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Versuch 5: Atmung

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<strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

5.1 Lungenfunktionsprüfung<br />

Aufgaben<br />

� Messung der wichtigsten Lungenvolumina und -kapazitäten.<br />

� Messung der Einsekundenkapazität (Tiffeneau-Test).<br />

� Messung des Residualvolumens mittels der Helium-Einwaschmethode.<br />

Lernziele<br />

� Lungenfunktionsprüfung | Spirometrie | Pneumotachographie | Residualvolumenbestimmung<br />

| Restriktive und obstruktive Ventilationsstörungen<br />

5.1.1 Spirometrie<br />

Eine besonders wichtige und dabei einfache Untersuchungsmethode zur Überprüfung<br />

der Atemfunktion ist die Spirometrie. Mit ihrer Hilfe kann man nicht nur<br />

Störungen der Atemwege diagnostizieren und ihrer Ätiologie entsprechend einordnen,<br />

sondern auch den Erfolg ärztlicher Therapie objektivieren.<br />

Bei pathologischen Veränderungen der spirometrischen Befunde unterscheidet<br />

man normalerweise zwischen restriktiven und obstruktiven Ventilationsstörungen:<br />

– Restriktive Ventilationsstörungen beruhen auf der Einschränkung der Kapazität<br />

des Atemraumes (z.B. reduzierte Dehnbarkeit der Lunge, Trichterbrust,<br />

Wirbelsäulendeformationen etc.).<br />

– Obstruktive Ventilationsstörungen beruhen stets auf Verlegung oder Einengung<br />

der Luftwege (z.B. Asthma bronchiale, spastische Bronchitis, Mucoviszidose etc.)<br />

Bei der Beurteilung der Ventilationsleistung und der verfügbaren Reserven stehen<br />

zwei Untersuchungsmethoden im Vordergrund:


2 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

– Statische Messung: Volumenmessungen zur Bestimmung der Kapazität des<br />

Atemraumes.<br />

– Dynamische Messungen: Bestimmung der Atemzeitvolumina und des Zeitbedarfs<br />

der Ventilation.<br />

In der Klinik wird heute die Lungenfunktionsdiagnostik vorzugsweise mit dem<br />

Verfahren der Pneumotachographie durchgeführt. Das Messprinzip der Pneumotachographie<br />

besteht darin, dass die Atemluft durch ein feinmaschiges Metallnetz<br />

oder parallel geschaltete feine Glasröhrchen, die einen definierten Strömungswiderstand<br />

(R) verkörpern, strömt, und vor sowie hinter dem Widerstand<br />

die Drücke (PV) bzw. (PH) gemessen werden. Da eine laminare Strömung vorausgesetzt<br />

werden darf, sind Druckdifferenz und Atemstromstärke � V zueinander<br />

proportional:<br />

P H<br />

�<br />

V<br />

�<br />

P V<br />

Messkopf<br />

P � P<br />

R<br />

V H<br />

Filter Mundstück<br />

Abb. 5-1 Die <strong>Versuch</strong>sperson atmet über Mundstück und Filter durch einen genau definierten<br />

Strömungswiderstand R, der Hauptbestandteil des Messkopfes ist.<br />

Über zwei Schläuche, die mit dem PowerLab-System verbunden sind, werden<br />

die Drücke PV bzw. PH vor bzw. hinter dem Widerstand erfasst, um daraus<br />

mit Gl. [1] den Atemfluß zu bestimmen.<br />

[1]<br />

5.1 Lungenfunktionsprüfung 3<br />

Durch Integration der Atemstromstärke �<br />

V über der Zeit kann auf das Atemvolumen<br />

geschlossen werden:<br />

V � � V dt � [2]<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Die <strong>Versuch</strong>sperson (VP) atmet mit aufgesetzter Nasenklemme durch den Spirometermesskopf,<br />

der an PowerLab angeschlossen ist. Die zur Druckdifferenz<br />

PV–PH proportionale Atemstromstärke wird fortlaufend integriert. Damit lässt<br />

sich der Zeitverlauf des resultierenden Atemvolumens aufzeichnen.<br />

Jedes der zur Spirometrie vorgesehenen Atemmanöver ist in aufrechter Körperhaltung<br />

durchzuführen und sollte immer aus der Ruheatmung heraus begonnen<br />

werden.<br />

Das Untersuchungsprogramm, das die Bestimmung des inspiratorischen<br />

und exspiratorischen Reservevolumens, der Vitalkapazität, des Atemminutenvolumens<br />

und der Einsekundenkapazität nach Tiffeneau umfasst, ist in Abb. 5-2 in<br />

Form eines Volumenzeitdiagramms wiedergegeben. Sämtliche Volumenmesswerte<br />

sind mit einem aus den aktuellen Umgebungsbedingungen errechneten Umrechnungsfaktor<br />

k (s. S. 4 „Umrechnung der Atemvolumina auf STPD-Bedingungen“)<br />

zu multiplizieren, um auf STPD-Bedingungen zu normieren. Die Ergebnisse<br />

sind in das entsprechende Protokollblatt einzutragen und mit den<br />

Normwerten, die aus den am Arbeitsplatz ausliegenden Nomogrammen abzulesen<br />

sind, zu vergleichen.<br />

Im Einzelnen sind folgende Volumina bzw. Kapazitäten aus den der Messung<br />

direkt zugänglichen Grössen zu berechnen (s. Ergebnisprotokoll):<br />

Atemminutenvolumen AMV = AZV � f<br />

Vitalkapazität VC = ERV + AZV + IRV<br />

Totale Lungenkapazität TLC = VC + RV<br />

Einsekundenkapazität ESC = FEV1/VC<br />

Um eine obstruktive Ventilationsstörung zu simulieren, soll die <strong>Versuch</strong>sperson<br />

über einen in Serie zum Messkopf geschalteten dünnen Schlauch atmen und unter<br />

dieser Atemwegsbehinderung den Tiffeneau-Test wiederholen.<br />

Eine restriktive Ventilationsstörung erfährt die <strong>Versuch</strong>sperson ansatzweise,<br />

wenn sie in stark nach vorn gebeugter Haltung mit einwärts gedrehten Schultern<br />

atmet. In diesem Fall ist die Vitalkapazität eingeschränkt.


