/Selbst./Freisch./mith.Fam.angeh.m.FamBeamteRentner/Pensionäre2547Erwerbstätige59AngestellteapM/Arb.-lose511Sonstige20ArbeiterDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)85


4. Lebenslagen4.17 ErwerbsarbeitBeschäftigung nimmt in Deutschland gegensätzliche Verläufe zwischen Ost und West. Zugleichstehen sich unterschiedliche Erwerbsmuster - insbesondere in Familien mit Kindern - gegenüber.Atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse steigen kontinuierlich in Ost wie West.Tabelle 4.17: Erwerbstätigenstruktur nach Regionen (Ostdeutschland ab 2005 = neue Bundesländerund Berlin)*- 1992 bis 2009 -ErwerbstätigeAnzahlsv-pflichtigBeschäftigteausschließl. geringfügigBeschäftigtedarunterBeamte(inkl. Soldaten)in Prozent zu ErwerbstätigenWestdeutschlandSelbstst./mithelfendeFamilienang.1992 30.486 73,8 - 8,0 10,01995 29.919 72,7 - 7,5 10,52000 31.561 69,8 11,2 6,4 10,22005 31.695 66,9 12,9 5,8 11,12009 32.847 67,4 12,9 5,3** 10,8Ostdeutschland1992 7.591 88,0 - 1,4 6,81995 7.682 82,7 - 2,4 8,12000 7.483 75,2 6,9 3,8 9,42005 7.151 69,5 9,1 5,1 11,72009 7.418 70,3 9,2 4,6** 11,6* Differenz zu 100 = Sonstige ** 2008Quelle: Arbeitsmarkt 2009, Arbeitsmarkt in Zeitreihen, Nürnberg <strong>2010</strong>, S. 70Die Anzahl der Erwerbstätigen hat seit 1989/1990 in Deutschland unterschiedliche Entwicklungstendenzen,sanken sie im Osten von über 9 Millionen auf knapp 7,5 Mill., so stiegen sie im gleichen Zeitraumin den alten Bundesländern von rd. 26 Mill. auf rd. 33 Mill. Es ging den Bürgern der neuen Länder1990 und danach vor allem darum, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können, die es dem Einzelnenund seiner Familie ermöglicht, ein auf eigener Leistung erzieltes Einkommen zu realisieren undmit der eigenen Arbeit ein soziales Sicherungssystem zu stützen, das entsprechend dem Generationenvertrag,der Solidarität und auf paritätischer Grundlage soziale Sicherungen bei Krankheit und Arbeitslosigkeitsowie im Alter gewährleistet. Die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre hat einer keineswegsunbedeutenden Zahl von Bürgern gewünschte Veränderungen gebracht, jedoch für eine ebenfallsnicht unbedeutende Anzahl zu nicht befriedigenden Entwicklungen in Beschäftigung und Einkommengeführt.Charakteristisch ist:Erstens: Erwerbsarbeit in Deutschland ist nach wie vor durch unterschiedliches Erwerbsverhalten inOst und West aufgrund unterschiedlicher Wertvorstellungen und Leitbilder insbesondere zur Rolle derFrau in Beruf und Familie, aber auch jahrzehntelange Ungleichheiten in den Bedingungen der sozialenInfrastruktur geprägt, die allerdings langsam zu Ungunsten des Ostens angeglichen werden.Zweitens: In den vergangenen 20 Jahren erfolgte zunächst eine weitgehende Angleichung der Erwerbsstrukturenan die Branchenstruktur - verbunden mit einer Phase der Deindustrialisierung im Osten,die im Wesentlichen abgeschlossen ist. Damit verbunden erfolgt eine Angleichung der Erwerbstätigenstrukturen(vgl. Tabelle 4.17) in Bezug auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Beamtesowie bei Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen. Bei einem deutlichen Rückgang beiden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entwickelten sich die Anteile von Beamten und Selbst-86


ständigen/mithelfenden Familienangehörigen (allerdings nicht zuletzt durch einen hohen Anteil von"Ich-AG’s" und "Solo-Selbstständigen").Drittens: Es erfolgte ein enormer Anstieg von atypischen Beschäftigungsverhältnissen, deren Anteilinzwischen fast 25 % erreicht hat - analog stiegen die sog. prekären Arbeitsverhältnisse. Immer mehrErwerbstätige können von ihrem Erwerbseinkommen nicht mehr leben, so dass diese durch Sozialleistungen"aufgestockt" werden müssen.In den letzten Jahren ist einerseits eine deutlich stärkere Erwerbsbeteiligung von Eltern mit Kindern -insbesondere Müttern mit Kindern in Westdeutschland - unübersehbar - so stieg deren Erwerbstätigenquotezwischen 1996 und 2008 von 50 auf 58 %. Andererseits sank im Osten (neue Länder undBerlin) diese im gleichen Zeitraum von 70 auf 61 %. Ein realer "Angleichungsprozess", der jedochnicht den Interessen vieler Mütter (und Väter) in den ostdeutschen Bundesländern entspricht. Währendauf der einen Seite sich in den alten Bundesländern langsam eine veränderte Haltung zur Vereinbarkeitvon Erwerbsarbeit und familiären Pflichten durchzusetzen beginnt - obwohl das traditionelle Rollenverhaltentrotzdem vorherrschend bleibt - reflektieren die Veränderungen im Osten Entwicklungen aufdem Arbeitsmarkt Ost (Zunahme befristeter, gering bezahlter, prekärer Arbeitsverhältnisse insgesamt)sowie ein sich ebenfalls langsames Anpassen von Frauen an das traditionelle "westliche Leitbild".Damit verbunden ist in den alten Bundesländern Teilzeitarbeit unter Müttern stärker verbreitet alsunter Vätern. Insgesamt arbeiteten in Deutschland im Jahr 2008 rd. drei Viertel (73 %) der erwerbstätigenMütter im Alter von 15 bis 64 Jahren auf Teilzeitbasis. Allerdings auch hier mit deutlich unterschiedlichenRelationen zwischen Ost und West. Während in den alten Bundesländern 76 % der Mütterin Teilzeit arbeiteten, waren dies im Osten nur 46 %. Dabei ist zu beachten, dass Teilzeit von Frauenim Osten in hohem Maße auf dem "Fehlen von Vollzeitarbeitsplätzen" beruht (38 %), während imWesten es vorrangig auf "familiären Verpflichtungen" (89 %) beruht. 39 Unterschiedliche Positionenwirken konzentriert auf die Erwerbsquote von Frauen mit Kindern unter drei Jahren, von denen imWesten 28 % erwerbstätig sind - davon 78 % in Teilzeit - und im Osten 33 %, davon 52 % in Teilzeit.Auch in Partnerhaushalten sind die unterschiedlichen "Erwerbsmuster" und Arbeitsmarktverhältnisseunverkennbar. Während (<strong>2010</strong>) im Osten in 57 % und im Westen in 58 % der Haushalte beide Partnererwerbstätig waren, betrug der Anteil mit doppelter Arbeitslosigkeit im Osten 5 % (im Westen 1 %).Unterschiedlich vor allem das "Leitmodell" eines erwerbstätigen und eines nicht erwerbstätigen Partners,dem im Osten 21 % (vorrangig vorzeitige bzw. normale Berentung), im Westen 31 % (vorrangigNichterwerbstätigkeit von Frauen) zuzuordnen sind.Abbildung 4.17: Erwerbsstrukturen in Partnerhaushalten nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -neue Länderbeideerwerbstätigfrüheres Bundesgebietbeideerwerbstätig57582Sonstige2Sonstige1552191 31ein Partnerarbeitslosbeidearbeitslosein Partnernicht erw.ein Partnerarbeitslos beidearbeitslosein Partnernicht erw.Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)39Rengers, Martina: Unterbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung im Jahr 2008, Statistisches Bundesamt, Wirtschaft undStatistik 9/2009, S. 894; vgl. auch: Rübenach, Stefan: Alles beim Alten: Mütter stellen Erwerbstätigkeit hintenan,STATMagazin vom 4. März <strong>2010</strong>.87


4. Lebenslagen4.18 ArbeitslosigkeitDer gespaltene Arbeitsmarkt - mit einer doppelt hohen Arbeitslosigkeit im Osten - spaltet Deutschlandnachhaltig bis zur künftigen Alterssicherung. In Deutschland verfügen 47 % aller 18- bis 65-Jährigen über eigene Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit, darunter im Osten mit 62 %. Rd. ein Drittelder Erwerbstätigen lebt in sozialer Verunsicherung aufgrund empfundener Arbeitsplatzbedrohung.Tabelle 4.18: "Befürchten Sie in der nächsten Zeit arbeitslos zu werden?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Erwerbstätige)ja vielleicht nein betrifft michnichtohne AntwortDeutschland 7 29 54 7 3neue Länder 7 31 55 4 3früheres Bundesgebiet 6 29 54 8 3GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 29 Jahre30 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 JahreGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 29 Jahre30 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 JahreDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)77396839968neue Länder273442263330früheres Bundesgebiet2334371942245753526055535950525348604533361246142751334335511Nichts spaltet Deutschland so wie der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit hat sich - insbesondere inden neuen Bundesländern - auf doppelt hohem Niveau, im Vergleich zu den alten Ländern, stabilisiertund die Werte von 1990/1992 wieder erreicht. Die Trennung in zwei unterschiedliche Arbeitsmärkteist geblieben. Die Arbeitslosenquote - bezogen auf abhängige Zivilpersonen - betrug 2009 in Deutschland9,1 %, in Westdeutschland 7,8 % und in Ostdeutschland 14,5 %. Das führt nicht nur zu Unterschiedlichkeitenin Bezug auf gegenwärtige Lebenslagen (Einkommen bis soziale Kommunikation)der Betroffenen und ihrer Familienangehörigen, sondern auch zu Langzeitwirkungen in Bezug aufVermögensentwicklungen und Alterssicherung.Die Arbeitsmarktsituation wird in den neuen wie alten Bundesländern über die Arbeitslosigkeit hinausdurch ein hohes Maß an Unterbeschäftigung bzw. nicht erwünschter Nicht-Beschäftigung geprägt,welche die Arbeitslosigkeit um rd. 50 % erhöht. Hinzu kommen vorzeitige Berentungen, Abwanderungenwegen fehlender Arbeits- und Ausbildungsplätze im Osten sowie Ost-West-Pendler (rd.300.000).Trotz leichten Beschäftigungsaufschwungs sind vor allem die Bedrohlichkeit und Verunsicherungderer, die noch im Arbeitsprozess stehen, geblieben.88


Rd. ein Drittel aller im Erwerbsleben stehenden Bürger geht davon aus, dass sie in der nächsten Zeitarbeitslos werden - 7 % sind sich dessen relativ sicher, 29 % geben "vielleicht" an. Im Gegensatz zurUnterschiedlichkeit der realen Arbeitslosigkeit wird von dem verbleibenden Teil eine zwischen Ostund West gleiche "Bedrohung" empfunden.Unterschiede betreffen• Frauen und Männer - Frauen fühlen sich weniger von Arbeitslosigkeit bedroht,• einzelne Altersgruppen - insbesondere unter-30-Jährige und 40- bis 50-Jährige,• untere Einkommensgruppen im Vergleich zu höheren Einkommen.In Deutschland verfügen 47 % aller 18- bis 65-Jährigen (<strong>2010</strong>) über eigene Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit- wenn auch mit unterschiedlicher Dauer. Während das im früheren Bundesgebiet 43 % sind,betrifft das in den neuen Ländern in den letzten zwanzig Jahren bereits 62 %. Dabei waren insgesamtseit 1990 bzw. seit Berufseintritt Männer in den neuen Ländern in gleichem Maße wie Frauen betroffen- das gilt analog, wenn auch auf geringerem Niveau, für die alten Länder. Der Anteil der Frauenmit eigener Erfahrung von über 2 Jahren Arbeitslosigkeit liegt im Osten bei 20 Prozent aller 18- bis65-jährigen Frauen (Männer 17 %) - im Gegensatz zu 7 % der Frauen im früheren Bundesgebiet.Nach wie vor muss aber auch hervorgehoben werden, dass es - inzwischen auch in den neuen Bundesländern- einen nicht unbedeutenden Teil an Bürgern gibt, welcher Arbeitslosigkeit vorrangig als individuellesVersagen, Leistungsunwilligkeit und Ausnutzung der sozialen Leistungssysteme sehen.So gehen (<strong>2010</strong>) rd. 46 % der 18- bis 65-jährigen Bürger davon aus, dass "wer arbeiten will, auch arbeitenkann" - Ostdeutschland 37 %/Westdeutschland 48 %. Insbesondere Jüngere (55 %) und höhereEinkommensbezieher (53 %) sind dieser Ansicht. Obwohl in Deutschland rd. 4 Millionen Arbeitsplätzefehlen, obwohl die Möglichkeiten der Kinderbetreuung gerade in den alten Bundesländern begrenztsind, obwohl die Zahl der "Missbrauchsfälle" bei Hartz IV offiziell nur mit 2 % angegeben wird -werden von einzelnen Medien zelebrierte Einzelfälle zu einem "Gesamtbild" verdichtet.Abbildung 4.18: Dauer der Gesamtarbeitslosigkeit - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(18 bis 65 Jahre)Frauenneue Länder3719101520früheres Bundesgebiet57181177Männerneue Länder3817161217früheres Bundesgebiet56181565Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)0% 20% 40% 60% 80% 100%noch nie unter 6 Monaten 7-12 Monate 13-24 Monate mehr als 2 Jahre89


