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SYMPOSIUM - MixedMedia-Konzepts

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Ausgabe 4• 2009/<br />

Ausgabe 1• 2010<br />

ISSN 1867-643X<br />

BRÜCKENBAU<br />

Construction & Engineering<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

� Humboldthafen-Brücke<br />

Berlin<br />

� Spreebrücke<br />

Bautzen<br />

� Talbrücke St. Kilian<br />

Schleusingen<br />

� Elbebrücke<br />

Schönebeck<br />

� Mainbrücke<br />

Bergrheinfeld<br />

� Grümpentalbrücke<br />

Selsendorf<br />

� Deh Cho Bridge<br />

Mackenzie River<br />

� Matakina-Brücke<br />

Yanbaru-Stausee<br />

� Elbe-Lübeck-Kanal-Brücke<br />

Berkenthin<br />

10. Symposium<br />

Brückenbau<br />

in Leipzig


3<br />

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />

Zum zehnten Symposium in Leipzig<br />

Brückenbaukunst im (Rück-)Blick<br />

� � � von Michael Wiederspahn<br />

Mit Erscheinen dieses Heftes liegt nicht<br />

nur der Tagungsband zum (inzwischen)<br />

»Zehnten Symposium Brückenbau in<br />

Leipzig« vor, sondern verbindet sich auch<br />

ein kleines Jubiläum, auf das wir natürlich<br />

stolz sind – zeigt es doch Rang und<br />

Reputation einer Veranstaltung, die vor<br />

ziemlich genau einer Dekade erstmals<br />

durchgeführt wurde und sich danach zu<br />

einer Reihe, ja sehr schnell zu einem, im<br />

wahrsten Sinne des Wortes, stehenden<br />

Begriff und festen Termin entwickelt<br />

hat.<br />

Ein paar Zeilen der Erinnerung an eine<br />

in mehrfacher Hinsicht außerordentlich<br />

bemerkenswerte Premiere seien daher<br />

erlaubt, wobei hier, um nicht in ein allzu<br />

großes Eigenlob verfallen zu müssen,<br />

lediglich zwei, drei Passagen aus einer<br />

Veröffentlichung zitiert werden, die in der<br />

November-2000-Ausgabe des Deutschen<br />

Ingenieurblatts immerhin sechs volle Seiten<br />

umfasste: »(…) traf sich zum Zwecke<br />

eines Informationsaustauschs und einer<br />

offenen Diskussion über den Straßenbrückenbau<br />

in Deutschland die Crème de la<br />

Crème der deutschen Brückenbauer aus<br />

den Ingenieurbüros, aus den Straßen- und<br />

Brückenbauverwaltungen der Länder, aus<br />

der Bauindustrie und aus der Forschung.<br />

Dabei wurden, quasi Schlag auf Schlag,<br />

die bedeutendsten neuen Brückenbauwerke<br />

in Deutschland, aber auch die<br />

alten Reichsautobahnstrecken mit ihren<br />

Bauwerken, Brücken und Überführungen<br />

und deren Nutzbarmachung für<br />

den modernen Verkehr besprochen. (…)<br />

Am Ende des zweiten Tages war darüber<br />

hinaus eine Abschlussdiskussion vorgesehen,<br />

die dann mehr als zwei (!) Stunden<br />

andauerte: lebhaft, durchaus kontrovers<br />

und doch, trotz mancher Meinungsverschiedenheit<br />

in der Sache, stets kollegial<br />

und insbesondere von dem Bewusstsein<br />

geprägt, gemeinsam für das jeweils beste<br />

Resultat, für die bestmögliche Qualität im<br />