4 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

Volumen [l]<br />

Vitalkapazität<br />

IRV<br />

ERV<br />

AZV<br />

VC-Messung Tiffeneau-Test<br />

Umrechnung der Atemvolumina auf STPD-Bedingungen<br />

Im allgemeinen beziehen sich alle Angaben von respiratorischen Normwerten,<br />

anhand derer Patientenbefunde zu bewerten sind, auf die folgenden Standardbedingungen:<br />

T = 0 [°C] = 273 [°K]; P = 101 [kPa] = 760 [mmHg]; PH 2 O =0[Pa],<br />

was als STPD-Bedingungen (= standard temperature pressure dry) bezeichnet wird.<br />

Die aktuellen während der Aufzeichnung am Messkopf herrschenden Umgebungsbedingungen<br />

sind, wie folgt, zu beschreiben:<br />

T=TL [°C] = TL + 273 [°K]; P = PL [Pa]; PH 2 O =0[Pa]<br />

1s<br />

Sekundenkapazität<br />

Zeit [s]<br />

Abb. 5-2 Schematische Darstellung einer typischen spirometrischen Volumenaufzeichnung<br />

zur Definition der Vitalkapazität (VC) und der Sekundenkapazität<br />

(Tiffeneau-Test).<br />

5.1 Lungenfunktionsprüfung 5<br />

Man spricht in diesem Fall von ATPD-Bedingungen (= ambient temperature<br />

pressure dry) und drückt damit aus, dass die aktuellen Temperatur- und Druckwerte<br />

der Umgebungsluft, TL und PL, zu berücksichtigen sind, der exspirierte<br />

Wasserdampfanteil hingegen aufgrund eines dem Messkopf vorgeschalteten<br />

Feuchtigkeitsfilters nicht in die Messung eingeht. PH 2 O kann daher bei den Umrechnungen<br />

vernachlässigt werden.<br />

Legt man die allgemeine Gasgleichung zugrunde, erhält man mit folgender<br />

Beziehung den Umrechnungsfaktor k:<br />

k<br />

V STPD<br />

PL<br />

� �<br />

273<br />

�<br />

V T � 273 760<br />

ATPD L<br />

wobei die Umgebungstemperatur TL in °C, der Luftdruck PL in mmHg einzusetzen<br />

sind. Mit k lassen sich damit die gemessenen Volumina VATPD auf Standardbedingungen,<br />

wie folgt, reduzieren:<br />

[3]<br />

V STPD � k� V ATPD<br />

[4]<br />

5.1.2 Residualvolumenbestimmung<br />

Das nach maximaler Exspiration in den Lungen verbleibende Gasvolumen<br />

bezeichnet man als Residualvolumen (RV). Da unter Ruhebedingungen nicht die<br />

gesamte Vitalkapazität ein- bzw. ausgeatmet wird, verbleibt normalerweise am<br />

Ende einer Exspiration außer dem Residualvolumen noch das exspiratorische<br />

Reservevolumen in den Lungen. Residualvolumen und exspiratorisches Reservevolumen<br />

ergeben zusammen die funktionelle Residualkapazität (FRC). Üblicherweise<br />

werden Residualvolumen und exspiratorisches Reservevolumen gesondert<br />

bestimmt, um daraus dann die funktionelle Residualkapazität zu berechnen.<br />

Das Residualvolumen kann mit dem Indikator-Verdünnungsverfahren bestimmt<br />

werden. Bei der Helium-Einwaschmethode wird als Indikator Helium<br />

verwendet, das die Alveolar-Blutschranke praktisch nicht überwinden kann und<br />

deshalb am Gasaustausch in den Alveolen nicht teilnimmt. Schließt man eine <strong>Versuch</strong>sperson<br />

am Ende einer maximalen Exspiration an ein Spirometer an, in dem<br />

sich ein Gasgemisch mit bekannter Heliumkonzentration befindet, so fällt nach einigen<br />

Atemzügen die Heliumkonzentration ab, weil sich das Helium nunmehr auf<br />

die 3 Volumina Spirometervolumen + Totraumvolumen + RV verteilt. Da die<br />

Heliummenge konstant bleibt, ergibt sich folgende Gleichung:


6 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

Vsp �CHe1�( Vsp �V D � RV ) �CHe<br />

2<br />

[5]<br />

Vsp = Spirometervolumen<br />

VD = Totraumvolumen<br />

RV = Residualvolumen<br />

CHe1 = Anfangskonzentration von Helium<br />

CHe2 = Endkonzentration von Helium<br />

Für das Residualvolumen ergibt sich dann:<br />

CHe1�CHe 2<br />

RV �V<br />

sp �V<br />

D<br />

CHe<br />

2<br />

Geräte<br />

Helium-Analysator<br />

[6]<br />

Messprinzip: Die verschiedenen Gase besitzen eine unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit.<br />

Läßt man ein Gasgemisch mit konstanter Geschwindigkeit an einer Wärmequelle,<br />

die eine streng definierte Wärmemenge an ihre Umgebung abgibt, vorbeiströmen,<br />

so hängt die in einem bestimmten Abstand gemessene Temperatur von<br />

der Wärmeleitfähigkeit des Gasgemisches ab. Da Helium eine ca. 6mal größere<br />

Wärmeleitfähigkeit als Luft hat, kann mit diesem Verfahren die Heliumkonzentration<br />

in einem Luftgemisch mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden.<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

An den Dreiwegehahn mit Haltegriff wird an einem Ende über einen Adapter<br />

eine Eichpumpe angeschlossen und am anderen Ende ein Plastikbeutel befestigt.<br />

