Bauwerk – die neue Marke bei Beuth - Baukammer Berlin
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<strong>Baukammer</strong> / Berufspolitik / Bildung<br />
werden konnte, musste der Brückenbogen<br />
den Fluss möglichst flach überspannen.<br />
Die im sumpfigen Baugrund zu<br />
erstellenden Widerlager hatten somit<br />
einen großen Horizontalschub aufzunehmen.<br />
Die unterschiedliche Höhe <strong>bei</strong>der<br />
Ufer verlangte den Planern eine besondere<br />
Leistung ab, da sie von den anderen<br />
Brücken betrachtet eine möglichst harmonisch-symmetrische<br />
Gestalt aufweisen<br />
sollte.<br />
Der 1595 für <strong>die</strong> Fleischbrücke durchgeführte<br />
Entwurfswettbewerb nahm zwar<br />
Anregungen aus Plänen und Entwürfen<br />
der Rialtobrücke in Venedig auf, brachte<br />
16 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 2/2011<br />
aber keine tragbaren Lösungen für <strong>die</strong><br />
speziellen Probleme.<br />
Das Planungskonzept der Nürnberger<br />
Brücke sah Schrägpfähle vor, um den<br />
Horizontalschub aufzufangen. Eigens für<br />
<strong>die</strong> Pfähle wurden geeignete Rammbärmaschinen<br />
entwickelt. Die Bogenform<br />
und das Lehrgerüst wurden in mehreren<br />
Entwürfen und Modellen durchgespielt.<br />
Da<strong>bei</strong> variierten <strong>die</strong> Pfeilhöhen von etwa<br />
4,90 m (und einer Sehne von rund 24,30<br />
m) bis zu einer Pfeilhöhe von ungefähr<br />
3,60 m. Da das Risiko aus planerischer<br />
Sicht hierfür zu groß erschien, legte man<br />
sich auf eine Pfeilhöhe von ca. 4,25 m <strong>bei</strong><br />
„Hochtechnologie-<strong>Bauwerk</strong> aus dem 16. Jahrhundert“<br />
Fleischbrücke in Nürnberg als<br />
„Historisches Wahrzeichen der<br />
Ingenieurbaukunst“ ausgezeichnet<br />
Als bayernweit erstes <strong>Bauwerk</strong> ist am 10. Juni 2011 <strong>die</strong> Fleischbrücke in Nürnberg<br />
mit dem Titel „Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet<br />
worden. Die zwischen 1596 und 1598 errichtete Brücke gilt als<br />
bedeutendste Steinbogenbrücke der Spätrenaissance in Deutschland. Vor<br />
zahlreichen Gästen enthüllten Dr.-Ing. Jens Karstedt, Präsident der Bundesingenieurkammer<br />
und Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen<br />
Ingenieurekammer-Bau eine Ehrentafel an dem <strong>Bauwerk</strong>. Die Fleischbrücke<br />
sei ein Lehrstück robusten und nachhaltigen Konstruierens, so Festredner<br />
Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz.<br />
„Die Fleischbrücke war schon vor mehr als 400 Jahren ein Zeichen für den hohen<br />
Stand der Ingenieurbaukunst, den wir hier und heute würdigen und den wir Ingenieure<br />
im Bauwesen auch heute noch garantieren“, so Schroeter. An <strong>die</strong> Stelle, der<br />
durch Hochwasser geschädigten Vorgängerbrücke, sollte ein möglichst flach<br />
gewölbter, einbogiger Bau treten. Da <strong>die</strong> Pegnitz nicht umgeleitet werden konnte,<br />
musste <strong>die</strong> Brücke in fließendem Wasser errichtet werden. Zudem mussten <strong>die</strong> Baumeister<br />
mit sumpfigem Baugrund fertig werden. Dieses Problem lösten sie mit mehr<br />
als 2.100 Rammpfählen.<br />
Die noch weitgehend im Original erhaltene Fleischbrücke mit einer Spannweite von<br />
27 Metern trotzte den Jahrhunderten. Das <strong>Bauwerk</strong> sei ein herausragendes Beispiel<br />
für ganzheitliches Bauen, sagte Schroeter. Das Zusammenspiel der damaligen Politiker,<br />
der Ingenieure und Handwerker sei maßgeblich für <strong>die</strong> Entstehung gewesen.<br />
An <strong>die</strong> heutigen Politiker appellierte er, <strong>bei</strong> der Entscheidung über Bauprojekte, nicht<br />
nur das Finanzielle im Blick zu haben.<br />