4. Lebenslagen4.19 Subjektive SchichteinstufungDie subjektive Schichteinstufung zwischen Ost und West reflektiert die individuelle Lebenslageebenso wie die regionale Sozialisation. Prägend für den Osten sind die Unter- und Arbeiterschicht,für den Westen die Mittelschicht und obere Mittelschicht.Tabelle 4.19: Subjektive Schichtzuordnung - neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong>Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent -neue Länder und Berlin-Ost1992 1994 2001 2005 <strong>2010</strong>früheresBundesgebietDeutschlandUnterschicht 4 2 6 11 13 5 7Arbeiterschicht 57 57 53 44 38 21 25Mittelschicht 37 38 39 37 41 52 50obere Mittelschicht/Oberschicht 2 4 3 8 8 22 19Datenbasis: sfz/leben 1992 bis <strong>2010</strong> (gew.)Der soziale Status, den der Einzelne aufgrund seiner Position in der Gesellschaft einnimmt, die Rangordnung,in die er sich selbst einordnet, sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die vor allemaus der Position im Erwerbsprozess (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Selbstständige), der erworbenenQualifikation und ihrer möglichen Nutzung für die eigene Lebensgestaltung, dem erworbenen/ererbtenEinkommen/Vermögen sowie der biografischen Entwicklung des Einzelnen (inkl. der sozialen Veränderungendes Einzelnen vor und nach 1990) resultieren.Insgesamt ordnen sich <strong>2010</strong> in Ostdeutschland 13 % der ab 18-jährigen Bürger der Unterschicht zu,38 % der Arbeiterschicht, 41 % der Mittelschicht und 8 % der oberen Mittelschicht bzw. Oberschicht(ein gesonderter Ausweis der Oberschicht scheitert an deren geringer Besetzung aufgrund des Fehlenseiner einheimischen Oberschicht).In Westdeutschland betragen die analogen Zuordnungen: 5 % Unterschicht, 21 % Arbeiterschicht,52 % Mittelschicht, 20 % obere Mittelschicht und 2 % Oberschicht. Die unterschiedliche Struktur istauch Ausgangspunkt der steten "Sorge" der Politik um "die Mittelschicht", die im Westen die Mehrheitder Bürger erfasst (52 %) - im Gegensatz zu Ostdeutschland, wo Unter- und Arbeiterschicht dominieren(52 %).Kennzeichnend für die neuen Länder ist sowohl der Anstieg der sich der Unterschicht Zuordnenden(Stagnation der Lebenslageentwicklung und des Angleichungsprozesses bei zunehmenden Anteilenvon Bürgern in "prekären" Arbeitsverhältnissen - insbesondere seit Beginn des Jahrzehnts) als auchder Mittelschicht (vor allem Jüngere ordnen sich hier zunehmend ein, aber auch Studenten z.B. deroberen Mittelschicht). Die Bürger in Ostdeutschland folgen in ihren Bewertungen keineswegs nureinem aus früheren Jahren übernommenen Klassen- und Schichtmodell (Arbeiter und Angestellte),sondern orientieren sich durchaus an "neuen" Strukturen und Leitbildern, aber auch an neuen Ungleichheiten.Trotzdem gilt noch immer: "Das Bild einer durch die Klassenzugehörigkeit bestimmtenLebenslage und in Klassen gespaltenen Gesellschaft (ist) in der ostdeutschen Bevölkerung sehr vielverbreiteter als in der westdeutschen." 4040Vgl. Noll, H.H.: Wahrnehmung und Rechtfertigung sozialer Ungleichheit 1991-1996, in: H. Meulemann (Hrsg.): Werteund nationale Identitäten im vereinten Deutschland, Opladen 1998, S. 67.90


Besonders im Vergleich zu den alten Bundesländern gilt, dass der Anteil der Bürger mit einem "Karriereknick",d.h. einer zum Teil völligen Neuorientierung im beruflichen Leben, unvergleichlich höherist. Es ist eine mehrheitlich erzwungene höhere berufliche Mobilität vorhanden. Aus einem als relativsicher angenommenen Lebensverlauf wurden für viele nicht geplante und nicht gewollte Entwicklungen,die für Teile mit sozialem Aufstieg, für andere mit sozialem Abstieg verbunden waren (Arbeitslosigkeit,sozialer Status, Wechsel der Erwerbstätigkeit usw.).Die Daten verweisen insgesamt in Ost wie West auf beträchtliche Differenzierungen nicht nur in denEinkommensrelationen, sondern auch in den Wohnverhältnissen (Wohnungsgröße, Eigentumsanteile)sowie den armutsgefährdenden Anteilen an der jeweiligen Schicht.Wenn auch die individuelle subjektive Schichtzuordnung mit entsprechend steigenden Einkommenverbunden ist, so verweisen auch andere Sozialindikatoren auf unterschiedliche Zuordnungen. Ost undWest unterscheiden sich insofern nicht nur hinsichtlich ihrer jeweiligen "Anteile" an den einzelnenStrukturen, sondern auch durch die jeweiligen "Sachverhalte", die ihnen zugrunde liegen:• In den neuen Bundesländern reflektieren die Zuordnungen zur oberen Mittelschicht/Oberschichtdeutlich höhere Einkommen als im Westen;• ebenso wie größere Wohnungen und einen höheren Eigentumsanteil an Wohnraum;• Beamte im Westen ordnen sich anteilig eher der oberen Mittelschicht zu (37 %) als im Osten(14 %);• Facharbeiter ordnen sich im Osten stark der Arbeiterschicht zu, Hochschulabsolventen in Ost wieWest der oberen Mittelschicht.Bemerkenswert ist auch, dass von den in den neuen Ländern lebenden ehemaligen Westbürgern sich29 % der oberen Mittelschicht/Oberschicht zuordnen (Elitentransfer), aber nur zu 16 % der Unter-/Arbeiterschicht (Ostdurchschnitt 49 %). Im Gegensatz dazu ordnen sich ehemalige DDR-Bürger, welcheheute im Westen leben, zu 14 % der Unterschicht und 38 % der Arbeiterschicht zu, aber nur zu5 % der oberen Mittelschicht/Oberschicht, d.h. sie sind nach wie vor offensichtlich nicht hinreichend"integriert", sondern in ihrer Selbsteinschätzung fast deckungsgleich mit den Bürgern der neuen Länder.Abbildung 4.19: Subjektive Schichtzuordnung - nach Regionen - in Prozent -neue Länderfrüheres Bundesgebiet1992 <strong>2010</strong> <strong>2010</strong>obere Mittelschichtbzw. Oberschicht2 85 21Mittelschicht37 4152Arbeiterschicht5738 21Unterschicht4 14 5Datenbasis: sfz/leben 1992/<strong>2010</strong> (gew.)91


4. Lebenslagen4.20 Sozialer Aufstieg - sozialer AbstiegDie Aussagen zu individuellem sozialen Auf- bzw. Abstieg weisen eine relativ hohe Übereinstimmungin Ost wie West auf. Stagnierende Angleichung und die Politik der Sozialreformen haben zuabsinkenden Anteilen der "sozialen Aufsteiger" geführt.Tabelle 4.20: "Wie bewerten Sie Ihre eigene Entwicklung in den letzten fünf Jahren?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -als sozialenAufstiegeher als sozialenAbstiegweder/nochtrifftnicht zuohneAntwortDeutschland 20 21 53 6 1neue Länder 17 22 53 6 1früheres Bundesgebiet 20 21 51 6 2GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)16173531141082352020503320137243neue Länder20254172734221660früheres Bundesgebiet20228132328231780565056485452565731544938405353615610675442123448513335572112212112310Die Aussagen zu individuellem sozialen Auf- bzw. Abstieg weisen eine relativ hohe Übereinstimmungin Ost wie West auf. Bezogen auf den Vergleich der letzten 5 Jahre sehen für sich 20 % in Westdeutschlandund 17 % in Ostdeutschland diese als sozialen Aufstieg bzw. 21 % als sozialen Abstieg(22 % der Ostdeutschen) an - mehrheitlich wird die Aussage "weder/noch" getroffen (West = 51 %,Ost = 53 %).Untersuchungen, die zehn Jahre nach der Vereinigung in den neuen Bundesländern gemacht wurden(1999) 41 , ergaben, dass nur 26 % der Bürger ihre Entwicklung seit 1990 als sozialen Aufstieg, 17 %als sozialen Abstieg und 48 % mit weder/noch (10 % trifft für mich nicht zu/ohne Antwort) bewerte-41Datenbasis: sfz/leben 1999 (gew.).92


ten. Im Jahr 2000 erreichte die "Aufstiegsbejahung" mit 27 % in Ostdeutschland ihren Höhepunkt, umseitdem systematisch abzusinken 42 .Insbesondere Bürger mit niedrigen individuellen Einkommen (unter 1.000 Euro/Monat) sehen ihreEntwicklung zu rd. 30 % in Ost wie West als sozialen Abstieg.Bei Bürgern mit einem Haushaltsnettoeinkommen unterhalb der Armutsgrenze sehen sich im Westen42 % als Absteiger und im Osten 46 %.Es ist offensichtlich, dass die seit der Jahrtausendwende wirkenden Sozialreformen zu einem erkennbarenAnstieg derer, welche ihre Entwicklung als Abstieg kennzeichnen, geführt haben. Die sich derUnterschicht Zuordnenden sehen ihre Entwicklung zu 88 % (West) und 64 % (Ost) als sozialen Abstieg.Charakteristisches Element der Selbstbeurteilung ist, dass inzwischen in den neuen BundesländernArbeitslosigkeit nicht mehr als ein "Durchgangsstadium" bis zum nächsten Arbeitsverhältnis betrachtetwird, sondern zunehmend als sozialer Abstieg "auf Dauer".Gravierend auch die Aussagen der Altersgruppen jenseits der 40 Jahre, bei denen in Ost wie West derAbstieg gegenüber dem Aufstieg überlegen ist.Abbildung 4.20: "Wie bewerten Sie Ihre Entwicklung in den letzten fünf Jahren?" - nach Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antwort: "als Aufstieg")unter 25 Jahren - Westobere Mittelschicht - Ostunter 25 Jahren - Ostobere Mittelschicht - WestHochschulabschluss - Westhöhere Einkommen - Osthöhere Einkommen - WestBevölk. von Mittelstädten - WestMittelschicht - OstSelbstständige - WestHochschulabschluss - OstSelbstständige - OstDeutschlandMittelschiccht - WestBevölk. von Mittelstädten - OstAlleinerziehende - OstArbeitslose - OstAlleinerziehende - WestArbeitslose - WestUnterschicht - OstUnterschicht - West5330012272625232321212018173835323250neue Länderfrüheres Bundesgebiet0 10 20 30 40 50 60Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)42Vgl. Winkler, Gunnar: 20 Jahre später - 1989 bis 209 - Die friedliche Revolution und ihre Ergebnisse, SFZ, Berlin 2009,S. 218 ff.93


5. Werte5.1 GrundwerteDie Grundwertestruktur in Deutschland unterscheidet sich vor allem hinsichtlich des Stellenwertesvon Freiheit und sozialer Sicherheit zwischen Ost und West. Sozialisation und Status quo führen zudeutlichen Unterschieden zwischen Ost und West.Tabelle 5.1: "Welcher der nachfolgenden Werte ist Ihnen der wichtigste (Platz 1), wichtig (Platz 2)... am wenigsten wichtig (Platz 5)?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Platz 1(sehrwichtig)Platz 2(wichtig)Platz 3(in mittleremMaßewichtig)Platz 4(wenigerwichtig)Platz 5(am wenigstenwichtig)DurchschnittDeutschlandFreiheit 57 19 10 6 7 1,87Gerechtigkeit 37 36 17 8 3 2,04soziale Sicherheit 33 22 23 13 10 2,45Solidarität 13 14 16 30 28 3,45Gleichheit 11 14 18 21 35 3,53neue Ländersoziale Sicherheit 46 19 16 12 7 2,14Freiheit 46 21 15 11 8 2,14Gerechtigkeit 37 34 19 7 3 2,05Solidarität 13 15 14 27 32 3,51Gleichheit 10 19 19 20 32 3,44früheres BundesgebietFreiheit 61 19 9 5 7 1,79Gerechtigkeit 37 36 17 8 3 2,04soziale Sicherheit 29 22 25 13 11 2,54Solidarität 13 13 17 30 26 3,44Gleichheit 12 13 18 22 35 3,56Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)1990 wurde angenommen, dass sich die Wertestrukturen Ost- und Westdeutschlands rasch angleichenwürden, was hieß, dass die Wertestrukturen der Bürger der neuen Bundesländer sich denen der alten"anpassen". Inzwischen haben sich seit 1993/94 relativ stabile Wertestrukturen herausgebildet, diedenen der alten Länder keineswegs generell gleichen bzw. in allen Bereichen angeglichen sind.Untersuchungen belegen über viele Jahre, dass die Bürger der neuen Bundesländer soziale Sicherheit,Gerechtigkeit und Freiheit in gleich hohem Maße in ihrem Leben für "sehr wichtig"/"wichtig" halten.Solidarität und Gleichheit nehmen - im Vergleich dazu - einen nachrangigen Platz ein. Die Auffassung,dass die Ostdeutschen generell der Gleichheit den Vorrang vor der Freiheit gäben, ist mit denvorliegenden Untersuchungen nicht nachweisbar.Im Einzelnen werden von den Bürgern in Ost und West (<strong>2010</strong> - vgl. Tabelle 5.1) an die Spitze derBewertungen gesetzt:In Ostdeutschland liegt soziale Sicherheit ebenso wie Freiheit für 46 % der ab 18-jährigen Bürger anvorderster Stelle, Gerechtigkeit für 37 %, Solidarität für 13 % und Gleichheit für 10 %.94


In Westdeutschland hat Freiheit mit deutlichem Abstand den vorrangigen ersten Platz (61 %), gefolgtvon Gerechtigkeit (37 %) sowie sozialer Sicherheit (29 %), Solidarität (13 %) und Gleichheit(12 %).Hervorzuheben sind:• der sozialisationsbedingte hohe Stellenwert von Freiheit in den alten Bundesländern ebenso wieder geringere Stellenwert sozialer Sicherheit - im Gegensatz zu den neuen Bundesländern;• eine in den letzten 10 Jahren sich deutlich verändernde Grundwertestruktur in den neuen Bundesländernzugunsten des Grundwertes Freiheit bei Werteabbau von sozialer Sicherheit und Solidarität;• eine in den neuen Ländern die Grundwertestruktur prägende Altersabhängigkeit, welche bei unter40-Jährigen offensichtlich auf dem zunehmenden Anteil der Sozialisationsjahre im vereinigtenDeutschland und den damit verbundenen vermittelten "Leitbildern" beruht (vgl. Abbildung 5.1).• Wenn soziale Sicherheit in der Bewertung der Grundrechte der Bürger in den neuen Ländern ab40. Lebensjahr einen zentralen Platz einnimmt, dann nicht zuletzt im Ergebnis des individuell erlebtenVergleichs zu Lebensverhältnissen, die nicht alles ermöglichten, aber es dem Einzelnennicht versagten, sein Leben durch gesicherte Arbeit und Einkommen (auch bei Konsumbegrenzungen)so zu gestalten, dass mehrheitlich keine sozialen Ängste und Zukunftsunsicherheiten auftraten.• Ostdeutsche stellen die Freiheit der Gerechtigkeit oder sozialen Sicherheit nicht gegenüber, ebensowenig wie sie ein "anstelle von" akzeptieren. Es gibt keine soziale Sicherheit ohne Freiheit, dasbelegen die Erfahrungen der DDR. Es gibt aber auch keine Freiheit ohne soziale Sicherheit undGerechtigkeit.• Wenn auch Solidarität für ältere Menschen einen höheren Stellenwert als für junge Menschen hat,so ist insgesamt eine weitgehende Entsolidarisierung unverkennbar.Abbildung 5.1: Ausgewählte Grundwerte nach Altersgruppen und Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antwort: "sehr wichtig")100Freiheitsoziale Sicherheit80neue Länderfrüheres Bundesgebietneue Länderfrüheres Bundesgebiet6040200585337 36Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)unt. 30 Jahren30-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60-69 Jahre70 Jahre u.ält.4054 536157unt. 30 Jahren30-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60-69 Jahre70 Jahre u.ält.66 66621014unt. 30 Jahren30-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre526068 6960-69 Jahre70 Jahre u.ält.1420unt. 30 Jahren30-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre28 31 3160-69 Jahre70 Jahre u.ält.5395


