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Zur personellen und strukturellen Erneuerung an der TU Dresden ...

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<strong>Zur</strong> <strong>personellen</strong> <strong>und</strong> <strong>strukturellen</strong><strong>Erneuerung</strong><strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>nach 1990Personal<strong>an</strong>passung in den Ingenieur- <strong>und</strong> NaturwissenschaftenSymposium am 1. November 2001 im Festsaal DülferstraßeMo<strong>der</strong>ation: PD Dr. Herm<strong>an</strong>n Horstkotte


ImpressumHerausgeber: Alfred PostTechnische Universität <strong>Dresden</strong>Die Herausgabe hat besorgt: Dr. Matthias LienertLayout: Mike HeubnerLektorat/Tr<strong>an</strong>skription: Irene Fischer, Martina Fischer/ Universitätsarchiv,Ursula Berthold/ Universitätsmarketing, Elke Muschner/ DSARecherchen: Elke Böhm, Uta Brenner, Simone Haupt, Dr. Steffen Herzog, RenateHofm<strong>an</strong>n, Anke Ittner, Marion Linaschke, Nicole Scavarda-Taesler, PetraSchüm<strong>an</strong>n, Klaus Thomas/ Zentr. Univ.-Verwaltung (Dez. 2)Fotos: Lutz Liebert/ AVMZ, Klaus Thiere/ Sächsische Zeitung (S. 59), WaltrautKossack/ Sächsische Zeitung (S. 115)Druck: Sächsisches Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus AG, Thar<strong>an</strong>dter Straße 23-27, 01159<strong>Dresden</strong>Redaktionsschluss: 15. April 2002Internet: http://www.ua.tu-dresden.deEmail: archiv@rcs.urz.tu-dresden.deISBN 3-86005-306-X


Prof. Dr.-Ing. habil.H<strong>an</strong>s-Jürgen Hardtke* 29. Oktober 1944 in Falkenstein / Vogtl.Prorektor für Universitätspl<strong>an</strong>ung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>1963-1969 Studium <strong>der</strong> Elektrotechnik, Fachgebiet Elektroakustik, <strong>an</strong><strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1969-1972 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Messelektronik<strong>Dresden</strong>; 1972-1991 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistentam Wissenschaftsbereich Dynamik <strong>und</strong> Betriebsfestigkeit <strong>der</strong>Sektion Maschinenwesen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1991 Ernennung zumapl. Prof.; 1992 Berufung zum Prof. für Maschinendynamik <strong>und</strong> Schwingungslehream Institut für Festkörpermech<strong>an</strong>ik <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; Geschäftsführen<strong>der</strong> Institutsleiter bis 1994;1994-1997 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;1996 Direktor des Instituts für Festkörpermech<strong>an</strong>ik; seit 1997 Prorektorfür Universitätspl<strong>an</strong>ung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Ein wichtiges Thema, ein nach wie vor aktuelles.Deshalb ein beson<strong>der</strong>er D<strong>an</strong>k Ihnen, lieber Herr K<strong>an</strong>zler Post, <strong>der</strong> Sie die Idee zudieser Tagung hatten <strong>und</strong> die Initiative ergriffen.Vor 11 Jahren beg<strong>an</strong>n eine personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> als beispielloseZäsur in <strong>der</strong> Entwicklung unserer bald 175-jährigen Alma mater.Elf Jahre sind eine l<strong>an</strong>ge, aber auch eine kurze Zeit.Eine l<strong>an</strong>ge Zeit, wenn m<strong>an</strong> bedenkt, wie viel erreicht, neu aufgebaut <strong>und</strong> in einerwirklich revolutionären Zeit neu geordnet wurde. Hochschulen wurden als Fakultäteneingefügt; eine Neuberufungswelle in kurzer Zeit, Evaluierung <strong>der</strong> fachlichenLeistungen, Prüfung <strong>der</strong> Integrität, eine neue Verwaltung, Einführung neuer Gesetzeusw. <strong>Erneuerung</strong> <strong>und</strong> Kontinuität als Einheit war das Motto, denn die Neustrukturierungerfolgte bei laufendem Betrieb.Dieser Prozess ist gelungen. Ein D<strong>an</strong>k <strong>an</strong> die Frauen <strong>und</strong> Männer <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e.Viele sitzen unter uns <strong>und</strong> werden darüber auch noch berichten, so unser AltrektorProfessor L<strong>an</strong>dgraf mit seinen Prorektoren, aber auch Dek<strong>an</strong>e, wie Professor Fr<strong>an</strong>zHolzweißig, Professor Gerhard Geise, Professor H<strong>an</strong>s Joachim Fiedler <strong>und</strong> ProfessorErwin Stoschek.Welch ein Glücksumst<strong>an</strong>d, dass integere, fachlich kompetente Persönlichkeiten fürden Neu<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g zur Verfügung st<strong>an</strong>den. Zu diesen stieß ein tatkräftiger unverbrauchterneuer K<strong>an</strong>zler aus Essen.Aber auch Verletzungen sind geblieben, als wären sie von gestern. Viele <strong>der</strong> Aktiven<strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e haben sich enttäuscht zurückgezogen. Sie sehen ehemalige Parteisekretäreals Hochschullehrer <strong>und</strong> fristlos Entlassene mit schweren Limousinen5


als Geschäftsführer vorfahren. Und trotzdem möchte ich jenen zurufen: „Ist nichtunendlich viel erreicht?“ Haben wir nicht ein Leben in Freiheit? Stehen nicht unserenKin<strong>der</strong>n die Tore des Lebens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Welt offen? Muss m<strong>an</strong> nicht auch jedemMenschen eine Entwicklung zugestehen? Schwarz-Weiß-Töne, eine Einteilung ingut <strong>und</strong> böse ist zu einfach. Demagogie ist nicht <strong>an</strong>gebracht. M<strong>an</strong> sollte sich einendifferenzierten Blick bewahren. Eine freie Gesellschaft muss Vielfalt zulassen, jedeArt von Hegemonie, sei es wirtschaftlich, kulturell, politisch o<strong>der</strong> religiös, sollteaufgehalten werden. Diesen Blick haben wir auch in den Personalkommissionengehabt. Dies k<strong>an</strong>n ich als ein ehemaliger Vorsitzen<strong>der</strong> einer Kommission mit Rechtsagen.Der thematische Radius dieser heutigen Ver<strong>an</strong>staltung sollte wenigstens in <strong>der</strong>Diskussion noch um die Zeit vom Herbst 1989 bis zur deutschen Einheit erweitertwerden.Ich gehöre zu denen, die von den ersten Tagen des Oktobers 1989 <strong>an</strong> mit auf <strong>der</strong>Straße waren. <strong>Zur</strong>ückblickend muss ich sagen, dass die <strong>Erneuerung</strong> in dieser Zeitvorwiegend von den Mittelbauvertretern ausging. Die Vollversammlungen <strong>der</strong> Belegschaft<strong>der</strong> Sektionen wurden von diesen Leuten <strong>der</strong> damaligen zweiten Reihe,wie die Professoren Achim Mehlhorn, Peter Böhmer o<strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion 13 z. B.von H<strong>an</strong>s-Joachim Beer, Dr. Dietrich Paw<strong>an</strong>denat <strong>und</strong> von mir, vorbereitet <strong>und</strong>durchgeführt. Hier wurden die Auflösung des FDGB <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> beschlossen <strong>und</strong>die Delegierten für Berlin gewählt. Ich hoffe, dass diese Aktivitäten auch aufgearbeitetwerden <strong>und</strong> sich in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> nie<strong>der</strong>schlagen.Die erste freie Wahl zur Volkskammer im März 1990 war, glaube ich, <strong>der</strong> Prüfsteinfür die Fähigkeit des Volkes im Osten <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesellschaftlichen Kräfte sowohl zurUmorientierung als auch <strong>der</strong> Selbstverständigung <strong>an</strong>gesichts neuer politischerKoordinaten.Durch die Neuberufungen aus den Altb<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n hatten sich Menschen mitvöllig verschiedenen politischen <strong>und</strong> historischen Erfahrungen, Konsumgewohnheiten<strong>und</strong> Lebenserfahrungen zu einem Ziel vereint: Aufbau einer leistungsfähigenUniversität. Dies ist gelungen! Es kam zu einem Mo<strong>der</strong>nisierungsschub, <strong>der</strong> sichnicht nur in <strong>der</strong> Verdopplung <strong>der</strong> Studentenzahl zeigt.Aber wie erfolgte diese Neustrukturierung, welche Erfahrungen aus verschiedenerSicht wurden gemacht? Dies soll unser Zeitzeugenforum erbringen.Ich stelle mir oft die Frage: „Welche Ver<strong>an</strong>twortung trugen wir, die durch Bildung<strong>und</strong> geistige Regsamkeit einerseits, o<strong>der</strong> jene, die zusätzlich durch ihre gesellschaftlicheStellung als Professor o<strong>der</strong> Werkleiter, <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits dazu berufen gewesenwären, dem parteiideologisch verordneten Starrsinn eine wache <strong>und</strong> unbestechlicheKritik entgegen zu setzen? Reichte es schon, in <strong>der</strong> R<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Kollegeno<strong>der</strong> bei den Studenten immer wie<strong>der</strong> kritische Fragen zu stellen?“ Offenk<strong>und</strong>igh<strong>an</strong>delt es sich bei <strong>der</strong> in Frage stehenden Last um moralische Schuld.6


Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen wirken. Das Ansehen <strong>der</strong> Hochschulen in <strong>der</strong> DDRwar gesunken <strong>und</strong> hatte Schaden genommen. Unter <strong>der</strong> SED-Herrschaft waren sieauch zu ihrer ideologischen Bastion ausgebaut worden. Obwohl es auch während<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> DDR in den Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen Dissenz <strong>und</strong> gelegentlichauch Opposition gegen den Staat o<strong>der</strong> bestimmte Auswüchse gegeben hatte, sowaren sie doch mehrheitlich als Institutionen nicht <strong>an</strong> <strong>der</strong> revolutionären Wendebeteiligt. M<strong>an</strong>chem im L<strong>an</strong>de erschienen sie sogar als die letzten Fluchtburgen desstürzenden Herrschaftssystems. Nicht wenige Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hochschulen f<strong>an</strong>dennun diese öffentliche Wahrnehmung ungerecht, denn auch in den Hochschulen gabes Kräfte, die auf Verän<strong>der</strong>ung drängten <strong>und</strong> es gab beginnenden W<strong>an</strong>del, freilich mitbeträchtlichen Unterschieden. Immerhin konnte die Technische Universität <strong>Dresden</strong>für sich in Anspruch nehmen, als erste Universität in <strong>der</strong> damals noch existierendenDDR ein Konzil wirklich gewählt zu haben, ein Konzil das seinerseits einenneuen Rektor <strong>und</strong> einen neuen Senat wählte. Wer auf diesen Beginn <strong>und</strong> die Zeitd<strong>an</strong>ach zurückblickt, <strong>der</strong> k<strong>an</strong>n erkennen, <strong>der</strong> weiß, dass <strong>der</strong> damals gewählte RektorProfessor L<strong>an</strong>dgraf <strong>und</strong> wichtige Mitglie<strong>der</strong> des neuen Senats eine maßgeblicheRolle bei <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> spielten. Ich denke dabei <strong>an</strong> den heutigen Rektor ProfessorMehlhorn als einen <strong>der</strong> damaligen Repräsent<strong>an</strong>ten des akademischen Mittelbaus.In jener Zeit dagegen war das Bild alles <strong>an</strong><strong>der</strong>e als klar, noch waren innerhalb <strong>der</strong>Universität die Kräfte <strong>der</strong> Beharrung o<strong>der</strong> des nur oberflächlichen Wechsels sehreinflussreich. Und außerhalb <strong>der</strong> Universität dauerte es wie immer bei solchenProzessen <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung wie<strong>der</strong>um eine längere Zeit, bis <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong>swille<strong>und</strong> die <strong>Erneuerung</strong>sleistung <strong>der</strong> Hochschulen bei <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong>Bürger Anerkennung f<strong>an</strong>d. Vor reichlich zehn Jahren wurde für viele sogar dieimmer noch beträchtliche wissenschaftliche Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Hochschulenin Lehre <strong>und</strong> Forschung durch die jahrzehntel<strong>an</strong>ge politische <strong>und</strong> ideologischeIn<strong>an</strong>spruchnahme überdeckt. In einer solchen Situation war nun wie<strong>der</strong>um für dieHochschulen die Versuchung beson<strong>der</strong>s groß, das Hauptaugenmerk <strong>der</strong> Öffentlichkeitauf die stärker instrumentalisierbaren Geistes- <strong>und</strong> Gesellschaftswissenschaftenzu lenken <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits die Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften insgesamtals unkorrumpierbar <strong>und</strong> un<strong>an</strong>getastet hinzustellen. Das wäre <strong>der</strong> Wahrheitnicht gerecht geworden. Daher finde ich es wichtig, dass das heutige Forum geradediesen Aspekt mehr beleuchten wird.Vor r<strong>und</strong> zehn Jahren, meine Damen <strong>und</strong> Herren, hat <strong>der</strong> sächsische L<strong>an</strong>dtag,gestützt auf den Willen <strong>der</strong> Mehrheit im L<strong>an</strong>de <strong>und</strong> unterstützt von den Kräften <strong>der</strong><strong>Erneuerung</strong> in den Hochschulen selbst, ein Gesetz geschaffen, das einen wirklichenNeu<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g ermöglichte, ohne das Wertvolle <strong>und</strong> Bewahrenswerte zu missachten.Das Hochschulerneuerungsgesetz Sachsens 1) trennte im Gegensatz zu allen <strong>an</strong>de-1)Sächsisches Hochschulerneuerungsgesetz – SHEG – vom 25. Juli 19919


en ostdeutschen Hochschulgesetzen zwischen persönlicher Integrität <strong>und</strong> fachlicherKompetenz. Im ersten Falle agierten die gewählten Vertreter <strong>der</strong> Hochschulengemeinsam mit Repräsent<strong>an</strong>ten <strong>der</strong> sächsischen Öffentlichkeit. Im zweiten Fallwirkten die Vertreter <strong>der</strong> Hochschulen zusammen mit Repräsent<strong>an</strong>ten <strong>der</strong> akademischenGemeinschaft aus g<strong>an</strong>z Deutschl<strong>an</strong>d.In beiden Fällen gab es ein zweistufiges Verfahren, die vom L<strong>an</strong>dtag gewählte L<strong>an</strong>despersonalkommission,ich bin froh, dass ihr Vorsitzen<strong>der</strong> Herr Professor PaulHeinz Müller auch im Verlauf des Forums das Wort ergreifen wird, <strong>und</strong> die vomMinisterpräsidenten auf meinen Vorschlag berufene sächsische Hochschulkommission,die nun wie<strong>der</strong>um in Abweichung von dem <strong>an</strong>sonsten bewährten Vorbildvon Hochschulstrukturkommissionen aus den alten Län<strong>der</strong>n bewusst sächsischeVertreter, wenn auch nicht solche unmittelbar aus den Hochschulen, einschloss.Ich lege auf diese Feststellung Wert. Die Zusammensetzung <strong>der</strong> Kommission, ihrPrinzip <strong>und</strong> ihre Gr<strong>und</strong>sätze verdeutlichen unser <strong>an</strong>gestrebtes Ziel zur Selbsterneuerung.Wir sahen in ihr einen Prozess, <strong>der</strong> von den Menschen in diesem TeilDeutschl<strong>an</strong>ds selbst gestaltet wird. Mit großem Nachdruck halte ich <strong>an</strong> dieserLeistung fest, insbeson<strong>der</strong>e weil immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versuch gemacht wird, die<strong>Erneuerung</strong> entwe<strong>der</strong> zu leugnen o<strong>der</strong> aber diese Schritte als einen Prozess vonKolonialisierung zu diskriminieren. Ich erinnere auch dar<strong>an</strong>, dass für alle Entscheidungendas Kollegialitätsprinzip galt. Wir waren uns sehr wohl <strong>der</strong> Tatsache bewusst,dass es schwerwiegende, für das Leben einzelner Menschen gravierendeEntscheidungen zu treffen galt. Die letzte Ver<strong>an</strong>twortung musste <strong>der</strong> zuständigeMinister übernehmen <strong>und</strong> dessen Entscheidungen konnten d<strong>an</strong>n wie<strong>der</strong>um gerichtlichüberprüft werden. Nur eine kleine Anzahl dieser Entscheidungen wurde, gemessen<strong>an</strong> <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> getroffenen Entscheidungen, gerichtlich korrigiert. Dieüberwiegende Mehrzahl <strong>der</strong> Entscheidungen hatte Best<strong>an</strong>d. Im Ergebnis hattenwir ein erneuertes Hochschulwesen, in dem Wertvolles bewahrt worden war <strong>und</strong>das nicht nur im Mittelbau, son<strong>der</strong>n zu großen Teilen auch in <strong>der</strong> Professorenschaft.Ein großer Teil <strong>der</strong> Hochschul<strong>an</strong>gehörigen stammt naturgemäß aus Sachsen o<strong>der</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>en neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, darunter viele frühere Dozenten <strong>und</strong> Oberassistenten,die sich wissenschaftlich bewährt hatten <strong>und</strong> bisher teilweise aus politischen<strong>und</strong> ideologischen Gründen keine Ch<strong>an</strong>ce zur Weiterentwicklung hatten. Dazu kamen,was gut <strong>und</strong> richtig war, kompetente Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus den altenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> aus dem Ausl<strong>an</strong>d. Denn dies ist das Normale <strong>an</strong> einer Hochschule,<strong>und</strong> wir mussten diese Normalität entschieden <strong>und</strong> energisch nachholen.Der Erfolg <strong>der</strong> Hochschulerneuerung war so überzeugend, dass nach dem gr<strong>und</strong>sätzlichenAbschluss im Jahr 1993 mit dem vom L<strong>an</strong>dtag beschlossenen neuensächsischen Hochschulgesetz 2) unsere sächsischen Hochschulen sehr bald <strong>an</strong> demgemessen wurden, was sie jetzt leisten. Und da diese Leistung in Lehre <strong>und</strong> For-2)Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz – SHG) vom 4.August 1993.10


schung <strong>an</strong>sehnlich ist, sind die Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen wie<strong>der</strong> hoch <strong>an</strong>gesehenin Sachsen <strong>und</strong> weit über die Grenzen dieses Freistaates hinaus. Das warletztlich nur möglich, weil vorher in den Personal- <strong>und</strong> Fachkommissionen überwiegendgute <strong>und</strong> überzeugende Arbeit geleistet worden ist.Es war eine gute Idee, <strong>an</strong> diese Voraussetzungen des jetzigen Ansehens <strong>der</strong> TechnischenUniversität <strong>Dresden</strong> durch dieses Forum zu erinnern. Ich wünsche diesemForum einen guten Verlauf.11


Alfred Post* 24. August 1942 in WeselK<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>1965-1970 Jurastudium in Berlin, Münster, München; 1974-1975Rechts<strong>an</strong>walt; 1975-1991 Personal- <strong>und</strong> Org.-Dezernent <strong>der</strong> Universität-Gesamthochschule- Essen, zugleich Vizek<strong>an</strong>zler; seit 1991K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Wir wollen mit unserem heutigen Workshop „oral history“ dokumentieren. Sinn<strong>und</strong> Zweck <strong>der</strong> heutigen Vorträge ist, eine Reihe <strong>der</strong> wichtigsten Akteure des größten<strong>personellen</strong> Umbruchs in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong>zu Wort kommen zu lassen. Sie werden aus ihrer Erinnerung heraus die personelle<strong>Erneuerung</strong> schil<strong>der</strong>n, die in den Jahren 1990 bis 1993 <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, denintegrierten <strong>und</strong> teilweise integrierten Dresdner Hochschuleinrichtungenstattgef<strong>und</strong>en hat. Ich d<strong>an</strong>ke allen Referenten dafür, dass sie bereit waren, hier zusprechen. Ihre Erinnerung ist deswegen so unschätzbar wertvoll, weil es we<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> noch, wie ich höre, <strong>an</strong><strong>der</strong>n Orts eine auch nur <strong>an</strong>näherndvollständige Dokumentation dieser tief greifenden <strong>personellen</strong> <strong>Erneuerung</strong>, diegleichzeitig Abbau <strong>und</strong> Aufbau war, gibt. Wir wollen unsere Erinnerungen festhalten<strong>und</strong> dokumentieren. Dies gilt auch für Diskussionsbeiträge, die wir heute aus demPublikum hören. Ausdrücklich bitte ich Sie, sich rege <strong>an</strong> <strong>der</strong> Diskussion zu beteiligen.Nach <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong> kollektiven Erinnerung folgt eine erste wertendeNäherung mit <strong>der</strong> Podiumsdiskussion heute Nachmittag.Wir haben uns am heutigen Tage auf die Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften konzentriert,da sie die Hauptbetroffenen des Umbruchs, also eines Abbaus sowieeines Aufbaus waren. Demgegenüber haben wir geisteswissenschaftliche sowiesprachwissenschaftliche Bereiche unberücksichtigt gelassen, ebenso wie wirtschaftswissenschaftliche.Denn hier hatte mit Wirkung zum 1. J<strong>an</strong>uar 1991 eineAuflösung ohne Fortführung <strong>der</strong> Aufgaben, Abwicklung gen<strong>an</strong>nt, stattgef<strong>und</strong>en. Bereitsam 23. Mai 1990 hatte <strong>der</strong> Ministerrat <strong>der</strong> DDR durch Beschluss den zuständigenMinister für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft beauftragt, die Aufhebung <strong>und</strong> Abberufung<strong>der</strong> Lehrstühle <strong>und</strong> Dozenturen <strong>der</strong> Struktureinheiten für Marxismus/Leninis-12


mus <strong>und</strong> ihrer Hochschullehrer durchzuführen. Am 11. Dezember 1990 beschlossdie Regierung des Freistaates Sachsen die Abwicklung <strong>der</strong> Struktureinheitenfür Marxismus/Leninismus. Dieser Beschluss wurde im Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzvom 25. Juli 1991 (Sächsisches Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt,19 Seite 261), das am Tag nach seiner Verkündung in Kraft trat, aufgegriffen<strong>und</strong> gesetzlich fixiert. Dort heißt es in § 145, Abs. 3 SHEG, dass bestimmteEinrichtungen bzw. Teileinrichtungen <strong>der</strong> Hochschulen nicht übernommen werden,weil sie mit Wirkung vom 1. J<strong>an</strong>uar 1991 aufgelöst sind <strong>und</strong> ihre Aufgabennicht fortgeführt werden. Dies sind für den Bereich <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> nach <strong>der</strong>Anlage zu § 145, Abs. 3 u. 4 SHEG:<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> im engeren Sinne:- Sektion Philosophie <strong>und</strong> Kulturwissenschaftenaußer: Wissenschaftsbereich Kustodie <strong>und</strong> WissenschaftsbereichGeschichte <strong>der</strong> Produktivkräfte (Technikgeschichte)- Sektion Sozialistische Betriebswirtschaftaußer: Informatiklabor <strong>der</strong> Sektion- Institut für sozialistische Wirtschaftsführung- Industrieinstitut<strong>an</strong> <strong>der</strong> teilweise in die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> integrierten Hochschule für Verkehrswesen„Friedrich List“:- Sektion Verkehrs- <strong>und</strong> Betriebswirtschaftaußer: Wissenschaftsbereich Wirtschafts- <strong>und</strong> Verkehrsgeschichte sowie Informatiklabor<strong>der</strong> Sektion- Sektion Militärisches Nachrichten- <strong>und</strong> Tr<strong>an</strong>sportwesen<strong>an</strong> <strong>der</strong> später teilweise abgewickelten Pädagogischen Hochschule „Karl FriedrichWilhelm W<strong>an</strong><strong>der</strong>“ <strong>Dresden</strong>:- Sektion Pädagogik, Psychologie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaftspionierleiterausbildung<strong>an</strong> <strong>der</strong> als Universitätsklinikum <strong>und</strong> Medizinische Fakultät Carl Gustav Carusweitergeführten Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ <strong>Dresden</strong>:- Institut für Philosophie (vormals Marxismus/Leninismus)- Abteilung für Militärmedizin.Die in den Folgejahren gegründeten Fakultäten, wie die Philosophische Fakultät, dieFakultät für Sprach- <strong>und</strong> Literaturwissenschaften, die ErziehungswissenschaftlicheFakultät, die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät <strong>und</strong> die Juristische Fakultät, knüpftennicht <strong>an</strong> Vorgängereinrichtungen <strong>an</strong>, son<strong>der</strong>n waren reine Neugründungen. Insofernk<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> diese Bereiche nicht unter dem Begriff <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> subsumieren.Mit Beschluss vom 11. Dezember 1990 wurde auch die Hochschule fürL<strong>an</strong>dwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in Meißen aufgelöst. Die <strong>TU</strong>13


<strong>Dresden</strong> hatte den Auftrag, sie bis zum 30. September 1992 abzuwickeln. DieseAufgabe nahm im Wesentlichen <strong>der</strong> K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> wahr. Dieser Vorg<strong>an</strong>gsoll heute ebenso wenig beleuchtet werden wie die Abwicklung <strong>der</strong> PädagogischenHochschule sowie <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen. Alle diese Einrichtungenwurden ersatzlos aufgelöst. Allerdings hatten die dortigen Mitarbeiter dieMöglichkeit, sich auf Stellen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>er Hochschulen zubewerben. Auf die Ausschreibungen mit dem Ziel <strong>der</strong> <strong>personellen</strong> <strong>Erneuerung</strong> werdeich später eingehen. Die mobilen <strong>und</strong> immobilen Anlagewerte dieser Hochschulenwurden auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e öffentliche Einrichtungen einschließlich <strong>der</strong> Hochschulenübertragen o<strong>der</strong> veräußert.Auch die Medizinische Akademie „Carl Gustav Carus“ bzw. ihre Nachfolgeeinrichtung,die Medizinische Fakultät <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, sollen bei unserer heutigenBetrachtung unberücksichtigt bleiben, weil die beson<strong>der</strong>en Bedingungen bei Abbau<strong>und</strong> Aufbau <strong>der</strong> medizinischen Einrichtung den heutigen Rahmen sprengen würden.Die stellenpl<strong>an</strong>mäßigen Rahmenbedingungen <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong>Die Technische Universität <strong>Dresden</strong> hatte Ende 1989 r<strong>und</strong> 6800 Beschäftigte,davon 3768 in den Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften einschließlich <strong>der</strong> Mathematik.Davon waren 516 Professoren <strong>und</strong> Dozenten, 1742 akademischer Mittelbau<strong>und</strong> 1510 nichtwissenschaftliche Beschäftigte, also Labor-, Werkstatt- <strong>und</strong>Verwaltungskräfte. (Abb. 1)Die entsprechenden Zahlen für die Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“sahen wie folgt aus:In den Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften einschließlich Mathematik gab es 109Professoren <strong>und</strong> Dozenten, 454 sonstiger wissenschaftlicher Mittelbau, 244 nichtwissenschaftlicheMitarbeiter, zusammen 1007 Personen.Die Pädagogische Hochschule hatte keine Ingenieure, wohl aber eine Reihe vonnaturwissenschaftlichen Fachbereichen. Hier sahen die Zahlen wie folgt aus:38 Professoren <strong>und</strong> Dozenten, 116 sonstiger wissenschaftlicher Mittelbau, 35 nichtwissenschaftlicheMitarbeiter, zusammen 189 Personen.Diesen insgesamt 4964 Beschäftigten st<strong>an</strong>den in <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> in den Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften einschließlich Mathematik r<strong>und</strong> 1880 Stellen nach demneuen Stellenpl<strong>an</strong> gegenüber. Davon entfielen 303 auf Professoren, 55 auf Dozenten,763 auf sonstige wissenschaftliche Mitarbeiter <strong>und</strong> 759 auf nichtwissenschaftlicheMitarbeiter.Das bedeutet, dass, kurz gesagt, nur für r<strong>und</strong> 2 von 5 Mitarbeitern <strong>der</strong> Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften in <strong>der</strong> neuen Struktur eine Stelle zur Verfügung st<strong>an</strong>d.14


Abb. 1: Personalentwicklung 1990-1993Gesamtumf<strong>an</strong>g des AbbausErlauben Sie mir <strong>an</strong> dieser Stelle einen Exkurs. Blicken wir einen Moment auf dieGesamtzahlen. Die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, die Pädagogische Hochschule <strong>und</strong> die Hochschulefür Verkehrswesen hatten Ende 1989 insgesamt r<strong>und</strong> 9000 Mitarbeiter.Hiervon waren zu Beginn des <strong>personellen</strong> Auswahlverfahrens Mitte 1992 nochknapp 6000 Mitarbeiter vorh<strong>an</strong>den. Die <strong>an</strong><strong>der</strong>en r<strong>und</strong> 3000 waren inzwischendurch fristgemäße Kündigung o<strong>der</strong> Auflösungsverträge ausgeschieden (ausgewählteAbg<strong>an</strong>gsgründe für die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, vgl. Abb. 2 <strong>und</strong> 3). Allein <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> waren Ende 1989 r<strong>und</strong> 700 Altersrentner mit Teilzeitverträgen beschäftigt.Es h<strong>an</strong>delte sich hierbei um Beschäftigungsverhältnisse, die dem Ziel dienten,die niedrigen DDR–Renten aufzubessern. Die älteste Beschäftigte dieses Kreiseswar damals 85 Jahre alt. Diese Beschäftigungsverhältnisse wurden bis Ende 1991aufgelöst, teilweise durch Aufhebungsvertrag, teilweise durch Kündigung. EntsprechendeZahlen dürften bei <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen <strong>und</strong> <strong>der</strong> PädagogischenHochschule bezogen auf diesen Personenkreis festzustellen gewesen sein.Genaues Zahlenmaterial liegt dazu nicht mehr vor. Geht m<strong>an</strong> davon aus, dass dieRelationen etwa so waren wie bei <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, so ist <strong>an</strong>zunehmen, dass allein1000 Beschäftigungsverhältnisse von den bis 1992 abgebauten 3000 auf diesenPersonenkreis entfallen. Ein weiterer wesentlicher Anteil entfällt bei den bis Mitte1992 Ausgeschiedenen auf die Gruppe <strong>der</strong>jenigen, die mit Altersüberg<strong>an</strong>gsgeld inden vorzeitigen Ruhest<strong>an</strong>d gingen <strong>und</strong> die in diesem Zeitraum das Rentenalter erreichten.Relativ klein war demgegenüber die Zahl <strong>der</strong>jenigen, denen aufgr<strong>und</strong> ihrerpersönlichen Belastung gekündigt wurde, weil sie im öffentlichen Dienst eines unsererVerfassung verpflichteten Rechtsstaats nicht tragbar waren. Insgesamt erfolgtenin diesem Zusammenh<strong>an</strong>g 66 Kündigungen <strong>und</strong> 22 Abberufungen. Rufen wir uns die15


Abb. 2: Abgänge durch Auflösungsverträge (Bezug: Personalbest<strong>an</strong>d am 1.07.1991)Abb. 3: Fristgemäße Kündigungen durch die <strong>TU</strong>D (Bezug: Personalbest<strong>an</strong>d am 1.07.1991)gen<strong>an</strong>nten Zahlen ins Gedächtnis, so erinnern wir uns dar<strong>an</strong>, dass im Verhältnis vonAnf<strong>an</strong>g 1990 zum neuen Stellenpl<strong>an</strong> per 1992 ca. 5000 Personen abgebaut werdenmussten. Nur ca. 2 % entfielen davon auf wegen persönlicher Untragbarkeit Gekündigte.Der weitaus überwiegende Teil musste also durch betriebsbedingte Kündigungo<strong>der</strong> mit Hilfe <strong>an</strong><strong>der</strong>er Instrumente abgebaut werden.Wie geschah dieser Abbau?Es musste ein Verfahren gewählt werden, das den rechtlichen Voraussetzungenbetriebsbedingter Kündigungen entsprach. Da zugleich mit dem Personalabbau dieStruktur <strong>der</strong> Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften verän<strong>der</strong>t wurde, wurden neueProfessoren- <strong>und</strong> Mitarbeiterstellen definiert, die in dieser Ausrichtung bisher nicht16


vorh<strong>an</strong>den waren <strong>und</strong> neu, möglichst mit dem bisherigen Personal, besetzt werdenmussten. Lassen Sie mich hier einschieben, dass die Zahl <strong>der</strong> Professoren in denIngenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften per Saldo erhöht, die Zahl <strong>der</strong> Dozenten erheblichreduziert <strong>und</strong> die Zahl <strong>der</strong> Fächer <strong>und</strong> Fachrichtungen bei den Ingenieuren,vor allem aber den Naturwissenschaften erhöht wurde.Es hatten also inein<strong>an</strong><strong>der</strong>zugreifen:1.die neue Fächer- <strong>und</strong> Aufgabenstruktur <strong>und</strong> <strong>der</strong>en personeller Aufbau, d.h. dieBesetzung <strong>der</strong> Stellen sowie2.<strong>der</strong> Abbau des dabei nicht benötigten Personals.Der endgültige Stellenpl<strong>an</strong> für die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> wurde erst Mitte 1992 verbindlichfestgelegt. Bereits zu Beginn des Jahres 1992 war jedoch in den Vorgesprächenzwischen dem Wissenschaftsministerium <strong>und</strong> mir deutlich geworden, mit welchenStellenzahlen zu rechnen war. Demgemäß war seit Anf<strong>an</strong>g 1992 die neue Struktur<strong>der</strong> Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften diskutiert <strong>und</strong> schließlich in Rektorratsbeschlüssenfestgelegt worden. Gleichzeitig war dabei berücksichtigt worden, dassauch für die neuen Fakultäten genügend Stellen zur Verfügung stehen mussten. Etwa680 Stellen entfielen auf die neuen Fakultäten. Von den r<strong>und</strong> 3400 Stellen, die die <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> erhielt, st<strong>an</strong>den somit für die Altbereiche lediglich r<strong>und</strong> 2720 Stellen zurVerfügung, davon die bereits gen<strong>an</strong>nten 1880 Stellen für die Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften.Der Rest entfiel auf zentrale Einrichtungen wie Bibliothek, Verwaltung,Rechenzentrum <strong>und</strong> ähnliches.Nachdem in <strong>der</strong> ersten Hälfte des Jahres 1992 die Struktur <strong>der</strong> Fakultäten <strong>und</strong>Fachrichtungen fixiert worden war, hatten die Fakultäten ihre Binnenstruktur imEinzelnen diskutiert <strong>und</strong> festgelegt. Dabei hatte das Rektorratskollegium auf dezentraleAutonomie gesetzt <strong>und</strong> darauf verzichtet, diese Detailstrukturen zur Genehmigungvorgelegt zu bekommen. Jede Professur <strong>und</strong> jedes Institut wusste, mit welchenStellen gerechnet werden konnte. Inwieweit diese Stellenpläne im Detail innerhalb<strong>der</strong> Fakultäten vom Dek<strong>an</strong> o<strong>der</strong> Fakultätsrat beschlossen wurden, entziehtsich meiner Kenntnis. Aus den Protokollen <strong>der</strong> Fakultätsräte geht hervor, dass hierunterschiedlich verfahren wurde.Damit war die Voraussetzung für den eigentlichen <strong>personellen</strong> Umbruchprozessgeschaffen. Die Professuren waren definiert <strong>und</strong> vom Rektorratskollegium beschlossen.Die zu den Professuren gehörenden Stellen waren <strong>der</strong> Qualität nach wie ihrerWertigkeit nach festgelegt. Die Professoren konnten die Aufgabenbeschreibungenfür jede einzelne Stelle fertigen. Zunächst wurde eine begrenzte Zahl von Professorenstellen,insgesamt in den Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften 42, in einem verkürztenVerfahren besetzt. Diese wie<strong>der</strong>um arbeiteten bei <strong>der</strong> Besetzung weitererProfessorenstellen mit. Dabei wirkten jeweils zur Hälfte Professoren aus <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> zur <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hälfte Professoren aus westdeutschen Hochschulen zusammen.Es h<strong>an</strong>delte sich mithin um paritätisch besetzte Ost-West-Berufungskom-17


missionen. Sie realisierten bis Ende 1992 insgesamt 308 Besetzungen vonHochschullehrerstellen. (Vgl. auch Abb. 1)Die Definition <strong>der</strong> Mitarbeiterstellen musste im Juni 1992 fertig gestellt werden,damit <strong>der</strong> beschriebene Personalauf- <strong>und</strong> –abbau erfolgen konnte. Dasbedeutete, dass zu diesem Zeitpunkt viele <strong>der</strong> neuen Professoren noch nichtberufen waren. Dies hatte zur Folge, dass die Aufgabenbeschreibung für dieneue Struktur von den „alten“ Hochschullehrern gemacht wurde. Diese konntennicht sicher davon ausgehen, dass sie in <strong>der</strong> neuen Struktur selber einenPlatz finden würden. Gleichwohl war zu beobachten, dass alle Beteiligten miteinem hohen Ver<strong>an</strong>twortungsbewusstsein unter <strong>Zur</strong>ückstellen persönlicherInteressen ihre Aufgaben wahrnahmen. Die hier gezeigte Pflichterfüllung beeindrucktmich bis heute.Die Arbeitsplatzbeschreibungen <strong>der</strong> wissenschaftlichen <strong>und</strong> nichtwissenschaftlichenMitarbeiter wurden zur Gr<strong>und</strong>lage von Ausschreibungen all dieser Stellengemacht. Die Professorenstellen wurden, wie erwähnt, in dem üblichenVerfahren, das zur Berufung führt, ausgeschrieben. Auf die ausgeschriebenenStellen konnte sich je<strong>der</strong> <strong>TU</strong>-Angehörige, aber auch je<strong>der</strong> Angehörige <strong>der</strong>Pädagogischen Hochschule <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen ebensowie sonstige Dritte bewerben. Je<strong>der</strong> hatte die Möglichkeit, sich auf eine unbegrenzteZahl von Stellen zu bewerben. Dies führte dazu, dass wir schließlichr<strong>und</strong> 23000 Bewerbungen für die ausgeschriebenen Stellen vorliegen hatten.Das waren durchschnittlich 7 Bewerbungen pro Stelle. Im Einzelnen schw<strong>an</strong>ktedies stark. Es gab Stellen, auf die sich 60 – 70 Personen beworben hatten,ebenso wie solche, auf die sich nur eine Person bewarb. Die einzelnen Personenhatten sich darüber hinaus häufig auf verschiedene Stellen beworben. DieSpitze war, dass sich eine Person auf 74 verschiedene Stellen beworben hatte,vom Oberassistenten bis zum Pförtner.Wir haben dieses Verfahren bereits im R<strong>und</strong>schreiben vom 3. Juni 1992 beschrieben.Dort heißt es wörtlich: „Die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> erhält voraussichtlichca. 3400 Stellen mit Ausnahme des medizinischen Bereichs. Außerdem wirdsie über ca. 450 so gen<strong>an</strong>nte kw–Stellen verfügen, die innerhalb <strong>der</strong> nächsten2 – 5 Jahre abzubauen sind. Dem stehen gegenwärtig etwa 5900 Mitarbeitereinschließlich <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> zu integrierenden Hochschulen gegenüber. DieMitarbeiterzahl ist in den nächsten Monaten <strong>der</strong> vorgegebenen Stellen<strong>an</strong>zahl<strong>an</strong>zupassen. Jede Auswahlentscheidung ist im Hinblick auf einen konkretenArbeitsplatz, <strong>der</strong> mit einer Stellenbeschreibung definiert wird, zu treffen. Ineinem ersten Arbeitsschritt sind deshalb für alle den einzelnen Struktureinheitenzur Verfügung stehenden Stellen Aufgabenbeschreibungen <strong>an</strong>zufertigen.Die Stellen, die dem Auswahlverfahren unterliegen, werden getrennt nachwissenschaftlichem <strong>und</strong> nichtwissenschaftlichem Personal in Katalogen zusammengefasst<strong>und</strong> bek<strong>an</strong>nt gemacht. Je<strong>der</strong> Interessent aus dem in Frage kom-18


menden Personenkreis muss sein Interesse mittels eines hierfür entwickeltenFormblatts <strong>an</strong>melden. Unter diesen Interessenten wird die Auswahlentscheidunggetroffen. Die Herausgabe des Stellenkataloges ist für den 19. Juni 1992vorgesehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird ihnen außerdem das vorgen<strong>an</strong>nteFormular zugänglich gemacht. Die Formulare sind voraussichtlich biszum 30. Juni 1992 einzureichen.“Wir haben <strong>an</strong>gesichts <strong>der</strong> immensen Zahlen von Bewerbungen ein DV–Programmgeschrieben, das die Bewerbungen erfasste, die Mehrfachbewerbungen<strong>und</strong> Parallelbewerbungen darstellte <strong>und</strong> so den Auswahlkommissionendie notwendigen Informationen zur Verfügung stellte. Parallel zur Ausschreibungwar für alle Strukturbereiche je eine Auswahlkommission geschaffenworden. Besetzt wurden diese Auswahlkommissionen mit Professoren <strong>und</strong>solchen Mitarbeitern, die in einem ersten Schritt als beson<strong>der</strong>s qualifiziertausgewählt worden waren. Diese Auswahlkommissionen stellten nun Besetzungslistenauf. Für jede Stelle gab es mehrere gereihte Besetzungsvorschläge.Dies führte, insbeson<strong>der</strong>e bei Mehrfachbewerbungen des Interessenten,dazu, dass nicht immer <strong>der</strong> Erstplazierte, son<strong>der</strong>n gelegentlich ein Späterplatzierterfür eine Stelle genommen wurde. Nicht in Frage kamen, neben denwegen Belastung Gekündigten, diejenigen, die von Fachkommissionen als fachlichnicht o<strong>der</strong> nur eingeschränkt geeignet bezeichnet worden waren. DasSächsische Hochschulerneuerungsgesetz hatte Kommissionen vorgesehen, diedie fachliche Eignung aller wissenschaftlichen Mitarbeiter überprüfen mussten.Dabei war folgendes Ergebnis zust<strong>an</strong>de gekommen:In 47 Fällen wurde das Votum ungeeignet gefällt, in 43 Fällen bedingt geeignet.In 69 Fällen wurde das Bewertungsverfahren durch die Fachkommission nichtzu Ende geführt. Hier h<strong>an</strong>delte es sich um 32 Personen, die aus Altersgründenausschieden, 8 Personen, die keine Unterlagen vorgelegt hatten, <strong>und</strong> 29 Personen,die nicht wissenschaftlich, son<strong>der</strong>n vorwiegend verwaltend in den Fakultätentätig waren. Letztendlich waren damit lediglich 90 Personen als fachlichnicht o<strong>der</strong> nur eingeschränkt geeignet eingestuft worden. Das bedeutete,dass die große Mehrzahl aller wissenschaftlich Beschäftigten ein positivesVotum erhielt.Nachdem die Auswahlkommissionen ihre Arbeit abgeschlossen hatten, gingendie Unterlagen <strong>an</strong> die Verwaltung. Dort wurde den Bewerbern die jeweiligeStelle <strong>an</strong>geboten. Hierbei kam es zu einem iterativen Prozess, denn nichtje<strong>der</strong> Bewerber nahm die als erste <strong>an</strong>gebotene Stelle, son<strong>der</strong>n lieber eine<strong>an</strong><strong>der</strong>e, auf die er sich auch beworben hatte. Nachdem in diesem Prozess alleStellen besetzt waren, war klar, welche Bewerber auf <strong>der</strong> Strecke blieben.Für sie wurden betriebsbedingte Kündigungen vorbereitet. Bei dem geradegen<strong>an</strong>nten iterativen Prozess <strong>der</strong> Stellenbesetzung war seitens <strong>der</strong> Verwaltungzu berücksichtigen, dass diejenigen, die Stellen bekamen, auch gleichzei-19


08.05.1992 Erlass des SMWK: Übergabe <strong>der</strong> Haushaltsstellen15.05.1992 HH-Kommission15.05.1992 Stellenzuweisung mit Formular APB (Muster)20.05.1992 Rücklauf <strong>der</strong> APB als Formblatt01.06.1992 Druck des Kataloges03.06.1992 Verteilung <strong>der</strong> Kataloge <strong>und</strong> Übergabe <strong>der</strong> Namensliste <strong>der</strong> Fakultätpro Kostenstellebis 25.07.1992 Bewerbungen <strong>an</strong> D2 für wiss. Personalbis 12.08.1992 Bewerbungen <strong>an</strong> D2 für nichtwiss. Personal06.08.1992 Übergabe <strong>der</strong> Unterlagen <strong>an</strong> die Auswahlkommissionen für wiss.Mitarbeiter07.08.92/10.08.92 Termine für die Anleitung <strong>und</strong> Aussprache <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong>Auswahlkommissionenab 17.08.1992 Kündigungsvorschläge <strong>an</strong> den Personalrat, verwaltungsmäßigeBearbeitung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Auswahlkommissionenbis 27.08.1992 Arbeit <strong>der</strong> Auswahlkommission für wiss. Personalbis 28.08.1992 Rückgabe aller Protokolle <strong>und</strong> Unterlagen <strong>an</strong> die Verwaltungbis 30.09.1992 Aushändigung <strong>der</strong> KündigungenAbb. 4: Zeitlicher Ablaufpl<strong>an</strong>tig diejenigen waren, denen nach den Prinzipien <strong>der</strong> Sozialauswahl nichtgekündigt werden konnte. Das bedeutete, dass oft <strong>der</strong> 5.-, 6.- o<strong>der</strong> 8.-Platzierteeiner Besetzungsliste die Stelle bekam, während die besser geeignetenaufgr<strong>und</strong> ihrer sozialen Daten leer ausgingen. Es h<strong>an</strong>delte sich um ein ausgesprochenkompliziertes Verfahren, das von den Mitarbeitern <strong>der</strong> Personalverwaltungden höchsten qu<strong>an</strong>titativen <strong>und</strong> qualitativen Einsatz verl<strong>an</strong>gte. (Abb. 4mit Ablaufpl<strong>an</strong>)Dem Ablaufpl<strong>an</strong> können Sie entnehmen, dass nur außerordentlich wenig Zeitzwischen dem Rücklauf <strong>der</strong> Unterlagen von <strong>der</strong> Auswahlkommission bis zurÜbergabe <strong>der</strong> Kündigungen <strong>an</strong> die betreffenden Mitarbeiter zur Verfügung st<strong>an</strong>d.Damals haben die Personalverwaltung ebenso wie <strong>der</strong> Personalrat in Perm<strong>an</strong>enzgetagt <strong>und</strong> gearbeitet <strong>und</strong> das jeden Tag mehr als 12 St<strong>und</strong>en. Zum 30.September 1992 wurden nach diesem Verfahren die Kündigungen bis zum 31.Dezember 1992 ausgesprochen, soweit es die wissenschaftlichen Mitarbeiterbetraf. Den nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern konnte aufgr<strong>und</strong> des verschobenenZeitpl<strong>an</strong>s – wie Sie sehen, war hier Bewerbungsfrist erst <strong>der</strong> 12. August1992 – erst zu späteren Zeitpunkten gekündigt werden.Wie oben dargestellt mussten insgesamt ca. 900 Stellen aus dem Bereich <strong>der</strong>Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften allein <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> abgebaut werden.Im Ergebnis des gen<strong>an</strong>nten Verfahrens wurden hierzu 250 fristgemäße Kündigungenausgesprochen. In ca. 200 Fällen war gegen die Kündigung geklagt worden.In 33 Fällen wurde den Klagen stattgegeben. Zirka 125 Einigungen konntenauf dem Vergleichsweg erzielt werden (ca. 115 in erster <strong>und</strong> 10 in zweiterInst<strong>an</strong>z). In 39 Fällen erfolgten Klageabweisungen.20


Abb. 5: Entwicklung <strong>der</strong> Studentenzahlen in den ingenieurwissenschaftlichen Studienfächern1990-2001Abb. 6: Entwicklung <strong>der</strong> Studentenzahlen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Studienfächern1990-200121


Bei etwa 35 so gen<strong>an</strong>nten Altfällen ist auf dem Gerichtsweg noch nicht entschiedenworden. Es h<strong>an</strong>delt sich hierbei beispielsweise auch um Schwerbehin<strong>der</strong>te,denen nicht gekündigt werden darf.FazitDamals ist in einem außergewöhnlich komplizierten Verfahren ein personeller Umbruchin bisl<strong>an</strong>g nie da gewesener Größenordnung realisiert worden. Der Umbruchwurde in einem Verfahren geleistet, das gleichzeitig Abbau <strong>und</strong> Aufbau verwirklichte.Das alles geschah bei laufendem Betrieb mit damals deutlich steigenden Studentenzahlenin den Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften, wie die Abbildungen 5 <strong>und</strong> 6zeigen.Diese Zahlen <strong>und</strong> Verfahrensabläufe dokumentieren eine in jedem Sinne des Worteseinmalige Leistung aller Beteiligten – physisch, mental <strong>und</strong> psychisch.22


Prof. Dr. rer. nat. habil. Dr.-Ing. E. h.Günther L<strong>an</strong>dgraf*14. September 1928 in Kriegern/Krs. Saaz (CSR)Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> (1990-1994)1947-1952 Physikstudium <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1952-1965 Assistent,Oberassistent <strong>und</strong> Lehrbeauftragter am Institut für TechnischeMech<strong>an</strong>ik; 1969 Hochschuldozentur für Theorie <strong>der</strong> Elastizität<strong>und</strong> Plastizität am Institut für Technische Mech<strong>an</strong>ik; 1970-1991o. Prof. für Technische Mech<strong>an</strong>ik - Plastizität in <strong>der</strong> Sektion Gr<strong>und</strong>lagendes Maschinenwesens; 1974-1981 Stellvertreter des Direktorsfür Forschung; 1990 Dr.-Ing. E. h. <strong>der</strong> <strong>TU</strong> Chemnitz; 1990-1994 Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992-1996 Prof. neuen Rechts fürPlastizitätstheorie/Flächentragwerke am Institut für Festkörpermech<strong>an</strong>ik<strong>der</strong> Fakultät MaschinenwesenDa <strong>der</strong> Herr K<strong>an</strong>zler uns hier bereits Zahlen <strong>und</strong> Fakten in überaus reichlicherMenge vorgetragen hat, möchte ich mich mehr auf Begebenheiten <strong>und</strong> Eindrückebeschränken, die ich als Rektor in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> politischen Wende <strong>und</strong> des Neuaufbaus<strong>der</strong> Universität gewonnen habe.Die eigentliche <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Institution <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> beg<strong>an</strong>n am 4. Dezember1989 mit <strong>der</strong> 3. Plenartagung des Wissenschaftlichen Rates, auf <strong>der</strong> die Demokratisierung<strong>der</strong> Universität eingeleitet wurde. Es f<strong>an</strong>d eine erste Abrechnung mit demStaats- <strong>und</strong> Verfassungssystem <strong>der</strong> DDR <strong>und</strong> seinen deformierenden Auswirkungenauf die Universität statt.Nach dem Referat des damaligen Rektors, dem bereits persönliches Fehlverhaltenvorgeworfen worden war, f<strong>an</strong>d eine sehr kritische Aussprache statt. In <strong>der</strong>enErgebnis wurden vier Arbeitsgruppen gebildet, die eine <strong>Erneuerung</strong> vor<strong>an</strong>treibensollten. Sie waren zuständig für den Studienprozess, die Leitungs- <strong>und</strong> Strukturorg<strong>an</strong>isation,den wissenschaftlichen Nachwuchs <strong>und</strong> die Wissenschaftsentwicklung.Diese Arbeitsgruppen sollten bis zur Neuwahl des Wissenschaftlichen Rates arbeiten.In <strong>der</strong> erwähnten Sitzung des Wissenschaftlichen Rates hatte ich darauf best<strong>an</strong>den,dass die notwendigen Verän<strong>der</strong>ungen bis J<strong>an</strong>uar/Februar 1990 abgeschlossensein sollten. Das bedeutete im Prinzip die Neukonstituierung <strong>der</strong> Universität mit<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung des traditionellen Status <strong>der</strong> Fakultäten, <strong>der</strong> Neuwahl desWissenschaftlichen Rates <strong>und</strong> des Rektors. Damals, in den ersten Dezembertagen1989, kam ich überhaupt nicht auf die Idee, dass ich als künftiger Rektor in Fragekäme.Das soll aber nicht heißen, dass sich Angehörige <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> nicht bereits inden Herbsttagen des Jahres 1989 für eine politische <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Gesellschafteingesetzt hatten. So hatten die Studenten Versammlungen org<strong>an</strong>isiert, beispiels-23


weise am Rektoratsgebäude, wo sie die <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Lehrpläne verl<strong>an</strong>gten, speziellbei <strong>der</strong> Ausbildung im so gen<strong>an</strong>nten marxistisch-leninistischen Gr<strong>und</strong>lagenstudium.Gleichfalls wurde dessen Pflichtnachweis in <strong>der</strong> Doktor<strong>an</strong>denausbildung abgelehnt.Es haben auch viele Hochschul<strong>an</strong>gehörige, wie Professor H<strong>an</strong>s-JürgenHardtke eing<strong>an</strong>gs erwähnte, <strong>an</strong> den so gen<strong>an</strong>nten Montagsdemonstrationen teilgenommen.Insbeson<strong>der</strong>e Angehörige des Mittelbaus, aber auch Professoren, bef<strong>an</strong>densich unter den Demonstr<strong>an</strong>ten. Schließlich haben auch viele Studenten <strong>an</strong> denDemonstrationen auf <strong>der</strong> Prager Straße teilgenommen, m<strong>an</strong>che wurden in Haftgenommen, nach Bautzen gebracht <strong>und</strong> dort nicht gerade sehr fre<strong>und</strong>lich beh<strong>an</strong>delt.Sie haben uns d<strong>an</strong>n hinterher davon berichtet.Der damalige Rektor hat zwar noch einen Bericht über die Ergebnisse <strong>der</strong> Arbeitsgruppenabgegeben, aber nach den Neuwahlen zu den akademischen Gremienwaren diese Arbeitsgruppen nicht mehr existent. Wahlen f<strong>an</strong>den zunächst in denFakultäten statt. Es wurden neue Fakultätsräte gewählt. Dazu muss ich sagen, dasses auch zu DDR-Zeiten Fakultätsräte gab, die aber we<strong>der</strong> Verwaltungscharakterhatten noch Leitungsfunktionen ausübten. Diese Aufgaben nahmen seit <strong>der</strong> sogen<strong>an</strong>nten Dritten Hochschulreform von 1968 die damals neu gegründeten Sektionenwahr. Die Fakultäten hatten zwischen 1968 <strong>und</strong> 1990 einen beratenden Status <strong>und</strong>waren im wesentlichen für die Doktorprüfungen zuständig. Aber mit <strong>der</strong> neuenStruktur gel<strong>an</strong>gten die Fakultäten wie<strong>der</strong> in ihre alten Stellungen zurück, die sie vor1968 gehabt hatten. Dazu wurden die Fakultätsräte gewählt <strong>und</strong> diese wie<strong>der</strong>umwählten d<strong>an</strong>n ihren Dek<strong>an</strong>. Am 12. Februar 1990 hatten sich wie<strong>der</strong> fünf Fakultätenkonstituiert, wobei die Sektion Marxismus-Leninismus unter Einschluss <strong>der</strong> SektionPhilosophie <strong>und</strong> Kulturwissenschaften in Fakultät Gesellschaftswissenschaftenumben<strong>an</strong>nt wurde. Wesentliche inhaltliche <strong>und</strong> personelle Verän<strong>der</strong>ungen warendamit nicht verb<strong>und</strong>en.Nachdem die Fakultäten insgesamt fünf K<strong>an</strong>didaten für das Amt des Rektors vorgeschlagenhatten, f<strong>an</strong>d am 26. Februar 1990 auf <strong>der</strong> 1. Plenartagung des WissenschaftlichenRates die Wahl im damaligen Otto-Buchwitz-Festsaal (heute Festsaal<strong>an</strong> <strong>der</strong> Dülferstraße) statt. Die Mitglie<strong>der</strong> des Wissenschaftlichen Rates waren Anf<strong>an</strong>g1990 von den Beschäftigten <strong>und</strong> Studenten <strong>der</strong> Universität demokratisch gewähltworden. Von vier Fakultäten wurde ich vorgeschlagen, bezeichnen<strong>der</strong>weisenicht von <strong>der</strong> Fakultät Gesellschaftswissenschaften. Da die Mehrzahl <strong>der</strong> Fakultätenmich für das hohe Amt vorgeschlagen hatte, erklärte ich mich d<strong>an</strong>n trotz meinesbereits fortgeschrittenen Alters bereit, zu k<strong>an</strong>didieren. Daraufhin zogen dreiK<strong>an</strong>didaten ihre K<strong>an</strong>didaturen zurück <strong>und</strong> es blieben nur noch zwei Anwärter aufdas Amt des Rektors übrig. Im Ergebnis <strong>der</strong> Wahl erhielt ich 79 % <strong>der</strong> abgegebenenStimmen. Dazu ist zu sagen, dass wir, dem neuen Demokratieverständnis folgend,etwas get<strong>an</strong> hatten, was eigentlich in den Hochschulen <strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>nicht mehr üblich war. Wir hatten den Wissenschaftlichen Rat zu einem erweitertenWissenschaftlichen Rat aufgestockt, indem festgelegt worden war, dass dieProfessorenmehrheit nicht gelten solle. Der Königsweg war für uns eine viertelpa-24


itätische Wahl. Der wahlberechtigte erweiterte Wissenschaftliche Rat best<strong>an</strong>dalso aus 100 Hochschullehrern, 100 Wissenschaftlichen Mitarbeitern, 100 Personendes nichtwissenschaftlichen Personals <strong>und</strong> 100 Studenten. Dieser erweiterteWissenschaftliche Rat fungierte auch bei den späteren Wahlen <strong>der</strong> neuen Prorektoren.D<strong>an</strong>ach arbeitete wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wissenschaftliche Rat mit <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong>Professoren. An diesem denkwürdigen 26. Februar 1990 wurde auch <strong>der</strong> Senat neugewählt <strong>und</strong> mit diesem Senat über eine Legislaturperiode die Geschicke <strong>der</strong> Hochschulegeleitet.Im Anschluss <strong>an</strong> die Wahlen, noch am gleichen Tag, fuhr ich als neu gewählterRektor zur Volkswagen AG nach Wolfsburg zur Präsentation unseres Umformprogramms,so dass ich nicht sofort in die Amtsdinge eingreifen konnte. Aber bereitsam folgenden Montag hatte <strong>der</strong> scheidende Rektor, Professor Jakobs, die Übergabe<strong>der</strong> Geschäfte vereinbart, die nicht länger dauerte als eine halbe St<strong>und</strong>e. Er legtemir die Schlüssel hin <strong>und</strong> übergab die unbearbeiteten Vorgänge, verabschiedetesich <strong>und</strong> wurde seitdem nicht wie<strong>der</strong> gesehen, obwohl meine Investitur erst für den12. März 1990 <strong>an</strong>gesetzt worden war. Ich übernahm also bereits wenige Tagenach <strong>der</strong> Wahl die Amtsgeschäfte. Dazu ist festzustellen, dass ich im Rektoratsumfeld<strong>der</strong> einzige Neue war, denn die alten Prorektoren arbeiteten vorerst weiter.Mein persönlicher Referent <strong>und</strong> die Sekretärin hatten ebenfalls in gleicher Funktionunter Professor Jacobs gearbeitet. Die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Prorektorenwaren vorerst ebenso in ihren Funktionen geblieben wie <strong>der</strong> Direktor fürInternationale Beziehungen.Eine kleine Begebenheit aus meinen ersten Wochen als Rektor: Als ich Gäste ausdem Ausl<strong>an</strong>d empf<strong>an</strong>gen <strong>und</strong> mit ihnen ein Abendessen einnehmen sollte, sind wir indas INTERHOTEL Merkur gefahren, damals noch unter dem Namen Leningradbek<strong>an</strong>nt. Dort gab es einen Speisesaal, wo m<strong>an</strong> nur mit <strong>der</strong> von uns sehnsüchtigerwarteten Deutschen Mark bezahlen konnte. Um die Gäste beköstigen zu können,habe ich vom Direktor für Internationale Beziehungen Westgeld zur Verfügunggestellt bekommen. So erging es einem Rektor damals. Auch <strong>der</strong> Pressereferent <strong>der</strong>Universität, <strong>der</strong> Leiter des Rektoratsbüros <strong>und</strong> die weiteren mir nun unterstelltenMitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter gehörten zur Garde meines Vorgängers. Ich k<strong>an</strong>nrückblickend feststellen, dass diese sich mir gegenüber sehr loyal verhalten haben.Auch die alten Prorektoren haben dazu beigetragen, dass ich die ersten Monate mitmeinen Aufgaben zurecht kam. Ich möchte in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g weiter festhalten,dass das jetzige Gebäude <strong>der</strong> Juristischen Fakultät, das heißt, das Gr<strong>und</strong>stück<strong>und</strong> <strong>der</strong> damals <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gene Bau, durch den Einsatz <strong>der</strong> Prorektoren <strong>und</strong> vonmir <strong>der</strong> <strong>TU</strong> erhalten werden konnte. Eigentlich gehörte das Gebäude nicht mehr<strong>der</strong> Universität, son<strong>der</strong>n dem Kombinat Spezialtechnik. Es gel<strong>an</strong>g uns, den Vertragso zu gestalten, dass das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> begonnene Gebäude in unsere Verfügungsgewaltkamen. So war es möglich, in relativ kurzer Zeit das mo<strong>der</strong>ne Gebäude <strong>der</strong>Juristischen Fakultät zu errichten. Der einzige Mitarbeiter, mit dem ich große Schwierigkeitenhatte, war <strong>der</strong> damalige Direktor für Kultur <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit. Er25