Mit der Eichpumpe werden 5 l Luft (bitte Stellung des Dreiwegehahns beachten)<br />

in den Plastikbeutel hineingepumpt. Nun wird der freie Zugang des Dreiwegehahns<br />

mit der Helium-Gasflasche verbunden (Gasflasche vorsichtig aufdrehen!).<br />

Durch den Gasdruck wird der Stempel der Eichpumpe nach außen gedrückt,<br />

und die Eichpumpe bis zur vorgegebenen Markierung mit Helium gefüllt. Der<br />

Dreiwegehahn muss danach umgestellt, und das Helium (bitte Markierung beachten!)<br />

in den Plastikbeutel hineinverschoben werden. Das Helium-Luftgemisch<br />

wird durch zügiges Betätigen der Eichpumpe gut durchmischt. Nun wird<br />

der Helium-Analysator über die an dem Adapter befindlichen Hähne (Hähne<br />

bitte beide öffnen!) an das Spirometersystem angeschlossen. Am Helium-Analysator<br />

wandert der Zeiger des Meßinstrumentes langsam nach rechts, da das Ge-<br />

5.1 Lungenfunktionsprüfung 7<br />

rät eine lange Einstellzeit hat. Wenn der Zeiger sich nicht mehr bewegt, wird die<br />

Heliumkonzentration im Plastikbeutel abgelesen: Die eingefüllte Heliummenge<br />

ist so bemessen, dass die Ausgangskonzentration bei ca. 4 Vol% liegen sollte<br />

(evtl. Abweichungen bitte notieren!).<br />

Nachdem sich die <strong>Versuch</strong>sperson mit aufgesetzter Nasenklemme bei quergestelltem<br />

Dreiwegehahn an die <strong>Versuch</strong>sbedingungen adaptiert hat, wird sie am Ende<br />

einer maximalen Exspiration durch Längsstellen des Dreiwegehahnes an das Spirometersystem<br />

angeschlossen. Nach ca. 1 min wird am Ende einer normalen Exspiration<br />

der Dreiwegehahn wieder quergestellt. Die Helium-Konzentration wird erst<br />

dann abgelesen, wenn der Zeiger wiederum einen konstanten Wert anzeigt.<br />

Bei Patienten mit obstruktiver Ventilationsstörung gilt es unbedingt zu beachten,<br />

dass sich die Helium-Mischzeit wesentlich verlängern kann. Während dieser<br />

Zeit verbraucht die <strong>Versuch</strong>sperson Sauerstoff aus dem Spirometer und gibt normalerweise<br />

etwas weniger CO2 aufgrund eines respiratorischen Quotienten < 1 ab<br />

(CO2-Konzentration steigt!). Bei einigen Spirometern kann dieser Volumenverlust<br />

über ein elektrisch gesteuertes System aus einer zweiten Spirometerglocke exakt<br />

ausgeglichen werden, so daß auch während einer längeren Messzeit das Spirometervolumen<br />

konstant bleibt.<br />

Das im Praktikum modifizierte geschlossene Spirometersystem verfügt nicht<br />

über eine solche Vorrichtung, so dass bei einem respiratorischen Quotient < 1 das<br />

Spirometervolumen während der Mischperiode langsam abnimmt. Dabei bleibt<br />

die fallende Sauerstoffkonzentration immer noch weit übernormal; hingegen führt<br />

die steigende CO2-Konzentration zu einer Ventilationssteigerung (s. Teilversuch<br />

5.2.1). Wir sind daher zu folgendem näherungsweisem Vorgehen gezwungen: Die<br />

gerade noch vertretbare Helium-Einwaschzeit wird auf 1 min begrenzt. Nach<br />

dieser Zeitspanne ist das Helium i.a. nahezu gleichmässig verteilt, andererseits der<br />

CO2-Partialdruck aber noch nicht so weit angestiegen, dass Rückwirkungen auf<br />

die Ventilation zu erwarten sind.<br />

Bei der He-Einwaschmethode muß natürlich neben dem Totraumvolumen<br />

der <strong>Versuch</strong>sperson auch das des Spirometersystems (Volumen der Atemschläuche,<br />

des Mehrwegehahns, der Verbindungsschläuche etc.) korrekterweise berücksichtigt<br />

werden. Bei dem im Praktikum eingesetzten modifizierten Spirometersystem<br />

beträgt dieses aber lediglich 10 ml und ist daher vernachlässigbar.


8 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

5.2 Atemregulation<br />

Aufgaben<br />

� Bestimmung des prozentualen Totraumanteils am Atemzugvolumen.<br />

� Messung der alveolären Atemgaspartialdrücke unter verschiedenen<br />

Ventilationsbedingungen.<br />

� Bestimmung des Atemzugvolumens und der Atemfrequenz bei steigender<br />

CO2-Konzentration in der Inspirationsluft.<br />

Lernziele<br />

� Partialdruck | alveoläre Gaszusammensetzung | arterielle Atemgaspartialdrücke<br />

| anatomischer und funktioneller Totraum | Hypo-/Hyperventilation<br />

| Hypoxie | Hyperkapnie | Atemantrieb | Atemzentrum<br />

5.2.1 Totraumventilation<br />

Ein Austausch von O2 und CO2 zwischen Atemluft und Blut kann nur in den Alveolen,<br />

nicht aber in den zuführenden Atemwegen stattfinden. Diese für den<br />

Gasaustausch unwirksamen Teile der Atemwege bis hin zur bronchio-alveolaren<br />

