A. Theorie der Strafverteidigung
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genheit, sogar das Strafrecht sanktioniert einen Verstoß. Der Schutz <strong>der</strong> intimen Bera-<br />
tungssphäre wird durch zahlreiche Normen flankiert. 36<br />
Zu den auch verfassungsrechtlichen Grundlagen <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> anwaltlichen Straf-<br />
verteidigung gehört daher ein Mindestbestand an Vertraulichkeit. Art. 12 Abs. 1 GG<br />
gewährleistet dem Rechtsanwalt eine von staatlicher Kontrolle und Bevormundung freie<br />
Berufsausübung und schützt dazu insbeson<strong>der</strong>e das Vertrauensverhältnis zwischen An-<br />
walt und Mandant. Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen so-<br />
wie das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit 37 sind die Grundbedingungen dafür,<br />
dass dieses Vertrauen entstehen kann. Maßnahmen, die geeignet sind, das Entstehen<br />
eines Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant zu stören o<strong>der</strong> gar<br />
auszuschließen, greifen nicht nur in die SubjektsteIlung des von Strafverfolgung betrof-<br />
fenen Mandanten, son<strong>der</strong>n auch in die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ein.<br />
Die Tätigkeit des Rechtsanwalts liegt dabei auch im Interesse <strong>der</strong> Allgemeinheit an ei-<br />
ner wirksamen und geordneten Rechtspflege. 38<br />
cc. Unabhängigkeit<br />
- die freie Advokatur als Garant <strong>der</strong> Mißbrauchskontrolle<br />
Fast zeitgleich mit den Reichsjustizgesetzen war es <strong>der</strong> Anwaltschaft gelungen, ihre Vor-<br />
stellungen von <strong>der</strong> freien Advokatur auch gesetzgeberisch umsetzen zu lassen. Zusam-<br />
men mit <strong>der</strong> StPO trat die Reichsanwaltsordnung am 01.10.1879 in Kraft, die zum einen<br />
den einheitlichen deutschen Anwaltsstand schuf und zum an<strong>der</strong>en die Unabhängigkeit<br />
<strong>der</strong> Berufsausübung gesetzlich konstituierte. War in <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>der</strong> Berufsstand<br />
des Anwalts teils als überflüssig (Friedrich <strong>der</strong> Große schaffte den Berufsstand sogar voll-<br />
ständig ab), teils als beamtenähnlicher, gerichtlicher Fürsprecher ausgestaltet, so wurde<br />
nunmehr das mo<strong>der</strong>ne Bild des unabhängigen Rechtsanwalts gesetzlich fixiert. Er ist in<br />
seiner Berufsausübung keiner staatlichen Kontrolle unterworfen, von Weisungen unab-<br />
hängig und in <strong>der</strong> Übernahme und Durchführung von Mandaten frei. Die Disziplinarge-<br />
walt wurde den Gerichten entzogen und einer berufsständischen Vertretung, den<br />
Rechtsanwaltskammern, übertragen.<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Aspekt stets betont und vertieft. Es vertraut<br />
ausdrücklich den ethischen Grundsätzen bei <strong>der</strong> freien und unreglementierten Selbstbe-<br />
stimmung <strong>der</strong> Anwaltschaft. Der Anwalt muss sich dem Berufsethos und seinen Berufs-<br />
pflichten in einer Weise verbunden fühlen, die weit über das Maß hinausreicht, das von<br />
je<strong>der</strong>mann erwartet wird. 39 Dagegen können beamtenähnliche Treuepflichten vom An-<br />
walt niemals erwartet werden. Er hat eine eigenständige Funktion, die neben die von<br />
36 Näheres vgl. unten B.II.1.<br />
37 vgl. BVerfGE 76, 171, 190; 76, 196, 209 f.<br />
38 BVerfGE 113, 29, 49; BVerfG, Beschluss <strong>der</strong> 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2007 - 2 BvR 2151/06 -, NJW<br />
2007, S. 2752.<br />
39 BVerfG StV 2004, S. 254.<br />
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