zählte aber nicht zum l<strong>an</strong>gjährigen Personalbest<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>TU</strong>. Kurz vor <strong>der</strong> politischenWende war er vom Rathaus in die <strong>TU</strong> „übersiedelt“. Wie dieser Herr haben etlicheLeute vor <strong>und</strong> während <strong>der</strong> Wendemonate zum Teil erfolgreich <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität„Asyl“ erhalten <strong>und</strong> es erfor<strong>der</strong>te große Mühe, diese mitunter gar nicht für ihrePositionen qualifizierten Mitarbeiter umzusetzen bzw. von <strong>der</strong> Universität zu entfernen.Kündigungsverfahren mussten <strong>und</strong> müssen ja bek<strong>an</strong>ntlich gesetzeskonform sein.Die <strong>personellen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen gingen m<strong>an</strong>chen Universitäts<strong>an</strong>gehörigen nicht schnellgenug. Ich erhielt viele Briefe, in denen eine Beschleunigung des <strong>Erneuerung</strong>sprozessesgefor<strong>der</strong>t wurde, darunter waren auch <strong>an</strong>onyme Briefe. Daraufhin verfasste icheinen Gegenbrief <strong>und</strong> habe diese Leute gebeten, sich bei mir offiziell zu melden. Deroffene Brief wurde u.a. in den Mensen verteilt. Lei<strong>der</strong> hat sich kein <strong>an</strong>onymer Briefschreiberbei mir eingef<strong>und</strong>en, geschweige denn mir seine Probleme geschil<strong>der</strong>t.Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung <strong>der</strong> Universität <strong>und</strong> für die Glaubwürdigkeit<strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> war eine rasche Neuwahl <strong>der</strong> Prorektoren. Wir habend<strong>an</strong>n in einer am 5. November 1990 stattgef<strong>und</strong>enen Sitzung des erweiterten WissenschaftlichenRates die Prorektoren gewählt. Es zeugte vom damaligen Zeitgeist, dassich für jede <strong>der</strong> drei Prorektorenstellen zwei K<strong>an</strong>didaten vorgeschlagen hatte. Einaussichtsreicher K<strong>an</strong>didat war <strong>der</strong> Mathematiker <strong>und</strong> l<strong>an</strong>gjährige Synodale ProfessorVolker Nollau, <strong>der</strong> allerdings kurz vor <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Prorektoren zum ParlamentarischenStaatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunstberufen worden war. Da das Wahlgremium nicht einverst<strong>an</strong>den war, eine Wahl fürdas Amt des Prorektors für Bildung mit dem verbleibenden K<strong>an</strong>didaten durchzuführen,musste diese Wahl vertagt werden. So konnten nur zwei Prorektoren gewähltwerden: für Universitätspl<strong>an</strong>ung, Professor Peter Offerm<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> bereits seit einigenMonaten dieses wichtige Amt versah, <strong>und</strong> für Wissenschaft, Professor Arno Lenk.Der Prorektor für Bildung, Professor Horst Brunner, wurde d<strong>an</strong>n im März 1991gewählt. Damit waren wichtige Voraussetzungen für die weitere inhaltliche <strong>und</strong> personelle<strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Universität geschaffen worden. In dieser Zeit f<strong>an</strong>d auch beiden persönlichen Mitarbeitern ein Wechsel des Personals statt. Als persönlichenMitarbeiter wählte ich den Dozenten Dr. Detlef Weber aus, <strong>der</strong> von meinem Amtsnachfolgerübernommen wurde <strong>und</strong> auch heute noch in gleicher Stellung tätig ist.Nach längeren Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzungen gel<strong>an</strong>g es mir, auch die Sekretärinnenstelle neuzu besetzen. Das Vertrauensverhältnis zur ehemaligen Sekretärin war gestört, da sienoch emotional <strong>an</strong> den alten Rektor geb<strong>und</strong>en war <strong>und</strong> meinte, alles was ihr frühererChef gesagt <strong>und</strong> get<strong>an</strong> hätte, sei richtig gewesen.Aber nun zu einigen inhaltlichen FragenNach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung wurde eigentlich erwartet, dass die Hochschulrektorenkonferenz<strong>der</strong> ehemaligen DDR sich zügig mit <strong>der</strong> westdeutschen Hochschulrek-26


torenkonferenz zusammenschließt. Aber von <strong>der</strong> westdeutschen Hochschulrektorenkonferenzwurde das abgelehnt, <strong>und</strong> m<strong>an</strong> verl<strong>an</strong>gte ein Verfahren, in dem sichjede Hochschule einzeln bewerben sollte, denn die Rektorenkonferenz sei eigentlichein Zusammenschluss <strong>der</strong> Hochschulen <strong>und</strong> die Rektoren vertreten dort nurihre Hochschulen. Wir mussten einen Partner finden, <strong>der</strong> uns offiziell für die Mitgliedschaftin diesem Gremium vorschlug. Das war nicht sehr schwierig, denn wirhatten mit den Technischen Hochschulen in Aachen <strong>und</strong> Karlsruhe sehr gute Beziehungengeknüpft <strong>und</strong> wurden von diesen Einrichtungen für die Hochschulrektorenkonferenzempfohlen. In <strong>der</strong> ersten R<strong>und</strong>e dieser Aufnahmen wurden nur die Universitäten<strong>und</strong> als einzige die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> von den Technischen Hochschulen in dieHochschulrektorenkonferenz aufgenommen. Es gab beträchtlichen Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d bei<strong>der</strong> Aufnahme weiterer Hochschulen aus dem Osten. Es gel<strong>an</strong>g mir aber durchzusetzen,dass in einer folgenden Sitzung <strong>der</strong> Rektorenkonferenz die traditionsreicheBergakademie Freiberg, heute Technische Universität, Mitglied <strong>der</strong> Rektorenkonferenzwurde. Die <strong>an</strong><strong>der</strong>en ostdeutschen Technischen Hochschulen wurde d<strong>an</strong>nspäter auch aufgenommen. Ich war in zwei dieser mit großen Kompetenzen ausgestattetenKommissionen vertreten, in beiden als einziger Vertreter <strong>der</strong> neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>.Es erfolgte bek<strong>an</strong>ntlich nicht nur eine Evaluation von Hochschullehrern <strong>und</strong> allenweiteren <strong>an</strong>gestellten Mitarbeitern <strong>der</strong> Universität. Auch die Hochschulen als wissenschaftlicheInstitutionen waren einer Begutachtung durch Externe unterworfen.So wurden vom Wissenschaftsrat <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Evaluationskommissionengebildet, die die Hochschulen untersuchen sollten. Schwerpunktmäßig st<strong>an</strong>den folgendeFragen: Welche Hochschulen behalten ihren Status <strong>und</strong> welche werden alsFachhochschulen fortgeführt ?Als unsere <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> evaluiert wurde, war ich mir zunächst etwas unsicher,zumal <strong>an</strong> den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hochschulen, die ich mit begutachtete, alles fast perfektvorbereitet war. Die Angehörigen unserer Fakultäten waren sich zunächst so sicher,dass <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> nichts passieren könne. M<strong>an</strong>che legten auf den Besuchdieser Kommission keinen beson<strong>der</strong>s großen Wert. Ich musste also feststellen, dassdas Image, das wir hier boten, sehr zu wünschen übrig ließ. Die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> hatteeinen so guten Namen, dass das öffentliche Erscheinungsbild in den Köpfen vielerMitarbeiter, auch ver<strong>an</strong>twortlicher Führungskräfte, keine entscheidende Rolle spielte.Auch auf diesem Gebiet hat sich seit dieser Zeit viel verän<strong>der</strong>t.Weiterhin st<strong>an</strong>den die so gen<strong>an</strong>nten außeruniversitären Einrichtungen, von denengerade in Sachsen viele auch international sich einen guten Ruf erworben hatten, zurDebatte. Es musste in Abstimmung mit L<strong>an</strong>des- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esministerien in schwierigenBeratungen beispielsweise entschieden werden, ob diese Einrichtungen denFraunhofer Instituten o<strong>der</strong> den so gen<strong>an</strong>nten Instituten <strong>der</strong> Blauen Liste zugeordnetwerden, wie beispielsweise das traditionsreiche Institut für Polymerforschung (früherzur Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften <strong>der</strong> DDR gehörig) auf <strong>der</strong> Hohen Straße, das27


den „Blaue Liste Instituten“ zugeordnet wurde. Ebenfalls wurden die Institute <strong>der</strong>Bauakademie unter die Lupe genommen. Dabei wurde in <strong>der</strong> Kommission festgelegt,welche Arbeitsgebiete erhalten werden sollten <strong>und</strong> welche unter den neuenBedingungen aufzulösen waren. Auch hier mussten Entscheidungen mit beträchtlichenPersonalreduzierungen getroffen werden.In den folgenden Monaten war entschieden worden, dass die noch bestehendenStrukturen <strong>der</strong> ehemaligen Sektion Marxismus-Leninismus, das Institut für SozialistischeWirtschaftsführung <strong>und</strong> das Industrieinstitut aufzulösen seien. In <strong>der</strong> Senatssitzungam 26. März 1990 wurden die Weichen entsprechend gestellt. So war <strong>der</strong>Abbau des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs noch vor den entsprechendenGesetzen <strong>und</strong> Erlassen <strong>der</strong> erst einige Monate später gebildeten sächsischen Staatsregierungin die Wege geleitet worden. Die Ver<strong>an</strong>twortung für die Universitäten <strong>und</strong>Hochschulen trug noch das Ministerium für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft <strong>der</strong> DDR,das nach <strong>der</strong> ersten demokratischen Volkskammerwahl am 18. März 1990 vonProfessor H<strong>an</strong>s Joachim Meyer geleitet wurde.Die bereits durch Senatsbeschluss aufgelösten Strukturen wurden im Auflösungsbeschlussdes Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst d<strong>an</strong>n erneutgen<strong>an</strong>nt. Dabei kam es zu juristischen Spiegelfechtereien mit einigen ehemaligenAngehörigen dieser Institute, die den Umst<strong>an</strong>d ausnutzten, dass es im gen<strong>an</strong>ntenBeschluss hieß, dass alle Mitarbeiter dieser Institutionen mit Stichdatum 1. J<strong>an</strong>uar1991 abzuwickeln sind. 1) Die Vertreter des Institutes für Marxismus-Leninismusbeharrten beispielsweise darauf, dass sie zu diesem Datum gar nicht mehr Angehörigedes Instituts waren, denn die Sektion Marxismus-Leninismus wurde bereitsvom Senat aufgelöst. Jetzt musste ein Weg gef<strong>und</strong>en werden, <strong>der</strong> die erneute, auchrückwirkend befristete Einstellung dieser ehemaligen Mitarbeiter unmöglich machte.Neben <strong>der</strong> Sektion für Philosophie <strong>und</strong> Kulturwissenschaften <strong>und</strong> <strong>der</strong> SektionSozialistische Betriebswirtschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> wurde unter Leitung des damaligenRektoratskollegiums auch die LPG-Hochschule in Meißen aufgelöst. Eswar so, dass dieser Auflösungsbeschluss den Rektoren am 11. Dezember 1990Vormittag mitgeteilt wurde. 2 ) Nach einer Kaffeepause wurde über den Beschlussdiskutiert. In <strong>der</strong> Kaffeepause hatte <strong>der</strong> Minister aber schon eine Pressekonferenzabgehalten <strong>und</strong> alle Beschlüsse öffentlich gemacht, so dass in <strong>der</strong> Diskussion keinerleiÄn<strong>der</strong>ungen mehr herbeigeführt werden konnten. Am Nachmittag habe ichd<strong>an</strong>n sofort die Studentenräte <strong>der</strong> betreffenden Fakultäten zu mir gebeten <strong>und</strong> habeihnen versichert, dass wir alles tun würden, um ihr Studium zu einem erfolgreichenEnde zu führen.Am Tag nach dem Abwicklungsbeschluss fuhr ich nach Meißen <strong>und</strong> habe dort mitden Studenten gesprochen. Ich versicherte ihnen erneut, dass sie nur gewinnen1)Heinz Dieter Degen: Die Strukturentwicklung <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong> nach 1990 im Spiegeldes Universitätsarchivs. November 2001, S. 32)Universitätsarchiv <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, Rektorat, Nr. 419, 420; Dokumentation, Nr. 1628


können, wenn sie ein Diplom von <strong>der</strong> Universität bekämen <strong>und</strong> nicht von <strong>der</strong> LPG–Hochschule. Auf diese Weise konnte ich die Studenten zufrieden stellen. Obwohldieser Abwicklungsbeschluss zu viel Aufregung geführt hatte, war es in <strong>Dresden</strong>nicht zu größeren Demonstrationen gekommen. Insgesamt wurde die Abwicklung<strong>der</strong> ehemaligen LPG-Hochschule von uns ohne große Reibungsverluste <strong>und</strong> imWesentlichen auch von <strong>der</strong> Verwaltung professionell durchgeführt.Auch das Studium <strong>der</strong> <strong>TU</strong>-Studenten wurde pl<strong>an</strong>mäßig <strong>und</strong> <strong>an</strong> die neuen Bedingungen<strong>an</strong>gepasst weitergeführt. Dafür haben wir Professoren aus den neuen <strong>und</strong> altenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n - hauptsächlich für die Lehre in den Wirtschaftswissenschaften -gewinnen können. Elf Fächer, die insbeson<strong>der</strong>e für die Marktwirtschaft relev<strong>an</strong>twaren, mussten zusätzlich gelehrt werden. Als sie das Studium 1993 beendet hatten,erhielten sie ein Diplom unserer Universität <strong>und</strong> eine Bestätigung dieser elfPrüfungen von <strong>der</strong> Universität M<strong>an</strong>nheim. Der M<strong>an</strong>nheimer Rektor war <strong>an</strong>wesend<strong>und</strong> hat gleichzeitig mit mir diese Urk<strong>und</strong>en ausgeteilt. Ein gutes Beispiel für unbürokratischeZusammenarbeit. Der Rektor <strong>der</strong> M<strong>an</strong>nheimer Universität hatte dabeiauch festgestellt, dass die Durchschnittsnoten in diesen elf Fächern <strong>an</strong> unsererUniversität besser waren als <strong>an</strong> den Universitäten <strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>. DieStudenten haben sich also sehr schnell <strong>an</strong> die neuen Bedingungen gewöhnt <strong>und</strong> sichflexibel eingestellt.Der Ministerpräsident hat mir gegenüber später geäußert, dass es <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>mit dem Hochschulumbau nicht so problematisch gewesen sei. Er wollte <strong>an</strong>fänglichnicht so richtig akzeptieren, dass auch bei uns die Abwicklungen <strong>und</strong> <strong>der</strong>Abbau von Mitarbeitern kein leichtes Unternehmen war. Ohne das meist vertrauensvolleZusammenwirken mit den Studenten wäre die Hochschulerneuerung in<strong>Dresden</strong> sicher auch mit größerem politischem Lärm verlaufen.Herr Post hat bereits umfassend über die Bildung <strong>der</strong> Personal- <strong>und</strong> Fachkommissionengesprochen. Die Personalkommissionen sollten innerhalb einer Frist vonneun Monaten <strong>und</strong> die Fachkommissionen in 18 Monaten ihre Arbeit abschließen.Das war zum großen Teil nicht möglich, <strong>und</strong> Herr Post betonte ja, dass es zum Teilheute noch <strong>an</strong>hängige Verfahren gibt. Wir haben im vorigen Jahr gerade einen Fallgehabt, dass ein Professor mit Gerichtsbeschluss wie<strong>der</strong> eingestellt werden musste.Er war d<strong>an</strong>n noch einen Monat tätig <strong>und</strong> ging d<strong>an</strong>ach in Rente.Es wurden Kündigungen nach Bedarf <strong>und</strong> fachlicher Eignung <strong>und</strong> wegen politischenFehlverhaltens ausgesprochen. Die letzteren nahm aber <strong>der</strong> Minister vor. Es warso, dass die betreffenden Professoren d<strong>an</strong>n zu mir kamen <strong>und</strong> mir ihr Leid vortrugen.Ich hatte oft überhaupt nicht erfahren, dass ihnen gekündigt worden war. Ichhabe d<strong>an</strong>n den Minister gebeten, mir wenigstens eine entsprechende Mitteilung zuübermitteln. Daraufhin hat er mir d<strong>an</strong>n später einen Durchschlag des Kündigungsschreibensgeschickt. Das half aber dem Übel noch nicht ab, weil die Professorend<strong>an</strong>n kamen <strong>und</strong> meinten, dass sie falsch beurteilt <strong>und</strong> die Gründe nicht richtig29


dass ich diese Form <strong>der</strong> Vereidigung ablehnen müsse, da es sich um Urk<strong>und</strong>enfälschungh<strong>an</strong>dle. Ich könne nicht den Eid abnehmen <strong>und</strong> irgendein <strong>an</strong><strong>der</strong>er unterschreibt.Nach l<strong>an</strong>gem Hin <strong>und</strong> Her mit <strong>der</strong> Staatsregierung wurde d<strong>an</strong>n doch nochgeregelt, dass ich die Urk<strong>und</strong>en unterschreiben durfte.Die amtliche Stellung <strong>und</strong> Ausstattung des Rektors war nicht g<strong>an</strong>z einfach. DerStellenpl<strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität wies auch eine Stelle für den Rektor aus. Diese Stelle fürden Rektor war aber gesperrt, weil in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n die Professoren oftnicht verbeamtet sind. M<strong>an</strong> hatte d<strong>an</strong>n Stellen <strong>der</strong> Kategorien BAT Ost A1<strong>und</strong> AIa<strong>an</strong>stelle von C4 <strong>und</strong> C3 eingerichtet. Aber, dass ein Rektor als Angestellter amtierte,war nicht üblich. Folglich gab es für die Stelle des Rektors keine Angestelltenstelle.Da ich, wie bereits erwähnt, wegen meines Alters nicht verbeamtet werden konnte,durfte ich die Rektorstelle auch nicht einnehmen, musste auf meiner Professorenstellebleiben. Das hatte auch den Nachteil, dass diese Stelle nicht, wie dassonst üblich ist, durch einen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Professor besetzt werden konnte. Lei<strong>der</strong> istsie auch bis heute noch nicht besetzt.Ich möchte meine Darlegungen beenden mit <strong>der</strong> Bemerkung, dass in den <strong>an</strong>strengendenvier Jahren meines Rektorats viel erreicht wurde, nicht zuletzt <strong>der</strong> Ausbauzur Volluniversität mit allen klassischen Disziplinen. Neben allen Erfolgen bleibenaber auch Denkwürdigkeiten, die aufzuschreiben lohnen, da sie so in den Aktennicht überliefert sind. Es ist zu hoffen, dass unsere großen Anstrengungen zur <strong>Erneuerung</strong><strong>und</strong> zum Ausbau <strong>der</strong> Universität nicht durch übertriebene Sparmaßnahmen<strong>der</strong> Staatsregierung zunichte gemacht werden.v. l. n. r.: Dr. Neumerkel, Prof. Reibiger, Prof. Müller, Prof. Geise, Prof. Fiedler, Prof. Hempel(hintere Reihe), Prof. Schönfeld31


Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c.Peter Offerm<strong>an</strong>nProrektor für Universitätspl<strong>an</strong>ung (1990 – 1997)* 13. Juli 1940 in Görlitz1958-1964 Studium <strong>der</strong> Textiltechnik <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1964-1968 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Textiltechnik <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1968-1969 Leiter <strong>der</strong> zentralen Forschungs- <strong>und</strong>Entwicklungsstelle im VEB Tüllgardinen- <strong>und</strong> Spitzenwerke <strong>Dresden</strong>;1969-1974 stellv. Direktor bzw. Direktor für Forschung <strong>und</strong>Entwicklung im VEB Textilkombinat Cottbus; 1974 Berufung zumHochschuldozenten für Textiltechnik <strong>an</strong> die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1977-1990 stellv. Wissenschaftsbereichsleiter des WB Textil- <strong>und</strong> Bekleidungstechnik;1984 Berufung zum a.o. Prof.; 1990 Berufung zum o.Prof. für Textiltechnik; Direktor des Institutes für Textil- <strong>und</strong> Bekleidungstechnik;Mitglied des Senats <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1990-1997Prorektor für Universitätspl<strong>an</strong>ung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992Berufung zum Professor neuen Rechts für Textiltechnik <strong>an</strong> <strong>der</strong>Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 2000 Dr. h. c. <strong>der</strong> St.Petersburger Universität für Technologie <strong>und</strong> Design, Russl<strong>an</strong>dVorbemerkungenAls ich gebeten wurde, dieses Thema zu übernehmen, waren meine ersten Ged<strong>an</strong>ken:- Das ist deine Pflicht, also sage ja- das dürfte dir auch nicht schwer fallen, denn schließlich hast du diesen Prozessmit geleitet- <strong>und</strong> k<strong>an</strong>nst dich noch <strong>an</strong> vieles erinnernaber auch- hoffentlich findest du die Zeit, die authentischen Unterlagen im <strong>TU</strong>-Archiv einzusehen,denn Erinnerung allein k<strong>an</strong>n nicht die Gr<strong>und</strong>lage des Vortrages sein.Nachdem ich nun – zwar bei weitem nicht genug – aber Zeit für Letzteres aufgewendethabe, k<strong>an</strong>n ich feststellen, dass die Erinnerung mit den tatsächlichen Vorgängennoch recht gut korreliert.Protokolle von Senatskommissionssitzungen, Schreiben von Dek<strong>an</strong>en <strong>und</strong> Professoren,Gesprächsnotizen <strong>und</strong> all die h<strong>an</strong>dschriftlichen R<strong>an</strong>dbemerkungen aus denJahren 1991 bis 1994 haben meine Erinnerungen gegenwärtig werden lassen. Ichstehe also vor Ihnen mit einem logarithmisch verdichteten Gedächtnis, aufgefrischtaus Aktenlage <strong>und</strong> eigenem Erinnern. Da eine Reihe von Dek<strong>an</strong>en <strong>und</strong> Professorenjener Jahre als Zeitzeugen ihrer Fakultäten berichten werden, will ich den Versuchunternehmen, die fakultätsübergreifenden Pl<strong>an</strong>ungen <strong>und</strong> Anpassungsprobleme beson<strong>der</strong>szu beleuchten.32


1. ProblemdarstellungDie Technische Universität <strong>Dresden</strong> erhielt mit den Strukturentscheidungen desFreistaates die einmalige Ch<strong>an</strong>ce für den Vollausbau. Damit verb<strong>und</strong>en waren u. a.die Auflösung <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule (PH) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen„Friedrich List“ (HfV) in <strong>Dresden</strong> sowie die Integration <strong>der</strong>en universitärerTeile in eine Gesamtpl<strong>an</strong>ung <strong>und</strong> -struktur <strong>der</strong> zukünftigen <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>.Die Gründung <strong>der</strong> Juristischen Fakultät, die Gründung <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaftlichen,Geistes- <strong>und</strong> Erziehungswissenschaftlichen Fakultäten <strong>und</strong> später noch <strong>der</strong>Medizinischen Fakultät sollen nur erwähnt werden. Sie sind nicht Gegenst<strong>an</strong>d diesesBeitrages, wenngleich sie im Rahmen <strong>der</strong> Gesamtpl<strong>an</strong>ungen für die Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften nicht ohne Auswirkung waren.Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en gab es <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> seit 1990 – nach Auflösung <strong>der</strong> Sektionen– eine Interimsstruktur von Fakultäten im Wesentlichen mit dem Personalbest<strong>an</strong>daus DDR-Zeiten.Die Universitätsleitung hat konsequent die Strategie vertreten, dass die Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften die Kernbereiche bleiben. Mehrere im Senat <strong>und</strong> auchöffentlich geführte Diskussionen, mit dem Ausbau zur Volluniversität auch den Namenaufzugeben, verebbten d<strong>an</strong>k überzeugen<strong>der</strong> Argumente sehr bald.Fakultätsleitungen <strong>und</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften betrachtetenmehrheitlich von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> den Ausbau <strong>der</strong> Universität als eine Ch<strong>an</strong>ce fürüberdisziplinäre Forschung <strong>und</strong> Lehre, als Bereicherung für uns alle. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>enwaren sie sich ihrer zentralen Rolle bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>bewusst.Die Gründungsdek<strong>an</strong>e <strong>und</strong> neuen Mitarbeiter in den jungen, entstehenden Fakultätenwie<strong>der</strong>um waren nicht ohne Sorge, ihre Pläne durchsetzen zu können, zumal ja<strong>der</strong> Rektor <strong>und</strong> alle Prorektoren dieser Zeit aus den Ingenieurwissenschaften kamen.In diesem Sp<strong>an</strong>nungsfeld bef<strong>an</strong>den wir uns, als etwa Ende des Jahres 1991 diePl<strong>an</strong>ungen für die zukünftige Professurenstruktur in den Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaftenin die heiße Phase traten.2. Pl<strong>an</strong>ungsstrategie <strong>und</strong> iterative VorgehensweiseDie Universitätsleitung, insbeson<strong>der</strong>e aber die Ressortver<strong>an</strong>twortlichen, d. h. <strong>der</strong>K<strong>an</strong>zler <strong>und</strong> ich, waren sich <strong>der</strong> Schwierigkeiten einer konsensfähigen Pl<strong>an</strong>ung vordem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gravierenden Personalreduzierung bewusst. Natur- <strong>und</strong> Ingenieurwissenschaftenhatten sich nach sowjetischem Muster beson<strong>der</strong>s in den letzten10 Jahren <strong>der</strong> DDR immer mehr aufgebläht. Selbst in den eigenen Reihen wurdegewitzelt über „Professuren für die linken <strong>und</strong> rechten Rä<strong>der</strong>“ einer Eisenbahn.Mein eigenes Institut – seit den 30er Jahren mit zwei Professuren ausgestattet –33


verfügte zu jener Zeit zusätzlich über vier Dozenten. Dazu kam natürlich überallnoch eine große Anzahl Wissenschaftler des Mittelbaues. Da ein Wechsel in sächsischeUnternehmen in den 90er Jahren schier aussichtslos war, musste bei <strong>der</strong>Personal<strong>an</strong>passung im Zuge <strong>der</strong> neuen Professurenstrukturen also auch noch eingroßes soziales Problem beachtet werden, sollten die Betroffenen nicht zum Abw<strong>an</strong><strong>der</strong>nin günstigere Regionen Deutschl<strong>an</strong>ds o<strong>der</strong> in die Arbeitslosigkeit gezwungenwerden.Der Zeitraum für die Pl<strong>an</strong>ungsentscheidungen war eng gesetzt <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>te einehohe Parallelität <strong>der</strong> Arbeit. So warteten wir einerseits Tag für Tag, dass endlichvom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst (SMWK) die Eckdatenfür die Personalpl<strong>an</strong>ung gen<strong>an</strong>nt werden, <strong>und</strong> mussten <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits den Fakultätenbereits die Aufgabe erteilen, ihre Entwürfe für die Professurenstruktur auszuarbeiten.Der K<strong>an</strong>zler <strong>und</strong> ich waren uns einig, dass die Vorgehensweise nur sosein konnte:1.Schritt: Begründung <strong>der</strong> notwendigen C4- <strong>und</strong> C3-Stellen durch die Fakultäten2. Schritt: Vergleich <strong>der</strong> Überschneidungen zwischen den Fakultäten3. Schritt: Vorgabe einer Stellenpl<strong>an</strong>verteilung <strong>an</strong> die bestehenden Fakultäten4. Schritt: Schriftliche Stellungnahme <strong>der</strong> Fakultäten zu den Vorgaben5. Schritt: Gespräche, Gespräche, Gespräche …Ich brauche nicht beson<strong>der</strong>s zu erwähnen, dass in jenen Monaten Ende 1991 bisMitte 1992 ständig das Telefon klingelte, alles sofort be<strong>an</strong>twortet werden sollte,bilaterale <strong>und</strong> multilaterale Gespräche bis in die Nacht notwendig waren, um letztlichim Einvernehmen o<strong>der</strong> auch nicht ausein<strong>an</strong><strong>der</strong> zu gehen. Die Belastung <strong>der</strong>Beteiligten, von denen im Gr<strong>und</strong>e niem<strong>an</strong>d wusste, ob er bei Bewerbung auf seineeigene Professur auch wirklich wie<strong>der</strong> berufen wird, war extrem hoch. Die Studenten-<strong>und</strong> Diplom<strong>an</strong>denjahrgänge in den Ingenieurwissenschaften hatten eine Stärke,die wir erst wie<strong>der</strong> erreichen wollen, <strong>und</strong> die Bemühungen, über Drittmittelprojektedem Mitarbeiterabbau entgegen zu wirken, verl<strong>an</strong>gten zusätzlichen Einsatz <strong>und</strong>Flexibilität. Ich habe eine hohe Achtung vor den Professoren <strong>und</strong> Dek<strong>an</strong>en jenerTage, die sich mir herausragend eingeprägt haben.3. Ausgewählte BeispieleDie Diskrep<strong>an</strong>zen zwischen den Vorstellungen <strong>der</strong> Fakultäten <strong>und</strong> den Vorgaben<strong>der</strong> Universitätsleitung mussten gravierend ausfallen. Am Beispiel <strong>der</strong> Naturwissenschaften<strong>und</strong> Mathematik soll die Situation verdeutlicht werden:Die beigefügten Memor<strong>an</strong>den <strong>und</strong> Schreiben <strong>der</strong> Dek<strong>an</strong>e, Fachbereichsleiter, Institutsleiter<strong>und</strong> Professoren waren oft noch mit Unterstützungsschreiben westdeut-34


scher Kollegen unterfüttert. Alles das musste erst einmal <strong>an</strong>alysiert, ja seziert <strong>und</strong>im Blick auf die Gesamtpl<strong>an</strong>ungen bewertet werden.Dabei gab es erhebliche Unterschiede zwischen den Fakultäten. Während z. B. dieElektrotechnik ein Angebot vorlegte, das den Vorgaben im Gr<strong>und</strong>e entsprach, enthieltendie Entwürfe <strong>an</strong><strong>der</strong>er Fakultäten große Abweichungen.Die zeitaufwendigsten Gespräche <strong>und</strong> weitreichendsten Vari<strong>an</strong>tenbetrachtungenerfor<strong>der</strong>ten die wissenschaftlichen Grenzgebiete <strong>und</strong> unterschiedlichen Auffassungen<strong>der</strong> Fakultäten zu <strong>der</strong>en Zuordnung. Wesentliche Aspekte für unsere endgültigenEntscheidungsvorschläge zur Zuordnung solcher Gebiete waren- die Empfehlungen des Wissenschaftsrates- die Erfahrungen westdeutscher Universitäten <strong>und</strong> nicht zuletzt- <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> betroffenen Wissenschaftler <strong>und</strong> Mitarbeiter.Natürlich hätten wir eine konsequente Fach- zu-Fach-Zuordnung entscheiden können.Ich bin aber fest davon überzeugt, dass davon abweichende Lösungen, etwabei <strong>der</strong> Wasserwirtschaft, zu mehr Dynamik in Forschung <strong>und</strong> Lehre, höhererEffizienz, zu mehr Ch<strong>an</strong>cen im internationalen Wettbewerb <strong>und</strong> auch innerhalb <strong>der</strong>Universität beitragen.Nehmen wir das Beispiel des Wasserwesens <strong>der</strong> damaligen Fakultät Bau-, Wasser<strong>und</strong>Forstwesen:Die Vertreter des Bauingenieurwesens for<strong>der</strong>ten geradezu die Auflösung des Wasserwesens<strong>und</strong> die Zuordnung nicht nur von Wasserbau <strong>und</strong> Hydromech<strong>an</strong>ik, son<strong>der</strong>nauch <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Professorenstellen zur Übernahme des Studieng<strong>an</strong>ges Wasserwirtschaft.In einem Brief vom 05.02.1992 schreibt <strong>der</strong> damalige Abteilungssprecherdes Bauingenieurwesens <strong>an</strong> den Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong>Forstwesen, Herrn Professor H<strong>an</strong>s Joachim Fiedler:„Nach Auskunft des K<strong>an</strong>zlers auf meine Rückfrage am 08.01.1992 sind in den 16 C4-<strong>und</strong> 8 C3-Stellen für die Bauingenieure die Stellen für den Wasserbau <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verkehrsbau[Anteil HfV] enthalten. Der K<strong>an</strong>zler erwähnte die Wasserwirtschaft nicht, so dassdaraus geschlossen werden müsste, dass die Universitätsleitung <strong>an</strong> einer Weiterführungdes Studieng<strong>an</strong>ges Wasserwirtschaft nicht interessiert ist […]Sie haben mir einige Tage d<strong>an</strong>ach mitgeteilt, dass in dieser Beratung in meiner Abwesenheitfestgelegt worden sei, 6 C-Stellen für das Wasserwesen abzuzweigen […] wieich überhaupt den St<strong>an</strong>dpunkt vertrete, dass in meiner Abwesenheit diese Verän<strong>der</strong>ungnicht vorgenommen werden durfte.“Wären wir auch den Vorstellungen von Mathematik/Naturwissenschaften zur Einordnung<strong>der</strong> Hydrobiologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wasserchemie nachgekommen, hätte das dieAuflösung <strong>der</strong> Dresdner Schule <strong>und</strong> gebündelter Kompetenzen von natur- <strong>und</strong> inge-35


nieurwissenschaftlichen Disziplinen in einem Fachbereich zur Folge gehabt. Nochim März 1994 wollte die Fakultät Mathematik/Naturwissenschaften die gen<strong>an</strong>ntenZuordnungen durchsetzen, obwohl Minister Professor H<strong>an</strong>s Joachim Meyer dieGlie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> mit einer Fakultät Forst-, Geo- <strong>und</strong> Hydrowissenschaftenim Erlass vom 17.01.1994 bereits entschieden hatte.Im Falle <strong>der</strong> Pl<strong>an</strong>ungen für die weitere Entwicklung <strong>der</strong> Psychologie <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> st<strong>an</strong>den sich gleichfalls mehrere Meinungsfronten gegenüber. Die SächsischeHochschulkommission vertrat die Auffassung, dass in Anlehnung <strong>an</strong> Vorbil<strong>der</strong><strong>an</strong> westdeutschen Universitäten die Psychologie aus <strong>der</strong> Fakultät für Naturwissenschaften<strong>und</strong> Mathematik in eine Fakultät für Psychologie, Sozial- <strong>und</strong> Erziehungswissenschaftenintegriert werden sollte. Diese Auffassung ging jedoch <strong>an</strong> <strong>der</strong> historisch<strong>an</strong> <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> seit den 20er Jahren gewachsenen <strong>und</strong> prägendenexperimentalpsychologischen Orientierung <strong>und</strong> den interdisziplinären natur- <strong>und</strong>ingenieurwissenschaftlichen Forschungen vorbei. Für meine eigene Überzeugungkamen mir in jenen entscheidenden Monaten zwei Vorgänge entgegen:Ich hatte die Möglichkeit, über zwei Jahre mit Herrn Professor Winfried Hacker ineinem BMBF- Verb<strong>und</strong>vorhaben mit Fachkollegen <strong>der</strong> Rheinisch-WestfälischenTechnischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen) im Rahmen des Forschungsprogramms„Technik <strong>und</strong> Arbeit“ zusammenzuarbeiten <strong>und</strong> natürlich am R<strong>an</strong>de vielüber die Dresdner Schule <strong>der</strong> Psychologie zu erfahren. Außerdem f<strong>an</strong>d ich Kontaktzu Professoren <strong>an</strong><strong>der</strong>er deutscher Universitäten, die mir alle eindringlich empfahlen,die Dresdner Strukturzuordnung in die Fakultät Mathematik/Naturwissenschaftennicht aufzugeben. So fiel es mir nicht schwer, mit innerster Überzeugung <strong>der</strong>Bitte des damaligen Prodek<strong>an</strong>s <strong>der</strong> Abteilung Hum<strong>an</strong>- <strong>und</strong> Biowissenschaften, HerrnProfessor Peter Richter, nachzukommen (Zitat aus seinem Schreiben vom26.03.1992):„Sehr geehrter Herr Offerm<strong>an</strong>n,[…] Mich hat das Infragestellen <strong>der</strong> Autonomie unserer Universität durch diese Kommission[gemeint ist die Sächsische Hochschulkommission] tief bewegt. Insbeson<strong>der</strong>ebetrifft dies natürlich mein eigenes Fach. Ich möchte Sie daher herzlich bitten, IhrenEinfluss geltend zu machen, den Fachbereich Psychologie innerhalb <strong>der</strong> naturwissenschaftlichenFakultät zu belassen <strong>und</strong> ihn insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong> Professuren-Anzahlauszustatten, wie sie im Senatsbeschluss vorgesehen ist.“Die Ungewissheit über die Entscheidungen zur Zuordnung <strong>der</strong>artiger Wissenschaftsgebieteeinerseits, das Selbstverständnis <strong>der</strong> sie vertretenden Wissenschaftler <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits,aber auch subjektive Faktoren führten dazu, dass sich in vielen Fällenwechselnde Alli<strong>an</strong>zen, „Zweckverb<strong>und</strong>e“ in den unterschiedlichsten Vari<strong>an</strong>ten herausbildeten.Dazu kamen d<strong>an</strong>n „gewichtige“ Unterstützerbriefe. All das war verständlich,führte auch zur Bereicherung im Meinungsstreit <strong>und</strong> enthielt vielfachkreative Ansätze, die bei den Pl<strong>an</strong>ungsentscheidungen zu beachten waren.36


Am Beispiel eines Schreibens des REFA-Vorst<strong>an</strong>des, L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d Sachsen, vom30.01.92 möchte ich die Situation charakterisieren, t<strong>an</strong>giert sie doch die Pl<strong>an</strong>ungen<strong>der</strong> Psychologie nicht unwesentlich.Es wird zunächst auf die bemerkenswerte Traditionslinie <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> in <strong>der</strong>arbeitswissenschaftlichen Lehre <strong>und</strong> Forschung hingewiesen, die bis auf Sachsenbergzurückgeht. D<strong>an</strong>ach wird auf <strong>an</strong>haltende Diskussionen, zum Beispiel im VDI,eingeg<strong>an</strong>gen, dass die Ingenieure nicht ausreichend auf ethischem Gebiet, in ihrerVer<strong>an</strong>twortung gegenüber Mensch <strong>und</strong> Umwelt ausgebildet würden, um <strong>an</strong>schließendfestzustellen, dass die ehemalige Sektion Arbeitswissenschaften <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>partiell gute <strong>und</strong> international <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte Arbeit geleistet hätte <strong>und</strong> eigentlichnur <strong>an</strong> den Personen <strong>und</strong> politisch motivierten Problemen zerbrochen sei. Darauswird d<strong>an</strong>n die Empfehlung abgeleitet, die <strong>TU</strong>-Leitung solle doch die Gründung einerFakultät Arbeitswissenschaft mit den Fachgebieten- Arbeitspsychologie- Arbeitsphysiologie- Hum<strong>an</strong>biologie- Arbeitsingenieurwesen- Arbeitspädagogik <strong>und</strong>- Arbeitsmedizinin Erwägung ziehen. Im Übrigen gäbe es viele Hochschulen in Westdeutschl<strong>an</strong>d, diedie ehemalige Sektion als eine richtige Entwicklung einschätzten. Im letzten Teil desBriefes wird <strong>der</strong> Vorschlag aber gleich wie<strong>der</strong> zurückgenommen. Die Argumentationlässt erkennen, dass es dem REFA-Vorst<strong>an</strong>d im Moment ausschließlich darumgeht, <strong>der</strong> Arbeitswissenschaft im Maschinenbau eine Heimat zu geben, wobei wirwie<strong>der</strong> bei Sachsenberg wären.Es ist sicher auch für Außenstehende <strong>an</strong> den wenigen Beispielen leicht nachzuvollziehen,dass Pl<strong>an</strong>ungsentscheidungen für eine kohärente Gestaltung <strong>der</strong> Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften alles <strong>an</strong><strong>der</strong>e als eine einfache Übung auf <strong>der</strong> Basis vonFachargumenten <strong>und</strong> -kompetenzen war. Unsere „multifaktoriellen“ Pl<strong>an</strong>spielemussten immer mindestens die Variablen- Wissenschaftstradition- Wissenschaftsentwicklung- Pl<strong>an</strong>stellenrahmen- Integrationspotenzial aus PH <strong>und</strong> HfV- <strong>TU</strong>-interne Personalsituation- <strong>TU</strong>-externe Erwartungen berücksichtigen.Damit komme ich zu einer <strong>der</strong> schwierigsten Aufgaben - <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong> „Verkehrswissenschaften“in die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. Obwohl Minister Professor Meyer bereitsim Oktober 1991 sowohl dem Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, Professor GüntherL<strong>an</strong>dgraf, als auch dem amtierenden Rektor <strong>der</strong> HfV, Professor M<strong>an</strong>fred Zschwei-37


gert, in einem Schreiben <strong>an</strong>kündigt, dass unter dem Vorsitz von Herrn ProfessorGerhard Heimerl aus Stuttgart eine Kommission zur Erarbeitung einer „Konzeptionfür eine verkehrswissenschaftliche Fakultät <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>“ eingesetzt wird,trifft sich diese erst am 24. April des nächsten Jahres (also 1992) zu ihrer erstenSitzung.Die Pl<strong>an</strong>ungen für die Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften liefen aber gerade im 1.Quartal 1992 auf Hochtouren. Die zeitliche Verzögerung hatte mehrere Ursachen.Auch gab es unter den Wissenschaftlern <strong>der</strong> HfV noch immer Resthoffnungen aufEigenständigkeit. An<strong>der</strong>erseits sollte die Verkehrswissenschaftliche Fakultät ihreTätigkeit mit dem Wintersemester 1992/93 aufnehmen. Wir alle wissen, dass diesesZiel erreicht wurde. Im Nachhinein ist es kaum vorstellbar, wie auch dieseArbeit geschafft werden konnte.In dem gen<strong>an</strong>nten Brief des Ministers werden Prämissen formuliert. So wird auf dieEmpfehlungen des Wissenschaftsrates <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sächsischen HochschulkommissionBezug genommen, die ihrerseits vorschlagen, dass in die zu gründende Fakultät„nicht nur geeignete verkehrswissenschaftliche Ressourcen <strong>und</strong> Arbeitsbereiche<strong>der</strong> HfV, son<strong>der</strong>n auch Spezialgebiete <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> eingebracht werden.Darüber hinaus wird die Überführung <strong>der</strong>jenigen Ressourcen/Arbeitsbereiche empfohlen,die zur Stärkung <strong>der</strong> technischen Disziplinen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> beitragenkönnten“. Damit war <strong>der</strong> Rahmen für den wissenschaftlichen Pl<strong>an</strong>ungsstreit mit denbetroffenen Fakultäten Bauingenieurwesen, Elektrotechnik, Maschinenwesen <strong>und</strong><strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gegeben. Die Aufgabe <strong>der</strong> paritätischzusammengesetzten Integrationskommission „Verkehrswissenschaften“ (HfV/<strong>TU</strong>D)mit Herrn Professor Heimerl als Vorsitzenden best<strong>an</strong>d nun darin, die Pl<strong>an</strong>ung fürdie zukünftige Struktur <strong>der</strong> Professuren in kürzester Zeit so weit vor<strong>an</strong>zutreiben,dass <strong>der</strong> gen<strong>an</strong>nte Zieltermin Oktober 1992 eingehalten werden konnte.Ich erinnere mich noch sehr gut <strong>an</strong> die vorausgehenden bilateralen Gespräche mitProfessor Günter Hertel, <strong>der</strong> die vorläufige Lehrstuhlstruktur für die Fakultät zurersten Sitzung <strong>der</strong> Integrationskommission am 24.02.92 vorstellte. Gestützt auf dieZusage des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst (SMWK),für die Verkehrswissenschaften 40 Professorenstellen vorzuhalten, konnte so bereitszu diesem Termin für 24 Stellen das Einvernehmen <strong>der</strong> Kommission erreichtwerden. Weitaus schwieriger gestaltete sich jedoch <strong>der</strong> restliche Anteil, da in diesenFällen Überschneidungen zur Pl<strong>an</strong>ung in den gen<strong>an</strong>nten <strong>TU</strong>-Fakultäten erkennbarwaren <strong>und</strong> die jeweiligen Fakultätsvertreter auch sehr kontroverse St<strong>an</strong>dpunktehinsichtlich <strong>der</strong> Zuordnung <strong>der</strong> Professuren vertraten. Im Zuge <strong>der</strong> Kompromissfindungwurden z. B. die Professuren „Verbrennungsmotoren“ <strong>und</strong> „Kraftfahrzeug-<strong>und</strong> Antriebstechnik“ aus dem Maschinenwesen ausgeglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> im Austauschdie Professuren „Baumaschinentechnik“ sowie „Leichtbau- <strong>und</strong> Kunststoffeinsatz“,wie es damals lautete, dem Maschinenwesen zugeordnet. M<strong>an</strong>ch <strong>an</strong><strong>der</strong>eProfessurenwidmungen wurden so vonein<strong>an</strong><strong>der</strong> abgegrenzt, dass beide Professu-38


en z. B. in <strong>der</strong> Elektrotechnik <strong>und</strong> in den Verkehrswissenschaften ihre Berechtigungf<strong>an</strong>den. Letztendlich war <strong>der</strong> Prozess im Umfeld <strong>der</strong> Situation 1992 nur so zubeherrschen. Der damit geschaffene Zust<strong>an</strong>d impliziert natürlich ein Verän<strong>der</strong>ungspotenzial,das nach nunmehr 10 Jahren mit dem Blick auf die nächsten Jahrzehnteeiner erneuten Bewertung unterzogen werden sollte.Neben den gr<strong>und</strong>legenden Problemen <strong>der</strong> Personal<strong>an</strong>passung <strong>an</strong> die neue Strukturbest<strong>an</strong>d für die zukünftige Verkehrswissenschaftliche Fakultät noch die Aufgabe,die laufenden Studiengänge <strong>der</strong> HfV-Studenten zu übernehmen <strong>und</strong> zu Ende zu führen.In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g wurde sehr pragmatisch über die befristete Weiterführungvon 91 Stellen zur Absicherung <strong>der</strong> Ausbildung entschieden; wie überhauptdie Probleme <strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>gszeit sehr pragmatisch gelöst wurden <strong>und</strong> die Qualität<strong>der</strong> Studentenausbildung zu keiner Zeit gefährdet war.So konnte <strong>der</strong> Rektor im August 1992 dem Minister auch mitteilen, dass „die TechnischeUniversität <strong>Dresden</strong> beabsichtigt, eine Eröffnungsfeier zur Gründung <strong>der</strong>Verkehrswissenschaftlichen Fakultät „Friedrich List“ durchzuführen <strong>und</strong> dazu eineArbeitsgruppe unter Leitung des Prorektors für Universitätspl<strong>an</strong>ung gebildet hat“.Als d<strong>an</strong>n am 6. November 1992 <strong>der</strong> erste Dek<strong>an</strong> dieser Fakultät, Professor GünterHertel, seine Fest<strong>an</strong>sprache hielt, konnte er mit Stolz auf das in kürzester Zeit vonfünf Monaten geleistete Integrations-, Entflechtungs- <strong>und</strong> Gründungspensum verweisen.Er machte jedoch auch deutlich, dass aus seiner Sicht die neue Hochschulefür Technik <strong>und</strong> Wirtschaft <strong>Dresden</strong> großzügiger mit Professuren <strong>und</strong> Mitarbeiterstellenbedacht worden sei. Viele meiner Kollegen <strong>an</strong> den ingenieurwissenschaftlichenFakultäten <strong>und</strong> auch ich sahen das durchaus <strong>an</strong><strong>der</strong>s. Für uns war die Ausstattung<strong>der</strong> Verkehrswissenschaftlichen Fakultät ein opulenter Kompromiss, <strong>der</strong> inZukunft erneut auf den Prüfst<strong>an</strong>d kommen sollte. Er wurde auch von <strong>der</strong> Universitätsleitungals ein Vorschuss <strong>an</strong>gesehen, <strong>der</strong> durch eine herausragende Drittmittelentwicklungals Nachweisführung für die beson<strong>der</strong>en Möglichkeiten einer solchen„Komplexen Fakultät“ im Bereich <strong>der</strong> Forschung einzulösen ist.Es ist selbstverständlich, dass die Prozesse <strong>der</strong> Pl<strong>an</strong>ung in Vorbereitung <strong>der</strong> jeweiligenSenatsbeschlüsse in den gewählten Gremien beraten wurden, wenngleich fürdie Empfehlungen <strong>der</strong> Integrationskommission (<strong>und</strong> <strong>der</strong> verschiedenen Gründungskommissionenfür die neuen Fakultäten) die zuständige Senatskommission wenigEntscheidungsspielraum hatte.Annähernd ein Jahr beschäftigte sich die extra hierfür gebildete AG Hochschulstruktur<strong>der</strong> Senatskommission „Pl<strong>an</strong>ung, Haushalt <strong>und</strong> Struktur“ mit <strong>der</strong> zukünftigenFakultätsstruktur <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. Dabei ging es vor allem um die beidengroßen Fakultäten Mathematik/Naturwissenschaften sowie Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen.Im Oktober 1993 wurde <strong>der</strong> Senatskommission ein Strukturvorschlag <strong>der</strong>Universitätsleitung zur Beratung vorgelegt, <strong>der</strong> unserer heutigen Fakultätsstrukturentspricht. Es dauerte jedoch noch bis zur Senatssitzung am 9.3.94, bevor dieser39


Vorschlag auch dem SMWK übermittelt werden konnte. Höchste Eile war geboten,denn die Terminpl<strong>an</strong>ung für die ersten Universitätswahlen auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage desSHG musste unbedingt eingehalten werden.4. SchlussbemerkungenDie Erfahrungen von etwa einem Jahrzehnt Forschung <strong>und</strong> Lehre in den Ingenieur<strong>und</strong>Naturwissenschaften belegen, dass die Pl<strong>an</strong>ungen eine gute Entwicklung <strong>der</strong>Fakultäten, Institute <strong>und</strong> einzelnen Wissenschaftsgebiete ermöglicht haben. Dieenthaltenen Potenziale für die Erhöhung <strong>der</strong> Effizienz <strong>und</strong> eine weitere Profilierung<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> hat auch die Hochschulstrukturkommission erneut aufgegriffen.Dabei konnte sie natürlich im Detail nicht voll erkennen, welche Profile, wissenschaftlicheLeuchttürme, wettbewerbsführende Netzwerke <strong>und</strong> Substrukturen dieLeistungsfähigkeit <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> gegenwärtig dominieren <strong>und</strong> letztlich auch zukunftsweisendsind. Hier setzt die Aufgabe <strong>der</strong> Fakultäten erneut ein.Wir sollten uns <strong>an</strong> das wissenschaftlich-kollegiale <strong>und</strong> zielorientierte Klima Anf<strong>an</strong>g<strong>der</strong> 90er Jahre erinnern, um die Probleme <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> für die Zukunft zügigselbst in die H<strong>an</strong>d zu nehmen <strong>und</strong> zu lösen.40


Prof. Dr.-Ing. habil.Albrecht Reibiger*17. J<strong>an</strong>uar 1939 in WittenbergL<strong>an</strong>gjähriges Mitglied <strong>und</strong> amtieren<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> weiterführendenPersonalkommission <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D1957-1963 Elektrotechnikstudium, Fachrichtung Schwachstromtechnik,<strong>an</strong> <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1963-1964 Entwicklungsingenieurim Filterlabor des Fernmeldewerkes Leipzig; 1964-1968wissenschaftlicher Assistent am Institut für Allgemeine Elektrotechnik<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1969-1974 Oberassistent <strong>an</strong> <strong>der</strong>Sektion Informationstechnik <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1974 Hochschuldozentfür Informationstechnik (Systemtheorie) <strong>an</strong> <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992 Berufung zum Prof. für Theoretische Elektrotechnikam Institut für Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Elektrotechnik <strong>und</strong>Elektronik; 1991-1993 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> PersonalkommissionIII/5; seit 1994 Mitglied <strong>der</strong> weiterführenden Personalkommission<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> (seit August 2000 Vorsitzen<strong>der</strong>)Spätestens nach den Ereignissen des Herbst ´89 war wohl die Mehrheit <strong>der</strong> DDR-Bürger zu <strong>der</strong> Überzeugung gel<strong>an</strong>gt, dass das SED-Regime abgewirtschaftet hatte<strong>und</strong> ein Neubeginn nötig war.In den Hochschulen hatten vielfach fachlich inkompetente, dafür aber linientreueGenossen das Sagen. M<strong>an</strong> war nicht mehr bereit, sich von Kollektivleitern <strong>und</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>en Leitern gängeln zu lassen, die g<strong>an</strong>z offensichtlich aus reinen KarrieregründenMitglied <strong>der</strong> SED geworden waren <strong>und</strong> nur deshalb bei ihren „Untergebenen“eine bedingungslose Gefolgschaft zu Maßnahmen von Partei <strong>und</strong> Regierungdurchsetzen wollten, damit sie selbst möglichst un<strong>an</strong>gefochten die nächste Stufeihres Ka<strong>der</strong>entwicklungspl<strong>an</strong>s ersteigen konnten.All das musste weg, wenn m<strong>an</strong> eine weltoffene, leistungsfähige <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>ne Hochschull<strong>an</strong>dschaftetablieren wollte. Das ging nicht, ohne einschneidende Verän<strong>der</strong>ungeninsbeson<strong>der</strong>e im Personalbereich. Die SED-dominierten Strukturen musstenaufgebrochen <strong>und</strong> beseitigt werden.Auch <strong>an</strong> unserer Universität f<strong>an</strong>den sich frühzeitig Gruppen zusammen, um die<strong>Erneuerung</strong> vor<strong>an</strong>zutreiben. Als ein wichtiges Beispiel sei hier die „Initiativgruppe fürdie <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Universität“ gen<strong>an</strong>nt, die sich <strong>an</strong> <strong>der</strong> damaligen Sektion Physikzusammengef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> noch vor den Demonstrationen am Dresdner Hauptbahnhofmit einer zielgerichteten Arbeit begonnen hatte. Alle diese Gruppen wollten die<strong>Erneuerung</strong> in die eigenen Hände nehmen. Es beg<strong>an</strong>n eine Phase <strong>der</strong> Ungeduld <strong>und</strong><strong>der</strong> Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung mit den alten Kräften, <strong>der</strong>en Ausg<strong>an</strong>g m<strong>an</strong>chmal durchausungewiss schien.41


G<strong>an</strong>z beson<strong>der</strong>s aber konzentrierte sich <strong>der</strong> Zorn <strong>der</strong> gesamten Bevölkerung aufGr<strong>und</strong> vielfältiger persönlicher Erfahrungen (nicht zuletzt während <strong>der</strong> Ereignisse<strong>der</strong> Wende) auf die „Org<strong>an</strong>e“ <strong>der</strong> Staatssicherheit.M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n gewiss darüber streiten, ob es die Stasi, die mit ihren fast 100.000 hauptamtlichenMitarbeitern <strong>und</strong> dem dichten Netz von Informellen Mitarbeitern (IM)das gesamte öffentliche Leben bis hin in Fre<strong>und</strong>eskreise <strong>und</strong> Familien durchdrungenhatte, verdient hat, zum Repräsent<strong>an</strong>ten <strong>der</strong> Repression geworden zu sein, denneigentlich war die Stasi ja nur im Auftrag <strong>der</strong> SED als <strong>der</strong>en „Schutz <strong>und</strong> Schild“(wie es im Partei-Jargon hieß) tätig.Meine nunmehr fast 10-jährige Tätigkeit in <strong>der</strong> Personalkommisson hat mir jedenfallsgezeigt, dass die Realität die schlimmsten unserer damaligen Vorstellungen beiweitem übertroffen hat <strong>und</strong> dass dieser Zorn durchaus berechtigt gewesen ist.Die Gewissheit, dass das alte System nicht mehr auferstehen wird, wuchs mit demAusg<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Volkskammerwahl vom März 1990. Aber die Ungeduld, mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>Beginn <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule erwartet wurde, blieb. Endlich setzte<strong>der</strong> Einigungsvertrag ein deutliches Signal. Dass jem<strong>an</strong>dem außerordentlich gekündigtwerden k<strong>an</strong>n, wenn er gegen Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Menschlichkeit <strong>und</strong> Rechtsstaatlichkeitverstoßen hat, <strong>und</strong> vor allem d<strong>an</strong>n, wenn er für die Stasi tätig war, das wares, was gebraucht wurde, <strong>und</strong> es zeigte auch sogleich Wirkung: Schon bald nämlichverließ eine Reihe von Hochschullehrern <strong>und</strong> Mitarbeitern quasi „über Nacht“ dieUniversität.Der erste konkret vollzogene Schritt zur <strong>Erneuerung</strong> war, dass je<strong>der</strong> Hochschul<strong>an</strong>gestellteeinen Fragebogen auszufüllen hatte (das Leitungspersonal <strong>der</strong> Hochschulenbereits im Februar 91, alle <strong>an</strong><strong>der</strong>en bis zum 19. April), in dem nach einerTätigkeit für die Stasi gefragt wurde <strong>und</strong> Partei- <strong>und</strong> Leitungsfunktionen <strong>an</strong>zugebenwaren. Zugleich war das Einverständnis damit zu erklären, dass zur Beurteilung <strong>der</strong>Richtigkeit <strong>der</strong> Angaben sowohl die Daten <strong>der</strong> Zentralen Erfassungsstelle Salzgitterals auch die Unterlagen <strong>der</strong> Stasi her<strong>an</strong>gezogen werden konnten.Diese Fragebögen waren wie<strong>der</strong>um für eine Reihe von Hochschullehrern <strong>und</strong> Mitarbeitern<strong>der</strong> Anlass, <strong>der</strong> Universität den Rücken zu kehren o<strong>der</strong> sich wenigstensvorbeugend mit einer Firmengründung ein zweites St<strong>an</strong>dbein zu verschaffen.Im Zusammenh<strong>an</strong>g mit diesen Fragebögen gab es auch hartnäckige Diskussionen,in denen die Rechtsstaatlichkeit dieses Vorgehens <strong>an</strong>gezweifelt wurde.Das war (<strong>und</strong> ist) ein vielfach zu beobachtendes Phänomen: Wer in <strong>der</strong> DDR Recht<strong>und</strong> Gesetz ausschließlich mit dem SED-Willen identifiziert hatte, rief nun beson<strong>der</strong>slaut nach <strong>der</strong> Einhaltung einer Rechtsordnung.Aber <strong>der</strong> Fragebogen war nicht nur nötig, er war (<strong>und</strong> ist), wie durch eine Entscheidungdes B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts letztendlich erhärtet worden ist, auch rechtens.42


Inzwischen sind entsprechende For<strong>der</strong>ungen sogar Best<strong>an</strong>dteil <strong>der</strong> Verfassung desFreistaates Sachsen. In Artikel 119 dieser Verfassung steht wörtlich:„Für die Einstellung in den öffentlichen Dienst <strong>und</strong> die Weiterbeschäftigung im öffentlichenDienst gelten die Bestimmungen des Vertrags über die Herstellung <strong>der</strong>Einheit Deutschl<strong>an</strong>ds (Einigungsvertrag). Die Eignung für den öffentlichen Dienstfehlt je<strong>der</strong> Person, die1.gegen die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Menschlichkeit o<strong>der</strong> Rechtsstaatlichkeit verstoßenhat, insbeson<strong>der</strong>e die im internationalen Pakt über bürgerliche <strong>und</strong> politischeRechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte o<strong>der</strong> die in<strong>der</strong> Allgemeinen Erklärung <strong>der</strong> Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenenGr<strong>und</strong>rechte verletzt hat o<strong>der</strong>2.für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit <strong>der</strong>DDR tätig war,<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Beschäftigung im öffentlichen Dienst deshalb untragbar erscheint.“Weitere wichtige Schritte auf dem Weg zur <strong>personellen</strong> <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Universitätwaren:· die im Mai 1991 vom SMWK verabschiedeten „Richtlinien zur Prüfung <strong>der</strong> persönlichenIntegrität von Angehörigen <strong>der</strong> Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen (Einzelfallprüfung)“;· kurz darauf die Auffor<strong>der</strong>ung <strong>an</strong> die Rektoren <strong>der</strong> Hochschulen <strong>und</strong> Universitäten,dem SMWK erste K<strong>an</strong>didaten für Personalkommissionen zu nennen <strong>und</strong> dieweiteren Mitglie<strong>der</strong> dieser Kommissionen wählen zu lassen;· am 25. Juli 1991 die Verabschiedung des Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzes(SHEG) durch den Sächsischen L<strong>an</strong>dtag nach l<strong>an</strong>gwierigen <strong>und</strong> z. T. kontroversgeführten Diskussionen;<strong>und</strong> schließlich· am 5. September 1991 die konstituierende Sitzung <strong>der</strong> ständigen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong>Personalkommissionen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>.Der Größe unserer Universität war es geschuldet, dass 3 Personalkommissionengebildet wurden.Die Personalkommissionen best<strong>an</strong>den jeweils aus 15 Mitglie<strong>der</strong>n, 7 ständigen Mitglie<strong>der</strong>n,denen aus den einzelnen Fachbereichen jeweils 8 nichtständige Mitglie<strong>der</strong>zugeordnet waren. Von den ständigen Mitglie<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong>um stammten 4 aus <strong>der</strong>Hochschule, die restlichen 3 waren Vertreter von außerhalb zur öffentlichen Begleitungdes <strong>Erneuerung</strong>sprozesses. Die nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> kamen aus deneinzelnen Sektionen, dem Rechenzentrum, <strong>der</strong> Universitätsbibliothek, dem Zent-43


um für wissenschaftlichen Gerätebau sowie den Abteilungen für Fremdsprachen<strong>und</strong> Hochschulsport.Die Vorschläge für die ständigen Mitglie<strong>der</strong> kamen unter maßgeblicher Mitwirkung<strong>der</strong> bereits erwähnten „Initiativgruppe für die <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Universität“,des gerade gegründeten „L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>ds des akademischen Mittelbaus inSachsen“, (kurz: des LAMS) <strong>und</strong> des provisorischen Personalrats unter Leitungvon Dr. Klaus Rammelt zust<strong>an</strong>de. Unter den nichtständigen Mitglie<strong>der</strong>n warendie Mitglie<strong>der</strong>gruppen <strong>der</strong> Hochschullehrer, <strong>der</strong> wissenschaftlichen <strong>und</strong> nichtwissenschaftlichenMitarbeiter <strong>und</strong> die <strong>der</strong> Studenten paritätisch vertreten.Die ständigen Mitglie<strong>der</strong> hatten die Arbeit <strong>der</strong> Personalkommissionen zu org<strong>an</strong>isieren<strong>und</strong> zu leiten, die nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> in ihre Arbeit einzuweisen<strong>und</strong> für die Einheitlichkeit <strong>der</strong> Verfahren zu sorgen. Die nichtständigenMitglie<strong>der</strong> sollten in dem jeweiligen Fachbereich mit ihren Detailkenntnissendafür sorgen, dass keine Entscheidungen am „grünen Tisch“ gefällt werdenkonnten.Als Vertreter des öffentlichen Lebens wurden von den Hochschulen unabhängigePersönlichkeiten gewonnen, <strong>der</strong>en persönliche Integrität nach menschlichemErmessen außer Frage st<strong>an</strong>d, so z. B. die damalige Präsidentin <strong>der</strong>Dresdner Stadtverordnetenversammlung Frau Evelyn Müller, <strong>der</strong> damaligeDezernent für Stadtentwicklung <strong>und</strong> heutige Oberbürgermeister Ingolf Roßberg,<strong>der</strong> heutige Jugendamtsleiter Claus Lippm<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> B<strong>und</strong>estagsabgeordneteJoh<strong>an</strong>nes Nitsch, <strong>der</strong> ehemalige ev<strong>an</strong>gelische Studentenpfarrer Dr. MatthiasGünther <strong>und</strong> <strong>der</strong> katholische Prälat Dieter Gr<strong>an</strong>de.Für die Arbeit <strong>der</strong> Personalkommissionen gab es keine Vorbil<strong>der</strong>. Die ständigenMitglie<strong>der</strong> betraten völliges Neul<strong>an</strong>d, als sie in Anwesenheit des K<strong>an</strong>zlers,Herrn Alfred Post, zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkamen. HerrProfessor Günter Zumpe von <strong>der</strong> Fakultät Bauwesen übernahm das schwierigeAmt des Sprechers dieser Personalkommissionen, <strong>der</strong> die Sitzungen <strong>der</strong>ständigen Mitglie<strong>der</strong> zu mo<strong>der</strong>ieren hatte. D<strong>an</strong>ach wurden die wichtigstenVerfahrensfragen geklärt. Weiter waren die Vorschläge für die nichtständigenMitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Personalkommissionen zu prüfen, die aus den Wahlen in deneinzelnen Fachbereichen hervorgeg<strong>an</strong>gen waren. Dazu wurde mit jedem dieserK<strong>an</strong>didaten durch Gruppen aus mindestens zwei ständigen Mitglie<strong>der</strong>n einausführliches persönliches Gespräch geführt.Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch die immense Verwaltungsarbeit, die <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gsallein von den ständigen Mitglie<strong>der</strong>n zu leisten war (erst später wurden sievon einer Geschäftsstelle unterstützt). Unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em mussten von ihnen r<strong>und</strong>6500 Umschläge mit Erklärungsbögen geöffnet, als spätere Arbeitsgr<strong>und</strong>lage fürdie nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> abgeheftet <strong>und</strong> für ihre datenschutzgerechte Aufbewahrunggesorgt werden.44


