24Dossier <strong>Banken</strong>Ich war nur Befehlsausführende/r. Wird das in Betrachtgezogen?Gemäss der abgelehnten Lex USA hätten nur Daten von Personen,die Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu einer US-Personentweder organisiert, betreut oder überwacht haben, herausgegebenwerden können. Auch ohne Lex USA könnte im Falle einerDatenherausgabe eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzungbejaht werden, wenn der betroffene Mitarbeitende in untergeordneterStellung tätig war und auf Weisung seiner vorgesetztenStelle gehandelt hat.Müssten nicht meine Vorgesetzten dafür zur Rechenschaftgezogen werden?In der Tat wird das Gerechtigkeitsempfinden gestört, wenn diejenigenFührungsverantwortlichen in den Direktionsetagen, dienicht direkt im operativen Geschäft tätig waren, jedoch letztlichdie gegen US-Recht verstossende Geschäftstätigkeit zu verantwortenhaben, unbehelligt bleiben, während ihnen unterstellteMitarbeiter zur Rechenschaft gezogen werden.Werde ich als Bankangestellte/r künftig weiterhin unbehelligtin die USA reisen können oder muss ich dort mit einerVerhaftung rechnen?Wenn Sie von einer Herausgabe Ihrer Daten betroffen sind, bestehtdurchaus die Gefahr einer Verhaftung.Bin ich auch als ehemalige Mitarbeitende betroffen?Ja, auch ehemalige Mitarbeitende können von einer Datenherausgabebetroffen sein. Auch diese müssen jedoch grundsätzlichvorgängig informiert werden. Die Vereinbarung, die derBankpersonalverband abgeschlossen hat, enthält allerdings dieEinschränkung, dass dies nur insoweit erforderlich ist, als dieseInformation mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist.Falls es zu einer Anklage kommt, wer bezahlt den Anwalt?In der abgelehnten Lex USA war vorgesehen, dass in diesem Falldie Bank als Arbeitgeberin die Anwaltskosten übernehmenmuss. Auch ohne dieses Gesetz lässt sich aus der arbeitsvertraglichenFürsorgepflicht nach Art. 328 OR eine Pflicht zur Übernahmesolcher Kosten ableiten. Letztlich sind indessen auchhier die konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Ein höhererleitender Angestellter mit massgeblicher Entscheidungsbefugnis,der ein rechtswidriges Verhalten in Kauf genommenhat, kann nicht mit einer Kostenübernahme rechnen.Kann ich gegen meinen Arbeitgeber wegen Verletzung desPersönlichkeitsrechts klagen?Rechtliche Ansprüche wie insbesondere Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüchewegen Persönlichkeitsver letzung setzen voraus,dass die Persönlichkeitsverletzung widerrechtlich ist. Wenneine zulässige Datenherausgabe vorliegt, welche also insbesondereauf einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage basiert,muss insofern die Widerrechtlichkeit grundsätzlich verneintwerden. Trotz zulässiger Datenherausgabe kann aber nicht ausgeschlossenwerden, dass im Einzelfall aufgrund spezifischerUmstände gleichwohl eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzungbejaht werden müsste. Vorstellbar ist etwa, dass ein betroffenerMitarbeiter eine nach US-Recht unzulässige Tätigkeitaufgrund einer Weisung seines Vorgesetzten vorgenommen hatund ein Gericht unter diesem Gesichtspunkt eine arbeitsvertraglichePersönlichkeitsverletzung bejahen könnte.Kann mir in solch einer Situation gekündigt werden?Die abgelehnte Lex USA hat einen Schutz vor Entlassung vorgesehen,wenn ein Mitarbeitender oder eine Mitarbeitende im Zusammenhangmit einer Geschäftsbeziehung zu einer US-Personeine Diskriminierung glaubhaft macht. Ohne dieses Gesetzmuss ein betroffener Mitarbeiter beweisen