5. Werte5.2 Wertestrukturen neue LänderArbeit, ein dem Einkommen entsprechender Lebensstandard, Gesundheit und Wohnen stehen imZentrum der Wertehierarchie der Bürger in den neuen wie alten Bundesländern. GravierenderWertewandel trat in den neuen Ländern beim Stellenwert von Kindern bei Jüngeren und dem Lebenin einer demokratischen Gesellschaft auf.Tabelle 5.2: Wertestrukturen - neue Länder - 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antwort: "... ist für mich sehr wichtig")neue LänderfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>Bildung und Wissen 39 42 46 56 58 58 58Arbeit (bis 60 Jahre) 73 84 82 82 73 72 72Partnerschaft 62 61 60 58 62 62 62Kinder 49 55 55 53 56 51 52Einkommen, das der Leistungentspricht83 64 60 56 66 63 64persönliche Sicherheit 75 74 66 56 56 56 56intakte Umwelt 82 64 51 43 48 56 54Freizeit 43 28 29 22 28 26 26sich gesund zu erhalten 63 66 61 56 59 64 63bezahlbare Wohnung 66* 69 58 63 58 54 55Religion 4** 4 3 4 6 9 8in demokratischer Gesellschaftzu lebenzwischenmenschliche Beziehungen54 16 13 24 27 38 3635 34* 32 36 37 9 37* 1993 ** 1992Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Über den Gesamtzeitraum 1990 bis <strong>2010</strong> ist festzustellen, dass Arbeit, ein dem Einkommen entsprechenderLebensstandard, Gesundheit und Wohnen nach wie vor im Zentrum der Wertehierarchie derBürger in den neuen Bundesländern stehen, ebenso wie Bildung, Partnerschaft, Kinder. Für 74 % allerBürger (<strong>2010</strong>) ist/war Arbeit in ihrem Leben "sehr wichtig" (73 % der bis 60-Jährigen) und nimmt denersten Platz in der Wertehierarchie ein.Der Stellenwert der Arbeit ist Reflex der realen Wirkungen, welche diese auf das Leben des Einzelnenund seiner Familie haben, einschließlich der von der Lebensarbeit abhängigen Alterseinkommen. Dabeihandelt es sich zugleich um jenen Bereich, in dem Einschnitte für alle - unabhängig von Alter,Geschlecht und Qualifikation - am gravierendsten sind. Neben die für Ostdeutsche zunächst völligneuen Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit, Ersatzbeschäftigung in befristeten und Billigarbeitsplätzen,fehlenden Arbeitsplätzen für Jugendliche, Frauen und Behinderte ist damit zugleich Sorge um eindamit erzielbares, Lebensstandard sicherndes Einkommen getreten.Partnerschaft, Kinder und Freunde sowie Gesundheit - einstmals die wichtigsten wahrgenommenensozialen Lebensbezüge - werden in ihrer persönlichen Bedeutung inzwischen Werten wie Arbeit, sozialeSicherheit nachgeordnet, obwohl sie noch immer eine hohe Wertigkeit besitzen. Diese Verände-96


ungen lassen jedoch den Schluss eines generellen Wertewandels, z.B. von einer arbeitsorientiertenzur freizeitorientierten Gesellschaft, keinesfalls zu. Es scheint eher die Frage berechtigt, in welchemMaße es sich um einen Bedeutungsgewinn für den Einzelnen handelt, der keineswegs mit verändertenWerten, sondern eher mit dem Erfassen und Begreifen von Werten zusammenhängt, die zeitweilignicht mehr so bewusst wahrgenommen wurden.Extrem z.B. ist der Stellenwert von Kindern in der Altersgruppe der 25- bis 39-Jährigen von 74 %("sehr wichtig") im Jahr 1991 auf 53 % gesunken (<strong>2010</strong>). Offensichtlich reflektieren sich darin sowohldie aktuelle Situation vieler Bürger dieser Altersgruppe, gepaart mit einem keineswegs "kinderfreundlichen"Klima, als auch vorhandene Zukunftsverunsicherungen.Wenn auch bei Jüngeren Arbeit einen vergleichbaren hohen Stellenwert in ihrer Werteskala hat, so istdoch ein deutliches Absinken seit 1990 nachweisbar - was übrigens nicht nur für Arbeit gilt, sondernauch für Einkommen, Freizeit, Gesundheit und Demokratie. Dabei handelt es sich jedoch nicht umeinen generellen Werteverlust, sondern um einen Bedeutungsverlust durch Abnehmen der Bewertung"sehr wichtig" und Zunahme von "wichtig".Insgesamt ist im Ost-West-Vergleich eine weitgehend in ihren Grundstrukturen übereinstimmendeWertestruktur erkennbar. Die Werte Umwelt und Demokratie mit einem nicht vergleichbaren Stellenwertsind zugleich Bereiche,• die 1990 im Rahmen der Aktivitäten 1989/1990 einen besonderen Stellenwert hatten;• bei denen inzwischen stabile Veränderungen eingetreten sind, welche z.B. im Bereich der Umweltverbunden waren mit einer Deindustrialisierung, die gewissermaßen "automatisch" Verbesserungender Umwelt, aber zugleich hohe Arbeitsmarktrisiken mit sich brachten.• Demokratie ist gepaart mit den als nicht hinreichend empfundenen Mitwirkungsmöglichkeiten inden neuen Bundesländern und der Einsicht, dass alleine demokratische Wahlen für die Ausgestaltungeiner Demokratie nicht ausreichen.Abbildung 5.2: Wertestrukturen im Ost-West-Vergleich - <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antwort: "... ist für mich sehr wichtig")ArbeitFamilieEinkommenPartnerschaftGesundheitBildungWohnungKinderpersönl. SicherheitUmweltzwi.menschl Bezieh.FreizeitDemokratieReligionDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)6928262737373866636262596459585854565156564856747172700 20 40 60 80 100neue Länder früheres Bundesgebiet97


6. Demokratie6.1 GrundentwicklungenHohe Zustimmung zur Demokratie als Wert bei niedriger Zufriedenheit hinsichtlich demokratischerMitwirkungsmöglichkeiten und geringen Erwartungen an Verbesserungen. Positivere Zustimmungswerteim Westen.Tabelle 6.1:Demokratiebewertungen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleichzum früheren Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent* -Wert Demokratieneue Länder und Berlin-Ost1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>sehr wichtig/wichtig 88 66 60 62 69 82 79in mittlerem Maße 6 23 29 23 20 13 14unwichtig/sehr unwichtig 3 11 11 13 8 3 4Zufriedenheit mit Demokratiesehr zufrieden/zufrieden 8 17 15 7 16 26 24teilweise zufrieden 41 48 52 31 33 41 40unzufrieden/sehr unzufrieden 46 32 30 54 45 28 31Erwartungen an DemokratieVerbesserungen 60 19 10 4 7 11 10keine Veränderung 13 46 48 38 46 53 52Verschlechterungen 6 23 26 39 38 29 31* Differenz zu 100 = ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)früheresBundesgebietDeutschlandDie Erfahrungen von großen Teilen der Bürger der neuen Bundesländer beruhen auf drei Lebensabschnittenmit unterschiedlichem Demokratieverständnis und Mitwirkungsmöglichkeiten. Das betrifftzum Ersten die Sozialisation und gesellschaftliche Mitwirkung in der DDR - einem politischen System,welches durch zentralistische Entscheidungen in allen Grund- und Detailfragen des gesellschaftlichenLebens geprägt war und sich darüber hinaus weitgehend auf eine arbeitsstätten-zentrierte Mitbestimmungbeschränkte.Zum Zweiten verfügen sie über Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich der hohen Wirksamkeit vonfriedlichen Massenprotesten zum Erreichen eines grundlegenden gesellschaftlichen Wandels sowieeiner von Kompetenz und nicht parteipolitischen Orientierungen getragenen Sacharbeit in der Zeit desgesellschaftlichen Umbruchs 1989/90, z.B. im Rahmen der "Runden Tische". Und schließlich erlebtensie seit 1990 die politische Übernahme durch ein repräsentativ-demokratisches System, welches sichselbst vor allem über den Wählerwillen als freiheitlich-demokratisch definiert. Formen außerparlamentarischerDemokratie haben - zumindest auf Bundesebene - mit Unterschieden zwischen den einzelnenBundesländern aus Sicht der Bürger nur einen geringen Stellenwert.Nach 1990 gab es zunächst eine hohe Zustimmung der Ostdeutschen zur Demokratie als Grundwert(88 %), die sich jedoch in den folgenden Jahren deutlich rückläufig entwickelte (vgl. Abbildung 6.1).Erst mit dem Regierungswechsel 1998 erfolgte ein Aufwärtstrend, jedoch auch ein Abfall im Ergebnisder Sozialreformdebatten auf einen Wert von 62 % (2002), mit erneutem Anstieg auf 69 % (<strong>2010</strong>).Die Zufriedenheit mit dem Stand der Demokratieentwicklung ist - im Trend - auf äußerst niedrigemNiveau (18 % bzw. 16 %) relativ stabil. Charakteristisch ist ein hohes Maß an Unzufriedenheit, wel-98


ches vor allem am Ende der rot-grünen Koalition auf über 50 % anstieg - seitdem leichter Abfall auf45 %. Besonders deutlich ist auch - bezogen auf die Erwartungen an die Entwicklung der demokratischenGesellschaft - der Rückgang zwischen 1990 und 1997 an erwartete Verbesserungen. Gingen1990 noch 60 % von Verbesserungen aus, so sank dieser Anteil auf 7 % (<strong>2010</strong>). Dabei ist dieserRückgang nicht nur den real erfolgten Veränderungen geschuldet, sondern auch den als nicht hinreichendempfundenen Mitwirkungs- und Einflussmöglichkeiten der Bürger (außerparlamentarische E-lemente) und der erlebten weitgehenden Einschränkung demokratischer Mitbestimmung auf Wahlen.Die politische Integration der Bürger der neuen Bundesländer ist dabei durchaus unterschiedlich -sowohl aus Sicht einzelner sozialer Gruppen als auch der unterschiedlichen Ebenen - zu bewerten. Soist der Bezug zum politischen System auf der Ebene der Gemeinden und Kommunen wesentlicherausgeprägter als auf der Ebene der Bundesländer und de facto gering auf Bundesebene. Nicht zuletzterhebt sich auch nach rd. zwei Jahrzehnten immer "noch die Frage, ob die Bürger in den neuen Bundesländernin vergleichbarer Weise wie die alten Bundesländer politisch integriert sind und in ähnlicherWeise Zugang zum politischen Willensbildungsprozess suchen." 43Der Vergleich der Daten <strong>2010</strong> zwischen Ost- und Westdeutschland ergibt:• Demokratie hat in Westdeutschland einen höheren Stellenwert als im Osten - ohne Zweifel Ergebnisder lebenslangen Sozialisation aller Altersgruppen, ebenso wie der steten Konfrontation mitundemokratischen Entwicklungen im näheren und Nahen Osten sowie anderen nichteuropäischenLändern.• Auch die Zufriedenheit mit dem Stand der Demokratieentwicklung ist höher als im Osten - allerdingsauch hier auf einem relativ niedrigen Niveau (26 % im Westen - 16 % im Osten).• In Ost wie West werden mehrheitlich keine grundlegenden Änderungen erwartet - Verbesserungennehmen 11 % in den alten Bundesländern an (7 % im Osten).Abbildung 6.1: Stellenwert politischer Grundwerte und Zufriedenheiten - neue Länder- 1990 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antworten: Wert von Demokratie: "sehr wichtig"/"wichtig"Zufriedenheit mit demokratischer Entwicklung: "sehr zufrieden"/"zufrieden"Zufriedenheit mit eigenem politischen Einfluss: "sehr zufrieden"/"zufrieden"Erwartung an demokratische Entwicklung: "Verbesserung")10080Wert, in einer demokratischen G esellschaft zu leben6040Erwartung an demokratische Entwicklung20Zufriedenheit mit DemokratieentwicklungZufriedenheit mit eigenem politischen Einfluss01990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)43Vgl. Datenreport 2006, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006, S. 635.99


6. Demokratie6.2 Politisches InteresseInsgesamt gibt es in den neuen Ländern ein bis 2005 ansteigendes politisches Interesse - insbesondereim Zusammenhang mit der Politik der Sozialreformen und der Politisierung des öffentlichenLebens (September 2001). In Deutschland ist das politische Interesse (<strong>2010</strong>) in Ost wie West gleichermaßenrelativ wenig ausgeprägt - nur 37 % haben starkes, 22 % kein Interesse.Tabelle 6.2: "Wie stark interessieren Sie sich für Politik?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -sehr stark stark mittel wenig überhauptnichtohne AntwortDeutschland 13 24 40 16 6 1neue Länder 15 21 39 17 6 2früheres Bundesgebiet 12 25 40 15 6 1GeschlechtAlterneue Länderweiblich 8 14 47 21 7 2männlich 22 27 30 13 5 218 bis 24 Jahre 14 7 42 25 1225 bis 39 Jahre 11 15 40 27 7 140 bis 49 Jahre 11 20 46 13 6 350 bis 59 Jahre 17 24 34 16 7 160 Jahre und älter 26 37 12 3 2GeschlechtAlterfrüheres Bundesgebietweiblich 9 19 41 21 8 0männlich 15 32 39 9 4 118 bis 24 Jahre 26 8 36 17 1225 bis 39 Jahre 6 24 33 18 17 040 bis 49 Jahre 5 24 42 25 4 150 bis 59 Jahre 13 30 42 12 2 160 Jahre und älter 15 30 44 9 1 1Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Hervorhebenswert in der Entwicklung der neuen Bundesländer ist das bis zum Jahr 2000 bei rd. zweiDritteln der Bürger vorherrschende starke bzw. mittlere politische Interesse. Es waren Jahre, in denennach raschem Angleichungstempo eine gewisse Stabilisierung, aber noch kein Abbau eintrat. Zugleichist erkennbar, dass Politikinteresse an die "Politikträchtigkeit" der jeweiligen Jahre gebunden ist. Dashöhere Politikinteresse z.B. in den Jahren 2004 bis 2007 ist offensichtlich mit der Betroffenheit vonfast jedem Bundesbürger durch Maßnahmen des Sozialabbaus verbunden aufgrund politischer Eingriffein soziale Sicherungssysteme (Arbeitsmarkt, Rente, Gesundheitswesen) sowie die erkennbare Unfähigkeitdes Systems, vorhandene Probleme im Interesse von Mehrheiten lösen zu wollen.Das stärkere politische Interesse ist aber sicher auch durch eine Politisierung des gesamten Lebens,durch den Terrorismus seit September 2001 und die Art und Weise der Terrorismusbekämpfung beeinflusstworden. Mit der großen Koalition sinkt das politische Interesse wieder ab - möglicherweiseReaktion auf eine Politik, welche die Bürger aus deren Sicht unzureichend einbezieht und dadurchDemokratie als defizitär empfinden lässt.100


