Alter – Schicksal oder Gnade?

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Gunda Schneider-Flume, Alter – Schicksal oder Gnade? ist in Jesus Christus ganz klar als Liebe erschlossen. Dennoch wissen wir in der Regel nicht, warum ein Schicksal uns widerfährt und warum es uns so trifft, wie wir es erfahren. Gewiss suchen Menschen immer Erklärungen, und wenn unsere Erklärungen am Ende sind, setzen wir schließlich einen unerklärlichen, alles verursachenden Willen Gottes an. Der Verursachergott wird so als Lösung aller Rätsel aufgeboten. Das ist die billige Erklärung, die menschliches Nichtwissen durch einen „Lückenbüßer-Gott“ ersetzen soll. Aber Menschen können auch das Nichtwissen akzeptieren, weil sie sich darauf verlassen können, dass trotz des Schicksals eine gnädige Führung sie leitet. „Glaube ist der Vogel, der singt, wenn es noch dunkel ist“, steht an der Turmwand der im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörten Dresdner Kreuzkirche. Gnädige Führung lässt sich nicht aus widrigem oder auch glücklichem Schicksal ablesen, aber sie lässt sich in dem als Schicksal möglicherweise unverstanden Angenommenen, dem man sich unterworfen hat, erhoffen. Erfahrungen von Wohlwollen und Güte erschließen sich trotz widrigem Schicksal. Die Frage nach Schicksal oder Gnade muss also beantwortet werden mit einer Umformulierung. Es geht nicht um eine Alternative, vielmehr widerfährt Gnade im Schicksal. Gnade und Schicksal sind – wie auch immer – verbunden. Gottes Gnade widerfährt im Schicksal, Schicksal ereignet sich nicht außerhalb Gottes. Von daher stellt sich die Frage, was Theologie zum Alter und zum demographischen Wandel zu sagen habe. Wie nimmt sie Stellung zum irreversiblen Schicksal der alternden Weltgesellschaft? Kann Theologie aufgrund der biblischen Tradition Orientierung geben in den Fragen des Alters und der Alterung? Theologie kann nicht mit Normen von „du darfst“ und „du darfst nicht“ die Probleme des globalen Alterungsprozesses der Menschheit lösen. Sie hat nicht die Regeln aufzustellen für „erfolgreiches Altern“, und sie kann nicht vorschreiben, wie eine gealterte Gesellschaft funktionieren soll. Um des Lebensverständnisses der biblischen Tradition und des christlichen Glaubens willen darf von theologischer Seite aus nicht moralisch mit Gebot und Verbot oder mit Handlungsvorschriften eingesetzt werden, wenn- –––– 23 –––– © 2010; 2008 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 978-3-525-62404-3
Gunda Schneider-Flume, Alter – Schicksal oder Gnade? gleich das vierte Gebot durchaus noch von aktueller Bedeutung ist. Theologie kann aber die demographische Situation der Gesellschaft ebenso wie die biographischen Erfahrungen alter Menschen einzeichnen in den Horizont der Geschichte Gottes und des Evangeliums. Im Zentrum steht dabei das Lebensverständnis der biblischen Tradition und des christlichen Glaubens, dass Leben Gnade ist, Geschenk, ohne Bedingungen. Alter darf nicht gedeutet werden als ausgegrenzte Lebensphase, es muss im Kontext des gesamten Lebens eines Menschen und des Lebensverständnisses der biblischen Tradition gedeutet werden. Das soll in den folgenden Kapiteln entfaltet werden. Schicksal und Gnade Leben ist Schicksal, Alter ist gefügt. Du willst dich wehren, oder nimmst es an, Ergebung. – Bald ist es aus, gewesen, abgelaufen. Sei es denn. Doch leuchtet etwas auf, du kannst noch Tage leben, Stunden auch genießen, denn in dem Schicksal erschließt sich Gnade, Güte, Wohlwollen und Fülle. Leben ist Leben-Dürfen bis zu dem Ende, das in Liebe dir bestimmt. –––– 24 –––– © 2010; 2008 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 978-3-525-62404-3
Seite 1 und 2: Gunda Schneider-Flume Alter - Schic
Seite 3 und 4: Gunda Schneider-Flume, Alter - Schi
Seite 23: Gunda Schneider-Flume, Alter - Schi
Seite 27: Vandenhoeck & Ruprecht 9 783525 624

Alter – Schicksal oder Gnade?

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