können, dass einemissbräuchliche Kündigung im Sinne von Art. 336 OR vorliegt.Kommt ein Gericht etwa zum Schluss, dass eine Kündigung lediglichdeshalb ausgesprochen wurde, weil der betroffene Mitarbeitersich gegen eine Datenherausgabe gewehrt hat, so kannes eine Entschädigung in der Höhe von einem bis sechs Monatslöhnenzusprechen.Kann man den Konflikt nicht auch ohne Datenherausgabe lösen?Die Meinungen gehen hier weit auseinander. Insbesondere sinddie Folgen für die <strong>Schweiz</strong> und die <strong>Schweiz</strong>erischen <strong>Banken</strong>nicht abschätzbar, wenn die von den US-Behörden verlangtenDaten nicht herausgegeben würden.SpecialWeiterbildung undKarriere <strong>2013</strong>Grossauflage mit rund 50 000 ExemplarenDie ideale Plattform für alle Anbieter auf dem WeiterbildungsmarktDie <strong>Nr</strong>. 8 erscheint am 26. August – Reservieren Sie sich noch heuteIhren Platz!Anzeigenschluss:7. August <strong>2013</strong>Rolf Graber berät Sie gerne:Telefon 043 322 60 30context@c-media.chCreative Media GmbHZürichstrasse 1358910 Affoltern am Albiscontext 6/7 – <strong>2013</strong>
Nach der Lex USA: Bankmitarbeitersind keine Manövriermasse!25Es darf nicht sein, dass unbescholtene Bankangestellte die Suppe auslöffeln müssen, die unsein paar fehlgeleitete Bankmanager eingebrockt haben. Von Daniel JositschDie Lex USA hat das Parlament in der Sommersession intensivbeschäftigt. Worum geht es eigentlich? Die schweizerischeBankgesetzgebung hat es bekanntlich erlaubt, dass<strong>Banken</strong> unversteuertes respektive konkret durch Steuerhinterziehungeinem ausländischen Staat entzogenes Geld annehmen.In den USA sollen die <strong>Banken</strong> noch weitergegangen sein undKunden aktiv angeworben und bei der Steuerhinterziehung unterstützthaben. Das führte dazu, dass die USA mit Strafverfahrengegen verschiedene schweizerische <strong>Banken</strong> drohen.Der Bundesrat führte während rund zwei Jahren Verhandlungenmit den USA, um eine sogenannte Globallösung zu finden.Diese Bemühungen blieben jedoch unfruchtbar. Mit derLex USA nun wollte der Bundesrat den <strong>Banken</strong> ermöglichen, dievon den USA verlangten Unterlagen über Kunden und Bankmitarbeiterauszuliefern. Das hörte sich auf den ersten Blick gut an.Doch rasch wurde klar, dass die Lex USA verheerende Auswirkungengehabt hätte. Mit diesem Gesetz sollten alle Bestimmungen,die bei der internationalen Rechtshilfe Schutz bieten, ausserKraft gesetzt werden. Das heisst, dass Daten über Kundenund vor allem über Mitarbeitende an die USA hätten geliefertwerden können, ohne dass sich die Betroffenen wirkungsvoll dagegenhätten zur Wehr setzen können.Der Rechtsstaat wäre im Nachhinein ausser Kraft gesetztworden und die Daten von Mitarbeitenden, die nur schon in derOrganisation oder Verwaltung solcher Kundendaten tätig waren,wären der US-Justiz ausgeliefert worden. Und das notabene auchfür Handlungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit von Bankangestellten,die damals im Einklang mit der schweizerischenRechtsordnung erfolgte.Der <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> kann als Angestelltenverband ein solchesVorgehen nicht gutheissen. Es darf nicht sein, dass unbeschol-tene Bankangestellte die Suppe auslöffeln, die uns von einigenfehlgeleiteten Bankmanagern eingebrockt wurde. Der Bankpersonalverbandhat ohne Absprache mit dem <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> mit derArbeitgeberseite eine Vereinbarung unter zeichnet, in dem er derin der Lex USA