Mit der Auszeichnung „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“<br />
ehrt <strong>die</strong> Bundesingenieurkammer seit 2007 historisch bedeutende Ingenieurbauwerke,<br />
<strong>die</strong> von der Genialität vergangener Ingenieur-Generationen erzählen.<br />
Ausgezeichnet werden bahnbrechende Ingenieurbauprojekte, <strong>die</strong> das Leben der<br />
Menschen in der Vergangenheit erleichtert haben.<br />
„Wir wollen Bedeutendes der Vergangenheit mit dem Blick auf <strong>die</strong> Zukunft ehren“,<br />
sagte Karstedt. Mit dem Blick auf große Vorhaben der Vergangenheit wollen <strong>die</strong><br />
Ingenieure dafür werben, dass <strong>die</strong> Zukunftsaufgaben in Angriff genommen und auf<br />
intelligente Art gelöst werden. Die Auszeichnungsreihe wurde vom Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstützt.<br />
(Internet: www.bayika.de, www.wahrzeichen.ingenieurbaukunst.de)<br />
einer Stützweite von knapp 27 m fest.<br />
Das für <strong>die</strong>sen Bogen entwickelte Lehrgerüst<br />
wurde auf einem auf fünf Pfahlreihen<br />
im Flussbett stehenden Notsteg<br />
errichtet. Durch Nachkeilen gelang es,<br />
<strong>die</strong> geplante Bogenführung annähernd<br />
einzuhalten. Nach dem Bogenschluss<br />
war das Brückenkonstrukt absenkbar,<br />
indem <strong>die</strong> Keile herausgeschlagen wurden.<br />
Der enorme Horizontalschub des<br />
Bogens (Kreissegment von einem Fünftelkreis,<br />
geschätztes Gewicht des<br />
Bogens 2325 Tonnen) und der unsichere<br />
Untergrund machten gewaltige Widerlager<br />
notwendig. Ursprünglich war hierfür<br />
in den Wettbewerbsentwürfen das übliche<br />
waagerechte Mauerwerk vorgesehen.<br />
Letztendlich entschied man sich<br />
aber für eine schräge Anordnung der<br />
gesamten Steinschichten der Widerlager<br />
(parallel zum letzten Radius des Brükkenbogens<br />
am Kämpfer).<br />
Baubeginn war der 1. März 1596, vollendet<br />
wurde das <strong>Bauwerk</strong> Ende 1598,<br />
<strong>die</strong> Kosten beliefen sich auf 82.172 Gulden.<br />
Im Februar 1599 wurde noch ein<br />
seitliches Portal, auf dem ein steinerner<br />
Ochse liegt, errichtet.<br />
Die Baumeister<br />
Als verantwortliche Planer der Fleischbrücke<br />
gelten drei Baumeister: Der<br />
Steinmetz und Stadtwerkmeister Jacob<br />
Wolff d.Ä. (um 1546 <strong>–</strong> 1612) war für Entwurf,<br />
Planung und Ausführung der Steinar<strong>bei</strong>ten<br />
(Bogen und Widerlager) verantwortlich.<br />
Dem Zimmermann und Stadtwerkmeister<br />
Peter Carl (1541-1617) verdankt<br />
<strong>die</strong> Stadt <strong>die</strong> Konstruktion und <strong>die</strong><br />
Umsetzung der Pfahlgründung und des<br />
Lehrgerüsts. Die Gesamtleitung des<br />
Brückenbaus lag <strong>bei</strong> Wolf Jacob Stromer<br />
von Reichenbach (1561-1614). Stromer<br />
stammte aus einer der wichtigsten Patrizierfamilien<br />
Nürnbergs und war von 1589<br />
bis zu seinem Tod 1614 Ratsbaumeister<br />
der Stadt. In den 25 Jahren seiner Amtszeit<br />
entstanden viele bedeutende<br />
Renaissancebauten in Nürnberg, <strong>die</strong><br />
heute noch das Stadtbild prägen. Sehr<br />
jung (mit 14 Jahren) immatrikulierte Wolf<br />
Jakob Stromer 1575 als einer der ersten<br />
Studenten an der Reichsstädtischen<br />
Akademie in Altdorf. Seine akademische<br />
Ausbildung beendete er vier Jahre später<br />
in Bologna. Auf zahlreichen Reisen nach<br />
Italien lernte er viel über <strong>die</strong> klassische<br />
und <strong>die</strong> moderne Baukunst.<br />
Mit dem Steinmetzmeister Jakob Wolff<br />
dem Älteren und dem Zimmermeister<br />
Peter Carl ar<strong>bei</strong>tete er an zahlreichen<br />
Bauvorhaben eng zusammen.