deutschen Straßenbrückenbau streiten<br />

zu wollen.«<br />

E D I T O R I A L<br />

An der ursprünglichen Intention, nämlich<br />

Projekte und Konzepte angemessen zu<br />

thematisieren, die hohe und höchste<br />

Ansprüche erfüllen, hat sich bis heute<br />

ebenso wenig geändert wie an dem<br />

prinzipiellen Ablauf des Symposiums mit<br />

genügend Raum und Zeit für intensive<br />

Erörterungen oder aber dem Teilnehmerkreis,<br />

der sich nach wie vor aus der<br />

bereits erwähnten »Crème de la Crème«<br />

zusammensetzt. Dass die Referenten<br />

mittlerweile aus (beinahe) der ganzen<br />

Welt anreisen, um in Leipzig ihre Entwürfe,<br />

die von ihnen geplanten und realisierten<br />

Bauwerke vorzustellen, beweist also<br />

»lediglich« die gewachsene und zudem<br />

wachsende Internationalisierung eines<br />

Programms, das schon seit vielen Jahren<br />

das gesamte Spektrum des Brückenbaus<br />

abdeckt – was die nachfolgenden Texte<br />

und Bilder wiederum mit Nachdruck zu<br />

veranschaulichen vermögen.<br />

Wer dennoch zweifelt oder bisher einfach<br />

nicht sicher war, ob und wann sich die<br />

Fahrt für ihn lohnt, darf sich nun gerne<br />

vom BRÜCKENBAU überzeugen lassen,<br />

der zumindest mit den schriftlichen<br />

Ausarbeitungen der (meisten) Vorträge<br />

aufwartet. Direkte Kontakte und persönliche<br />

Begegnungen als ein unverzichtbares<br />

Element jedweder Zusammenkunft kann<br />

und soll er ohnehin nicht kompensieren,<br />

weshalb im Grunde stets zu empfehlen<br />

bleibt: Neben oder nach der Lektüre an<br />

die Anmeldung für den nächsten Februar<br />

denken!<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


Architekten und Ingenieure lesen die [Umrisse].<br />

Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN,<br />

ist die Zeitschrift für Baukultur unabhängig von Verbänden und<br />

anderen Interessenvertretungen.<br />

Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische Schwerpunkte<br />

aus den Bereichen Architektur und Ingenieurbau, wie zum Beispiel<br />

»LeseRäume«, »Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«,<br />

»Ruhender Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«,<br />

»Fassaden« und »Innenausbau« im Jahr 2009.<br />

Detaillierte Produktinformationen, wichtige Branchennachrichten,<br />

ein fundierter Bautechnik-Teil, umfassende Beiträge zum<br />

»Bau- und Immobilienrecht« sowie ein ausgesuchtes »Special«,<br />

oft in Kooperation mit entsprechenden Fachmessen,<br />

runden das redaktionelle Profi l eines jeden Heftes ab.<br />

Wollen Sie ein Probeexemplar bestellen – oder gleich abonnieren?<br />

Das geht am besten und schnellsten unter www.umrisse.de,<br />

denn die [Umrisse] fi ndet man natürlich auch im Internet.<br />

[Umrisse]<br />

Zeitschrift für Baukultur<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/84 65 15<br />

Fax: 0611/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.mixedmedia-konzepts.de<br />