Die gegenwärtig abgegebenen Aussagen unterscheiden sich nicht zwischen Ost und West (<strong>2010</strong> sehrstarkes/starkes Interesse Ost 36 %, West 37 % - mittleres Interesse 39 bzw. 40 % - geringes und keinInteresse 23 bzw. 22 %).Mitglieder in den Parteien, Gewerkschaften und Sozialverbänden weisen überdurchschnittlich starkespolitisches Interesse aus. Frauen in Ost wie West interessieren sich - ihren eigenen Wertungen entsprechend- weniger für Politik, was sich auch in unterschiedlichen Aktivitäten in Parteien und Verbändenreflektiert.Mit steigender beruflicher Ausbildung und Einkommen nimmt das Politikinteresse zu. Während untereEinkommensgruppen nur zu 17 % starkes politisches Interesse bekunden, wird in den höheren Einkommensgruppenüber 50 % erreicht. In Ostdeutschland sind Arbeitslose in gleichem Maße politischinteressiert wie im Erwerbsleben Stehende (33 % starkes Interesse), während in den alten Bundesländernein geringeres Interesse seitens der Arbeitslosen bekundet wird (29 % starkes Interesse - Erwerbstätige36 %). Selbstständige, Freischaffende und Beamte erreichen "Spitzenwerte" von über50 % starken Interesses.Ohne in den Fehler pauschaler Akzeptanz von Kritik und Systemverbundenheit von "guten" Bürgernund "schlechten" Bürgern zu verfallen, kann zumindest für die neuen Bundesländer (und das gilt sicheranalog auch für die alten Bundesländer) festgestellt werden, dass es einen "Idealbürger" nichtgibt, der Demokratiekritische ist genauso typisch wie der unkritisch "Bejahende".Abbildung 6.2: Entwicklung des politischen Interesses - neue Länder - 1993 bis <strong>2010</strong> - in Prozent* -100%80%34 34 34 36 39341 1 1 1 1 1 1 12 218 18132421 2129 27 2337 42 3960%3839 373740 3735 36 3940%41 41 41 38 344039383920%3743 4449384136 36 3626 24 26 26 27 26 24 21 220%1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>sehr stark/stark mittel wenig/keins ohne Antwort* Wertebereiche ohne Beschriftung = 1 ProzentDatenbasis: sfz/leben 1993-<strong>2010</strong> (gew.)101


6. Demokratie6.3 Mehr BürgerbeteiligungDie Bürger in Ost- wie Westdeutschland sehen in der stärkeren direkten Bürgerbeteiligung undweniger in Wahlen notwendige Formen einer wirksameren Demokratie. Andere Formen "eigenenHandelns" finden geringere Unterstützung.Tabelle 6.3:"Es gibt die unterschiedlichsten Meinungen zur Demokratie. Was gilt für Siepersönlich?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -Es reicht aus, sich alle vier oder fünfJahre an Wahlen zu beteiligen.*trifftzutrifftteilweise zutrifftnicht zuDie Bürger sollen in Sachentscheidungen, dieihr Leben betreffen, über Abstimmungeneinbezogen werden.*trifftzutrifftteilweise zuDeutschland 20 39 35 58 29 9neue Länder 24 37 32 61 26 7früheres Bundesgebiet 19 39 35 57 29 10GeschlechtAlterneue Ländertrifftnicht zuweiblich 23 36 32 62 27 5männlich 25 38 32 60 25 618 bis 24 Jahre 28 37 35 65 24 725 bis 39 Jahre 14 45 40 55 33 1140 bis 49 Jahre 20 38 38 70 19 750 bis 59 Jahre 18 37 36 62 25 660 Jahre und älter 34 31 23 59 26 5GeschlechtAlterfrüheres Bundesgebietweiblich 22 36 34 65 25 6männlich 17 42 37 48 33 1518 bis 24 Jahre 19 40 41 45 34 2125 bis 39 Jahre 15 31 44 54 27 1840 bis 49 Jahre 14 41 41 67 25 550 bis 59 Jahre 12 50 34 54 31 1060 Jahre und älter 30 36 25 58 30 5* Differenz zu 100 = ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Es gehörte 1989 zu den grundlegenden Forderungen der Bürger der DDR, das System der Wahlen neuzu gestalten und eine prinzipielle Neuordnung der Bürgerbeteiligung am gesellschaftlichen Leben zuorganisieren.Die Bürger der neuen Bundesländer haben inzwischen ihre Wahlgläubigkeit in hohem Maße abgelegtund treten für eine deutliche Verstärkung plebiszitärer Elemente, so durch Volksentscheide und direktdemokratischeElemente, ein. <strong>2010</strong> sind 20 % der ab 18-jährigen Bürger in Deutschland der Auffassung,dass es reicht, alle vier bis fünf Jahre zur Wahl zu gehen - in Westdeutschland sind das19 %, in Ostdeutschland 24 %. In Ost wie West sind es die jungen und älteren Bürger, die - wenn auchauf niedrigem Niveau - noch die höchste Wahlgläubigkeit ausweisen.Die abnehmende Wahlbeteiligung in den letzten Jahren ebenso wie das zunehmende Zusammenwirkenvon Bürgern in Bündnissen und Netzwerken zeigt, dass das etablierte Parteiensystem - gleich inwelchen Koalitionsbündnissen - an Glaubwürdigkeit verloren hat.102


Im Gegensatz zur relativ geringen Zustimmung zu Wahlen wird mit deutlicher Mehrheit von 58 % derBürger gefordert, über Abstimmungen in Sachentscheidungen, die ihr Leben betreffen, einbezogen zuwerden - das sind in den neuen Ländern 61 % und in den alten Ländern 57 %. In Ost wie West sind esvor allem die mittleren Jahrgänge, die sich für Bürgerbeteiligung einsetzen.Dabei ist nicht zu übersehen, dass das sog. Drei-Stufen-Modell der Bürgerbeteiligung (Volksinitiative,Volksbegehren, Volksentscheid) auch in den einzelnen Ländern in unterschiedlichem Maße realisiertwird. In zunehmendem Maße werden jedoch auf Landesebene zu speziellen Fragen Volksentscheidedurchgeführt. Auch auf kommunaler Ebene gab es insgesamt in der Bundesrepublik über 4.000 Volksentscheide(davon rd. 40 % allein in Bayern).Obwohl es im Artikel 20 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt, dass die Staatsgewaltvom deutschen Volk in "Wahlen und Abstimmungen" ausgeübt wird 44 , sind nach wie vorVolksentscheide auf Bundesebene nicht vorgesehen - Versuche, im Grundgesetz deutschlandweiteVolksentscheide in Verfassungsrang zu heben, scheiterten schon im Vorfeld. 45Im Gegensatz dazu wird den Volksabstimmungen seitens der Bürger eine hohe Wirksamkeit zugeordnet.Die Wirksamkeit unterschiedlicher Formen eigenen Handelns wird in Deutschland mit zum Teildeutlich unterschiedlichen Positionen in Ost und West (vgl. Abbildung 6.3) bewertet:• Aktivitäten mit breiter Bürgerbeteiligung (Volksabstimmungen 68 %, Wahlen 57 %, Streiks44 %),• Mitarbeit in demokratischen Organisationen (50 %) und Parteien (31 %).• Unterschriftensammlungen und Demonstrationen werden geringere Wirksamkeit zugestanden(Erfahrungswerte).• Der Wirksamkeit in Medien wird wenig Wertschätzung entgegengebracht. Das gilt auch (noch)für die Wirksamkeit von Internetforen, die bislang für den Bürger nicht spürbar geworden sind.Mit steigender Qualifikation sinkt der Glauben an demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten.Abbildung 6.3: "Wie viel kann man Ihrer Meinung nach mit nachfolgenden Mitteln zur gesellschaftlichenVeränderung und Entwicklung beitragen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (nur Antworten: "sehr viel"/"viel")Teiln. an VolksabstimmungenTeilnahme an WahlenTeilnahme an StreiksMitarbeit in OrganisationenTeilnahme an DemosUnterschriften sammelnMitarbeit in ParteienZeitungsbeiträgeInternetforen231619912303033293249424439536059710 20 40 60 80neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)4445Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Textausgabe - Stand: Januar 2007 - Art. 20 (2).Innenausschuss des Bundestages am 15. Februar 2009 bezog ablehnende Haltung.103


6. Demokratie6.4 Bürgerschaftliches EngagementDie Vereinskultur hat sich in Ost und West angenähert, bei rückläufigen Entwicklungen in derMitgliedschaft von Parteien und großen Interessenverbänden. Zugleich gibt es in Ost wie West einkeineswegs unbedeutendes Potenzial, das Interesse am bürgerschaftlichen Engagement bekundet.Tabelle 6.4:Mitgliedschaften - neue Länder und Berlin-Ost - 1992 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zufrüherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent* -(ab 18. Lebensjahr)Mitgliedschaften(Mehrfachzählung möglich)neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1992 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>Parteien 6 5 5 4 4 4 4Gewerkschaften 36 19 18 16 13 17 16Wohlfahrtsverband n.e. 10*** 15 17 17 21 20andere Vereine 25 21 32 41 37 44 42Religionsgemeinschaften 29** 27 25 21 21 69 59nirgends Mitglied 56 61 53 37 35 14 18* die Zwischenjahre sind den jeweiligen <strong>Sozialreport</strong>s zu entnehmen** 1991*** 1997n.e. = nicht erhobenDatenbasis: sfz/leben 1992-<strong>2010</strong> (gew.)Die bundesdeutsche Landschaft ist seit 1990 hinsichtlich des politischen und bürgerschaftlichen Engagementsdurch deutliche Unterschiede geteilt. Das gilt in besonderem Maße für die Parteien- und Organisationsstrukturen,aber auch für Umfang und inhaltliche Ausrichtung des bürgerschaftlichen Engagements.Insgesamt hat sich die Anfang der 90er Jahre zunächst eher schwache Organisationsorientierung derOstdeutschen, die ihnen zum Teil bis heute Nachteile für die Artikulation und Durchsetzung ihrer jeweiligenInteressen brachte, zum Teil durch Bildung neuer Vereine sowie Stabilisierung einzelner zumTeil größerer Verbände gewandelt.Während die Mitgliedschaften in Parteien und großen Verbänden (Gewerkschaften, Sozialverbändensowie Religionsgemeinschaften) über den Gesamtzeitraum rückgängig sind, ist bei Vereinen insgesamtein Anstieg unübersehbar.Nach 1990 setzte zugleich ein Gründungsboom an Organisationen und Vereinen ein, der bis Ende desvorigen Jahrhunderts zu einer Vereinsdichte von 650 Vereinen je 100.000 Einwohner führte 46 . Es wirdvon rd. 80.000 bis 100.000 Vereinen in den neuen Bundesländern ausgegangen. Die Vielzahl vonGründungen von Vereinen nach 1990 reflektiert Erbe und Defizite der DDR gleichermaßen, wie eineneue, sich dem Westen angleichende "Vereinskultur und -tätigkeit".Insbesondere im Sport- und Freizeitbereich treten zwischen Ost und West deutlich unterschiedlicheMitgliedschaftsanteile auf. Die Ursachen dafür mögen vielfältig sein: Abgesehen vom Zusammen-46Vgl. Priller, Eckhard/Winkler, Gunnar: Struktur und Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in Ostdeutschland,in: Enquetekommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements, Schriftenreihe, Bd. 6, Verlag Leske+Budrich, Opladen 2002, S. 47.104


uch der Vereins-/Verbandsstrukturen nach 1990 sowie einem geringeren Interesse an Organisationsbindungengenerell wird z.B. im Sport im Osten vor allem deutlich:• das Fehlen eines preiswerten Angebots in einzelnen Disziplinen (elitäre Sportarten),• das Fehlen von Vereinsmitgliedschaften ohne aktive Teilnahme (unterstützende Mitglieder),• das Fehlen entsprechender flächendeckender Sporteinrichtungen (insbesondere auf dem Lande -vom Fußballfeld abgesehen).Während in den alten Bundesländern für die Mitgliedschaft z.B. in den Gewerkschaften insbesonderebei hohen Einkommen eine geringere Mitgliedschaft kennzeichnend ist, kann in den neuen Bundesländernein solcher Zusammenhang nicht festgestellt werden. Im Gegensatz dazu sind in den neuenBundesländern in den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden die oberen Einkommensgruppen wenigerpräsent - im Westen deutlich höher.Unabhängig davon gibt es in Ost wie West ein keineswegs unbedeutendes Potenzial, welches Interesseam bürgerschaftlichen Engagement bekundet. Die Bereitschaft zur Mitarbeit in Organisationen mitunterschiedlichen Aufgabenstellungen hat sich von 1992 bis <strong>2010</strong> hinsichtlich der Präferenzen füreinzelne Bereiche nicht grundlegend verändert (vgl. Abbildung 6.4).Rund zwei Drittel der ab 18-jährigen Bürger sind in Deutschland bereit, sich in unterschiedlichstenFormen bei unterschiedlichsten Zielstellungen sozial, kulturell, politisch zu betätigen - das gilt für Ostwie West gleichermaßen. Vier von zehn Ostdeutschen sind bereit, in Organisationen mit sozialer Ausrichtungmitzuarbeiten (39 % - West 45 %). Das trifft fast in gleichem Maße für Freizeitorganisationenzu (35 % - in Westdeutschland mit 27 % etwas geringer, was auch der bereits höheren Vereinsmitgliedschaftin diesem Bereich geschuldet sein mag). Mit 16 % weiterhin hoch und nicht auf Frauenbeschränkt ist die Akzeptanz von Organisationen, die Fraueninteressen vertreten (gilt für Ost wieWest). In Organisationen zur Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen sind 25 % zur Mitarbeitbereit - im Gegensatz zu 17 % in den alten Ländern. Deutlich geringer ist hingegen die Bereitschaftzur Mitarbeit in politischen Interessenvertretungen (11 % - West 13 %) und in Vereinigungen mit religiösenZielstellungen (6 % - West 11 %).Abbildung 6.4: "Sind Sie zur Mitarbeit in einer Organisation mit nachfolgenden Zielen bereit ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antwort: "ja")soziale Aufgaben3945pol. Interessenvertr.1113Freizeitinteressen2735Arb.nehmerinteressen1725religiöse Ziele611Fraueninteressen16170 10 20 30 40 50neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)105