vorgeschlagenen Vorgehensweise zustimmte,um damit einige flankierende Massnahmen zu erhalten. ZumBeispiel sollte ein Fonds in der Höhe von 2,5 Mio. Franken geschaffenwerden. Angesichts der für die Mitarbeitenden drohendenKosten ist dieser Betrag lächerlich und darüber hinaus einHohn: Die Mitarbeitenden werden ans Messer geliefert, aber dafürwerden ihnen die Anwaltskosten bezahlt! Damit ist den Mitarbeitendenaber nicht geholfen. Dies nur schon deshalb, weildieses Gesetz nur ein Jahr gelten sollte. Nachher wäre es mit denflankierenden Schutzmassnahmen vorbei gewesen.Der <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> lehnte daher diese Vereinbarung mit den<strong>Banken</strong> ab und ist konsequenterweise aus dem Gesamtarbeitsvertragmit den <strong>Banken</strong> ausgetreten. Für die im <strong>KV</strong> organisiertenBankmitarbeitenden ergibt sich dadurch in jedem Fall keinNachteil.Nach der Ablehnung der Lex USA ist das Problem für dieBankmitarbeitenden natürlich nicht gelöst. Der <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>macht deshalb konkrete Vorschläge, wie die Mitarbeitenden indieser Bereinigungsphase des schweizerischen <strong>Banken</strong>platzesgeschützt werden sollen (siehe dazu unten stehende Box). DieseVorschläge sollen mit den <strong>Banken</strong> diskutiert werden und zu einerVereinbarung führen, die die Mitarbeitenden tatsächlichschützt.Daniel Jositsch ist Nationalrat und Präsident des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.daniel.jositsch@kvschweiz.chSozialpartnerschaft <strong>Banken</strong> – wie weiter?Für den <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> ist in der gegenwärtigenSituation zentral, dass die Rechte derBankangestellten bestmöglich gewahrtwerden. Gegenüber den <strong>Banken</strong> hat er deshalbbereits seine Bereitschaft signalisiert,erneut in Verhandlungen einzutreten. Diesobwohl er den Gesamtarbeitsvertrag perEnde Jahr gekündigt hat – was übrigens für<strong>KV</strong>-Mitglieder keine umittelbaren Folgenhat.Neben einer Fortsetzung der langjährigenSozialpartnerschaft ist der <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> inerster Linie daran interessiert, die Regelungenrund um die Lieferung von Mitarbeiterdatenins Ausland neu zu verhandeln. Zentralsind dabei folgende Punkte:Geltungsbereich: Die anzustrebende Vereinbarungmuss zeitlich und geografischuneingeschränkt gelten, denn es ist zu befürchten,dass andere Länder ähnlicheWege beschreiten werden wie die USA. IhrInkrafttreten darf nicht von allenfalls nochfolgenden politischen Entscheiden abhängiggemacht werden.Informationspflicht und Rechtsschutz: Mitarbeitende,deren Daten im Zusammenhangmit Strafuntersuchungen ausgeliefertwerden sollen, müssen vorgängig informiertwerden. Widerspruchsmöglichkeiten und-fristen müssen so ausgestaltet werden,dass Angestellte eine realistische Chanceerhalten, die Datenherausgabe zu verhindernund den Rechtsweg zu beschreiten.Ehemalige Mitarbeitende: Die Schutzbestimmungenmüssen analog auch für ehemaligeMitarbeitende gelten; die Massnahmen,wie diese ausfindig gemacht werdenmüssen, sind zu definieren.Schutz vor Entlassung: Vermuten Betroffene,dass sie aufgrund einer Geschäftsbeziehungmit dem Ausland entlassen werden,muss ihnen ein effektiver Kündigungsschutzgewährt werden.Härtefälle: Das in der jetzt hinfällig gewordenenVereinbarung festgesetzte Fonds-Kapitalvon 2.5 Millionen Franken muss substanziellerhöht werden.Mehr Infos auf www.kvschweiz.chcontext 6/7 – <strong>2013</strong>