Der wichtigste <strong>und</strong> umf<strong>an</strong>greichste Teil <strong>der</strong> Arbeit beg<strong>an</strong>n, nachdem <strong>der</strong> StaatsministerProfessor H<strong>an</strong>s Joachim Meyer am 21.11.1991 nach Prüfung <strong>der</strong> Wahlvorschlägedie Mehrzahl <strong>der</strong> nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Personalkommissionenbestätigt hatte. Zu diesen nichtständigen Mitglie<strong>der</strong>n gehörten, um auch hier einigeBeispiele zu nennen, in <strong>der</strong> Chemie <strong>der</strong> heutige Rektor Professor Achim Mehlhorn,im Maschinenwesen <strong>der</strong> heutige Prorektor Professor H<strong>an</strong>s-Jürgen Hardtke, ichselbst gehörte zu den nichtständigen Mitglie<strong>der</strong>n, die für die ehemalige SektionInformationstechnik zuständig waren.Allein um die etwa 1200 Personalkommissionsmitglie<strong>der</strong> in den Universitäten <strong>und</strong>Hochschulen des Freistaats einsetzen zu können, wurden von <strong>der</strong> Gauck-Behördemehr als 2.000 Eil<strong>an</strong>träge bearbeitet, was beson<strong>der</strong>s dadurch erschwert wurde,dass auch diese Behörde gerade erst eingerichtet wurde <strong>und</strong> noch nicht voll arbeitsfähigwar.Die Bescheide <strong>der</strong> Gauck-Behörde waren damals (wie auch heute noch) stets mitdem Vermerk versehen, dass für ihre Recherchen nur die bisher erschlossenenUnterlagen berücksichtigt werden konnten. Dennoch sind sachsenweit nachträglichlediglich 2 Personalkommissionsmitglie<strong>der</strong> als IM´s enttarnt worden. Zweivon 1200, ein Zahlenverhältnis, das für den Erfolg des beschrittenen Weges spricht.Für die nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Personalkommissionen beg<strong>an</strong>n nun gleichfallseine Phase aufwendiger <strong>und</strong> <strong>an</strong>gestrengtester Arbeit: Sichtung <strong>der</strong> Erklärungsbögen,Recherchen im <strong>TU</strong>-Archiv <strong>und</strong> dem <strong>der</strong> SED-Bezirksleitung, Gespräche <strong>und</strong>Anhörungen, Entscheidungen <strong>und</strong> Abstimmungen.Die Abstimmungen waren geheim, Stimmenthaltung war ausgeschlossen. Bei denAbstimmungen mussten ständige Mitglie<strong>der</strong> <strong>an</strong>wesend sein. Vor je<strong>der</strong> Abstimmungwurden die jeweils zu berücksichtigenden Fakten noch einmal vorgestellt <strong>und</strong> diskutiert.Von <strong>der</strong> Personalkommission wurde nur über die persönliche Integrität bef<strong>und</strong>en,für die Überprüfung <strong>der</strong> fachlichen Eignung gab es geson<strong>der</strong>te Fachkommissionen.Für ein Votum, war die Mehrheit <strong>der</strong> Stimmen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich, d. h.mindestens 8 Stimmen. Bei einem Kündigungsvotum <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n, wenn kein Mehrheitsvotumzust<strong>an</strong>de kam, wurden alle Unterlagen dem SMWK übergeben <strong>und</strong> MinisterMeyer traf die endgültige Entscheidung, ggf. unter Einbeziehung <strong>der</strong> vonProfessor Müller geleiteten L<strong>an</strong>despersonalkommission.Das große Vertrauen, das <strong>der</strong> Gesetzgeber in die Arbeit <strong>der</strong> Personalkommissionengesetzt hat, zeigt die Tatsache, dass positive Entscheidungen von den Personalkommissionenabschließend getroffen wurden. Selbstverständlich st<strong>an</strong>den diesepositiven Entscheidungen unter dem Vorbehalt einer Gauck-Überprüfung.Jede Entscheidung einer Personalkommission ist eine Einzelfallentscheidung. Aucheine IM-Tätigkeit führt nicht automatisch zur Entlassung, son<strong>der</strong>n es werden stets45


die beson<strong>der</strong>en Umstände gewürdigt, z. B. die Art <strong>der</strong> Berichte <strong>und</strong> das Zust<strong>an</strong>dekommen<strong>der</strong> Verpflichtungserklärung (freiwillig o<strong>der</strong> etwa während einer Verhaftungdurch die Stasi), Zeitdauer <strong>und</strong> Art <strong>der</strong> Beendigung <strong>der</strong> Zusammenarbeit usw.Bis auf wenige Ausnahmen st<strong>an</strong>den den Personalkommissionen damals keineGauckberichte zur Verfügung (die gingen erst seit Ende 1993 in größerer Zahlein). Von diesen Ausnahmen abgesehen, stützten sich die damaligen Abstimmungenauf die Angaben im Erklärungsbogen, die Personal- <strong>und</strong> Sachkenntnis <strong>der</strong> Kommissionsmitglie<strong>der</strong>,Rechercheergebnisse <strong>und</strong> Zeugenaussagen sowie die Aussagen <strong>der</strong>betreffenden Personen bei Gesprächen mit Kommissionsmitglie<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> vor demPlenum <strong>der</strong> Kommission. Wichtige Quellen waren Archivunterlagen zu Anträgenauf „wi<strong>der</strong>rechtliche“ Ausreise aus <strong>der</strong> DDR (DDR-Sprachgebrauch!, ein solcherAntrag konnte im Sinne <strong>der</strong> DDR-Führung nur wi<strong>der</strong>rechtlich sein) <strong>und</strong> zu Disziplinarmaßnahmengegen Studenten.Wie später eingeg<strong>an</strong>gene Auskünfte <strong>der</strong> Gauck-Behörde ergaben, ist damals dochgelegentlich versucht worden, eine Tätigkeit als IM mit vagen Hinweisen auf reindienstliche Kontakte zu verschleiern. Letztlich hat m<strong>an</strong> damit also doch keinenErfolg gehabt.Nachdem diese Personalkommissionen ihre Arbeit beendet hatten, ist Ende 1993- wie<strong>der</strong>um auf gesetzlicher Gr<strong>und</strong>lage - eine weiterführende Personalkommission<strong>an</strong> ihre Stelle getreten, die nun hinsichtlich ehemaliger DDR-Bürger <strong>an</strong> allen Einstellungs-<strong>und</strong> Berufungsvorgängen sowie <strong>an</strong> <strong>der</strong> Vergabe von Lehraufträgen, Honorar<strong>und</strong>Werkverträgen beteiligt ist. Vor einer abschlägigen Stellungnahme wird demBetroffenen rechtliches Gehör gewährt. Darüber hinaus gewährt diese Kommissionim Auftrage des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst(SMWK) solchen Hochschulmitglie<strong>der</strong>n rechtliches Gehör, bei denen die Auskunft<strong>der</strong> Gauck-Behörde im Wi<strong>der</strong>spruch zu den Angaben im Erklärungsbogen steht,<strong>und</strong> z. B. Hinweise auf eine im Erklärungsbogen verschwiegene Tätigkeit als IMergeben hat.Die aus <strong>der</strong> Medizinischen Akademie hervorgeg<strong>an</strong>gene Medizinische Fakultät <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> hat eine eigene weiterführende Personalkommission. Diese Personalkommissionnimmt die soeben gen<strong>an</strong>nten Aufgaben im Auftrag des SMWK auch fürdas Klinikum wahr.Um <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> gehörten Ansicht entgegenzutreten, die IM´s hätten mitihren Berichten niem<strong>an</strong>dem geschadet, möchte ich in Absprache mit den zuständigenMitarbeitern des SMWK unter Beachtung <strong>der</strong> Vorschriften des Datenschutzesin Stichworten über einen konkreten Fall berichten. Der betreffende Hochschullehrerist nicht <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>an</strong>gestellt gewesen. Ich kenne we<strong>der</strong> seinenNamen, noch seinen Decknamen, noch die Hochschule, <strong>an</strong> <strong>der</strong> er tätig gewesen ist,noch die Namen <strong>der</strong> Personen, über die er für die Stasi Berichte geschrieben hat.XY, wie ich ihn von nun <strong>an</strong> nennen werde, war parteilos. (Typisch für viele IM´s. Voneinem hauptamtlichen Parteisekretär erwartete das Ministerium für Staatssicher-46


heit (MfS) offenbar auch nicht, die Hintergr<strong>und</strong>informationen zu bekommen, <strong>an</strong>denen es interessiert war.) Laut Gauck-Auskunft hat sich XY h<strong>an</strong>dschriftlich zurZusammenarbeit mit dem MfS verpflichtet <strong>und</strong> nahezu 100 Berichte geliefert, zweiDrittel davon über Studenten <strong>und</strong> Mitarbeiter. An seiner Hochschule war XY u. a.als Studienjahrg<strong>an</strong>gsleiter eingesetzt.In seinem Erklärungsbogen hat XY seine IM-Tätigkeit verschwiegen. Er habe keinedirekten Kontakte zum MfS gehabt, aber seinerzeit auf Anweisung durch seinenSektionsdirektor zwei Fachgutachten erstellt, von denen er schon damals <strong>an</strong>nahm,dass sie vom MfS in Auftrag gegeben worden sein könnten.Über einen <strong>der</strong> Studenten des von ihm „betreuten“ Studienjahrg<strong>an</strong>gs berichtet XYdem MfS, dass dieser Student mehr „Marx <strong>und</strong> Engels“ lese als alle <strong>an</strong><strong>der</strong>en Studenten<strong>der</strong> Seminargruppe <strong>und</strong> deshalb in seinen Argumenten sehr sattelfest sei. Ergehöre mit seinem Auftreten zu jenen, die den Seminarleiter durch gezielte Fragenvom eigentlichen Seminarthema abzulenken versuchen. XY bekam vom MfS daraufhinden Auftrag, diesen Studenten ständig zu beobachten.Ein weiterer Student hatte über seinen Seminargruppenbetreuer (also einen <strong>an</strong> <strong>der</strong>betreffenden Hochschule <strong>an</strong>gestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter) bei XY eineArbeitsgenehmigung für eine Wochenendtätigkeit in einem Behin<strong>der</strong>tenheim <strong>der</strong>Inneren Mission be<strong>an</strong>tragt. Diesen Antrag hat XY abgelehnt. Bei dieser Gelegenheithatte dieser Student, <strong>der</strong> in seiner Seminargruppe die Aufgabe des Studienorg<strong>an</strong>isatorswahrzunehmen hatte, <strong>an</strong>gefragt, ob es korrekt sei, wenn er von allen StudentenBeurteilungen <strong>und</strong> Personalbögen einsammeln soll, ohne dass sie vorher in Umschlägenverschlossen werden. Nachdem ihm bedeutet worden war, dass das <strong>an</strong><strong>der</strong> Uni üblich sei, eröffnete dieser Student seinem Seminargruppenbetreuer einigeTage später mit Hinweis auf die „Ordnung zur Führung von Personalakten“, einerDDR-Vorschrift vom 22.8.1977, dass er mit seiner Ansicht wohl doch nicht g<strong>an</strong>zfalsch liege. XY be<strong>an</strong>tragte daraufhin gegen diesen Studenten ein Disziplinarverfahrenwegen ungehörigen Auftretens gegenüber dem Seminargruppenberater <strong>und</strong>Nichterfüllung seiner Aufgaben als Studienorg<strong>an</strong>isator.Das Disziplinarverfahren endete mit einem strengen Verweis <strong>und</strong> Androhung <strong>der</strong>Exmatrikulation.XY konnte <strong>an</strong> <strong>der</strong> Verh<strong>an</strong>dlung „lei<strong>der</strong>“ nicht teilnehmen, er war gerade mit einemAuftrag <strong>der</strong> Stasi im Ausl<strong>an</strong>d unterwegs.Ein Jahr später wurde dieser Student durch Ver<strong>an</strong>lassung von XY d<strong>an</strong>n fristlosexmatrikuliert. Er hatte von Westverw<strong>an</strong>dten ein Auto geschenkt bekommen, <strong>an</strong>dessen Heckscheibe er die Aufschrift „Keine SS-20-Raketen auf dem Boden <strong>der</strong>DDR“ <strong>an</strong>gebracht hatte. Wie<strong>der</strong> konnte XY „lei<strong>der</strong>“ <strong>an</strong> <strong>der</strong> Verh<strong>an</strong>dlung nichtteilnehmen. Er hatte sich kr<strong>an</strong>k gemeldet.Über diese Disziplinarverfahren hat XY zusätzlich <strong>der</strong> Stasi h<strong>an</strong>dschriftliche Berichtegeliefert.47


Wegen seiner Zuverlässigkeit ist XY auch bei einem operativen Personenkontrollvorg<strong>an</strong>geingesetzt worden. Er bekam den Auftrag, seine dienstlichen Kontakte zudem betreffenden Mitarbeiter auszubauen <strong>und</strong> nach Möglichkeit auch auf den privatenBereich auszudehnen, er sollte über den politischen St<strong>an</strong>dpunkt, sonstigeprivate Kontakte, Freizeitinteressen, Urlaubsziele <strong>und</strong> dgl. berichten. Er sollte ergründen,wie die Wohnung dieses Mitarbeiters eingerichtet ist <strong>und</strong> eine Skizze <strong>der</strong>Wohnung mit Angaben zu Scheuerleisten, Fußbodenbelägen, Tapeten, Fliesen <strong>und</strong>W<strong>an</strong>dbehängen <strong>an</strong>fertigen <strong>und</strong> ergründen, ob es in <strong>der</strong> Wohnung hochwertige R<strong>und</strong>funkgeräteaus NSW-Produktion (!) gäbe.In <strong>der</strong> Anhörung vor <strong>der</strong> zuständigen Personalkommission hat XY vehement bestritten,diesen Auftrag ausgeführt zu haben. Inzwischen konnte <strong>der</strong> von XY ausgespähteehemalige Mitarbeiter seine eigene Stasi-Akte einsehen. Dabei erfuhr eru.a., dass seine Wohnung von <strong>der</strong> Stasi konspirativ durchsucht worden ist. Bei denDurchsuchungsakten (bei <strong>der</strong> Stasi ist ja alles protokollarisch festgehalten worden)f<strong>an</strong>d sich auch eine mit dem Decknamen von XY unterschriebene Skizze seinerWohnung mit allen von <strong>der</strong> Stasi gewünschten Angaben <strong>und</strong> eine zusätzliche Angabezum Schloss <strong>der</strong> Wohnungstür.XY ist vom SMWK fristlos entlassen worden. Wegen Unwürdigkeit ist ihm <strong>der</strong>Professorentitel aberk<strong>an</strong>nt worden.Abschließend möchte ich noch eine persönliche Bemerkung <strong>an</strong>fügen, <strong>und</strong> ich glaube,ich spreche dabei im Namen aller <strong>der</strong>jenigen, die in einer solchen Kommissionmitgearbeitet haben: Ich möchte Ihnen sagen, dass die Arbeit in <strong>der</strong> Personalkommissionzu dem Härtesten gehört, was mir in meinem Berufsleben begegnet ist.Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> zu bewertenden Einzelfälle ist eng mit dem Schicksal <strong>der</strong> Betroffenenverb<strong>und</strong>en, mit denen m<strong>an</strong> z. T. über Jahrzehnte zusammengearbeitet hat. Mit einerKündigung wird tief in ihr Schicksal eingegriffen, m<strong>an</strong>chmal sogar in das einer g<strong>an</strong>zenFamilie. Dass solche Entscheidungen dennoch getroffen werden müssen, ist <strong>an</strong>sich schon schwer genug, aber die selbstverständliche Pflicht zur Verschwiegenheitgegenüber Dritten bringt für die Kommissionsmitglie<strong>der</strong> zusätzlich außerordentlicheseelische Belastungen mit sich.48


Prof. (em.) Dr. rer. nat. Dr. h.c.Paul Heinz Müller* 23. August 1924 in <strong>Dresden</strong>Ehemaliges Mitglied des Kuratoriums <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> Vorsitzen<strong>der</strong><strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission1946-1950 Mathematik- <strong>und</strong> Physikstudium <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>;1950-1962 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistentam Lehrstuhl für Reine Mathematik <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;1958 Doz. für Reine Mathematik; 1959-1969 Prof. mit Lehrauftragbzw. mit vollem Lehrauftrag für Mathematik <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong><strong>Dresden</strong>; 1969-1989 Berufung zum o. Prof. <strong>an</strong> <strong>der</strong> SektionMathematik <strong>und</strong> Leiter des Bereichs Wahrscheinlichkeitstheorie<strong>und</strong> mathematische Statistik; 1989 Eintritt in den Ruhest<strong>an</strong>d;1991 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission; 1994-1996Mitglied des Kuratoriums <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; Träger des Verdienstkreuzes1. Klasse des Verdienstordens <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublikDeutschl<strong>an</strong>dPersonalkommissionen bildeten das Anf<strong>an</strong>gsglied in <strong>der</strong> Kette des <strong>personellen</strong> <strong>Erneuerung</strong>sprozesses<strong>an</strong> den Hochschulen, sie schufen die Gr<strong>und</strong>lage für eine personelle<strong>Erneuerung</strong>. Ihre Funktion ergab sich aus den Festlegungen im so gen<strong>an</strong>ntenHochschulerneuerungsgesetz, das vom Staatsministerium für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunstim Wesentlichen im April 1991 erarbeitet wurde.Die Aufgabe, speziell <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission in Sachsen, wurde in diesemGesetz vor allem durch folgende Passagen im § 70 gekennzeichnet:(1) Will <strong>der</strong> zuständige Staatsminister von dem Beschluss <strong>der</strong> Personalkommissioneiner Hochschule abweichen, so hat er die beim Staatsministerium für Wissenschaft<strong>und</strong> Kunst gebildete L<strong>an</strong>despersonalkommission zu hören.(2) Die L<strong>an</strong>despersonalkommission besteht aus elf Mitglie<strong>der</strong>n, von denen dreiVertreter des öffentlichen Lebens außerhalb <strong>der</strong> Hochschule sein müssen, sowieje zwei <strong>der</strong> vier Mitglie<strong>der</strong>gruppen <strong>der</strong> Hochschule. Sie werden auf denVorschlag gewählter L<strong>an</strong>desgremien o<strong>der</strong> l<strong>an</strong>desweiter Org<strong>an</strong>isationen dieserMitglie<strong>der</strong>gruppen <strong>der</strong> Hochschule vom Staatsminister für Wissenschaft <strong>und</strong>Kunst berufen.Die L<strong>an</strong>despersonalkommission war somit zuständig für alle zu erhaltenden HochschuleinrichtungenSachsens. Sie nahm mit ihrer konstituierenden Sitzung am 29.August 1991 ihre Tätigkeit auf.Zum einen ging es darum, die Arbeit <strong>der</strong> zahlreichen Personalkommissionen <strong>der</strong>sächsischen Hochschuleinrichtungen so weit als möglich zu koordinieren, wozu inmehreren Zusammenkünften spezifische Probleme im breiten Kreise diskutiert49


wurden. Hierbei waren die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Einrichtungen zu beachten. Nebenden in erster Linie bek<strong>an</strong>nten großen Universitäten Leipzig, Chemnitz, Freiberg,<strong>Dresden</strong> gehörten dazu zum Beispiel drei Pädagogische Hochschulen, die Hochschulenfür Musik, für Künste, eine Theaterhochschule sowie eine Hochschule fürGrafik <strong>und</strong> Buchkunst, insgesamt etwa 10 Einrichtungen.Die hauptsächliche Arbeit <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission best<strong>an</strong>d in <strong>der</strong> Überprüfung<strong>der</strong> gemäß Hochschulerneuerungsgesetz bezeichneten kritischen Fälle.Dies erfolgte aufgr<strong>und</strong> eines Aktenmaterials, das die Unterlagen, welche den Personalkommissionen<strong>an</strong> den Hochschulen zur Verfügung gest<strong>an</strong>den hatten, zumeistnoch umfasste bzw. ergänzte. Dieses Material wurde von jedem Mitglied <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommissioneinzeln <strong>an</strong>alysiert, <strong>an</strong>schließend im Kollektiv besprochen,woraus im En<strong>der</strong>gebnis eine Empfehlung <strong>an</strong> den Staatsminister resultierte. Da dieklarer entscheidbaren Fälle zumeist durch die Personalkommission <strong>an</strong> den Hochschulenerledigt waren, h<strong>an</strong>delte es sich für die L<strong>an</strong>despersonalkommission überwiegendum diffizilere Entscheidungen, wobei auch auf Ausgewogenheit <strong>der</strong> Bewertungenzwischen den einzelnen Hochschulen zu achten war. Überdies gab esKontakte <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch mit L<strong>an</strong>despersonalkommissionen <strong>an</strong><strong>der</strong>er neuerB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>.Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission waren sich ihrer hohen Verpflichtung,ihrer Aufgabe gerecht zu werden, wohl bewusst. Die Prozedur <strong>der</strong> Überprüfungließ sich nicht algorithmisieren. Um einen wichtigen Gesichtspunkt zu nennen,so konnte Zugehörigkeit zu Org<strong>an</strong>isationen nicht etwa pauschal beurteilt werden.Je<strong>der</strong> Fall war individuell zu betrachten, unter Berücksichtigung des gesamten persönlichen<strong>und</strong> beruflichen Umfeldes. Es war die Bal<strong>an</strong>ce zwischen Ausgeglichenheit<strong>und</strong> Individualität zu finden. Dabei verhalf die Zusammensetzung <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommissiondurch sachk<strong>und</strong>ige Mitglie<strong>der</strong> aus unterschiedlichen gesellschaftlichenErfahrungsbereichen zur Erzielung ausgewogener <strong>und</strong> vertretbarerUrteile.In diesem Sinne bearbeitete die L<strong>an</strong>despersonalkommission von August 1991 bisEnde 1993, also innerhalb von ca. 2 Jahren, etwa 400 Fälle.Berufen war die L<strong>an</strong>despersonalkommission vom Sächsischen L<strong>an</strong>dtag. Die Mitglie<strong>der</strong>übernahmen die Aufgabe - wie die Kollegen in den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gremien <strong>der</strong>Hochschulerneuerung - ehrenamtlich <strong>und</strong> parallel zu ihrer eigentlichen beruflichenTätigkeit.Der eigentliche Einsatzort war das Staatsministerium für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst.Dort wurden die erfor<strong>der</strong>lichen Unterlagen für die zu überprüfenden Fälle zuvoraufbereitet <strong>und</strong> <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission vorgelegt. Diese wichtige <strong>und</strong> äußerstaufwendige Vorarbeit geschah durch Herrn Dietmar Rachelski <strong>und</strong> vor allemdurch Herrn Lutz Gilbert. In <strong>der</strong> Obhut dieser Herren lag überhaupt die gesamteBetreuung <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission. Es war eine vortreffliche Zusammenar-50


eit, inbegriffen die Kontakte zum Herrn Staatssekretär, zu Herrn Gert Maibaum<strong>und</strong> Herrn Andreas Jenkner sowie die fre<strong>und</strong>liche Mithilfe <strong>der</strong> Schreibkräfte imMinisterium.Und gern nehme ich die Gelegenheit wahr, unserem verehrten Herrn Staatsministerzu d<strong>an</strong>ken, <strong>der</strong> die Tätigkeit <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> <strong>und</strong>über die gesamte Arbeitsperiode aktiv begleitete. Dass Arbeitszeiten keine Rollespielten, m<strong>an</strong> zu späten Abendst<strong>und</strong>en ohne weiteres im Ministerium <strong>an</strong>rufen konnte,war in <strong>der</strong> damaligen akuten Phase des <strong>Erneuerung</strong>sprozesses selbstverständlich.Mit Respekt denke ich <strong>an</strong> die Bereitschaft zu kurzfristigen persönlichen Rücksprachenbeim Minister, selbst wenn sich eine solche In<strong>an</strong>spruchnahme d<strong>an</strong>n auchals vermeidbar herausstellte.Es blieb nicht aus, dass ich damals zu allen möglichen <strong>und</strong> auch unmöglichen Zeitenvon besorgten Hochschul<strong>an</strong>gehörigen privat aufgesucht wurde, die ihre Verg<strong>an</strong>genheitverständlich o<strong>der</strong> entschuldbar machen wollten. Natürlich hatte dies keinendirekten <strong>und</strong> speziellen Einfluss auf die Entscheidung unserer Kommission. Aberes trat zu Tage, wie sich die allgemeinen Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen im Hochschulwesen<strong>der</strong> DDR individuell ausgewirkt hatten, <strong>und</strong> insofern waren die Berichtedurchaus informativ <strong>und</strong> nicht selten ergreifend.Mitunter wurde ich nachträglich von einem nicht in den Hochschuldienst Übernehmbarenbefragt, wie es beruflich wohl weitergehen könne. Neben gemeinsamerörterten Möglichkeiten war es schon ein Gewinn, wenn die vom Ministeriumgetroffene Entscheidung verst<strong>an</strong>den wurde. In einigen, wenn auch wenigen Fällen,gel<strong>an</strong>g dies nicht.Somit bemühte sich die L<strong>an</strong>despersonalkommission im Verein mit den weiterenGremien <strong>der</strong> Hochschulerneuerung gewissenhaft darum, für den Neubeginn einenverlässlichen akademischen Personalbest<strong>an</strong>d zu gewinnen, im L<strong>an</strong>de Sachsen <strong>und</strong>somit auch speziell <strong>an</strong> unserer <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>.51


Dr. paed.Herm<strong>an</strong>n Neumerkel* 09. September 1934 in Auerbach / Vogtl.Vorsitzen<strong>der</strong> des Personalrates (1992-1997)1952-1956 Studium <strong>der</strong> Berufspädagogik, Fachrichtung Mathematik/Naturwissenschaften<strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1956-1957 Lehrerfür Mathematik <strong>und</strong> Physik <strong>an</strong> einer Erweiterten Oberschulein Karl-Marx-Stadt (Chemnitz); 1957-1965 wissenschaftlicher Mitarbeiter<strong>an</strong> <strong>der</strong> HA Fernstudium, Abt. Berufspädagogik <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1965-1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. wissenschaftlicherOberassistent <strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Berufspädagogik,Fachgebiet Didaktik/Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Unterrichtspraxis bzw. FakultätErziehungswissenschaften, Institut für Berufspädagogik;1992 – 1997 Vorsitzen<strong>der</strong> des Personalrats <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Die Personal<strong>an</strong>passung hatte massenweise Kündigungen zur Folge, darunter auchsolche, die aus sozialer Sicht sehr bedenklich waren.Aber: Es gibt doch ein Kündigungsschutzgesetz, nach dem bei einer betriebsbedingtenKündigung soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt werden müssen.Was taugte dieser Schutz?Aber: Es gibt doch einen Personalrat, <strong>der</strong> Arbeitnehmer zu vertreten hat. Hatte <strong>der</strong>Personalrat versagt?Eine kurze Antwort auf diese zugespitzten Fragen ist nicht möglich. Was im Folgendenzu sagen ist, geht von diesen Fragen aus <strong>und</strong> ist <strong>der</strong> Versuch einer Antwort. Ichwerde zeigen, wie <strong>der</strong> Personalrat in das Personal<strong>an</strong>passungsverfahren einbezogenwar, was er wollte, was er konnte, was er nicht konnte. Vorher aber ist erst einmalzu fragen nach den Aufgaben des Personalrats überhaupt, nach seinem Selbstverständnis.Wie je<strong>der</strong> - zumindest hier - weiß, hatten wir uns nach dem Beitritt schier unendlichvielen Verän<strong>der</strong>ungen zu stellen. Hierzu gehört auch <strong>der</strong> Aufbau von Personalrätenin den Einrichtungen des öffentlichen Dienstes. Der Personalrat ist die von denBeschäftigten demokratisch gewählte Interessenvertretung <strong>der</strong> Arbeitnehmer gegenüberdem öffentlichen Arbeitgeber. Bei einer Fülle von <strong>personellen</strong> <strong>und</strong> sozialenAngelegenheiten hat <strong>der</strong> Personalrat innerhalb eines gesetzlich festgelegten Rahmensals Gegenpol zur Universitätsleitung zu wirken. In diesem Kontext heißt unserGegenüber Dienststelle. Gemäß Personalvertretungsgesetz sind wir zwei Zielen52


verpflichtet, dem Wohl, den sozialen Bel<strong>an</strong>gen <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erfüllung<strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Dienststelle. Letzteres hieß konkret: Wir waren <strong>der</strong>Hochschulerneuerung verpflichtet. Ein Personalratsmitglied ist natürlich Angehörigerseiner Dienststelle, aber <strong>der</strong> Personalrat k<strong>an</strong>n im Einzelfall zu <strong>der</strong>en potentiellemo<strong>der</strong> sogar tatsächlichem Gegenspieler werden. Mit dem Gebot vertrauensvollerZusammenarbeit steht das nicht in Wi<strong>der</strong>spruch; vielmehr kennzeichnet esmögliche Konfliktsituationen, die im Sp<strong>an</strong>nungsfeld zwischen sozialen Bel<strong>an</strong>gen unsererKollegen (hier Weiterbeschäftigung) <strong>und</strong> dienstlichen Bel<strong>an</strong>gen (hier Personalabbauim Rahmen <strong>der</strong> Hochschulerneuerung) unvermeidlich sind.Nachdrücklich in Erinnerung <strong>an</strong> damals ist mir:Wir hatten uns kaum konstituiert <strong>und</strong> waren schon bald extrem gefor<strong>der</strong>t. Nichtl<strong>an</strong>ge nach <strong>der</strong> Personalratswahl st<strong>an</strong>d <strong>der</strong> damalige Vorsitzende, Dr. Klaus Rammelt,nicht mehr für das Amt zur Verfügung, <strong>und</strong> ich war zum Primus inter paresgewählt worden. Das war Learning by doing. Später drängte sich mir <strong>der</strong> Ged<strong>an</strong>keauf, nach diesem Personal<strong>an</strong>passungsverfahren könne unseren Personalrat eigentlichnichts mehr aus <strong>der</strong> Fassung bringen.Damals lag eine wirklich außergewöhnliche Situation vor. Außergewöhnlich warschon <strong>der</strong> Umg<strong>an</strong>g mit rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen; denn im Personal<strong>an</strong>passungsverfahrenwar Passfähigkeit gesetzlicher Vorschriften, aber auch von Aussagen imRichterrecht nicht immer gegeben.Außergewöhnlich war das Inein<strong>an</strong><strong>der</strong>greifen von Stellenbesetzung <strong>und</strong> Kündigung.Außergewöhnlich war die Komplexität <strong>der</strong> zu beherrschenden Vorgänge <strong>und</strong> nichtzuletzt das zu bewältigende Arbeitspensum. (Seinerzeit konnte einem beim spätabendlichenAnblick m<strong>an</strong>cher <strong>TU</strong>-Gebäude ein hier verbreitetet gewesenes geflügeltesWort einfallen: Im Kreml brennt noch Licht.)Noch ehe das Personal<strong>an</strong>passungsverfahren so richtig <strong>an</strong>gelaufen war, verspürtenwir schon die Bris<strong>an</strong>z <strong>der</strong> Vorgänge, die da auf uns zukommen sollten. Gemeint istdie soziale Bris<strong>an</strong>z, die einer Massenentlassung von bis dahin im öffentlichen Dienst<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik beispiellosem Umf<strong>an</strong>g innewohnt.Bei <strong>der</strong> folgenden Darstellung dessen, worüber <strong>der</strong> Personalrat zu befinden hatte,werde ich mich beschränken auf eine Beschäftigtengruppe - den akademischenMittelbau - <strong>und</strong> auf eine Art von Personalvorgängen: betriebsbedingte Kündigungen.Zunächst einige rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen: Das Kündigungsschutzgesetz enthält keineeiner Kündigung generell entgegenstehende Regelung. Es begrenzt aber die Dispositionsfreiheitdes Arbeitgebers <strong>und</strong> for<strong>der</strong>t, dass dessen H<strong>an</strong>dlungsspielraum überprüfbarwird - überprüfbar durch den Personalrat <strong>und</strong> gegebenenfalls nach erfolgterKündigung durch das Arbeitsgericht. Der Personalrat hat nach rechtzeitiger<strong>und</strong> vollständiger Information durch die Dienststelle bei je<strong>der</strong> mitgeteilten Kündigungsabsichtzu prüfen, ob soziale Bel<strong>an</strong>ge bei <strong>der</strong> Auswahl des zu Kündigenden53


hinreichend berücksichtigt worden sind. <strong>Zur</strong> Kündigungsproblematik hatten wiruns 1992 mehrfach mit Informationsblättern <strong>an</strong> die Universitätsöffentlichkeit <strong>und</strong>insbeson<strong>der</strong>e <strong>an</strong> die Auswahlkommissionen gew<strong>an</strong>dt. Ich zitiere daraus: „Unübersehbarzeichnet sich die Gefahr ab, dass bei den zu erwartenden Massenentlassungeninfolge von Unklarheiten über die Rechtslage <strong>und</strong> durch Nichtbeherrschen desorg<strong>an</strong>isatorischen Ablaufs beim Personalabbau die Maßstäbe sozialer Verträglichkeitnicht gewahrt werden.“ Und weiter: „Es ist nicht Sache des Personalrats, fürdie Dienststelle Kündigungen vorzubereiten. Der Personalrat k<strong>an</strong>n Kündigungennicht verhin<strong>der</strong>n. Er ist vor allem bestrebt, für eine vollständige Durchschaubarkeit<strong>der</strong> Prozesse zu sorgen. Nur wenn je<strong>der</strong> Beschäftigte darüber informiert ist, wiedie Personalauswahl bei Stellenbesetzung bzw. Kündigung erfolgt, k<strong>an</strong>n er seineRechte <strong>an</strong>gemessen wahrnehmen.“ Was Sie soeben hörten, hatte seinen Ursprungin <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit zweier Rechtsvorschriften. Das Sächsische Hochschulstrukturgesetzstellte für die Stellenbesetzung ausschließlich auf betrieblicheBel<strong>an</strong>ge ab. Das Kündigungsschutzgesetz verl<strong>an</strong>gt aber Interessenausgleich zwischensozialen <strong>und</strong> betrieblichen Bel<strong>an</strong>gen, wobei den sozialen Bel<strong>an</strong>gen Prioritätzukam <strong>und</strong> nur in begründeten Einzelfällen dringende betriebliche Erfor<strong>der</strong>nissebestimmend sein konnten. Dass For<strong>der</strong>ungen des Kündigungsschutzgesetzes in denAuswahlprozess zur Stellenbesetzung hineinwirken konnten, ergab sich daraus,dass beide Vorgänge inein<strong>an</strong><strong>der</strong> verschränkt waren, also gleichsam zwei Seiten ein<strong>und</strong> <strong>der</strong>selben Medaille darstellten.Zum Zwecke des Vergleichs <strong>der</strong> sozialen Schutzwürdigkeit von Beschäftigtenmussten die vorgeschriebenen Kriterien Lebensalter, Dauer <strong>der</strong> Betriebszugehörigkeit<strong>und</strong> Unterhaltsverpflichtung her<strong>an</strong>gezogen werden, aber auch weitere sozialrelev<strong>an</strong>te Beson<strong>der</strong>heiten sowie natürlich gesetzliche Kündigungshin<strong>der</strong>nisse.Damit dieser Vorg<strong>an</strong>g beherrschbar wurde, mussten alle für eine Stelle, meist aberfür eine Gruppe gleichartiger Stellen geeigneten Personen zu einer Vergleichsgruppezusammengefasst werden. Was hier so lapidar klingt, war eine überaus aufwendigeProzedur, auf die ich hier nicht weiter eingehen k<strong>an</strong>n. Nur dies sei gesagt: dieGruppe musste möglichst groß sein, damit bei schwierigen Fällen <strong>an</strong><strong>der</strong>e Zuordnungenmit weniger gravierenden sozialen Folgen möglich waren. Das Definierenvon Vergleichsgruppen durch die Dienststelle war die eigentliche Gr<strong>und</strong>lage dafür,dass <strong>der</strong> Personalrat seiner Aufgabe überhaupt nachkommen konnte. Er hatte beijedem Kündigungs<strong>an</strong>trag die Reihung nach sozialer Schutzwürdigkeit innerhalb <strong>der</strong>gesamten Vergleichsgruppe nachzuvollziehen. Wenn er Einwendungen vorzubringenhatte, konnte die vorgesehene Kündigung meist nur verzögert werden. Undwenn sie tatsächlich verhin<strong>der</strong>t werden konnte, d<strong>an</strong>n wurde hierdurch nicht eineweitere Stelle geschaffen. Allenfalls wurde <strong>der</strong> „schwarze Peter“ <strong>an</strong> einen <strong>an</strong><strong>der</strong>enweitergegeben, o<strong>der</strong> ein sich aus verschiedenen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gründen aufbauen<strong>der</strong>Personalüberh<strong>an</strong>g (mehr Leute als haushaltfin<strong>an</strong>zierte Stellen) wurde vergrößert.Was hier sehr verkürzt dargestellt wurde, war in Wirklichkeit viel komplizierter.Und es gab weitere Umstände, die zur Folge hatten, dass die Realität mehr nach54


Beherrschbarkeit gestaltet werden musste als nach „idealen“ Konstruktionen. Inmir sträubt sich etwas, hier das Wort „ideal“ zu verwenden; deshalb steht es inAnführungszeichen.Im Einigungsvertrag heißt die hier umrissene Art von Kündigung, bei <strong>der</strong> nach sozialenKriterien auszuwählen war, Kündigung wegen M<strong>an</strong>gels <strong>an</strong> Bedarf. In diesemZusammenh<strong>an</strong>g wird Bedarf bestimmt durch das, was fin<strong>an</strong>zierbar ist.Im Son<strong>der</strong>kündigungsrecht des Einigungsvertrags ist noch ein <strong>an</strong><strong>der</strong>er Kündigungsgr<strong>und</strong>enthalten, nämlich M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> fachlicher Qualifikation o<strong>der</strong> <strong>an</strong> persönlicherEignung. Wenn einem Beschäftigten durch die Personalkommission per Votum diepersönliche Eignung abgesprochen wurde, kam es zu einer Kündigung, bei <strong>der</strong>soziale Abwägung außer Betracht war. Der Personalrat konnte somit nur überprüfen,ob formale Kriterien eingehalten waren.Nach diesen auf Inhaltliches bezogenen Ausführungen sei noch eine Schwierigkeitgen<strong>an</strong>nt, <strong>der</strong> wir uns mit Erfolg gestellt haben. Es war die große Anzahl <strong>der</strong> Einzelvorgänge,die zur Zeit <strong>der</strong> Kulmination <strong>der</strong> Vorbereitung von Kündigungen <strong>an</strong>gefallenwaren. Die Vorgänge wurden dem Personalrat körbeweise <strong>an</strong>geliefert. Fürjeden Beteiligungsvorg<strong>an</strong>g dieser Art hat <strong>der</strong> Personalrat eine Äußerungsfrist von10 Arbeitstagen. Innerhalb dieser Frist muss sich <strong>der</strong> Personalrat mit gebotenerGründlichkeit nach bestem Wissen <strong>und</strong> Gewissen Klarheit verschafft <strong>und</strong> einenBeschluss gefasst haben. Fristüberschreitung bei <strong>der</strong> Rückgabe <strong>an</strong> die Dienststelleist gleichbedeutend mit Verzicht auf Einwendungen. Aus den gen<strong>an</strong>nten Umständenwar Aufteilung <strong>der</strong> Personalratsmitglie<strong>der</strong> in parallel arbeitende Vorbereitungsgruppensowie Schichtarbeit über die g<strong>an</strong>ze Woche <strong>an</strong>gesagt. In den Vorbereitungsgruppenwurden die vorgelegten Fälle so aufbereitet, dass die für einenBeschluss relev<strong>an</strong>ten Tatsachen vor dem Plenum überschaubar <strong>und</strong> nachvollziehbardargestellt werden konnten. Bedenken Sie: beim Bearbeiten eines Kündigungs<strong>an</strong>tragesmusste <strong>der</strong> Personalrat alle erfor<strong>der</strong>lichen Informationen auch für diejenigenBeschäftigten aus <strong>der</strong> Vergleichsgruppe auf seinem Tisch haben, denen nichtgekündigt werden sollte. Denn nur so konnte geprüft werden, ob die Sozialauswahl<strong>an</strong>gemessen war.Trotz zeitlichen Abst<strong>an</strong>des von fast einem Jahrzehnt zum damaligen turbulentenGeschehen ist mir m<strong>an</strong>ches in steter Erinnerung. Daraus möchte ich Schlussged<strong>an</strong>kenformulieren- Zu groß war die Zahl <strong>der</strong>jenigen, die trotz persönlicher <strong>und</strong> fachlicher Eignungnicht in <strong>der</strong> neuen Struktur unterkommen konnten <strong>und</strong> gemäß Son<strong>der</strong>kündigungsrechtihren Arbeitsplatz verloren. Ich führe hierzu eine Kernaussage aus demdamals aktuellen Richterrecht <strong>an</strong>. In einem Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtsv. 24.04.91 zur Abwicklung von Einrichtungen des öffentlichen Dienstes wurdefestgestellt: “Die Entlassung von sozial beson<strong>der</strong>s Schutzwürdigen, insbeson<strong>der</strong>eSchwerbehin<strong>der</strong>ten, älteren Arbeitnehmern <strong>und</strong> Alleinerziehenden, ist nur ver-55


tretbar, wenn <strong>der</strong> Staat zur Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Betroffenen in das Berufslebenbeson<strong>der</strong>e Anstrengungen unternimmt, wenn ihnen eine begründete Aussichtauf eine neue Stelle im öffentlichen Dienst geboten wird“. Nun war dieHochschulerneuerung eine gegenüber <strong>der</strong> Abwicklung weniger scharfe, wenigerrigorose Maßnahme. Umso mehr hätte m<strong>an</strong> erwarten müssen, dass sozial fl<strong>an</strong>kierendestaatliche Maßnahmen in <strong>an</strong>gemessenem Umf<strong>an</strong>g zum Tragen gekommenwären.- Eigentlich hätte die „Auslese“ durch die Personalkommissionen fertig sein müssen,ehe mit <strong>der</strong> Zuordnung von geeigneten Beschäftigten zu Stellen innerhalbeiner Vergleichsgruppe begonnen wurde. Doch die Praxis sah hier – wie so oft –<strong>an</strong><strong>der</strong>s als sicherlich sorgfältig erarbeitete Zeitpläne aus. Vorstellungen des SächsischenStaatsministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst, dass alle nötigen Bedarfskündigungenbis zum 30.09.92 ausgesprochen <strong>und</strong> zugestellt sein würden, hatte<strong>der</strong> Personalrat von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> für realitätsfern gehalten.- Beson<strong>der</strong>e Sorge hatte dem Personalrat bereitet, dass die Dienststelle im Personal<strong>an</strong>passungsverfahrenihrer Schutz- <strong>und</strong> Fürsorgepflicht gegenüber Schwerbehin<strong>der</strong>ten<strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs nicht in nötigem Maß gerecht geworden war. Es bedurfte mehrfacherErörterungen mit dem K<strong>an</strong>zler <strong>und</strong> unermüdlichen Vorsprechens <strong>der</strong> Vertrauensfrau<strong>der</strong> Schwerbehin<strong>der</strong>tenvertretung, um einigermaßen befriedigendeLösungen für Problemfälle zu erreichen. Erst relativ spät konnte die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>einen Schwerbehin<strong>der</strong>tenbeauftragten <strong>der</strong> Arbeitgeberseite benennen, <strong>der</strong> seineAufgaben über längere Zeit kontinuierlich wahrnehmen konnte.- Dass Personalratsmitglie<strong>der</strong> wochenl<strong>an</strong>g ausschließlich mit unaufschiebbarerPersonalratsarbeit befasst waren, also nicht <strong>an</strong> ihrem eigentlichen Arbeitsplatzzur Verfügung st<strong>an</strong>den, hatte zu erheblicher Mehrbelastung im Arbeitsumfelddieser Personalratsmitglie<strong>der</strong> geführt.- Im Sp<strong>an</strong>nungsfeld zwischen den sozialen Bel<strong>an</strong>gen unserer Beschäftigten <strong>und</strong> denAufgaben unserer <strong>TU</strong> unter Bedingungen, die m<strong>an</strong>chem Wollen eine Grenze setzten,hatte sich <strong>der</strong> Personalrat als Gegenpol zur Dienststelle zu bewähren. BeimVerfolgen <strong>an</strong>gestrebter Ziele setzten wir auf Kooperation <strong>und</strong> nicht auf Konfrontation.Dies sehen wir als Gewinn für beide Seiten <strong>an</strong>, <strong>und</strong> das war wohl vonnachhaltiger Wirkung.56Demonstration am Goldenen Reiter


DiskussionWährend <strong>der</strong> DiskussionAlfred PostDer Beginn <strong>der</strong> Diskussion <strong>und</strong> Ihre Fragen auch <strong>an</strong> die Referenten, gibt mir dieGelegenheit, Herrn Privatdozent Dr. Herm<strong>an</strong>n Horstkotte vorzustellen <strong>und</strong> auchzu erklären, warum er die Tagung leitet. Ein Telefonat zwischen uns beiden hat denAnstoß zu dieser Ver<strong>an</strong>staltung gegeben. Herr Dr. Horstkotte arbeitet als freierJournalist. Er veröffentlicht in überregionalen Zeitungen <strong>und</strong> Zeitschriften. Siewerden seine sachk<strong>und</strong>igen Berichte vielleicht schon gelegentlich gelesen haben.Für eine solche Abh<strong>an</strong>dlung wollte er etwas über die personelle <strong>Erneuerung</strong> vonmir wissen. Wir haben d<strong>an</strong>n beide gemeinsam festgestellt, dass es viel zu wenigDokumentation dazu gibt. Das führte d<strong>an</strong>n letzten Endes zu <strong>der</strong> Idee, diese Ver<strong>an</strong>staltungdurchzuführen <strong>und</strong> deswegen habe ich ihn gebeten, hier mitzuwirken <strong>und</strong>ich d<strong>an</strong>ke ihm dafür herzlich.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteFür die Diskussion, im Unterschied zur streitigen Disputation, die ja heute Nachmittagvorgesehen ist, wurden bereits zwei Beiträge vor<strong>an</strong>gemeldet. Es sprichtjetzt Professor Heinz Düsterhöft <strong>und</strong> d<strong>an</strong>ach Herr Dr. Schmidt. Herr Dr. Schmidtist Mitglied des Personalrates <strong>der</strong> Technischen Universität. Er möchte sich rück-58


lickend vor allem zu Problemen <strong>der</strong> Personalreduzierung am Beispiel <strong>der</strong> ehemaligenHochschule für Verkehrswesen äußern.Professor Heinz DüsterhöftIn meinen Anmerkungen möchte ich das Augenmerk auf den Zeitraum unmittelbarnach <strong>der</strong> politischen Wende, für die Universität eine Zwischenzeit, richten. Dennbevor die offizielle Personalerneuerung vor sich ging, war eine Phase rechtlichen<strong>und</strong> machtpolitischen Vakuums entst<strong>an</strong>den. Es war zum Beispiel bei uns in denBeratungen <strong>der</strong> Sektion Bauingenieurwesen nichts wichtiger, als Personalentscheidungenvorzubereiten, natürlich mit den sozialistischen Ka<strong>der</strong>n, die damals allenoch aktiv waren. So meldete sich am 9. J<strong>an</strong>uar 1990 eine Gruppe von Mitarbeiternaus dem akademischen Mittelbau mit Initiativen zur <strong>Erneuerung</strong> <strong>und</strong> zur Verg<strong>an</strong>genheitsbewältigungempört, dass das so nicht weitergehen könne. Es entst<strong>an</strong>deine Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung insbeson<strong>der</strong>e zwischen einem Teil des integerenMittelbaus <strong>und</strong> einigen „schwarzen Schafen“ unter den Professoren mit Vertretern<strong>der</strong> sozialistischen Leitungsebene. Dabei wurde <strong>der</strong> auf Verän<strong>der</strong>ung drängendeMittelbau von den Professoren M<strong>an</strong>fred Koch <strong>und</strong> Günter Zumpe unterstützt.Daraus resultierend kam am 10. Juli 1990 eine Beratung zwischen Vertretern <strong>der</strong>Hochschullehrer, des Personalrates <strong>und</strong> des Assistentenrates zust<strong>an</strong>de. Vorwiegendging es um die Frage <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung des gestörten Vertrauens. Natürlichst<strong>an</strong>d die Stasifrage im Mittelpunkt. M<strong>an</strong> hatte die Vorstellung, ich sollte alseine Art Beichtvater agieren. D<strong>an</strong>n könnten alle Leute zu mir kommen <strong>und</strong> mir ihreStasiarbeit beichten. Dieses Ansinnen lehnte ich ab, wozu ich mich heute nochbeglückwünsche. An<strong>der</strong>enfalls wäre ein völlig unklares rechtliches Verhältnis entst<strong>an</strong>den.Als „Beichtvater“ hätte ich niemals etwas zu dieser Problematik öffentlicho<strong>der</strong> auch intern sagen dürfen. Daraufhin beschloss m<strong>an</strong>, eine Initiativgruppezu gründen, mit den Mitglie<strong>der</strong>n Dr. H<strong>an</strong>s-Günther Coers, Dr. H<strong>an</strong>sgüntherDobbelm<strong>an</strong>n <strong>und</strong> Professor Günter Zumpe sowie mit mir als Sprecher. In denfolgenden Monaten haben wir als erstes die Frage des Vertrauens aufgegriffen, <strong>und</strong>ich möchte die Vermutung aussprechen, dass diese Arbeit möglicherweise auchdie nachfolgenden Aktionen beeinflusst hat, vielleicht in ihrer Formulierung, aberauch in ihrem Inhalt. Wir haben am 14. September 1990 eine Umfrage mit einemFragebogen über die Stasimitarbeit gestartet. Dazu haben wir einen erfahrenen<strong>und</strong> guten M<strong>an</strong>n gef<strong>und</strong>en, den späteren Justizminister Steffen Heitm<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> unsdabei juristisch hervorragend beraten konnte. Wir haben auch von vornhereineine damals so notwendige Diskussion um die Offenlegung geführt, einen öffentlichenMeinungsaustausch über das Ergebnis, natürlich bei vertraulicher H<strong>an</strong>dhabungbezüglich <strong>der</strong> Daten von Personen, die wir am 23. November 1990 <strong>an</strong>gehörthaben. Das Resultat wurde dem damaligen Rektor Herrn Professor GüntherL<strong>an</strong>dgraf mitgeteilt.59


Am 23. November 1990 waren wir soweit, dass wir einen umf<strong>an</strong>greichen Entwurf,von Professor Zumpe wesentlich inspiriert, zum Abschluss gebracht haben,eine Empfehlung zur Verg<strong>an</strong>genheitsbewältigung. Darin waren schon Punkte enthalten,wie die Vertrauensbildung, also die Frage nach <strong>der</strong> Mitarbeit für das Ministeriumfür Staatssicherheit (MfS), die wissenschaftliche <strong>und</strong> öffentliche Legitimation<strong>und</strong> die Wie<strong>der</strong>gutmachung. Es ging insbeson<strong>der</strong>e auch um materielle <strong>und</strong> moralischeWie<strong>der</strong>gutmachungen gegenüber vielen Angehörigen des Mittelbaus sowieum Fragen <strong>der</strong> Rehabilitierung <strong>und</strong> Entpflichtung. Die Empfehlung war fürmeine Begriffe rückblickend ein umfassendes <strong>Erneuerung</strong>sdokument, das sich inspäteren Dokumentationen o<strong>der</strong> Maßnahmen teilweise nie<strong>der</strong>geschlagen hat. Alles,was wir damals machten, wurde dem SMWK zugeleitet. Am 25. J<strong>an</strong>uar 1991,<strong>und</strong> damit will ich meine Ausführungen beenden, übergaben wir das Arbeitsergebnismit <strong>der</strong> Bitte um Ver<strong>an</strong>lassung einer weiteren öffentlichen o<strong>der</strong> offiziellen Überprüfungzur Stasimitarbeit unserem verehrten Dek<strong>an</strong>, Professor H<strong>an</strong>s JoachimFiedler. Ich möchte abschließend feststellen: Der Mittelbau war wohl deshalbauch ein Hauptträger dieser notwendigen Verän<strong>der</strong>ung bis zur Aufnahme <strong>der</strong> offiziellen<strong>Erneuerung</strong>, weil unter den Oberassistenten <strong>und</strong> Assistenten in <strong>der</strong> RegelLeute waren, die zu DDR-Zeiten aus politischen Gründen keine größere wissenschaftlicheKarriere machen konnten. Sie haben aber weitgehend das Ansehen<strong>und</strong> das fachliche Niveau <strong>der</strong> Universität getragen <strong>und</strong> hatten we<strong>der</strong> Aussicht in<strong>der</strong> Industrie noch hier, ihnen entsprechende Positionen zu erreichen. Dazu gehörtenimmer auch einige Professoren, die sich den offiziellen Parteidoktrinennicht beugen wollten. Für all die Arbeit dieser Frauen <strong>und</strong> Männer, meine ich,sollten wir auch heute noch ein Wort <strong>der</strong> Anerkennung übrig haben. D<strong>an</strong>ke!Dr. Karl-Heinz SchmidtIch möchte mich noch etwas näher vorstellen, die meisten kennen mich bestimmtnicht. Von 1990 bis 1992 war ich Personalratsmitglied <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule fürVerkehrswesen <strong>und</strong> seit 1993 bin ich es <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. Jetzt bin ich Mitarbeiteram Institut für Luft– <strong>und</strong> Raumfahrt, <strong>und</strong> ich war <strong>der</strong> letzte Vorsitzende desPersonalrates <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen (HfV). Genauso wie Herr Förster,bis er die Stelle <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule für Technik <strong>und</strong> Wirtschaft (HTW) sicherhatte, wurde ich das über Nacht. Das Wort „Personal<strong>an</strong>passung“ war für mich einUnwort von 1992. Es war für uns eine <strong>an</strong>strengende <strong>und</strong> böse Zeit. Für den Personalrat<strong>der</strong> ehemaligen HfV galt ab 1. Oktober 1992 ein so gen<strong>an</strong>ntes Restm<strong>an</strong>dat.Wir haben darum gekämpft, weil wir unsere Kollegen weiterhin bei <strong>der</strong> „Kündigungaus M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Bedarf“ begleiten wollten. Laut Einigungsvertrag war rechtlichalles in Ordnung, aber „M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Bedarf“ bedeutet wegwerfen, einfach wegwerfen,für mich. Der Personalrat <strong>der</strong> HfV bekam bis 1992 Weihnachten, mitunter<strong>an</strong> einem Tag 150 Kündigungen auf den Tisch, hatte für die Bearbeitung 10 TageZeit <strong>und</strong> wenn wir uns für einen Fall eine St<strong>und</strong>e Zeit genommen haben, können Sie60


sich ausrechnen, was wir <strong>an</strong> einem Tag leisten mussten. An Schlaf war in dieserZeit nicht viel zu denken. Der damalige Personaldezernent, Herr Dr. Heinz-DieterDegen, ging immer sehr korrekt mit uns um <strong>und</strong> ich habe ihn als Partner sehrgeschätzt, genauso wie Herrn Post. Zwei Tage vor Weihnachten, 1992, habe ichihm 150 Kündigungs<strong>an</strong>träge zurückgebracht. Bis auf zwei hatten wir bei allenEinwendungen erhoben, also 148 Einwendungen. Dr. Degen hat alle Blättchenabgezeichnet, sie d<strong>an</strong>n beiseite gelegt <strong>und</strong> wir unterhielten uns über Weihnachten.Er war ein korrekter <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>licher Partner für mich.Noch etwas möchte ich ausführen: Es gab zwei Möglichkeiten, eine Stelle vonbestimmten Auswahlkommissionen nicht zu bekommen. M<strong>an</strong> kam auf den Platzzwei bis X, o<strong>der</strong> aber es ging auch einfacher. Die Auswahlkommission o<strong>der</strong> auchdie Fachkommission stufte einen Bewerber als „nicht geeignet“ ein. Das spracheben Dr. Neumerkel schon <strong>an</strong>. Das bedeutete für m<strong>an</strong>chen zu kündigenden Mitarbeiterfast die Vernichtung seiner Persönlichkeit. Ich bringe einige Beispiele, dieim Endeffekt gut ausgingen: Ein hochgeschätzter wissenschaftlicher Mitarbeiter<strong>der</strong> <strong>TU</strong>, hier im Maschinenwesen, hatte sich auf eine Stelle beworben, auf die seinProfil passte. Er wurde als „nicht geeignet“ eingestuft. Dieser Kollege ist heuteProfessor <strong>an</strong> einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hochschule. O<strong>der</strong>: Eine Diplomslawistin hatte keineCh<strong>an</strong>ce, eine Stelle <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> o<strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> HTW zu bekommen. Ihr wurde gekündigt.Sie war zwischenzeitlich im Westen tätig. Heute ist sie Sekretärin <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong>. O<strong>der</strong>: Einem hoch ausgebildeten Facharbeiter wurde gekündigt <strong>und</strong> ermusste nach Gerichtsverfahren wie<strong>der</strong> eingestellt werden. Er hat jahrel<strong>an</strong>g alsHeizer hier gearbeitet. Ich habe ihn m<strong>an</strong>chmal früh mit einer Alkoholfahne getroffen.Da habe ich gesagt: „Reiß dich am Riemen.“ Heute hat er wie<strong>der</strong> eineStellung im technischen Bereich <strong>und</strong> darüber freut m<strong>an</strong> sich.Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Es gibt noch Ungerechtigkeiten<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>und</strong> das sind Nachwirkungen aus dieser „Personal<strong>an</strong>passung.“ Ich bitteSie, Herr Post, Herr Prorektor, nehmen Sie sich weiterhin <strong>der</strong> Lösung solcherFälle <strong>an</strong>!PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteVielen D<strong>an</strong>k. Ich würde vorschlagen, dass wir die weiteren Diskussionsbeiträgethematisch zentrieren – vielleicht darauf, was auch die Öffentlichkeit, also dieLeser, von denen Herr Post fre<strong>und</strong>licherweise gesprochen hat, interessieren könnte.Ich möchte also die Beiträge unter dem Gesichtspunkt strukturieren, den HerrSchmitt vertrat, die Bedarfskündigung betreffend. Mich würde interessieren, welcheZweige <strong>der</strong> Hochschule in <strong>der</strong> Anpassung überhaupt als wettbewerbsfähigmit westdeutschen Hochschulen betrachtet wurden. Welche sozusagen aus fachlichenGründen gekippt wurden <strong>und</strong> welche jetzt auf einmal als neuer Bedarf fürdie Hochschule erschienen. Ein <strong>an</strong><strong>der</strong>er Punkt, zu dem ich als nächstes gern ein61


paar Beiträge hören möchte, ist die Frage, die schon in <strong>der</strong> Rede von Herrn Post<strong>und</strong> d<strong>an</strong>ach bei Professor L<strong>an</strong>dgraf zum Ausdruck kam, nach dem Verhältniszwischen Exekutive <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität <strong>und</strong> dem Ministerium bei <strong>der</strong> Anpassungo<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong>. Vom Westen aus betrachtet, sieht es natürlich so aus,dass durch die Verwaltungsspitze <strong>und</strong> selbstverständlich vom Minister selbst energisch<strong>und</strong> zügig durchgegriffen wurde.Professor Reiner PommerinMir geht es um etwas Generelles. Es wird die Vorstellung geweckt von Kündigungaus Gründen, die eigentlich unersichtlich sind. Karrieren knicken, Menschen werdenaus Arbeitsprozessen herausgerissen. Es ist noch einmal sehr wichtig, den Hintergr<strong>und</strong>für diese Dinge zu erwähnen.Wir f<strong>an</strong>den, ich komme gleich auf Kündigungen o<strong>der</strong> auf Nichtübernahmen bei unszu sprechen, als ich in Jena war, folgende Situation vor: Wir hatten 170 Studenten imFach Geschichte <strong>und</strong> wir hatten 48 Lehrende. Bei uns in Erl<strong>an</strong>gen gab es ungefähr 9Lehrende <strong>und</strong> 1200 Studenten. Und so schön ich das f<strong>an</strong>d, dass in Jena 48 Leute für170 Studenten da waren, so musste ich mir doch die Frage stellen, wer das aufDauer fin<strong>an</strong>zieren will, wie soll das gehen? Das war die erste Frage, die sich stellte.Die Idee, dass <strong>an</strong> sich 80 Prozent aller staatlichen Mittel auf die Hochschulen entfallenmüssten <strong>und</strong> vor allen Dingen auf die Erhöhung <strong>der</strong> Hochschullehrergehälter, istvielleicht eine schöne Vorstellung. Es gibt nur furchtbar viele <strong>an</strong><strong>der</strong>e Bereiche, die<strong>der</strong> Staat zu bedienen hat. Die Hochschule ist lei<strong>der</strong> nur ein Bereich, wenn auchgewiss für die Zukunft ein g<strong>an</strong>z wesentlicher. Mir war klar, dass das nicht so weitergeht. Wir hatten in Jena das Problem, dass es eine Seminarbibliothek gab, wo ursprünglicheine Bibliothekarin arbeitete. Im Rahmen <strong>der</strong> so gen<strong>an</strong>nten Vollbeschäftigungwaren es in den letzten 15 Jahren vier Bibliothekarinnen geworden, obwohlaber nicht mehr Bücher pro Jahr <strong>an</strong>geschafft wurden als damals, wo dort nur eineBibliothekarin beschäftigt war. Hier mussten wir uns nun überlegen, was wir machen.Und d<strong>an</strong>n kam die Frage <strong>der</strong> Qualifikation, die Sie <strong>an</strong>gesprochen haben. Ich habe siehier in <strong>Dresden</strong> erlebt. Ich war Gründungsprofessor für das Institut für Geschichte.Wir hatten einige Leute aus <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule übernommen, aberauch diese Auswahl beinhaltete ein Problem, was ich vorher gar nicht übersehenhatte. Was konnte <strong>der</strong> Geschichtslehrende hier dafür, dass er keinerlei Zug<strong>an</strong>g zurso gen<strong>an</strong>nten bürgerlichen Geschichtswissenschaft hatte, dass er über 40 Jahre l<strong>an</strong>gausgeschlossen war aus <strong>der</strong> internationalen Diskussion seines Faches? Das war einProblem, das die Naturwissenschaften <strong>und</strong> die Ingenieurwissenschaften nicht hatten.Diese besaßen eine Internationalität, die sie auch heute noch von den Geisteswissenschaftenunterscheiden. Qua Fach arbeitete m<strong>an</strong> weltweit mit denselben Parametern.Aber bei den Geisteswissenschaftlern war das <strong>an</strong><strong>der</strong>s. Sie waren sehr62


