deutscher - DPI - Georg-August-Universität Göttingen
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wurden unter Meyers Federführung umfangreiche Vergleichsmessungen mit gleichen<br />
Messproben an acht Prüfinstituten vorgenommen [90]. Eine Norm wurde aber erst wesentlich<br />
später verfasst [534]. Mit Konrad Tamm hat Meyer Untersuchungen zu Eigenschwingungen<br />
und Dämpfung von Gasblasen in Flüssigkeiten durchgeführt [91], sowie<br />
zur Messung von dynamischen Moduln elastischer Stoffe [96].<br />
Der zweite Weltkrieg (1939–1945) weckte durch die Sonar-Ortungsverfahren das Interesse<br />
am Wasserschall. Meyers Arbeitsgruppe am HHI untersuchte die Schallausbreitung<br />
im Flachwasser und die Schallabsorption im Meerwasser, insbesondere den Einfluss<br />
von Gasblasen. Hierüber hielt Meyer einen ausführlichen Vortrag auf einer militärischen<br />
Arbeitstagung im Mai 1943 [97]. (Bei einer ähnlichen Tagung über Schiffsgeräusche<br />
im Februar 1944 hielt Meyer zwar keinen Vortrag, übernahm aber die fachliche<br />
Leitung und führte in die Problematik ein [98]).<br />
Neben diesen Untersuchungen zur Schallausbreitung in Wasser arbeitete Meyers Gruppe<br />
intensiv an der Entwicklung von Wasserschallabsorbern. Zum einen wurden Rippenabsorber<br />
zur Auskleidung von Messbecken entwickelt (in der Wirkung ähnlich den<br />
Keilabsorbern für Luftschall), die seitdem in vielen Labors eingesetzt werden, zum anderen<br />
eine geschickt strukturierte Gummihaut mit Lufteinschlüssen (ein Dünnschicht-<br />
Zweikreis-Resonanzabsorber) zum Aufbringen auf Unterwasserkörper, vor allem auf<br />
die Außenhaut von U-Booten zur Erschwerung der Sonar-Ortung, nachdem mit dieser<br />
Technik der größte Teil der deutschen U-Boote aufgespürt und vernichtet wurde.<br />
Meyer verstand es stets, sehr gute Mitarbeiter um sich zu scharen, und er war froh,<br />
sie durch die Wasserschall-Arbeiten davor zu bewahren, zum Fronteinsatz eingezogen<br />
zu werden. Über alle diese Arbeiten durften die Forscher nicht publizieren, die Arbeiten<br />
waren als ” kriegswichtig“ und daher geheim deklariert. Das Projekt zur Entwicklung<br />
der Rippenabsorber trug den Decknamen ” Fafnir“, das der Dünnschichtabsorber<br />
lief unter dem Namen ” Alberich“ – benannt nach germanischen Sagenfiguren, die sich<br />
durch Tarnkappen unsichtbar machen konnten. Meyer war überzeugt, dass der Krieg<br />
und das nationalsozialistische Regime nicht allzu lange dauern würden und behielt<br />
von allen Berichten Durchschläge, die er mit dem durchaus lebensgefährdenden Risiko<br />
entdeckt zu werden nach Thüringen brachte und dort unter den Dachboden-Dielen im<br />
Haus seiner Schwiegereltern versteckte [1].<br />
Meyer und seine Mitarbeiter glaubten, dass die U-Boot-Umkleidung im Krieg nicht<br />
mehr zum Einsatz kam. So steht es auch im Vorwort des Navy-Reports [99, Seite V].<br />
Erst 2008 wurde publik [537], dass die deutsche Marine mindestens ein U-Boot (U-480)<br />
mit der schallabsorbierenden Gummihaut überzogen hatte und es im <strong>August</strong> 1944 im<br />
Ärmelkanal operieren ließ, wo es vier Schiffe der Alliierten torpedierte, ohne selbst<br />
geortet werden zu können. Vor einer neuen Einsatzfahrt Anfang 1945 hatte der britische<br />
Geheimdienst die mit der deutschen Codierungsmaschine ” Enigma“ gesendeten<br />
Funksprüche aufgefangen und entschlüsselt, wonach sie über den Namen ” Alberich“<br />
erschlossen, was es mit dem geheimnisvollen U-Boot auf sich hatte. Die Engländer verlegten<br />
heimlich die Schifffahrtsroute und verminten die bisherige, in der U-480 dann<br />
vergeblich nach Zielen suchte, bis es am 24. Februar 1945 von einer Mine zerstört wurde.<br />
Das Wrack wurde erst 1998 durch Zufall entdeckt, weil sich ein Fischerei-Schleppnetz<br />
darin verfangen hatte. Taucher haben dann festgestellt, dass es das weltwei erste ” Stealth“-U-Boot<br />
war. Der Fernsehsender arte hat einen emotionalen Film über U-480 produziert<br />
und am 18. Februar 20008 gesendet [537]. 1<br />
Das Kriegsende erlebten Meyer und seine Arbeitsgruppe in Pelzerhaken in der Lübecker<br />
Bucht, wohin sie noch zwei Monate vor Kriegsende ausgelagert wurden, nachdem<br />
durch die ständigen Luftangriffe in Berlin kein vernünftiges Arbeiten mehr möglich<br />
1 Der Autor dankt Herrn Prof. Dr. W. Eisenmenger für den Hinweis auf den Film über U-480.<br />
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