Grenze werden als anatomischer Totraum bezeichnet. Außerdem stellt die<br />

Belüftung nicht durchbluteter Alveolen eine zusätzliche funktionelle Totraumbelüftung<br />

dar, weil sie gleichfalls nicht zum Gasaustausch beiträgt. Diese beträgt<br />

i.a. selbst beim Gesunden einige Prozent der alveolären Belüftung. Der gesamte,<br />

für den Gasaustausch unwirksame Raum (anatomischer Totraum + belüftete, aber<br />

nicht oder vermindert perfundierte Alveolen) wird als funktioneller Totraum<br />

bezeichnet.<br />

Da die Bestimmung des funktionellen Totraumes die nicht unproblematische<br />

Messung des arteriellen pCO2 voraussetzt, beschränken wir uns im Praktikum<br />

auf die Bestimmung des anatomischen Totraumes.<br />

Das Exspirationsvolumen (VE) setzt sich aus dem anatomischen Totraumvolumen<br />

(VD) und einem Anteil, der aus den Alveolen stammt (VE–VD), zusammen:<br />

VE � ( VE�VD) �VD<br />

[7]<br />

5.2 Atemregulation 9<br />

Daraus folgt für die Menge des CO2 im Exspirationsvolumen:<br />

VE �CE�( VE�VD) �CA�VD �CD<br />

[8]<br />

CE,A,D = CO2-Konzentration im Exspirationsvolumen (E),<br />

im Alveolarraum (A) und im Totraum (D).<br />

Da die CO2-Konzentration in der Luft nur ca. 0,03 Vol% beträgt, und sich am<br />

Ende einer Inspiration der Totraum nur Frischluft befindet, vereinfacht sich<br />

Formel [8] wie folgt:<br />

VE �CE�( VE�VD) �CA<br />

. [9]<br />

Daraus errechnet sich das Totraumvolumen:<br />

VD �<br />

CE<br />

VE<br />

( 1 � ) .<br />

CA<br />

[10]<br />

Geräte<br />

CO2-Analysator<br />

Messprinzip: Die einzelnen Gase besitzen charakteristische Absorptionsspektren<br />

für elektromagnetische Strahlung unterschiedlicher Wellenlänge. CO2 hat<br />

beispielsweise im Infrarotbereich ein typisches Absorptionsmaximum, das sich<br />

von dem der übrigen Gase unterscheidet. Bei dieser Wellenlänge wird nur ein<br />

CO2-haltiges Gasgemisch nennenswert durch Absorption der Infrarotstrahlung<br />

erwärmt, was bei konstantem Volumen zu einer Druckerhöhung führt, die damit<br />

ein Maß für den CO2-Gehalt des Gasgemisches ist.<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Das auf seine CO2-Konzentration zu untersuchende Exspirationsvolumen wird<br />

in einem zu Beginn luftleeren Plastikbeutel für 4–6 Atemstöße gesammelt. Danach<br />

wird die CO2-Konzentration in dem aufgefangenen und gut durchmischten<br />

Exspirationsvolumen bestimmt.<br />

Die Gasprobe, am Ende einer tiefen Exspiration, entstammt definitiv nur<br />

dem Alveolarraum. Leitet man diese Fraktion dem CO2-Analysator zu, so kann<br />

man auf diese Weise die alveoläre CO2-Konzentration bestimmen. Beide Konzentrationen<br />

sind in Gl. [10] einzusetzen, um daraus den relativen Anteil des Totraumvolumens<br />

an VE zu berechnen, d.h. VD/VE.


10 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

5.2.2 Alveoläre Ventilation<br />

Ein nicht unwesentlicher Anteil des Atemzugvolumens dient nicht der Versorgung<br />

des Alveolarraums mit Frischluft, sondern bewirkt ausschließlich eine Ventilation<br />

des Totraums. Eine konstante Stoffwechsellage vorausgesetzt, bedeutet<br />

dies, dass je nach Atemtiefe eine andere alveoläre Gaszusammensetzung resultiert.<br />

Forciert man die Ventilation, so wird dank der gesteigerten „Frischluftzufuhr“<br />

der alveoläre Partialdruck für PO2 ansteigen, hingegen PCO2 sinken. Man bezeichnet<br />

die für eine bestimmte Stoffwechsellage zu starke Ventilation als<br />

Hyperventilation, wie sie z.B. bei Aufregung oder bei Aufenthalt in großen Höhen<br />

beobachtet wird. Vermehrte Ventilation unter körperlicher Anstrengung jedoch<br />

grenzt man mit dem Begriff Mehr- oder Polyventilation gegen eine Hyperventilation<br />

ab.<br />

Umgekehrt führt eine verminderte Ventilation oder Hypoventilation zu einem<br />

Anstieg des PCO2 und Abfall des PO2 , was unter schneller, flacher <strong>Atmung</strong><br />

(„Hechelatmung“) bei Patienten mit akutem Lungenversagen oder schmerzhaften<br />

Zuständen beim Atmen (Rippenfrakturen, Pleuritis) anzutreffen ist, die dadurch<br />

übermäßig stark den Totraum belüften.<br />

Wir wollen in diesem Teilversuch die alveoläre Gaszusammensetzung als<br />

Funktion der Ventilation unter körperlicher Ruhebedingung untersuchen. Eine<br />

exakte Überwachung dieser Größe ist nur anhand der Atemgaspartialdrücke im<br />

arteriellen Blut möglich. Näherungsweise kann die alveoläre Gaszusammensetzung<br />

am Ende einer tiefen Exspiration stellvertretend dafür eingesetzt werden.<br />

Voraussetzung ist, dass mit Hilfe verzögerungsfrei ansprechender O2- und<br />

CO2-Messfühler die O2- und CO2-Konzentration in der Exspirationsluft fortlaufend<br />

analysiert werden. Die alveoläre O2- und CO2-Konzentration bzw. Partialdrücke<br />

sind mit der alveolären Ventilation zu korrelieren, d. h. mit dem Anteil<br />

des Atemminutenvolumens, das definitiv den Alveolarraum belüftet. Daher<br />

muss das Atemminutenvolumen um die Totraumventilation vermindert werden.<br />

Näherungsweise setzen wir ein konstantes, von der Atemtiefe und -frequenz unabhängiges<br />