limitiert <strong>und</strong> wenn ich mich entscheiden musste, ob jem<strong>an</strong>d mitarbeiten k<strong>an</strong>n, demnun praktisch 30 – 40 Jahre Geschichtswissenschaft <strong>und</strong> ihre Ergebnisse fehlten,d<strong>an</strong>n war das für mich leicht. Denn für mich war ein g<strong>an</strong>z <strong>an</strong><strong>der</strong>er Annäherungspunktwichtig, <strong>der</strong> <strong>der</strong> studentischen Interessen.In Jena war ich schon dar<strong>an</strong> interessiert, dass <strong>der</strong> Student meine Hochschule nichtverlässt, son<strong>der</strong>n dort bleibt. Das heißt, dass ich dafür sorge, dass er die qualitativbeste Ausbildung bekommt. D<strong>an</strong>ach musste die Personalauswahl erfolgen. Ich wolltenicht, dass er abw<strong>an</strong><strong>der</strong>t nach Marburg o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>swohin. Das war für mich <strong>der</strong>Leitstern, Qualität erhalten, möglichst gute Leute in die Hochschule bringen o<strong>der</strong> siedort behalten, wenn sie dort bereits sind. In meinem Fach, <strong>und</strong> ich bin froh dass dieGeisteswissenschaften hier neu <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen konnten, hatten wir wenig Übernahmefälle.So mussten wir, in unseren Fächern mehr Leute von außen beziehen als wireigentlich wollten. Gott sei D<strong>an</strong>k war das in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Teilen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> nicht indiesem Maße notwendig. Die Ungerechtigkeit ergibt sich natürlich aus dem Regime,welches vorher da war. In einer Gesellschaft mit Vollbeschäftigung <strong>und</strong> einer g<strong>an</strong>z<strong>an</strong><strong>der</strong>en staatlichen Lenkung ergaben sich Zwänge zur Kürzung, die wir jetzt nichtnachträglich dem Minister o<strong>der</strong> Herrn Post o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en <strong>an</strong>hängen müssen, son<strong>der</strong>nes war eine Reduzierung, die notwendig war. Schön wäre es natürlich gewesen,wenn wir weiterhin 8000 o<strong>der</strong> 10000 Mitarbeiter hier beschäftigt hätten <strong>und</strong> unsereStudenten eine größere Zuwendung erhielten, weil wir alle über mehr Zeit für sieverfügten. Aber ich verstehe auch, dass es Kr<strong>an</strong>kenhäuser <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>gärten gibtsowie <strong>an</strong><strong>der</strong>e staatliche Aufgaben.Professor H<strong>an</strong>s-Jürgen HardtkeIch habe zwar bei <strong>der</strong> Begrüßung schon einiges <strong>an</strong> den M<strong>an</strong>n gebracht, aber zwei,drei Sätze muss ich jetzt doch noch mal sagen, Herr Professor Pommerin. Sie irren,wenn Sie denken, dass die Ingenieure a priori internationalen Kontakt hatten. Beispielsweisek<strong>an</strong>n ich dies bei Herrn Professor Holzweißig einschätzen. Er war meinChef. Auch von Professor Günther L<strong>an</strong>dgraf k<strong>an</strong>n ich das sagen. Sie durften nichteinmal Briefe aus dem „NSW“ be<strong>an</strong>tworten, konnten keine Son<strong>der</strong>drucke bestellen.Wie wir die Kontakte gehalten haben, könnte m<strong>an</strong> noch erläutern. Wir waren natürlichnicht völlig abgeschnitten. Da gab es <strong>an</strong><strong>der</strong>e Wege, die natürlich auch Geisteswissenschaftlernoffen gest<strong>an</strong>den hätten. Aber wir wollen ja heute über Personal<strong>an</strong>passungin Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften sprechen, vielleicht konzentrierenwir uns darauf. Da will ich noch einmal ein Wort sagen, was ich am Anf<strong>an</strong>g vielleichtrelativ kurz gesagt habe, weil ich d<strong>an</strong>n etwas moralisiert habe. Natürlich musste einIngenieur auch Differenzialgleichungen lösen können <strong>und</strong> insofern war natürlich <strong>an</strong>den Ingenieurfakultäten Fachpersonal vorh<strong>an</strong>den, selbstverständlich trifft dies auchbei den Professoren zu, die vielleicht zu 90 % in <strong>der</strong> Partei waren. Sie waren fachlichdurchaus integer. Das können Sie ja <strong>an</strong> Veröffentlichungen <strong>und</strong> verschiedenen <strong>an</strong><strong>der</strong>enDingen sehen, <strong>und</strong> deswegen ist es auch in den Ingenieurwissenschaften leichter63


gefallen, diese <strong>Erneuerung</strong> mit eben dieser Kontinuität zu verbinden. Die FakultätMaschinenwesen ist das beste Beispiel dafür. Das k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> jetzt hier in <strong>der</strong> Diskussionnicht kurz darstellen. Dafür müsste m<strong>an</strong> sich etwas mehr Zeit nehmen.D<strong>an</strong>n würden Sie sehen, dass die Verhältnisse eben nicht so leicht zu beurteilensind. Deswegen habe ich bei <strong>der</strong> Eröffnung gesagt, nicht schwarz-weiß malen.Professor Peter Offerm<strong>an</strong>nUm auf Ihre erste Frage noch einmal einzugehen. Es war ja schon gesagt worden,welche Sektionen o<strong>der</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Universität abzuwickeln bzw. davonauszunehmen waren. Da gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen. Das waren allesideologisch dominierte Einrichtungen o<strong>der</strong> Subeinrichtungen. Was die Evaluierung<strong>der</strong> Universitätsfachbereiche insgesamt <strong>an</strong>geht, hat sie in dem Maße, wie sie sichdas vielleicht vorstellen können, gar nicht stattgef<strong>und</strong>en. Nur <strong>der</strong> Wissenschaftsrathat natürlich alle Hochschulen in Sachsen <strong>und</strong> in den <strong>an</strong><strong>der</strong>en neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>nbesucht <strong>und</strong> bewertet. Dazu gibt es ja auch ein dickes Dokument über dieEinschätzung <strong>der</strong> einzelnen Fakultäten. Die fachliche Einschätzung <strong>der</strong> Ingenieurfakultäten<strong>und</strong> <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen Fakultäten war durchaus differenziert,also in <strong>der</strong> Physik beispielsweise <strong>an</strong><strong>der</strong>s als im Maschinenbau. Es war aber dochso, dass die fachliche Kernkompetenz bestätigt wurde <strong>und</strong> dass überhaupt nichtdar<strong>an</strong> gezweifelt wurde, diese Fakultäten in <strong>der</strong> notwendigen Breite neu zu strukturieren.Das haben wir get<strong>an</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong>, was ich vorhin versuchte<strong>an</strong>zudeuten, dass bei dieser zeitlichen Parallelität die Dokumente des Staatsministeriumsfür Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst (SMWK) noch nicht da waren, aus denenhervorging, wie viele Stellen wir wirklich bekommen. Wir mussten aber schonh<strong>an</strong>deln in <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> Größenordnungen. Wir haben d<strong>an</strong>n eigentlich in demiterativen Prozess mit den Dek<strong>an</strong>en <strong>und</strong> ihren Kollegen versucht, die Professorenstrukturfür die jeweiligen Fakultäten zu finden <strong>und</strong> auch solche Schnittstellen zubereinigen bzw. uns auf Kompromisse einzulassen. Diese konnten natürlich nieendgültig sein. Die Entwicklung ist weitergeg<strong>an</strong>gen. Jetzt sind 10 Jahre verg<strong>an</strong>gen<strong>und</strong> deshalb hatte ich auch gesagt, das eine o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e ist auch mit <strong>der</strong> heutigenBrille zu sehen.Professor Hartmut WorchIch habe den <strong>Erneuerung</strong>sprozess begleiten dürfen aus <strong>der</strong> Sicht des Hochschulverb<strong>an</strong>des<strong>und</strong> lassen Sie mich dazu einmal zwei Sätze sagen. Auch in Bezug aufIhre Frage, die die Umstrukturierung <strong>der</strong> heute hier zur Diskussion stehendenFachdisziplinen <strong>an</strong>l<strong>an</strong>gt. Ich denke, es ist aus <strong>der</strong> Rede des Rektors o<strong>der</strong> unseresAltrektors, Professor Günther L<strong>an</strong>dgraf, wie auch <strong>der</strong> Prorektoren deutlich geworden.Die Technische Universität <strong>Dresden</strong> verfügte auch 1989/90/91 über herausragendefachliche Persönlichkeiten, die nicht nur in <strong>Dresden</strong> bek<strong>an</strong>nt, son<strong>der</strong>n64


die international <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt waren. Und es war eigentlich ein Glücksumst<strong>an</strong>d, dassdiese Persönlichkeiten zu diesem Zeitpunkt den <strong>Erneuerung</strong>sprozess in die H<strong>an</strong>dgenommen haben. Das war, wenn ich das einmal aus meiner Disziplin herausbetrachte, ein Prozess <strong>der</strong> Keimbildung <strong>und</strong> des Keimwachstums. Und aus demGr<strong>und</strong> war es überhaupt nicht notwendig, in den Ingenieurwissenschaften <strong>und</strong> inden Naturwissenschaften nach neuen Disziplinen <strong>und</strong> Umstrukturierungen zu suchen.Die Kerndisziplinen waren hervorragend vertreten. Herausragende Persönlichkeitensind hier heute schon gen<strong>an</strong>nt worden. Ich denke in <strong>der</strong> Elektrotechnik<strong>an</strong> Professor Arno Lenk, <strong>an</strong> Professor Klaus Lunze, die heute hier zugegen sind, in<strong>der</strong> Physik Professor Peter Paufler <strong>und</strong> Professor Rolf Goldberg. Es waren in <strong>der</strong>Chemie Professor Rol<strong>an</strong>d Mayer <strong>und</strong> Professor Wolfg<strong>an</strong>g Forker, es waren in <strong>der</strong>Mathematik Professor Paul Heinz Müller, Professor Volker Nollau <strong>und</strong> weitere.Ich bitte um Nachsicht, dass ich heute hier nicht alle aufzählen k<strong>an</strong>n. In <strong>der</strong> FakultätMaschinenwesen waren es eben die Professoren L<strong>an</strong>dgraf, Holzweißig <strong>und</strong>weitere. Und dieser Prozess war demzufolge, es kommt mir sehr darauf <strong>an</strong>, dasnoch einmal hervorzuheben, in den richtigen Händen. Das ermöglichte uns denrichtigen Start.Professor H<strong>an</strong>s Joachim FiedlerMeine Damen <strong>und</strong> Herren, heute ist von Anpassung die Rede gewesen. Ich glaubeeine Gruppe von Leuten sollten wir hier hervorheben, die bisher zu kurz gekommenist. Es gab <strong>an</strong> <strong>der</strong> Technischen Universität nicht nur Professoren <strong>und</strong> wissenschaftlicheMitarbeiter, son<strong>der</strong>n nach <strong>der</strong> neuen Bezeichnung auch sonstiges Personal.Und unter diesem sonstigen Personal bef<strong>an</strong>den sich sehr viele, die in deng<strong>an</strong>zen Jahren mit einem sehr aufrichtigen Charakter durch das Leben geg<strong>an</strong>gensind. Ich möchte nur ein Beispiel nennen. Als aus meinem Institut Bodenk<strong>und</strong>e aufoffiziellem Wege ein Mitarbeiter nach Westdeutschl<strong>an</strong>d gehen wollte, wurde vonallen Instituts<strong>an</strong>gehörigen <strong>und</strong> Sektions<strong>an</strong>gehörigen (Forstwirtschaft) gefor<strong>der</strong>t,sich schriftlich gegen diesen M<strong>an</strong>n zu erklären. Das haben Professoren durchausget<strong>an</strong>, auch wissenschaftliche Mitarbeiter, aber eine g<strong>an</strong>ze Anzahl von diesemsonstigen Personal hat das nicht get<strong>an</strong> <strong>und</strong> sie waren auch nicht in <strong>der</strong> SED gewesen.Als d<strong>an</strong>n nach <strong>der</strong> politischen Wende die neuen Stellenpläne verkündet wurden<strong>und</strong> wir <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät aus dem Best<strong>an</strong>d <strong>der</strong> damaligen Sektion 100 Stellenabbauen mussten von diesem technischen Personal, da endete das damit, unterBerücksichtigung <strong>der</strong> hier hervorgehobenen sozialen Gesichtspunkte, dass dieseLeute ihr Entlassungsschreiben bekamen. Es mussten überproportional die gehen,die nicht Genossen waren, die sich nichts hatten zu Schulden kommen lassen <strong>und</strong>die auch persönlichen inneren Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d geleistet hatten. Und sie haben diesesKündigungsschreiben, wie es ihrem Charakter entsprach, zur Kenntnis genommen<strong>und</strong> sind geg<strong>an</strong>gen <strong>und</strong> es hat sich keiner gef<strong>und</strong>en, <strong>der</strong> auch nur ein Wort desD<strong>an</strong>kes <strong>an</strong> diese Gruppe gerichtet hat. Ich glaube, die Technische Universität hathier noch eine Schuld abzutragen.65


Professor Dietrich WendeIch war bis 31. Dezember 1992 <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen bzw. zweiMonate <strong>an</strong> <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong> als Hochschullehrer für das FachFahrdynamik tätig. Ich bin nun keiner, <strong>der</strong> aktiv in <strong>der</strong> Personalkommission gearbeitethat, son<strong>der</strong>n ich bin ein Betroffener dieser Arbeit. Und erlauben Sie mir, dass ichals damals Betroffener, meine heutigen Ged<strong>an</strong>ken im Abst<strong>an</strong>d von nun fast 10 Jahrendazu äußere. Ich wurde 1992 aus zwei Gründen vor die Personalkommission gebeten.Der erste Gr<strong>und</strong>, ich war <strong>der</strong> Beauftragte für Sozialistische Wehrerziehung<strong>der</strong> Sektion Fahrzeugtechnik <strong>und</strong> <strong>der</strong> zweite Gr<strong>und</strong>, m<strong>an</strong> hatte in alten Personalaktenein Protokoll vom 15. Dezember 1981 gef<strong>und</strong>en, in dem ich auf einer Gewerkschaftsversammlunggegen den Ausreise<strong>an</strong>trag einer ehemaligen Kollegin Stellunggenommen habe. Das waren die beiden Vorwürfe. Aus heutiger Sicht muss ichsagen, es war berechtigt, dass die Personalkommission diesen Sachverhalt untersuchte.Im Laufe <strong>der</strong> Untersuchung ergaben sich keine weiteren Momente einesmöglichen Fehlverhaltens. Es war also nicht nachweisbar, <strong>und</strong> ich habe auchnichts get<strong>an</strong>, was jem<strong>an</strong>dem geschadet hätte. Die Kollegin, die ausgereist ist, hatsich später noch bei mir bed<strong>an</strong>kt. Ein Jahr später haben wir zufällig wie<strong>der</strong> einmalKontakt zuein<strong>an</strong><strong>der</strong> gehabt. Sie d<strong>an</strong>kte mir dafür, dass ich mich nicht breitschlagenließ, <strong>an</strong> den restriktiven Maßnahmen, die gegen sie ergriffen worden sind,teilzunehmen. Das wäre für sie katastrophal gewesen, wenn ich mich dort beteiligthätte. Der Ablauf <strong>der</strong> Beratung entsprach den Gesetzen, <strong>der</strong> Vorsitzende istsehr sachlich gewesen. Es war Professor Schubert, <strong>der</strong> jetzt in <strong>der</strong> Hochschule fürTechnik <strong>und</strong> Wirtschaft <strong>Dresden</strong> (HTW) tätig ist. Wir haben die gesamte Angelegenheitdiskutiert, ich habe meine Einwände vorbringen können, es kamen dieGegenargumente, es ist alles sehr sachlich <strong>und</strong> nach den Gesetzen abgelaufen. Ichmöchte mich nicht dazu äußern, dass die Gesetze teilweise von namhaften Wissenschaftlern<strong>an</strong>gegriffen worden sind. Das entzieht sich meiner Kenntnis, da binich nicht <strong>der</strong> Fachm<strong>an</strong>n dazu. Am Schluss, nach <strong>der</strong> Beratung wurde mir mitgeteilt,dass kein Votum gefällt worden ist. Damit ging die Angelegenheit aus demKreis <strong>der</strong> Hochschule heraus. Kurz d<strong>an</strong>ach ließ mir <strong>der</strong> Minister über den damaligenDek<strong>an</strong> Professor Siegbert Liebig mitteilen, dass er mir kündigen müsste <strong>und</strong>er mir vorschlägt, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, um in Ehren aus <strong>der</strong>Hochschule auszuscheiden. Ich habe nach g<strong>an</strong>z kurzer Überlegung diesen Vertragabgeschlossen <strong>und</strong> habe mich darin auch verpflichtet, die noch offenenLehrverpflichtungen wahrzunehmen, so dass die Studenten keinen Einbruch erleidenkonnten. Denn, wenn ich das nicht get<strong>an</strong> hätte, hätte das für sehr viele Studentenbedeutet, dass sie vielleicht ein Jahr Verlängerung ihrer Ausbildung gehabthätten. Damit war die Angelegenheit erledigt, ich habe mich <strong>an</strong> den Vertrag gehalten.Nun kommt aber <strong>der</strong> Teil, den ich persönlich kritisieren muss. Und zwarbekam ich plötzlich im Herbst 1992 eine Urk<strong>und</strong>e vom Minister, in <strong>der</strong> er mirmitteilte, dass mir <strong>der</strong> Professorentitel aberk<strong>an</strong>nt worden sei, ohne einen Gr<strong>und</strong>zu nennen. Natürlich bin ich damit vor Gericht geg<strong>an</strong>gen <strong>und</strong> das Ergebnis war,66


dass ich zunächst ein Schreiben von Herrn Lutz Gilbert mit <strong>der</strong> Mitteilung bekam,ich hätte mich durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages schuldig bek<strong>an</strong>nt<strong>und</strong> damit sei <strong>der</strong> Minister berechtigt, mir den Titel abzuerkennen. D<strong>an</strong>n wurdenin einem weiteren Schreiben die beiden Gründe aufgeführt, die vor <strong>der</strong> Personalkommissionaufgegriffen worden waren. Je<strong>der</strong> weiß, dass ein Aufhebungsvertragein solches Verfahren unterbricht <strong>und</strong> dass damit die Akten für die Personalkommissiongeschlossen sind. Das Datenschutzgesetz hat auch hier zu gelten, aber dieUnterlagen wurden dennoch weiter benutzt. Wenn natürlich eine entsprechendeNotwendigkeit best<strong>an</strong>den hätte, hätte <strong>der</strong> Minister einen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Weg einschlagenkönnen. Es gibt ja bek<strong>an</strong>ntlich Verfahrensregelungen, die bei TitelaberkennungenAnwendung finden müssten. Dieser Weg ist nicht geg<strong>an</strong>gen worden. Ich betrachtedies als einen Verstoß gegen die Gesetze <strong>und</strong> habe es als eine grobe Beleidigungaufgefasst. Aber damit war die Angelegenheit eigentlich noch nicht zu Ende.Den folgenden Prozess habe ich vor Gericht gewonnen, das ist kein Problemgewesen. Ich muss vielleicht noch ergänzen, ich habe deshalb den Aufhebungsvertragso schnell unterschrieben, weil für mich aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen alsSchwerbehin<strong>der</strong>ter <strong>und</strong> l<strong>an</strong>gjähriger chronisch Kr<strong>an</strong>ker sowieso <strong>der</strong> Zeitpunktgekommen war, meine Arbeit aufzugeben. Ich konnte nicht mehr, das war <strong>der</strong>Gr<strong>und</strong>, warum ich unterschrieben habe. Nicht aus Angst etwa vor dem Ministero<strong>der</strong> vor irgendwelchen Konsequenzen, o<strong>der</strong> um irgend etwas zu verbergen, dasmuss ich hier noch betonen. Im Mai 1993 bekam ich d<strong>an</strong>n, nachdem ich schonlängst ausgeschieden war <strong>und</strong> mich im Vorruhest<strong>an</strong>d bef<strong>an</strong>d, von dem Ministereine neue Urk<strong>und</strong>e, in <strong>der</strong> er mir praktisch ein Berufsverbot für den ÖffentlichenDienst in Sachsen aussprach. Obwohl das überhaupt keine Bedeutung mehr fürmich hatte, habe ich trotzdem gegen diese Urk<strong>und</strong>e geklagt. Sie wissen ja selbst,das Sächsische Hochschulerneuerungsgesetz erlaubte nur bis 31. J<strong>an</strong>uar 1993 dieAusstellung dieser Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur <strong>an</strong> Hochschul<strong>an</strong>gehörige. Das war schon einVerstoß. Ich wusste nicht, warum mir so geschah. In dem Text st<strong>an</strong>d, ich k<strong>an</strong>n ihnin etwa zitieren: “Sie haben sich durch die große Anzahl ihrer politischen Funktionenfür das seinerzeitige SED–Regime exponiert <strong>und</strong> gegen die rechtstaatlicheOrdnung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d gekämpft.“ Das war das, was mir in<strong>der</strong> Urk<strong>und</strong>e mitgeteilt worden ist. Es ging wie folgt weiter: Da ich nicht wusste,welche Funktionen <strong>und</strong> Tätigkeiten dieser Feststellung zu Gr<strong>und</strong>e lagen, wurdedas mir später von Herrn Gilbert mitgeteilt. Er schrieb mir, ich sei Mitglied <strong>der</strong>Freien Deutschen Jugend gewesen <strong>und</strong> 1961-1964 Mitglied <strong>der</strong> FDJ-Leitung <strong>der</strong>Hochschule für Verkehrswesen. Das k<strong>an</strong>n ich bestätigen, denn ich habe damalsdort die gesamte Auslän<strong>der</strong>betreuung für die Studenten gemacht. Der zweite Gr<strong>und</strong>war: “Sie sind Mitglied <strong>der</strong> APO–Leitung 1) Schienenfahrzeugtechnik gewesen.“Das k<strong>an</strong>n ich auch bestätigen. Ich war in <strong>der</strong> APO <strong>der</strong> Beitragskassierer. Das sindalso die Fakten <strong>und</strong> die Kollegen, die hier sitzen, werden das auch bestätigen1)Leitung <strong>der</strong> Abteilungsorg<strong>an</strong>isation <strong>der</strong> SED67


können. Für mich ist unverständlich, wie m<strong>an</strong> auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieser Dinge,außerdem ohne Anhörung, eine solche Einschätzung von einem Ministerium erhaltenk<strong>an</strong>n. Hier f<strong>an</strong>d keine Gerichtsverh<strong>an</strong>dlung statt. Das Verwaltungsgericht<strong>Dresden</strong> hat die Urk<strong>und</strong>e, die m<strong>an</strong> mir ausgehändigt hat, ohne Verh<strong>an</strong>dlung aufgehoben.Nachdem das abgelaufen war, hat mich <strong>der</strong> Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät fürVerkehrswissenschaften, Professor Siegbert Liebig zu sich gebeten. Wir hatteneine längere Aussprache zu <strong>der</strong> Angelegenheit <strong>und</strong> haben vereinbart, dass wir dasg<strong>an</strong>ze begraben <strong>und</strong> in gegenseitigem Einvernehmen wie<strong>der</strong> eine normale Tätigkeit<strong>und</strong> Umg<strong>an</strong>g mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> aufnehmen. D<strong>an</strong>ach bin ich wie<strong>der</strong> in die wissenschaftlicheTätigkeit integriert worden, auch als Rentner <strong>der</strong> Fakultät, <strong>und</strong> wirpflegen einen g<strong>an</strong>z normalen Umg<strong>an</strong>g. Deshalb erfolgte auch die Einladung zudiesem heutigen Forum <strong>und</strong> ich möchte den Beteiligten noch einmal herzlichd<strong>an</strong>ken für diese Einladung. Denn in dieser Tiefe, wie sich alles abgespielt hat,war mir das bisher nicht klar. Ich habe alle Achtung vor denen, die sich damalseingesetzt haben, um diese g<strong>an</strong>ze Überprüfung ordnungsgemäß ablaufen zu lassen.Und ich konstatiere auch, dass Fehler möglich sind, aber wenn m<strong>an</strong> Fehlerbeg<strong>an</strong>gen hat, bin ich <strong>der</strong> Meinung, muss m<strong>an</strong> sie wie<strong>der</strong> ausbügeln. Und das, was<strong>der</strong> Minister hier vollzogen hat, ich will Ihnen nicht jedes einzelne Gesetz nennen,gegen welches hier verstoßen worden ist, k<strong>an</strong>n nach meiner Auffassung nichtrechtsstaatlich sein. Ich fühlte mich beh<strong>an</strong>delt wie einer, <strong>der</strong> ausgegrenzt war aus<strong>der</strong> Gesellschaft B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d. Nur das Gericht mit seiner Entscheidunghat mir das Gefühl gegeben: ich bin Bürger <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublikDeutschl<strong>an</strong>d. Dort konnte ich mich das erste Mal gegen diese Dinge verteidigen<strong>und</strong> ordnungsgemäß in einem Verfahren Stellung nehmen. Das hat mir dasSelbstbewusstsein zurückgegeben <strong>und</strong> dafür möchte ich vor allen Dingen demVerwaltungsgericht <strong>Dresden</strong> d<strong>an</strong>ken. Ich hätte es begrüßt, wenn auch aus <strong>der</strong>Sicht des Richters hier ein Beitrag gehalten worden wäre, <strong>der</strong> diese Dinge beleuchtethätte. Es ist nicht so, wie <strong>der</strong> Herr Minister sagte, dass das so ein kleinerFliegendreck war, den m<strong>an</strong> unter den Teppich kehren konnte. Diese Fragen hattendoch beträchtliche Dimensionen. Damit möchte ich meinen Beitrag beenden <strong>und</strong>Ihnen noch einmal d<strong>an</strong>ken.Lutz GilbertIch bin <strong>der</strong> gerade im Beitrag von Herrn Wende gen<strong>an</strong>nte Herr Gilbert. Ich will nur zweiErgänzungen vorbringen. Erstens die Aberkennung des Professorentitels ist auf einenVorschlag <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen erfolgt. Das ist, wenn Sie so wollen, keineEntscheidung, die wir im stillen Kämmerlein getroffen haben, son<strong>der</strong>n das ist uns von<strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen so vorgeschlagen worden. Und die zweite Ergänzung,die ich <strong>an</strong>bringen möchte, betrifft den Streit um den Bescheid, <strong>der</strong> zuletzt gen<strong>an</strong>ntworden ist. Er ist nicht durch ein Urteil, son<strong>der</strong>n durch einen Vergleich, dem beideSeiten zugestimmt haben, aus <strong>der</strong> Welt geschafft worden. D<strong>an</strong>ke schön!68


Professor Günther L<strong>an</strong>dgrafGestatten Sie, dass ich einige Worte zur Autonomie sage. Es ist ja bereits betontworden, dass die Universitäten Stellenpläne auch für die Professoren zugeteiltbekommen haben <strong>und</strong> dass wir d<strong>an</strong>n für die einzelnen Fakultäten die Stellenaufgeteilt haben <strong>und</strong> für jede Stelle ein Fachgebiet gen<strong>an</strong>nt haben. Diese Aufstellungging <strong>an</strong> das Ministerium <strong>und</strong> dort war die Hochschulstrukturkommissionfür den Minister beratend tätig <strong>und</strong> diese wie<strong>der</strong>um hatte natürlich Einwändegegen unsere Aufstellung. Aber <strong>der</strong> Herr Minister hat mir zweimal diese Einwändemitgeteilt <strong>und</strong> mir Gelegenheit gegeben, bzw. unserer Universität, zuwi<strong>der</strong>sprechen. Am Ende war es doch so, dass unsere Zielstellungen im Wesentlichendurchgesetzt werden konnten. Ich habe also im Allgemeinen sehrgute Kontakte mit dem Minister gehabt <strong>und</strong> keine Einschränkungen <strong>der</strong> Autonomiehinnehmen müssen, bis auf einen einzigen Fall, den ich aber auch nichtverschweigen möchte. Der Minister für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst ist ja von BerufSprachwissenschaftler <strong>und</strong> er hat gedacht, weil dem so ist, k<strong>an</strong>n er in diesemFall in unsere Bel<strong>an</strong>ge hinein regieren <strong>und</strong> er hat also vorgeschlagen, dass wirdie Sprachwissenschaften <strong>an</strong><strong>der</strong>s konzipieren sollten, als wir uns das dachten.Ich habe die Gelegenheit am 50. Geburtstag von Herrn Post wahrgenommen<strong>und</strong> habe dem Minister gesagt: “Wenn er glaubt, dass er m<strong>an</strong>che Dinge besserk<strong>an</strong>n als <strong>der</strong> Rektor, d<strong>an</strong>n soll er doch den Rektorposten übernehmen, ich würdeihn gern zur Verfügung stellen.“ Damit war die Sache erledigt <strong>und</strong> unsereVorschläge wurden akzeptiert <strong>und</strong> es gab d<strong>an</strong>n nie wie<strong>der</strong> irgendwelche Kontroversenin Bezug auf Autonomie.Professor Peter PauflerIch wollte noch etwas zur Frage <strong>der</strong> wissenschaftlichen Profilierung ergänzen.Herr Kollege Worch hat ja schon darauf hingewiesen, dass wir in den Ingenieurwissenschaften<strong>und</strong> den Naturwissenschaften schon vom Profil her immer dieVergleiche zum internationalen St<strong>an</strong>d hatten <strong>und</strong> deshalb eine gr<strong>und</strong>sätzlicheÄn<strong>der</strong>ung des Profils gar nicht notwendig war. Aber selbst wenn sie notwendiggewesen wäre, hätte sie gar nicht so einfach realisiert werden können, dennm<strong>an</strong> muss ja bedenken, dass die Stellen des Mittelbaus, <strong>der</strong> wissenschaftlichenMitarbeiter, sämtlich mit denen besetzt werden mussten, die vor Ort vorh<strong>an</strong>denwaren mit all ihren Erfahrungen <strong>und</strong> ihren Interessen, so dass also eineradikale Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitsrichtung ohne weiteres gar nicht realisierbargewesen wäre. Und zwar aus den Gründen, die Herr Post schon gen<strong>an</strong>nt hatte.Die Professoren, die d<strong>an</strong>n später von auswärts hierher berufen wurden, f<strong>an</strong>denMitarbeiter vor, die tatsächlich recht verschiedene Erfahrungen hatten <strong>und</strong>nicht immer in das ausgeschriebene Arbeitsfeld passten. Daraus ergaben sichd<strong>an</strong>n ohnehin noch eine Reihe von Beson<strong>der</strong>heiten. Aber das ist, glaube ich,noch ein wichtiger Fakt, dass die Möglichkeiten <strong>der</strong> Variabilität zu diesem69


Zeitpunkt gar nicht ohne weiteres gegeben waren, <strong>und</strong> dass erst jetzt in dem Maße,wie die älteren Kollegen ausscheiden, neue Freiheitsgrade bei <strong>der</strong> Ausgestaltung<strong>der</strong> Fachgebiete entstehen.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteIch hätte, bitte sehr, selber noch eine Abschlussfrage. Die Rolle des Studenten istnur von Professor L<strong>an</strong>dgraf <strong>an</strong>gesprochen worden. Mich w<strong>und</strong>ert es natürlich, vonaußen betrachtet, dass hier kein ehemaliger Student spricht, <strong>der</strong> diese Sache miterlebthat <strong>und</strong> vielleicht jetzt irgendwo etabliert ist. Also ist diese Reform, diese<strong>Erneuerung</strong> im Wesentlichen eine Sache gewesen von Verwaltung <strong>und</strong> von Professoren?O<strong>der</strong> wo waren hier bei <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> die Studenten?Professor H<strong>an</strong>s-Jürgen HardtkeIch weiß nicht, ob jetzt hier ein Student sitzt, d<strong>an</strong>n müsste er nach vorn kommen.Aus meiner Erfahrung heraus waren die Studenten natürlich beteiligt. Nicht <strong>an</strong> denentscheidenden Hebeln vielleicht, aber sie saßen ja immerhin in den Kommissionen,das ist ja vorhin auch schon gen<strong>an</strong>nt worden. Die Studenten, die in den Gremiensaßen, sind auch ordentlich gewählt worden. Insofern hatten sie volles Mitspracherecht.Sie waren auch in den Vollversammlungen präsent, sie waren auf <strong>der</strong>Straße mit dabei <strong>und</strong> sie haben auch Briefe <strong>an</strong> die Kommissionen geschrieben <strong>und</strong>sich für die <strong>Erneuerung</strong> eingesetzt. Ich habe noch einige solcher Briefe zu Hause. Inihrer g<strong>an</strong>z persönlichen Sicht schätzten Studenten die Hochschullehrer ein, in <strong>der</strong>einen o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Richtung. Die Rolle <strong>der</strong> Studenten ist nicht zu unterschätzen, dahaben wir bei <strong>der</strong> Vorberatung des heutigen Tages möglicherweise nicht dar<strong>an</strong>gedacht. Das k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> später vielleicht noch berücksichtigen.Professor Heinz DüsterhöftNur eine g<strong>an</strong>z kurze Bemerkung. Selbstverständlich waren die Studenten auchin den Personalkommissionen. Auch weiß ich, dass unsere Personalkommissioneine Reihe von Briefen von Studenten bekam, die sich d<strong>an</strong>n ausgelassenhaben über bestimmte Dinge, über Professoren, Mitarbeiter o<strong>der</strong> auch dieSektionsdirektoren. Insbeson<strong>der</strong>e über Leute, die bestimmte Entscheidungen,nachteilige Entscheidungen, getroffen haben. Als einem Sektionsdirektor durchdie Personalkommission persönliches Fehlverhalten zum Nachteil <strong>an</strong><strong>der</strong>ervorgeworfen wurde <strong>und</strong> er mit entsprechenden Dokumenten aus Archivenkonfrontiert wurde, sagte er zu seiner persönlichen Entschuldigung:“Bei einem<strong>an</strong><strong>der</strong>en Verhalten hätte ich meinen Posten nicht richtig ausfüllen können.“Und <strong>der</strong> Student <strong>an</strong>twortete d<strong>an</strong>n einfach nur: „Na <strong>und</strong>.“70


Teilnehmer am SymposiumDr. Gerhard BarkleitIch habe den Prozess <strong>der</strong> Hochschulerneuerung in Sachsen sehr aufmerksambegleitet, öffentlich begleitet, <strong>und</strong> ich möchte dem wi<strong>der</strong>sprechen, was hierals Eindruck aus <strong>der</strong> Universität heraus vermittelt wird. Die Studentenschaft<strong>an</strong> <strong>der</strong> Technischen Universität, ich glaube generell, in den nunmehr neuenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, hat keineswegs eine aktive Rolle gespielt. Für die Öffentlichkeitwar sie einfach nicht wahrnehmbar, zumindest in <strong>der</strong> Anf<strong>an</strong>gsphase dessen,was wir jetzt friedliche Revolution nennen.71


Prof. Dr. rer. nat. habil.Gerhard Geise* 2. J<strong>an</strong>uar 1930 in StendalDek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften(1991-1992)1951-1956 Mathematikstudium <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-UniversitätHalle-Wittenberg; 1956-1967 Assistent, Oberassistent bzw.wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geometrie <strong>der</strong>TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> bzw. am Institut für Mathematik <strong>der</strong> UniversitätRostock; 1967-1972 Doz. für Geometrie <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;1972 Berufung zum o. Prof. für Theoretische Mathematik/Geometrie<strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Mathematik; 1990-1991 Direktor<strong>der</strong> Sektion Mathematik (April bis Dezember 1990); 1991-1995 Leiter des Instituts für Geometie; 1991-1992 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong>Fakultät Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften; 1992-1995 Prof.für Geometrie/Differentialgeometrie <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Mathematik<strong>und</strong> Naturwissenschaften <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Als unser K<strong>an</strong>zler, Herr Post, im Februar dieses Jahres <strong>an</strong>fragte, ob ich, weil ichZeitzeuge sei, auf einem Symposium über Kontinuität <strong>und</strong> Diskontinuität beim <strong>personellen</strong>Neuaufbau vorzutragen mich bereit erklären würde, sagte ich g<strong>an</strong>z spont<strong>an</strong> zu.Diese Zeiten verdienen, in möglichst allen ihren Facetten dargestellt zu werden.In meiner Antwort <strong>an</strong> Herrn Post schrieb ich aber sogleich, für die Fakultät Mathematik<strong>und</strong> Naturwissenschaften (MN) habe die personelle <strong>Erneuerung</strong> konkret inihren Abteilungen stattgef<strong>und</strong>en, also in vormaligen Sektionen, heutigen Fachrichtungen.In je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Abteilungen Mathematik, Physik, Chemie <strong>und</strong> Lebensmittelchemie 1)sowie Psychologie 2) gab es Fachkommission, Personalkommission, Auswahlkommission<strong>und</strong> Auswahlgruppe, nicht aber in <strong>der</strong> Fakultät. Es müßten also eigentlichentsprechend differenzierte Darstellungen gegeben werden. Daher hatte ich die – imSprachgebrauch von heute – damaligen Prodek<strong>an</strong>e für Mathematik, für Physik, fürChemie <strong>und</strong> Lebensmittelchemie <strong>und</strong> für Psychologie von dem Symposium <strong>und</strong> seinemAnliegen informiert <strong>und</strong> zu erwägen gebeten, ob wichtige Konturen <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong>in <strong>der</strong> Diskussion aufgezeigt werden könnten.Es gibt eine Reihe von Darstellungen aus den damaligen Abteilungen. Dazu gehören:Eine Gesamtschau für die Abteilung Mathematik für die Zeit J<strong>an</strong>uar 91 bisJ<strong>an</strong>uar 93 von Professor Dr. Winfried Schirotzek. Von Frau Dr. Storm liegt einBericht über die Arbeit <strong>der</strong> Auswahlkommission Mathematik vor, <strong>der</strong>en Aktivzeitvon Februar/ März 1992 bis November 1992 reichte. Eine Zusammenfassung über1)Gehören seit jeher zur Fakultät MN.2)Bezüglich <strong>der</strong> Psychologie wird auf die Ausführungen von Prof. Dr. Peter Offerm<strong>an</strong>n in diesem B<strong>an</strong>deverwiesen. Bei Gelegenheit <strong>der</strong> Wahl des Fakultätsrates Anf<strong>an</strong>g 1991 kam die Abt. Psychologie zurFakultät.Die Mitte 1991 eingeleiteten Bemühungen um eine Wie<strong>der</strong>einrichtung <strong>der</strong> Biologie wurden Ende 1992durch das Einsetzen einer Gründungskommission für die Abteilung bzw. Fachrichtung Biologie gekrönt.72


die Entwicklung in <strong>der</strong> Chemie <strong>und</strong> Lebensmittelchemie von Professor Dr. GünterDomschke. Ferner gibt es Arbeitsberichte <strong>an</strong>lässlich <strong>der</strong> Dek<strong>an</strong>swahlen Februar1990, Juni 1991 <strong>und</strong> November 1992.Die Spont<strong>an</strong>ität <strong>der</strong> Zusage <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aspekt „Zeitzeuge“ haben mich in einige Verlegenheitgebracht. So soll es eing<strong>an</strong>gs um die Zeitzeugenproblematik gehen. Unddas, obwohl hierüber von kompetenten Leuten <strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Stellen sehr viel besserschon geschrieben worden ist. Und d<strong>an</strong>n soll es etwas konkreter werden.Bleibt noch vorauszuschicken, dass meine Betrachtungen die Zeit 1989/90, 1991<strong>und</strong> 1992 betreffen: In dieser Zeit „übte“ ich erst das Amt des letzten Direktors <strong>der</strong>Sektion Mathematik von April bis Dezember 1990. Der Sektionsdirektorwechselam 29. März 1990 dürfte übrigens zu den ersten Amtsh<strong>an</strong>dlungen von MagnifizenzL<strong>an</strong>dgraf gehört haben! Und d<strong>an</strong>n „übte“ ich das Amt des Dek<strong>an</strong>s <strong>der</strong> Fakultät MNvon Juni 1991 bis November 1992.Nachfolger im Dek<strong>an</strong>samt war Professor Dr. Achim Mehlhorn (Dezember 1992bis April 1994). Das ist <strong>an</strong> sich schon wichtig, vor allem aber deswegen, weil indiese Zeit die endgültigen Entscheidungen über die Struktur <strong>und</strong> die Ordnung <strong>der</strong>Fakultät fallen. Und dazu gehört für mich die folgende Episode: Ein in dieser Zeitaus einem alten B<strong>und</strong>esl<strong>an</strong>d <strong>an</strong> unsere Fakultät berufener Kollege hatte die Fakultätsordnungstudiert <strong>und</strong> sagte zu mir: „Aber die ist ja konsensorientiert!“ Da gab esnun auch auf meiner Seite Verw<strong>und</strong>erung! Es offenbarte sich, dass irgendwie, nichtunbewusst, etwas vom Geist des Herbstes 89 geblieben war. Im übrigen fallen indiese <strong>und</strong> die nachfolgenden Amtsperioden die aufwendigen Rechtsstreitigkeiten,über die ich nicht zu berichten habe.Berichtsfähige ZeitzeugenLei<strong>der</strong> weiß ich nicht, von wem das bedenkenswerte Wort stammt: „Allmächtigerals <strong>der</strong> liebe Gott ist <strong>der</strong> Historiker: er k<strong>an</strong>n die Verg<strong>an</strong>genheit än<strong>der</strong>n!“ Demleisten, so scheint es, nicht wenige Journalisten Vor- <strong>und</strong> Anschub. Wenn dem so<strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> so sein sollte, d<strong>an</strong>n würden die Historiker ja auch Einfluss aufdie Zukunft nehmen. Von wem ist das gewollt?Die Zeit Herbst 89, die Zeit davor <strong>und</strong> d<strong>an</strong>ach zu beschreiben muss nun zwarHistorikern überlassen bleiben. Bei unserem Thema sind sie möglicherweise nurentferntere, um nicht zu sagen unechte Zeitzeugen. So wird wohl je<strong>der</strong> Historikernicht ohne echte Zeitzeugen auskommen wollen.Nun ist ja je<strong>der</strong> Mensch Zeuge seiner Zeitgeschichte. Es steht geschrieben, dassHerodot bereits Zeitzeugen befragte. Er hat ja, auch zu diesem Zweck, große Reisenunternommen, um Material für seine „Historien“ zu sammeln. Große Reisen sind hiernicht nötig. Wie aber kommen von Zeitzeugen gültige historische Berichte?Zu Zeitzeugenzeugnissen gehören sicherlich Autobiographien, Briefwechsel, Interviews,mündliche wie schriftliche Berichte, Tonb<strong>an</strong>dprotokolle <strong>und</strong> verw<strong>an</strong>dte73


Produkte wie etwa Dokumentationen 3) . Mit Blick auf unser Thema führe ich – völligwillkürlich <strong>und</strong> zufällig – einige <strong>an</strong>:•Bericht von Professor H<strong>an</strong>s Maier/München in <strong>der</strong> FAZ vom 17.9.93: „Mitein<strong>an</strong><strong>der</strong>reden, aufein<strong>an</strong><strong>der</strong> hören – Erfahrungen aus <strong>der</strong> Sächsischen Hochschulkommission“,•Beiträge aus „Forschung <strong>und</strong> Lehre“, <strong>der</strong> Zeitschrift des Deutschen Hochschulverb<strong>an</strong>des,•Beiträge des „Dresdner Universitätsjournals“ <strong>und</strong> seiner Vorläufer. Speziell seiaus <strong>der</strong> Ausgabe 18/99 <strong>der</strong> Aufsatz „Doch die Stimme des Geistes schwieg zunächst“gen<strong>an</strong>nt. Darin berichten die Kollegen Professor Kobe <strong>und</strong> Dr. P. Müller(beide Physik) über die „Initiative für die Umgestaltung <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität“ aus<strong>der</strong> Zeit November 1989 bis 1992, <strong>und</strong> sie werfen dabei auch einen Blick aufLAMS, den „L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d des akademischen Mittelbaus Sachsen“,•Reden, Aufsätze <strong>und</strong> Pressebeiträge zur Hochschul- u. Wissenschaftspolitik vonH. J. Meyer „Erneuern <strong>und</strong> Bewahren“ [Teil I: 1990-93, II: 1994-96].Beson<strong>der</strong>s wichtig aber ist mir die•Schrift zum Festkolloquium „50 Jahre Fakultät Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften“am 24. November 1999, insbeson<strong>der</strong>e mit den Beiträgen <strong>der</strong> ZeitzeugenProf. (em.) Dr. Dr. h. c. Paul Heinz Müller <strong>und</strong> Prof. Dr. Hartwig Freiesleben.4)Es ist klar, dass es Zeitzeugenberichte zu unserem Thema nahezu massenhaft gibt –erwähnt werden sie deswegen, weil nach ihrem Einfluss auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e Zeitzeugen zufragen ist. Nicht wenige Formulierungen mögen einem als beson<strong>der</strong>s zutreffendo<strong>der</strong> prägn<strong>an</strong>t gefallen, so m<strong>an</strong>ches Ereignis wird beschrieben, das einem gar nichto<strong>der</strong> nicht mehr o<strong>der</strong> nach Verlauf <strong>und</strong> Bedeutung in <strong>an</strong><strong>der</strong>er Erinnerung ist, auchwird m<strong>an</strong> seine eigene Meinung bestätigt o<strong>der</strong> modifiziert wie<strong>der</strong> finden o<strong>der</strong>dagegen zu setzen haben.Überhaupt wird die heutige Sicht m<strong>an</strong>che <strong>der</strong> damaligen Ereignisse <strong>an</strong><strong>der</strong>s zeigen,<strong>an</strong><strong>der</strong>s werten, <strong>an</strong><strong>der</strong>s empfinden lassen als damals. Und das geschieht durchausohne Verklärungswillen o<strong>der</strong> Vergessensbereitschaft. Dabei ist die Erfahrungzu bedenken, die <strong>der</strong> Spruch „Die Zeit eilt <strong>und</strong> heilt“ ausdrückt. Es gibt Zeitzeu-3)z.B. Petra Gruner (Hrsg.): Angepaßt o<strong>der</strong> mündig? Briefe <strong>an</strong> Christa Wolf im Herbst 1989, Luchterh<strong>an</strong>dLiteraturverlag, Fr<strong>an</strong>kfurt am Main, 1990.Eckhard Bahr: Sieben Tage im Oktober – Aufbruch in <strong>Dresden</strong>, Forum Verlag Leipzig, 1990.Stef<strong>an</strong> Wolle: Die heile Welt <strong>der</strong> Diktatur – Alltag <strong>und</strong> Herrschaft in <strong>der</strong> DDR 1971-1989. Econ&ListTaschenbuch Verlag, Berlin, 1998.H<strong>an</strong>nes Bahrm<strong>an</strong>n; Christoph Links: Chronik <strong>der</strong> Wende – Die Ereignisse in <strong>der</strong> DDR zwischen 7.Oktober 1989 <strong>und</strong> 18. März 1990. Ch. Links Verlag, Berlin, 1999.74


gen, die diese <strong>an</strong> sich lebensfähig machende Wirkung ablaufen<strong>der</strong> Zeit aus verständlichemGr<strong>und</strong>e immer wie<strong>der</strong> aufzuheben trachten. Mit Blick auf den Generationenwechselsollte m<strong>an</strong> eine W<strong>und</strong>e schon heilen lassen. Ihre Narbe ist dochauch geeignet, um Erinnerung zu pflegen. Wenn Schulklassen durch Gedenkstätten,Filme <strong>und</strong> Literatur, Teile <strong>der</strong> Geschichte zu lernen o<strong>der</strong> kennenzulernenver<strong>an</strong>lasst werden (sollen), die Geschichte können sie auf diese Weise doch nichterfahren. Tun das die Inhaber staatlicher, wirtschaftlicher o<strong>der</strong> militärischer Machtauch? Und sollten sie d<strong>an</strong>k ihrer exponierten Stellung das Mahnende aus diesenErinnerungen nicht in viel höherem Maß verinnerlichen <strong>und</strong> beherzigen? Kurzumdie St<strong>an</strong>dardfrage: Gibt es Lehren aus <strong>der</strong> Geschichte, <strong>und</strong> wenn „Ja“, in welchemMaße <strong>und</strong> wie könnten sie beherzigt werden? O<strong>der</strong>: Wozu ist dieses Symposiumgut?Nun, jedes Mitglied einer Großelternschaft weiß, dass Erfahrung bzw. aus Erfahrunggewonnene Erkenntnis nicht o<strong>der</strong> in nur sehr beschränktem Maße gelehrtwerden k<strong>an</strong>n.Zeitzeugen-KompetenzMeine spont<strong>an</strong> gegebene Zusage hatte schnell eine Reihe von Bedenken zur Folge.Ich dachte <strong>an</strong> das, was Herm<strong>an</strong>n Hesse im Glasperlenspiel schreibt 5) :„[…] Freilich wissen wir ja das Verborgene nicht <strong>und</strong> wollen nicht vergessen,dass Geschichte schreiben, auch wenn es noch so nüchtern <strong>und</strong> mit noch sogutem Willen zur Sachlichkeit get<strong>an</strong> wird, immer Dichtung bleibt <strong>und</strong> ihre dritteDimension die Fiktion ist. […]“Später lässt Herm<strong>an</strong>n Hesse seinen Pater Jakobus dem Josef Knecht – neben vielem<strong>an</strong><strong>der</strong>en – Folgendes sagen 6) :„[…] Geschichte treiben, mein Lieber, ist kein Spaß <strong>und</strong> kein ver<strong>an</strong>twortungslosesSpiel. Geschichte treiben setzt das Wissen darum voraus, daß m<strong>an</strong> damit etwasUnmögliches <strong>und</strong> dennoch Notwendiges <strong>und</strong> höchst Wichtiges <strong>an</strong>strebt. Geschichte4)Dort werden naturgemäß auch die <strong>strukturellen</strong> W<strong>an</strong>dlungen umrissen. Dem Herausbilden <strong>der</strong> heutigenStruktur <strong>der</strong> Fakultät MN ist wohl doch för<strong>der</strong>lich gewesen, dass sie eine historisch-traditionelleGlie<strong>der</strong>ung in Abteilungen besessen hat. Diese hat sich nach dem Herbst ´89 auch über die Zeit erhalten,da die Abteilungen (vormalige Sektionen) <strong>an</strong>strebten, Fachbereiche im Sinne des Hochschulrahmengesetzes(HRG) zu werden. Dem aber st<strong>an</strong>d d<strong>an</strong>n insbeson<strong>der</strong>e entgegen, dass das Sächsische Hochschulgesetz(SHG) von 1993 für eine Universität höchstens 15 Fakultäten zulässt. Da bieten die §§ 106, 107SHG die Möglichkeit, eine Fakultät mit mehreren Fachrichtungen wie in Fakultäten geglie<strong>der</strong>t zubilden. So ist die Fakultät MN zu einem Rahmen gestaltet worden, innerhalb dessen die FachrichtungenMathematik, Physik, Chemie <strong>und</strong> Lebensmittelchemie, Psychologie <strong>und</strong> Biologie wie Fakultätenagieren, <strong>und</strong> das – entgegen so m<strong>an</strong>cher Voraussicht! – auf eine mitteilenswert funktionstüchtige Weise.5)Herm<strong>an</strong>n Hesse: Das Glasperlenspiel, Aufbau-Verlag, Berlin/ Weimar 1977, S. 49.6)a. a. O. S. 181.75


treiben heißt: sich dem Chaos überlassen <strong>und</strong> dennoch den Glauben <strong>an</strong> die Ordnung<strong>und</strong> den Sinn bewahren. Es ist eine sehr ernste Aufgabe, [...], <strong>und</strong> vielleicht einetragische. […]“Je mehr Zeit in diesem Jahr verstrich – übrigens: reichlich ausgefüllte Zeit! – , um somehr fühlte ich mich immer weniger kompetent, dem Anliegen des Symposiumsgewachsen zu sein.Mein Zeitzeugendasein hatte noch <strong>an</strong><strong>der</strong>e Schwierigkeiten. Das Suchen nach <strong>und</strong> inalten Terminkalen<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Aufzeichnungen offenbarte <strong>der</strong>en Unvollständigkeit. Zumeinen gab es viele dieser Papiere nicht mehr. Vor Jahren, zum Ende meiner Dienstzeit,waren sie aus unterschiedlichsten Gründen als künftig, gr<strong>und</strong>sätzlich o<strong>der</strong>großenteils nicht interess<strong>an</strong>t entsorgt worden. Das geschah lei<strong>der</strong> auch mit etlichenBriefwechseln. Und vieles ist ja auch gar nicht notiert worden. Denn es h<strong>an</strong>deltsich um eine Zeit, für die ein Charakteristikum unter vielen gewesen ist: Oftmalsden dritten Schritt vor dem ersten tun zu müssen, gelegentlich auch zu wollen. Soergab sich notwendig das fragwürdig-empfehlenswerte Lesen von Protokollen.Diese Schriftstücke aus o<strong>der</strong> zu Beratungen, die die Sektionsdirektoren o<strong>der</strong> Dek<strong>an</strong>egeführt haben, von Sitzungen <strong>der</strong> Sektionsräte <strong>und</strong> des Fakultätsrats sowie <strong>der</strong>Räte <strong>der</strong> Abteilungen aus den drei Zeitabschnitten „Vor-Herbst-89“, „Herbst-89“<strong>und</strong> „Nach-Herbst-89“ haben mir g<strong>an</strong>z deutlich gemacht: Zu einem großen Teilsind sie ohne Zeitzeugen überhaupt nicht verständlich! M<strong>an</strong> möchte wirklich sichersein, dass sich Historiker ohnehin hüten, papierene Aussagen als alleinigeQuellen <strong>und</strong> als historisch bare Münzen zu nehmen. Noch leben ja Zeitzeugen.Ziele des UmbruchsDer Ausg<strong>an</strong>gspunkt <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> ist zweigeteilt. Da ist einerseits die Situation,die während <strong>der</strong> Implosion des real existierenden Sozialismus in <strong>der</strong> DDR („Ruinenschaffen ohne Waffen“ usw.) entst<strong>an</strong>d, <strong>und</strong> zwar (wie m<strong>an</strong> heute wohl sagt:) innachhaltig ideologischer <strong>und</strong> in nachhaltig wirtschaftlicher Hinsicht. Hieraus bestimmtensich <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits die Ziele des Umbruchs im Herbst 89 <strong>und</strong> wie sie inbasisdemokratischen Aktionen, die zum Herbst 89 <strong>und</strong> zum Jahr 1990 gehören,verwirklicht wurden: Das Beseitigen aller mit <strong>der</strong> SED-Herrschaft verb<strong>und</strong>enenEinschränkungen <strong>und</strong> die demokratische <strong>Erneuerung</strong>. Das ist ein <strong>der</strong> Zeit nachkurzer, aber kein einfacher, daher in <strong>der</strong> Tat revolutionärer Prozeß gewesen. Fürdie Hochschulen galt 7) : Die basisdemokratischen Initiativen kamen vorwiegend ausdem Mittelbau, weniger aus <strong>der</strong> Professorenschaft. Um ein Wort eines Kollegen zugebrauchen: Das „Demokratiepotential“ ist dort nicht sehr groß gewesen. Um soschmerzlicher war <strong>und</strong> ist es, dass gerade <strong>der</strong> Mittelbau in <strong>der</strong> Folgezeit vielefachlich kompetente <strong>und</strong> integere Kollegen verlieren musste o<strong>der</strong> dass für eine7)Vergl. Fußnote 3.76


unbefristete Stelle eine nun befristete o<strong>der</strong> nicht einmal eine g<strong>an</strong>ze Stellezur Verfügung st<strong>an</strong>d. Einige wenige Zahlen:An <strong>TU</strong> <strong>und</strong> PH zusammen gab es in <strong>der</strong> Mathematik <strong>an</strong> wissenschaftlichenMitarbeiternAnf<strong>an</strong>g 1991: 145<strong>und</strong> durch Abgänge aus unterschiedlichsten Gründen imSeptember 1992: 115.Denen st<strong>an</strong>den im genehmigten Stellenpl<strong>an</strong> vom März 1992 g<strong>an</strong>ze 47 Haushaltstellengegenüber, das sind 32% bzw. 41% <strong>der</strong> „besitzständigen“ Stelleninhaber.Tatsächlich gab es Ende Juli 1992 d<strong>an</strong>n 152 Bewerber (31%) mitinsgesamt 580 Bewerbungen! Die Auswahlkommission nahm sich über dieihr auferlegten Aufgaben hinaus in eine solidarische Pflicht. Sie brachte dieIdee <strong>der</strong> Stellensplittung hervor. Sie konnte in nur kleinem Umf<strong>an</strong>ge realisiertwerden. Darüber k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> im Nachhinein nur insoweit froh sein, alsjene Kollegen, die sich später „einklagen“ konnten, ihre g<strong>an</strong>ze Stelle <strong>und</strong> zualten Konditionen erhielten. Freilich, es war uns schon bek<strong>an</strong>nt, dass öffentlicheStellen durch Besitzst<strong>an</strong>dsrechte stark geschützt waren, <strong>an</strong><strong>der</strong>s alsStellen in <strong>der</strong> freien Wirtschaft. Ein als Kopie kursieren<strong>der</strong> so gen<strong>an</strong>nter„H<strong>an</strong>au-Artikel“ 8) , <strong>der</strong> das allgemeine Arbeitsrecht <strong>und</strong> die Son<strong>der</strong>regelungdes Einigungsvertrages für den öffentlichen Dienst beh<strong>an</strong>delte, ist da ein lehrreicherrechtsstaatlicher Exkurs gewesen. Es durfte nicht leicht genommen werden, in <strong>der</strong>zur Verfügung stehenden Zeit durch eine Fachkommission ein negatives Votumüber einen Mitarbeiter/ eine Mitarbeiterin beizubringen [dass er/sie nicht über diefür seine/ihre Aufgaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfor<strong>der</strong>liche Kompetenz<strong>und</strong> persönliche Eignung verfüge], welches bis zu arbeitsrechtlichen Konsequenzenhätte führen können.Dagegen probierten bestimmte Genossen Professoren eine Reihe von Winkelzügen,um ihr Dasein <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität zu sichern. Das jedoch konnte abgewehrtwerden.Über Kompetenzen <strong>und</strong> WirkungsräumeEs ist über die Aktions- o<strong>der</strong> Spielräume nachzudenken, die den Herbst-89ern <strong>an</strong>den Hochschulen überhaupt zur Verfügung gest<strong>an</strong>den haben. Da müssten nun die(in Sachsen) wirksamen integrierenden Best<strong>an</strong>dteile demokratischen H<strong>an</strong>delns8)Möglicherweise war das <strong>der</strong> Aufsatz Peter H<strong>an</strong>au: Arbeitsrechtliche Alternativen [...] im Beitrittsgebiet.Mitteilungen des Dt. Hochschulverb<strong>an</strong>des 4/92, S. 272-275. Hilfreich ist auch ein vom DeutschenHochschulverb<strong>an</strong>d herausgegebenes, von Dr. G. Dorff <strong>und</strong> Dr. M. Hartmer verfasstes einschlägiges„Merkblatt“ gewesen.77


aufgezählt werden. Da dies in vor<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>genen Vorträgen in modifizierter Weiseschon geschehen ist, werde es hier ausgelassen. Kurz:Die gewollten <strong>und</strong> die ungewollten Grenzen unserer Spielräume mussten ersterk<strong>an</strong>nt werden. Da mussten wir einiges lernen <strong>und</strong> kennenlernen! Es sei nur <strong>an</strong>die Berechnung <strong>und</strong> die Bedeutung von Currikularnormwerten erinnert, o<strong>der</strong>dass „M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Bedarf“ tatsächlich „M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> (Haushalt)Stellen“ ist. O<strong>der</strong> dieFrage, wie sich Autonomie von Universitäten gestaltet, o<strong>der</strong> wie sich Vergleichbarkeit<strong>der</strong> Universitäten herstellen lässt, etwa um einen Hochschulwechsel zuermöglichen, <strong>der</strong> ein uns bisl<strong>an</strong>g unbek<strong>an</strong>ntes Vordiplom verl<strong>an</strong>gte.Vielfältige uneigennützige Hilfe wurde durch Fachkollegen von jenseits <strong>der</strong> Mauergeleistet. Gr<strong>und</strong>lage hierfür waren die Verbindungen zu ihnen, soweit es gelingenkonnte, solche vor dem Fall <strong>der</strong> Mauer herzustellen <strong>und</strong> es möglich gewesenist, sie d<strong>an</strong>ach auszubauen o<strong>der</strong> weiterzuvermitteln. Dem war das Endlich-Reisen-Können,das Endlich-Besuchen von Tagungen <strong>und</strong> Fachbereichen speziell inWestdeutschl<strong>an</strong>d sehr dienlich. Viele dieser Kollegen waren wesentlich in denverschiedenen staatlichen <strong>und</strong> akademischen Gremien tätig. Beson<strong>der</strong>s darf ichausnahmslos all die Fachkollegen erwähnen, die in den Berufungskommissionenmitwirkten. Schon die Kommission, die für unsere Fakultät über die verkürztenBerufungen Entscheidungen vorzuschlagen hatte 9) , hatte in dem Rektor <strong>der</strong> UniversitätKarlsruhe einen souveränen <strong>und</strong> verblüffend sachk<strong>und</strong>igen Vorsitzenden.Obwohl ich gar nicht am Tag <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Berufungskommission,einem „heißen“ Sonnabend im Mai 1992, dabei gewesen bin, weiß ich es vonZeitzeugen. Weiter sind alle hiesigen <strong>und</strong> auswärtigen Nichtbeamten <strong>und</strong> Beamtenzu erwähnen, welche mit dem Aufbau <strong>der</strong> staatlichen Hochschulverwaltungenbeauflagt o<strong>der</strong> willig waren, sich diesem zu stellen. Dabei hatte sich, wieHerr Post weiß, sehr schnell meine Meinung gebildet: Die Wessis setzen sichzusammen aus eben solchen <strong>und</strong> jenen, die diesen Namen nicht verdienen <strong>und</strong>Letztere sind in <strong>der</strong> Mehrzahl. Ihnen sei auch <strong>an</strong> dieser Stelle D<strong>an</strong>k gesagt. Übrigens:Es ist auch neue Technik sehr för<strong>der</strong>lich gewesen – ich denke vor allem <strong>an</strong>unser erstes Faxgerät!Eine Gr<strong>und</strong>haltung <strong>der</strong> Herbst-89erUnser H<strong>an</strong>deln basierte auf den Zielen des Herbstes 89. Aber es konnte auch imHochschulwesen nur im Rahmen <strong>der</strong> Bedingungen o<strong>der</strong> Grenzen geh<strong>an</strong>delt werden,die durch den Einigungsvertrag verbindlich geworden waren. Die Freiräume,die sich uns öffneten, <strong>und</strong> die sich uns eröffnenden Gesetzlichkeiten, gelegentlich alsfremdbestimmt empf<strong>und</strong>en, mussten erst nach <strong>und</strong> nach zu vernünftigen <strong>und</strong> ak-9)Es ging um „wi<strong>der</strong>rufliche Beauftragungen mit <strong>der</strong> Wahrnehmung eines Professorenamtes neuen Rechts.“Später konnten im Rahmen <strong>der</strong> Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen <strong>und</strong> RehabilitierungenBerufungen zum „apl. Professor als Professor neuen Rechts gleichgestellt“ erfolgen.78