4


5<br />

Editorial<br />

3 Brückenbaukunst im (Rück-)Blick<br />

Michael Wiederspahn<br />

Symposium<br />

6 Zehn Jahre Initiative Baukultur<br />

Joachim Naumann<br />

12 Gestaltung und Struktur im Dialog<br />

Karl Kleinhanß<br />

16 Ideen- und Realisierungswettbewerbe in Brandenburg<br />

Winfried Glitsch, Thomas Kupferschmid<br />

20 »Ergänzung« der Waschmühltalbrücke<br />

Richard Lutz, Volkhard Angelmaier<br />

26 Neubau der Elbebrücke Schönebeck<br />

Wolfgang Eilzer, Markus Morawietz<br />

31 Vier bayerische Public-Private-Partnership-Projekte<br />

Karl Goj<br />

38 Neubau der Haseltalbrücke<br />

Günther Kleiner<br />

42 Eisenbahnbrücken der ÖBB<br />

Hannes Kari<br />

43 Planung und Errichtung der Grümpentalbrücke<br />

Martin Schnellhardt<br />

48 Mit Hochgeschwindigkeit über das Ilmtal<br />

Peter Seitz, Manfred Förtsch, Eberhard Pitsch, Heinz Pircher<br />

56 Großbrücken und ihre Herstellungsverfahren<br />

Manfred Becker<br />

66 Mehrfeldrige Schrägseilbrücken<br />

Andreas Keil, Philipp Wenger<br />

77 Deh Cho Bridge im Norden Kanadas<br />

Matthias Schüller<br />

81 Ausgewählte Beispiele für Extradosed Bridges<br />

Christian Gläser<br />

84 Brücke über den Sinichbach in Italien<br />

Anton Obholzer, Alois Neulichedl<br />

I N H A L T<br />

90 Geothermische Brücke in Berkenthin als Pilotprojekt<br />

Thomas Hanschke, Jens-Uwe Kühl, Roland Freund, Volker Richter, Klaus-Ulrich Mackert<br />

94 Sicherheit von Großbrücken<br />

Bernard Hodac<br />

96 Brücke über das Berounka-Tal bei Prag<br />

Roman Lenner, Milan Šistek<br />

Aktuell<br />

99 Faserverbundkunststoffe im modernen Brückenbau?<br />

Pamela Voigt, Elke Genzel<br />

102 Produkte und Projekte<br />

106 Software und IT<br />

108 Nachrichten und Termine<br />

110 Branchenkompass<br />

111 Impressum<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Rückblick und Ausblick<br />

Zehn Jahre Initiative Baukultur<br />

� � � von Joachim Naumann<br />

1 Logo der Initiative<br />

Architektur und Baukultur<br />

© Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung<br />

Ziemlich genau vor zehn Jahren,<br />

nämlich am 17. Oktober 2000, wurde<br />

vom damaligen Bundesminister<br />

für Verkehr, Bau und Wohnungswesen<br />

Reinhard Klimmt gemeinsam<br />

mit der Bundesarchitekten- und der<br />

Bundesingenieurkammer die »Initiative<br />

Architektur und Baukultur« mit<br />

einer Auftaktveranstaltung in Berlin<br />

gestartet. Ziel war es, die öffentliche<br />

Diskussion über die Qualität des<br />

Planens und Bauens sowie die Bedeutung<br />

der Baukultur in Deutschland<br />

anzuregen und die Aktivitäten<br />

in den verschiedenen Bereichen zu<br />

bündeln. Der richtige Zeitpunkt also,<br />

um ein Resümee zu ziehen, verbunden<br />

mit einem Ausblick.<br />

1 Einleitung<br />

Der Gründung der »Initiative Architektur<br />

und Baukultur« vorausgegangen war eine<br />

längere Phase der zunehmenden Kritik<br />

von vielen Beteiligten in Politik, Verbänden,<br />

Verwaltungen und der Öffentlichkeit<br />

über das teilweise unbefriedigende Erscheinungsbild<br />

mancher öffentlicher und<br />

privater Bauten und die damit verbundene<br />

negative Gestaltung der Umwelt.<br />

Dies betraf fast alle Bereiche des Bauens<br />

und dabei auch Bauten der Verkehrsinfrastruktur<br />

bei Bahn und Straße. Speziell die<br />

Brücken- und Ingenieurbauwerke im Zuge<br />

der Neubaustrecken der Deutschen Bahn<br />

AG gerieten stark in die Kritik, da sie sich<br />

aufgrund der Rahmenplanung fast ausschließlich<br />

an den Betriebsbedürfnissen<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

