Alter – Schicksal oder Gnade?
Alter – Schicksal oder Gnade?
Alter – Schicksal oder Gnade?
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gunda Schneider-Flume, <strong>Alter</strong> <strong>–</strong> <strong>Schicksal</strong> <strong>oder</strong> <strong>Gnade</strong>?<br />
2. Kapitel<br />
Bild <strong>oder</strong> Geschichte <strong>–</strong><br />
Was ist der Mensch?<br />
1. Die Dynamik der Geschichte<br />
Im Blick auf die Beurteilung des <strong>Alter</strong>s mag man nach einem<br />
biblischen Menschenbild suchen, um damit möglicherweise<br />
normativ zu bestimmen, wie alte Menschen leben können<br />
<strong>oder</strong> gar sollen. Aber ein biblisch begründetes christliches<br />
Menschenbild gibt es nicht, obwohl sich jede Zeit ihr christliches<br />
Menschenbild konstruiert. 1 Dass aus der biblischen<br />
Tradition kein einheitliches Menschenbild erhoben werden<br />
kann, ergibt sich schon aus der historischen und religionsgeschichtlichen<br />
Differenz der Texte: Wie sollen die anthropologischen<br />
Vorstellungen der Nomaden, die mit dem Gott der<br />
Väter zogen, in Einklang gebracht werden mit dem Denken<br />
der Bürger des römischen Weltreichs im ersten Jahrhundert<br />
n.Chr.? Oder, um nur innerhalb des Neuen Testaments zu<br />
fragen: Wie lässt sich ein Bild erheben, das Elemente der Predigt<br />
des Wanderpredigers aus Nazareth vereint mit der Kreuzestheologie<br />
des Apostels Paulus? Freude über den Anbruch<br />
des Gottesreiches und Sühnopfervorstellung <strong>–</strong> ein Menschenbild?<br />
Aus anthropologischer Perspektive kann man das nicht<br />
behaupten. Nicht ein Bild, sondern viele Menschen in unterschiedlichen<br />
Lebenswelten finden wir in der biblischen Tradition.<br />
Hinzu kommt, dass das Lebensalter der Menschen vor<br />
2000 Jahren durchschnittlich etwa bei 30 bis 40 Jahren lag,<br />
was für die Beurteilung des <strong>Alter</strong>s ebenfalls einen gewaltigen<br />
Unterschied gegenüber dem 21. Jahrhundert bedeutet.<br />
1 Vgl. zum Thema: Herms (Hg.), Menschenbild; Härle, Der Mensch<br />
Gottes; Schneider-Flume, Zur Frage nach dem christlichen Menschenbild.<br />
<strong>–</strong><strong>–</strong><strong>–</strong><strong>–</strong> 25 <strong>–</strong><strong>–</strong><strong>–</strong><strong>–</strong><br />
© 2010; 2008 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 978-3-525-62404-3