zeptablen Regelungen ausgebaut werden. Insgesamt ein zweischneidiges Verfahren.Kaum hatten wir vielstimmig vorgeworfen bekommen, wir hätten uns viel zusehr dem SED-Regime <strong>an</strong>gepasst gehabt, schon hatten wir neues Anpassen zu üben<strong>und</strong> wurden gescholten, es nicht richtig zu können. Aber Anpassen unterliegt wohldoch einer mehrwertigen Logik.Die basisdemokratisch herbeigeführten freien Wahlen <strong>der</strong> Hochschulgremien, died<strong>an</strong>n über neue (ich sage mal kurz:) HRG-gerechte Hochschulgesetzlichkeiten freiabstimmten, zeitigten Verbindlichkeiten, die weiterem basisdemokratischem Mitwirkenden Boden entzogen. Bald, nachdem neue Fakultäts- <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e Ordnungenin Kraft gesetzt worden waren, erschienen sie uns wie festgeklopft <strong>und</strong> zu wenigRaum lassend. Im Nachhinein sahen wir, einerseits, wie die Befürchtung, denkbareSituationen könnten tatsächlich eintreten <strong>und</strong> vielleicht selbstsüchtig ausgenutztwerden, diese Enge erzeugt hatte (wozu es noch mehr zu sagen gäbe). An<strong>der</strong>erseitsist es natürlich so, dass zu einer freien Entscheidung – wie zu einer unfreien! – auch<strong>der</strong>en Folgen gehören.Die Gr<strong>und</strong>haltung unseres Tuns jedoch war: Eingedenk <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen nach Freiheit10) <strong>und</strong> Toler<strong>an</strong>z <strong>und</strong> zusammen mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung „Keine Gewalt!“ konnte esd<strong>an</strong>ach nicht darum gehen, Rache zu üben o<strong>der</strong> einer neuen Orthodoxie des Denkenszu verfallen. Allerdings war unabdingbar, die Strukturen des SED-Regimesunwirksam zu machen, die Inhaber <strong>der</strong> ehemaligen Macht zu entthronen, gegebenenfallsauch aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen <strong>und</strong>, wenn ihre MachtausübungBenachteiligungen <strong>und</strong> Diffamierungen von Menschen zur Folge hatte, siedafür ver<strong>an</strong>twortlich zu machen. Es sind doch nicht die informellen Mitarbeiter <strong>der</strong>Stasi die eigentlichen Inhaber <strong>der</strong> SED-Macht gewesen! M<strong>an</strong> erinnere sich, dass Schuldirektoren,Rektoren <strong>und</strong> Sektionsdirektoren als „Einzelleiter“ eingesetzt waren, welcherParteisekretär ihnen auch „beigegeben“ wurde.Über das GutmachenIm März des Jahres 1990 rief <strong>der</strong> frisch gewählte Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, MagnifizenzGünther L<strong>an</strong>dgraf, die Fakultäten auf, Fälle von Benachteiligungen durch das SED-Regime zu benennen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Rehabilitierung in Angriff zu nehmen. Die erwähntenBerichte bei Dek<strong>an</strong>swahlen gehen insbeson<strong>der</strong>e auch darauf ein, wie die Fakultät durchRehabilitierungen zur Aufarbeitung <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit beigetragen hat.In <strong>der</strong> Abteilung Mathematik wurde dabei nicht nur <strong>an</strong> Wissenschaftler gedacht, denenaus welt<strong>an</strong>schaulichen, ideologischen, ka<strong>der</strong>politischen o<strong>der</strong> ähnlichen Gründen in <strong>der</strong>Verg<strong>an</strong>genheit eine Laufbahn als Wissenschaftler (schlechthin <strong>und</strong> speziell <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong>)versagt blieb. Auch g<strong>an</strong>ze Generationen von Studenten, die vor dem Herbst 89 die <strong>TU</strong>absolviert hatten, waren von <strong>der</strong>artigen Behin<strong>der</strong>ungen betroffen. Dass nichtkonfor-10)Eigentlich müsste ausgeführt werden: Freiheit wovon? Freiheit wofür?79


mes Verhalten – vielleicht fehlende FDJ-Mitgliedschaft, Verweigerung <strong>der</strong> ROA-Unterschrift,das Tragen des Friedensemblems „Schwerter zu Pflugscharen“ u. ä. – Benachteiligungennach sich zog, dürfte noch in Erinnerung sein. Aber wen konkret betraf es?Die Spuren hatten sich meistens verloren, <strong>und</strong> nur wenige, beson<strong>der</strong>s schlimme Fällewaren älteren Kollegen, also Zeitzeugen, noch in Erinnerung. Beweise sind aber auchhier nur schwierig zu erbringen!Anh<strong>an</strong>d <strong>der</strong> im <strong>TU</strong>-Archiv vorh<strong>an</strong>denen studentischen Prüfungsakten ermittelten zweiKollegen bei den letzten etwa 20 Jahrgängen von Mathematik-Studierenden die Leistungsspitzen<strong>und</strong> erk<strong>und</strong>eten, wer von diesen fachlich beson<strong>der</strong>s starken Absolventenwe<strong>der</strong> als Forschungsstudent noch als Assistent <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> geblieben ist. Auffälligerweisegab es Jahrgänge, von denen die gesamte Leistungsspitze die <strong>TU</strong> verließ, während die„zweite Garnitur“ in großer Breite etabliert wurde. Meiner Erinnerung nach kam jedochnur einmal eine Gutmachungsbemühung zust<strong>an</strong>de; sie best<strong>an</strong>d aus einer befristetenAnstellung über zwei Jahre, die eine Weiterbildung umschloss. Der Gr<strong>und</strong> ist, dassgr<strong>und</strong>sätzlich ein <strong>an</strong><strong>der</strong>er, unter Umständen ausbildungsferner Berufsweg gef<strong>und</strong>en wurde.War er durch Wegfall des Arbeitsplatzes gerade abgebrochen, so gab das verständlicheFrustration.Nun ist es sicherlich richtig, sich gegen die Folgen verhin<strong>der</strong>ten Schul- o<strong>der</strong> Hochschulbesuchs<strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>ter ausbildungsgerechter Berufsausübung zu wehren. Aber dasgeht damit einher, dass m<strong>an</strong> jedem <strong>der</strong> so betroffenen die Anstellung <strong>an</strong> einer Einrichtungzugest<strong>an</strong>den haben möchte, <strong>an</strong> <strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e Ausprägung von führen<strong>der</strong>Rolle <strong>der</strong> SED geherrscht hat. Da nun aber wohl stets Tätigkeit (ausbildungsfern o<strong>der</strong>sogar ausbildungsgerecht) <strong>an</strong> einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Stelle ausgeübt werden konnte, ergibt sichdie Frage: Von welcher Güte ist dort <strong>der</strong> SED-Einfluss gewesen? Der fachlich hervorragendeHochschulabsolvent als „Stabilisator des Systems“, das ist ein spätestens vonFriedrich Schorlemmer <strong>an</strong>gesprochenes Thema 11) .Zum SchlussIn <strong>der</strong> Fakultät ist wie im Senat heftig, mit hoher Intensität <strong>und</strong> mit großem Ver<strong>an</strong>twortungsbewusstseinum eine demokratische, personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong>gestritten worden. Die Fakultät MN wurde wie<strong>der</strong> zu einer Leitungsebene <strong>der</strong>akademischen Selbstverwaltung 12) . Sie ist, die §§ 106, 107 SHG ausschöpfend, inFachrichtungen geglie<strong>der</strong>t. Jede Fachrichtung hat als „Rat <strong>der</strong> Fachrichtung“ eineFachkommission, die nach § 106 SHG eine Kommission <strong>der</strong> Fakultät ist. Der Sprechereiner Fachkommission ist <strong>der</strong> Prodek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fachrichtung.11)Friedrich Schorlemmer: Ich habe die DDR stabilisiert – Zum Tag <strong>der</strong> (erloschenen) Republik. WOCHEN-POST / Nr. 41 / 7. Oktober 1993; S. 12.12)Vergl. Fußnote 4.80


Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. E. h.Rolf Schönfeld* 27. Juni 1934 in ChemnitzProdek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik (1991-1994)1952-1958 Studium <strong>der</strong> Elektrotechnik <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1957-1963Assistent bzw. Oberassistent am Institut für elektrische Maschinen <strong>und</strong>Antriebe <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1963-1966 Entwicklungsingenieur imForschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus Karl-Marx-Stadt <strong>und</strong>im VEB Elektroprojekt <strong>und</strong> Anlagenbau Berlin; 1966-1968 Dozent fürElektrische Antriebe <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1969 Berufung zum ordentlichenProfessor für Elektrotechnik/Automatisierte Antriebe <strong>an</strong> <strong>der</strong>Sektion Elektrotechnik <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1968-1971 Stellvertreten<strong>der</strong>Direktor <strong>der</strong> Sektion Elektrotechnik für Forschung; 1991-1994 Prodek<strong>an</strong><strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992 Berufungzum Prof. neuen Rechts für Elektrotechnik/Automatisierte Antriebe amElektrotechnischen Institut <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992–1998 Geschäftsführen<strong>der</strong>Leiter des Elektrotechnischen Institutes <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;1995 Dr. E. h. <strong>der</strong> Staatlichen Technischen Universität St. PetersburgIch nähere mich mit denselben Schwierigkeiten einer Geschichtsbetrachtung wiesie auch mein Vorredner zum Ausdruck brachte. Zwar habe ich alles erlebt, zwarhabe ich alles noch einmal überdacht mit dem Abst<strong>an</strong>d von zehn Jahren, aber ichbin mir völlig klar, dass eine gewisse Subjektivität <strong>der</strong> Überlegungen einfach nichtzu vermeiden ist. Deshalb beginne ich mit einer Vorstellung meiner Person.Vor reichlich zehn Jahren erhielt ich genau in diesem Raum aus <strong>der</strong> H<strong>an</strong>d desMinisters eine Urk<strong>und</strong>e, die ich zumindest als Kopie hier wie<strong>der</strong>gebe. Sie nehmenals erstes alle einschlägigen Einschränkungen bitte zur Kenntnis, die damals zeitgemäßwaren. Unter dem Strich steht aber hier die Voraussetzung, umf<strong>an</strong>greicheauch ver<strong>an</strong>twortliche Arbeiten auf dem Personalgebiet zu übernehmen. Ich darferwähnen, dass dieser Raum sehr unaufgeräumt war, damals vor zehn Jahren. Indem hinteren Teil st<strong>an</strong>den die Stühle auf den Tischen, das war alles nur provisorischhergerichtet. Wir sind uns <strong>der</strong> Bedeutung vielleicht erst später so richtig bewusstgeworden. Eine Geschichte wird zunächst natürlich erst einmal formal durch ihrenchronologischen Ablauf bestimmt, <strong>und</strong> ich werde versuchen, einige wesentlicheEtappen herauszustellen.Für uns war das mark<strong>an</strong>te Ereignis die Wahl von Herrn Professor Günther L<strong>an</strong>dgrafzum Rektor <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> die Wahl <strong>der</strong> neuen Fakultätsräte.(Abb. 1 folgende Seite)Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik best<strong>an</strong>d die wichtigste Aufgabe darin, dieWie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> Institute vorzubereiten. Es hat natürlich bis 1968 Institutegegeben, die konnten nicht eins zu eins wie<strong>der</strong>belebt werden, es hat sich vieles im81


Abb. 1: Personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik nach 1990Laufe <strong>der</strong> Zeit in <strong>der</strong> Wissenschaft verän<strong>der</strong>t. Institute wurden verst<strong>an</strong>den als freiwilligerZusammenschluss von Lehrstühlen. Die Leitung <strong>der</strong> Institute oblag einemVorst<strong>an</strong>d, <strong>und</strong> dieser war wie<strong>der</strong>um einem Institutsrat Rechenschaft schuldig. Eserfolgte die Ausarbeitung einer Geschäftsordnung, die im Gr<strong>und</strong>e auch heute nochgilt. Das war wesentlich für die Entwicklung unseres Demokratieverständnisses<strong>und</strong> für die gesamte weitere Entwicklung in Lehre <strong>und</strong> Forschung. Im gleichen Jahr,m<strong>an</strong> könnte vermuten, es hat nichts mit <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> zu tun, erfolgte die Wie<strong>der</strong>gründungdes Verb<strong>an</strong>ds Deutscher Elektrotechniker (VDE), <strong>der</strong> bek<strong>an</strong>ntlich zuDDR-Zeiten verboten war. Die Wie<strong>der</strong>gründung des VDE eröffnete uns die Möglichkeit,die aktiven Fachleute in diese Org<strong>an</strong>isation zu integrieren <strong>und</strong> wichtigeKontakte im nationalen <strong>und</strong> internationalen Rahmen herzustellen <strong>und</strong> auszubauen.Aus dieser Sicht schulden wir großen D<strong>an</strong>k Herrn Professor H<strong>an</strong>s P<strong>und</strong>t, <strong>der</strong> damalsdiesen VDE in Sachsen wie<strong>der</strong> in das Vereinsregister eingetragen hat <strong>und</strong>seitdem als aktiver Vorsitzen<strong>der</strong> agiert.<strong>Zur</strong> <strong>personellen</strong> <strong>Erneuerung</strong> habe ich auch versucht, eine Tabelle zu erarbeiten, diestimmt in ihren summarischen Zahlenwerten nicht g<strong>an</strong>z mit den Angaben des K<strong>an</strong>zlersüberein. (Abb. 2 folgende Seite) Ich bitte Sie aber, das jetzt nicht in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>zu stellen. Es ist wahrscheinlich <strong>der</strong> Unschärfe geschuldet, die es bei denaußerpl<strong>an</strong>mäßigen Professoren, außerpl<strong>an</strong>mäßigen Dozenten usw. gegeben hat.Sie kommt aber im Gr<strong>und</strong>e zur gleichen Aussage. Es sind wesentliche Stellenein-82Personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik nach 1990- Zeittafel -J<strong>an</strong>uar/ Februar 1990 Wahl zu den FakultätsrätenWahl des Rektors26. Februar 1990Prof. L<strong>an</strong>dgraf Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Auflösung <strong>der</strong> Sektionen <strong>und</strong> Bildung <strong>der</strong> InstituteNovember 1990 - Institutsvorst<strong>an</strong>d- Institutsrat28. März 19901990Neugründung des VDE in <strong>Dresden</strong>Prof. P<strong>und</strong>t als Vorsitzen<strong>der</strong> gewähltEinladung von namhaften Professoren <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>zu Gastvorträgen <strong>an</strong> Hochschulen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik30. September 1991 Professoren neuen Rechts kommissarisch beauftragt13. Mai 1992Stellenpl<strong>an</strong> <strong>der</strong> FakultätNeuglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lehrstühle1. Juni 1992 Professoren neuen Rechts berufen1. Oktober 1992 Institute werden nur von Professoren neuen Rechts geleitetMai 1994Neuwahl <strong>der</strong> FakultätsräteProf. Büchner Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik


Personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik nach 1990Stellenpl<strong>an</strong>übersicht (C3 <strong>und</strong> C4)Sektion (1989) Institut (1992)Informationsstechnik 51 Automatisierungstechnik 4Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Elektrotechnik5<strong>und</strong> ElektronikAkustik <strong>und</strong>3SprachkommunikationNachrichtentechnik 4Summe 51 16Elektrotechnologie <strong>und</strong>24 Feinwerktechnik 3FeingerätetechnikElektronik-Technologie 2Biomedizinische Technik 2Festkörperelektronik 2Halbleiter- <strong>und</strong>3MikrosystemtechnikSumme 24 12Elektrotechnik 20 Elektrotechnisches Institut 4Hochsp<strong>an</strong>nungs- <strong>und</strong>2HochstromtechnikElektroenergieversorgung 2Summe 20 8Gesamtsumme 95 36Abb. 2: Personelle <strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik nach 1990schränkungen vonstatten geg<strong>an</strong>gen, <strong>und</strong> ich bin eigentlich erstaunt, dass es unstrotzdem gelungen ist, Lehre <strong>und</strong> Forschung ohne Leistungseinschränkungen zubewältigen.Nun werden Sie fragen: wo bleibt die Differenz? Immerhin gehen wir von ehemalsüber 95 Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus, die bei uns in Lehre <strong>und</strong> Forschung tätigwaren, heute sind es 36 Personen. Das war ein Prozess, <strong>der</strong> nicht determiniertabgelaufen ist. Der lief irgendwie iterativ ab, irgendwie nachein<strong>an</strong><strong>der</strong>, <strong>und</strong> die Wegewaren recht unterschiedlich. Es gibt ehemalige Kollegen, die sind Hochschullehrer<strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en deutschen Universitäten <strong>und</strong> Fachhochschulen, einige lehren im Ausl<strong>an</strong>d.Es gibt weiter Kollegen, die sind in die Industrie geg<strong>an</strong>gen, mitunter haben sieheute leitende Positionen inne, beispielsweise bei Siemens. An<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um habensich selbstständig gemacht, mit einem Ingenieurbüro o<strong>der</strong> einem Technologietr<strong>an</strong>sferzentrum.Einige haben wir g<strong>an</strong>z aus dem Blick verloren, die Kontakte sindabgerissen.Ich k<strong>an</strong>n die Zahlen nicht mit Exaktheit qu<strong>an</strong>tifizieren, aber so stellt sich im Nachhinein<strong>der</strong> Prozess dar. Ich meine aber, es ging ja nicht nur darum, Personal irgendwieabzubauen, son<strong>der</strong>n es ging natürlich auch um eine geistige <strong>Erneuerung</strong>. Wirhaben Wie<strong>der</strong>berufungen <strong>und</strong> Neuberufungen durchgeführt. Ich selbst war <strong>der</strong> Vorsitzendevon zehn Berufungsausschüssen, die liefen mehr o<strong>der</strong> weniger parallel. Siekönnen sich einmal ausrechnen was das qu<strong>an</strong>titativ einschließt, <strong>und</strong> es war in <strong>der</strong> FakultätElektrotechnik bewusst die Absicht, eine gewisse „wissenschaftliche Inzucht“ zuüberwinden, die sich hier über die Jahre herausgebildet hatte. Neues Denken von83


Vertretern <strong>an</strong><strong>der</strong>er Schulen sollte <strong>und</strong> wurde eingebracht. Das war ein Ziel unsererBerufungspolitik, <strong>und</strong> das ist uns im Großen <strong>und</strong> G<strong>an</strong>zen auch gelungen, wobei ichallerdings aus heutiger Sicht ein paar Einschränkungen schon machen muss.Wertvoll war uns dabei die kollegiale Mitwirkung unserer Kollegen aus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n.Sie waren uneigennützig bereit, zum Teil weite Reisen auf sich zu nehmen.Sie haben <strong>an</strong> diesen Kommissionssitzungen teilgenommen <strong>und</strong> uns beraten. Wir wareneinigermaßen unerfahren in diesen Verfahrensweisen. Sie haben Empfehlungen gegeben,nicht reingeredet. Ich erinnere mich eigentlich sehr <strong>an</strong> die kollegiale Zusammenarbeit,<strong>und</strong> wir haben zum Teil heute noch gute Kontakte mit ihnen.Die Arbeit in den Berufungskommissionen war eine wichtige Ebene, auf <strong>der</strong> sich dieHochschulkontakte zu den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n neu entwickelt haben. Der Prozess <strong>der</strong><strong>Erneuerung</strong> war in hohem Maße mit Einordnung in die deutsche Wissenschaftsl<strong>an</strong>dschaftverb<strong>und</strong>en. Es haben natürlich auch vor 1990 Kontakte best<strong>an</strong>den, das ist g<strong>an</strong>zklar. Ich persönlich durfte nicht nach Westdeutschl<strong>an</strong>d fahren. Aber meine Bücherwaren dort verbreitet, sie wurden gekauft <strong>und</strong> gelesen. Als es möglich wurde, zu reisen,hatte ich d<strong>an</strong>n auch die entsprechenden Einladungen. Das war noch vor <strong>der</strong> Währungsunion.Und ich möchte sehr betonen, dass die fre<strong>und</strong>liche Aufnahme, die wir dortgef<strong>und</strong>en haben, auch die fin<strong>an</strong>zielle Unterstützung, die uns in den Anf<strong>an</strong>gsjahren beispielsweisebei <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zierung von Tagungsbesuchen gewährt wurde, uns sehr geholfenhaben. So wurde uns die Integration in die deutsche Wissenschaftsl<strong>an</strong>dschaft sehrerleichtert. Schon bald tauschten wir mit unseren Fachkollegen in den heutigen altenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n Promotionsgutachten aus, so dass sich wie<strong>der</strong> gemeinsame Bewertungsmaßstäbeherausbildeten.Ich will aber auch eine kleine Kuriosität am R<strong>an</strong>de erzählen: Indien war ja ein L<strong>an</strong>d, dassowohl von <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik als auch von <strong>der</strong> DDR große Aufmerksamkeit erfahrenhatte. An den Universitäten in Ost <strong>und</strong> West forschten zahlreiche indische Aspir<strong>an</strong>ten.Nachdem diese in ihre Heimat zurückgekehrt waren, gründeten sie wie<strong>der</strong>um nachOst <strong>und</strong> West unterschieden zwei getrennte Aspir<strong>an</strong>tenclubs. Diese zwei Clubs solltennun nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschl<strong>an</strong>ds zusammengeführt werden. Dazu reisteeine Delegation deutscher Professoren nach Indien. Mir war die Ehre zuteil geworden,Mitglied dieser Delegation zu werden, die die Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschl<strong>an</strong>ds aufdem Maßstab des Aspir<strong>an</strong>tenclubs in Indien realisierte. Die In<strong>der</strong> wollten gar nicht ihrebeiden Clubs zusammenführen, da sie <strong>an</strong>fänglich <strong>an</strong> <strong>der</strong> Einheit Deutschl<strong>an</strong>ds nichtinteressiert waren. Aus <strong>der</strong> Konkurrenzsituation zwischen B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> DDRhatten sie viele Jahre materielle <strong>und</strong> fin<strong>an</strong>zielle Vorteile gezogen. Sie glaubten, dass dieseVorteile jetzt entschwinden würden. Im Ergebnis war die interess<strong>an</strong>te Reise ein nicht sehrerfolgreiches Unterf<strong>an</strong>gen. Ich hoffe, dass sich nun die in Ost <strong>und</strong> West in <strong>der</strong> Elektrotechnikausgebildeten In<strong>der</strong> doch noch zusammengef<strong>und</strong>en haben.Eine wichtige Aufgabe in <strong>der</strong> Fakultät Elektrotechnik haben wir auch darin gesehen, diegesamte fachliche Arbeit neu zu profilieren. Ich meine insbeson<strong>der</strong>e die Prüfungsordnungenfür Diplom, Promotion <strong>und</strong> Habilitation. Auch das Gr<strong>und</strong>studium musste84


neu konzipiert werden. Es waren umf<strong>an</strong>greiche Aktivitäten notwendig, die aber dochzeigen, mit welcher Sorgfalt diese Probleme damals gelöst worden sind <strong>und</strong> wie m<strong>an</strong>doch zu einem sehr tragfähigen Arr<strong>an</strong>gement gekommen ist. All diese Arbeiten warennicht selbstverständlich. Sie sind sehr oft auch sehr kritisch begleitet worden.Wenn ich nun in einem weiteren Abschnitt noch etwas sage zur geistigen Situation in<strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>gszeit, d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n ich feststellen, dass sich die Entwicklung in einem sehrpositiven Sinne <strong>und</strong> im überwiegenden Maße doch erstaunlich friedlich vollzogen hat.Allerdings war das nicht ausnahmslos <strong>der</strong> Fall. Es gab durchaus Vorbehalte gegenLeistungsträger schlechthin. Da ist es in Einzelfällen bis zu gröbsten persönlichenUnhöflichkeiten gekommen. Es gab Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d zum Beispiel gegen die überarbeitetePromotionsordnung. Die Promotionsordnung <strong>der</strong> DDR-Zeit ließ ja Kollektivpromotionenzu, was in m<strong>an</strong>chen Fällen sachlich gerechtfertigt sein k<strong>an</strong>n. Aber insgesamt wardie Sache ausgeufert, <strong>und</strong> es hatte zu Missbrauch geführt. Das haben wir d<strong>an</strong>n nacheinigen Kämpfen eingedämmt <strong>und</strong> später abgeschafft. Ebenso wurden einige Lehrstühle,auch als „Billiglehrstühle“ bezeichnet, abgeschafft. Diese Entwicklung verlief natürlichnicht wi<strong>der</strong>spruchsfrei <strong>und</strong> ohne Ärger. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dassgerade in einem Fachgebiet mit ausgeprägt experimenteller Komponente, die <strong>Erneuerung</strong><strong>der</strong> gerätetechnischen Basis von f<strong>und</strong>amentaler Bedeutung war. So war eswesentlich <strong>der</strong> Siemens-AG zu d<strong>an</strong>ken, dass wir bereits 1992 ein neues Labor eröffnenkonnten. Da im Görges-Bau vorerst dafür nicht genügend Platz vorh<strong>an</strong>den war, musstedas Labor zunächst provisorisch auf <strong>der</strong> Dürerstraße untergebracht werden, bevores d<strong>an</strong>n ein halbes Jahr später sein Domizil im Görges-Bau erhielt. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>gkonnte auch nach meinen Interventionen das baufällige Dach des teilweisemaroden Gebäudes inst<strong>an</strong>dgesetzt werden. Es versteht sich von selbst, dass es verbotenist, es in elektrische Anlagen reinregnen zu lassen.Diese Inst<strong>an</strong>dsetzungsmaßnahmen sind, so b<strong>an</strong>al es heute klingt, wesentliche Dinge,die uns sehr geholfen haben, den Prozess <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> mit zu gestalten.Und wir haben jedem Mitarbeiter gezeigt, nicht nur hier wird etwas umgestaltet,son<strong>der</strong>n, wir haben gezeigt, hier liegt eine Zukunft, <strong>und</strong> das scheint mir als sehrwichtig. Wenn ich heute zurückblicke auf den Gesamtvorg<strong>an</strong>g <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong>Universität, d<strong>an</strong>n h<strong>an</strong>delt es sich auch um einen universitätshistorisch bedeutendenVorg<strong>an</strong>g, <strong>der</strong> in seiner Vielfalt gleichzeitig mit hohem Tempo ablief.Wir würden ohne die Leistungen, die Anf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> neunziger Jahre erbracht wordensind, heute nicht als geachtete Universität im nationalen <strong>und</strong> internationalen Rahmendastehen. Dabei sei all den Kollegen aus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s ged<strong>an</strong>kt,die uns auf diesem Weg in kollegialer Weise unter Achtung unserer eigenen Fachkompetenz<strong>und</strong> unseres eigenen Entwicklungsweges unterstützt, beraten <strong>und</strong> geför<strong>der</strong>thaben. Ich glaube, dass es mit hohem persönlichen Einsatz gelungen ist, eine Aufgabevon wissenschaftspolitischer Bedeutung zu lösen.85


Prof. Dr.-Ing. habil.Fr<strong>an</strong>z HolzweißigDek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen (1991-1994)* 27. März 1928 in Chemnitz1946-1949 Studium <strong>an</strong> den Ingenieurschulen in Wismar <strong>und</strong> Mittweida;1949-1953 Maschinenbaustudium <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1953-1961 wissenschaftlicher Aspir<strong>an</strong>t, Assistent, Lehrbeauftragter bzw.Oberassistent <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1961-1969 Wahrnehmung einerProfessur für Son<strong>der</strong>probleme <strong>der</strong> Schwingungstechnik (bis Juni1964) bzw. Prof. mit Lehrauftrag für Maschinendynamik <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong>; 1968-1974 Stellvertreter des Direktors für Forschung in<strong>der</strong> Sektion Maschinenwesen; 1969 Berufung zum o. Prof. fürDynamik <strong>und</strong> Datenverarbeitung im Maschinenwesen <strong>an</strong> <strong>der</strong> SektionMaschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1990-1991 Prodek<strong>an</strong>, 1991-1994 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1991-1994 Prof. neuen Rechts für Dynamik/Schwingungslehre <strong>an</strong> <strong>der</strong>Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Wenn über die personelle <strong>Erneuerung</strong> nach <strong>der</strong> Wende gesprochen werden soll,muss zunächst ein Wort über die strukturelle Umstellung im Hochschulwesen aufdem Gebiet <strong>der</strong> ehemaligen DDR von 1968 gesagt werden.Als 1968 in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik die von <strong>der</strong> DDR unterstützten Studentenunruhenausbrachen, war m<strong>an</strong> hier bestens darauf vorbereitet <strong>und</strong> nutzte sie zur radikalenUmstrukturierung des Hochschulwesens im Rahmen <strong>der</strong> „Dritten Hochschulreform“.Für die Zahl 3 hatte m<strong>an</strong> verschiedene Erklärungen, ihr Sinn best<strong>an</strong>d aberdarin, eine gewisse Kontinuität vorzutäuschen. Das Ziel war die Zerschlagung <strong>der</strong>Macht <strong>der</strong> Fakultäten <strong>und</strong> Institute, die Erhöhung des Einflusses <strong>der</strong> StaatsparteiSED <strong>und</strong> damit eine bessere Kontrolle <strong>der</strong> Hochschul<strong>an</strong>gehörigen. Diese Reformhatte folgende Ergebnisse:1.Die Fakultäten hatten keine Leitungsfunktion mehr, sie waren nur beratendesOrg<strong>an</strong> <strong>und</strong> zuständig für Qualifikationsverfahren. Aber auch dabei wirkte <strong>der</strong>l<strong>an</strong>ge Arm <strong>der</strong> SED, sei es bei <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Referenten o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Aberkennung<strong>der</strong> „Venia Legendi“ beim Stellen eines Ausreise<strong>an</strong>trages (ohne Wi<strong>der</strong>spruch).An die Stelle des Dr.-Ing. habil. kam 1968, in Anlehnung <strong>an</strong> das sowjetischeSystem, <strong>der</strong> Dr. sc. techn.2.An die Stelle <strong>der</strong> Fakultäten traten 23 Sektionen <strong>und</strong> 5 selbstständige Institute,darunter auch das „Industrieinstitut“, <strong>an</strong> dem bewährte Parteika<strong>der</strong> mit Führungspositionenin <strong>der</strong> Wirtschaft einen akademischen Grad (ehrenhalber) erwerbenkonnten. Die ehemaligen Institute wurden zu so gen<strong>an</strong>nten Wissenschaftsbereichenin den Sektionen zusammengefasst. Aus den Fakultäten Maschinenwe-86


sen <strong>und</strong> Technologie bildeten sich 5 Sektionen mit 32 Wissenschaftsbereichen.Jede Sektion verfügte über einen Sektionsdirektor mit 2 Stellvertretern, einemVerwaltungsleiter, dem Sekretär <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>org<strong>an</strong>isation <strong>der</strong> SED, dem Sekretär<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>org<strong>an</strong>isation <strong>der</strong> FDJ, dem Vorsitzenden <strong>der</strong> BGL (Betriebsgewerkschaftsleitung)<strong>und</strong> dem Vorsitzenden <strong>der</strong> ABI-Kommission (Arbeiter-<strong>und</strong>-Bauern-Inspektion).3.Neben <strong>der</strong> staatlichen Leitungsebene (Rektor, Senat, Sektionen) gab es die parteilicheLeitungsebene, die den Parteiwillen, eine Art k<strong>an</strong>onisches Recht, das stetsüber dem staatlichen Recht st<strong>an</strong>d, vertrat. Ein deutliches Beispiel hierfür war dieBereitschaftserklärung zum Reserveoffizier, die von jedem Studenten erwartetwurde. Nach staatlichem Recht herrschte völlige Freiwilligkeit, nach k<strong>an</strong>onischemdurfte kein Ablehner, auch bei sehr guten Leistungen, eine Assistentenstellebekommen. Je<strong>der</strong> Antrag auf Stellenbesetzung musste durch die Parteileitungabgesegnet werden.Diese Struktur hatte ein Aufblähen des Personalbest<strong>an</strong>des zur Folge. Präwendalgab es im Maschinenwesen 71 Professoren <strong>und</strong> 62 Dozenten, also 133 Hochschullehrer.Nach <strong>der</strong> Wende bildeten sich auf Gr<strong>und</strong> des Senatsbeschlusses vom 19.11.90 ausden 32 Wissenschaftsbereichen zunächst 27 Institute. In diesen wurde ein neuerFakultätsrat gewählt mit <strong>der</strong>, noch auf die ehemaligen Sektionen bezogenen, Zusammensetzung:vier Hochschullehrer / Sektion,ein Vertreter des Mittelst<strong>an</strong>des / Sektion,ein Student / Sektion.Somit hatte <strong>der</strong> neue Fakultätsrat 20 Hochschullehrer, 5 Vertreter des Mittelst<strong>an</strong>des<strong>und</strong> 5 Studenten.Bei <strong>der</strong> Vorbereitung zur Ausschreibung aller Professuren zeigte es sich, dass mehrereInstitute ähnliche Wissenschaftsprofile aufwiesen. Es erfolgte deshalb eine erneuteStraffung, so dass d<strong>an</strong>ach am 15. Mai 1992 die Fakultät noch 17 Institutebesaß. Als Beispiel hierfür mag das neu gebildete Institut für Produktionstechnikgelten, in dem 5 Institute, die zumeist aus Wissenschaftsbereichen stammten, die<strong>der</strong> letzte Präwendal-Rektor gegründet hatte, zusammengefasst waren.Die personelle <strong>Erneuerung</strong> erfolgte auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Empfehlungen <strong>der</strong> Personalkommission<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fachkommissionen durch eine Auswahlkommission. Gr<strong>und</strong>lagewar ein Fragebogen über die gesellschaftliche Tätigkeit, beson<strong>der</strong>s auch dieMitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit, den je<strong>der</strong> Hochschul<strong>an</strong>gehörigeausfüllen musste. Die Arbeitsweise <strong>der</strong> Kommissionen wurde bereits vorgestellt.Voraussetzung für die Bildung von Berufskommissionen war, dass eine Anzahl vonHochschullehrern vom Minister im verkürzten Verfahren zu so gen<strong>an</strong>nten Professorenneuen Rechts berufen wurde. Im Maschinenwesen waren es 10.87


Alle <strong>an</strong><strong>der</strong>en Professuren wurden neu ausgeschrieben, wobei sich die Professorenalten Rechts mit bewerben konnten. Für die Berufungskommissionen war vorgeschrieben,dass in ihnen Professoren neuen Rechts aus <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hochschulen mitwirkensollten. D<strong>an</strong>kenswerterweise haben uns dabei auch Kollegen aus den altenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n unterstützt. Sie brauchten aber den Fragebogen nicht auszufüllen.Das Berufungsverfahren wurde dadurch erleichtert, dass die Möglichkeit best<strong>an</strong>d,ab dem Alter von 55 Jahren in den Vorruhest<strong>an</strong>d zu gehen. Viele, die kein positivesUrteil <strong>der</strong> Personalkommission erwarteten, o<strong>der</strong> nicht bereit waren, den zugehörigenFragebogen auszufüllen, haben diese Möglichkeit genutzt. Es gab auch welche,die vorher „Reiseka<strong>der</strong> ins nichtsozialistische Ausl<strong>an</strong>d“ waren. Sie nutzten ihreVerbindungen <strong>und</strong> f<strong>an</strong>den Stellen in einem alten B<strong>und</strong>esl<strong>an</strong>d.Für die Fakultät Maschinenwesen war es von großem Vorteil, dass <strong>der</strong> akademischeMittelst<strong>an</strong>d eine größere Anzahl habilitierter Mitarbeiter hatte, die aus parteipolitischenGründen nicht Hochschullehrer geworden waren <strong>und</strong> die sich jetzt mitbewarben. Die Habilitation war vor <strong>der</strong> Wende, im Gegensatz zu <strong>an</strong><strong>der</strong>en Ostlän<strong>der</strong>n,ohne wesentliche politische Hürden möglich, sie wurde sogar von den Dozenten<strong>und</strong> Oberassistenten erwartet. Für Professoren war die Habilitation Berufungsvoraussetzung,die allerdings von <strong>der</strong> Partei auch umg<strong>an</strong>gen wurde. (Der Rektormit <strong>der</strong> längsten Amtszeit hatte nicht promoviert.)Unter den Bewerbern waren auch Mitarbeiter <strong>der</strong> ehemaligen Institute <strong>der</strong> Akademie<strong>der</strong> Wissenschaften, die nach ihrer Auflösung in <strong>der</strong> Luft hingen. Da die Ausschreibungendeutschl<strong>an</strong>dweit erfolgten, bewarben sich auch zahlreiche Wissenschaftleraus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n.Nach dem Abschluss dieser Berufungswelle Februar 1994 hatte die Fakultät 59Professoren <strong>und</strong> 6 Dozenten. Sie kamen aus folgenden Bereichen:Professoren: 21 <strong>TU</strong>-Professoren25 <strong>TU</strong>-Mittelbau7 außerhalb <strong>TU</strong>, neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>6 außerhalb <strong>TU</strong>, alte B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>Dozenten: 4 <strong>TU</strong>-Dozenten1 <strong>TU</strong>-Mittelbau1 außerhalb <strong>TU</strong>, neue B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>Somit rekrutierte sich <strong>der</strong> Lehrkörper im Wesentlichen aus Wissenschaftlern <strong>der</strong> <strong>TU</strong>,die den Lehrbetrieb in <strong>der</strong> gewohnten disziplinierten Art fortsetzten. Die Lehre st<strong>an</strong>dim Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, Vertretungen erfolgten nur im äußersten Notfall, es wurde Wert aufKontakt zu den Studenten gelegt <strong>und</strong> weitgehend persönlich die Graduierungsarbeitenbetreut. Das Wesentlichste aber war die vorzügliche Kollegialität, die sich auch inso schwierigen Bereichen wie die Verteilung von Haushaltsmitteln, Raumverteilung<strong>und</strong> Lehrpl<strong>an</strong>gestaltung sowie die Bereitschaft zur Leitung von Fakultätskommissionenzeigte. Dadurch wurde die Arbeit des Dek<strong>an</strong>s sehr erleichtert.88


Die aus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n berufenen Kollegen haben sich im Wesentlichen guteingefügt, obwohl dies kein leichter Prozess war. Dies wird, soweit m<strong>an</strong> überhaupt <strong>an</strong> dieWirksamkeit <strong>der</strong> Pädagogik glaubt, verständlich, wenn m<strong>an</strong> bedenkt, dass 40 Jahre l<strong>an</strong>g in<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik zum Individualismus <strong>und</strong> in <strong>der</strong> DDR zum Kollektivismus hin erzogenwurde. So, wie die Israeliten nach ihrem Auszug aus Ägypten unter Moses 40 Jahre l<strong>an</strong>g in<strong>der</strong> Wüste „auswässern“ mussten, ehe sie in das gelobte L<strong>an</strong>d ziehen konnten, wird esauch bei uns noch dauern, bis diese Erziehungsdifferenz überw<strong>und</strong>en ist.Nicht nur <strong>der</strong> Lehrkörper, son<strong>der</strong>n alle Fakultäts<strong>an</strong>gehörigen mussten sich um eine Stelleneu bewerben. Da die Bewerbung auf mehrere Stellen möglich war, gestaltete sich dieArbeit <strong>der</strong> Auswahlkommission äußerst schwierig. Vergleicht m<strong>an</strong> jedoch die Gesamtzahl<strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Fakultät von 1991 (im wesentlichen präwendal) mit <strong>der</strong> desJahres 1999 so ist trotz <strong>der</strong> starken Streichung von Haushaltsstellen nur ein schwacherRückg<strong>an</strong>g zu verzeichnen.1991: 897 Mitarbeiter1999: 821 MitarbeiterDer Unterschied liegt jedoch in <strong>der</strong> Art des Anstellungsverhältnisses. Während es 1991Haushaltsstellen (befristet <strong>und</strong> unbefristet) waren, wird jetzt ein großer Anteil des wissenschaftlichen<strong>und</strong> nichtwissenschaftlichen Personals aus Drittmitteln bezahlt. 1999 zeigtesich folgende Zusammensetzung:Wissenschaftliche Mitarbeiter Haushalt: 171Wissenschaftliche Mitarbeiter Drittmittel: 375Nichtwissenschaftliche Mitarbeiter Haushalt: 184Nichtwissenschaftliche Mitarbeiter Drittmittel: 91In diesen Zahlen kommt die starke Verflechtung <strong>der</strong> Fakultätsforschung mit <strong>der</strong> Industrie<strong>und</strong> den Forschungsgremien außerhalb <strong>der</strong> <strong>TU</strong> zum Ausdruck. Dies war jedoch auchschon vor <strong>der</strong> Wende <strong>der</strong> Fall <strong>und</strong> letztlich gab es auch in <strong>der</strong> DDR, beispielsweise durchdie Hauptforschungsrichtungen, mit Heute vergleichbare Strukturen. Die Verwendung<strong>der</strong> damals bereitgestellten Mittel war jedoch dadurch beschränkt, dass es <strong>an</strong> Valutamittelnfehlte.Dieser Bericht wäre unvollständig, wenn nicht etwas zu den Studierenden gesagt würde.Wie das nicht <strong>an</strong><strong>der</strong>s erwartet werden konnte, st<strong>an</strong>den diese dem gesamten Prozess sehrkritisch gegenüber. Für viele überwog die Angst vor <strong>der</strong> Zukunft die Freude über die neugewonnene Freiheit. Während ihnen in <strong>der</strong> DDR die Arbeitsstelle bereits vor Abschlussdes Studiums bek<strong>an</strong>nt war, schienen nach <strong>der</strong> Wende in Ost <strong>und</strong> West Maschinenbauingenieurenicht mehr gebraucht zu werden. Beson<strong>der</strong>s schwierig war es für die Studenten<strong>der</strong> technischen Richtungen <strong>an</strong> den Militärhochschulen. Es ist den Professoren <strong>der</strong> Fakultät,die einschlägige Fachrichtungen vertraten, gelungen, mit speziellen Studienplänendiese einzuglie<strong>der</strong>n, so dass ihnen ein Studienabschluss <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> ermöglicht wurde.89


Zusammenfassend k<strong>an</strong>n gesagt werden, dass in <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen diepersonelle <strong>Erneuerung</strong> im Wesentlichen durch Umschichtung erfolgte, da <strong>der</strong> größteTeil von <strong>TU</strong>-Mitarbeitern übernommen werden konnte. Im Kern sind die Mitarbeiter,die die Lehre <strong>und</strong> Forschung schon vor <strong>der</strong> Wende getragen haben, erhaltengeblieben, was gegenüber <strong>an</strong><strong>der</strong>en Fakultäten als großer Vorteil empf<strong>und</strong>en wurde.90


Prof. Dr rer. nat. habil.H<strong>an</strong>s Joachim Fiedler* 30. Dezember 1927 in DüsseldorfDek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen (1990-1994)1945-1949 Studium <strong>der</strong> Chemie, Physik <strong>und</strong> Mineralogie <strong>an</strong> <strong>der</strong> UniversitätJena; 1949-1957 Hilfsassistent bzw. Assistent am Institut für Agrikulturchemie<strong>der</strong> Universität Jena; 1957-1959 Doz. für Pfl<strong>an</strong>zenernährung<strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität Rostock; 1959-1969 Prof. mit Lehrauftrag für Bodenk<strong>und</strong>e<strong>und</strong> St<strong>an</strong>dortslehre bzw. Prof. mit Lehrstuhl (ab Juni 1960) <strong>an</strong> <strong>der</strong>TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> Direktor des Instituts für Bodenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> St<strong>an</strong>dortslehre<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> (ab 1959); 1963-1965 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultätfür Forstwirtschaft; 1969 Berufung zum o. Prof. in <strong>der</strong> Sektion Forstwirtschaft,Bereich Bodenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> St<strong>an</strong>dortslehre; 1988 Dr. rer. silv. h. c.<strong>der</strong> Universität München; 1989 Dr. rer. nat. h. c. <strong>der</strong> Universität Trier;1990 -1994 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong>; ab 1994 (kommiss.) Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Forst-, Geo- <strong>und</strong>Hydrowissenschaften; 1991-1995 Leiter des Instituts für Bodenk<strong>und</strong>e<strong>und</strong> St<strong>an</strong>dortslehre; 1991-1992 Wahrnehmung einer Professur neuenRechts; 1992 Berufung zum Professor neuen Rechts für Bodenk<strong>und</strong>e<strong>und</strong> St<strong>an</strong>dortslehre; 1995 Dr. rer. silv. h. c. <strong>der</strong> Universität Uppsala; o.Mitglied <strong>der</strong> Sächs. Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften zu LeipzigDie <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen nach<strong>der</strong> politischen Wende1. Entstehung <strong>und</strong> Auflösung <strong>der</strong> alten Fakultät Bau-, Wasser <strong>und</strong> Forstwesen(1968-1990)Die durch die politische Wende 1990 ermöglichte Gründung einer neuen FakultätBau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen hat eine Vorgeschichte, <strong>der</strong>en Kenntnis ein besseresVerständnis <strong>der</strong> damaligen Ereignisse ermöglicht. <strong>Zur</strong> Erinnerung sei mitgeteilt,dass bei dem „radikalen Bruch <strong>und</strong> Neubeginn“ nach dem 2. Weltkrieg <strong>an</strong> <strong>der</strong>Fakultät für Forstwirtschaft <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong> alle ehemaligen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> NSDAPim November 1945 aus dem Staatsdienst entlassen wurden, was den größten Teildes vorh<strong>an</strong>denen Lehrkörpers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fakultäts<strong>an</strong>gestellten betraf. Professorenwie Assistenten waren d<strong>an</strong>ach als Waldarbeiter tätig. 1947 wurde <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultäteine SED–Parteigruppe gebildet. Weil er 1949 eine rote Fahne vom Dach desFakultätsgebäudes einziehen ließ, erfolgte die Ablösung des Dek<strong>an</strong>s Professor Herm<strong>an</strong>nPrell. 1950 wurde Professor Heinrich Schippel „auf einer Vollversammlung<strong>der</strong> Gewerkschaft in Thar<strong>an</strong>dt durch den Rektor <strong>der</strong> TH von <strong>der</strong> Fakultät verwiesen<strong>und</strong> als Gegner des neuen Staates seines Postens enthoben“. Der Leiter <strong>der</strong>Fakultätsabteilung des TH – Institutes für Gesellschaftswissenschaften erhielt 1951Sitz <strong>und</strong> Stimme im Rat <strong>der</strong> Fakultät für Forstwirtschaft.Das Jahr 1968 brachte im Westen wie im Osten umfassende Verän<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> denUniversitäten mit sich. Gemeinsam war das Ziel, die alten Strukturen zu zerbrechen<strong>und</strong> den Einfluss <strong>der</strong> Institutsdirektoren zu min<strong>der</strong>n. Im Osten erfolgte dies aller-91


dings mit dem Ziel, die absolute Vorherrschaft <strong>der</strong> SED <strong>an</strong> den Universitäten zuerl<strong>an</strong>gen. Die bestehenden Fakultäten wurden 1968 in <strong>der</strong> DDR in Sektionen umgew<strong>an</strong>delto<strong>der</strong> aufgelöst bzw. wesentlicher Fachrichtungen beraubt, die Sektionenformell zu neuen Fakultäten zusammengefügt. Aus den bisher 14 Instituten <strong>der</strong> Fakultätfür Forstwirtschaft entst<strong>an</strong>den so 9 Wissenschaftsbereiche mit Bereichsleitern,die dem Sektionsdirektor unterst<strong>an</strong>den. Die Thar<strong>an</strong>dter Institute für Meteorologie<strong>und</strong> Klimak<strong>und</strong>e sowie Geodäsie <strong>und</strong> Photogrammetrie wurden DresdnerSektionen zugeordnet. Die Sektionen wurden von Sektionsdirektoren geleitet, denenformal ein Sektionsrat zur Seite st<strong>an</strong>d. Der Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> übergeordneten Fakultätbesaß wenige Befugnisse, ihm oblagen die Ausstellung von Doktorurk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dieDurchführung informeller Treffen <strong>der</strong> Sektionsdirektoren. Die Übernahme von Funktionenin den neuen Leitungsgremien, Berufungen von Hochschullehrern <strong>und</strong> Einstellungenvon wissenschaftlichen Mitarbeitern waren spätestens von nun ab ohnedie Zustimmung <strong>der</strong> SED nicht mehr möglich, <strong>an</strong>aloges galt für Entscheidungen desSektionsdirektors <strong>und</strong> Beschlüsse des Sektionsrates. So waren <strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Forstwirtschaftdie Jahre 1988/89 durch Berufungen <strong>und</strong> Ehrungen von Genossen gekennzeichnet,zwei zu außerordentlichen Dozenten berufene Wissenschaftler warenals IM o<strong>der</strong> IME (IM = Inoffizieller Mitarbeiter; IME = Inoffizieller Mitarbeiterim bzw. für einen beson<strong>der</strong>en Einsatz) für die Stasi tätig, die Heinrich–Cotta–Medaille wurde u. a. <strong>an</strong> Generalmajor Senf, Leiter <strong>der</strong> Militärforstbetriebe <strong>der</strong>DDR, verliehen.Die Auflösung <strong>der</strong> Fakultät war verb<strong>und</strong>en mit einer Entlassung aller Hochschullehrer,die <strong>an</strong>schließend meist unter neuen, ungünstigeren Bedingungen weiterbeschäftigtwurden. An <strong>der</strong> Sektion Forstwirtschaft vertraten die Genossen Professorenkonsequent die Parteilinie. Die zunächst von <strong>der</strong> Partei gegen die „bürgerlichen“Professoren beeinflussten Studenten wurden <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> allerdings schnellzurückgepfiffen, weil die Studiendisziplin auch bei den Genossen Professoren litt.Das Ergebnis <strong>der</strong> Reform brachte in <strong>der</strong> Regel keine fachliche Verbesserung o<strong>der</strong>neue wissenschaftliche Qualität mit sich, <strong>an</strong> die Stelle alter Machtstrukturen tratenschlimmere neue. Die Studenten waren über die FDJ–Leitung zwar Mitglied desSektionsrates, mussten aber häufig zur aktiveren Mitarbeit durch den Sektionsdirektorermahnt werden. Westdeutsche <strong>und</strong> ostdeutsche Fakultäten waren von nun<strong>an</strong> nicht mehr vergleichbar. Damit war das wesentliche Ziel <strong>der</strong> Hochschulreformim Osten erreicht.Zu dieser Zeit war <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>der</strong> Physiker <strong>und</strong> Genosse Professor AlfredRecknagel Prorektor. Ihm oblag die Zusammenstellung <strong>der</strong> neuen Fakultäten ausden gebildeten Sektionen. Professor Recknagel muss bescheinigt werden, dass ersich vor <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> neuen Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen durch ausgiebigeBefragungen von Kollegen, darunter auch Nichtgenossen, sachk<strong>und</strong>ig gemachthat <strong>und</strong> sich über die l<strong>an</strong>gfristigen Folgen seiner Entscheidung im Klaren war.Durch die Zusammenfassung <strong>der</strong> Sektionen Architektur, Bauingenieurwesen, Geodäsie<strong>und</strong> Kartographie, Wasserwesen sowie Forstwirtschaft wollte er die orga-92


nisatorischen Voraussetzungen für eine spätere Zusammenarbeit auf dem Umweltgebietschaffen. Das Ergebnis stieß bei den Genossen durchaus nicht auf allgemeineZustimmung. Die jeweiligen Sektions<strong>an</strong>gehörigen identifizierten sich kaum mit ihrerneuen Fakultät. Unter dem parteilosen Dek<strong>an</strong> <strong>und</strong> Wasserwirtschaftler ProfessorKarl-Fr<strong>an</strong>z Busch, dessen Wirken Anerkennung verdient, kam es zu einer Zusammenarbeiteinzelner Hochschullehrer bei <strong>der</strong> postgradualen Ausbildung aufdem Umweltsektor in Form eines zweijährigen Postgradualstudiums „AusgewählteProbleme des Umweltschutzes“ mit dem Abschluss als Ingenieur für Umwelttechnik.Dieses Postgradualstudium wurde nach <strong>der</strong> Wende unter <strong>der</strong> Leitung vonProfessor Günther Weise 1991 ordnungsgemäß beendet. Eine forschungsmäßigeZusammenarbeit <strong>der</strong> Sektionen innerhalb <strong>der</strong> Fakultät auf diesem Gebiet best<strong>an</strong>djedoch meist nur auf dem Papier.Als zur Wendezeit noch unter dem Einfluss <strong>der</strong> alten Universitätsleitung im J<strong>an</strong>uar/Februar 1990 Wahlen zu den Leitungsgremien durchgeführt wurden, fiel das Ergebnisfür die SED ernüchternd aus. Obwohl noch einige Genossen in den neuenFakultätsrat gewählt worden waren, wies dieser keine <strong>personellen</strong> Gemeinsamkeitenmehr mit dem alten auf. Der Neu<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g war also ein erheblicher Einschnitt. Auf<strong>der</strong> ersten Sitzung des neu gewählten Fakultätsrates übergab Professor Karl-HeinzL<strong>an</strong><strong>der</strong> als bisheriger Dek<strong>an</strong> die Amtsgeschäfte <strong>an</strong> den neu gewählten Dek<strong>an</strong>, nachdemer zuvor die getrennte abschließende Sitzung des alten Fakultätsrates geleitethatte. Der Überg<strong>an</strong>g von <strong>der</strong> alten zur neuen Fakultät vollzog sich also legal unter<strong>der</strong> alten Hochschulleitung. „R<strong>und</strong>e Tische“, wie z. B. <strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Forstwirtschaft,übernahmen zuvor bewusst nicht die Ver<strong>an</strong>twortung in den Sektionen o<strong>der</strong><strong>der</strong> Fakultät. Unter Beibehaltung <strong>der</strong> alten Bezeichnung <strong>und</strong> Zusammensetzungf<strong>an</strong>d die Gründung einer neuen Fakultät statt, gekennzeichnet durch neue Strukturen,Zuständigkeiten <strong>und</strong> Personen. Diese Entscheidung wurde getroffen, um zunächstzu prüfen, ob sich die <strong>der</strong> alten Fakultätsgründung zu Gr<strong>und</strong>e liegende Ideeeiner Zusammenarbeit auf dem Gebiet <strong>der</strong> bebauten <strong>und</strong> natürlichen Umwelt unterfreiheitlichen Bedingungen realisieren ließ. Sollte sich dieses Zusammengehen alsnicht sinnvoll erweisen, konnte eine Auflösung <strong>der</strong> großen Fakultät in mehrere Fakultätenimmer noch erfolgen. Das Vorgehen entsprach nicht dem Trend <strong>der</strong> damaligenZeit, in <strong>der</strong> sich selbst eine Fakultät für Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaftenzeitweise aufzulösen beabsichtigte.2. Die neue Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen (1990-1994)Fakultätsrat <strong>und</strong> Abteilungsräte strebten eine geistige <strong>Erneuerung</strong> in <strong>der</strong> Fakultät <strong>an</strong><strong>und</strong> damit einen Bruch mit <strong>der</strong> hochschulpolitischen Verg<strong>an</strong>genheit. Die Möglichkeitzu einer freien Gestaltung von Lehre <strong>und</strong> Forschung, wie sie im SächsischenHochschulerneuerungsgesetz von 1991 festgeschrieben wurde, galt es nach denJahren <strong>der</strong> politischen Bevorm<strong>und</strong>ung voll zu nutzen. Notwendig wurde eine Verän<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Studieninhalte, <strong>der</strong> Widmung <strong>der</strong> Professuren, <strong>der</strong> Strukturen auf93