2 Erster Bericht zur Lage der<br />

Architektur und der Baukultur<br />

© Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung<br />

des Bahnverkehrs orientierten und kaum<br />

Rücksicht auf den jeweiligen Standort<br />

nahmen; bei manchen Straßenbrücken<br />

lag der Schwerpunkt des Entwurfes aufgrund<br />

negativer Erfahrung beim Betrieb<br />

aber ebenfalls eher auf der Konstruktion<br />

robuster Bauwerke als auf einer ausgewogenen<br />

Gestaltung.<br />

So reifte bei vielen Beteiligten die Einsicht<br />

zum Umdenken, zumal sich durch die<br />

gewaltigen Aufgaben nach der deutschen<br />

Vereinigung zum Auf- und Ausbau der<br />

Infrastruktur in den neuen Bundesländern<br />

die große Chance ergab, bei den<br />

zahlreichen notwendigen Bauwerken<br />

neue Ideen zu verwirklichen und durch<br />

gute Gestaltung zu einem lebenswerten<br />

Umfeld in den Städten und Regionen beizutragen.<br />

Die mannigfaltigen Diskussionen<br />

erreichten bald auch die politischen<br />

Gremien, was schließlich zum Auftakt<br />

der Initiative Architektur und Baukultur<br />

führte.<br />

2 Initiative Baukultur<br />

Wie so oft bei schwierigen Gemeinschaftsaktionen<br />

kommt es entscheidend<br />

darauf an, dass insbesondere in der Anfangsphase<br />

engagierte Persönlichkeiten<br />

die notwendigen Entwicklungsschritte<br />

vorbereiten und konsequent umsetzen.<br />

Mit den damaligen Präsidenten der Bun-<br />

desarchitektenkammer Peter Conradi<br />

und der Bundesingenieurkammer Dr.-Ing.<br />

Karl-Heinrich Schwinn, waren diese Bedingungen<br />

in idealer Weise gegeben, so<br />

dass die Initiative auf Anhieb ein Erfolg<br />

wurde. Unterstützt wurde dies ganz maßgeblich<br />

vom zuständigen Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Wohnungswesen<br />