6. Demokratie6.5 ParteienDie Parteienlandschaft in Deutschland hat sich nach 1990 neu strukturiert mit Unterschieden inOst und West. Hinsichtlich der den Parteien zugestandenen Kompetenzen in den wichtigsten dasLeben der Bürger betreffenden gesellschaftspolitischen Bereichen ist eine Polarisierung zwischenCDU/CSU/SPD einerseits und DIE LINKE andererseits - vor allem im Osten - festzustellen.Tabelle 6.5:Mitglieder und Sympathisanten der Parteien - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis<strong>2010</strong> (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschlandinsgesamt) - in Prozent - (Mehrfachantworten möglich)Mitglieder undSympathisantenneue Länder und Berlin-Ost1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>früheresBundesgebietDeutschlandCDU* 11 24 20 25 27 41 38SPD 46 36 26 25 27 37 35FDP 9 5 7 13 14 21 20B90/Die Grünen 22 32 12 17 27 37 35DIE LINKE 14 20 25 31 38 13 18Rechte 2** 1 3 7 6 3 4* <strong>2010</strong> inkl. CSU** 1991Datenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong>Mit der deutschen Vereinigung veränderte sich die (alt-)bundesdeutsche Parteienlandschaft grundlegend.Kennzeichnend sind seitdem ein durchgängiger Rückgang der Mitgliedschaften aller Parteienseit 1990 bis 2009 auf 70 % bei der CDU/CSU, 54 % SPD, 40 % FDP, 28 % DIE LINKE. Nur Bündnis90/Die Grünen erhöhte die Mitgliederzahlen auf fast 50.000 (116 %).Zugleich erhöhte sich der weibliche politisch engagierte Teil (Frauenanteil: Bündnis 90/Die Grünen39 %, DIE LINKE 37 %, SPD 31 %, CDU 26 %, FDP 23 %, CSU 19 %) 47 .Charakteristisch sind insgesamt:• die entstandene 5-Parteienlandschaft aufgrund der Etablierung der DIE LINKE als drittstärkstePartei in Deutschland mit über 70.000 Mitgliedern und zweitstärkste Kraft im Osten, insbesonderenach Ausweitung der DIE LINKE im Westen nach der Vereinigung von PDS und WASG;• eine zunehmende Vielfalt von Regierungsbündnissen unterschiedlichster Koalitionen auf Landesebenesowie die sich entwickelnde Akzeptanz der DIE LINKE auch als Verantwortungsträger z.B.in Regierungsverantwortung auf Landesebene (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg);• Erstarken nicht parteienorientierter/-gebundener "Bürgerbewegungen" vor allem auf kommunalerEbene.Die Bewertung nach dem Einsatz der Parteien für grundlegende Probleme Deutschlands aus der Sichtder Bürger lässt hinsichtlich der Ost-West-Bewertungen deutlich unterschiedliche Muster erkennen,welche sich vor allem in Bezug auf die Kompetenz CDU/CSU/SPD in den alten Bundesländern undder Partei DIE LINKE in den neuen Ländern unterscheiden:• eine relativ hohe übereinstimmende Zuordnung von Kompetenz der CDU für wirtschaftlichenAufbau (60 % - Ost 55 %/West 61 %) sowie generell anerkennende Kompetenzzuordnung von47Datenbasis für Eigenberechnung: Niedermayer, Oskar: Parteimitglieder in Deutschland: Version 1/2009, Arbeitshefte ausdem Otto-Stammer-Zentrum, Freie Universität Berlin, Nr. 15 sowie www.statista.com106


eiten Teilen der Bevölkerung in Bezug auf Abbau von Arbeitslosigkeit und Wahrnehmung vonFamilieninteressen;• Zuordnung der Sozialkompetenz (soziale Gerechtigkeit/Sozialumbau) an die SPD im Westen undDIE LINKE im Osten sowie an DIE LINKE für ostdeutsche Interessen (62 % - wurde im Westennicht befragt). Das ist offensichtliches Ergebnis der Erfahrung mit DIE LINKE in den Landes- undKommunalparlamenten im Osten einerseits sowie dem Fehlen analoger Erfahrungen und anhaltenderVorbehalte gegen die Partei und Einzelkandidaten im Westen und Reduzierung ihres Wirkensauf die Bundesebene.• FDP und Bündnis 90/Die Grünen werden hinsichtlich ihrer Kompetenz seitens der Bürger in Ostwie West eher nachgeordnet (Ausnahme Bündnis 90/Die Grünen bei Familienfragen). Die Wirtschaftskompetenzder FDP hat im Osten auf niedrigem Niveau zugenommen.• Über den Zeitraum seit 2000 sind für den Osten (Westdaten liegen nicht vor) zum Teil gegenläufigeEntwicklungen feststellbar - während die wirtschaftliche CDU-Kompetenz seit 2000 aus Sichtder Bürger zugenommen hat, nimmt die Kompetenz der SPD parallel dazu ab. Auch die Ostkompetenzder CDU nimmt zu, die der SPD ab.• Eine starke an der jeweiligen Partei orientierte Bewertung seitens der jeweiligen Stamm-Sympathisanten der Befragten, d.h. der SPD-Stamm hält die SPD für kompetent, der CDU-Stammdie CDU usw.Die Mitgliedschaften/Stammsympathisanten sind in den alten Bundesländern stark einkommensabhängig(47 % des jeweiligen "Stammes" kommen aus der Einkommensgruppe über 2.000 Euro/Monatindividuelles Nettoeinkommen), im Osten liegt eine weitgehende Gleichverteilung über alle Einkommensgruppenvor. Ein höheres Durchschnittsalter liegt bei der CDU (Ost und West), der SPD (WEST)sowie DIE LINKE (Ost) vor.Abbildung 6.5: "Welche Partei setzt sich Ihrer Meinung nach am meisten ein für ...?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -806055den wirtschaftlichenAufschwung61den Abbau derArbeitslosigkeitdie Interessen derFamilien mit Kindernsoziale Gerechtigkeitsozial ausgewogenenUmbau der sozialenSicherungssysteme4020211514101124533 32292371084228251940167 6494022 231613 12538 3730252391170CDU/CSUSPDFDPDIE LINKECDU/CSUSPDDIE LINKEFDPCDU/CSUSPDB 90/GRÜNEDIE LINKESPDCDU/CSUDIE LINKEFDPSPDCDU/CSULINKEFDPneue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)107


6. Demokratie6.6 InstitutionenvertrauenDas Vertrauen in die gewählten Institutionen auf Bundes- und Landesebene ist in Deutschlandgenerell gering, wenig und kein Vertrauen sind dominant in der Meinung der Bürger. Polizei undGerichten wird demgegenüber ein höheres Vertrauen entgegengebracht.Tabelle 6.6: "Wie viel Vertrauen haben Sie in nachfolgende Institutionen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -vollesVertrauenvielVertrauenneue LänderetwasVertrauensehr wenigVertrauenüberhauptkein Vertrauenohne AntwortBundestag 1 14 35 29 18 4Bundesregierung 3 17 42 24 12 1Landesregierung 2 18 42 25 9 4Stadt-/Gemeindeverwaltung 4 26 40 20 7 4Polizei 7 41 32 13 6 2Gerichte 8 28 33 19 9 3Birthler-/Gauck-Behörde 4 12 20 15 20 28früheres BundesgebietBundestag 3 17 44 24 10 3Bundesregierung 2 13 33 32 18 2Landesregierung 3 18 43 25 9 3Stadt-/Gemeindeverwaltung 6 31 43 12 5 7Polizei 17 47 26 7 3 1Gerichte 9 38 34 10 6 3Birthler-/Gauck-Behörde 4 15 15 11 9 46Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Institutionenvertrauen reflektiert naturgemäß die eigenen Erfahrungen und die anhand der individuellenErwartungen vorgenommene Bewertung der Tätigkeit von überwiegend staatlichen bzw. im Auftragdes Staates handelnden Institutionen ebenso wie das dazu über Medien vermittelte Bild (auch inAbhängigkeit, an welchen Medien sich der Einzelne orientiert).Kennzeichnend für Ost- wie Westdeutschland ist kein "volles" oder "viel Vertrauen", sondern eher"etwas", "wenig" und fehlendes Institutionenvertrauen. Das geringe Vertrauen in die politischen Bundes-und Landesinstanzen (Bundestag - 82 %, Bundesregierung - 78 %, Landesregierung - 76 %) offenbarteine existierende Distanz zwischen Politik und Bürgern, d.h. zwischen denen, die regieren, undjenen, welche regiert werden. Das Handeln der gewählten und sich etablierenden Politiker führt offensichtlichnicht zur Vertrauensbildung, sondern eher zur Abkehr.Oft wurde den Ostdeutschen eine tief verinnerlichte Institutionenskepsis zugeschrieben, die mit derÜberpolitisierung gesellschaftlicher Verhältnisse in der DDR begründet wird. Die Aussagen in Ostund West verweisen darauf, dass die mit Wahlen an die Politik gestellten Erwartungen und die danachnicht eingelösten Versprechen einerseits sowie die radikalen Eingriffe in das soziale Sicherungssystemund nicht gelöste Arbeitsmarktprobleme andererseits die kritische und auf Distanz gehende Haltungvertieft haben.Die Frage, ob die eher ablehnenden Einstellungen zu den gesellschaftlichen Institutionen die Demokratiegefährden und bedrohen und ob durch die eher kritische und distanzierte Bewertung die Chan-108


cen für bestimmte politische Reform- und Veränderungspotenziale steigen, kann mit den vorliegendenAussagen nicht beantwortet werden. Fest steht nur, dass der Bürgerwille sich mehr und mehr in entsprechendenneuen und alten Formen (Volksabstimmungen, Netzwerke, Bürgervereinigungen, Interessenverbände)durchzusetzen beginnt.Insgesamt haben nur rd. 15 bis 20 % der Ost- wie Westdeutschen Vertrauen in die Bundes- bzw. Landesinstitutionen(Bundestag: Ost 15 %/West 20 %; Bundesregierung: Ost 20 %/West 15 %; Landesregierungen:Ost 20 %/West 21 %). Dem Bürger am nächsten agierende Institutionen wie die Gemeinde-und Stadtverwaltungen werden von rd. einem Drittel akzeptiert (Ost 30 %/West 37 %). Am höchstenist das Vertrauen in die Arbeit der Polizei (Ost 48 %/West 64 %) und Gerichte (Ost 32 %/West47 %) - mit deutlichen Unterschieden positiver Bewertungen in den alten Bundesländern. Die Bundesbehördefür die Stasi-Unterlagen - im Allgemeinen als Birthler-Behörde (vormals Gauck-Behörde)bezeichnet - genießt bei rd. 16 % im Osten und 19 % im Westen "volles" bzw. "viel Vertrauen". Kennzeichnendist hier eine hohe "Enthaltungsrate", indem 25 % im Osten bzw. 40 % im Westen mit "ichweiß nicht" antworten und weitere 6 % bzw. 3 % überhaupt keine Antwort geben, darunter 18- bis25-Jährige in Ost wie West mit 72 % "ich weiß nicht".Die Haltung zu politischen Institutionen, im Besonderen der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen, istüberdurchschnittlich geringes Vertrauen - offensichtlich jene Altersgruppe mit der höchsten "Betroffenheitsquote"der div. Sozialreformen. Andere ältere Bürger vor allem in den neuen Bundesländernreflektieren gemachte Erfahrungen der letzten Jahre, während in den alten Bundesländern die Ältereneine überdurchschnittlich hohe Vertrauensquote ausweisen.Abbildung 6.6: Vertrauen in Bundestag und Bundesregierung - nach Altersgruppen und Regionen- <strong>2010</strong> - in Prozent - (nur Antworten: "volles Vertrauen"/"viel Vertrauen")4035neue Länderfrüheres Bundesgebiet neue Länderfrüheres Bundesgebiet3025BundestagBundesregierung2015323510518 1991216 1712 111712181013201714915018-24 Jahre25-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60 Jahre u.ält.18-24 Jahre25-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60 Jahre u.ält.18-24 Jahre25-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60 Jahre u.ält.18-24 Jahre25-39 Jahre40-49 Jahre50-59 Jahre60 Jahre u.ält.Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)109


7. Zukunftserwartungen7.1 Zwischen Hoffnungen und BefürchtungenÜber den Gesamtzeitraum seit 1990 sind sinkende Hoffnungen und steigende Befürchtungen fürdie neuen Bundesländer charakteristisch. Insbesondere junge Ostdeutsche und ältere Bürger in Ostwie West gehen in höherem Maße von negativen Erwartungen aus.Tabelle 7.1: "Wenn Sie an die Entwicklung in den nächsten Wochen denken, haben Sie dann ...?"- neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebietinkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt) - in Prozent -neue Länder und Berlin-OstfrüheresBundesgebietDeutschland1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>vor allem Hoffnungen 26 33 31 12 13 20 19vor allem Befürchtungen 5 16 15 32 27 23 24sowohl Hoffnungen als auchBefürchtungen47 47 50 49 53 50 51ich weiß nicht 4 4 4 3 5 4 4ohne Antwort 19 1 1 4 2 2 2Datenbasis sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.)Die Möglichkeiten, mittels eigener Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten eine bessere Lebensqualitäterreichen bzw. den erreichten Standard halten zu können, werden in nicht unbedeutendem Maßevon den Rahmenbedingungen, welche die Gesellschaft, in der der Einzelne lebt, bestimmt. Der eigeneEinfluss kann weitgehend nur vorhandene Spielräume nutzen. Die Zukunft eines Arbeitslosen aufArbeit in einer Gesellschaft, in der auf 100 Arbeitsuchende nur 10 Arbeitsplätze kommen, ist nichtallein von seinem Willen abhängig. Die Möglichkeiten eines Rentners, sein Alterseinkommen erhöhenzu können, ohne die Möglichkeit individueller Vorsorge gehabt zu haben, sind begrenzt.Wie das Leben des einzelnen Bürgers in der DDR bis 1990 auch verlaufen sein mag, die ökonomischenund politischen Verhältnisse stießen auf zunehmende - wenn auch nicht öffentlich artikulierte -Kritik. Der mehrheitlich gewünschte gesellschaftliche Umbruch führte zu Hoffnungen auf nicht nurveränderte, sondern verbesserte Lebensverhältnisse und zunächst weniger zu Befürchtungen über dieweitere Entwicklung. Dabei ging es den Bürgern keineswegs nur um den Zugang zur DM, sondern umErwartungen, die über materiellen Wohlstand hinaus auch Gerechtigkeit, soziale Sicherheit und Freiheitgewährleisten sollten.Als zum Jahreswechsel 1989/90 am Brandenburger Tor und in ganz Deutschland die erreichten Ergebnisseder friedlichen Revolution in der DDR und die sich abzeichnenden Schritte zur deutschenVereinigung gefeiert wurden, waren es überwiegend Hoffnungen auf eine andere Zukunft, welche die16,4 Millionen Bürger der DDR damit verbanden.Die Jahre ab 1990 unterliegen seitdem in den neuen Bundesländern einem Wechselspiel von steigendenHoffnungen - insbesondere von 1991 bis 1994, von 1997 bis 2000 sowie 2009/<strong>2010</strong> - und zunehmendenBefürchtungen (1990/91, 1994 bis 1997, 2000 bis 2003, 2007 bis 2008). Hoffnungen stiegenzunächst noch im Umfeld der Wahlen 1994 bzw. 1998 - Wahlversprechen Glauben schenkend (insbesondere1998/99).Von den "blühenden Landschaften", über die Rentenangleichung bis zum Jahr 1995 sowie ständigen"Halbierungs"-versprechungen zur Arbeitslosigkeit reicht die Palette Hoffnungen erweckender Äuße-110


