Journal 02-01 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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scientia halensis 2/20<strong>01</strong><br />
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Fachbereich Ingenieurwissenschaften<br />
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN LEBEWESEN UND MATERIAL<br />
IM TREND VON FORSCHUNG UND LEHRE: BIOMEDIZINISCHE MATERIALIEN<br />
Jürgen Vogel und Jörg Kreßler<br />
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An der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> hat sich die wissenschaftliche Zusam-<br />
10 menarbeit zwischen dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften und der Medizinischen Fakultät<br />
sehr rasch und dynamisch entwickelt. Etwa 1995 kam es zu den ersten tragfähigen<br />
wissenschaftlichen Kooperationen zwischen einzelnen Arbeitsgruppen. Das Potenzial der<br />
engen Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Biomedizinischen Materialien und der<br />
Verbesserung ihrer Eigenschaften sowohl unter Materialaspekten als auch hinsichtlich ihrer<br />
Eignung für Anwendungen in der Medizin wurde recht bald erkannt. Folgerichtig etablierte<br />
sich die Forschungsrichtung Biomedizinische Materialien zu einem der Schwerpunkte am<br />
Fachbereich Ingenieurwissenschaften. Auch die Ausbildung der Studenten und Studentinnen<br />
zu diesem attraktiven und gefragten Forschungsgebiet wurde in diese Richtung profiliert<br />
(siehe Seite 9).<br />
Was sind Biomedizinische Materialien?<br />
Dieser Begriff hat sich international durchgesetzt,<br />
sein Ursprung liegt im angelsächsischen<br />
Sprachraum. Er steht für Materialien<br />
bzw. Werkstoffe, die nach entsprechender<br />
Anpassung der Eigenschaften an die Besonderheiten<br />
in biologischem Milieu, speziell<br />
im menschlichen Körper, Anwendung<br />
finden. Die daraus resultierende Spezifik<br />
hinsichtlich der Anforderungen an diese<br />
Materialien ergibt sich aus den Wechselwirkungen<br />
zwischen Lebewesen und Material.<br />
Dabei spielt es zunächst keine<br />
Rolle, ob das Material intrakorporal (beispielsweise<br />
als Implantat) oder extrakorporal<br />
(beispielsweise für Geräte der Medizintechnik)<br />
mit humanbiologischen Medien,<br />
wie Gewebe, Blut oder Urin, in Kon-<br />
takt kommt. Neben den mechanischen und<br />
konstruktiven Erfordernissen, die biomedizinische<br />
Materialien erfüllen müssen, sind<br />
also die über die Oberfläche bzw. Grenzfläche<br />
vermittelten Wechselwirkungen von<br />
besonderer Bedeutung. Gleichrangig zu behandeln<br />
sind Werkstoffkennwerte der Korrosion<br />
bzw. des Abbauverhaltens und<br />
Kenntnisse zu Versagensmechanismen in<br />
biologischer Umgebung bzw. unter medizinischen<br />
Bedingungen.<br />
Forschungsmöglichkeiten<br />
Aus der Vielzahl der Ansatzpunkte für gemeinsame<br />
Forschungsarbeiten seien an dieser<br />
Stelle einige genannt:<br />
• Tissue engineering zur Verbesserung der<br />
In Abbildung 1 ist das Ausgangsmaterial mit dem Handelsnamen Porex® dargestellt. Es ist ein<br />
Polyethylen niederer Dichte. Die Porenstruktur liegt in der das Einwachsen von Bindegewebe<br />
begünstigenden Größenordnung.<br />
Wechselwirkung zwischen lebendem Gewebe<br />
und Implantaten<br />
• Entwicklung von Hydrogelen<br />
• Entwicklung von Mikrokapseln für die<br />
immunoprotektive Einschleusung von lebenden<br />
Zellen für die Gentherapie und<br />
auch als Depot für Pharmaka<br />
• Charakterisieren der mechanischen Eigenschaften<br />
von Weich- und Hartgewebe wie<br />
Knorpel und Knochen<br />
• Optimierung der Oberflächeneigenschaften<br />
von Gefäßen zur Verbesserung des<br />
Flüssigkeitstransportes innerhalb dieser<br />
Gefäße<br />
• Verbesserung der Haltbarkeit des Verbundes<br />
synthetischer polymerer Zahnersatzmaterialien<br />
auf natürlichen Zähnen<br />
• Besiedelung chirurgischer Nahtmaterialien<br />
mit Bakterien in Abhängigkeit von ihrer<br />
chemischen Natur und in Abhängigkeit von<br />
der physikalischen Struktur des Nahtmaterials<br />
• Biologische Abbaubarkeit von synthetischen<br />
Nahtmaterialien, insbesondere in der<br />
Mundhöhle<br />
Die globale Zielstellung für das Forschen<br />
und Lehren auf diesem Gebiet ist letztlich<br />
die Verbesserung der medizinischen Versorgung,<br />
die aufgrund der demographischen<br />
Entwicklungen und der steigenden Kosten<br />
im Gesundheitswesen immer bedeutender<br />
wird. Die Arbeiten zu der Problematik erfordern<br />
solide ingenieurwissenschaftliche<br />
Kenntnisse unter strenger Beachtung der<br />
biologischen bzw. medizinischen Besonderheiten.<br />
Interdisziplinarität<br />
Das Arbeitsfeld zur Entwicklung neuer<br />
und die Verbesserung bereits in Anwendung<br />
befindlicher biomedizinischer Materialien<br />
erfordert eine sehr enge Zusammenarbeit<br />
zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen.<br />
An der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Halle</strong>-<strong>Wittenberg</strong> sind beste<br />
Bedingungen gegeben, diese Disziplinen<br />
zusammenzuführen. Dazu gehören Ingenieurwissenschaftler,<br />
Chemiker, Physiker,<br />
Toxikologen, Immunologen und Mediziner.<br />
Auch die Kooperationsmöglichkeiten mit<br />
den fachdisziplinübergreifenden Organisationsstrukturen<br />
der <strong>Universität</strong>, wie das<br />
Interdisziplinäre Wissenschaftliche Zentrum<br />
für Materialwissenschaften (IWZ)<br />
und das Zentrum für Angewandte Medizinische<br />
und Humanbiologische Forschung<br />
(ZAMED), bieten gute Bedingungen für