durch den Parlamentarischen<br />

Staatssekretär Achim Großmann, der die<br />

erforderlichen Kontakte zu den politischen<br />

Gremien sicherstellte. Auch auf der<br />

Fachebene des Ministeriums entwickelte<br />

sich für den Bereich Ingenieurbau sehr<br />

schnell eine enge und gute Zusammenarbeit<br />

des Referates Brückenbau mit dem<br />

damals federführenden Referat Architektur<br />

und Stadtplanung, was manche ideelle<br />

und fi nanzielle Unterstützung förderte.<br />

Wichtig war natürlich in dieser Phase<br />

ebenso die Unterstützung durch die Verbände<br />

wie beispielsweise VBI und VUBIC<br />

sowie durch herausragende Persönlichkeiten<br />

des Ingenieurbaus wie Prof. Dr.-Ing.<br />

Drs. h.c. Jörg Schlaich, der maßgeblich<br />

dazu beigetragen hat, dass so manche<br />

Hürde durch Überzeugungsarbeit überwunden<br />

werden konnte.<br />

Nach der Auftaktveranstaltung der Initiative<br />

am 17. Oktober 2000 folgte sehr bald<br />

der erste Kongress »Baukultur in Deutschland«<br />

vom 3. bis 5. Dezember 2001 in<br />

Köln, wo vor allem mehrere Podiumsdiskussionen<br />

im Vordergrund standen und<br />

ein erster »Bericht zur Lage der Architektur<br />

und Baukultur in Deutschland«<br />

präsentiert wurde. Durch den Kongress<br />

konnten alle beteiligten Fachbereiche des<br />

Planens und Bauens sowie eine breite<br />

Öffentlichkeit erreicht und damit der<br />

Initiative der nötige Schwung verliehen<br />

werden.<br />

Um der Initiative ein verbindliches Leitbild<br />

zu geben, wurden die wesentlichen Zielvorstellungen<br />

in mehreren Themenfeldern<br />

konkretisiert:<br />

– Zukunftsgerechte Planungs- und Architekturqualität<br />

sichern. Hierbei geht es<br />

vor allem um die Frage, inwieweit die<br />

Formen und Inhalte des Planungs- und<br />

Baumanagements aufgrund des demographischen,<br />

technologischen und<br />

wirtschaftlichen Wandels angepasst<br />

oder neu defi niert werden müssen.<br />

– Das Potential von Architektur und<br />

Baukultur für Innovationen und Weiterentwicklungen<br />

nutzen. Die Bau-<br />

6


7<br />

wirtschaft ist nach wie vor einer der<br />

größten Investitionsbereiche mit einem<br />

erheblichen Innovationspotential.<br />

Hier gilt es zunächst die vorhandenen<br />

Erfahrungen zu sammeln und im Sinne<br />

von Best Practice weiterzugeben sowie<br />

Möglichkeiten zu weiteren Anreizen<br />

für Innovationen beispielsweise durch<br />

Wettbewerbe aufzuzeigen.<br />

– Kulturelles Erbe wahren sowie vorhandene<br />

Ressourcen im Bestand nutzen<br />

und weiterentwickeln. Nach einer langen<br />

Phase des Neubaus und Ausbaus<br />

stehen künftig die Pfl ege, Erhaltung<br />

und Erneuerung des Baubestandes immer<br />

mehr im Blickfeld. Hierbei ergeben<br />

sich teilweise völlig neue Aufgaben,<br />

die auch in baukultureller Hinsicht von<br />

großer Bedeutung sind.<br />

– Die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

deutscher Architekten, Planer<br />

und Ingenieure stärken. In einem<br />

zusammenwachsenden Europa und<br />

einer zunehmenden Globalisierung gilt<br />

es, sich rechtzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen<br />

einzustellen. Mit der<br />

Initiative soll daher auch der Export von<br />

Architekten- und Ingenieurleistungen<br />

entwickelt und gefördert werden.<br />

Viele dieser Zielvorstellungen ließen sich<br />

inzwischen durch konkrete Aktionen und<br />

Projekte verwirklichen. Noch wichtiger ist<br />

als Ergebnis, dass durch die Initiative eine<br />

breite Diskussion innerhalb der Fachkreise<br />

und der Gesellschaft angestoßen und<br />

damit das Bewusstsein für eine gute und<br />

nachhaltig gestaltete Umwelt geschärft<br />

wurde.<br />

Ein Ziel der Initiative Baukultur war schon<br />

sehr früh die Einrichtung einer Stiftung<br />

Baukultur, um damit das Thema auf<br />