Totraumvolumen, das im Schnitt ein Drittel des Ruheatemzugvolumens<br />

ausmacht, voraus:<br />

V D � AZV<br />

1<br />

[11]<br />

3<br />

und berechnen für jeden Ventilationszustand die Totraumventilation V . D mit<br />

Hilfe der entsprechenden Atemfrequenz f:<br />

5.2 Atemregulation 11<br />

V��V � f<br />

[12]<br />

D D<br />

In einem am Bildschirm aufzurufenden Tabellenblatt sind die jeweiligen O2- und<br />

CO2-Partialdrücke, die zugehörigen AMV, Atemfrequenzen und die daraus errechneten<br />

Totraumventilationen einzutragen, und in einem Diagramm die Atemgaspartialdrücke<br />

als Funktion der alveolären Ventilation aufzutragen.<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Die <strong>Versuch</strong>sperson wird über ein Mundstück bei aufgesetzter Nasenklemme<br />

mit dem Pneumotachographiemesskopf des breath-by-breath-Spirometers PowerCube<br />

verbunden. Mit dieser computergesteuerten Messeinrichtung können<br />

neben den Spirometerdaten fortlaufend die O2- und CO2-Konzentrationen bzw.<br />

Partialdrücke in der Exspirationsluft registriert werden. Die zeitliche Auflösung<br />

der Gasanalyse ist so hoch, daß damit auch die alveoläre Gaszusammensetzung<br />

aus dem jeweils letzten Anteil der Exspirationsluft bestimmt werden kann.<br />

Die VP atmet zunächst ruhig ein und aus. Die Messung liefert in diesem Fall<br />

die alveoläre Gaszusammensetzung unter Ruheatmung. Anschließend soll die<br />

VP versuchen, für einige Atemzüge unterschiedlich schnell und tief zu atmen,<br />

um dadurch unterschiedliche Ventilationsbedingungen zu schaffen, für die jeweils<br />

die alveoläre Gaszusammensetzung zu bestimmen ist.<br />

5.2.3 CO2-Rückatmung<br />

Das Atemminutenvolumen, das sich aus dem Produkt (Atemzugvolumen � Atemfrequenz)<br />

errechnet, ist in weiten Grenzen variabel und kann bei körperlicher Arbeit<br />

oder bei willkürlicher Hyperventilation größenordnungsmäßig das 20-fache<br />

des Ruhewertes erreichen. Die Regulation der Ventilation erfolgt vorwiegend<br />

über die CO2- und O2-Partialdrücke sowie über den pH-Wert im Blut. Zu diesem<br />

Themenkomplex untersuchen wir im Praktikum den wichtigen Einfluss steigender<br />

CO2-Konzentration in der Inspirationsluft auf das Atemminutenvolumen.<br />

Diese Messung wird nur an einer <strong>Versuch</strong>sperson pro Gruppe durchgeführt.<br />

KursteilnehmerInnen mit Erkrankungen der Kreislauf- und <strong>Atmung</strong>sorgane<br />

sind als <strong>Versuch</strong>sperson auszuschließen!<br />

Geräte<br />

CO2-Analysator (s. Teilversuch 5.2.1), Atemgurt


12 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Dieser <strong>Versuch</strong> wird im Sitzen durchgeführt, wobei Atemtiefe und -frequenz mit<br />

Hilfe eines Atemgurtes annähernd quantitativ beurteilt werden kann. Dieser<br />

wird unterhalb des Rippenbogens um den Brustkorb gelegt, und erlaubt die<br />

Atemexkursionen unter PowerLab aufzuzeichnen. Ein Stutzen eines Dreiwegehahns<br />

mit Haltegriff wird mit dem Mundstück, durch das die <strong>Versuch</strong>sperson<br />

ventiliert, verbunden, und am gegenüberliegenden Stutzen ein Plastikbeutel angeschlossen.<br />

Über den noch freien dritten Stutzen wird reiner Sauerstoff aus einer<br />

Sauerstoffflasche in den Plastikbeutel eingefüllt. Der Plastikbeutel sollte<br />

nicht zu prall gefüllt werden. Der Dreiwegehahn ist nach dem Einfüllen in die<br />

Stellung zu drehen, dass aus dem Beutel kein Sauerstoff entweichen kann. Zunächst<br />

atmet der Proband nach Aufsetzen der Nasenklemme während einer kurzen<br />

Adaptationsphase Raumluft. Danach wird er mit dem Plastikbeutel verbunden,<br />

so daß er nur über den Plastikbeutel ein- und ausatmet. Damit erhöht sich<br />

Atemzug um Atemzug der CO2-Gehalt im Plastikbeutel. Die übrigen KursteilnehmerInnen<br />

können Atemtiefe und -frequenz anhand der Chart-Aufzeichnung<br />

der Atemgurtexkursion beobachten. Die Entscheidung, wann der <strong>Versuch</strong> abzubrechen<br />

ist, trifft allein der Proband.<br />

Während des <strong>Versuch</strong>s wird mit Hilfe des CO2-Analysators die CO2-Konzentration<br />

im Plastikbeutel fortlaufend bestimmt. Notieren Sie die CO2-Konzentration<br />

und Atemfrequenz bei Abbruch der Untersuchung.<br />

5.3 Atemmechanik 13<br />

5.3 Atemmechanik<br />

Aufgaben<br />

� Messung des maximalen inspiratorischen und exspiratorischen Pulmonaldrucks.<br />

� Bestimmung der passiven Druck-Volumen-Beziehung für den gesamten<br />

Atemapparat.<br />

� Bestimmung des Atemwegswiderstandes oder Resistance mit Hilfe<br />

der oszillatorischen Resistance-Messung (ORM).<br />

Lernziele<br />

� Atemmechanik | Intrapulmonaler und -pleuraler Druck | Pneumothorax |<br />

Atemmuskulatur | Compliance von Lunge und Thorax | Atemwegswiderstand<br />

bzw. Resistance | visköse Anteile der Atemwegswiderstände |<br />

statische und dynamische Atemtätigkeit | forcierte <strong>Atmung</strong> | Atemarbeit<br />