ungen führender Politiker. Seit Beginn des neuen Jahrtausends wurden Hoffnungen auf Verbesserungenzunächst nur mit äußerster Vorsicht gemacht und auf weite Horizonte verschoben. Seit 2003 werdendie Auf- und Abschwünge kürzer. Ehe der seit 2007 verkündete Aufschwung die Massen erreichte,fiel die Wirtschaft in die Finanzkrise und Milliarden, die bis zu diesem Zeitpunkt für die Verbesserungder Lebenslagen nicht zur Verfügung standen, mussten dem Finanzkapital geopfert werden.In Deutschland äußerten Anfang des Jahres <strong>2010</strong> rd. 20 % vor allem Hoffnungen hinsichtlich der weiterenEntwicklung, 24 % vor allem Befürchtungen und 51 % sowohl Hoffnungen als auch Befürchtungen.Dabei war das Bild in Ost und West durchaus unterschiedlich. Während im Westen 20 % derab 18-jährigen Bürger für sich vor allem Hoffnungen sahen, waren es im Osten nur 13 %. Analog sahenim Osten 27 % eher Befürchtungen, und damit mehr als im Westen mit 23 %.Kennzeichnend ist die Unterschiedlichkeit bezüglich der unmittelbaren künftigen Entwicklung seitensder Aussagen jüngerer Bürger (bis 25. Lebensjahr), welche in den alten Bundesländern in deutlichhöherem Maße hoffnungsvoller bewertet wird (28 %) als im Osten (16 %), ganz offensichtlich Realitätder Unterschiedlichkeit der Ausbildungs-, Arbeits- und Einkommensbedingungen (vgl. Abbildung7.1). Das gilt analog auch für den großen Anteil von Arbeitslosen in den neuen Bundesländern mitBefürchtungen (44 %).Kennzeichnend sind in Ost wie West die hohen Anteile Älterer bzw. Bürger ab 50. Lebensjahr, welchefür sich eher Befürchtungen hervorheben.Abbildung 7.1: "Wenn Sie an die Entwicklung in den nächsten Wochen denken, haben Sie dann ...?"- nach Regionen und Altersgruppen - <strong>2010</strong> - in Prozent* -8060neue Länderfrüheres Bundesgebiet4020162 0232 613 102 8 2 972 6282 92820 17 152 62 4 2 4 2 4040 52 56 58 52 58 48 48 48 52-20-2 0-2 6-2 8 -2 9-2 6-2 9-2 4 -2 4 -2 4-2 6-40-2 929-66 20-2 0-2 626-2 7 -3 2-1 818 -2 3232732-2 929 -2 727-6018-24Jahre25-39Jahre40-49Jahre50-59Jahre60 Jahreu.ält.18-24Jahre25-39Jahre40-49Jahre50-59Jahre60 Jahreu.ält.* Differenz zu 100 = ich weiß nicht/ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)vor allem Hoffnungen sowohl als auch vor allem Befürchtungen111


7. Zukunftserwartungen7.2 Zukunftserwartungen - allgemein - ZukunftszufriedenheitHinsichtlich der Zufriedenheit mit der eigenen Zukunft gibt es ein relativ einheitliches Bild inDeutschland. Insbesondere Jüngere gehen in Ost wie West von Verbesserungen aus, Ältere aus denneuen Bundesländern eher von Verschlechterungen. Arbeitslose aus den alten Bundesländern sehenihre Zukunft optimistischer als Arbeitslose aus dem Osten.Tabelle 7.2:"Wie wird sich Ihr Leben ganz allgemein in den nächsten fünf Jahren verändern?"- nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -vermutlichverbessernso sein wieheutevermutlichverschlechternich weißnichtohneAntwortDeutschland 20 41 25 13 2neue Länder 16 40 28 14 2früheres Bundesgebiet 21 41 24 13 1GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 Jahre und älterErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)1813682785415101724703919832034neue Länder414014394538494328früheres Bundesgebiet453719344644484021253191127463524481929610243233243615129211810101514178518111612169132212221001140Kennzeichnend für die Qualität einer Gesellschaft sind neben der realen Situation vor allem die Zukunftsaussichten,d.h. die Vorstellungen des Einzelnen über seine Entwicklung und die absehbarenRealisierungschancen. Insofern reflektieren sich vorhandene soziale Differenzierungen auch in derZufriedenheit mit den Zukunftsaussichten für den Einzelnen.Bezogen auf die eigene künftige Situation gibt es ein relativ einheitliches Bild bzw. übereinstimmendeVorstellungen. 20 % aller ab 18-jährigen Bürger gehen davon aus, dass sich ihr Leben in den nächsten5 Jahren verbessern wird - insbesondere naturgemäß junge Menschen unter 25 Jahren. Von Verschlechterungengehen 25 % aus - vor allem ab 50. Lebensjahr - und 41 % gehen für ihre eigene Zukunftnicht von Veränderungen aus. Zwei spezifische Aspekte sind hervorhebenswert: Arbeitslose ausden alten Bundesländern gehen in weitaus geringerem Maße von künftigen Verschlechterungen, son-112


dern vor allem von Verbesserungen aus - ein Indikator dafür, dass sich Arbeitslosigkeit im Osten stärkerals Dauerzustand verfestigt hat und weniger als zeitweilige Lebensphase. Eine zweite Besonderheitist bezogen auf die Schichtstruktur erkennbar, da Verbesserungen im Osten im Besonderen vonAngehörigen der Mittelschicht und oberen Mittelschicht gesehen werden, während diese im Westeneher von Verschlechterungen ausgehen.Im Jahre <strong>2010</strong> waren 33 % der ab 18-jährigen Bürger der neuen Bundesländer mit ihren Zukunftsaussichtensehr zufrieden/zufrieden, 33 % teilweise zufrieden und 30 % unzufrieden/sehr unzufrieden,d.h. es gibt - grob betrachtet - eine Drittelung der Bewertung. In Westdeutschland geben 45 % an, sehrzufrieden/zufrieden zu sein, 32 % teilweise und 20 % sind unzufrieden/sehr unzufrieden.Insbesondere sowohl Jüngere als auch Ältere sind von bestimmendem Einfluss auf positive Bewertungen.Das gilt im Westen mehr als im Osten, wo bei aller Differenzierung ein höheres Maß an Ausgewogenheiterkennbar ist.Insgesamt ist über die Jahre (vgl. Abbildung 7.2) für Ostdeutschland seit 2000 ein starker Abfall derZukunftszufriedenheit zu verzeichnen, der sich seit 2006 wieder ins Positive umkehrt.Wenn mit höherem Lebensalter der Anteil derer, die mit ihren Zukunftsaussichten zufrieden sind,steigt, so ist das Widerspiegelung des erreichten sozialen Status (frei von Arbeitsmarktproblemen) undrelativ "sicherer" Einkommensverhältnisse.Abbildung 7.2: "Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Zukunftsaussichten?" - neue Länder- 1994 bis <strong>2010</strong> - in Prozent -100%1212 21 126 5 7 52 2 3 3 480%21 2127302720 20253340 37483835 34293060%38 3639 3740%393739403534294035 3738 333120%40 4132 31 3240 4233262126162028 2630330%1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong>sehr zufrieden/zufrieden teilweise zufrieden unzufrieden/sehr unzufrieden trifft nicht zu/ohne Antwort* Wertebereiche ohne Beschriftung = 1 ProzentDatenbasis: sfz/leben 1994-<strong>2010</strong> (gew.)113


7. Zukunftserwartungen7.3 Erwartungen an Verbesserungen - VerschlechterungenDie für die individuelle Entwicklung erwarteten Verbesserungen bzw. Verschlechterungen von Lebensbedingungenweisen einerseits eine hohe Übereinstimmung zwischen Ost und West auf wieandrerseits eine hohe Differenzierung nach einzelnen Lebensbereichen. Vor allem hinsichtlich derfinanziellen Absicherung im Alter erwarten Ost wie West deutliche Verschlechterungen.Tabelle 7.3:"Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Bedingungen, um Arbeit zu haben, inunserer Gesellschaft in den nächsten Jahren ändern?" - neue Länder und Berlin-Ost- 1992 bis <strong>2010</strong> - (<strong>2010</strong> Vergleich zu früherem Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowieDeutschland insgesamt) - in Prozent - (nur Befragte von 18 bis 60 Jahren)neue Länder und Berlin-Ost1992 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>eher verbessern 41 14 11 4 11 9 10eher verschlechtern 37 61 59 72 51 55 54keine Veränderung 18 23 23 20 34 35 35ich weiß nicht/ohne Antwort 4 2 7 4 4 1 1Datenbasis sfz/leben 1992-<strong>2010</strong> (gew.)früheresBundesgebietDeutschlandDie Erwartungen an die weitere Entwicklung zwischen einzelnen Lebensbereichen sind sehr differenziert,dabei werden zwischen Ost und West vergleichbare Strukturen sichtbar - Erwartungen auf Verbesserungenwerden vor allem bezogen auf Chancengleichheit, Bildung, Partnerschaft, Kinder undFreizeit ausgesprochen (vgl. Abbildungen 7.3), wie andererseits bezüglich Arbeit, soziale Sicherheitund Gerechtigkeit, Einkommensentwicklung und vor allem Absicherung im Alter Verschlechterungenangenommen werden. Unterschiedliche Aussagen zwischen Ost und West treten im Besonderen beimWohnen und bei der demokratischen Entwicklung auf.Charakteristisch ist jedoch• eine generell geringe Annahme auf künftige Verbesserungen - wenn auch mit zum Teil unterschiedlichenTrends,• mehrheitlich eine Reflexion der Reformpolitik und der geringen Aussichten auf "Kursänderungen"in einer Vielzahl der Bereiche (soziale Sicherheit, Einkommens-Preis-Entwicklung, Demokratie,soziale Gerechtigkeit);• die steigende Erwartung an Verbesserungen in jenen Bereichen, in denen die Politik in den Jahren2008/2009 zum Teil reale Verbesserungen erzielte (Leben mit Kindern) bzw. einen zeitweiligenEffekt bewirkte (Arbeitsmarktentwicklung Kurzarbeit).Die Reformpolitik wirkt (als realisierte Maßnahmen bzw. als Diskussionsgegenstand) direkt auf dieErwartungen:• So folgen die angenommenen Erwartungen im Bereich Arbeit weitgehend der Arbeitsmarktentwicklung(bzw. der über die Medien verbreiteten Entwicklung).• Auch die Stagnation in der Einkommensangleichung, die Lohnzurückhaltung und Preisentwicklungzu Beginn des neuen Jahrhunderts haben die Erwartungen an Verschlechterungen in der Einkommens-Preis-Entwicklungdeutlich stabilisiert.• Die Diskussionen in den Bereichen der Gesundheitsreform erhöhen die Annahme auf zunehmendeVerschlechterungen.Am stabilsten sind die Meinungen im Bereich Partnerschaften - mehrheitlich wird von keinen Veränderungenausgegangen. Offensichtlich ist, dass - da keine/kaum außerfamiliäre/-partnerschaftliche114


Einflüsse wirksam werden - nur bei (im Prinzip gleich bleibender Anzahl von Bürgern) wenigen Verbesserungenbzw. Verschlechterungen angenommen werden.Die Daten des Jahres <strong>2010</strong> belegen, dass die Hoffnungen auf Verbesserungen insgesamt gering ausgeprägtsind. In den Bereichen mit starken individuellen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten wieWohnen, Freizeit, Bildung erwartet die Mehrheit keine grundlegenden Veränderungen der gesellschaftlichenBedingungen dafür.Vor allem für Bereiche, die stärker den politischen Gestaltungsprozessen unterliegen, ist die Annahmevon - weiteren - Verschlechterungen charakteristisch. Das betrifft insbesondere die soziale Absicherungim Alter, die Lohn-Einkommens-Preisgestaltung, die Möglichkeit, Arbeit zu haben, soziale Gerechtigkeit,soziale Sicherheit sowie persönlichen Wohlstand.Die Realitäten des täglichen Lebens lassen offensichtlich die Bürger aller Altersgruppen die Erfahrungensammeln, dass die Marktwirtschaft ihren eigenen Gesetzen folgt, dass auch in der Marktwirtschaftdas "Soziale" nichts ein für alle Mal Gegebenes ist, sondern stets neu eingefordert werden muss.Abbildung 7.3: "Erwarten Sie in Bezug auf die Bedingungen ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -zum Wohnenfür eine harmo. Partnerschaftfür gleiche Chancen im Erw.lebenfür sinnvolle Freizeitgestalt.um mit Kindern zu lebenum sich zu bilden/zu qualifizierenum ein gesundes Leben zu führenLebensbed. f. Familiender natürlichen Umweltdie die persön. Sicherheit betreffenfür allg. zwischenmenschl. Bezieh.für persönlichen Wohlstandfür demokr. Entwicklungum überhaupt Arbeit zu habendie zur soz. Sicherheit gehörensoziale GerechtigkeitLohn-Einkom.-Preisgestaltungfin. Absicherung im AlterVerbesserungen keine Veränderungen Verschlechterungenneue Länder16152015152019147157127118832329302727282522232323219201717141277121417172221202323232527272830323292027142129193535433137385050596275für gleiche Chancen im Erw.lebenum sich zu bilden/zu qualifizierenfür eine harmo. Partnerschaftfür sinnvolle Freizeitgestalt.um mit Kindern zu lebenum ein gesundes Leben zu führenzum WohnenLebensbed. f. Familiendie die persön. Sicherheit betreffenfür demokr. Entwicklungfür persönlichen Wohlstandfür allg. zwischenmenschl. Bezieh.der natürlichen Umweltum überhaupt Arbeit zu habendie zur soz. Sicherheit gehörensoziale Gerechtigkeit2525141424211116101113815107Lohn-Einkom.-Preisgestaltung8fin. Absicherung im Alterfrüheres Bundesgebiet72828252533333232212124243131222228282727222226261818171719191616613137 714<strong>2010</strong>15272721332929383446535154607890 80 70 60 50 40 30 20 100 10 20 30 40 50 60 70 80 90Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)115