Dauer zu etablieren und die Beschäftigung<br />

mit diesem für alle Bürgerinnen und<br />

Bürger wichtigen Bereich des täglichen<br />

Lebens zu verstetigen.<br />

Zur Vorbereitung wurde hierzu am 4. und<br />

5. April 2003 ein erster »Konvent Baukultur«<br />

unter der Schirmherrschaft des<br />

damaligen Bundespräsidenten Johannes<br />

Rau in Bonn durchgeführt. Damit hatte<br />

das Thema auch die Gremien des Deutschen<br />

Bundestages erreicht, der schließlich<br />

im Oktober 2003 das Bestreben nach<br />

einer qualitätsvollen und nachhaltigen<br />

Gestaltung der Umwelt durch einen<br />

Beschluss für eine »Qualitätsoffensive für<br />

gutes Planen und Bauen« unterstützte<br />

und so den Weg für eine Gesetzesinitiative<br />

zur Einrichtung einer Bundesstiftung<br />

Baukultur ebnete.<br />

3 Erfolge der Initiative Baukultur<br />

3.1 Symposien und Veranstaltungen<br />

Von Anfang an war es das Bestreben der<br />

an der Initiative Baukultur beteiligten<br />

Bauingenieure, die vielfältigen Leistungen<br />

der Ingenieure gleichberechtigt neben<br />

jenen anderer Bereiche wie der Architektur<br />

und des Städtebaus herauszustellen.<br />

Im Rückblick ist zu attestieren, dass<br />

dies nur zum Teil gelungen ist, was aber<br />

primär an der mangelnden Bereitschaft<br />

vieler Ingenieure lag, ihre Aufgabenfelder<br />

und Leistungen in der Öffentlichkeit zu<br />

präsentieren und sich im Rahmen der<br />

Initiative zu engagieren. Das ist umso bedauerlicher,<br />

da gerade die Bauingenieure<br />

durch ihre Arbeit ganz wesentlich zum<br />

Lebensstandard der Gesellschaft und zur<br />

Qualität der gebauten Umwelt beitragen.<br />

Aufgrund der in den vergangenen Jahren<br />

schwierigen Wirtschaftslage ist es zwar<br />

durchaus verständlich, dass bei vielen<br />

Ingenieuren nur wenig Neigung bestand,<br />

sich neben dem täglichen Geschäft noch<br />

mit grundsätzlichen Fragen der Baukultur<br />

und der werbewirksamen Darstellung<br />

ihrer Leistungen in der Öffentlichkeit<br />

zu befassen. Doch dies erweist sich zunehmend<br />

als kontraproduktiv, was sich<br />

nicht zuletzt durch eine im Vergleich zu<br />

anderen Berufsgruppen unangemessen<br />

geringe Würdigung ihrer Arbeit und in<br />

einer unzureichenden Vergütung ihrer<br />

Leistungen niederschlägt.<br />

Erfreulicherweise hat die Initiative Baukultur<br />

mit dazu beigetragen, dass hier<br />

allmählich ein Umdenken erfolgt und<br />

sich mittlerweile einige sehr interessante<br />

und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten<br />

entfaltet haben. So hat sich neben dem<br />

Brückensymposium in Leipzig, das in<br />

diesem Jahr ja ebenfalls sein zehnjähriges<br />

Jubiläum feiert, und den etablierten<br />

Bautechnik- sowie Stahlbautagen das<br />

Dresdner Brückbausymposium zu einer<br />

der größten Ingenieurveranstaltungen<br />

entwickelt, das dank der Verbindung mit<br />

der alle zwei Jahre stattfi ndenden Verleihung<br />

des Deutschen Brückenbaupreises<br />

erhebliche Aufmerksamkeit genießt.<br />

Neben diesen großen Veranstaltungen<br />

sind aber die vielfältigen regionalen Aktivitäten<br />

von Hochschulen, Verbänden<br />

und Ingenieurkammern wichtig, die den<br />

Austausch unter den Ingenieuren und<br />

mit anderen Berufsgruppen erfreulich<br />

beleben. Schüler- und Studentenwettbewerbe<br />

gerade im Brückenbau dienen<br />

außerdem durch die aktive Befassung<br />

mit bautechnischen Themen ebenso der<br />

Nachwuchsförderung, was mit Blick auf<br />

den künftig zu erwartenden Mangel an<br />

qualifi zierten Ingenieuren äußerst bedeutsam<br />

ist.<br />

S Y M P O S I U M<br />

Ausstellung<br />

Ingenieur Bau Kunst<br />

in Deutschland<br />

7. Oktober bis 7 . November 2004<br />

Wissenschaftszentrum Bonn, Ahrstraße 45, 53175 Bonn<br />

montags bis freitags 8-19 Uhr, samstags und sonntags 14-18 Uhr, Eintritt frei<br />