Durch Kraftaufwand der Atemmuskulatur wird bei Inspiration gegen die elastischen<br />

Rückstellkräfte von Thorax und Lunge eine Vergrößerung des Thoraxvolumens<br />

erzielt. Die Lunge folgt aufgrund der Adhäsionskräfte zwischen der Pleura parietalis<br />

und pulmonalis passiv den Thoraxbewegungen. Da Außenluft nicht sofort<br />

wegen der Trägheits- und Reibungswiderständen nachströmen kann, entsteht ein<br />

vorübergehend negativer Pulmonaldruck. Alle Druckangaben sind per definitionem<br />

auf den Umgebungsluftdruck zu beziehen. Das Druckgefälle Pluft–Ppul stellt die treibende<br />

Kraft für den Lufteinstrom dar, der den Strömungswiderstand der Atemwege<br />

– auch als Resistance RL bezeichnet – zu überwinden vermag. In Anlehnung<br />

an das OHMsche Gesetz gilt folgende Gleichung:<br />

Pluft � Ppul<br />

V� �<br />

[13]<br />

RL<br />

Bei Exspiration kehren sich die Druckverhältnisse um, so daß ein Ausstrom<br />

entsteht.<br />

Das Ende der Inspiration ist dann erreicht, wenn sich der Pulmonaldruck<br />

durch den Lufteinstrom dem Außendruck angeglichen hat. Anhaltende Inspira-


14 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

tion kann aber nur durch eine unverminderte Aktivität der Atemmuskulatur aufrecht<br />

erhalten werden, da der inspiratorisch gedehnte Thorax samt Lunge durch<br />

die elastischen Retraktionskräfte in die Ausgangsruhelage zurückkehren möchte.<br />

Messbarer Ausdruck dieses Retraktionsverhaltens ist der negative intrapleurale<br />

Druck Ppleu, der im flüssigkeitsgefüllten Pleuraspalt zwischen Pleura parietalis<br />

und pulmonalis herrscht. Der bereits schon in der Atemruhelage negative Ppleu<br />

wird umso negativer je stärker die Inspiration.<br />

Das Ausmaß der atemmuskulären Anstrengung, um ein bestimmtes Volumen<br />

einzuatmen, wird ganz entscheidend von den elastischen Eigenschaften des<br />

Atemapparates bestimmt. Zur Charakterisierung bedient sich die <strong>Atmung</strong>sphysiologie<br />

der sogenannten Ruhedehnungskurve des Atemapparates, die der passiven<br />

Druck-Volumen-Beziehung von Thorax und Lunge entspricht. Sie besitzt<br />

einen sigmoiden Verlauf, wobei in Atemruhelage die größte Steigung herrscht:<br />

Lungenvolumenänderung [l]<br />

+3<br />

+2<br />

+1<br />

0<br />

–1<br />

–2<br />

V<br />

C � �<br />

�<br />

P pul<br />

�P<br />

max. Exspiration<br />

max. Inspiration<br />

�V<br />

–3<br />

–40 –30 –20 –10 0 +10 +20 +30 +40<br />

Pulmonaldruckänderung [cm H O]<br />

2<br />

Abb. 5-3 Volumen-Druck-Beziehung bzw. Ruhedehnungskurve des Atemtraktes. Das<br />

eingezeichnete Steigungsdreieck markiert die größte Dehnbarkeit des Thorax--<br />

Lungensystems, was für die Ruhelage gilt. RV steht für Residualvolumen, VC<br />

für Vitalkapazität.<br />

VC<br />

RV<br />

[14]<br />

5.3 Atemmechanik 15<br />

C wird als Compliance bezeichnet und stellt ein Maß für die Dehnbarkeit dar. Ihr<br />

Kehrwert ( = 1/C) wird Elastance oder Steifigkeit genannt.<br />

Aufgrund des größsten C in Atemruhelage ist die Ruheatmung mit der geringsten<br />

atemmuskulären Kraftanstrengung möglich, hingegen erfordert vertieftes<br />

Atmen einen überproportionalen Kraftaufwand (Abb. 5-3).<br />

Wird tiefer und schneller geatmet, müssen neben den elastischen Retraktionskräften<br />

des Atemapparates zusätzliche visköse, d.h. reibungsbedingte Widerstände<br />

überwunden werden, die einen noch größeren Krafteinsatz der Atemmuskulatur<br />

und damit eine noch höhere Atemarbeit erfordern.<br />

5.3.1 Maximaler inspiratorischer und exspiratorischer<br />

Pulmonaldruck<br />

Als Maßzahlen für die Leistungsfähigkeit der Atemmuskulatur können die maximalen<br />

inspiratorischen bzw. exspiratorischen Pulmonaldrücke dienen. Sie drücken<br />

letzten Endes die Maximalkräfte der Inspirations- bzw. Exspirationsmuskulatur<br />

einschließlich aller Hilfsmuskeln aus. Da das Ausmaß der Kraftentwicklung<br />

eines Skeletmuskels stark von seiner Vordehnung abhängt, können die maximalen<br />

Pulmonaldruckwerte nur unter optimaler Vordehnung der inspiratorischen<br />

bzw. exspiratorischen Atemmuskulatur erzielt werden. Erreicht wird dies durch<br />

maximale Exspiration bzw. Inspiration, d..h. die Exspirationsmuskulatur vermag<br />

die erschlaffte Inspirationsmuskulatur beim forcierten Ausatmen optimal vorzudehnen.<br />

Der umgekehrte Fall gilt natürlich für das Einatmen.<br />

Die maximalen Pulmonaldrücke lassen sich bei einer <strong>Versuch</strong>sperson einfach<br />

gewinnen, wenn sie nach maximaler Ex- bzw. Inspiration bei geschlossenen<br />

Atemwegen mit höchster Anstrengung ein- bzw. auszuatmen versucht. Den hohen<br />

Exspirationsdruck nutzt man z.B. in der Klinik beim sog. VALSALVAschen<br />

Pressversuch aus, um die mechanischen und reflektorischen Rückwirkungen der<br />

<strong>Atmung</strong> auf den Kreislauf und die Herztätgkeit zu untersuchen. Nicht zu unterschätzende<br />

Exspirationsdrücke können reflektorisch beim Husten und Niesen,<br />

oder unter willentlicher Anstrengung bei der Defäkation, beim Geburtsvorgang<br />

und beim Heben schwerer Lasten auftreten.