7. Zukunftserwartungen7.4 Erwartungen und Zufriedenheiten GesundheitswesenDie Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen ist gering ausgeprägt, ebenso wie positive Erwartungenan die künftige Entwicklung. Rd. ein Drittel der Bürger ist unzufrieden und erwartet weitereVerschlechterungen.Tabelle 7.4: Bewertungen Gesundheitswesen - neue Länder und Berlin-Ost - 1990 bis <strong>2010</strong> (<strong>2010</strong>Vergleich zum früheren Bundesgebiet inkl. Berlin-West sowie Deutschland insgesamt)- in Prozent* -Zufriedenheit mitGesundheitswesenneue Länder und Berlin-Ost1990 1995 2000 2005 <strong>2010</strong>sehr zufrieden/zufrieden 29 63 41 19 24 30 28teilweise zufrieden 34 27 41 37 41 36 37unzufrieden/sehr unzufrieden 34 8 18 42 33 32 32Erwartungen an GesundheitsentwicklungVerbesserungen 52 32 23 11 19 22 21keine Veränderung 33 55 55 44 45 48 47Verschlechterungen 6 11 19 34 29 27 28* Differenz zu 100 = ohne AntwortDatenbasis: sfz/leben 1990-<strong>2010</strong> (gew.früheresBundesgebietDeutschlandGesundheit hat bei den Bürgern insgesamt einen hohen Stellenwert. <strong>2010</strong> hielten 63 % aller ab18-Jährigen sie in ihrem Leben für sehr wichtig (Ost 59 %/West 64 %). Auch hinsichtlich der Zufriedenheitswertesowie der Erwartungen an die weitere Entwicklung im Gesundheitswesen gibt es mit24 % Zufriedenen in den neuen Ländern und 30 % in den alten Bundesländern ein vergleichbares,niedriges Bewertungsniveau.Nur rd. jeder fünfte Bürger (21 %) geht in der Zukunft von Verbesserungen aus, aber 28 % von Verschlechterungen.Vor allem in den neuen Ländern verweist die Entwicklung der Umfragewerte zur Zufriedenheit mitdem Gesundheitswesen deutlich auf:• den raschen Anstieg positiver Wertungen bis Mitte der 90er Jahre (von 29 % auf 63 % zufrieden)im Ergebnis insbesondere des verbesserten Zugangs zu qualitativ hochwertigerer Medizintechniksowie eines breiteren Arznei- und Hilfsmittelangebots;• die deutliche Abnahme der Zufriedenheitswerte bis in die Mitte des neuen Jahrzehnts (19 %) imVerlauf der Umsetzung der "Gesundheitsreform"-Maßnahmen. Zunächst vorhandene kurzzeitigeHoffnungen auf Veränderungen mit dem Regierungswechsel zu "rot-grün" (1998) verflogen rasch;• die Stabilisierung der Zufriedenheitswerte auf niedrigem Niveau mit Beginn der großen Koalition- nicht zuletzt vor dem Hintergrund sich ständig widerstreitender Positionen zum "Gesundheitsfonds"sowie der "Kopfpauschale" ("einkommensunabhängige Gesundheitsprämie");• die abnehmende Zufriedenheit, die im Besonderen die Geburtsjahrgänge bis 1940 betrifft - d.h. derseinerzeitigen 50-Jährigen und heutigen ab 70-Jährigen - mit sinkenden Werten von 39 % (1990)auf 32 % (<strong>2010</strong>).116


Inzwischen gehen auch 29 % der Bürger von sich weiter verschlechternden Bedingungen im Gesundheitsbereichaus - auch hier deutlich verbunden mit der Diskussion und dem Wirksamwerden der Gesundheitsreform.Die geringen Vorstellungen auf Verbesserungen im Gesundheitsbereich reflektieren die seit Jahrenpraktizierten Eingriffe in Finanzierung und Leistungen zu Ungunsten der Bürger in Verbindung miteiner sich entwickelnden Zwei-Klassen-Medizin (Verteuerung medizinischer Leistungen sowie derzunehmenden "Patienten-Beteiligung" - Arztgebühren/höhere Zuzahlungen/Sonderbeiträge der Arbeitnehmerusw.).Der seit Beginn des neuen Jahrzehnts realisierte Umbau in Richtung zunehmender Privatisierung derKrankenversicherung mit unterschiedlichen Beitrags- und Leistungsbedingungen führt zu einer weiterenEntsolidarisierung. 14 % der ab 18-jährigen Bürger waren <strong>2010</strong> nach ihren Angaben privat versichert- 7 % im Osten, 16 % im Westen.Während in den alten Bundesländern mit dem Alter der Anteil der Privatversicherten ansteigt, gilt dasfür die neuen Länder aufgrund der historischen Entwicklung bis 1990 nicht - im Gegenteil. Die Abhängigkeitenvom Einkommen lassen einen übereinstimmenden Zusammenhang bei den höheren Einkommensgruppenerkennen.Das durchschnittliche individuelle Einkommen der privat Versicherten lag in den alten Bundesländernbei rd. 2.400 Euro, in den neuen Bundesländern bei 2.800 Euro deutlich über dem jeweiligen regionalenDurchschnitt. Damit verbunden waren höhere Zufriedenheiten mit dem Gesundheitswesen einerseits,aber keine Unterschiede hinsichtlich der künftigen Erwartungen.Abbildung 7.4: Anteil der Pflichtversicherten - gesetzliche Krankenversicherung - nach Regionen,Alter und individuellem Einkommen - <strong>2010</strong> - in Prozent -10080604093 90 89 89 92848797 98 989278 799892875658200insgesamt 25-39Jahre40-49Jahre50-59Jahre60 Jahreu.ält.bis 999Euro1.000-1.499Euro1.500-1.999Euro2.000Eurou.dar.neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)117


7. Zukunftserwartungen7.5 Rente mit 67Nur jeder 10. Bürger zwischen 18 und 64 Jahren unterstützt das Modell "Rente mit 67". Insbesondereab 40-Jährige treten für einen Rentenbeginn vor dem 65. Lebensjahr ein. Die hohe Quote derRente mit Abschlägen bei Neurentnern spricht gegenwärtig gegen die Rente mit 67.Tabelle 7.5: "Wann sollte der allgemeine Renteneintritt erfolgen?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (18 bis 64 Jahre)unter 65Jahrenunter 65 Jahren,aber mitAbschlägenmit 65Jahrenmit 67JahrenohneAntwortDeutschland 45 14 30 10 1neue Länder 51 14 29 5 1früheres Bundesgebiet 44 14 31 11 1GeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 bis 64 JahreErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMGeschlechtAlterweiblichmännlich18 bis 24 Jahre25 bis 39 Jahre40 bis 49 Jahre50 bis 59 Jahre60 bis 64 JahreErwerbsstatuserwerbstätigarbeitslos/apMDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)574540525157435155533540365344454730neue Länder12172112141118158früheres Bundesgebiet14135121019241617Die Diskussion um die Rente mit 67 wird anlässlich der gesetzlich festgeschriebenen bevorstehenden"Bestandsprüfung" auf deren Richtigkeit gegenwärtig erneut belebt. 48 Die Positionen der Bürger sindeindeutig: nur 10 % der 18- bis 64-Jährigen sprechen sich für das Modell "Rente mit 67" aus, 30 %sind für den Renteneintritt mit 65 Jahren und 59 % unterstützen einen Rentenbeginn vor dem 65. Lebensjahr(darunter 14 % unter Hinnahme von Abschlägen).Die Positionen sind zwischen Ost und West relativ übereinstimmend, mit einer stärkeren Unterstützungeines vorzeitigen Renteneintritts im Osten - offensichtlich Ausdruck der höheren Anteile an Arbeitslosigkeit.Generell ist festzustellen:• Frauen in Ost wie West treten eher für eine vorzeitige Berentung ein;• Jüngere in Ost wie West unterstützen den regulären Eintritt mit 65 Jahren;27313827282732263730324332272926294637-96317-41912208748621--1271-01--2111148Vgl. hierzu die Monitoring-Berichte des "Netzwerks für eine gerechte Rente", Nr. 1 bis 4, Berlin 2008 bis <strong>2010</strong>.118


• Arbeitslose in den alten Bundesländern unterstützen in hohem Maße die Rente mit 65 Jahren;• in den alten Bundesländern findet das Modell "Rente mit 67" eine moderate höhere Zustimmung(11 %) als im Osten (5 %) - das im Besonderen bei Männern aus den alten Ländern (19 %).Für die Einführung der Rente mit 67 sind gegenwärtig keine Voraussetzungen gegeben. Der Anteil derarbeitslosen Bürger ab 50 Jahre ist seit 2004/2005 durchgängig angestiegen und liegt im Juli <strong>2010</strong> mitrd. 908.000 Bürgern bei über 8 %. Im Durchschnitt sind in den alten Bundesländern 7 % und den neuenLändern 13 % der älteren Bürger arbeitslos - das sind jeweils die höchsten Quoten aller Altersgruppen.Hinzu kommt, dass der Anteil prekärer Beschäftigung in diesen Altersgruppen gleichfalls zugenommenhat. Gegenwärtig und in naher Zukunft ist das Heraufsetzen des Renteneintrittsalters einSchritt zur weiteren Rentenkürzung und Altersarmut. Das belegen auch die Entwicklungen im Rentenzugang.Die Zahl der Bürger, welche mit Abschlägen in die Rente gehen ist in den Jahren seit 2001 deutlichgestiegen. Waren es seinerzeit rd. 245.000 Versicherte, 49 welche freiwillig (mehr oder weniger) mitEintritt in die Rente diese Möglichkeit nutzten, so stieg bis 2009 deren Anzahl auf rd. 482.000 - das isteine Steigerung auf 197 %. Die dabei erfolgte durchschnittliche Rentenminderung - welche 2001 noch43,44 Euro pro Monat betrug - stieg bis 2009 auf 102 Euro pro Monat (brutto), was einer Steigerungauf 235 % entspricht. Das heißt, dass 55,4 % aller Rentenneuzugänge der gesetzlichen Rentenversicherungim Jahr 2009 sich für vorzeitigen Rentenzugang mit Rentenabschlägen auf Lebenszeit entschiedenhaben (entscheiden mussten). Bei einer durchschnittlichen Rentenlaufzeit von 18 Jahren bedeutetdas eine Einkommensminderung von über 20.000 Euro. Der Anteil der Rentenzugänge mit Abschlägenbetrug 2009 bei Männern in den alten Bundesländern 50,8 % und bei Frauen 52,4 %. In denneuen Ländern lagen die vergleichbaren Werte für Männer bei 65,8 % und für Frauen bei 82,1 %.Dieser Vergleich verweist darauf, dass im Osten der Hauptanteil der Neuzugänge mit Abschlag dieseLösung für sich in Anspruch nimmt, weil der Rentenzahlbetrag über dem sonst möglich zu erzielendemEinkommen liegt bzw. aufgrund von Festlegungen mit der Arbeitsagentur erfolgen musste. In denalten Bundesländern sind es eher Neurentner, welche zeitiger in die Rente wollen und es sich leistenkönnen, ebenso wie analoge Fälle im Osten.Abbildung 7.5: Abschläge im Rentenzugang - 2001 bis 2009 - nach Regionen und Geschlecht- in Prozent -100alte Bundesländerneue BundesländerMänner Frauen Männer Frauen80604020028,338,94246,951,550,75352,650,820012002200320042005200620072008200930,336,436,438,639,540,349,151,552,420012002200320042005200620072008200938,452,959,467,873,972,170,968,665,8200120022003200420052006200720082009Quelle: Rentenversicherung in Zahlen <strong>2010</strong>, Berlin <strong>2010</strong> S. 56 sowie DRV Rentenversicherung in Zeitreihen, Berlin 2009 S. 6355,368,469,973,475,774,97920012002200320042005200620072008200981,482,149Quelle: Rentenversicherung in Zahlen <strong>2010</strong>, Berlin <strong>2010</strong> S. 56 sowie DRV - Rentenversicherung in Zeitreihen, Berlin2009, S. 63.119


7. Zukunftserwartungen7.6 SolidarfondsIm Gegensatz zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit wird notwendiger finanzieller Mitteleinsatz zur"Angleichung" im Westen nicht unterstützt. Der existierende Interessengegensatz Ost-West wirdauch deutlich an der Haltung zum Solidaritätsfonds, der im Westen von rd. 60 % als ungerechtempfunden wird.Tabelle 7.6:"In der Politik werden Schwerpunkte festgesetzt, für welche Steuermittel verwendetwerden. Welches sind für Sie die drei wichtigsten Bereiche?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -neue LänderfrüheresBundesgebietDeutschland% Rang % Rang % RangBeseitigung der Arbeitslosigkeit (Beschäftigungsförderung) 67 1 65 1 65 1Angleichung der Lebensverhältnisse Ost-West 61 2 14 7 24 6niedrigere Steuern und Abgaben (mehr Netto vom Brutto) 51 3 60 2 58 2Chancengleichheit in der Schulbildung 45 4 55 3 53 3Förderung strukturschwacher Regionen 28 5 20 6 21 7Kampf gegen Klimawandel (Förderung erneuerbarer Energien) 24 6 45 4 40 4Bewahrung innerer Sicherheit (Ausbau Polizei und Terrorabwehr) 24 7 36 5 33 5Förderung kultureller Vielfalt 7 8 5 9 5 8Integration von Migranten 3 9 5 8 5 9Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Die von den Bürgern zu benennenden Bereiche des Einsatzes von Steuermitteln offenbaren einerseitseine weitgehende Deckungsgleichheit in dem von den Bürgern gesetzten Schwerpunkt - an vordersterStelle die Reduzierung bzw. Beseitigung der Arbeitslosigkeit in Ost (67 %) wie West (65 %). Zugleichwird der existierende Interessengegensatz deutlich, da die Angleichung der Lebensverhältnisse mit61 % im Osten (Rang 2) und 14 % im Westen (Rang 7) deutlich divergiert. Danach folgen übereinstimmend:Senkung der Steuern, Bildung, Klimaschutz (im Osten Unterstützung strukturschwacherRegionen). Abgeschlagen folgt der notwendige Mitteleinsatz für die Förderung kultureller Vielfalt undIntegrationsförderung ("warum Ausländer unterstützen, wenn es nicht einmal für Deutsche reicht").Die Rangfolge für Deutschland - die vom westdeutschen Meinungsbild aufgrund des höheren Bevölkerungsanteilsbestimmt wird - schiebt die für Ostdeutsche wichtige Beseitigung der Ungleichheiten/Ungleichwertigkeitensowie die Förderung strukturschwacher Regionen auf die hinteren Rangordnungen.Wenn die Politik sich in Richtung einer nicht mehr vorrangigen Förderung des Ostens orientiert,kann sie sich "auf Volkes Meinung" berufen. "Wir sind das Volk" ist inzwischen die Minderheit.Die zum Teil vorhandene Unversöhnlichkeit des "Interessenkonfliktes" zwischen Ost und West wirdauch an der Haltung zum Solidarzuschlag zugunsten der neuen Länder sichtbar. Dieser seit 1991 erhobeneZuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer (5,5 %) - begründet mit den Kosten derEinheit (Angleichung an das Wirtschaftsniveau West), aber auch des Golfkrieges und der Unterstützungvon ost-, südost- und mitteleuropäischen Ländern - wird in Ost- wie Westdeutschland erhobenund fließt voll in den Bundeshaushalt - das Aufkommen des Solidaritätszuschlags betrug im Jahr 2009rd. 12 Milliarden Euro. Seit Jahren wird die Debatte um die Beseitigung des Soli-Beitrages geführtund mit Verschwendung, nicht sachgerechter Verwendung, fehlender Notwendigkeit u.ä. begründet,zum Teil auch für ein abflachendes Realeinkommen in Westdeutschland genutzt.120


