Journal 02-01 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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Abb. 3: Schematische Darstellung einer Leberzelle.<br />
In der basolateralen Membran befinden sich Transporter, die den Einstrom von Wirkstoffen<br />
in die Zelle katalysieren. Hierzu gehören die ABC-Proteine OATP (organic anion transporting<br />
polypeptide), OCTP (organic cation transporting polypeptide), MBAT (multispecific<br />
bile acid/drug transporter), NTCP (sodium taurocholate cotransporting polypeptide) sowie<br />
SAT (sulfate transporter). Der Ausstrom von Wirkstoffen und Metaboliten wird u. a. durch<br />
die ATP-Transporter in der canaliculären Membran zwischen Hepatozyt und Gallenkanälchen<br />
MOAT/MRP (multispecific organic anion transporter/multidrug resistance-associated<br />
protein), Pgp/MDR (P-glykoprotein/multidrug resistance transporter) und GS-X-T (glutathion<br />
transporter) vermittelt.<br />
Phänomen und seine medikamentöse Beeinflussung<br />
seit einiger Zeit besonders interessant.<br />
Zu den MDR-erzeugenden<br />
Substanzen gehören so wichtige Krebschemotherapeutika<br />
wie die Anthracyclin-Antibiotika<br />
(Daunorubicin, Doxorubicin, Idarubicin,<br />
Epirubicin, Aclarubicin), Actinomycin,<br />
Vinca-Alkaloide (Vinblastin, Vincristin,<br />
Vindesin, Vinorelbin), Podophyllotoxin-Derivate<br />
(Etoposid, Teniposid) und<br />
die Derivate des Taxols (Paclitaxel, Docetaxel).<br />
Im allgemeinen handelt es bei diesen<br />
MDR-Substraten um schwache Basen.<br />
MDR-erzeugend sind aber auch Colchicin<br />
sowie Peptide wie Gramicidin oder Valinomycin.<br />
Unklar ist noch, wie das Pgp in der<br />
Lage ist, eine Vielzahl strukturell sehr unterschiedlicher<br />
Verbindungen mit ähnlich<br />
hoher Affinität zu binden und zu transportieren.<br />
MDR-Modulatoren<br />
Auf der anderen Seite wurden aber auch<br />
Substanzen entdeckt, die die MDR wieder<br />
aufheben können und als MDR-reversal<br />
agents (MDR-agents, Pump poisons) oder<br />
MDR-Modulatoren bezeichnet werden.<br />
Zu den MDR-Modulatoren gehören Verbindungen<br />
sehr unterschiedlicher Struktur<br />
und Hauptwirkung wie Verapamil und weitere<br />
Calciumkanal-Antagonisten, Propafenon,<br />
Amiodaron, Cyclosporin sowie verschiedene<br />
Steroide, Phenothiazine oder<br />
Thioxanthene. Die MDR-Modulatoren<br />
sind lipophil, enthalten meist zwei planare<br />
aromatische Ringe und bei physiologischem<br />
pH-Wert eine positive Ladung. Effektive<br />
und nichttoxische MDR-Modulatoren<br />
hätten in Kombination mit Krebschemotherapeutika<br />
große Bedeutung in der<br />
Krebsbehandlung. Die bisherigen klinischen<br />
Ergebnisse, z. B. mit Verapamil, sind<br />
allerdings wenig erfolgreich gewesen, was<br />
daran liegen kann, dass die erforderliche relativ<br />
hohe Modulatorkonzentration am<br />
Pgp nicht erreicht wurde. Ferner sind beim<br />
Einsatz derartiger MDR-Modulatoren Interaktionen<br />
mit anderen Arzneistoffen<br />
möglich, da zusätzlich physiologische Entgiftungsreaktionen<br />
(Eliminierung) gehemmt<br />
werden können.<br />
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scientia halensis 2/20<strong>01</strong><br />
Fachbereich Pharmazie<br />
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Forschungsschwerpunkte<br />
Im Mittelpunkt der Arbeiten am Institut<br />
für Pharmazeutische Chemie der <strong>Martin</strong>-<br />
<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> stehen folgende<br />
Schwerpunktthemen:<br />
• die Computer-unterstützte Untersuchung<br />
der quantitativen Beziehungen zwischen<br />
physikochemischen Eigenschaften und resistenzaufhebender<br />
Wirkung unterschiedlicher<br />
Strukturklassen von MDR-Modulatoren,<br />
die zu neuen Syntheseansätzen führen<br />
sollen;<br />
• die Durchführung von Affinitätsstudien<br />
an verschiedenen Modellsubstanzen und<br />
ausgewählten Molekültransportern;<br />
• die Entwicklung von Modulatoren des P-<br />
Glykoproteins, die keine anderen unerwünschten<br />
pharmakologischen Wirkungen<br />
besitzen und zur Überwindung der Multidrug-Resistenz<br />
von Tumorzellen eingesetzt<br />
werden können, aber auch zur Verbesserung<br />
der Bioverfügbarkeit schlecht<br />
resorbierbarer Wirkstoffe, wie die der zur<br />
AIDS-Behandlung eingesetzten Protease-<br />
Inhibitoren Indinavir oder Saquinavir;<br />
• die Untersuchungen zur Induktion der<br />
Expression der Molekülpumpen, um Hinweise<br />
auf Arzneistoff/Arzneistoff-Interaktionen<br />
oder die Beeinflussung der Expression<br />
durch Umwelteinflüsse oder Nahrungskomponenten<br />
zu erhalten;<br />
• die Untersuchung des Einflusses der Aktivität<br />
der Molekülpumpen auf die Geschwindigkeit<br />
der Biotransformation von<br />
Arzneistoffen, was Möglichkeiten eröffnet,<br />
die Pharmakokinetik von Wirkstoffen<br />
zu regulieren und damit die Arzneitherapie<br />
rationaler und effektiver zu gestalten. ■<br />
Peter Nuhn studierte von 1955 bis 1960 in<br />
Leipzig Pharmazie (Promotion 1964 und<br />
Habilitation 1970 in Leipzig). Seit 1980 ist<br />
er Professor für Pharmazeutische Chemie<br />
an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> in <strong>Halle</strong><br />
und Direktor des Instituts für Pharmazeutische<br />
Chemie.<br />
Hildegard Spahn-Langguth studierte von<br />
1973 bis 1977 in Frankfurt/M. Pharmazie<br />
(Promotion 1981 und Habilitation 1990 im<br />
Fach Pharmakologie) und ist seit April<br />
1995 Professorin für Pharmazeutische<br />
Analytik an der halleschen <strong>Universität</strong>.<br />
Andreas Langner ist seit Dezember 1998<br />
<strong>Universität</strong>sprofessor für Biochemische<br />
Pharmazie in <strong>Halle</strong> (Studium der Pharmazie<br />
an der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong>, 1985<br />
Promotion und 1993 Habilitation).<br />
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