16 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong> 5.3 Atemmechanik 17<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Die <strong>Versuch</strong>person atmet durch den Messkopf des Pneumotachographiemessplatzes<br />

(s. Teilversuch 5.1.1). Nach einer kurzen Anpassungsphase unter Ruheatmung<br />

soll die VP maximal inspirieren und den Atem anhalten. Der Messkopf,<br />

der mit einem zusätzlichen Druckaufnehmer verbunden ist, wird rasch verschlossen.<br />

Nun muss die VP versuchen, unter höchster Kraftanstrengung auszuatmen,<br />

was natürlich gegen den Atemwegsverschluß nicht gelingt. Statt dessen<br />

baut sich der maximale Exspirationsdruck auf, der sich an dem PowerLab-System<br />

ablesen lässt. Nach erfolgter Registrierung wir der Atemweg wieder geöffnet,<br />

so dass die VP ruhig weiteratmen kann. Nach kurzer Phase der Ruheatmung<br />

wird nach maximaler Exspiration ganz entsprechend der maximale Inspirationsdruck<br />

bestimmt.<br />

5.3.2 Messung der statischen Druck-Volumen-Beziehung<br />

von Thorax und Lunge<br />

Restriktive Ventilationsstörungen erkennt man an einer Einschränkung der Lungenvolumina<br />

bzw. -kapazitäten. Allen gemeinsam ist letztlich eine Beeinträchtigung<br />

der Volumen-Druck-Beziehung des Atemapparates, sei es durch eine orthopädisch<br />

bedingte Behinderung der Thoraxdehnbarkeit (z. B. Trichterbrust,<br />

Skoliose), durch Verlust an elastischem Lungengewebe (Emphysem, Altersschwund)<br />

oder Defizite in der Atemmuskulatur. Daher besitzt die Kenntnis der<br />

Ruhedehnungskurve von Thorax und Lunge einen hohen differentialdiagnostischen<br />

Stellenwert.<br />

Messverfahren<br />

Die statische Volumen-Druck-Beziehung muß bei extrem langsamer <strong>Atmung</strong><br />

gewonnen werden, um die viskösen Einflüsse auszuschalten. Prinzipiell könnte<br />

man diese Beziehung exakt mit Hilfe eines Beatmungsgerätes bei Über- oder Unterdruckbeatmung<br />

messen, sofern zuvor die Atemmuskulatur in Vollnarkose<br />

völlig relaxiert worden wäre, um definitiv nur die elastischen Eigenschaften von<br />

Thorax und Lunge anzusprechen.<br />

Eine einfache Methode, die hingegen an der wachen <strong>Versuch</strong>sperson durchführbar<br />

ist, baut auf die Fähigkeit der <strong>Versuch</strong>sperson, in jeder Atemlage willkürlich<br />

die Atemmuskulatur kurzfristig zu entspannen, so daß sich ein der Lungendehnung<br />

adäquater Pulmonaldruck aufbauen kann.<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Die <strong>Versuch</strong>sperson atmet durch den Pneumotachographen, der mit PowerLab<br />

verbunden ist, um die Änderungen der Atemvolumina und damit die momentane<br />

Atemlage bestimmen zu können. Inspiriert die VP ein bestimmtes Volumen und<br />

versucht bei geöffneter Glottis gegen den vorübergehend geschlossenen Pneumotachographen<br />

die Atemmuskulatur völlig zu entspannen (nicht Pressen wie<br />

im Teilversuch 5.3.1, sondern eher Hauchen!), entsteht ein passiver Überdruck,<br />

der dem Pulmonaldruck für das vorliegende Lungenvolumen entspricht. Stärkere<br />

Einatmung muß zu höheren Pulmonaldruckwerten führen. Umgekehrt resultiert<br />

ein passiver Unterdruck (neg. Ppul), wenn die VP über die Atemruhelage hinaus<br />

ausgeatmet hat und dann wiederum versucht, die Atemmuskulatur zu<br />

entspannen. Mit diesem Verfahren kann nur die Ruhedehnungskurve des Gesamtsystems<br />

(Thorax + Lunge) erfasst werden. Die elastischen Anteile von Thorax<br />

und Lunge an der Dehnbarkeit des Gesamtsystems lassen sich nur einzeln<br />

abschätzen, wenn ausser Ppul auch der Pleuraldruck Ppleu gemessen wird. Da eine<br />

direkte Druckmessung eine Punktion des Pleuralspalts erfordern würde, was natürlich<br />

einen nur in ganz besonderen Fällen vertretbaren Eingriff rechtfertigt,<br />

kann man dank der Schlaffheit der Ösophaguswandung Änderungen des Pleuraldruckes<br />

mit Hilfe eines Ösophagusmanometers ausreichend genau registrieren.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass die Manometersonde mittels einer aufblasbaren Ballonmanschette<br />

gegen den Mund- bzw. Rachenraum abgeschottet wird.<br />

Der für die verschiedenen Lungenvolumina messbare Pulmonaldruck, der<br />

sich bei verschlossenen Atemwegen und totaler Entspannung der Atemmuskulatur<br />

einstellt, wird über ein Manometer, das mit dem PowerLabSystem verbunden<br />

ist, angezeigt. Die einzelnen Messwertpaare sind unter EXCEL in ein vorbereitetes<br />

Tabellenblatt einzutragen. Nach Dateneingabe wird daraus automatisch ein<br />

Volumen-Druckdiagramm generiert.<br />

5.3.3 Atemwegswiderstand<br />

Das hier angewandte ORM-Verfahren (Oscillatory Resistance Measurement)<br />

misst das Schwingungsverhalten des Atemtraktes unter Druckschwankungen,<br />

die dem Atemluftstrom mittels einer Pumpe aufgezwungen werden. Dieses verändert<br />

sich z.B. bei Erhöhung des bronchialen Strömungswiderstandes oder bei<br />

eingeschränkter Dehnungsfähigkeit von Lunge und Thorax.