Instituts-, Abteilungs- <strong>und</strong> Fakultätsebene <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>personellen</strong> Zusammensetzungdes Lehrkörpers. Angestrebt <strong>und</strong> erreicht wurde ein politisch wenig belasteter,fachlich kompetenter, jüngerer <strong>und</strong> hinsichtlich <strong>der</strong> universitären Herkunft heterogenerLehrkörper, <strong>der</strong> Umweltfragen aufgeschlossen gegenüber st<strong>an</strong>d. Es wurdeversucht, die notwendige Angleichung <strong>an</strong> westdeutsche Rahmenbedingungen mitdem Erhalt <strong>und</strong> Ausbau <strong>der</strong> für die Fakultät typischen Fachkombinationen zu verbinden.Die für die Neugestaltung <strong>der</strong> Verhältnisse zur Verfügung stehenden, zahlenmäßiggeringen Kräfte waren jahrel<strong>an</strong>g systematisch von einer Leitungstätigkeitferngehalten worden. Die verbliebenen Vertreter des alten Regimes för<strong>der</strong>ten ausverständlichen Gründen die neue Entwicklung nicht. Die Berufung von Professorenneuen Rechts aus dem Kreis <strong>der</strong> als politisch unbelastet <strong>an</strong>zusehenden Lehrkräfteerfolgte erst im Juni 1992, gefolgt von weiteren Berufungen aus Ost <strong>und</strong> West. An<strong>der</strong> Neugestaltung <strong>der</strong> Fakultät für Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen (BWF) hatten diein den Leitungsgremien <strong>der</strong> Fakultät <strong>und</strong> Abteilungen wirkenden Professoren neuenRechts beson<strong>der</strong>en Anteil, allen vor<strong>an</strong> die stark eingesp<strong>an</strong>nten Prodek<strong>an</strong>e ProfessorKarl Petzold, Professor M<strong>an</strong>fred Koch, später Professor Klaus-Günter Steinert,Professor Dietrich Fr<strong>an</strong>ke <strong>und</strong> die Abteilungssprecher Professor Jürgen Benndorf,Professor Otfried Bloßfeld, Professor M<strong>an</strong>fred Koch <strong>und</strong> später Professor DietrichFr<strong>an</strong>ke, Professor Klaus Mertens sowie Professor Klaus-Günter Steinert. (Abb. 1)Der erhebliche Stellenabbau von wissenschaftlichem <strong>und</strong> technischem Personal <strong>an</strong><strong>der</strong> Fakultät wurde nur bei Professoren teilweise kompensiert durch einen Zug<strong>an</strong>gaus <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Nachfolgeeinrichtung <strong>der</strong> LPG–Hochschule Meißen 1992(eine Professorenstelle kW), durch die Integration <strong>der</strong> Geographie aus <strong>der</strong> ehemaligenPädagogischen Hochschule <strong>Dresden</strong> Ende 1992 <strong>und</strong> die Integration des Bauwesens<strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen <strong>Dresden</strong> 1993. Es galt, den Lehrbetriebtrotz <strong>der</strong> erheblichen <strong>personellen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> notwendigen Än<strong>der</strong>ungsämtlicher Lehrpläne ohne Abstriche aufrecht zu erhalten, die laufenden Graduierungsarbeitentrotz weggebrochener Forschungsmittel zu einem ordentlichenAbschluss zu führen sowie eine Fakultätsverwaltung aufzubauen. Dass neben allernotwendigen Org<strong>an</strong>isation auch wissenschaftlich gearbeitet wurde, zeigt die Zahlvon 163 Promotions- <strong>und</strong> 19 Habilitationsverfahren, die im Zeitraum 1990 – 1993<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät abgeschlossen wurden <strong>und</strong> für die damals das Dek<strong>an</strong>at die Urk<strong>und</strong>enselbst drucken musste. Mit <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Sektionen war auch die Zeit fürdie Sekretäre von „Parteiorg<strong>an</strong>isation“ <strong>und</strong> FDJ sowie <strong>der</strong> Vertreter für Marxismus–Leninismusin <strong>der</strong> Fakultät beendet. Der Rat <strong>der</strong> Fakultät wurde zur entscheidendenInstitution.Bei <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong> zu fällenden Entscheidungen, dem Willen, diese nur nach gründlicherDiskussion im Fakultätsrat zu treffen, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Notwendigkeit einer Abstimmungim Senat, sowie häufig auch mit westdeutschen Fakultäten, waren monatlicheAbteilungs-, Fakultäts- <strong>und</strong> Senatssitzungen notwendig, die trotz zügiger Arbeitsweiseetwa 5 bis 7 St<strong>und</strong>en dauerten. Die Protokolle <strong>der</strong> Fakultätssitzungen spiegelndiese beson<strong>der</strong>e Situation wi<strong>der</strong>. Die Fakultätssitzungen zeichneten sich durch94


eine bis dahin nicht gek<strong>an</strong>nte Diskussionsfreudigkeit aus. Unter dem Zw<strong>an</strong>g <strong>der</strong>Verhältnisse wurden selbst die schwierigsten Probleme in kurzer Zeit <strong>und</strong> im Konsensinnerhalb <strong>und</strong> zwischen den Abteilungen <strong>der</strong> Fakultät gelöst. Anf<strong>an</strong>g 1993gestattete die inzwischen verän<strong>der</strong>te Zusammensetzung des Fakultätsrates <strong>und</strong> <strong>der</strong>Fakultätskommissionen ein effektives, die hochschulpolitischen Zielsetzungen för<strong>der</strong>ndesArbeiten. Die Zahl <strong>der</strong> Stimmberechtigten im Fakultätsrat stellte die Entscheidungenauf eine breite Basis.(Abb. 2)Die Integration <strong>der</strong> Abteilungen in die bisl<strong>an</strong>g westdeutschen Fakultätentage wurdeerreicht <strong>und</strong> die von westdeutschen wissenschaftlichen Institutionen erbetene materielle<strong>und</strong> personelle zeitweilige Unterstützung in Lehre, Forschung <strong>und</strong> Verwaltunggewährt. Fakultätentage, z. B. im Rahmen <strong>der</strong> Forstlichen Hochschulwocheim Oktober 1993, o<strong>der</strong> für Architektur, wurden <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät abgehalten.Zum Wintersemester 1990/91 wurden insgesamt 583 Studenten, eine für die damaligeZeit hohe Zahl, <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät immatrikuliert. Die Fakultät BWF hatte1992 <strong>und</strong> 1993 die mit Abst<strong>an</strong>d höchsten Studenten- <strong>und</strong> Immatrikulationszahlen<strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität. (Abb. 3)Die Arbeit war <strong>an</strong> dieser Fakultät erschwert durch ihre fachliche Heterogenitätmit zahlreichen Studiengängen <strong>und</strong> Studienrichtungen – in 9 Studiengängen mit 14Studienrichtungen wurden 3200 Studenten ausgebildet –, ihre räumliche Zersplitterungvon Pirna über verschiedene St<strong>an</strong>dorte in <strong>Dresden</strong> bis hin nach Thar<strong>an</strong>dt,Son<strong>der</strong>einrichtungen wie Bot<strong>an</strong>ische Gärten <strong>und</strong> Ökologische Stationen sowie internationaleVerpflichtungen (UNEP – Postgradualstudium, Tropische Forstwirtschaft).Hinzu kam die bereits erwähnte Integration von Teilen aufgelöster Hochschulenbei einem wesentlichen Ausbau <strong>der</strong> Geographie <strong>und</strong> <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dschaftsarchitektursowie die Klärung <strong>der</strong> fachlichen <strong>und</strong> berufsorg<strong>an</strong>isatorischen Zuständigkeitenzwischen Wasserwesen <strong>und</strong> Bauingenieurwesen unter den neuen Bedingungen.An<strong>der</strong>erseits besaß die Fakultät ein wissenschaftliches Potential, das gefragt war<strong>und</strong> bei entsprechen<strong>der</strong> Flexibilität neu entstehende Schwerpunkte abdecken konnte.(Abb. 4)An <strong>der</strong> Universität erfolgte die Bearbeitung <strong>der</strong> zur damaligen Zeit vorr<strong>an</strong>gigenUmweltproblematik zu einem wesentlichen Teil durch diese Fakultät in Lehre <strong>und</strong>Forschung. Die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Fakultät für Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong>gestaltete sich auf dem Umweltsektor <strong>und</strong> auf dem Gebiet <strong>der</strong> Holztechnologieerfreulich. Der Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> 1968 abgeschafften Biologie <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät fürMathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften wurde ausdrücklich befürwortet <strong>und</strong> unterstützt.Die Fakultät vereinigte, wie bereits erwähnt, bio-, geo- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftlicheDisziplinen, die sich mit <strong>der</strong> natürlichen <strong>und</strong> gebauten Umwelt des Menschenbefassen. Sie glie<strong>der</strong>te sich org<strong>an</strong>isatorisch in Institute, geleitet von Institutsrätenmit einem Geschäftsführenden Leiter, Abteilungsräte mit einem Sprecher, den Fa-95


kultätsrat mit Dek<strong>an</strong> <strong>und</strong> zwei Prodek<strong>an</strong>en <strong>und</strong> das Dek<strong>an</strong>at. Für Lehre <strong>und</strong> Forschungst<strong>an</strong>den Anf<strong>an</strong>g 1993 in den fünf Abteilungen für Architektur <strong>und</strong> L<strong>an</strong>dschaftsarchitektur,Bauingenieurwesen, Forstwirtschaft, Geodäsie, Kartographie<strong>und</strong> Geographie sowie Wasserwesen 33 Institute, 5 Betriebseinheiten, 104 – 113Hochschullehrer <strong>und</strong> 192 Wissenschaftler zur Verfügung. Von Frühjahr 1990 bisFrühjahr 1994 wurde folgendes erreicht: die inhaltliche Neugestaltung des Studiumsmit neuen Studienplänen <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>ten Studieninhalten sowie Org<strong>an</strong>isationsformen,<strong>der</strong> Aufbau neu strukturierter Institute, Betriebseinheiten <strong>und</strong> Abteilungenin einer die Umwelt betonenden Fakultät, Widmung <strong>und</strong> Ausschreibung sämtlicherProfessuren sowie die personelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>und</strong> Verjüngung des Lehrkörpers,Umsetzung reduzierter Stellenpläne für das wissenschaftliche <strong>und</strong> sonstige Personal,Aufbau einer effizienten Verwaltung sowie Fortsetzung <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong>Qualifizierung ohne Abstriche. Das Verhältnis von Studenten zu Hochschullehrernbetrug 1994, bezogen auf besetzte Stellen, in <strong>der</strong> Architektur 36, im Bauingenieurwesen63 <strong>und</strong> im Mittel <strong>der</strong> drei <strong>an</strong><strong>der</strong>en Abteilungen 38. Bei Professoren lag dasOst–West–Verhältnis im April 1994 <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät BWF mit 1,6 (43 : 27) imVergleich zur Universität mit 1,9 (290 : 156). In den Folgejahren führte das altersbedingteAusscheiden ostdeutscher Stelleninhaber zu einer Erhöhung des Professoren<strong>an</strong>teilsaus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, relativ <strong>und</strong> absolut.(Abb.5-8)Insgesamt wurde das Ziel, die Machtposition <strong>der</strong> SED zu beseitigen, die sie seit1968 auf geistigem (ideologischem), personellem <strong>und</strong> strukturellem Gebiet aufgebauthatte, erreicht. Seilschaften <strong>der</strong> SED wurden in <strong>der</strong> Fakultät weitgehend abgebaut.Fähige, wenig belastete Vertreter des alten Systems wurden wie<strong>der</strong> eingestellt,wenige <strong>an</strong><strong>der</strong>e Vertreter hielten sich mit juristischer Hilfe bis zur biologischenLösung des Problems. Die demokratische Entwicklung <strong>der</strong> Fakultät wardadurch aber nicht gefährdet. Die Fakultät wurde innerhalb <strong>der</strong> <strong>TU</strong> zu einer demokratischenBildungseinrichtung umgestaltet, aus eigener Kraft <strong>und</strong> mit Unterstützung<strong>der</strong> Hochschulleitung <strong>und</strong> des Ministeriums für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst.3. Auflösung <strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen <strong>und</strong> Gründung<strong>der</strong> Fakultät Forst-, Geo- <strong>und</strong> HydrowissenschaftenDie Fakultät BWF erwies sich als eine Zwischenlösung für die Zeit nach <strong>der</strong> Wendebis zum Inkrafttreten des Sächsischen Hochschulgesetzes im Oktober 1993, dieentscheidend für die Neugestaltung <strong>der</strong> Universität war. Die Fakultät ermöglichtedie personelle, strukturelle <strong>und</strong> inhaltliche Umgestaltung eines größeren Universitätsbereichesunter vergleichbaren Bedingungen bei Berücksichtigung <strong>der</strong> Fachgebietsspezifik.Dabei wurde eine Nivellierung <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heiten dieser Fakultät imZuge <strong>der</strong> Angleichung <strong>an</strong> den Westen vermieden. Dies betraf die Einheit aus Geodäsie,Kartographie <strong>und</strong> Geographie, das Wasserwesen als Einheit aus Natur- <strong>und</strong>Ingenieurwissenschaften, den Ausbau <strong>der</strong> Lehre <strong>und</strong> Forschung auf dem Gebiet <strong>der</strong>96


Umwelt mit den Schwerpunkten Forstwissenschaft, Angew<strong>an</strong>dte Ökologie <strong>und</strong> Umweltschutzeinschließlich <strong>der</strong> Kombination von Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen mit starkeminternationalen Einschlag durch das beibehaltene UNESCO-Studium <strong>und</strong> ein Institutfür Internationale Forstwirtschaft mit eigenem Ausbildungsg<strong>an</strong>g. Die Aufteilung <strong>der</strong>Fakultät für BWF nach Beendigung <strong>der</strong> <strong>an</strong>gestrebten, nur im Verb<strong>und</strong> zu lösendenUmgestaltung erfolgte im Frühjahr 1994 nach eingehen<strong>der</strong> Diskussion, auch in denAbteilungen, auf Beschluss des Fakultätsrates <strong>und</strong> Entscheidung des Senats. Sie trugdem Wunsch <strong>der</strong> damals florierenden Abteilungen Architektur <strong>und</strong> Bauingenieurwesennach Eigenständigkeit Rechnung. Die stärker umweltbezogenen Abteilungen Forstwirtschaft,Wasserwesen <strong>und</strong> Geodäsie/Kartographie/Geographie entschieden sichfür ein weiteres Zusammengehen in einer neuen Fakultät Forst-, Geo- <strong>und</strong> Hydrowissenschaften.Der Senatsbeschluss zur neuen Fakultätsstruktur wurde im Dezember1993 gefasst, die Wahlen zu den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> neuen Fakultätsräte f<strong>an</strong>den im April1994 statt. Im Mai folgten die konstituierenden Sitzungen <strong>der</strong> neuen Fakultätsräte <strong>und</strong>die Wahl <strong>der</strong> Dek<strong>an</strong>e. Das Ergebnis war die 1994 erfolgte Gründung von drei neuenFakultäten für Architektur, Bauingenieurwesen sowie Forst-, Geo- <strong>und</strong> Hydrowissenschaften.Der Bot<strong>an</strong>ische Garten <strong>Dresden</strong> wurde am 19.9.94 zu einer zentralenEinrichtung <strong>der</strong> Universität. Zu dem in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n traditionellen Anschluss<strong>der</strong> Geodäsie <strong>an</strong> das Bauingenieurwesen kam es nicht, <strong>der</strong> Verb<strong>und</strong> Geodäsie/Kartographie/Geographieblieb erhalten. Auch das Wasserwesen wünschte keinetraditionelle Einheit mit dem Bauingenieurwesen, son<strong>der</strong>n eine Verbindung zurForstwirtschaft. Die neue Fakultätsordnung für die Fakultät Forst-, Geo- <strong>und</strong> Hydrowissenschaftenwurde im Oktober 1994 vom Senat bestätigt. Jede Fachrichtungbesaß d<strong>an</strong>ach einen Fachausschuss <strong>und</strong> einen Sprecher. Die drei neuen Fakultätenhatten nach Überwindung <strong>der</strong> Abbauphase 1991/92 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Integrationsphase 1992/93 im Jahr 1994 folgende Stärke (mit kW – Stellen):Fakultäten Studenten Professoren Wiss. MitarbeiterArchitektur 874 26 (alle besetzt) 47Bauingenieurwesen 1204 29 (19 besetzt) 59Forst-, Geo- <strong>und</strong> Hydrowissenschaften 1572 57 (48 besetzt) 95Abschließend sei zum besseren Verständnis <strong>der</strong> damaligen Situation dar<strong>an</strong> erinnert,dass die wesentlichen Ziele <strong>der</strong> politischen <strong>Erneuerung</strong> Ostdeutschl<strong>an</strong>ds Freiheit,Umweltverbesserung <strong>und</strong> soziale Marktwirtschaft waren. Diese Ziele wurden von<strong>der</strong> Fakultät Bau-, Wasser- <strong>und</strong> Forstwesen konsequent unterstützt. Nach zehn Jahrensind die schlimmsten Umweltschäden beseitigt, so dass die Wahrnehmung <strong>und</strong>Wertschätzung immaterieller Werte in unserer Umwelt heute mit zur Aufgabe <strong>der</strong>Fakultät im Hinblick auf ihre Ver<strong>an</strong>twortung für Gesellschaft <strong>und</strong> Politik gehörensollte. Hier ließe sich auch die wünschenswerte Zusammenarbeit mit den Geistes<strong>und</strong>Technikwissenschaften beleben (Ver<strong>an</strong>twortung für Natur <strong>und</strong> Kultur, Technikfolgeabschätzung,Umwelt <strong>und</strong> Wirtschaftswachstum).97


Abb. 1: Verkürzte Berufungsverfahren98


Abt. Architektur <strong>und</strong> L<strong>an</strong>dschaftsarchitekturProf. Dr. K. Mertens (Sprecher)Prof. Dr. K. GeorgiProf. Dr. G. PöschelProf. Dr. S. SommerProf. Dr. M. WagnerDipl.-Ing. Mario ObenausDr. Chr. SchmidtAbt. BauingenieurwesenProf. Dr. D. Fr<strong>an</strong>ke (Sprecher)Prof. Dr. M. GruberProf. Dr. G. ZumpeProf. Dr. J. StritzkeProf. Dr. J. SchindlerProf. Dr. H. OpitzProf. Dr. H. MartinProf. Dr. E. Latterm<strong>an</strong>nStudentin Kirstin KainAbt. ForstwirtschaftProf. Dr. O. Bloßfeld (Sprecher)Prof. Dr. H. J. Fiedler (Dek<strong>an</strong>)Prof. Dr. P. SchmidtProf. Dr. W. NebeProf. Dr. G. FlemmingDr. habil. H. KochStudent Volker MarxAbt. Geodäsie, Kartographie <strong>und</strong> GeographieProf. Dr. K.-G. Steinert (Sprecher)Prof. Dr. H. WernerProf. Dr. W. KaulfußProf. Dr. K. RegensburgerProf. Dr. S. MeierDr. K. FreyAbt. WasserwesenProf. Dr. J. Benndorf (Sprecher)Prof. Dr. J. HackenbergerProf. Dr. D. Uhlm<strong>an</strong>nDr. habil. D. LieregDr. habil. J. WaltherStudent J. Schnei<strong>der</strong>Prof. Dr. J. Roloff (Personalrat)Dr. Sonja Fe<strong>der</strong> (Gleichstellungsbeauftragte)Fakultätskommissionen <strong>und</strong> ihre LeiterLehreForschungFin<strong>an</strong>zenÖffentlichkeitsarbeitÖkologie <strong>und</strong> UmweltPromotionsausschussRaumkommission, BaufragenProf. Dr. MartinProf. Dr. BloßfeldProf. Dr. WernerProf. Dr. WagnerProf. Dr. BenndorfProf. Dr. Koch, ab 1992 Prof. Dr. ZumpeProf. Dr. GruberAbb. 2: Zusammensetzung des Rates <strong>der</strong> Fakultät BWF Anf<strong>an</strong>g 199399


Abb. 3: Entwicklung <strong>der</strong> Immatrikulationszahlen von 1989 – 1993 <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät BWF100


Stg. ArchitekturStg. L<strong>an</strong>dschaftsarchitekturStg. BauingenieurwesenStg. Konstruktiver IngenieurbauStr. Stadtbauwesen (<strong>und</strong> Verkehrswegebau)Str. WasserbauStr. BaubetriebswesenStg. ForstwirtschaftStr. Tropische ForstwirtschaftStg. GeodäsieStg. KartographieStr. GeographieStg. WasserwirtschaftStr. Wasserversorgung <strong>und</strong> Abwasserbeh<strong>an</strong>dlungStr. WasserbewirtschaftungStr. Hydrologie/WassermengenwirtschaftStr. HydrobiologieStr. HydrochemieAbb. 4: Studiengänge (Stg.) <strong>und</strong> Studienrichtungen (Str.) <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät BWF 1990101


Abb. 5-1: Strukturelle Än<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Umw<strong>an</strong>dlung <strong>der</strong> Sektionen in Abteilungen <strong>der</strong>Fakultät BWF 1990102


Abb. 5-2: Strukturelle Än<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Umw<strong>an</strong>dlung <strong>der</strong> Sektionen in Abteilungen <strong>der</strong>Fakultät BWF 1990103


Abb. 7: Stellenzahl (Haushalt) <strong>der</strong> Fakultät BWF in den Jahren 1991 <strong>und</strong> 1993105


Abb. 8: St<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Besetzung von C 4- <strong>und</strong> C 3–Stellen im September 1993 <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät BWF106


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Prof. Dr.-Ing. habil.Erwin Stoschek* 19. November 1936 in BernstadtDek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Informatik (1992-1997, 1992-1994 amtierend)1955-1961 Studium <strong>der</strong> Elektrotechnik, Physik <strong>und</strong> Kerntechnik<strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1965-1972 Industrietätigkeit im KombinatRobotron; 1972-1978 wiss. Mitarbeiter <strong>an</strong> <strong>der</strong> SektionInformationsverarbeitung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1978-1990 Doz.<strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Informationsverarbeitung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;1990 Ernennung zum a.o. Prof. <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Informatik <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992 Berufung zum Prof. für Algorithmen- <strong>und</strong>Automatentheorie am Institut für Theoretische Informatik <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1992-1997 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Informatik <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Lassen Sie mich meinem Beitrag einen kurzen Rückblick auf die Vorgeschichte <strong>und</strong>die Entstehung <strong>der</strong> Fakultät Informatik vor<strong>an</strong>stellen, <strong>der</strong>en Dek<strong>an</strong>samt ich von Oktober1992 bis April 1997 innehatte.1969 wurden <strong>an</strong> <strong>der</strong> damaligen Ingenieurhochschule <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>unabhängig vonein<strong>an</strong><strong>der</strong> Sektionen Informationsverarbeitung gegründet. Diesewurden 1986 zum Informatikzentrum <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> zusammengeführt, dasfort<strong>an</strong> die universitäre Informatikausbildung <strong>und</strong> -forschung in <strong>Dresden</strong> repräsentierte.Das hatte notwendigerweise zunächst eine gewisse Inhomogenität zur Folge,die sich erst ausgleichen musste, aber auch einen gewissen Personalüberh<strong>an</strong>g.Aus dieser Vorgängereinrichtung heraus ist d<strong>an</strong>n nach <strong>der</strong> politischen Wende <strong>und</strong><strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung im November 1990 die heutige Fakultät Informatikgegründet worden. Vor <strong>und</strong> außerhalb dieser Entwicklungslinie st<strong>an</strong>d das1956 in <strong>der</strong> damaligen Abteilung Mathematik <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong> von Professor N.Joachim Lehm<strong>an</strong>n gegründete Institut für Maschinelle Rechentechnik <strong>und</strong> seineNachfolger. Die Leistungen dieses Institutes <strong>und</strong> seines Grün<strong>der</strong>s in Forschung <strong>und</strong>Lehre sind <strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>er Stelle gebührend gewürdigt worden. Die Gründung <strong>der</strong>Fakultät Informatik mit den Instituten für- Theoretische Informatik- Technische Informatik- Rechnersysteme- Betriebssysteme <strong>und</strong> Computerkommunikation- Datenb<strong>an</strong>ken <strong>und</strong> Künstliche Intelligenz- Angew<strong>an</strong>dte Informatik / Steuerungssysteme- Informationssysteme <strong>und</strong> Softwaretechnologie108


sowie eines Fakultätsrechenzentrums erfolgte am 6.11.1990 gemäß <strong>der</strong> damaligenvorläufigen Gr<strong>und</strong>ordnung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. Diese Struktur spiegelte sowohl dieKontinuität in Ausbildung <strong>und</strong> Forschung als auch die Profilierung auf neue, internationalin stürmischer <strong>und</strong> Erfolg versprechen<strong>der</strong> Entwicklung befindlicher Teilgebiete<strong>der</strong> Informatik (wie Rechnernetze <strong>und</strong> Künstliche Intelligenz) wi<strong>der</strong>. Die fachliche<strong>Erneuerung</strong> hat so begonnen. Auf dieser Basis fußen auch die Erweiterungen in denfolgenden Jahren.Am 26.11.1990 konstituierte sich <strong>der</strong> demokratisch gewählte Fakultätsrat. Zumersten Dek<strong>an</strong> wurde Professor Helmut Adler gewählt, <strong>der</strong> dieses Amt bis zu seinemAusscheiden in den Ruhest<strong>an</strong>d im September 1992 erfolgreich <strong>und</strong> mit großem persönlichenEinsatz ausgefüllt hat.Im Rahmen <strong>der</strong> gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen beg<strong>an</strong>n nun in <strong>der</strong> Folgezeit <strong>der</strong> einerseitsmühselige <strong>und</strong> beladene, <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits neue Horizonte eröffnende <strong>und</strong> alle demokratischenKräfte, alle Arbeitskraft herausfor<strong>der</strong>nde Hochschulerneuerungsprozess: Erneuern<strong>und</strong> Bewahren vor Ort <strong>und</strong> im richtigen Gleichgewicht, dies insbeson<strong>der</strong>eauch für die Lehre ohne Abstriche! So wurden bis April/Mai 1991 durch eine Kommissionaus Professoren, Mittelbau <strong>und</strong> Studenten zunächst neue Studien- <strong>und</strong> Prüfungsordnungenfür den Studieng<strong>an</strong>g Informatik ausgearbeitet, die unsere Ausbildungkompatibel mit <strong>der</strong> „Rahmenordnung für den Diplomstudieng<strong>an</strong>g Informatik <strong>an</strong> Universitäten<strong>und</strong> gleichgestellten Hochschulen“ <strong>und</strong> den Normen des FakultätentagesInformatik gestaltete – <strong>der</strong> Anschluss <strong>an</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d <strong>und</strong> <strong>an</strong> dieWelt - zugleich Gr<strong>und</strong>gerüst für alle späteren, die ras<strong>an</strong>te Entwicklung <strong>der</strong> Informatik<strong>und</strong> weitere internationale Kompatibilität berücksichtigende Neufassungen. Dieseneuen Ordnungen wurden nun nach Bestätigung durch Senat <strong>und</strong> Sächsisches Staatsministeriumfür Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst (SMWK) mit dem Immatrikulationsjahrg<strong>an</strong>g1991 (310 Studien<strong>an</strong>fänger) schrittweise in die Praxis umgesetzt, hier<strong>an</strong> hatte <strong>der</strong>akademische Mittelbau hohen Anteil. Nicht zuletzt diese Aktivitäten <strong>und</strong> die bisherigegute <strong>und</strong> theoretisch solide f<strong>und</strong>ierte Informatikausbildung mit bis dato ca. 3 500Absolventen war Gr<strong>und</strong> dafür, dass unsere Fakultät als erste ostdeutsche Informatikfakultätim Juni 1991 in den Fakultätentag Informatik als Vollmitglied aufgenommenwurde.Ich zitiere im Folgenden aus dem Rechenschaftsbericht des Dek<strong>an</strong>s <strong>der</strong> FakultätInformatik 1990 bis 1994:„Die im Rahmen <strong>der</strong> Hochschulerneuerung durch das Sächsische Hochschulerneuerungsgesetz(SHEG) kodifizierte Reform <strong>und</strong> <strong>Erneuerung</strong> im Bereich des Personalswar mit einer Überprüfung <strong>der</strong> persönlichen Integrität, <strong>der</strong> Eignung <strong>und</strong> <strong>der</strong> wissenschaftlichenSachk<strong>und</strong>e aller Hochschullehrer <strong>und</strong> Mitarbeiter durch die vom Ministerfür Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Informatik eingesetzte Personalkommission<strong>und</strong> Fachkommission verb<strong>und</strong>en. Die Mitglie<strong>der</strong> dieser Kommissionen wurdendurch den Fakultätsrat vorgeschlagen <strong>und</strong> durch das SMWK bestellt.109


Die Personalkommission hat ab 13.11.1991 auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Paragraphen75 bis 79 des SHEG, <strong>der</strong> vom SMWK erlassenen Arbeitsordnung <strong>und</strong> Richtliniensowie unter Beachtung <strong>der</strong> vom Plenum <strong>der</strong> ständigen Personalkommissionsmitglie<strong>der</strong>für die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> erarbeiteten Arbeitsordnung gearbeitet. Die von <strong>der</strong>Personalkommission abgegebenen Voten (Zahl <strong>der</strong> überprüften Personen: 336)<strong>und</strong> <strong>der</strong> Abschlußbericht vom 7.7.1992 sind <strong>an</strong> das SMWK weitergeleitet worden.Die Fachkommission hat am 4.5.1992 auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Paragraphen 75, 76<strong>und</strong> 80 SHEG ihre Arbeit aufgenommen. Die von <strong>der</strong> Fachkommission abgegebenenVoten (Zahl <strong>der</strong> überprüften Personen, einschließlich des Personals des URZ:159/5 x nicht geeignet) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abschlußbericht vom 18.6.1992 wurden <strong>an</strong> dasSMWK weitergeleitet.“Das im März 1992 vom Senat <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> bestätigte Stellenkonzept für Hochschullehrersah zunächst 18 C4-Stellen <strong>und</strong> 6 C3-Stellen (bis Anf<strong>an</strong>g 1994 in 15 C4-Stellen, 8 C3-Stellen, 7 C2-Stellen gew<strong>an</strong>delt) vor. Die Besetzung erfolgte gemäßden Bestimmungen des SHEG <strong>und</strong> des SHG in zwei Etappen:- Berufungen im verkürzten Berufungsverfahren zu Professoren neuen Rechts,20.6.1992, 4 C4-Stellen, 2 C3-Stellen- Berufungen auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Vorschläge von Berufungskommissionen unter Vorsitzvon Professoren neuen Rechts, sechs Kommissionen.Durch die intensive Arbeit <strong>der</strong> Berufungskommissionen konnte schon bald ein im<strong>TU</strong>-Maßstab hoher Grad <strong>der</strong> Besetzung <strong>der</strong> Hochschullehrerstellen erreicht werden.Mit St<strong>an</strong>d vom 1.4.1994 waren 11 von 15 C4-Professuren, 7 von 8 C3-Professuren<strong>und</strong> 5 von 7 C2-Dozenturen endgültig besetzt. Eine erste Stiftungsprofessur,„Multimediatechnik“, war in Besetzung. Bei den Neuberufungen ließen sich dieBerufungskommissionen neben <strong>der</strong> festgestellten persönlichen Integrität von folgendenGesichtspunkten leiten:- Die zu Berufenden sollten bereits umf<strong>an</strong>greiche Erfahrungen in Lehre <strong>und</strong> Forschungbesitzen <strong>und</strong> ein reiches wissenschaftliches Werk haben bzw. erwartenlassen- sie sollten über umf<strong>an</strong>greiche Ausl<strong>an</strong>dserfahrungen verfügen, Öffnung zur Welt,Aufbrechen des Eingeengtseins in <strong>der</strong> DDR! Durch die Neuberufung sollte aucheine merkliche Verjüngung des Hochschullehrerbest<strong>an</strong>des erreicht werden.Unvergessen ist die Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung, welche die Berufungskommissionen inden Jahren 1992 bis 1995 von prominenten Vertretern des Fakultätentages Informatikerhalten haben. Hier ist beson<strong>der</strong>s den Professoren Rul Gunzenhäuser, H<strong>an</strong>s-Jürgen Appelrath, Otto Sp<strong>an</strong>iol <strong>und</strong> Gerhard Krüger zu d<strong>an</strong>ken.In dem vorgen<strong>an</strong>nten Besetzungszeitraum mit entsprechenden Vak<strong>an</strong>zen hattenqualifizierte Mitarbeiter aus dem akademischen Mittelbau unter normaler Lehrbelastungin bestimmten Fällen auch die volle Ver<strong>an</strong>twortung für Vorlesungen <strong>und</strong>110


Übungen zu tragen <strong>und</strong> es hat funktioniert! Auch das war Rolle des Mittelbaus imHochschulerneuerungsprozess!Der auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des von <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> vorgegebenen Stellenpl<strong>an</strong>s <strong>der</strong>Fakultät Informatik notwendige Stellenabbau erfor<strong>der</strong>te die Neuausschreibung allerStellen des wissenschaftlichen <strong>und</strong> sonstigen hauptberuflichen Personals in denStellenkatalogen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> vom Juni <strong>und</strong> Juli 1992 sowie die Auswahl <strong>der</strong>Bewerber durch die Personalauswahlkommissionen, die für beide Mitarbeitergruppengebildet wurden. Dabei waren auch hinzukommende Mitarbeiter <strong>der</strong> ehemaligenPädagogischen Hochschule <strong>Dresden</strong> zu integrieren, es gab über 1 000Bewerbungen. Diese Auswahlkommissionen hatten die äußerst problemreicheAufgabe, bei <strong>der</strong> Besetzung <strong>der</strong> Stellen fachliche Kompetenz, persönliche Integrität<strong>und</strong> soziale Gesichtspunkte zu wichten. Der Personalbest<strong>an</strong>d wurde dabei von 312im Jahre 1991 auf 185 Mitarbeiter im Jahre 1993 zurückgeführt. Dies war notwendigerweisemit Bedarfskündigungen verb<strong>und</strong>en, die schmerzliche Seite des Hochschulerneuerungsprozesses– für alle dabei Beteiligten - haben sie nun vor o<strong>der</strong>hinter einem Amtstisch gesessen. D<strong>an</strong>ach kam die Fakultät in ruhigeres Fahrwasser.Die Immatrikulation 1993 war ein Schock: 96 Studien<strong>an</strong>fänger – in den Folgejahrenl<strong>an</strong>gsamer Anstieg. Blicken wir heute auf die Fakultät Informatik, erscheint auchdenen, die die zuvor skizzierten Jahre erlebt, durchlebt hatten, m<strong>an</strong>ches schon wieeine Legende.Heute sehen wir- eine verjüngte, international <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte weltoffene Professorenschaft (15 C4, 8C3) für alle Teilbereiche <strong>der</strong> Informatik- Schwerpunktmäßig orientierte mo<strong>der</strong>ne Forschungsprojekte – Drittmittel –mehrere Industrieprojekte- zum Studieng<strong>an</strong>g Informatik sind die Studiengänge Medieninformatik <strong>und</strong> Informationssystemtechniksowie das internationale Masterprogramm ComputationalLogic hinzugekommen, weiteres ist in Vorbereitung, auch ein Studieng<strong>an</strong>g Bioinformatikrückt in greifbare Nähe!- hohe Studentenzahlen 800 – 900 (im schwärzesten Jahr 1993 hatten wir 96Studien<strong>an</strong>fänger)- ehrgeizige Pläne für die nächsten Jahre.In Summe:Die Mühen <strong>der</strong> schweren Jahre haben sich gelohnt, Visionen, auch meine Visionen,haben sich erfüllt. Wie immer: es bleiben Probleme <strong>und</strong> Wünsche offen. Es bleibenAber. Gott sei D<strong>an</strong>k.Folgende Seite: Studentendemonstration Augustusbrücke111


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PodiumsdiskussionPD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteWar die Wende in <strong>der</strong> Hochschulpolitik die St<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Exekutive? Inwiefern <strong>und</strong>warum fehlte es <strong>an</strong> einem demokratischen Unterbau, auf dem sich die Hochschulehätte aus sich selbst erneuern können? Herr Professor Fiedler hat das ja eben soschön gesagt mit dem Satz: “Die SED – Genossen hatten gesagt: „Wenn wir jetzteine Demokratie sind, haben wir erst recht die Mehrheit <strong>und</strong> hier wird sich nichtsw<strong>an</strong>deln.“Staatsminister Professor H<strong>an</strong>s Joachim MeyerIch will nicht sagen, die St<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Exekutive, aber sicherlich des Gesetzgebers. Eswar notwendig, den Kräften <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> in <strong>der</strong> Hochschule die nötige gesetzlicheBasis zu geben <strong>und</strong> auch die demokratischen Kräfte in <strong>der</strong> Öffentlichkeit zuunterstützen, sowie einen Zusammenh<strong>an</strong>g herzustellen zwischen den Hochschullehrern<strong>und</strong> den Wissenschaftlern hier in den Hochschulen in diesem Teil Deutschl<strong>an</strong>ds<strong>und</strong> <strong>der</strong> gesamtdeutschen wissenschaftlichen Kommunität. Das war etwas,was im normalen, gesetzlichen Zusammenh<strong>an</strong>g wie er <strong>der</strong> deutschen Universitätstraditionentspricht, natürlich nicht gegeben ist. Dabei muss m<strong>an</strong> ja auch daraufverweisen, dass die akademische Autonomie in diesem Teil Deutschl<strong>an</strong>ds systematischzerstört worden war. Die letzten Reste wurden ja g<strong>an</strong>z offiziell 1968 durchdie so gen<strong>an</strong>nte Dritte Hochschulreform beseitigt. Es war daher, so denke ichauch, eine Aufgabe des Gesetzgebers, einerseits die Voraussetzungen für die akademischeAutonomie zusammen mit denjenigen Hochschul<strong>an</strong>gehörigen wie<strong>der</strong> herzustellen,die sich für die freiheitlichen Voraussetzungen von akademischer Autonomieeinzusetzen bereit waren. D<strong>an</strong>n <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits auch zu unterstützen, dassdieser Prozess zügig verlief, damit wir doch zu einem frühest möglichen Zeitpunkt,den ja auch <strong>der</strong> Einigungsvertrag vorgesehen hatte, durch ein neues SächsischesHochschulgesetz die akademische Autonomie wie<strong>der</strong> erreichen. Zugleich konntenwir das gesetzlich festschreiben, was wir als Eigeninitiativen, als eigene Modellein die Hochschulreformdebatte, die ja, wenn m<strong>an</strong> so will, durch die Einigungsdebattezeitweilig unterbrochen worden war, eingebracht hatten. Also ich würdenicht sagen, dass die Exekutive, obwohl sie durch das Gesetz in <strong>der</strong> Tat erhöhteRechte bekam, son<strong>der</strong>n vor allem <strong>der</strong> Gesetzgeber in einem freiheitlichen Staatdar<strong>an</strong> interessiert sein muss, dass die Hochschulen, die dem freiheitlichen Geistdieser Gesellschaft so rasch wie möglich im vollen Sinne entsprechen, dort ihrever<strong>an</strong>twortungsvolle Aufgabe wahrnehmen können.Professor Reiner PommerinAlso ich habe die Administration rückblickend als für mich wesentliches Elementerlebt. Ich würde aber gern noch einen Punkt erwähnen, <strong>der</strong> bisher g<strong>an</strong>z außen vorgeblieben ist. Wir hatten nicht nur einen gewissen Druck durch Vorgaben, son<strong>der</strong>n,113


wenn ich es recht bedenke, waren es auch unsere Studierenden, die uns unterDruck setzten. Ich erinnere mich, dass ein Ruf nach <strong>Erneuerung</strong> wach wurde <strong>und</strong>dass ich, zum Beispiel in Jena, aber auch noch hier <strong>an</strong>fänglich konfrontiert wurdemit Fragen: “Wie sieht die Hochschull<strong>an</strong>dschaft aus? Wie wird die Verän<strong>der</strong>ungstattfinden? Was sind die Vorteile <strong>der</strong> Demokratie eines kollegial verfassten Hochschulrahmens?“Also, auch die Studenten waren es, die verl<strong>an</strong>gten, dass sich nunnach <strong>der</strong> Wende <strong>und</strong> nach dem Fall <strong>der</strong> Mauer auch in den Hochschulen selberetwas Neues abzeichnete <strong>und</strong> für sie auch ersichtlich wurde. Das war nicht einfach,weil ja die allererste Generation zu Beginn doch große Sorgen hatte. Dergar<strong>an</strong>tierte Arbeitsplatz war weg <strong>und</strong> so weiter. Mir sind also eher diese Dinge, <strong>der</strong>Druck <strong>der</strong> Studenten, ihr Interesse <strong>an</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> die Bereitschaft, ebenauch <strong>der</strong> Hochschule in Erinnerung. Die Administration habe ich eigentlich stets alsför<strong>der</strong>nd <strong>und</strong> unterstützend erlebt, wenn m<strong>an</strong> sie gebraucht hat.Staatsminister Professor H<strong>an</strong>s Joachim MeyerIch möchte eigentlich auch <strong>der</strong> These, das sei <strong>der</strong> Augenblick o<strong>der</strong> die St<strong>und</strong>e <strong>der</strong>Exekutive o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Administration gewesen, wi<strong>der</strong>sprechen. Die Administrationhatte hier lediglich eine prozedurale Rolle. Sie musste diesen gesamten Ablaufprozedural sicherstellen. Das war auch eine wichtige Aufgabe sicherlich, aberinhaltlich hat die Exekutive hier we<strong>der</strong> innerhalb noch außerhalb <strong>der</strong> Hochschuledie Administration, die tragende Rolle gehabt, son<strong>der</strong>n die Personalkommissionen,die Auswahlkommissionen, also all diejenigen, die inhaltlich eine solche <strong>Erneuerung</strong>auch überhaupt nur realisieren konnten, denn sie hatten die inhaltlichen Kenntnisse.Eine Administration hätte das gar nicht leisten können. Insofern war für michdie Administration hier nur dienend prozedural tätig, während die Inhalte von denHochschulen ausgingen. All die Personen, die heute hier zu Wort gekommen sind<strong>und</strong> die vielen, vielen <strong>an</strong><strong>der</strong>en, die dar<strong>an</strong> mitgewirkt haben, waren die Träger <strong>der</strong><strong>Erneuerung</strong>, nicht die Exekutive.Dr. Sybille KrzywinskiIch möchte betonen, dass die Arbeit des Mittelbaus, die ja heute schon häufiggelobt wurde, bahnbrechend war, um die Installierung demokratischer Gremiennach <strong>der</strong> Wende zu bewirken <strong>und</strong> zu beschleunigen. Fragen wie, wer wird gewählt,wie wird gewählt, wie sollen die einzelnen Mitglie<strong>der</strong>gruppen in den Gremien<strong>der</strong> Universität vertreten sein, galt es zu klären. Es wurde hierbei wirklich sehrengagiert gearbeitet. Dabei f<strong>an</strong>den sich zunächst Vertreter über die Fakultätsgrenzenhinweg zusammen, um etwas zu bewirken. Die Strukturierung in denFakultäten geschah erst später.Professor Paul Heinz MüllerIch möchte noch eine ergänzende Bemerkung zu den <strong>an</strong>gesprochenen Kontaktenostdeutscher Hochschullehrer zur DDR-Zeit machen, insbeson<strong>der</strong>e wasdie postalischen Kontakte in das westliche Ausl<strong>an</strong>d betrifft. Natürlich waren114


diese Kontaktmöglichkeiten „von oben“ sehr eingeschränkt, waren doch alleVerbindungen in jegliches Ausl<strong>an</strong>d nur offiziell über das Direktorat für InternationaleBeziehungen zu führen, insbeson<strong>der</strong>e also auch sämtlicher Schriftverkehr.Dennoch gab es eine Anzahl von Hochschullehrern, die sich über dieseBestimmungen hinwegsetzten, insbeson<strong>der</strong>e d<strong>an</strong>n, wenn sie sich eines hinreichendenBek<strong>an</strong>ntheitsgrades in internationalen Fachkreisen bewusst waren.Dabei wurde auch riskiert, die Korrespondenz über die öffentliche Post zuführen, <strong>und</strong> m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n davon ausgehen, dass dies bemerkt <strong>und</strong> vielfach auchhingenommen wurde. Durch die Wende eröffneten sich d<strong>an</strong>n weit größere <strong>und</strong>uneingeschränkte Möglichkeiten. Aber nicht zutreffend wäre die <strong>an</strong>geklungeneMeinung, dass den ostdeutschen Hochschullehrern Kontakte ins Ausl<strong>an</strong>d, speziellins westliche, nach 1990 erst hätten beigebracht werden müssen.Professor Reiner PommerinMir fällt doch noch eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Administration in Sachsen ein. HerrMinister, o<strong>der</strong> besser gesagt, Herr Kollege Meyer. Es ist übrigens schön, wennWissenschaftsminister auch Kollegen sind. Das sollte immer so sein, es ist abernicht überall so. Ich k<strong>an</strong>n mich <strong>an</strong> etwas erinnern, was damals schon eine Neuigkeit<strong>und</strong> eine Beson<strong>der</strong>heit für mich war. Ich hatte in <strong>der</strong> „Welt am Sonntag“bei dem ersten Referentenentwurf des Hochschulgesetzes geschrieben „Ohrfeigenfür sächsische Hochschullehrer“ <strong>und</strong> erhielt einen Anruf von MinisterMeyer, <strong>der</strong> sagte: “ Ich sehe, wir haben Differenzen. Sie haben Monita, wirsollten mal darüber sprechen.“ Da fragte ich: „w<strong>an</strong>n?“ Und er sagte: “HeuteAbend 21 Uhr, da habe ich nämlich Zeit“. Und da weiß ich, wie ich damals insMinisterium gefahren bin. Mit einer Liste, mit so f<strong>an</strong>d ich, guten Argumenten.Nicht alle waren so gut wie ich dachte, davon war ich aber leicht zu überzeugen.Aber ein o<strong>der</strong> zwei meiner Argumente boten Anregungen. Am Schluss desGespräches sagte <strong>der</strong> Minister: „Da muss ich mal drüber nachdenken, das scheintmir Sinn zu haben“. So etwas war mir in meinem g<strong>an</strong>zen Leben in keiner Wissenschaftsl<strong>an</strong>dschaftbisher passiert <strong>und</strong> ich befürchte, das wird nie mehr wie<strong>der</strong>passieren.Professor Günther L<strong>an</strong>dgrafIch möchte sagen, dass diese Ereignisse am Ende 89 <strong>und</strong> Anf<strong>an</strong>g 90 doch gezeigthaben, dass auch vieles erreicht werden konnte ohne Unterstützung von oben. Wirhaben ja diese g<strong>an</strong>zen <strong>Erneuerung</strong>en bis zur Wahl <strong>der</strong> Fakultäten, des Senates <strong>und</strong>so weiter von uns aus durchgeführt. Es mag vielleicht auch dar<strong>an</strong> liegen, dass dieVerhältnisse <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> am schlimmsten waren <strong>und</strong> dass es dadurch ebenaufgebrochen ist. An den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hochschulen war es vielleicht nicht g<strong>an</strong>z soschlimm <strong>und</strong> dort wurde ja die <strong>Erneuerung</strong> meist so geh<strong>an</strong>dhabt, dass sich dieRektoren o<strong>der</strong> die Dek<strong>an</strong>e das Vertrauen aussprechen ließen von irgendwelchenVersammlungen <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n im Amt blieben während also hier durch Dinge, dieProfessor Jakobs ver<strong>an</strong>lasst hatte, es unbedingt notwendig war, einen neuen Rektor115


zu wählen. An den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Universitäten war es ja so, dass m<strong>an</strong> eigentlich dieLeute, ich will mal jetzt vulgär sagen, erst los wurde durch die Verordnung, dassRektoren, Dek<strong>an</strong>e, Prodek<strong>an</strong>e, Prorektoren, Professoren neuen Rechts sein mussten.Der Minister hat ja <strong>an</strong> einigen Universitäten die Rektoren erst einmal eingesetzt,weil es mit einer Neuwahl damals ja nicht g<strong>an</strong>z so schnell funktionierte. Wirwaren eigentlich die ersten, die in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n neu gewählt hatten <strong>und</strong>dadurch war das d<strong>an</strong>n auch relativ stabil, weil nicht viele <strong>der</strong> neu gewählten ihrAmt nie<strong>der</strong>legen mussten.Staatsminister Professor H<strong>an</strong>s Joachim MeyerAlso, das will ich bestätigen, es gab ja sehr unterschiedliche Situationen. Ich habe jaheute Morgen schon in meinem Vorwort darauf hingewiesen, dass die TechnischeUniversität <strong>Dresden</strong> nach meiner Übersicht die erste Universität in <strong>der</strong> ehemaligenDDR war, wo ein Konzil wirklich gewählt wurde <strong>und</strong> dieses Konzil d<strong>an</strong>n einenneuen Rektor wählte <strong>und</strong> einen neuen Senat. Nach meiner Erinnerung kam d<strong>an</strong>n dieHumboldt-Universität, auch in Halle hat es solche Wahlen gegeben, auch in Jena.Schwierig war die Situation in Leipzig, wo das Konzil im Gr<strong>und</strong>e genommen sichnicht verständigen konnte <strong>und</strong> ich damals von Berlin aus den Rektor auffor<strong>der</strong>te, einRektoratskollegium zu bilden, aus Persönlichkeiten, die neu gewählt waren. Er tratd<strong>an</strong>n daraufhin zurück <strong>und</strong> diese neu gewählten Persönlichkeiten bildeten das Rektoratskollegium.Was die Situation in Chemnitz <strong>und</strong> Freiberg <strong>an</strong>betrifft, da glaubeich, hat sicherlich Herr Kollege L<strong>an</strong>dgraf Recht. Dort haben sich erst spätersolche Verän<strong>der</strong>ungen vollzogen.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteEs war heute Morgen hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>, Herr Minister, die Rede von Bedarfskündigungen.Da sprach fast je<strong>der</strong> Teilnehmer davon. Wenn m<strong>an</strong> heute die Schreibennoch einmal in die H<strong>an</strong>d nimmt, die damals so verschickt wurden, da kommt einem<strong>der</strong> Ton doch etwas befremdlich vor. Ich will Sie fragen, ob Sie das aus <strong>der</strong> damaligenSituation vielleicht noch etwas erläutern könnten. Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dassmir ein Hochschulfunktionär in Bonn halb ironisch mal gesagt hat: “In <strong>der</strong> DDRwurde abgewickelt <strong>und</strong> evaluiert, wir haben Begehungen über uns ergehen lassenmüssen.“ Ich will damit die Frage auch verbinden, ob es möglich ist, aus diesemVorgehen, was Sie hier haben praktizieren müssen, auch Lehren für die westdeutschenHochschulen zu ziehen, wo ja alles nur noch unter <strong>der</strong> Vokabel sozialverträglichdurchgesetzt werden k<strong>an</strong>n.Staatsminister Professor H<strong>an</strong>s Joachim MeyerIch denke, alle Ver<strong>an</strong>twortlichen haben damals die Koppelung von personeller <strong>und</strong>struktureller <strong>Erneuerung</strong> mit einer fiskalisch motivierten Anpassung als belastendempf<strong>und</strong>en. Für uns ergab sich die Situation einfach durch einen nüchternen Kosten-Stellen-Vergleich,den wir ja damals immer wie<strong>der</strong> <strong>an</strong>gestellt hatten. Die meistenvon Ihnen werden sich ja dar<strong>an</strong> erinnern. Aus historischen Gründen war ja116


neben Ostberlin, Sachsen innerhalb <strong>der</strong> DDR ein L<strong>an</strong>d mit hoher Konzentrationvon Hochschuleinrichtungen. Nun musste das L<strong>an</strong>d dafür die Ver<strong>an</strong>twortung übernehmen<strong>und</strong> das bei einer völlig ungeklärten Hauhaltssituation <strong>und</strong> einer nochunklareren Hauhaltsperspektive, obwohl wir damals sicherlich mehr Hoffnunghatten in Bezug auf die Entwicklung <strong>der</strong> nächsten zehn Jahre als sich das d<strong>an</strong>nverwirklicht hat. Aber damals war zunächst mal alles unklar <strong>und</strong> wir musstensehen, wie wir denn diese Hochschull<strong>an</strong>dschaften fin<strong>an</strong>zieren könnten. Und daergab es d<strong>an</strong>n <strong>der</strong> nüchterne Kostenvergleich: Baden-Württemberg hatte damalsdie doppelte Bevölkerungszahl wie Sachsen. Inzwischen hat ja die sächsische Bevölkerungweiter abgenommen, aber damals hatte das „Ländle“ die doppelte Bevölkerungszahl.Und Baden-Württemberg <strong>und</strong> Sachsen hatten in den Hochschuleinrichtungen,ausgenommen die Medizin, beide 22 000 Mitarbeiter. Und da waralso völlig klar, dass wir das nicht auf Dauer durchstehen könnten. Das war völligausgeschlossen. Das ist eine zunächst doch sehr schmerzliche Einsicht gewesen.Die Menschen, die hier eine politische Wende auf den Weg gebracht hatten, diehaben das ja nicht get<strong>an</strong>, damit Stellen reduziert werden, damit viele Menschenihre Arbeit verlieren. Die Zahl 11 000 war d<strong>an</strong>n die Zielgröße, die durch dasHochschulstrukturgesetz von 1992 festgelegt wurde, wobei ich dar<strong>an</strong> erinnernmöchte, dass wir im Einvernehmen mit dem damaligen Fin<strong>an</strong>zminister, ProfessorGeorg Milbradt, ja so gen<strong>an</strong>nte Drittmittelstellen, allerdings in Anführungsstrichen,schufen. Das heißt, wir wussten ja, auf dieses System müssen sich unsereHochschulen erst einstellen. Wir beg<strong>an</strong>nen, wenn mich mein Gedächtnis nicht imStich lässt, mit 30 Millionen Mark <strong>an</strong> Drittmitteln in Sachsen. Ich habe mir dasgemerkt, weil wir 10 Jahre später 300 Millionen hatten. Inzwischen haben wir j<strong>an</strong>och mehr Drittmittel eingeworben. Wir hatten <strong>an</strong>fänglich 1500 Drittmittelstellen<strong>und</strong> weitere Stellen für die Beendigung von Studiengängen (z.B. für die abgewickelteLPG-Hochschule in Meißen). So mussten wir nicht unmittelbar von22 000 auf 11 000 reduzieren, son<strong>der</strong>n konnten in Zwischenstufen <strong>der</strong> Jahreabbauen. Gleichwohl war es schwierig <strong>und</strong> wir st<strong>an</strong>den in einer Reihe von Fällenvor <strong>der</strong> Tatsache, dass wir uns für eine Kündigung entscheiden mussten, obwohlnach Ausweis von Personal- <strong>und</strong> Fachkommissionen persönliche Integrität <strong>und</strong>fachliche Kompetenz gegeben waren. Aber dafür gab es keine im Staatshaushaltzur Verfügung stehende Stelle. Ich füge jetzt hinzu, dass damit in einem sehrharten Überg<strong>an</strong>g zugleich erzwungen worden ist, dass sich die Hochschulen hierin diesem Teil Deutschl<strong>an</strong>ds darauf einstellen mussten, dass zu ihrem Leistungs<strong>an</strong>spruchein hohes Maß <strong>an</strong> Flexibilität <strong>und</strong> Kreativität gehört. Es gibt natürlichimmer eine größere Anzahl von jungen Menschen, die nach dem Studium nocheine Weile <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität verbleiben zu ihrer persönlichen Qualifikation, aberauch, um sich zu erproben. Ob sie eine Ch<strong>an</strong>ce haben, sich als Hochschullehrermit Erfolg zu bewerben o<strong>der</strong>, ob es besser ist, dass sie d<strong>an</strong>n in einen <strong>an</strong><strong>der</strong>enBereich gehen. Das ist ja ein wichtiges Element von Universität <strong>und</strong> Hochschule.Es ist ein Moment von Leben, das k<strong>an</strong>nte die DDR so gut wie nicht. Nun sind esimmer zwei verschiedene Dinge, ob m<strong>an</strong> etwas sagt, das ist prinzipiell richtig,117


das ist gut so. Aber was bedeutet das für den einzelnen? Es wurden damals harteSchritte geg<strong>an</strong>gen <strong>und</strong> für viele war das auch deshalb schwierig, weil sie in einemAlter waren, wo sich d<strong>an</strong>n außerhalb <strong>der</strong> Universität keine Ch<strong>an</strong>ce mehr für sieergab, zumal ja zeitgleich die Industrie flächendeckend hier bei uns zusammenbrach.Aber im Prinzip ist es sicherlich richtig, dass wir uns zu einem neuenModell von Hochschule entschlossen hatten. Es gibt einen festen Kern <strong>der</strong> Universitätmit Stellen, die vom Staat fin<strong>an</strong>ziert werden <strong>und</strong> das ist das Leistungspotenzial,das leitet <strong>und</strong> entsprechend wettbewerbsfähige Forschungsprojekte einwirbt.Darüber hinaus soll insbeson<strong>der</strong>e jüngeren Menschen eine Ch<strong>an</strong>ce gegebenwerden, für eine gewisse Zeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität zu forschen <strong>und</strong> sich entsprechendeSchlüsselqualifikationen zu erwerben.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteHerr Post, können Sie etwas zur Funktion <strong>der</strong> Universität hinsichtlich <strong>der</strong> gegebenenHilfestellungen für die Meisterung des Überg<strong>an</strong>gs von <strong>der</strong> Universität in <strong>an</strong><strong>der</strong>eBereiche des gesellschaftlichen Lebens sagen?Alfred PostZum einen hat ja Minister Meyer gerade schon erwähnt, dass wir ja einige zusätzlicheStellen erhielten, die d<strong>an</strong>n in einem Zeitraum von 2 bis 5 Jahren abgebautwerden mussten. Wenn ich mich recht erinnere, Herr Minister, waren das auf denFreistaat bezogen mehr als 13 000, also ca. 2 500 zusätzlich. Davon entfielen aufdie <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> etwa 450. Ich sagte es ja bereits heute Morgen, das hat sehrgeholfen, die schlimmsten persönlichen Folgen von Universitäts<strong>an</strong>gehörigen aufzuf<strong>an</strong>gen.Etwas, was bei uns jedenfalls <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> qu<strong>an</strong>titativ noch eine vielgrößere Hilfe war, das waren die Drittmittel, die wir d<strong>an</strong>n selber mit großem Erfolgeinwerben konnten. Ich möchte in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g auch deutlich sagen,dass die personelle <strong>Erneuerung</strong> zugleich auch eine strukturelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong>Fächer war. Ich habe heute Morgen ja schon die Zahlen gen<strong>an</strong>nt. Wir hatten, umdas mal auf die Naturwissenschaften zu beziehen, nach dieser Umstrukturierungmehr Professoren als vorher. Wir hatten ein breiteres <strong>und</strong>, auf die Wissenschaftsherausfor<strong>der</strong>ungbezogenes, aktuelleres Fächerspektrum als vorher. Das hat sichauch entsprechend bei den Ingenieurwissenschaften gezeigt. Die Hochschul<strong>an</strong>gehörigen,die durch den <strong>Erneuerung</strong>sprozess in entsprechende Positionen gel<strong>an</strong>gtwaren, hatten innerhalb einer relativ kurzen Zeit eine massive Steigerung bei deneingeworbenen Drittmitteln erreicht, was dazu führte, dass wir noch im Laufedieses Verän<strong>der</strong>ungsprozesses 1993/94 bereits etwa 70 Millionen Mark <strong>an</strong> Drittmittelnzur Verfügung hatten. Damals gingen die Drittmittel fast zu 100 Prozent indie Personalstellen hinein <strong>und</strong> weniger in technische Ausrüstungen. Damit wurdenfür sehr viele Hochschulmitarbeiter mit Hilfe <strong>der</strong> Drittmittel Auff<strong>an</strong>gpositionengeschaffen. Um eine Größenordnung zu nennen: Im Jahre 1995, waren das, ichglaube etwa 1200 Stellen, die wir da geschaffen haben. Ich möchte noch einmalunterstreichen, dass es ein Ergebnis <strong>der</strong>er war, die vorher aus dem <strong>Erneuerung</strong>s-118


prozess hervorgeg<strong>an</strong>gen waren, die d<strong>an</strong>ach diese neue Struktur tragen mussten.Das waren ja, wie wir gehört haben, im Wesentlichen Beschäftigte, die auch schonvorher <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>an</strong>gestellt waren o<strong>der</strong> in den später teilweise integriertenHochschulen, wie <strong>der</strong> damaligen Hochschule für Verkehrswesen. Drittmittelsind für mich ein Ausweis dafür, welch hohe Qualität diese <strong>Erneuerung</strong> auchinhaltlich, also von <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Personen her hatte, die m<strong>an</strong> ausgesucht hat.Das heißt auch, dass diese nüchternen Zahlen <strong>und</strong> Fakten beweisen, dass es gelungenist, den <strong>Erneuerung</strong>sprozess strukturell <strong>und</strong> personell gut zu bewältigen. Wennm<strong>an</strong> den heutigen St<strong>an</strong>d sieht, hat es uns sogar dahin geführt, dass wir im Vergleich<strong>der</strong> deutschen Universitäten insgesamt, die technischen <strong>und</strong> nichttechnischen zusammenbetrachtet, mit unseren eingeworbenen Drittmitteln, <strong>an</strong> vierter Stelle in<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d liegen. Im Wesentlichen wurden die Drittmittelaus den Bereichen <strong>der</strong> Ingenieur- <strong>und</strong> Naturwissenschaften o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Medizin eingeworben.Letztlich haben es die Menschen geschafft, die damals aus diesem Prozesshervorgeg<strong>an</strong>gen sind <strong>und</strong> die Hochschule heute tragen.Dr. Sybille KrzywinskiIch möchte noch mal unterstreichen, was Herr Post gerade gesagt hat. Ich kommeaus dem Institut für Textil- <strong>und</strong> Bekleidungstechnik, vertrete somit in gewisser Weisealso die Textilbr<strong>an</strong>che, die nach <strong>der</strong> Wende im Osten fast komplett zusammengebrochenist. Dies hatte natürlich auch Auswirkungen auf unser Institut. Viele Mitarbeiterkonnten aus Bedarfsgründen nicht mehr beschäftigt werden. Durch einesehr engagierte Arbeit unserer Professoren ist es inzwischen gelungen, so vieleDrittmittel einzuwerben, dass <strong>der</strong> Personalbest<strong>an</strong>d, verglichen mit DDR- Zeiten,sogar aufgestockt werden konnte. Diese Gel<strong>der</strong> einzuwerben, konnte nur durcheine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Professoren, Mitarbeitern <strong>und</strong> Industriegelingen. Trotzdem bleibt natürlich das Problem, dass es für Mitarbeiter zwischen40 <strong>und</strong> 50 Jahren nicht gerade <strong>an</strong>genehm ist, immer nur Zweijahresverträge zubekommen, in <strong>der</strong> Hoffnung, dass d<strong>an</strong>ach ein neuer Vertrag zust<strong>an</strong>de kommt.Einerseits bin ich <strong>der</strong> Meinung, dass junge Leute ständig unser Forschungs- <strong>und</strong>Lehrpotential erweitern <strong>und</strong> erneuern müssen, <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits ist je<strong>der</strong> Professor froh,wenn er zwei o<strong>der</strong> drei Mitarbeiter hat, die über einen längeren Zeitraum amInstitut sind, um Forschungs- <strong>und</strong> Lehrinhalte zu begleiten <strong>und</strong> zu vertreten. Deshalbist es sehr wichtig, einer weiteren Reduzierung <strong>der</strong> Haushaltsstellen für denakademischen Mittelbau entgegen zu wirken.Professor Reiner PommerinIch habe diese Probleme <strong>der</strong> Entlassungen, sozialen Verträglichkeit usw. in einemweit geringeren Ausmaß tragen müssen, als die Kollegen, die heute Morgen gesprochenhaben, die Dek<strong>an</strong>e waren. Aber ich möchte, weil es bei ihnen nur <strong>an</strong>geklungenist, etwas hinzufügen. Ich stelle nicht die Gesetze in Frage, das steht mir nicht zu,aber ich habe es m<strong>an</strong>chmal bitter empf<strong>und</strong>en, wenn ich kompetente Leute weggehensah, obwohl sie wirklich die kompetenteren waren, weil sie die soziale Ver-119


träglichkeitsklausel nicht erfüllten. Mir tut es immer noch Leid um den einen o<strong>der</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>en, den wir verloren haben. Ich will das zumindest mal erwähnen, denn ichglaube, diesen Vorg<strong>an</strong>g haben <strong>an</strong><strong>der</strong>e ähnlich verspürt <strong>und</strong> es ist uns ja nur seltengelungen, beim Finden von Überg<strong>an</strong>gsjobs behilflich zu sein. Ich will nur sagen, wirhaben diese Mitarbeiter nicht vergessen. So sind aber die Gegebenheiten gewesen,gern haben wir den einen o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en nicht weggehen lassen.Professor Fr<strong>an</strong>z HolzweißigIch wollte noch etwas sagen zu dem, was Herr Post gesagt hat. Natürlich ist imWesentlichen die Stellen<strong>an</strong>zahl <strong>der</strong> Professoren erhalten geblieben. Aber wie schongesagt, ist eben <strong>der</strong> Mittelbau von den Stellen her stark geschrumpft <strong>und</strong> wennnicht die Drittmittel wären, d<strong>an</strong>n könnte die Lehre jetzt überhaupt nicht durchgeführtwerden. Ich bin zwar offiziell nicht mehr am Institut, aber ich weiß, dass nun,nachdem die Studentenzahl im Maschinenbau wie<strong>der</strong> zugenommen hat, die Übungsdurchführungüberhaupt nicht möglich wäre, wenn wir nicht die Drittmittelassistenteneinsetzen würden. Ich würde, wenn ich noch im Amt wäre, den Ministerfragen, ob das überhaupt zulässig ist, weil diese Beschäftigten ja vom FreistaatSachsen nicht bezahlt werden.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteHerr Minister, wenn ich das noch fragen darf, ecclesia et universitas semper reform<strong>an</strong>da.In Westdeutschl<strong>an</strong>d schreckt vor allen Dingen das Bild <strong>der</strong> englischen Reform,also wie Lady Thatcher die Hochschulen reformiert hat. Würden Sie <strong>an</strong>knüpfend<strong>an</strong> die Ausführungen von Herrn Post zustimmen, dass im Zusammenh<strong>an</strong>g mitdem Hochschulerneuerungsprozess Erfahrungen gesammelt wurden, die auch fürdie altb<strong>und</strong>esdeutschen Hochschulen <strong>und</strong> Universitäten verallgemeinert werdenkönnten? Könnte m<strong>an</strong> am Beispiel <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong> neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>Lehren ziehen o<strong>der</strong> beherzigen?Staatsminister Professor H<strong>an</strong>s Joachim MeyerAlso davon bin ich schon überzeugt. Sie haben ja mich mit Recht auch daraufhingewiesen, dass es da kritische Tendenzen gibt. Ich will es gleichwohl sagen, dasWichtigste, was wir erreichen müssen, ist die größere H<strong>an</strong>dlungsfähigkeit, H<strong>an</strong>dlungsbereitschaft<strong>und</strong> Wettbewerbsorientierung unserer Hochschulen. Das gilt sowohlfür die Beziehungen innerhalb einer Hochschule als auch für die Beziehungzwischen den Hochschulen. Die Frage ist, wie k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> einen solchen Prozessorg<strong>an</strong>isieren <strong>und</strong> motivieren <strong>und</strong> da ist es sicherlich nicht unberechtigt, auch warnendauf das Beispiel Großbrit<strong>an</strong>nien zu <strong>der</strong> Politik von Frau Thatcher hinzuweisen,wo m<strong>an</strong> in einem, wie ich finde, übermäßig qu<strong>an</strong>tifizierten <strong>und</strong> auf vor<strong>der</strong>gründigeKennziffern hin orientierten Berichtswesen versucht hat, einen solchen Prozesszu erreichen. Die Ergebnisse von Lehre <strong>und</strong> Forschung lassen sich in allerRegel nicht zutreffend o<strong>der</strong> jedenfalls nicht erschöpfend in qu<strong>an</strong>titativen Kriterienerfassen. Qu<strong>an</strong>titative Indikatoren sind zweifellos wichtig, weil sie Erklärungsnot-120