Insofern reflektieren die Aussagen der Bürger diese Positionen: 14 % der Ostdeutschen und 60 % derWestdeutschen halten den Solidarfonds für nicht gerecht. 77 % der Westdeutschen sind dagegen, dasser so wie gegenwärtig erhalten bleibt - im Gegensatz zu 34 % der Ostdeutschen. Während im Westendie Auffassung im Wesentlichen von allen Gruppen geteilt wird, sind es im Osten vor allem Bürgermit einem höheren/hohen individuellen und Familien-Netto-Einkommen, welche sich gegen den Erhaltaussprechen.Als vorrangige Verwendungsbereiche des Soli-Fonds werden vor allem strukturschwache Regionen inOst und West, eine verbesserte Bildung und Ausbildung in Ost und West (60 bis 70 %) unterstütztsowie der Einsatz zur Umsetzung sozialer Reformen in den Bereichen Gesundheit/Pflege/Rente. EineVerwendung für internationale Entwicklungshilfe bzw. die Finanzierung militärischer Auslandseinsätzefindet berechtigterweise nur bei 2 bis 5 % der Bürger entsprechende Unterstützung.Die ständig in der Diskussion gehaltene erforderliche Aufhebung des Soli-Fonds als "permanenteUmverteilung auf Kosten der westdeutschen Steuerzahler zugunsten der Ostdeutschen" - wie sie imVorfeld von Wahlen immer wieder hochkommt - hat nicht unmaßgeblich zur Stabilisierung der mentalenTrennung Ost-West beigetragen.Abbildung 7.6: "Halten Sie den Solidarzuschlag zu Gunsten der neuen Länder, in den alleErwerbstätigen aus Ost und West einzahlen, für ...?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent -neue Länderfrüheres B undesgebietgerechtungerecht1447327ist miregal/o.Antw.ungerecht6021173gerechtist miregal/o.Antw.kann ichnicht beurteilenkann ichnicht beurteilenDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)121


7. Zukunftserwartungen7.7 Konzeptentwicklung notwendigDie Mehrheit der Bürger in Deutschland hält ein Konzept zur Angleichung der Lebensverhältnissefür erforderlich. Während Ostdeutsche die Verantwortung dafür vor allem bei der Bundesregierungsehen, betonen die westdeutschen Bürger im Besonderen die Verantwortung der ostdeutschen Bundesländer.Drei Viertel der Westdeutschen und ein Drittel der Ostdeutschen wenden sich gegen denSolidaritätszuschlag in der gegenwärtigen Struktur.Tabelle 7.7:"Was meinen Sie, trifft es zu, dass es an einem Konzept für die weitere Angleichungder Lebensverhältnisse fehlt, und wenn ja, von wem?" - nach Regionen - <strong>2010</strong>- in Prozent - (Mehrfachantworten möglich)ja,trifft zuneue Ländertriffteher zutrifft ehernicht zutrifft nichtzu/ohne Antwortdurch die Bundesregierung 51 26 11 12die ostdeutschen Landesregierungen gemeinsam 12 24 39 26die einzelnen ostdeutschen Länder 7 23 37 32die Gewerkschaften 32 30 22 15andere nichtstaatliche Organisationen 20 36 23 20alle Kräfte an einem "Runden Tisch" 46 29 11 13früheres Bundesgebietdurch die Bundesregierung 28 28 16 28die ostdeutschen Landesregierungen gemeinsam 24 32 19 25die einzelnen ostdeutschen Länder 18 26 26 30die Gewerkschaften 19 32 19 30andere nichtstaatliche Organisationen 18 28 24 30alle Kräfte an einem "Runden Tisch" 38 29 13 21Datenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)Der in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Angleichungsprozess bis 2019 bedarf gemeinsamerAktionen aller gesellschaftlichen Kräfte. Die Auffassungen dazu sind mehrheitlich, dass ein speziellesKonzept zur weiteren Angleichung erforderlich sei - wenn das auch mit unterschiedlichemNachdruck vertreten wird. Während in Ostdeutschland 85 % der Bürger aufgrund des erreichten Standesder deutschen Einheit ein spezielles Konzept durchaus für erforderlich halten, sind nur 61 % derWestdeutschen dieser Meinung.Wesentlich differenzierter sind die Aussagen bezogen auf die dafür Verantwortlichen. Kennzeichnenddabei ist, dass Ostdeutsche die Verantwortung dafür vor allem bei der Bundesregierung sehen, währenddie Mehrheit der westdeutschen Bürger im Besonderen die Verantwortung der ostdeutschen Bundesländer(insgesamt und einzeln) hervorhebt.Die hohe Verantwortung, welche seitens der Ostdeutschen der Bundesregierung überantwortet wird -77 % der Bürger sehen diese in der Pflicht, im Gegensatz zu 56 % der Westdeutschen - resultiert offensichtlichweniger aus "traditionell-zentralistischen Denkstrukturen, sondern vielmehr aus der Ansicht,dass die bisher nicht erfolgte Angleichung lt. Staatsvertrag/Einigungsvertrag von 1990 weitgehendErgebnis der Bundespolitik ist (zwei Wirtschaftsgebiete/zwei Rentenrechtsgebiete/Abbau derInfrastrukturen usw.). Man erwartet erforderliche Entscheidungen auf Bundesebene, noch dazu, dasich die Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung in einem eigenständigen Abschnitt zu ihrerVerantwortung bekannt hat.122


Was jedoch fehlt ist ein konkretes Konzept mit abrechenbaren Aufgabenstellungen und terminlichenAbläufen. Solange die Bundesregierung z.B. 20 Jahre nach der Vereinigung unterschiedliche MindestlöhneOst-West festlegt, keine Rentenangleichung durchsetzt usw., so lange hat die Bundesregierungihre Verantwortung in dieser Hinsicht nach Meinung der Bürger nicht gelöst. Seitens der Bundesregierungwird ein spezifisch inhaltliches Konzept jedoch nicht für notwendig erachtet. "Die Erarbeitungeines Stufenplanes zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse erachtet die Bundesregierung alsnicht sinnvoll" 50 .Wenn seitens der westdeutschen Bürger den Landesregierungen eine relativ hohe Verantwortung zugesprochenwird, so steht das nicht im Gegensatz zu den Meinungen der Bürger der neuen Länder,sondern belegt, dass die Entwicklung Ostdeutschlands für große Teile der Bürger der alten Länder alsein "normales Problem" wie zwischen Bayern und Schleswig-Holstein gesehen wird und nicht alsflächendeckendes Relikt eines nicht realisierten Einigungsvertrages. Das schließt die Verantwortungder Landesregierungen überhaupt nicht aus.Die Verantwortung der Gewerkschaften wird offensichtlich bezogen auf nach wie vor ausgehandelteunterschiedliche Tarife für den Osten und Westen, aber auch fehlende Grundpositionen, z.B. zur Angleichungdes aktuellen Rentenwertes.Nicht zu übersehen ist aber auch (vgl. Abbildung 7.7), dass der Arbeit parteienübergreifender, sachorientierter"Runder Tische" in Ost wie West insgesamt ein hoher Stellenwert beigemessen wird, derim Westen an erster Stelle, im Osten nach der Regierungsverantwortung an zweiter Stelle rangiert.Abbildung 7.7: "Wer ist Ihrer Meinung nach für eine Konzeptentwicklung zur Angleichungbis 2019 zuständig?" - nach Regionen - <strong>2010</strong> - in Prozent -(nur Antworten: "trifft zu"/"trifft eher zu" - Mehrfachantworten möglich)Bundesregierung5677Runde Tische6775Gewerkschaften5162ostdeutsche Nichtregierungsorganisationen4656ostdeutsche Landesregierungen3656einzelne ostdeutscheBundesländer30440 20 40 60 80 100neue Länder früheres BundesgebietDatenbasis: sfz/leben <strong>2010</strong> (gew.)50Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE "Zum Stand der Deutsche Einheitund der perspektivischen Entwicklung bis 2020", Drucksache 17/4518/2006, S. 4.123


AnlageListe der vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum herausgegebenen Reports<strong>Sozialreport</strong>s<strong>Sozialreport</strong> DDR 1990 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in der DDR, Verlag die Wirtschaft Berlin GmbH,1990, Verlag Bonn Aktuell 1990<strong>Sozialreport</strong> 1992 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, Morgenbuch-Verlag, Berlin1993<strong>Sozialreport</strong> 1994 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, GSFP - Gesellschaft fürsozialwissenschaftliche Forschung und Publizistik, Berlin 1994<strong>Sozialreport</strong> 1995 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, GSFP - Gesellschaft fürsozialwissenschaftliche Forschung und Publizistik, Berlin 1995<strong>Sozialreport</strong> 1997 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, Verlag am Turm GmbH,Berlin 1997<strong>Sozialreport</strong> 1999 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, Verlag am Turm GmbH,Berlin 1999<strong>Sozialreport</strong> 2001 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, trafo Verlag, Berlin 2001<strong>Sozialreport</strong> 2002 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, trafo Verlag, Berlin 2002<strong>Sozialreport</strong> 2004 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, trafo Verlag, Berlin 2004<strong>Sozialreport</strong> 2006 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern (Hrsg.: SozialwissenschaftlichesForschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V. im Auftrag der Volkssolidarität <strong>Bundesverband</strong> e.V.),Berlin 2006<strong>Sozialreport</strong> 2008 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern (Hrsg.: SozialwissenschaftlichesForschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V. im Auftrag der Volkssolidarität <strong>Bundesverband</strong> e.V.),Berlin 2008<strong>Sozialreport</strong>: Sozialreform und soziale Sicherungsziele - Bewertungen und Vorstellungen der Bürger der neuenBundesländer im Jahre 2008, Berlin 2008<strong>Sozialreport</strong> neue Bundesländer - Quartalszeitschrift<strong>Sozialreport</strong> Quartal - Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen BundesländernIII. Quartal 1993 bis IV. Quartal 2001 (32 Hefte) und SonderhefteFrauenreportFrauenreport 1990 (erarbeitet im Auftrag der Beauftragten des Ministerrates für die Gleichstellung von Frauenund Männern, Dr. Marina Beyer), Verlag Die Wirtschaft Berlin GmbH, 1990SeniorenreportsAltenreport 1992 - Zur sozialen Lage und Lebensweise älterer Menschen in den neuen Bundesländern, Morgenbuch-Verlag,Berlin 1993Seniorenreport 1994 - Daten und Fakten zur sozialen Lage älterer Bürger in den neuen Bundesländern, GSFP -Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Forschung und Publizistik, Berlin 1994<strong>Sozialreport</strong> 50+ 1996 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab dem 50. Lebensjahr in den neuenBundesländern, Verlag am Turm GmbH, Berlin 1996<strong>Sozialreport</strong> 50+ 1998 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab 50 Jahre in den neuen Bundesländern,Verlag am Turm GmbH, Berlin 1998<strong>Sozialreport</strong> 50+ 2000 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab 50 Jahre in den neuen Bundesländern,Verlag am Turm GmbH, Berlin 2000<strong>Sozialreport</strong> 50+ 2002 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab 50 Jahre in den neuen Bundesländern,trafo Verlag, Berlin 2002<strong>Sozialreport</strong> 50+ 2005 - Daten und Fakten zur sozialen Lage 50- bis unter 65-Jähriger in den neuen Bundesländern(erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität - <strong>Bundesverband</strong> e.V.), trafo Verlag, Berlin 2005<strong>Sozialreport</strong> 50+ 2007 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab 50 Jahre in den neuen Bundesländern(erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität <strong>Bundesverband</strong> e.V.), Berlin 2007<strong>Sozialreport</strong> 50+ 2009 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Bürgern ab 50 Jahre in den neuen Bundesländern(erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität <strong>Bundesverband</strong> e.V.), Berlin 2009124


ArbeitslosenreportsArbeitslosenreport 1996 - Daten und Fakten zur sozialen Lage Arbeitsloser in den alten und neuen Bundesländern,Verlag am Turm GmbH, Berlin 1996Arbeitslosenreport 1997 - Daten und Fakten zur sozialen Lage Arbeitsloser in den alten und neuen Bundesländern,Verlag am Turm GmbH, Berlin 1997Arbeitslosenreport 1999 - Daten und Fakten zur sozialen Lage Arbeitsloser in den alten und neuen Bundesländern,Verlag am Turm GmbH, Berlin 1999BehindertenreportsBehindertenreport 1994 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von behinderten Bürgern in den neuen Bundesländern,GSFP - Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Forschung und Publizistik, Berlin 1994Menschen mit Behinderungen - Report 2003 - Daten und Fakten zur sozialen Lage von Menschen mit Behinderungenin Deutschland, trafo Verlag, Berlin 2003Länderreports1. Frauenreport Land Brandenburg (Autorenkollektiv), Potsdam 1993Datenbericht: Behindertenreport Sachsen 1993 in: Menschen mit Behinderung. Bericht zur Lage im FreistaatSachsen, Dresden 1994Zweiter Frauenreport Land Brandenburg 1999 (erstellt im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheitund Frauen des Landes Brandenburg), Potsdam 1999<strong>Sozialreport</strong> 50+ - Analyse der sozialen Lage und subjektiven Befindlichkeiten der älteren Generation in Mecklenburg-Vorpommern,Berlin 2000Dokumentation: Renteneinkommen in Mecklenburg-Vorpommern 2004, Berlin 2006<strong>Sozialreport</strong> Mecklenburg-Vorpommern 2007 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in Mecklenburg-Vorpommern (erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.durch das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2007<strong>Sozialreport</strong> Sachsen-Anhalt 2007 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in Sachsen-Anhalt (erarbeitet im Auftragder Volkssolidarität Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. durch das Sozialwissenschaftliche ForschungszentrumBerlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2007Rentenreport Mecklenburg-Vorpommern 2007 - Daten und Fakten zum Renteneinkommen (erarbeitet im Auftragder Volkssolidarität Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. durch das SozialwissenschaftlicheForschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2008Dokumentation: Renteneinkommen in Sachsen-Anhalt 2007 (erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität LandesverbandSachsen-Anhalt), Berlin 2009<strong>Sozialreport</strong> Sachsen 2008 - Daten und Fakten zur sozialen Lage im Freistaat Sachsen (erarbeitet im Auftrag derVolkssolidarität Landesverband Sachsen e.V. durch das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2008<strong>Sozialreport</strong> Land Brandenburg 2008 - Daten und Fakten zur sozialen Lage in Brandenburg (erarbeitet im Auftragder Volkssolidarität Landesverband Brandenburg e.V. durch das Sozialwissenschaftliche ForschungszentrumBerlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2008<strong>Sozialreport</strong> Sachsen-Anhalt 2009 (erarbeitet im Auftrag der Volkssolidarität Landesverband Sachsen-Anhalte.V. durch das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V.), Berlin 2009Darüber hinaus wurde vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V. eine Vielzahlvon Reports und Studien auf kommunaler Ebene bzw. zu spezifischen Sachfragen erarbeitet.125


<strong>Sozialreport</strong> <strong>2010</strong>

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