18 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong> 5.3 Atemmechanik 19<br />

Der normalen <strong>Atmung</strong> des Probanden (12–18 Atemexkursionen pro Minute<br />

bzw. f = 0,2 bis 0,3 Hz) wird ein oszillierender Luftstrom bestimmter Frequenz<br />

(f = 8 Hz) überlagert, der durch eine Pumpe erzeugt und über einen Schlauch in den<br />

<strong>Atmung</strong>strakt eingeleitet wird. Die Ruheatmung wird dadurch nicht beeinflusst.<br />

Der durch den Luftwechselstrom erzeugte Munddruck und die Atemstromstärke<br />

werden über das gesamte Atemmanöver kontinuierlich aufgezeichnet und<br />

in eine Resistance-Volumen-Kurve umgesetzt. Aus Druck und Stromstärke wird<br />

der Gesamtwiderstand (Impedanz) ermittelt. Unter Einbeziehung der elastischen<br />

Gewebewiderstände im Respirationstrakt, der Kompressibilität des thorakalen<br />

Gasvolumens sowie von Trägheitswiderständen (Massenträgheit der Luft)<br />

wird aus der gemessenen Impedanz der reale Atemwegswiderstand (Resistance)<br />

errechnet. Die zusätzlich zur Resistance wirksamen Widerstände verursachen<br />

eine zeitliche Verschiebung der Maxima von Druck und Fluss, die sich in einem<br />

Phasenwinkel niederschlägt. Beim gesunden Menschen ist der Phasenwinkel annähernd<br />

Null oder liegt im positiven Bereich. Ein stark negativer Winkel weist<br />

selbst bei normalem Atemwiderstand auf eine Störung der Atemmechanik hin.<br />

IndenAbbildungen(5-4u.5-5)istderRfo-Wert in Abhängigkeit vom Lungenvolumen<br />

dargestellt. Der Bereich des Atemzugvolumens (AZV) und der inspiratorischen<br />

Vitalkapazität (IVC)istmarkiert.<br />

– Rfo = frequenz-oszillatorisch bestimmter Atemwiderstand<br />

– Ri = Widerstand am Ende einer Inspiration bei Ruheatmung<br />

– Re = Widerstand am Ende einer Expiration der Ruheatmung<br />

<strong>Versuch</strong>sgang<br />

Die Messung erfolgt mit dem PC-gestützten Lungenfunktionsmessplatz custo vit,<br />

der über einen Pneumotachographiemesskopf mit einem speziellen Messkopfaufsatz<br />

für die Oszilloresistometrie verfügt. Während die <strong>Versuch</strong>sperson ganz<br />

normal durch den Pneumotachographiemesskopf atmet, werden ihr pulsierende<br />

niederfrequente Druckschwankungen (8 Hz) niedriger Amplitude aufgezwungen.<br />

Stecken Sie den Messkopfaufsatz für die Oszilloresistometrie (stets vorsichtig<br />

im Uhrzeigersinn drehen) auf den rückwärtigen Mundstückadapter. Starten<br />

Sie die Messung durch Klicken auf das Startsymbol des Messmenüs am Bildschirm,<br />

nachdem sich die VP mit aufgesetzter Nasenklemme für die Messung<br />

bereit gemacht hat. Folgende weitere <strong>Versuch</strong>sanleitung wird automatisch eingeblendet:<br />

Abb. 5-4 Widerstands-Volumen-Kurve eines gesunden Probanden, komplett für den<br />

Bereich der inspiratorischen Vitalkapazität IVC aufgetragen.<br />

Normaler Befund: Re � Ri (Re bzw. Ri sind die Widerstandswerte nach normaler<br />

Exspiration bzw. Inspiration), beide < 0,3 kPa � s/l, ausgeprägtes Plateau,<br />

Steilverlauf im endexspiratorischen Bereich.<br />

Abb. 5-5 Befund »Obstruktion«: Re >Ri und/oder > 0,3 kPa � s/l, keine Plateauphase,<br />

reduzierter Steilverlauf in endexspiratorischer Atemlage.


20 <strong>Versuch</strong> 5: <strong>Atmung</strong><br />

Nach 1. Piepton: Meldung »Bitte ruhig ein- und ausatmen!«<br />

Nehmen Sie den Messkopf in die Hand und das Mundstück in den Mund.<br />

Atmen Sie ruhig ein- und aus entsprechend einer normalen Ruheatmung.<br />

Nach 2. Piepton: Meldung »Jetzt LANGSAM tief ein- und ausatmen!!«<br />

Das Atemmanöver wird atemsynchron am Bildschirm angezeigt, wobei simultan<br />

zur 8 Hz-Rfo-Kurve die Volumen-Zeit-Kurve eingeblendet wird. Nach dem<br />

Atemmanöver muß normal weitergeatmet, und der Messkopf wieder vorsichtig<br />

ablegt werden. Nun erscheint ein Wartesymbol am Bildschirm, da die Messdaten<br />

in einem aufwendigen Rechenprozess auf der Basis komplexer Atemmodelle<br />

weiterverarbeitet werden, um daraus die Resistancewerte zu berechnen.

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