wendigkeiten, Begründungsnotwendigkeiten darstellen <strong>und</strong> daher bin ich mit Nachdruckdafür, dass m<strong>an</strong> qu<strong>an</strong>titative Daten gewissenhaft <strong>und</strong> im nötigen Umf<strong>an</strong>germittelt <strong>und</strong> dass m<strong>an</strong> dazu d<strong>an</strong>n Stellung nehmen muss. Die Bewertung von Lehre<strong>und</strong> Forschung ist ein Wechselprozess von qu<strong>an</strong>titativen Kriterien <strong>und</strong> qualitativerBeurteilung. Da sind wir noch am Suchen nach dem richtigen System. Da wir inDeutschl<strong>an</strong>d <strong>und</strong>, das finde ich gut, ein System öffentlich rechtlicher <strong>und</strong> öffentlichfin<strong>an</strong>zierter Hochschulen haben, muss es uns ja darum gehen, so etwas wie einepräzise, wirksame <strong>und</strong> möglichst realitätsnahe Simulierung eines Bildungs- <strong>und</strong> Forschungsmarkteszu erreichen. Dahin sind wir erst unterwegs. Wobei ich glaube,dass wir im Bereich <strong>der</strong> Forschung seit vielen Jahren ein gutes <strong>und</strong> eingespieltesSystem haben. Da gibt es sicherlich auch Kritisches zu sagen, aber das Prinzip istdurchgesetzt. Wer in <strong>der</strong> Forschung erfolgreich sein will, <strong>der</strong> weiß, welche Wegedort zu begehen sind, welche durch Gutachter gesteuerte Wettbewerbe dortmaßgeblich sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e bin ich beson<strong>der</strong>s froh, dass sich unseresächsischen Hochschulen, das gilt natürlich in beson<strong>der</strong>em Maße für die TechnischeUniversität <strong>Dresden</strong>, aber auch für unsere <strong>an</strong><strong>der</strong>en Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen,im Forschungswettbewerb in den letzten 10 Jahren zunehmend bewährthaben <strong>und</strong> dort erfolgreich sind <strong>und</strong> inzwischen das gesamtdeutsche Niveaumitbestimmen. Wo wir nach wie vor nicht die geeigneten rechtlichen Strukturenhaben, das ist auf dem Gebiet <strong>der</strong> Lehre. Das ist ein System, das wir aus <strong>der</strong> altenB<strong>und</strong>esrepublik übernommen haben. In <strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>esrepublik wurde bek<strong>an</strong>ntlichAnf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> siebziger Jahre, in einem hohen Maße die Zahl <strong>der</strong> Abiturientenerhöht. Das war ein vollkommen notwendiger <strong>und</strong> richtiger Prozess. Das Abiturhat in <strong>der</strong> deutschen Tradition den Status einer Hochschulzug<strong>an</strong>gsberechtigung.Einige Län<strong>der</strong> <strong>und</strong> Universitäten haben d<strong>an</strong>n den Versuch gemacht, mit diesem<strong>an</strong>schwellenden Prozess <strong>der</strong> zu immatrikulierenden jungen Leute fertig zu werden,indem sie spezielle Zug<strong>an</strong>gsverfahren ers<strong>an</strong>nen. Damit kam das B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtmit einem Gr<strong>und</strong>satzurteil ins Spiel. Einem Urteil, das nach wie vor für unserg<strong>an</strong>zes Gefüge <strong>der</strong> akademischen Lehre maßgebend ist, das von einer großenillusionären Erwartung ausgeg<strong>an</strong>gen ist, nämlich von <strong>der</strong> Erwartung, dass es dochmöglich sein würde, dass <strong>der</strong> Staat so viele Studienplätze schafft wie er Abiturzeugnisseausgibt. Wir wissen ja, dass das eine völlig abwegige Vorstellung ist.Dazu hat m<strong>an</strong> aus dem entsprechenden Artikel des Gr<strong>und</strong>gesetzes eine Theorieabgeleitet in einer Weise, die ich nach wie vor nicht nachvollziehen k<strong>an</strong>n. Nach <strong>der</strong>Tatsache, dass es ein Recht <strong>der</strong> freien Berufswahl gibt, hat m<strong>an</strong> gefolgert, dassje<strong>der</strong> mit Hochschulreife das studieren könne, was er wolle. Dafür müsse <strong>der</strong> Staatd<strong>an</strong>n auch noch die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Und nun kommtwas kommen muss, wenn m<strong>an</strong> <strong>der</strong> Realität versucht mit Ideologie beizukommen –m<strong>an</strong> benötigt zentralwirtschaftliche steuernde Institute. Da haben wir bek<strong>an</strong>ntlichhier im Osten Deutschl<strong>an</strong>ds aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> DDR ja „gute Erfahrungen“. Und dasist für die Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen die berühmt berüchtigte Zentralstelle fürdie Vergabe von Studienplätzen (ZVS). Nun will ich mich überhaupt nicht <strong>der</strong>allgemeinen ZVS-Beschimpfung <strong>an</strong>schließen, das halte ich nicht für sehr tiefgrün-121


dig. Sol<strong>an</strong>ge m<strong>an</strong> am System festhält, dass das Abitur Hochschulzug<strong>an</strong>gsberechtigungist, braucht m<strong>an</strong> die ZVS, <strong>an</strong><strong>der</strong>s geht das gar nicht. Da gibt es verschiedeneWege. Ich habe mich ja seit l<strong>an</strong>gem dafür eingesetzt, dass das Abitur als eine Hochschulzug<strong>an</strong>gsbefähigungdefiniert wird <strong>und</strong> dass auf <strong>der</strong> Basis dieser Befähigung ineinem Wettbewerb die Hochschulen aus denjenigen jungen Leuten, die bei ihnenstudieren wollen, eine Auswahl treffen können. Natürlich nur auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong>Studienplätze, die die Hochschulen redlicherweise mit den ihnen zur Verfügungstehenden Mitteln <strong>an</strong>bieten können <strong>und</strong> dass es <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits wie<strong>der</strong> einen Wettbewerbzwischen den jungen Leuten gibt, um die Fakultäten, die Fachbereiche <strong>und</strong>Hochschulen, die nach allgemeinem öffentlichen Verständnis die besten auf diesemGebiet sind. Das ist offenbar sehr schwer durchzusetzen, weil es hier ein Bündnisgibt, eine Alli<strong>an</strong>z. Ich mache den Sachverhalt einmal etwas griffig. Da ist eine Gruppierung,die meint, Abitur <strong>und</strong> Gymnasien seien Instrumente einer erhöhten sozialenMobilität, um nicht zu sagen, einer erhöhten sozialen Egalität. D<strong>an</strong>n sind die <strong>an</strong><strong>der</strong>en,die von einer g<strong>an</strong>z <strong>an</strong><strong>der</strong>en Ecke her kommen, die sagen, nein, Gymnasium <strong>und</strong>Abitur das sind uns so hehre Güter, die dürfen auf keinen Fall <strong>an</strong>getastet werden. Sogibt es über Jahrzehnte nun schon dort eine Alli<strong>an</strong>z von Leuten, die eigentlich sonstnicht gemeinsam ins Bett gehen. Eine sehr bemerkenswerte Geschichte, was soIdeologien bewirken können, wie ich mit großem Interesse, mit einigem Amüsement<strong>und</strong> nicht unerheblichem Ärger in den letzten 10 Jahren beobachtet habe.Nun haben die Hochschulvertreter im Beirat <strong>der</strong> ZVS, wie ich finde, aus diesemDilemma einen g<strong>an</strong>z pragmatischen Ausweg vorgeschlagen. Sie haben gesagt, dassind eben die Regelungen. Es ist auch sicherlich nicht sinnvoll, groß noch weitereVersuche zu machen, um hier zu einer neuen Gesetzgebung zu kommen. Wenn dieZahl <strong>der</strong> Bewerber die <strong>der</strong> Studienplätze deutlich übersteigt, d<strong>an</strong>n muss m<strong>an</strong> dieHochschulzulassung machen. Das akzeptieren wir erst einmal, indem wir nur einenkleinen Verbesserungsvorschlag unterbreiten. So schlagen wir vor, dass die Universitätenzunächst einmal 50 Prozent ihrer Studienplätze auf <strong>der</strong> Basis eines Auswahlverfahrensselbst besetzen. D<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die <strong>an</strong><strong>der</strong>en 50 Prozent Studienplätzeweiter über die ZVS verteilen. Das wäre erst einmal ein Versuch. Gibt es daunterschiedliche Resultate, können sich die Universitäten darauf einstellen. Daswürde ich für einen guten <strong>und</strong> richtigen Schritt halten. Es würde auch diese vonmir eben, wie ich zugebe, etwas überzeichneten bildungsideologischen Kämpfevermeiden. Zu meiner großen, ich will nicht sagen, Enttäuschung, so naiv binich nach 11 Jahren Ministerdasein nicht mehr, aber doch nicht zu meiner Freude,hat die letzte Kultusministerkonferenz nun wie<strong>der</strong> die alten Fronten gezeigt.Nicht g<strong>an</strong>z. Es gibt da gewisse Löcher auf beiden Seiten. Ich gehe davon aus,dass die Gespräche weiter geführt werden. Ich k<strong>an</strong>n die Hochschulen nur ermuntern,dem, was ihre Vertreter im Beirat <strong>der</strong> ZVS gefor<strong>der</strong>t haben, kräftignachzueifern <strong>und</strong> weite öffentliche Unterstützung zu geben. Auch auf dem Gebiet<strong>der</strong> Lehre sollte mehr Wettbewerb möglich werden. Wenn sich das <strong>an</strong>gedachteflexiblere System <strong>der</strong> Zulassung zum Studium bewährt, d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong>schrittweise die Prozentzahlen zu Gunsten <strong>der</strong> Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen122


erhöhen. Das würde viele gute Wirkung haben, denn die Hochschulen, die dieStudenten auswählen, haben natürlich ein sehr viel höheres Maß <strong>an</strong> nachvollziehbarerVer<strong>an</strong>twortung. Ich glaube, dass Studenten, die <strong>an</strong> eine bestimmteHochschule wollen, dort auch zugelassen werden sollten, dort wie<strong>der</strong>um ihrerseitseine sehr viel bessere Bindung entwickeln. Ich glaube, dass wir zumindestin diesem Punkt den amerik<strong>an</strong>ischen Universitäten nacheifern <strong>und</strong> überunsere Absolventen, die Alumni, Unterstützung in <strong>der</strong> Gesellschaft mobilisierensollten, moralische, politische <strong>und</strong> fin<strong>an</strong>zielle. Also es gäbe einen guten Ansatzpunkt.Und da komme ich nun am Schluss auf Ihre Frage wie<strong>der</strong> zurück. Ichglaube, dass <strong>an</strong> unseren Hochschulen sich immer noch ein sehr viel höheresMaß <strong>an</strong> gemeinsam empf<strong>und</strong>ener Ver<strong>an</strong>twortung für die Qualität <strong>der</strong> Lehre, fürdie Studenten <strong>und</strong> für ihr künftiges Schicksal finden wird. Und das wird in demerneuten mo<strong>der</strong>nen Hochschulsystem gut bewahrt <strong>und</strong> weiter gepflegt <strong>und</strong> gestärktwerden.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteHerr Post, wollen Sie das ergänzen? Ich hätte da noch eine Zusatzfrage: KönntenSie beson<strong>der</strong>e Steuerungsmittel nennen, die m<strong>an</strong> in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>nvielleicht von Ihnen übernehmen könnte? Sie waren ja einer <strong>der</strong> ersten hier inSachsen, die Globalhaushalt <strong>und</strong> sonstige Instrumente ausprobieren konnten,die jetzt allgemein für die deutschen Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen gut wären.Alfred PostIch glaube, wenn m<strong>an</strong> auf den Prozess, <strong>der</strong> heute Thema war, nämlich die personelle<strong>und</strong> strukturelle <strong>Erneuerung</strong> schaut <strong>und</strong> wenn m<strong>an</strong> sich d<strong>an</strong>n fragt, was könnendenn westdeutsche von ostdeutschen Hochschulen lernen, d<strong>an</strong>n ist das sehr viel.Nämlich erstens, die Bereitschaft <strong>der</strong> Hochschulmitglie<strong>der</strong>, ich sag es mal in Anführungszeichen,<strong>der</strong> alten <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, zu so gewaltigen Verän<strong>der</strong>ungen aktiv <strong>und</strong>ohne Rücksicht auf eigene Vorteile o<strong>der</strong> Nachteile beizutragen. Denn wir habenheute Morgen <strong>und</strong> im Laufe des Tages mehrfach gehört, dass diejenigen, die diesenProzess getragen haben, vielfach selber nicht wussten, ob sie in diesem Prozess,z.B. als Professoren, auch am Ende übrig bleiben würden <strong>und</strong> noch hier in <strong>der</strong>Hochschule sind. Also eine Verän<strong>der</strong>ungsbereitschaft unter <strong>Zur</strong>ückstellung persönlicherVor- o<strong>der</strong> Nachteile. Ich habe diese Bereitschaft in keiner westdeutschenHochschule je auch nur <strong>an</strong>satzweise gef<strong>und</strong>en. Diese Bereitschaft hat sich auchhier bis heute erhalten <strong>und</strong> damit auch eine allgemeine Akzept<strong>an</strong>z, Wettbewerb zuakzeptieren <strong>und</strong> nach den Prinzipien des Wettbewerbs innerhalb wie außerhalb<strong>der</strong> Hochschule sich zu engagieren <strong>und</strong> sich auch am Ergebnis messen zu lassen.Und das leitet über zu ihrem Stichwort Globalhaushalt. Wir waren hier <strong>und</strong> sindhier noch immer in Sachsen die ersten mit so einem Globalhaushalt, wir sind esaber nicht b<strong>und</strong>esweit. B<strong>und</strong>esweit gibt es <strong>an</strong><strong>der</strong>e, die da vor<strong>an</strong>geschritten sind,<strong>an</strong><strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e, die das ziemlich radikal eingeführt haben, allerdingsnicht mit den Instrumenten <strong>der</strong> Steuerung, wie wir es hier machen. Und das ist123


eigentlich das neue, das haben sie auch, glaube ich, <strong>an</strong>sprechen wollen. Dass wirnämlich jetzt hergehen <strong>und</strong> sagen: nicht nur die Haushaltstechnik än<strong>der</strong>n wir <strong>und</strong>nennen das Globalhaushalt, also die Deckungsfähigkeit <strong>der</strong> Titel gegenseitig, son<strong>der</strong>nwir brechen diese Flexibilität runter auf die einzelnen Struktureinheiten <strong>und</strong>sagen ihnen, nun müsst ihr nach einem fachinternen Wettbewerbsmodell eure Ressourcensteuern. Und zwar alle, nicht nur die Sachmittel son<strong>der</strong>n auch die Räume<strong>und</strong> natürlich vor allen Dingen die größte Ressource in einer Hochschule <strong>und</strong> diequ<strong>an</strong>titativ gewichtigste, nämlich das Personal. Es muss d<strong>an</strong>ach gesteuert werden,was <strong>an</strong> <strong>der</strong> einzelnen Professur <strong>an</strong> Leistung herauskommt. Mit allen Problemen <strong>der</strong>Leistungsmessung, die wollen wir heute nicht diskutieren, aber prinzipiell k<strong>an</strong>nm<strong>an</strong> natürlich auch Leistung in <strong>der</strong> Wissenschaft messen <strong>und</strong> deswegen gibt es vieleHilfskriterien. Aber immerhin nach diesen Kriterien wird bei uns fachintern zunehmendgesteuert. Mit dem Ergebnis, dass die Mittel dorthin gehen, wo auch diegrößten Leistungen erbracht werden. Und diese Leistungs- <strong>und</strong> Wettbewerbsorientierung,die hat diese Hochschule, diese Professoren- <strong>und</strong> Mitarbeiterschaft akzeptiert.Natürlich gibt es über Details viel Diskussion, aber prinzipiell herrschtAkzept<strong>an</strong>z. Und ich habe <strong>an</strong> verschiedenen Stellen außerhalb Sachsens dieses Modellvorgestellt <strong>und</strong> diskutiert <strong>und</strong> da hat m<strong>an</strong> mir wie<strong>der</strong> gesagt, das wäre <strong>an</strong> unserenHochschulen gänzlich unmöglich. Da werden ja Besitzstände abgebaut. M<strong>an</strong> musssich mal im Klartext überlegen, dass damit sämtliche Berufungszusagen nur nochHalbwertszeit haben. All diese Dinge <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungsbereitschaft, sich <strong>der</strong> Leistungsorientierung<strong>und</strong> dem Wettbewerb zu stellen, findet m<strong>an</strong> hier mehr als imWesten, obwohl m<strong>an</strong> ja vielleicht meinen sollte, dass eine Bevölkerung, die aus demso gen<strong>an</strong>nten Realsozialismus kommt, vielleicht mehr zurückschaut. Das ist genauumgekehrt. Und insofern, meine ich, können die westdeutschen Hochschulen enormviel von uns lernen <strong>und</strong> ich hoffe für das deutsche Hochschulwesen insgesamt auch,dass sie das tun werden.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteWas Frau Dr. Krzywinski, Herr Post <strong>und</strong> <strong>der</strong> Minister gesagt haben, lief letztendlichja auf die Frage o<strong>der</strong> auf die Hypothese hinaus, dass die Wissenschaftler hier in<strong>Dresden</strong> o<strong>der</strong> in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n im Durchschnitt leistungsbereiter sind,als die Kollegen in Westdeutschl<strong>an</strong>d. Diese Besitzst<strong>an</strong>dswahrung <strong>und</strong> die Mentalität<strong>der</strong> Bedenkenträger, die gibt es hier offenbar nicht so.Professor Reiner PommerinAn Besitzst<strong>an</strong>dswahrung stößt m<strong>an</strong> ab <strong>und</strong> <strong>an</strong> doch. Ich k<strong>an</strong>n mich erinnern, dassich bei meinen Berufungsverh<strong>an</strong>dlungen <strong>und</strong> in meinem Umfeld eigentlich davonausgeg<strong>an</strong>gen bin, dass die früheren Fragen: Wie groß ist mein Büro <strong>und</strong> wie groß ist<strong>der</strong> Teppich, <strong>der</strong> dort gelegt wird, mit meiner Generation aussterben würden. Ichstelle aber fest, dass das keineswegs <strong>der</strong> Fall war. Der <strong>TU</strong>-Professor hat bei seinerBerufung nicht gefragt, wie groß sein Büro ist. Das f<strong>an</strong>d ich sehr <strong>an</strong>genehm. Ichwollte auch gern mitten in die <strong>TU</strong>, aber das war nicht möglich, weil wir uns vom124


Institut irgendwo in einem Gebäude zusammenfinden sollten. Ich wollte nur konkretisieren,was von Herrn Post aber auch vom Herrn Minister <strong>an</strong>gesprochen wordenist, weil ich das zufällig k<strong>an</strong>n. Wir haben hier einen Studieng<strong>an</strong>g „InternationaleBeziehungen“ gegründet, <strong>der</strong> im Westen überhaupt nicht möglich gewesen wäre.Prominente Leute haben versucht, ihn einzurichten. Selbst unser Ministerpräsident,<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Eröffnung des Studieng<strong>an</strong>gs <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>an</strong>wesend war, ist vor Jahren inFr<strong>an</strong>kfurt a. M. mit diesem Projekt gescheitert. Ich bemühte mich vergeblich, einensolchen Studieng<strong>an</strong>g in Nordrhein-Westfalen o<strong>der</strong> in Bayern aufzubauen.Der Studieng<strong>an</strong>g „Internationale Beziehungen“, für den es lei<strong>der</strong> in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublikkeine Hochschule gibt, schließt deswegen auch mit einem Bachelor-Abschlussbzw. dem Master-Degree ab. Wir haben uns also <strong>an</strong> das Internationale <strong>an</strong>gepasst.Wir dürfen die Studenten auswählen im Sinne von Konkurrenz <strong>und</strong> Wettbewerb. Ichk<strong>an</strong>n auch jem<strong>an</strong>den nehmen, wenn er einen Notendurchschnitt von 1,2 hat, wennich ihn für geeigneter halte als einen Bewerber mit 1,0. Ich habe die Möglichkeit,ihn in je<strong>der</strong> Lehrver<strong>an</strong>staltung zu überprüfen, das ist lei<strong>der</strong> sehr aufwendig. Auchdie Auswahl ist nicht einfach. Von r<strong>und</strong> 600 Bewerbern können nur 30 zugelassenwerden. Das erfor<strong>der</strong>t viele Gespräche. Aber ich k<strong>an</strong>n das alles tun, das heißt, ichk<strong>an</strong>n <strong>an</strong> diesem Beispiel zeigen, dass die gezielte Auswahl durch die Hochschullehrermöglich ist. Vor einigen Jahren habe ich <strong>der</strong> Universitätsleitung dieses Konzeptvorgetragen <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n engagierte Kollegen gef<strong>und</strong>en, die bereit waren, mitzumachen,diesen Wunschtraum eines deutschen Hochschullehrers in die Realität umzusetzen.Ich wäre <strong>an</strong> je<strong>der</strong> westdeutschen Universität gescheitert.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteDas wäre ja schon ein schönes Schlusswort gewesen, was Professor Pommerin dagesprochen hat, zum Ruhme <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. Aber vielleicht sollten wir, wennBedarf ist, die Diskussion eröffnen für die Teilnehmer, die bisher nur zuhören mussten<strong>und</strong> gern zu Wort kommen würden.Professor Andreas Griew<strong>an</strong>kIch glaube, wir können auf eine historische Entwicklung zurückblicken, die die meistenvon uns als sehr positiven Überg<strong>an</strong>g beurteilen. Aber ich meine, wir stehen soein bisschen in <strong>der</strong> Gefahr, selbstgerecht zu werden <strong>und</strong> das Tischtuch <strong>der</strong> Geschichteim Nachhinein ein wenig glatt zu ziehen. Es gibt auch hier Verwerfungen,<strong>und</strong> eine Gefährdung <strong>der</strong> Demokratie k<strong>an</strong>n durchaus auch aus <strong>der</strong> Demokratieselbst entstehen.Eine dieser Verwerfungen wurde mir heute Morgen wie<strong>der</strong> sehr deutlich, als einKollege von <strong>der</strong> ehemaligen Hochschule für Verkehrswesen berichtete, ihm seifolgendes im Nachhinein vorgeworfen worden: „Den status quo <strong>der</strong> DDR zu unterstützen“,„die führende Rolle <strong>der</strong> Partei zu rechtfertigen“, <strong>und</strong> „die verfassungsmäßigeOrdnung <strong>der</strong> BRD in Frage zu stellen bzw. zu bekämpfen“. Ich selbst habe inden späten sechziger, frühen siebziger Jahren in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik studiert. WieSie vielleicht alle abstrakt wissen, aber nicht so hautnah erlebt haben, hat damals125


eigentlich die Mehrheit <strong>der</strong> politisch interessierten <strong>und</strong> aktiven Studenten in <strong>der</strong>B<strong>und</strong>esrepublik genau dieselben Positionen eingenommen. Mit Ausnahme einerkurzen Periode des Radikalenerlasses musste sich jedoch nie jem<strong>an</strong>d dafür ver<strong>an</strong>tworten.Die Frage ist nun, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> das irgendwie vergleichen? Wenn ich dies persönlichmit Leuten diskutiere höre ich oft folgende Einschätzung: „Ja - im Westen war esIdealismus, wenn m<strong>an</strong> solche Positionen vertrat, aber – wenn m<strong>an</strong> dasselbe imOsten sagte, war es Opportunismus.“ Ich sehe das eigentlich <strong>an</strong><strong>der</strong>srum. Bei denStudenten im Westen <strong>und</strong> einigen ihrer akademischen Lehrer h<strong>an</strong>delte es um gebildeteMenschen, denen ungeheuer viele Informationen zur Verfügung st<strong>an</strong>den, <strong>und</strong>die um die g<strong>an</strong>ze Welt reisen konnten. Alle diese Möglichkeiten waren den Kollegenim Osten verwehrt. Nach dem Bau <strong>der</strong> Mauer hat <strong>der</strong> Westen de fakto ab 1965/70signalisiert: “Um einen Krieg zu vermeiden, ist friedliche Koexistenz das einzige,was auf absehbare Zeit zählt, ihr müsst euch arr<strong>an</strong>gieren“. Und die Leute hierhaben sich arr<strong>an</strong>giert, zu verschiedenen Graden, auf verschiedene Art <strong>und</strong> Weise,um Karriere zu machen, um die Kin<strong>der</strong> auf die Erweiterte Oberschule zu bekommen,o<strong>der</strong> sonst etwas.Dem gegenüber war es bei uns im Westen ja so, dass diese Positionen aus reinem Jux<strong>und</strong> Dollerei, aber mit umso größerer Intensität vertreten wurden. Wie wir wissen,sind inzwischen viele dieser ehemaligen Aktivisten in die Führungsetagen von Wirtschaft<strong>und</strong> Politik aufgestiegen. Ihre früheren ideologischen Positionen wurden scheinbarkampflos geräumt <strong>und</strong> werden jetzt als sozusagen spätpubertäre S<strong>an</strong>dkastenspieleentschuldigt. So g<strong>an</strong>z harmlos war die Sache jedoch nicht. M<strong>an</strong> hat die DDRschön geredet, Mao zur Lichtgestalt erklärt <strong>und</strong> selbst noch das Pol-Pot-Regimeverteidigt. Zudem wurden, wie <strong>der</strong> B<strong>und</strong> „Freiheit <strong>der</strong> Wissenschaft“ im Detaildokumentierte, die akademischen Freiheiten ernstlich in Gefahr gebracht <strong>und</strong> inbestimmten Hochschulbereichen vorübergehend g<strong>an</strong>z zerstört.Insofern möchte ich dafür plädieren, dass wir die geschichtliche Entwicklung nichtzu einfach darstellen <strong>und</strong> uns darüber im Klaren sind, dass Wahnvorstellungen auchunter Bedingungen einer Demokratie entstehen können. Ich sehe in dieser Phaseeiner wirklich dramatischen internationalen Entwicklung nur sehr wenig politischesInteresse <strong>und</strong> Aktivität von Seiten <strong>der</strong> Professoren. Dabei wird doch die Freiheitvon Forschung <strong>und</strong> Lehre immer auch mit <strong>der</strong> Ver<strong>an</strong>twortung für die gesamtgesellschaftlichenVerhältnisse begründet. Ich meine, wir müssen uns dieser Herausfor<strong>der</strong>ungstellen <strong>und</strong> gegenüber allen <strong>und</strong>emokratischen Entwicklungen wachsam bleiben.Professor Dietrich WendeIch wollte diese Frage <strong>an</strong> <strong>und</strong> für sich dem Minister stellen. Und zwar lautet sie g<strong>an</strong>zeinfach: Welche Rolle spielten die Studenten <strong>und</strong> welche Überlegungen hatte er zuden Studenten in <strong>der</strong> Zeit als die personelle <strong>Erneuerung</strong> <strong>der</strong> Hochschulen stattf<strong>an</strong>d.Der Anlass dieser Frage ist folgen<strong>der</strong>: Im Antrag, den Herr Gilbert heute n<strong>an</strong>nte,st<strong>an</strong>d ein Satz <strong>und</strong> <strong>der</strong> lautete: „Der Rektor be<strong>an</strong>tragt meine fristlose Entlassung126


[...]“ obwohl ich einen Aufhebungsvertrag hatte. Die Realisierung <strong>der</strong> fristlosenEntlassung hätte bedeutet, dass 300 Studenten, die bei mir im Hörsaal saßen, schlagartigohne Hochschullehrer gewesen wären. Es gab keinen Ersatz. Ich hatte damals8 Diplom<strong>an</strong>den <strong>und</strong> dazu noch 4 Doktor<strong>an</strong>den in Betreuung. Für sie wäre dieAusbildung <strong>und</strong> Graduierung zunächst zusammengebrochen. Ich habe trotzdemdiesen Vertrag bis zum I-Tüpfelchen eingehalten. Ich bin nicht mit dem Kr<strong>an</strong>kenscheinausgewichen <strong>und</strong> deshalb meine Frage: Spielte überhaupt damals bei solchenEntscheidungen das Problem Student eine Rolle? Es war doch nicht notwendig,diesen Schritt noch zu tun. D<strong>an</strong>ke schön.PD Dr. Herm<strong>an</strong>n HorstkotteDiese Frage müsste unbe<strong>an</strong>twortet bleiben. 1)Professor Reiner PommerinDen Minister k<strong>an</strong>n niem<strong>an</strong>d ersetzen, übrigens auch intellektuell nicht. Ich k<strong>an</strong>nIhnen sagen, <strong>der</strong> Minister hat seine Zuständigkeit wahrgenommen, denn als dieGefahr best<strong>an</strong>d, dass <strong>an</strong> den ostdeutschen Universitäten eine große Abw<strong>an</strong><strong>der</strong>ungerfolgen würde, hat er dafür gesorgt, dass <strong>an</strong> allen Hochschulen <strong>der</strong> ehemaligenDDR in verschiedenen Fächern ein Gastprofessorenprogramm geschaffen wurde.Diese Gastprofessoren waren beauftragt worden, in bestimmten Bereichen, wo esklemmte, wo m<strong>an</strong> also auch neue Fachleute brauchte, zu unterrichten. Das heißt,das Interesse des Ministers war damals darauf gerichtet, zu verhin<strong>der</strong>n, dass dieHochschulen leer wurden. Und hier gab es ja, wenn ich mich recht erinnere, sogarjem<strong>an</strong>den, <strong>der</strong> sagte, wir org<strong>an</strong>isieren den Reformprozess folgen<strong>der</strong>maßen: Wirschließen erst einmal für 2 o<strong>der</strong> 3 Jahre, d<strong>an</strong>n reformieren wir alles <strong>und</strong> d<strong>an</strong>nwerden die Studenten wie<strong>der</strong>kehren. Im Gegensatz dazu orientierte <strong>der</strong> Ministerdarauf, die Studenten in Sachsen zu halten <strong>und</strong> ihr Abw<strong>an</strong><strong>der</strong>n zu verhin<strong>der</strong>n <strong>und</strong>verdeutlichte, dass hier Potenzen <strong>und</strong> Zukunftsch<strong>an</strong>cen genutzt werden müssen.Professor Günther L<strong>an</strong>dgrafHerr Professor Pommerin hat ja schon einen Teil dazu gesagt, aber ich hatte heuteVormittag schon gesagt, dass wir auch bei <strong>der</strong> Abwicklung alles get<strong>an</strong> haben, dassdie Lehre für die Studenten weiterging, wie sie sein sollte. G<strong>an</strong>z gleich, ob das eineHochschule war, die uns vorher nicht unterst<strong>an</strong>d, son<strong>der</strong>n uns zugewiesen wurde,wie die Hochschule in Meißen o<strong>der</strong> wie die Pädagogische Hochschule. Wir habengerade sehr viel get<strong>an</strong>, um die Probleme <strong>der</strong> Verkehrshochschule, die d<strong>an</strong>n in zweiBest<strong>an</strong>dteile – Fakultät <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>und</strong> Fachhochschule geteilt wurde, zu lösen <strong>und</strong>wir haben sogar für die <strong>an</strong><strong>der</strong>en Technischen Hochschulen, die d<strong>an</strong>n zu Fachhochschulenwurden, dafür gesorgt, dass diejenigen, die dort innerhalb einer TechnischenHochschule <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen haben, auch das Diplom einer Universität bekamen1)Der Staatsminister für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst war zu diesem Zeitpunkt <strong>der</strong> Diskussion nicht mehr<strong>an</strong>wesend.127


<strong>und</strong> nicht das Diplom einer Fachhochschule. Wir haben für diese Hochschulen perVertrag die Diplome ausgeschrieben. Ich habe sie alle unterschrieben, weil es lei<strong>der</strong>von den Fakultätsräten, die ja in Westdeutschl<strong>an</strong>d in starkem Kampf mit denFachhochschulen lagen, den Fakultäten untersagt worden war, Diplome von Universitätenzu geben. Aber ich möchte damit nur sagen, dass eigentlich alles, wasmöglich war, von unserer Seite get<strong>an</strong> wurde, damit die Studenten keinen Nachteilhatten.Professor Volker NollauIch war in dieser Zeit Parlamentarischer Staatssekretär bei Herrn Professor Meyer<strong>und</strong> habe diesen Prozess im ersten Jahr mitgemacht. Die Sicherheit <strong>der</strong> Studienplätzeo<strong>der</strong> die Fortsetzung <strong>der</strong> Studiengänge im Unterschied zu Ihren Feststellungenhatte bei uns absolute Priorität. Ich weiß, wie ich mich dafür eingesetzt habe.Das war damals meine Aufgabe (wir hatten in Meißen eine Fachschule für Klubhausleiter),den Studierenden klar zu machen, dass sie irgendwohin wechseln sollten,weil mit dem Diplom gar<strong>an</strong>tiert im wie<strong>der</strong>vereinigten Deutschl<strong>an</strong>d nichts <strong>an</strong>zuf<strong>an</strong>genwar. Wir hatten d<strong>an</strong>n die schlimme Situation <strong>der</strong> hungerstreikenden LeipzigerStudenten zwischen Weihnachten <strong>und</strong> Neujahr 1990, die d<strong>an</strong>n nicht mehr mituns reden wollten. Das waren aber we<strong>der</strong> Studenten noch Leipziger, die dort imHungerstreik st<strong>an</strong>den. Und wir hatten furchtbare Angst, dass es einen toten Studierendengibt. Die Studenten, ich habe es selber erlebt, damals am Haus <strong>der</strong> Kirchevor dem L<strong>an</strong>dtag, hielten uns vor, wir würden alles hier zerstören. Ich habe selber,<strong>und</strong> Minister Meyer natürlich noch viel mehr, ausführliche Diskussionsr<strong>und</strong>en mitden Studierenden geführt. Das war für uns g<strong>an</strong>z entscheidend <strong>und</strong> wir haben beije<strong>der</strong> Maßnahme gefragt, was machen wir mit den Studenten insbeson<strong>der</strong>e, beispielsweisenach Abwicklungsbeschluss für die Sozialistische Betriebswirtschaft.Das hat eine g<strong>an</strong>z, g<strong>an</strong>z entscheidende Rolle gespielt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Eindruck des Professorsvon <strong>der</strong> ehemaligen Verkehrshochschule ist ein Spezialfall gewesen. Er lässtsich auf keinen Fall verallgemeinern.Professor Paul Heinz MüllerDie letzte Bemerkung des Kollegen von <strong>der</strong> ehemaligen Verkehrshochschulemöchte ich doch noch etwas relativieren, da dies vielleicht von allgemeinemInteresse ist. Genau beurteilen k<strong>an</strong>n ich den geschil<strong>der</strong>ten Vorg<strong>an</strong>g zwar nicht,da es sich um keinen <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission vorgelegten „Fall“ h<strong>an</strong>delt.Und da überdies <strong>der</strong>en Entscheidungen immer kollektiv getroffen wurden,wäre meine persönliche Meinung auch nicht unbedingt allgemein gültig. Bezüglich<strong>der</strong> <strong>an</strong>gesprochenen Mitwirkung von Studenten, verweise ich auf meinenBericht am heutigen Vormittag: In <strong>der</strong> Kommission waren alle vier Mitgliedsgruppen<strong>der</strong> Hochschule vertreten, <strong>und</strong> damit eben auch ein Vertreter <strong>der</strong>Studentenschaft. Weiterhin wäre seitens <strong>der</strong> L<strong>an</strong>despersonalkommission einUrteil über einen Hochschullehrer prinzipiell unabhängig davon getroffenworden,welche Konsequenz dies für eine Gewährleistung <strong>der</strong> Lehre gehabt128


hätte, <strong>und</strong> wir hatten durchaus auch Fälle, bei denen wir wussten, dass erheblicheKonsequenzen für die Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Lehre verb<strong>und</strong>en waren. Aberdies war für unsere Entscheidung ohne Bel<strong>an</strong>g <strong>und</strong> führte zu keinen Konzessionen.Alfred PostIch glaube, wir sind genau in <strong>der</strong> Zeit. Insoweit möchte ich durch inhaltlicheErklärungen es nicht noch verlängern, falls es nicht noch Wortmeldungen gibt.Ich möchte, da ich diese Ver<strong>an</strong>staltung ja ursprünglich <strong>an</strong>gestoßen habe, michnoch einmal bei allen g<strong>an</strong>z herzlich bed<strong>an</strong>ken, die hier mitgewirkt haben. Ichmöchte den Referenten d<strong>an</strong>ken, aber auch g<strong>an</strong>z ausdrücklich den Mitarbeiternin <strong>der</strong> Verwaltung, die im Hintergr<strong>und</strong> gewirkt haben. Ich möchte auch demArchiv d<strong>an</strong>ken, das <strong>an</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Ver<strong>an</strong>staltung aktiv mitgewirkt hat. Ichglaube, wir werden einen interess<strong>an</strong>ten B<strong>an</strong>d zusammenstellen, <strong>der</strong> die heutigenBeiträge enthalten wird <strong>und</strong> darüber hinaus, wie <strong>an</strong>gekündigt, auch nochzusätzliches Material, was <strong>an</strong>gesichts <strong>der</strong> kurzen Zeit <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Fülle <strong>an</strong>Zahlen hier schwer vorgetragen werden k<strong>an</strong>n. M<strong>an</strong> hätte mit weiteren vertiefendenBeiträgen höchstens den Saal leer geredet. Alle, die den B<strong>an</strong>d gernehaben möchten, werden ihn kostenlos von uns zur Verfügung gestellt bekommen.Sobald er fertig ist, werden wir ihn veröffentlichen <strong>und</strong> ich bitte Sie, sichd<strong>an</strong>n entsprechend zu melden. Ich darf mich bei allen, die heute in <strong>der</strong> Diskussionmitgewirkt haben <strong>und</strong> die heute hier waren für ihr Kommen bed<strong>an</strong>ken <strong>und</strong>wünsche Ihnen noch einen <strong>an</strong>genehmen Nachmittag <strong>und</strong> Abend. Schönen D<strong>an</strong>k.129


Nachgereichte BeiträgeProf. Dr.-Ing. habil.Gerhard Sörgel* 24. Juli 1935 in LeipzigDek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>1953-1959 Studium des Maschinenwesens, Fachrichtung Kraft<strong>und</strong>Arbeitsmaschinen <strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>; 1959-1961 Versuchsingenieurin <strong>der</strong> Hauptabteilung Gasturbine in <strong>der</strong> Forschungs-<strong>und</strong> Versuchs<strong>an</strong>stalt für Strömungsmaschinen <strong>Dresden</strong>;1961-1965 Assistent am Institut für Thermodynamik <strong>und</strong>Energiewirtschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1965 Oberassistent amInstitut für Thermodynamik <strong>und</strong> Energiewirtschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong>; 1992-2000 o. Prof. / Prof. neuen Rechts am Institutfür Energiemaschinen <strong>und</strong> -<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1997-2000 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Angeregt durch die Vorträge <strong>und</strong> Diskussionen auf dem o. g. Symposium möchteich im Hinblick darauf, dass <strong>der</strong> zeitliche Rahmen eines Symposiums ja stets nureine begrenzte Anzahl von Diskussionsbeiträgen gestattet, auf diesem Wege nocheinige Informationen <strong>und</strong> Ged<strong>an</strong>ken übermitteln, speziell zu den beiden Problemkreisen- Rolle des vorh<strong>an</strong>denen fachlich außerordentlich kompetenten akademischen Mittelbausin den natur- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftlichen Bereichen bei <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong><strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong>- im Verlaufe des <strong>Erneuerung</strong>sprozesses gewonnene Erkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen,die auch für Universitäten in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n von Nutzen sein könnten,die vom Mo<strong>der</strong>ator Dr. Horstkotte auch im Rahmen <strong>der</strong> Podiumsdiskussion <strong>an</strong>gesprochenwurden.Die „Berechtigung“ für eine <strong>der</strong>artige Meinungsäußerung meinerseits leite ich aus<strong>der</strong> folgenden Kurzbiografie ab:- geboren 1935, Studiumabschluß Maschinenbau 1959, Promotion 1967, Habilitation(Promotion B) 1980- 1959 bis 1961 Versuchsingenieur in einem Industrie-Forschungsinstitut, 1961 bis1965 wissenschaftlicher Assistent <strong>und</strong> 1965 bis 1992 wissenschaftlicher Oberassistent<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D130


- stets parteilos, 1976 ein vergeblicher Versuch <strong>der</strong> Anwerbung als InoffiziellerMitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)- Mitglied <strong>der</strong> im J<strong>an</strong>uar 1990 gebildeten Initiativgruppe zur Schaffung eines Belegschaftsrates<strong>an</strong> <strong>der</strong> damaligen Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlung- Februar 1990 Wahl zum Mitglied des Wissenschaftlichen Rates <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen- Juni 1991 Mitglied <strong>der</strong> AG Hochschulerneuerung im Wahlkreis <strong>der</strong> ehemaligenSektion Energieumw<strong>an</strong>dlung in <strong>der</strong> Statusgruppe Hochschullehrer- März 1992 Wahl zum Mitglied <strong>der</strong> Fachkommission I/1 <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen- April 1992 Verleihung des Titels außerpl<strong>an</strong>mäßiger Professor (apl. Prof.)- Juni 1992 Berufung im verkürzten Verfahren zum ordentlichen Professor (o. Prof.)(C3) <strong>und</strong> Beauftragung mit Vorsitz einer Berufungskommission, die ca. 20 Professuren<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen neu zu besetzen hatte- 1997 bis 2000 Dek<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen- ab Oktober 2000 im Ruhest<strong>an</strong>d.Zum erstgen<strong>an</strong>nten Problemkreis:Es ist gewissermaßen eine „Ironie <strong>der</strong> Geschichte“, dass die Gr<strong>und</strong>lagen für dieExistenz eines starken, kompetenten, durch Promotion <strong>und</strong> Habilitation wissenschaftlichausgewiesenen <strong>und</strong> zugleich politisch integren akademischen Mittelbausin den natur- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftlichen Bereichen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> zu Beginn<strong>der</strong> <strong>personellen</strong> <strong>und</strong> <strong>strukturellen</strong> <strong>Erneuerung</strong> 1990 durch die so gen<strong>an</strong>nte (sozialistische)3. Hochschulreform 1968 geschaffen wurden. Nachdem es bis zu diesemZeitpunkt <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D praktisch ausschließlich befristete Assistenten- <strong>und</strong> Oberassistentenstellen<strong>und</strong> nur wenige unbefristete Stellen als wissenschaftliche Mitarbeitergab, wurde im Zeitraum 1968/69 in Anlehnung <strong>an</strong> die „richtunggebenden“Verhältnisse in <strong>der</strong> damaligen UdSSR etwa die Hälfte aller Stellen des akademischenPersonals in unbefristete Stellen umgew<strong>an</strong>delt <strong>und</strong> fin<strong>an</strong>ziell so ausgestattet,dass das Gehalt unter Berücksichtigung <strong>der</strong> möglichen Steigerungssätze oft dieEntlohnung für eine ver<strong>an</strong>twortliche Tätigkeit in <strong>der</strong> sozialistischen Industrie überstieg.Die Voraussetzung für die Besetzung einer <strong>der</strong>artigen unbefristeten Stelle warin <strong>der</strong> Regel das abgeschlossene Promotionsverfahren. Es kamen auch wissenschaftlicheMitarbeiter in Frage, bei denen ein Abschluss <strong>der</strong> Promotion in absehbarenZeiträumen realistisch erschien. Die Nichtbefristung <strong>der</strong> mit ihnen besetztenStellen trat - mit Ausnahmen für „beson<strong>der</strong>s verdiente Genossen“, die zum Zeitpunkt1968/69 allerdings in <strong>der</strong> damaligen Fakultät Maschinenwesen noch nicht so131


häufig vertreten waren - erst mit Abschluss <strong>der</strong> Promotion in Kraft. Mir ist heute nochunklar, wieso m<strong>an</strong> im Rahmen dieser sozialistischen Hochschulreform 1968, <strong>der</strong>eneindeutiges Ziel doch die Stärkung des Einflusses <strong>der</strong> Staatspartei in allen Ebenen <strong>der</strong>Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen sein sollte, auch dem parteilosen akademischen Mittelbauden relativ problemlosen Überg<strong>an</strong>g in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ermöglichte.In späteren Jahren war das d<strong>an</strong>n nicht mehr <strong>der</strong> Fall. Hat m<strong>an</strong> die Nachhaltigkeitdieser „Großzügigkeit“ unterschätzt? Vertraute m<strong>an</strong> darauf, dass – zumindest in <strong>der</strong>Perspektive – linientreue Hochschullehrer auch ihre unbefristeten Mitarbeiter „aufKurs“ bringen könnten? O<strong>der</strong> hat m<strong>an</strong> aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Ver<strong>an</strong>twortlichen dieses Problemüberhaupt nicht als Problem registriert?Nachfolgend möchte ich nun – auch am Beispiel meiner eigenen Entwicklung – dieKonsequenzen aufzeigen, die sich speziell in <strong>der</strong> neu gegründeten Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlungin <strong>der</strong> Folgezeit ergaben. In dieser Sektion waren – mit Ausnahme des GebietesVerbrennungsmotoren – praktisch alle Bereiche des so gen<strong>an</strong>nten „warmen“ Maschinenbaueszusammengefasst, d. h. Thermodynamik, Strömungstechnik, Energiesystem-<strong>und</strong> Kraftwerkstechnik, Kernenergetik, Thermischer <strong>und</strong> Hydraulischer Maschinenbau,Mess- <strong>und</strong> Automatisierungstechnik thermischer Anlagen, Kältetechnik <strong>und</strong>Technische Gebäudeausrüstung.Ich hatte vor dem Beginn <strong>der</strong> 3. Hochschulreform eine befristete Oberassistentenstelleinne <strong>und</strong> 1967 meine Promotion abgeschlossen. Traditionsgemäß bedeutete das fürmich auch das Ende meiner Tätigkeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong>, <strong>und</strong> ich war dabei, einen Wechsel in dieIndustrie vorzubereiten. Zu diesem Zeitpunkt trat die Hochschulreform in Kraft, <strong>und</strong>ich wurde „automatisch“ unbefristeter wissenschaftlicher Oberassistent mit einemGehalt, das zumindest dem <strong>der</strong> bisher <strong>an</strong>gestrebten Industrietätigkeit entsprach. Nochehe ich mir <strong>der</strong> Bedeutung dessen bewusst wurde, machten mir meine Kollegen aus <strong>der</strong>früheren Praxistätigkeit klar, welch ein Fehler es wäre, als „potentieller Nichtgenosse“die unbefristete <strong>TU</strong>-Stelle zugunsten einer Industrietätigkeit aufzugeben, da ich in <strong>der</strong>Industrie praktisch niemals eine ähnliche Position ohne Parteizugehörigkeit erreichenkönnte.Im Ergebnis dessen behielt ich meine unbefristete Oberassistentenstelle <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D,<strong>und</strong> es war logisch, dass eine beträchtliche Anzahl ähnlich Denken<strong>der</strong> in allen Bereichen<strong>der</strong> Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlung sich genauso entschied. Demzufolge gab es z. B.im Zeitraum 1978/79 insgesamt 26 promovierte <strong>und</strong> zwei habilitierte politisch integre,parteilose <strong>und</strong> fachlich sehr kompetente wissenschaftliche Mitarbeiter, Assistenten <strong>und</strong>Oberassistenten in den 8 Wissenschaftsbereichen <strong>der</strong> Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlung.Diese relativ große Anzahl ist mit Sicherheit auch dadurch bedingt, dass noch etlicheJahre nach <strong>der</strong> 3. Hochschulreform <strong>an</strong> <strong>der</strong> Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlung Hochschullehrerwie die Professoren Werner Albring, Norbert Elsner, Heinz Jungnickel <strong>und</strong> GerhardSchilg tätig waren, die ihre Mitarbeiter ausschließlich nach fachlichen Gesichtspunktenför<strong>der</strong>ten.Diese parteilosen, fachlich sehr kompetenten Mitarbeiter wussten, dass sie unter denbestehenden gesellschaftlichen R<strong>an</strong>dbedingungen praktisch keine beruflichen Auf-132


stiegsch<strong>an</strong>cen hatten. Es war aber auch ein großer Vorteil <strong>und</strong> ein echter Gewinn<strong>an</strong> Lebensqualität, dass m<strong>an</strong> von jeglicher „Parteiarbeit“ – mit Ausnahme <strong>der</strong>monatlichen politischen Weiterbildung – befreit war. Da ein dem Wesen nachinteressierter <strong>und</strong> ehrgeiziger Mensch aber sinnvolle Lebensziele braucht, habensich diese Mitarbeiter mit Engagement <strong>und</strong> Vergnügen auf ihre fachlichen Aufgabenin Lehre <strong>und</strong> Forschung konzentriert. Obwohl es allen klar war, dass es we<strong>der</strong>für die persönliche Entwicklung noch fin<strong>an</strong>ziell irgendeinen Nutzen bringen würde,haben sich etliche Kollegen aus dem gen<strong>an</strong>nten Kreis mit einer erfolgreichabgeschlossenen Habilitation (Promotion B) ein beson<strong>der</strong>es persönliches Erfolgserlebnisverschafft. Zu Beginn <strong>der</strong> Hochschulerneuerung 1990 gab es damit <strong>an</strong> <strong>der</strong>Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlung neben <strong>der</strong> großen Zahl promovierter Assistenten<strong>und</strong> Oberassistenten auch 10 habilitierte wissenschaftliche Mitarbeiter, die uneingeschränktzum Kreis <strong>der</strong> politisch integren gehörten.Es war d<strong>an</strong>n auch mehr als selbstverständlich, dass vor allem <strong>der</strong> Mittelbau dieHochschulerneuerung 1990 entscheidend vor<strong>an</strong>getrieben hat, im Gegensatz zuden „inthronisierten“ Hochschullehrern, die in <strong>der</strong> Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlungdamals zu 95 % <strong>der</strong> SED <strong>an</strong>gehörten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung aus verständlichenGründen skeptisch gegenüber st<strong>an</strong>den. Der parteilose kompetente Mittelbau hatteja praktisch nicht mehr damit gerechnet, in seinem Arbeitsleben noch einmalseine reichen Erfahrungen in eine echte Hochschulerneuerung einbringen zu können.Als Insi<strong>der</strong> weiß ich genau, dass dabei nur wenige vor allem <strong>an</strong> die neuenpersönlichen Möglichkeiten dachten. Für die meisten kam es im Prinzip unerwartet,dass sie plötzlich auch selbst für die Besetzung <strong>der</strong> neu auszuschreibendenProfessuren des „warmen“ Maschinenbaues mit zur Diskussion st<strong>an</strong>den.Auch aus heutiger Sicht bin ich noch immer <strong>der</strong> Überzeugung, dass die aus diesemKreis berufenen <strong>und</strong> ern<strong>an</strong>nten Professoren Jörg Huhn (Wärme- <strong>und</strong> Stoffübertragung),Erwin Kaiser (Mess- <strong>und</strong> Automatisierungstechnik), Gottfried Knabe(Gebäudeautomatition/Technisches Gebäudem<strong>an</strong>agement), Jürgen Knorr (Kernenergietechnik),Wolfg<strong>an</strong>g Richter (Heizungs- <strong>und</strong> Raumlufttechnik), Gerhard Sörgel(Dampf- <strong>und</strong> Gasturbinen) <strong>und</strong> Gotthard Will (Pumpen, Verdichter <strong>und</strong> Apparate)wesentlich zur heute erreichten Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen<strong>der</strong> <strong>TU</strong>D beigetragen haben.Ich denke, dass diese am Beispiel <strong>der</strong> ehemaligen Sektion Energieumw<strong>an</strong>dlungbzw. des „warmen“ Maschinenbaues gezeigte Entwicklung mehr o<strong>der</strong> weniger füralle natur- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftlichen Bereiche <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> zutrifft.Zum zweitgen<strong>an</strong>nten ProblemkreisEinen hohen Stellenwert für eine universitäre Fakultät hat die schnelle Besetzungeines frei werdenden Lehrstuhles mit einem kompetenten Nachfolger. Mir istmittlerweile bek<strong>an</strong>nt, wie schwer m<strong>an</strong> sich häufig <strong>an</strong> Universitäten <strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>damit tut, welch vielschichtige Prozeduren oft <strong>an</strong>gesagt sind <strong>und</strong> welch l<strong>an</strong>ge Zeitenbis zur tatsächlichen Neubesetzung in <strong>der</strong> Regel vergehen.133


Ich denke, dass m<strong>an</strong> dabei von den Erfahrungen profitieren könnte, die wir bei <strong>der</strong>notwendigen Neubesetzung vieler Professuren in kürzestmöglicher Zeit im Rahmen<strong>der</strong> Hochschulerneuerung „gezwungenermaßen“ gesammelt haben. Unmittelbarnach meiner Berufung zum C3-Professor im verkürzten Verfahren wurde ichvom Rektor beauftragt, eine Berufungskommission zu leiten, die etwa 20 Professuren<strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen schnellstmöglich zu besetzen hatte. Dabeierwies sich folgendes Vorgehen als optimal hinsichtlich Zeitm<strong>an</strong>agement <strong>und</strong> (mitzeitlichem Abst<strong>an</strong>d beurteilte) Erfolgsquote. Wir haben allen Bewerbern, die nachden eingereichten Unterlagen als kompetente Fachleute zur (einmaligen) Vorstellungvor <strong>der</strong> Berufungskommission eingeladen wurden, vorgegeben, in einem zeitlichlimitierten Vortrag ihre persönlichen Vorstellungen zur künftigen Entwicklungvon Lehre <strong>und</strong> Forschung auf dem <strong>an</strong>gestrebten Berufungsgebiet darzulegen. Eswar für die Berufungskommission immer wie<strong>der</strong> überraschend, wie unterschiedlichnach Inhalt <strong>und</strong> Darstellung diese Vorgabe von den verschiedenen Bewerberninterpretiert wurde <strong>und</strong> wie deutlich sich aus diesem direkten Vergleich sofortnach dem letzten Vortrag ein sinnvoller Berufungsvorschlag ergab, <strong>der</strong> d<strong>an</strong>n bis aufwenige Ausnahmen auch die Zustimmung von Fakultätsrat <strong>und</strong> Senat f<strong>an</strong>d.Wir haben diese Verfahrensweise auch nach den etwas „stürmischen“ Anf<strong>an</strong>gsjahrenin <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen beibehalten. Dabei habe ich mehrfach erlebt,dass Kollegen aus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, die in einer Berufungskommission unsererFakultät mitwirkten, zunächst ungläubig zur Kenntnis nahmen, dass sie nur zueiner einzigen entscheidenden Sitzung <strong>an</strong>reisen sollten, bei <strong>der</strong> am Ende <strong>der</strong> Berufungsvorschlagzu verabschieden war. Nach Abschluss <strong>der</strong> Prozedur waren diemeisten von ihnen allerdings absolut von <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens <strong>und</strong>dem damit möglichen Zeitm<strong>an</strong>agement überzeugt.Nach meinen in den Jahren zwischen 1992 <strong>und</strong> 2000 gesammelten Erfahrungen inBerufungs<strong>an</strong>gelegenheiten <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultät Maschinenwesen <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D <strong>und</strong> <strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>enUniversitäten bin ich davon überzeugt, dass m<strong>an</strong> bei <strong>der</strong> beschriebenen konzentriertenVorgehensweise nicht mehr Fehlentscheidungen (die sich lei<strong>der</strong> wohlniemals g<strong>an</strong>z ausschließen lassen) trifft als bei Berufungsverfahren, die sich „mehrstufig“über sehr l<strong>an</strong>ge Zeiten hinziehen.134


Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c.Günter Zumpe* 04. Mai 1929 in <strong>Dresden</strong>1948-1956 Studium des Bauingenieurwesens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ingenieurpädagogik<strong>an</strong> <strong>der</strong> TH <strong>Dresden</strong>, Zusatzstudien speziellerProbleme <strong>der</strong> Mathematik <strong>und</strong> Architektur; J<strong>an</strong>. bis Sept.1956 freiberufliche Tätigkeit als Entwurfsingenieur; 1956-1962wissenschaftlicher Assistent <strong>und</strong> Oberassistent <strong>an</strong> <strong>der</strong> Fakultätfür Bauwesen <strong>der</strong> TH/<strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>; 1958 Promotion; 1960Habilitation; ab 1962 Bausachverständiger für Statik <strong>und</strong> Konstruktion;1962-1966Doz. (Baumech<strong>an</strong>ik für Mathematiker);1966 Prof. mit Lehrauftrag für Techn. Mech<strong>an</strong>ik des Bauwesens;1969 Berufung zum o. Prof. für Baumech<strong>an</strong>ik (TechnischeMech<strong>an</strong>ik, Festigkeitslehre <strong>und</strong> Flächentragwerke) <strong>an</strong><strong>der</strong> Sektion Bauingenieurwesen; 1991-1996 Direktor des Institutsfür Baumech<strong>an</strong>ik <strong>und</strong> Bauinformatik <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>;bis 1992 Sprecher des Plenums <strong>der</strong> Personalkommission;1992 Prof. neuen Rechts; 1994 Universitätsprof.; 1996Dr. h. c. <strong>der</strong> Universität für Architektur, Bauwesen <strong>und</strong> GeodäsieSofia; 2000 Ehrenmedaille <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>GEDANKEN ZUR GEISTIGEN ERNEUERUNG AN DER <strong>TU</strong> DRESDENDie Technische Universität <strong>Dresden</strong> genoss - trotz <strong>der</strong> Diktaturen, die sie fast 60Jahre dulden musste <strong>und</strong> trotz des zunehmenden <strong>und</strong> auch aus <strong>der</strong> Ferne nichtübersehbaren Verfalls nahezu <strong>der</strong> gesamten materiellen Basis - ein hohes wissenschaftlichesAnsehen. Dies durften die Dresdner Professoren nach <strong>der</strong> Wende invielen Universitäten <strong>und</strong> in vielen nationalen <strong>und</strong> internationalen wissenschaftlichenGremien immer wie<strong>der</strong> erfahren.DIE VORBEDINGUNGENEine wesentliche Ursache finden wir g<strong>an</strong>z sicher in den hohen Anfor<strong>der</strong>ungen, diezu allen Zeiten <strong>und</strong> - hier muss ich allerdings einschränken - in den meisten Fällen <strong>an</strong>den Lehrkörper gestellt wurden. Die letzte Einschränkung ist notwendig, weil „Partei<strong>und</strong> Regierung“ vor allem in den Jahren nach 1968 zunehmend bestrebt waren,auch auf die Zusammensetzung des Lehrkörpers maßgeblichen Einfluß zu nehmen.Mit <strong>der</strong> 3.Hochschulreform wurden beispielsweise· die Fakultäten völlig in den Hintergr<strong>und</strong> gedrängt <strong>und</strong> die hochschulpolitischeMacht den neu gebildeten Sektionen übertragen, <strong>der</strong>en Direktorate mit denParteileitungen unmittelbar zusammenarbeiteten,· die Habilitation abgeschafft <strong>und</strong> durch den 2. Doktorgrad, den Dr.sc., ersetzt,135


<strong>der</strong> jedoch weiterhin in <strong>der</strong> Regel ein sehr hohes akademisches Niveau attestierte<strong>und</strong>· die Mitgliedschaft in <strong>der</strong> SED neben <strong>der</strong> fachlichen Kompetenz zu einem wesentlichenKriterium für die Berufung erhoben.D<strong>an</strong>ach waren hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> Abweichungen von den - <strong>an</strong> sich unumstößlichen -For<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> höchstes wissenschaftliches Niveau erkennbar:· So gab es in den technischen <strong>und</strong> naturwissenschaftlichen Disziplinen m<strong>an</strong>chmalBemühungen um eine Professur für verdienstvolle Funktionäre. Diese führten- allerdings sehr selten - zu einem „Dualen Berufungsverfahren“ (Gegeben isteine Person - gesucht wird eine Professur).· D<strong>an</strong>eben wurde es zulässig, dass bereits berufene Professoren (in <strong>der</strong> Regel aufdringliches Anraten <strong>der</strong> Partei) den 2. Doktorgrad erwerben durften. Wenn -was allerdings ebenfalls sehr selten vorkam - die Verteidigung d<strong>an</strong>n auch nochnicht-öffentlich stattf<strong>an</strong>d, wurde in diesen Fällen „sc“ von Insi<strong>der</strong>n - insgeheim<strong>und</strong> spöttisch - mit „SINE CAUSA“ übersetzt.Diese seltenen <strong>und</strong> nicht abwendbaren, aber für alle beschämenden Ereignisseführten später in den westlichen Universitäten zu unzulässigen Verallgemeinerungen.Insbeson<strong>der</strong>e verbreitete sich die Auffassung, dass in <strong>der</strong> ehemaligen DDR· alle 2. Doktorgrade parteipolitisch f<strong>und</strong>iert seien <strong>und</strong>· bei Professoren weniger eine beachtenswerte wissenschaftliche Kompetenz,wohl aber eine systemgeb<strong>und</strong>ene Basis vermutet werden müsse.Diese Auffassung ist falsch <strong>und</strong> sie erwies sich auch nach sorgfältigen Überprüfungenals falsch. Um die tatsächlichen Verhältnisse deutlich werden zu lassen,wurden deshalb nach 1989 Fachkommissionen gebildet, die unter Beteiligung vonProfessoren aus Universitäten <strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> die fachliche Kompetenzaller Dresdner Hochschullehrer zu überprüfen hatten.Die Bedeutung <strong>der</strong> Fachkommissionen für die geistige <strong>Erneuerung</strong> ist bisher ausgeklammerto<strong>der</strong> nur gestreift worden, ebenso wie die <strong>der</strong> übrigen Kommissionen,die die strukturelle <strong>und</strong> die personelle Anpassung vorbereitet haben. Deshalb möchteich einige Worte zu dem g<strong>an</strong>zen System <strong>der</strong> Überprüfungen sagen, das die Voraussetzungfür die geistige <strong>Erneuerung</strong> unserer Universität geschaffen hat.136DIE VORBEREI<strong>TU</strong>NGNach <strong>der</strong> Wende wurden - zur Vorbereitung <strong>der</strong> geistigen <strong>Erneuerung</strong> unsererUniversität - alle Angehörigen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> mit dem ZIEL überprüft, die Auswahl<strong>der</strong>jenigen zu ermöglichen, die den Aufbau eines freien <strong>und</strong> demokratischenUniversitätslebens auf höchstem akademischen Niveau überzeugend för<strong>der</strong>n konnten.


Beson<strong>der</strong>e S c h w e r p u n k t e waren:· Der Nachweis <strong>der</strong> persönlichen Integrität, d.h. die Prüfung, welche Angehörige<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> sich we<strong>der</strong> von <strong>der</strong> STASI noch von <strong>der</strong> SED fürdie Stabilisierung <strong>und</strong> Stärkung <strong>der</strong> sozialistischen Diktatur in <strong>der</strong> DDR korrumpierenließen <strong>und</strong> deshalb für den Aufbau einer freiheitlich-demokratischenOrdnung <strong>und</strong> <strong>der</strong>en öffentlicher Vertretung geeignet <strong>und</strong> hinreichendglaubwürdig sind.· Die Rehabilitierung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> damaligen DDR <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> auspolitischen Gründen benachteiligten Wissenschaftler mit dem Ziel einer ideellenGleichstellung mit denen in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n.· Der Nachweis <strong>der</strong> fachlichen Kompetenz, d.h. die Prüfung, welche <strong>der</strong>bisher <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> wirkenden Lehrkräfte hinsichtlich ihrer fachlichenLeistungen <strong>und</strong> ihrer wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit denen <strong>an</strong>den Technischen Universitäten in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n zumindest äquivalentsind.· Die Anpassung unserer Universität <strong>an</strong> die neuen Strukturen <strong>der</strong> universitärenL<strong>an</strong>dschaft im Freistaat Sachsen.· Der Aufbau eines gesamtdeutschen Lehrkörpers möglichst mit internationalerBeteiligung.· Die Verhin<strong>der</strong>ung neuer politisch motivierter Karrieren, indem zu sichernwar, dass Zeugenaussagen nicht zu Vorteilen bei Stellenvergaben führten<strong>und</strong>· die Mil<strong>der</strong>ung von persönlichen Härten, die durch Fehldeutungen während<strong>der</strong> Überprüfung o<strong>der</strong> durch strukturelle Zwänge entst<strong>an</strong>den waren.DIE ÜBERPRÜFUNGDie Überprüfung erfolgte in drei Stufen:1. Die Überprüfung <strong>der</strong> persönlichen Integrität durch die Personalkommissionen.Nachgewiesene· offizielle o<strong>der</strong> inoffizielle Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit,· demokratiefeindliche Ausübung von höheren Funktionen in <strong>der</strong> SED,· Verstöße gegen die Menschenrechte (Ausübung von Zw<strong>an</strong>g zur Meldungals Reserve-Offiziers-Anwärter (ROA), Behin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Weiterentwicklungjunger Wissenschaftler (z.B. durch Verweigerung <strong>der</strong> Habilitation,gezielte Reisebehin<strong>der</strong>ungen, etc.)137


führten zur Erklärung <strong>der</strong> NICHTEIGNUNG für die Weiterbeschäftigung inuniversitären Bereichen.Alle - auch frühere - Angehörige <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, die von <strong>der</strong> Personalkommissiondas Votum GEEIGNET erhalten hatten, aber von Institutionen<strong>der</strong> ehemaligen DDR in ihrer wissenschaftlichen Entwicklung behin<strong>der</strong>tworden sind, wurden <strong>an</strong> die Rehabilitierungskommission mit <strong>der</strong> Empfehlungweitergeleitet, die Behin<strong>der</strong>ung wenigstens ideell aufzuheben <strong>und</strong> entsprechendeRehabilitierungsmaßnahmen einzuleiten.2. Die Überprüfung <strong>der</strong> fachlichen Kompetenz durch die Fachkommissionen.Für alle Angehörigen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, die hinsichtlich ihrer Unbescholtenheitfür eine Weiterbeschäftigung im universitären Bereich das Votum GE-EIGNET erhalten hatten, erfolgte die Überprüfung ihrer fachlichen Kompetenzdurch die jeweilige Fachkommission, <strong>der</strong> Vertreter von Universitätenaus den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n <strong>an</strong>gehörten.Alle diejenigen, <strong>der</strong>en Promotion, Habilitation, Anzahl <strong>und</strong> Qualität <strong>der</strong>wissenschaftlichen Publikationen <strong>und</strong> Vorträge <strong>an</strong> Universitäten <strong>und</strong> auf Kongressen(beson<strong>der</strong>s auch im östlichen Ausl<strong>an</strong>d) unzureichend waren, wurdenvon einer Weiterbeschäftigung im universitären Bereich ausgeschlossen.Das Ergebnis <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> fachlichen Eignung war in mehr als 95%<strong>der</strong> Fälle positiv. Das beweist eindrucksvoll, dass in den DDR-Universitätentrotz des SED-Einflusses ein hervorragendes geistiges Potential vorh<strong>an</strong>denwar.3. Die Überprüfung <strong>der</strong> Arbeitsgebiete durch die Strukturkommission.138Für alle, die persönlich integer sowie fachlich kompetent <strong>und</strong> demnach füreine Weiterbeschäftigung im universitären Bereich GEEIGNET waren, erfolgtedie Überprüfung ihres Arbeitsgebietes unter dem Aspekt einer mo<strong>der</strong>nenWissenschaftsentwicklung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Notwendigkeit für die Neuprofilierung<strong>der</strong> Universität durch die Strukturkommission, die ihre Entscheidungenauf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Empfehlungen <strong>und</strong> Vorlagen entsprechen<strong>der</strong>Kommissionen des Wissenschaftsrates fällte.Es war also lei<strong>der</strong> durchaus möglich, trotz persönlicher Integrität <strong>und</strong> nachgewiesenerFachkompetenz keine Weiterbeschäftigung zu erhalten, nämlich d<strong>an</strong>n,wenn die Struktur für eine Weiterbeschäftigung keine Möglichkeit bot.


Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Überprüfungsergebnisse konnten schließlich den Berufungs-bzw. Auswahlkommissionen, die die Ausschreibung <strong>der</strong> endgültigverfügbaren Stellen mit vorbereiteten, die notwendigen Unterlagen zur Verfügunggestellt werden.Für die Angehörigen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> best<strong>an</strong>d die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigungd<strong>an</strong>n, wenn durch ein jeweils positives Votum· die für das Wirksamwerden im erneuerten universitären Bereich vorauszusetzendepersönliche Integrität von <strong>der</strong> Personalkommission,· die für die Wahrnehmung dieses Arbeitsgebietes erfor<strong>der</strong>liche fachliche Kompetenzvon <strong>der</strong> Fachkommission <strong>und</strong>· das erfor<strong>der</strong>liche Arbeitsgebiet von <strong>der</strong> Strukturkommissionbestätigt worden war.Natürlich konnte es geschehen, dass durch Fehlinterpretationen o<strong>der</strong> auch durchstrukturelle Zwänge für den einen o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Angehörigen unserer UniversitätHärten entst<strong>an</strong>den. Diese mussten - wenn sie <strong>an</strong> die amtierende o<strong>der</strong> später weiterführendePersonalkommission her<strong>an</strong>getragen wurden - von diesen in persönlichenGesprächen mit den Betroffenen beraten <strong>und</strong> - falls diese Härten nicht gerechtfertigterschienen - zur Aufhebung o<strong>der</strong> zumindest zur Lin<strong>der</strong>ung <strong>an</strong> die Stellen mitdem hierfür erfor<strong>der</strong>lichen Einfluß weitergeleitet werden.DER NEUAUFBAUAuf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Sächsischen Hochschulstrukturgesetzes konnte im Jahre1992 neben <strong>der</strong> „alten“, mit ihren zu überprüfenden Professoren, wissenschaftlichen<strong>und</strong> nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern „gefüllten“, Technischen Universität<strong>Dresden</strong> eine neue, „leere“ Universität mit einem noch völlig unbesetzten Stellenpl<strong>an</strong>gegründet werden. Die materiellen Besitztümer <strong>der</strong> alten <strong>TU</strong>D wurden <strong>der</strong>neuen <strong>TU</strong>D übereignet <strong>und</strong> von den Angehörigen <strong>der</strong> alten <strong>TU</strong>D mitgenutzt. Rektor<strong>und</strong> K<strong>an</strong>zler übernahmen die Leitung <strong>der</strong> beiden nebenein<strong>an</strong><strong>der</strong> existierenden Universitäten.Alle Stellen dieser neuen Technischen Universität <strong>Dresden</strong> wurden mit Unterstützung<strong>der</strong> Auswahl- <strong>und</strong> Berufungskommissionen ausgeschrieben. Für die Besetzungkonnten nun Bewerber zugelassen werden, die alle für die <strong>Erneuerung</strong> gefor<strong>der</strong>tenKriterien erfüllten. Damit wurde gewährleistet, dass alle wie<strong>der</strong>berufenen DresdnerHochschullehrer denen in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n tätigen in allen akademischenBel<strong>an</strong>gen völlig gleichwertig sind, eine Tatsache, die zwar von den Professoren<strong>der</strong> alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>, die in den entsprechenden Kommissionen mitgewirkthaben, immer wie<strong>der</strong> bestätigt wird, die aber noch nicht allgemeine Akzept<strong>an</strong>zgef<strong>und</strong>en zu haben scheint.139


DAS BESONDERE ANLIEGENEin beson<strong>der</strong>es Anliegen <strong>der</strong> geistigen <strong>Erneuerung</strong> war - neben <strong>der</strong> Notwendigkeit,wie<strong>der</strong> eine freie Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen -· einerseits, die guten Traditionen unserer Universität zu bewahren· <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits, unserer Universität ihren geachteten Platz in <strong>der</strong> internationalen universitärenL<strong>an</strong>dschaft zu sichern.Letzteres sollte insbeson<strong>der</strong>e durch die Einbeziehung <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung all <strong>der</strong> Entwicklungen<strong>an</strong>gestrebt werden, denen es in den oft hoffnungslosen Tagen bis zur politischenWende 1989 nicht möglich war, die um unser L<strong>an</strong>d gezogenen Mauern zu überwinden.Viele von uns hatten sich in den Jahren davor - oft aber insgeheim - mit den Worten desPater Jakobus getröstet, die Herm<strong>an</strong>n Hesse seinen MAGISTER LUDI nie<strong>der</strong>schreibenließ:Es können Zeiten des Schreckens <strong>und</strong> des tiefsten Elends kommen. Wenn aber beimElend noch ein Glück sein soll, so k<strong>an</strong>n es nur ein geistiges sein, rückwärts gew<strong>an</strong>dt zuRettung <strong>der</strong> Bildung früherer Zeit, vorwärts gew<strong>an</strong>dt zur heiteren <strong>und</strong> unverdrossenenVertretung des Geistes in einer Zeit, die sonst gänzlich dem Stoff <strong>an</strong>heimfallen könnte.Nach <strong>der</strong> Überwindung des Elends strebten (<strong>und</strong> streben) wir - offen <strong>und</strong> frei - nachdiesem geistigen Glück.Natürlich kamen wir ohne den Stoff, ohne das Materielle nicht aus. Die umf<strong>an</strong>greichenInvestitionen für S<strong>an</strong>ierung <strong>und</strong> Neubau sowie die beispielhafte Ausrüstung nahezu allerInstitute legen dafür ein beredtes Zeugnis ab. Nur wer den STA<strong>TU</strong>S PRAE selbst erlebthat, wird diesen Ausstattungsschub als Leistung vor allem unseres K<strong>an</strong>zlers gebührendwürdigen können.Getragen <strong>und</strong> beschleunigt werden sollten die Folgen dieser materiellen Entwicklungaber - heiter <strong>und</strong> unverdrossen - vom Geist <strong>der</strong> freiheitlichen Demokratie, <strong>der</strong> ersehntenEinigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> erwarteten Gerechtigkeit.DIE ECK-PROFESSURENUm ein Mindestmaß <strong>an</strong> stabiler Kontinuität zu gewährleisten, wurden einige wenigeDresdner Hochschullehrer, die alle oben <strong>an</strong>geführten Bedingungen in hohem Maßeerfüllten, auf Empfehlung außerordentlicher Berufungskommissionen mit gesamtdeutscherZusammensetzung in einem verkürzten Verfahren auf sog. ECK-PROFESSURENberufen.M<strong>an</strong> erwartete,· dass diese berufenen Dresdner Eck-Professoren akademische Leitungsämterübernehmen <strong>und</strong> den weiteren Neuaufbau wesentlich mitgestalten <strong>und</strong> beför<strong>der</strong>n,140


· dass sie die guten Traditionen <strong>und</strong> das wissenschaftliche Ansehen <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> bis zur vollständigen geistigen <strong>Erneuerung</strong> bewahren, pflegen <strong>und</strong>weitergeben <strong>und</strong>· dass sie sich schnell in die gesamtdeutsche <strong>und</strong> internationale Wissenschaftsl<strong>an</strong>dschafteinbinden.Und m<strong>an</strong> erwartete,· dass die neu berufenen Professoren nicht nur ihre internationalen Erfahrungeneinbringen, son<strong>der</strong>n sich - über die Eck-Professoren - direkt <strong>und</strong> schnellmit den guten wissenschaftlichen Traditionen <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> vertraut machen<strong>und</strong> diese weiterführen.M<strong>an</strong> erwartete also,· dass in den geistig erneuerten Fakultäten a priori das Bedürfnis vorläge, aufdieser neu geschaffenen Basis die Verwirklichung <strong>der</strong> geistigen Einheit zubeschleunigen.DIE BISHERIGEN ERGEBNISSEWissenschaftspolitisch ist dies gelungen.Die Eckprofessoren f<strong>an</strong>den sehr schnell die ihnen zukommende gesamtdeutsche<strong>und</strong> auch internationale Anerkennung. Diese wissenschaftliche Akzept<strong>an</strong>zwurde durch die Wahl in internationale <strong>und</strong> nationale Gremien sehrdeutlich <strong>und</strong> sie bekam einen beson<strong>der</strong>en, einheitspolitischen Akzent durchdie Wahl einiger Kollegen als Vorsitzende <strong>der</strong> deutschen bzw. deutschsprachigenFakultätentage.Sozialpolitisch gibt es aber nach wie vor deutliche Diskrep<strong>an</strong>zen.Denn trotz <strong>der</strong> umf<strong>an</strong>greichen <strong>und</strong> umfassenden Überprüfung aller Aspekte<strong>der</strong> Wissenschaftler in <strong>der</strong> ehemaligen DDR, die nun nach ihrer Wie<strong>der</strong>berufungbzw. Wie<strong>der</strong>einstellung alle Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> die demokratische Gestaltungdes universitären Lebens erfüllen, erfolgte keine soziale Gleichstellungmit ihren Kollegen in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n.So konnten sich beispielsweise die nun wie<strong>der</strong> berufenen Hochschullehrerzwar in das internationale wissenschaftliche Leben einbringen, stürzen abernach dem 65. Lebensjahr - also nach einer meist sehr kurzen Zeit ihreraktiven Mitwirkung - wie<strong>der</strong> ab in eine materielle Ungleichheit, die die Fortführungdieses kleinen Lebensabschnittes als gleichberechtigter Wissenschaftlerunmöglich macht. Der Aufbau eines privaten Büros war für die Professo-141


en neuen Rechts, insbeson<strong>der</strong>e für die Eckprofessoren, in <strong>der</strong> relativ kurzenZeit ihres aktiven Wirkens wegen <strong>der</strong> Fülle <strong>an</strong> hochschulpolitischen Aufgaben,die sie übernehmen mussten, praktisch nicht möglich, fin<strong>an</strong>zielle Rücklagenexistierten noch nicht, eine Altersvorsorge griff nicht mehr <strong>und</strong> so war<strong>der</strong> Abfall <strong>der</strong> monatlichen Bezüge auf weniger als ein Drittel ihrer Kollegenin den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n persönlich nicht beeinflußbar. Eine Präsenz inwissenschaftlichen Gremien o<strong>der</strong> auf internationalen Kongressen ist damitauf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage ihrer Altersversorgung privat nicht fin<strong>an</strong>zierbar.Wenn diese Kollegen vor <strong>der</strong> Wende am internationalen wissenschaftlichen Lebennicht teilhaben durften, obwohl sie konnten, so können sie nach ihrer Versetzungin den Ruhest<strong>an</strong>d nicht mehr teilnehmen, obwohl sie dürfen.Ich denke es wäre gut, wenn über dieses Problem auch in den Fakultätennoch einmal nachgedacht würde.Diese nicht nachvollziehbare <strong>und</strong> damit auch nicht tolerierbare Benachteiligungentst<strong>an</strong>d durch Nicht-Anerkennung <strong>der</strong> ihnen eigentlich zustehendenAltersversorgung. Sie findet ihre Rechtfertigung in <strong>der</strong> folgenden Einschätzungdes B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtes vom 28.04.1999:Die Berufsbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten aus <strong>der</strong> DDR sind mit denen aus<strong>der</strong> ehemaligen BRD nicht deckungsgleich, weil sie sich nach Arbeitsgebieten,Umf<strong>an</strong>g <strong>und</strong> Qualifikation unterscheiden.Und genau dies trifft - nach <strong>der</strong> eing<strong>an</strong>gs geschil<strong>der</strong>ten Evaluierung -zumindest für die Professoren <strong>und</strong> Mitarbeiter unserer Universitätmit Sicherheit nicht zu.Auch gesellschaftspolitischscheint mir das Prinzip <strong>der</strong> Gleichwertigkeit noch immer nicht allgemein <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>ntzu sein. Denken wir nur <strong>an</strong> die Diskussion um die STASI-Problematikzwischen Joachim Gauck <strong>und</strong> Professor H<strong>an</strong>s Brinkm<strong>an</strong>n, dem Präsidenten <strong>der</strong>Universität <strong>und</strong> Gesamthochschule Kassel, im Pro & Contra <strong>der</strong> ZeitschriftForschung <strong>und</strong> Lehre (Heft 12/98).Diese zeigt sehr deutlich, dass es noch immer keine klaren Vorstellungen darübergibt, welche potentiellen Auswirkungen die STASI-Zuarbeit von Angehörigen<strong>der</strong> Universitäten in den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n zur Folge haben konnte,obwohl genügend Beispiele vorliegen.142Für uns bleibt es deshalb völlig unverständlich, dass es auch heute noch immermöglich ist, den Sinn <strong>der</strong> Erklärung in Frage zu stellen, für die STASI tätiggewesen zu sein o<strong>der</strong> nicht.


DIE HOFFNUNGNatürlich gilt auch für uns die uralte Erkenntnis:Wo Licht ist, gibt es auch Schatten,<strong>und</strong> je heller das Licht ist, umso dunkler ist auch <strong>der</strong> Schatten.Die negativen Begleiterscheinungen werden sich wohl biologisch lösen müssen, obwohlwir glauben, dass Erfahrungen zu Erkenntnissen führen sollten, Erkenntnisse vermittelbarsind <strong>und</strong> vermittelte Erkenntnisse wie<strong>der</strong>um neue, diese Erkenntnisse wi<strong>der</strong>spiegelndeEinstellungen <strong>und</strong> H<strong>an</strong>dlungen bedingen müssten <strong>und</strong>, dass sich auf diesem Wegedie negativen Begleiterscheinungen wesentlich schneller beseitigen ließen.Die heute möglichen Erfolge im wissenschaftlichen Bereich <strong>und</strong> das Leben in unsererfreiheitlichen Demokratie lassen diese negativen Begleiterscheinungen in <strong>der</strong>Regel allerdings klein erscheinen. Dies können in vollem Maße vor allem die Betroffenenbeurteilen <strong>und</strong> würdigen, die die Auswirkungen <strong>der</strong> untergeg<strong>an</strong>genen Diktaturselbst mit erleben mussten.Nur wer sich die Bil<strong>der</strong> um die Maueröffnung vergegenwärtigt wird verstehen,dass wir ungeduldig sind. Aus dieser Ungeduld erwuchsen so m<strong>an</strong>che Enttäuschungen.Diese Enttäuschungen täuschen aber oft nur die Unlösbarkeit von Problemenvor. Deshalb lassen sie sich aufheben durch die Lösung <strong>der</strong> sie bedingenden Probleme,also durch Erfolge <strong>und</strong> vor allem durch die Freude über diese Erfolge.Denken wir dar<strong>an</strong>RES SEVERA VERUM GAUDIUM,die wahre Freude ist eine ernste Sache. Lassen wir uns also nicht entmutigen, seienwir ein wenig stolz auf das Erreichte, <strong>und</strong> vor allem:gehen wir die noch ungelösten Probleme zuversichtlich <strong>an</strong>.143


Dr. jur.Heinz Dieter DegenStudium <strong>der</strong> Rechtswissenschaften <strong>an</strong> den Universitäten in Bonn,München <strong>und</strong> Köln, 1966 Promotion zum Dr. jur., von 1960 bis1966 Referendar, 1965 bis 1972 Berufstätigkeiten beiRecht<strong>an</strong>wälten, Notaren, Arbeitgeberverbänden <strong>und</strong> Stadtwerken,von 1972 bis 1992 Personaldezernent <strong>der</strong> Universität Bonn,von 1992 bis 1993 Personaldezernent <strong>und</strong> von 1994 bis 1999Dezernent für Zentrale Angelegenheiten <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>Die Strukturentwicklung <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong>nach 1990 im Spiegel des UniversitätsarchivsEinleitungDie politische Wende in <strong>der</strong> DDR im Jahre 1989 <strong>und</strong> die im folgenden Jahr herbeigeführtestaatliche Einheit Deutschl<strong>an</strong>ds stehen am Anf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Entwicklung, dieauch die Technische Universität <strong>Dresden</strong> - im folgenden abgekürzt <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> - inihren Strukturen erfasst <strong>und</strong> im Jahre 1999 durch das Sächsische Hochschulgesetzvom 11. Juni 1999 einen vorläufigen Abschluss gef<strong>und</strong>en hat.Inmitten dieser Umbruchzeit wurde Herr Prof. Dr. Günther L<strong>an</strong>dgraf am 26. Februar1990 zum Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> gewählt <strong>und</strong> am 11. März 1990 in sein Amtals Rektor eingeführt. Ihn beschäftigte die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> unter den Aspekten „Tradition<strong>und</strong> Hoffnung“. Seinen Überlegungen stellte er die bemerkenswert weitsichtigeFeststellung zur Bedeutung des Jahres 1990 voraus:„Wenn einst die Geschichte <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong> neu aufzuschreibenist, d<strong>an</strong>n wird das Jahr 1990 als Zäsur für ein neues Kapitel ihrer Entwicklungstehen.“ 1)Wenn die Frage nach den Strukturen einer Hochschule aufgeworfen wird, sind umdes besseren Verständnisses willen, die jeweiligen historischen Gegebenheiten indie Betrachtung einzubeziehen. Für die Entwicklung <strong>der</strong> sächsischen Hochschulen1)Universitätsarchiv <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> (UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D), Dokumentation, Nr. 1144


<strong>und</strong> somit auch <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> war die vom Ministerrat <strong>der</strong> noch bestehendenDDR erlassene Verordnung über Hochschulen (Vorläufige Hochschulordnung) vom18. September 1990 von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung; bis zum Inkrafttreten entsprechen<strong>der</strong>l<strong>an</strong>desrechtlicher Regelungen galt ab 3. Oktober 1990 die Vorläufige Hochschulordnungauf dem Territorium <strong>der</strong> ehemaligen DDR.Mit diesem Tage wurden die neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> nach Artikel 1 des Einigungsvertragesvom 31. August 1990 Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d.Durch die Vorläufige Hochschulordnung vom 18. September 1990 (GesetzblattTeil I Nr. 63 Ausgabe vom 26. September 1990) war in Sachsen das Funktionieren<strong>der</strong> Hochschulen gewährleistet, denn sie enthielt alle einschlägigen Regelungen, dieGegenst<strong>an</strong>d westdeutschen L<strong>an</strong>deshochschulrechts waren; die Geltungsdauer warbis zum Inkrafttreten sächsischer Regelungen begrenzt.In <strong>der</strong> zweiten Hälfte des Jahres 1990 zeichneten sich schon die großen Zukunftsaufgabenim sächsischen Hochschulwesen ab die Hochschulerneuerung in einemweiten Sinne <strong>und</strong> das Finden <strong>an</strong>gemessener Strukturen für die sächsischen Hochschulen,die in den L<strong>an</strong>desgesetzen zur Hochschulerneuerung 1991, zur Hochschulstruktur1992 sowie über die Hochschulen 1993 <strong>und</strong> 1999 zeitgemäße Regelungengef<strong>und</strong>en haben.Es scheint bemerkenswert, dass <strong>der</strong> amtierende K<strong>an</strong>zler Herr Alfred Post vor <strong>der</strong><strong>an</strong>gestrebten Hochschulerneuerung <strong>und</strong> Strukturverän<strong>der</strong>ung mit Wirkung vom17. April 1991 vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst zumK<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> „berufen“ worden ist 2) , d.h. im Sinne von § 103 VorläufigeHochschulordnung hat er die Verwaltung <strong>der</strong> Hochschule zu leiten. Dies schließtselbstverständlich dessen aktive Mitarbeit bei <strong>der</strong> <strong>personellen</strong> <strong>und</strong> <strong>strukturellen</strong>Hochschulerneuerung ein.Das Sächsische Hochschulerneuerungsgesetz (SHEG)Wesentlicher Inhalt des GesetzesDas Sächsische Hochschulerneuerungsgesetz SHEG vom 25. Juli 1991 (Sächs. GVBl. Seite 261) trat nach seiner Verkündung in Kraft <strong>und</strong> löste die Vorläufige Hochschulordnungvom 18. September 1990 ab. Bei dieser nahtlosen Ersetzung hochschulrechtlichrelev<strong>an</strong>ter Normen fragt es sich, abgesehen davon, dass nun verfassungsgemäßl<strong>an</strong>desrechtliche Vorschriften greifen, wodurch das SHEG seine beson<strong>der</strong>eBedeutung gewonnen hat. Zweifellos regelte es die Zuständigkeiten / Strukturen<strong>und</strong> Verfahrensabläufe innerhalb <strong>der</strong> Hochschulen. Wesentlich war die personelle<strong>Erneuerung</strong>.2)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 96145


Der bedeutsame achte Abschnitt des SHEG befasste sich mit <strong>der</strong> „Reform <strong>und</strong><strong>Erneuerung</strong> des wissenschaftlichen <strong>und</strong> künstlerischen Personals“. Er legte in den§§ 75 bis 81 fest, wer für die künftige Tätigkeit in <strong>der</strong> Hochschule geeignet ist. Umdie entsprechenden Feststellungen treffen zu können, wurden Personal <strong>und</strong> Fachkommissionengebildet. Die Verfahren <strong>der</strong> Personalkommissionen <strong>der</strong> Hochschulesollten nach neun Monaten (§ 78 Abs. 6 SHEG) <strong>und</strong> die <strong>Erneuerung</strong>sverfahren nachachtzehn Monaten (§ 81 SHEG) abgeschlossen sein.Wie <strong>der</strong> Optimismus des Gesetzgebers enttäuscht wurde <strong>und</strong> wie l<strong>an</strong>glebig Institutionensein können, mag am Beispiel des Abschlussbescheides nach § 81 SHEGverdeutlicht werden. Da es nicht gelungen war, für die Einstellungen aller Personen,die vor dem 3. Oktober 1990 im Gebiet <strong>der</strong> ehemaligen DDR tätig waren, rechtzeitigeinen Abschlussbescheid zu fertigen, erwies es sich als notwendig, die erfor<strong>der</strong>lichenEignungsfeststellungsverfahren bis heute durch die Personalkommission<strong>an</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Hochschule fortzuführen. Die gesetzliche Ermächtigung ist in§158 Abs. 4 des Sächsischen Hochschulgesetzes SHG vom 4. August 1993 (Sächs.GV Bl. Seite 691) <strong>und</strong> in § 125 Abs. 4 des Sächsischen Hochschulgesetzes Sächs.HG vom 11. Juni 1999 (Sächs. GV Bl. Seite 293) enthalten. Die zitierten Vorschriftenmachen über ihren formell engeren Inhalt hinaus deutlich, dass Vorgänge insbeson<strong>der</strong>epersoneller Art so komplex sind, dass die faktische Entwicklung nichtdurchgängig mit den modellhaften Vorstellungen des Gesetzgebers kongruent ist.Dem Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetz vorausgehende MaßnahmenDas Vorhaben <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> erfor<strong>der</strong>te gewisse org<strong>an</strong>isatorische Maßnahmen,um bestimmte DDR Strukturen <strong>und</strong> entsprechende Verwaltungsgewohnheiten abzulösen.Unter dem Rektor, Professor L<strong>an</strong>dgraf, wurden Fragen <strong>der</strong> universitären Selbstverwaltungzügig <strong>an</strong>geg<strong>an</strong>gen. Den Unterlagen des Universitätsarchivs ist zu entnehmen,dass sich <strong>der</strong> Senat um als zentrales Org<strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule tätig werden zukönnen bereits am 18. Juni 1990 eine Geschäftsordnung „nach Maßgabe hochschulrechtlicherBestimmungen über den Status <strong>der</strong> Universität als eine Körperschaftdes öffentlichen Rechts in Selbstverwaltung“ gegeben hat. 3) Neben <strong>der</strong> bereitserwähnten Bestellung des Universitätsk<strong>an</strong>zlers im April 1991 war für dasFunktionieren <strong>der</strong> Universitätsverwaltung von beson<strong>der</strong>er Bedeutung, dass HerrPost durch sein erstes R<strong>und</strong>schreiben vom 2. Mai 1991, noch als „Informationendes K<strong>an</strong>zlers“ bezeichnet, die „neue Geschäftsverteilung innerhalb <strong>der</strong> zentralenUniversitätsverwaltung“ mit Wirkung vom 2. Mai 1991 in Kraft gesetzt hat. Eswurden sechs Dezernate gebildet, in denen schwerpunktmäßig folgende Aufgaben-3)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 11146


gebiete zusammengefasst waren: Fin<strong>an</strong>zwesen, Personalwesen, Akademische Angelegenheiten,Pl<strong>an</strong>ungs <strong>und</strong> Entwicklungs<strong>an</strong>gelegenheiten sowie technische Fragen.4) Ohne ins Einzelne zu gehen, k<strong>an</strong>n festgestellt werden, dass sich diese Verwaltungsstrukturbewährt hat. Durch das Zusammenspiel neu org<strong>an</strong>isierter Selbstverwaltung<strong>und</strong> zentraler Verwaltung unter <strong>der</strong> Leitung eines K<strong>an</strong>zlers waren die org<strong>an</strong>isatorischenVoraussetzungen geschaffen, um die Hochschulerneuerung im Sinnedes Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzes in Angriff zu nehmen. 5) Schon währenddes Gesetzgebungsverfahrens des SHEG beg<strong>an</strong>n die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> mit denVorbereitungen zur späteren Umsetzung des Gesetzes. Am 27. Mai 1991 ging einSchreiben des K<strong>an</strong>zlers <strong>an</strong> die Dek<strong>an</strong>e <strong>und</strong> Abteilungsleiter zwecks Wahl <strong>der</strong> nichtständigen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Personalkommission. 6) Der Rektor setzte sich mit Schreibenvom 19.Juli 1991 mit dem Wissenschaftsminister wegen Realisierung ersterSchritte zur Umsetzung des Hochschulerneuerungsgesetzes <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>:„Vorauswahl integrer <strong>und</strong> fachkompetenter Wissenschaftler“ in Verbindung. Dienoch zu beauftragenden Hochschullehrer <strong>und</strong> Vertreter <strong>der</strong> Mittelbaus bezeichneteer als „Kernm<strong>an</strong>nschaften“ <strong>der</strong> <strong>Erneuerung</strong> <strong>an</strong> Sachsens Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen.7) Das vom Rektor vorgetragene Anliegen st<strong>an</strong>d im Einkl<strong>an</strong>g mit <strong>der</strong> Erklärungdes Ministerpräsidenten Biedenkopf vor <strong>der</strong> CDU Fraktion am 5. Juni 1991 in<strong>Dresden</strong>. 8) Sie beschreibt in zusammengefasster Form, wie die Hochschulerneuerungmit Hilfe des zu dieser Zeit noch in 2. Lesung befindlichen SHEG zu bewältigenist. Dabei kommt es wesentlich auf die Professoren <strong>an</strong>, die durch ein allgemeinesBerufungsverfahren, durch ein verkürztes Berufungsverfahren o<strong>der</strong> durch kommissarischeBeauftragung durch den Staatsminister für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst Professorenneuen Rechts geworden o<strong>der</strong> diesen gleichgestellt worden sind. Die alsbaldigeErarbeitung neuer Strukturen für das Hochschulwesen Sachsens <strong>und</strong> für jedeeinzelne Hochschule wurde in Aussicht gestellt mit dem Ziel, die Universitäten <strong>und</strong>Hochschulen des L<strong>an</strong>des Sachsen politisch <strong>und</strong> fachlich zu erneuern.Ein beson<strong>der</strong>es Problem in <strong>der</strong> Nach-Wende-Zeit war die Aufhebung <strong>der</strong> Lehrstühle<strong>und</strong> Dozenturen <strong>der</strong> ehemaligen Struktureinheiten (Sektionen, Institute u.a.) fürMarxismus Leninismus <strong>und</strong> die Abberufung <strong>der</strong> in diesen Einheiten tätigen Hochschullehrer.Durch Beschluss vom 23. Mai 1990 hatte <strong>der</strong> Ministerrat <strong>der</strong> DDR4)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 965)Die eingetretenen Än<strong>der</strong>ungen werden offenk<strong>und</strong>ig durch Hinweis auf das Telefonverzeichnis <strong>der</strong> <strong>TU</strong><strong>Dresden</strong> des Jahres 1989, aus dem die alten Strukturen zu ersehen sind. Neben den politischen Institutionenwie SED <strong>und</strong> gesellschaftlichen Org<strong>an</strong>isationen z.B. FDJ spielten neben dem Rektor die Prorektoren<strong>und</strong> die Direktorate eine herausragende Rolle. Die gegenüber dem heutigen St<strong>an</strong>d völlig <strong>an</strong><strong>der</strong>e Strukturlässt sich beispielhaft am Direktorat für Studien<strong>an</strong>gelegenheiten aufzeigen. Der Komplex mit Mensen,Wohnheimen <strong>und</strong> <strong>der</strong>gleichen, <strong>der</strong> vom Studentenwerk seit September 1990: „Verordnung über dieErrichtung von Studentenwerken vom 18. September 1990“, GBl. Teil 1 § 63 vom 26. September 1990verwaltet wird, gehörte vor <strong>der</strong> Wende zum Zuständigkeitsbereich des Direktorates für Studien<strong>an</strong>gelegenheiten.6)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 17.7)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 419.8)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 419.147


den zuständigen Minister für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft beauftragt, die Aufhebungbzw. Abberufung durchzuführen. 9)Am 11. Dezember 1990 hatte die Regierung des Freistaates Sachsen den so gen<strong>an</strong>ntenAbwicklungsbeschluss gefasst, d.h. die Struktureinheiten Marxismus Leninismusendgültig abzuschaffen. Ferner wurde am 11. Dezember 1990 auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lagedes Artikels 13 des Einigungsvertrages die Abwicklung <strong>der</strong> Hochschule fürL<strong>an</strong>dwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in Meißen beschlossen. 10)Das Ergebnis dieser 1990 begonnenen Org<strong>an</strong>isationsverän<strong>der</strong>ungen wurde im SHEGfixiert. Es wird in § 145 Absatz 3 SHEG festgestellt, dass bestimmte Einrichtungenbzw. Teileinrichtungen <strong>der</strong> Hochschulen nicht übernommen werden, weil sie mitWirkung vom 1. J<strong>an</strong>uar 1991 aufgelöst sind <strong>und</strong> ihre Aufgaben nicht fortgeführtwerden.Umsetzung des SHEGMit Erlass vom 30. September 1991 beauftragte <strong>der</strong> Minister den Rektor <strong>und</strong> zw<strong>an</strong>zigweitere Professoren nach § 48 Abs. 2 Satz 2 SHEG „mit <strong>der</strong> Wahrnehmungeines Professorenamtes neuen Rechts“, so dass diese Personen aktiv die Hochschulerneuerungin die H<strong>an</strong>d nehmen konnten. Mit <strong>der</strong> Beauftragung war die Möglichkeitzur Ausübung eines Amts als Rektor, Dek<strong>an</strong>, Prodek<strong>an</strong> <strong>und</strong> Leiter eines Fachbereichsverb<strong>und</strong>en; zugleich konnten sie in Verfahren zur Berufung von Hochschullehrernmitwirken. 11)Nach Inkrafttreten des SHEG haben die Personal <strong>und</strong> Fachkommissionen ihre ArbeitAnf<strong>an</strong>g1992 aufgenommen. Am 15. Oktober 1991 erstellte <strong>der</strong> K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> eine Verfahrensordnung zur Bildung <strong>der</strong> Fachkommissionen <strong>an</strong> <strong>der</strong><strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>. 12)Mit Wirkung vom 5. Februar 1992 befasste sich ein Erlass des SMWK mit <strong>der</strong>Thematik. 13) Im März 1992 wurde für die Fachkommissionen <strong>an</strong> Hochschulen eineArbeitsordnung durch den SMWK festgelegt. 14) Gleichfalls wurde für die neu gegründetenFakultäten ein Personalausschuss gemäß § 127 Abs. 3 SHEG eingerichtet,um Personenüberprüfungen durchzuführen. Die Beson<strong>der</strong>heit best<strong>an</strong>d u.a. darin,dass die Verfahrensregelungen bei <strong>der</strong> Personalüberprüfung durch die Personalkommission(§§ 75, 78 SHEG) entsprechende Anwendung finden.9)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 419.10)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr.419, 420.11)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 41912)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 9613)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 41914)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Erlasse SMWK 1992148


Mit Erlass vom 29. September 1992 berief <strong>der</strong> SMWK die Personal- <strong>und</strong> Fachkommissionenmit Wirkung vom 30. September 1992 ab. 15) Zum damaligen Zeitpunktkonnte noch nicht eingeschätzt werden, dass, wie oben gezeigt, Personalkommissionenauch nach dem SächsHG vom 11. Juni 1999 noch ihren notwendigen Best<strong>an</strong>dhaben würden.Das Sächsische HochschulstrukturgesetzDas Sächsische Hochschulstrukturgesetz SHSG vom 10. April 1992 (Sächs. GV Bl.Seite 161) gibt dem Hochschulwesen im Freistaat Sachsen eine mo<strong>der</strong>ne Struktur.Der zuständige Minister Herr Prof. Meyer hat im Geleitwort zu diesem Gesetzabschließend festgestellt:„Das Sächsische Hochschulstrukturgesetz schafft bis zum 3. Oktober 1993 dieVoraussetzungen für eine L<strong>an</strong>deshochschulgesetzgebung, die dem Hochschulrahmenrecht<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d entspricht.“Das SHSG k<strong>an</strong>n im Rahmen dieser Arbeit schon deshalb nicht in vollem Umf<strong>an</strong>gbetrachtet werden, weil es für unterschiedliche Einrichtungen gilt: Universitäten,Kunsthochschulen, Fachhochschulen <strong>und</strong> sonstige Einrichtungen. Auffällig im SHSGist, wegen des Sachzusammenh<strong>an</strong>gs, die ständige Bezugnahme auf Vorschriften(Paragraphenketten) des SHEG, denn nur auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage neuer Strukturen, die<strong>an</strong> die Traditionen europäischer Wissenschaft <strong>an</strong>knüpfen, ist die personelle <strong>Erneuerung</strong>möglich, wobei Personalabbau mit gleichzeitigem Personalaufbau einhergeht.Die gesetzliche Verzahnung von SHEG <strong>und</strong> SHSG ist schon für sich betrachtetmehr als verwirrend. Dieses Phänomen erfährt in <strong>der</strong> Verwaltungswirklichkeiteine ungeheure Steigerung. Die vielleicht gehegte Vorstellung, sich zunächst vonpolitisch belastetem bzw. fachlich ungeeignetem Personal zu trennen, um nachentsprechen<strong>der</strong> org<strong>an</strong>isatorischer Umstellung <strong>der</strong> Institutionen Bedarfskündigungennach Maßgabe des jeweiligen Haushaltspl<strong>an</strong>s auszusprechen, erwies sich alsrealitätsfremd.Sämtliche einschlägigen Verwaltungsmaßnahmen f<strong>an</strong>den in den Jahren 1992 <strong>und</strong>1993 etwa zur gleichen Zeit statt.Wenn beispielsweise in § 9 SHSG ein Fixtermin 30. September 1992 als Auflösungsdatumbestimmter Einrichtungen festgelegt war, zogen sich die praktischen Auflösungsschritte,die von den Verwaltungen zu steuern <strong>und</strong> durchzuführen waren, nochMonate hin. Zeitgleich ging es um die Bearbeitung politisch bedingter Kündigungen,um die Abwicklung von Bedarfskündigungen in großer Zahl aus fortgeführten <strong>und</strong>aufgelösten Einrichtungen, um den Abschluss von Auflösungsverträgen <strong>und</strong> dgl. so-15)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Rektorat, Nr. 419149


wie um Einstellungen in neuen Struktureinheiten / Fakultäten, um Personalübernahmenbewährter Mitarbeiter in bestehende Einrichtungen, um Eingruppierungsproblemebei Angestellten <strong>und</strong> Arbeitern usw., wobei zudem Einzelfallgerechtigkeit praktiziertwerden sollte.Die vorstehenden Anmerkungen sollen überleiten zu einigen wesentlichen, insbeson<strong>der</strong>edie <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> betreffenden Regelungen.Der § 8 SHSG befasst sich mit <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Auflösung von Hochschulen <strong>und</strong>Bildungseinrichtungen. Die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> war wie folgt betroffen: sie hatte Aufgaben<strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule <strong>Dresden</strong> zu übernehmen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auflösung durchzuführen.Dasselbe galt für die Medizinische Akademie „Carl Gustav Carus“ <strong>Dresden</strong>.Die Auflösung sollte erfolgen, „sobald eine Medizinische Fakultät <strong>der</strong> TechnischenUniversität <strong>Dresden</strong> gegründet worden ist.“ (§ 9 SHSG). Für die Aufgabenübernahme<strong>und</strong> die Auflösung <strong>der</strong> Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“<strong>Dresden</strong> waren nach § 8 Abs. 1 Ziffer 4 SHSG die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> die Hochschulefür Technik <strong>und</strong> Wirtschaft <strong>Dresden</strong> (FH) gemeinsam beauftragt.Bedeutung des Stellenpl<strong>an</strong>sIn § 11 Absatz 1 SHSG ist bestimmt, dass <strong>der</strong> Bedarf <strong>an</strong> Stellen für die einzelnenHochschuleinrichtungen durch das SMWK auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des SHSG <strong>und</strong> desGesetzes über die Feststellung des Haushaltspl<strong>an</strong>s des Freistaates Sachsen festgelegtwird. Damit kommt dem zuständigen Ministerium in Anwendung des jeweils jährlichverabschiedeten Haushaltsgesetzes eine Schlüsselstellung zu. Über den so gen<strong>an</strong>ntenHaushalt wird entscheidend die Struktur einer Hochschule beeinflusst. In <strong>der</strong> Praxisbedeutete dies für die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, dass die Universität nach Maßgabe eines Erlassesdes SMWK vom 8. Mai 1992 eine bestimmte Anzahl von Stellen zugewiesen erhält.Wie die Besetzung <strong>der</strong> Stellen im Einzelnen erfolgen sollte, folgt aus § 11 SHSG, <strong>der</strong>fortlaufend auf Vorschriften des SHEG verweist. Wichtig ist dabei u.a. <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>satz,dass das Personal <strong>der</strong> aufzulösenden Einrichtungen <strong>an</strong>gemessen zu berücksichtigenist. Wenn die Personenzahl jedoch den haushaltstechnisch umrissenen Bedarf imSinne § 11 Absatz 2 SHSG übersteigt, sind nach § 11 Absatz 7 SHSG die Personen zukündigen, für die kein Bedarf festgelegt ist. Auf die für die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> dramatischeLage musste mit R<strong>und</strong>schreiben des K<strong>an</strong>zlers D2/21/1992 vom 3. Juni 1992 hingewiesenwerden 16) , wobei <strong>der</strong> Betreff lautete: Umstrukturierung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>, hierPersonal<strong>an</strong>passung. Damit wurde die größte personelle Umwälzung <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>eingeleitet. (Vgl. S.18)Das wirkliche Ausmaß <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> die Verwaltung bei <strong>der</strong> Lösung desProblems des Einsatzes <strong>der</strong> Mitarbeiter wird deutlich, wenn berücksichtigt wird,dass durch Mehrfachbewerbungen sich etwa 20 000 Bewerbungskombinationenergeben haben, die nach dem Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Einzelfallgerechtigkeit in die jeweils„richtige“ Arbeit einzuweisen waren. Es liegt auf <strong>der</strong> H<strong>an</strong>d, dass Kündigungen in150


großer Zahl ausgesprochen werden mussten, wobei die rechtlichen Schwierigkeitenim Einzelnen hier nicht vertieft werden sollen. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g seibeispielhaft auf Abh<strong>an</strong>dlungen von Peter H<strong>an</strong>au, Köln, hingewiesen. 17)Um die Größenordnung personeller Bewegungen zu verdeutlichen, seien folgendeZahlen (ca. - Zahlen) nach <strong>der</strong> Erinnerung des Verfassers gen<strong>an</strong>nt. Unbeschadetgroßer personeller Abgänge zwischen 1.7.1991 <strong>und</strong> 30.6.1992 infolge von Auflösungsverträgen<strong>und</strong> Kündigungen in einer Größenordnung von mehr als 600 Personenmusste zum Jahresende 1992 festgestellt werden, dass wegen m<strong>an</strong>gelndenBedarfs / wegen fehlen<strong>der</strong> Qualifikation <strong>an</strong> den Personalrat ca. 1100 Kündigungs<strong>an</strong>trägegestellt worden sind, dass nicht zuletzt mit Rücksicht auf die PH - bzw. HfV -Integration noch ca. 200 Kündigungsfälle <strong>an</strong>st<strong>an</strong>den. Unbeschadet nachfolgen<strong>der</strong>Rechtsstreitigkeiten waren ca. 700 Kündigungen ausgesprochen worden. Ca. 400Personen haben zwischen dem 1.7.1992 <strong>und</strong> 31.12.1992 Verträge zur Auflösungihres Arbeitsverhältnisses geschlossen. Die Differenz zwischen Kündigungs<strong>an</strong>trägen<strong>und</strong> ausgesprochenen Kündigungen ist darauf zurückzuführen, dass die entsprechendenFälle sich noch im Personalvertretungsverfahren nach dem einschlägigenPersonalvertretungsgesetz bef<strong>an</strong>den. Die <strong>an</strong>gegebenen Zahlen sind insoweit vorläufigerNatur, weil sie sich ständig än<strong>der</strong>ten infolge unterschiedlichen Ausg<strong>an</strong>gs<strong>der</strong> Personalvertretungsverfahren <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gerichtsverfahren; Verän<strong>der</strong>ungen tratenauch ein durch Beschlüsse des Parlamentes, <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desregierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> zuständigenMinister für Fin<strong>an</strong>zen sowie Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst.StellenabbauRechtsgr<strong>und</strong>lage für „Kündigungen aus Bedarfsgründen“ war § 11 Abs. 7 SHSG.Neben Auflösungsverträgen vollzog sich <strong>der</strong> Stellenabbau hauptsächlich durchKündigungen wegen m<strong>an</strong>gelnden Bedarfs. Wie verfahrensmäßig bei <strong>der</strong> Auswahldes wissenschaftlichen <strong>und</strong> nichtwissenschaftlichen Personals vorzugehen war, hatte<strong>der</strong> Minister für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst in Erlassen vom 16.7.1992 <strong>und</strong> 14.8.1992.AZ:1-7412.2/26 einschließlich eines „Musterschreiben(s) für Bedarfskündigungen“im Erlass vom 5.8.1992 AZ:1-7412.2/29 gr<strong>und</strong>sätzlich vorgegeben. 18) Um überhauptim Zeitlimit zu bleiben, erließ <strong>der</strong> Rektor <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> unter dem Datum6.8.1992 „Verfahrensregeln zur Durchführung <strong>der</strong> Personalauswahl“, mit einemstrikten Zeitpl<strong>an</strong> (vgl. Seite 6 <strong>der</strong> Verfahrensregeln). 19) Kündigungen erfolgten durchRektor bzw. K<strong>an</strong>zler nach einem formalisierten Schreiben vom 28.9.1992, das sichinhaltlich <strong>an</strong> das ministerielle Muster <strong>an</strong>lehnte. 20) Unabhängig von <strong>der</strong> Kündigungsmöglichkeitwegen m<strong>an</strong>gelnden Bedarfs, die auch für Professoren <strong>und</strong> Hochschuldozentengalt, da sie zum wissenschaftlichen Personal im Sinne <strong>der</strong> geltenden Hoch-16)UA <strong>der</strong> <strong>TU</strong>D, Dokumentation, Nr. 57.17)Peter H<strong>an</strong>au, Köln: Ordentliche Kündigungen im Rahmen <strong>der</strong> Hochschulerneuerung im Beitrittsgebietin Wissenschaftsrecht 1992, S. 213-246, Rechtsgutachten für Mecklenburg-Vorpommern151


schulgesetze zählen, sollte darauf hingewiesen werden, dass nach § 11 Abs. 3SHSG alle Stellen für Hochschullehrer (Professoren <strong>und</strong> Dozenten) im Wege <strong>der</strong>dort näher bezeichneten Berufungsverfahren neu zu besetzen waren. Es waren zumdamaligen Zeitpunkt für den Bereich <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> 350 Professoren- <strong>und</strong> Dozentenstellenausgeschrieben.Son<strong>der</strong>fall - HochschulmedizinÜber das Schicksal <strong>der</strong> Hochschulmedizin am St<strong>an</strong>dort <strong>Dresden</strong> k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sich<strong>an</strong>h<strong>an</strong>d des Erlasses des Staatsministers für Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst vom 30.9.1993AZ: 3 - 7731.0/12 informieren. 21) Nach § 4 Abs.3 SHSG umfasst die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong>auch die Wissenschaftsgebiete Hum<strong>an</strong>medizin <strong>und</strong> Zahnmedizin. Nach entsprechen<strong>der</strong>Beschlusslage <strong>der</strong> Sächsischen Staatsregierung wurde die MedizinischeFakultät „Carl Gustav Carus“ <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> mit Wirkung vom 1.10.1993errichtet; zeitgleich wurde die Medizinische Akademie „Carl Gustav Carus“ <strong>Dresden</strong>- Medak - gemäß § 9 Satz 2 SHSG aufgelöst. Mit Wirkung vom 3. Oktober 1993- dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (SächsischesHochschulgesetz - SHG) vom 4. August 1993 - unterfiel die Hochschulmedizinim Einkl<strong>an</strong>g mit dem Hochschulrahmengesetz dem Regelwerk des neuen SHG.§ 136 SHG befasst sich mit den medizinischen Fakultäten; § 137 SHG stellt fest,dass die Kliniken <strong>und</strong> die klinischen Institute Betriebseinheiten <strong>der</strong> MedizinischenFakultät sind. Damit ist entschieden, dass die Hochschulmedizin als Fakultät in dieUniversität integriert ist <strong>und</strong> die Aufgaben <strong>der</strong> Kr<strong>an</strong>kenversorgung eng mit denAufgaben <strong>der</strong> Lehre <strong>und</strong> Forschung verzahnt sind. Gleichwohl ist nicht zu verkennen,dass zumindest prinzipiell zwei Elemente mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> kooperieren müssen:Fakultät mit Dek<strong>an</strong> (Fakultätsrat) <strong>und</strong> Universitätsklinikum mit seinem Direktorium.Aus <strong>der</strong> Rückschau betrachtet, stellt sich die Integration <strong>der</strong> Hochschulmedizinin die Universitätsl<strong>an</strong>dschaft als Husarenritt dar, denn seit den Empfehlungendes Wissenschaftsrats im September 1991 zur Hochschulmedizin in den neuenB<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n mit den zwei St<strong>an</strong>dorten im Freistaat Sachsen bis zum Erlass vom30.9.1993 bzw. bis zum Inkrafttreten des SHG am 3.10.1993 sind gerade 2 Jahreverg<strong>an</strong>gen. Etwa 3800 Personen wurden aus <strong>der</strong> Medak übernommen.Die neue Sachlage hatte auch eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geschäftsverteilung in <strong>der</strong> ZentralenUniversitätsverwaltung zur Folge. Diese wurde im R<strong>und</strong>schreiben D7/1/94vom 23. Dezember 1993 mitgeteilt. Mit Wirkung vom 1.1.1994 wurde das Dezernat7 - Zentrale Angelegenheiten - gebildet, das die koordinierte Bearbeitung zentralerQuerschnittsaufgaben <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> einschließlich Universitätsklinikum18)Erlass SMWK vom 4.8.1992, Anlage 119)Verfahrensregeln des Rektors vom 6.8.1992, Anlage 220)Muster eines Kündigungsschreibens vom 28.9.1992, Anlage 3152


unter einer einheitlichen Leitung sicherte. Zentrale Aufgaben waren Rechts<strong>an</strong>gelegenheiten,Org<strong>an</strong>isation, Innenrevision, Arbeitssicherheit, betriebsärztlicher Dienst,Strahlenschutz, Arbeitgebervertretung für Behin<strong>der</strong>tenfragen. 22)Inzwischen hat die „Reform <strong>der</strong> universitären Medizin“ stattgef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ist durchdas Universitätsklinikgesetz - UKG vom 6. Mai 1999 (Sächs. GV Bl. 207) - vergleichehierzu § 108 des Sächsischen Hochschulgesetzes - SächsHG vom 11. Juni1999 (Sächs. GV Bl. 293) - eine org<strong>an</strong>isatorische Än<strong>der</strong>ung verwirklicht worden.Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus <strong>Dresden</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> ist alsrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Freistaates Sachsen errichtet worden.Die medizinische Fakultät besteht weiter; diesbezügliche Vorschriften enthältTeil 6 § 107 ff SächsHG, das zeitgleich mit dem UKG vom 1. Juli 1999 in Kraftgetreten ist. Nach Überg<strong>an</strong>gs- <strong>und</strong> Abwicklungsarbeiten ist das Dezernat 7 wegenverän<strong>der</strong>ter Gesetzeslage mit Ablauf des 31.12.1999 aufgelöst worden; die nochbestehenden Aufgaben sind in <strong>an</strong><strong>der</strong>er org<strong>an</strong>isatorischer Zuordnung zu erledigen.Das Sächsische Hochschulgesetz von 1993Wie bereits erwähnt, ist das Sächsische Hochschulgesetz (SHG) am 3. Oktober1993 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt sind das sächsische Hochschulrecht<strong>und</strong> das Hochschulrahmenrecht <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d aufein<strong>an</strong><strong>der</strong> abgestimmt.Das SHG gilt nach dessen § 1 für alle Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulenetc.). Es wird die Doppelnatur <strong>der</strong> Hochschule als Selbstverwaltungskörperschaft<strong>und</strong> staatliche Einrichtung betont. Studienablauf, Prüfungen <strong>und</strong>Erl<strong>an</strong>gung von Hochschulgraden unterliegen in den §§ 23 bis 41 SHG einem dichtenRegelungsnetz. Weiten Umf<strong>an</strong>g nehmen die Bestimmungen zu Hochschulorg<strong>an</strong>isation<strong>und</strong> Haushalt ein. Es werden die Hochschulleitung <strong>und</strong> die Fakultäts- bzw.Fachbereichsleitungen gestärkt. Neuartig ist die so gen<strong>an</strong>nte Experimentierklauseldes § 120 SHG, <strong>der</strong> die Überschrift - Reform <strong>der</strong> Hochschulhaushalte - trägt.Dahinter steht letztlich die vieldiskutierte Frage nach Schaffung eines Globalhaushaltes<strong>und</strong> weitergehen<strong>der</strong> fin<strong>an</strong>zieller Autonomie <strong>der</strong> Hochschulen. Mit den vorgen<strong>an</strong>ntenGesichtspunkten wird die Tendenz <strong>der</strong> universitären Entwicklung <strong>der</strong>nächsten Jahre vorgezeichnet; eine Einzelkommentierung <strong>der</strong> gesetzlichen Bestimmungenerscheint mit Rücksicht auf die Fülle von 163 Paragraphen illusorisch. DieSchwierigkeiten in <strong>der</strong> Auslegung werden deutlich, wenn m<strong>an</strong> sich vergegenwärtigt,dass <strong>der</strong> erste Kommentar zum Gesetzestext erst im Juni 1998 erschienen ist,etwa ein Jahr vor Inkrafttreten des neuen Sächsischen Hochschulgesetzes (Sächs-HG) vom 11. Juni 1999 (Sächs. GV Bl. 1999, 691). 23)21)Erlass SMWK vom 30.9.1993, Anlage 422)R<strong>und</strong>schreiben des K<strong>an</strong>zlers D7/1/94 vom 23 Dezember 1993; <strong>Dresden</strong>153


Mit dem SHG war <strong>der</strong> Zeitpunkt gekommen, die Struktur - wie aus dem Schaubil<strong>der</strong>sichtlich ist - 1994 zu vollenden. 24) Die Gründungsphase war im Oktober 1993abgeschlossen. Nach Beschluss des Senats im Dezember 1993 konnte als wichtigstesErgebnis eine neue Struktur von 14 Fakultäten eingeführt werden.Im Sommer 1994 erstattete das Rektoratskollegium Bericht über den ZeitraumJ<strong>an</strong>uar 1990 bis Juni 1994.Nach dem Rektoratswechsel im Oktober 1994 gab das Rektoratskollegium fortlaufendRechenschaftsberichte zur Entwicklung <strong>der</strong> Technischen Universität <strong>Dresden</strong>heraus, aus denen sich die Tendenzen des universitären Geschehens geradeunter dem Einfluss des SHG ablesen lassen. Es liegen Berichte vor über folgendeZeiträume:- Oktober 1994 bis April 1997- Mai 1997 bis September 1998- Oktober 1998 bis September 1999- Oktober 1999 bis April 2000Die Arbeiten <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Verwirklichung, die Ziele, Wünsche <strong>und</strong> Projekte lassen sichdeshalb gut auflisten, vergleichen <strong>und</strong> <strong>an</strong>alysieren, weil die Berichte thematisch systematisiertworden sind. Die Berichte sind wie folgt geglie<strong>der</strong>t:1. Schwerpunkte <strong>der</strong> Arbeit des Rektoratskollegiums2. Bildung <strong>und</strong> Weiterbildung3. Forschung4. Universitätspl<strong>an</strong>ung5. Haushalt <strong>und</strong> Verwaltung6. Internationale Hochschulbeziehungen7. Arbeit <strong>der</strong> Gremien <strong>der</strong> Akademischen Selbstverwaltung8. Öffentlichkeitsarbeit9. Wichtige Kooperationsbeziehungen10. Personalien11. <strong>TU</strong> - Mitgliedschaften12. AnlagenFür die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> ist es beson<strong>der</strong>s interess<strong>an</strong>t, die Probleme, die mit Punkt 5 -Haushalt <strong>und</strong> Verwaltung - zusammenhängen, zu verfolgen. Die Experimentierklauseldes § 120 SHG war 1993 im Vergleich zu den entsprechenden Bestimmungen<strong>an</strong><strong>der</strong>er B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> geradezu sensationell, die jedoch zwischenzeitlich „nach-23)Post/Schmidt/Zirpel: Hochschulrecht Sachsen, 1998.24)Strukturübersicht 1994, Anlage 5154


gezogen“ haben. Wie ein roter Faden ziehen sich die Themen Fin<strong>an</strong>zautonomie /Haushaltsflexibilisierung <strong>und</strong> Einführung <strong>der</strong> Kosten- <strong>und</strong> Leistungsrechnung durchdie Rektoratsberichte. Aus 5.2 <strong>und</strong> 5.3 des Tätigkeitsberichts für den ZeitraumOktober 1999 bis April 2000 wird deutlich, dass die Probleme bei <strong>der</strong> äußerstkomplizierten Thematik naturgemäß noch nicht vollständig gelöst werden konnten.Das Sächsische Hochschulgesetz von 1999Interess<strong>an</strong>t ist <strong>der</strong> Ausblick auf die gesetzlichen Bestimmungen des SächsischenHochschulgesetzes 1999 zum Haushaltswesen. Nach § 98 Abs. 5 SächsHG sollendie Mittel nach Leistungskriterien verteilt werden; hierbei sind insbeson<strong>der</strong>e dieregelmäßigen Lehr- <strong>und</strong> Forschungsberichte, die Evaluationen, die Zahl <strong>der</strong> Studienbewerber,Studenten, Absolventen, Prüfungen <strong>und</strong> Graduierungen, die eingeworbenenDrittmittel <strong>und</strong> eingerichteten Son<strong>der</strong>forschungsbereiche zu berücksichtigen.§ 99 SächsHG befasst sich mit <strong>der</strong> Fortentwicklung <strong>der</strong> Hochschulhaushalte. D<strong>an</strong>achsollen die Hochschulautonomie gestärkt, die Haushaltsmittel wirtschaftlicherverwendet <strong>und</strong> <strong>der</strong> interne <strong>und</strong> externe Hochschulwettbewerb belebt werden.Um dies zu erreichen, soll <strong>an</strong> den Hochschulen ein Wettbewerbs- <strong>und</strong> Budgetierungsmodelleingeführt werden, das seinerseits <strong>an</strong> bestimmte noch zu erfüllendeVoraussetzungen geknüpft ist, die sich im Einzelnen aus § 99 SächsHG ergeben.Ferner ist die konkrete Ausgestaltung einer Rechtsverordnung vorbehalten sowieeine Erprobungsphase <strong>an</strong> einzelnen Hochschulen vorgesehen.Nachdem das Sächsische Hochschulrecht seine letzte detaillierte Ausgestaltungdurch das Hochschulgesetz des Jahres 1999 erfahren hat, wird die weitere Entwicklung<strong>der</strong> <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> übrigen sächsischen Hochschulen in den nächstenJahren entscheidend von den fin<strong>an</strong>ziellen Rahmenbedingungen des FreistaatesSachsen abhängen. Es bleibt zu hoffen <strong>und</strong> zu wünschen, dass die <strong>TU</strong> <strong>Dresden</strong> auchin Zukunft ihrem Anspruch als Volluniversität mit ihrem Spektrum aus Ingenieurwissenschaften,Geistes- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften <strong>und</strong> Medizingerecht werden k<strong>an</strong>n.155


Anlage 1: Erlass vom 5.8.1992156


Anlage 1.1: Anlage zum Erlass vom 4.8.1992157


Anlage 2: Auszug aus „Verfahrensregeln zur Durchführung <strong>der</strong> Personalauswahl“ vom 6.8.1992, S. 6158


Anlage 3: Muster eines Kündigungsschreibens159


Anlage 4: Auszug aus dem Erlass des SMWK vom 30.9.1993160


Anlage 5: Strukturübersicht 1994161


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