www.brueckenausstellung.nrw.de<br />

Partner der<br />

Ausstellung:<br />

3 Plakat der Brückenausstellung<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

Insgesamt lässt sich damit auch für den<br />

Ingenieurbereich eine positive Erfolgsbilanz<br />

für die Aktivitäten im Rahmen der<br />

Initiative Baukultur ziehen. Exemplarisch<br />

für einige besondere Aktivitäten sollen<br />

hier noch einige Leuchtturmprojekte<br />

vorgestellt werden.<br />

3.2 Ausstellung Straßenbrücken<br />

Bereits zu Beginn der Initiative Baukultur<br />

war im Referat Brückenbau des<br />

Bundesverkehrsministeriums die Idee<br />

entstanden, eine Ausstellung zum Thema<br />

Brückenbau und Baukultur zu organisieren<br />

und damit die »Königsdisziplin«<br />

der Bauingenieure in der Öffentlichkeit<br />

noch ein wenig bekannter zu machen.<br />

Neben historischen Bauwerken sollte der<br />

Schwerpunkt vor allem auf dem modernen<br />

Brückenbau liegen, um zu zeigen, wie<br />

vielfältig dieser hinsichtlich Konstruktionen<br />

und Materialien sein kann.<br />

Glücklicherweise erklärte sich die Bundesingenieurkammer<br />

spontan bereit, das<br />

Vorhaben organisatorisch und fi nanziell<br />

zu unterstützen, so dass sich die Idee sehr<br />

schnell verwirklichen ließ. Unter dem Titel<br />

»Straßenbrücken – Ingenieur Bau Kunst<br />

in Deutschland« wurde die Ausstellung<br />

2001 im ehemaligen Staatsratsgebäude<br />

in Berlin gestartet und anschließend auf<br />

Wanderschaft durch alle Bundesländer<br />

geschickt. Rund 80 Brückenbauwerke<br />

wurden auf großformatigen Tafeln<br />

präsentiert und in einem begleitenden<br />

Katalog erläutert. Etwa 400.000 Besucher<br />

haben während der zweijährigen Wanderschaft<br />

diese Ausstellung gesehen und<br />

damit das große Interesse an technischen<br />

Leistungen eindrucksvoll dokumentiert.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

4 Talbrücke Wilde Gera im Zuge der A 71<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

5 La-Ferté-Steg in Stuttgart<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

6 Humboldthafen-Brücke in Berlin<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

7 Dreiländerbrücke in Weil am Rhein<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

3.3 Deutscher Brückenbaupreis<br />

Ermutigt durch den großen Erfolg der<br />

Ausstellung wurde im Jahr 2004 als weiterer<br />

Beitrag zum Thema Baukultur vom<br />

Bundesverkehrsministerium und den<br />

Ingenieurverbänden der »Deutsche Brückenbaupreis«<br />

ins Leben gerufen.<br />

2005 erstmals ausgelobt und dann im<br />

Frühjahr 2006 am Vorabend des Dresdner<br />

Brückensymposiums feierlich verliehen,<br />

sollen mit dem »Deutschen Brückenbaupreis«<br />

herausragende Brückenbauwerke<br />

ausgezeichnet werden, die in technischer,<br />

gestalterischer oder innovativer Hinsicht<br />

besondere Leistungen darstellen und<br />

geeignet sind, das Ansehen der Ingenieurbaukunst<br />

in Deutschland zu stärken. Der<br />

»Deutsche Brückenbaupreis« wird alle<br />

zwei Jahre vergeben, wobei sich die Bundesingenieurkammer<br />

und der Verband<br />

Beratender Ingenieure zusammengetan<br />

haben. Das Bundesministerium für<br />

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat<br />

die Schirmherrschaft übernommen und<br />

unterstützt den Preis fi nanziell und ideell,<br />

Hauptsponsor ist außerdem die Deutsche<br />

Bahn AG.<br />

Zur Auslobung können Straßen- und<br />

Eisenbahn- sowie Geh- und Radwegbrücken<br />

eingereicht werden, die in den letzten<br />

Jahren neu errichtet, instandgesetzt<br />

oder umgebaut wurden. Vorschläge für<br />

die Bauwerke dürfen von Fachleuten und<br />

Laien gemacht werden, Hinweise von<br />

Außenstehenden sind ausdrücklich erwünscht.<br />

Ausgezeichnet werden die Bauwerke,<br />

die Preise erhalten die Personen,<br />

deren Leistungen an verantwortlicher<br />

Stelle wesentlichen Anteil am Entstehen<br />

der Brücke hatten. Die Bewertung der<br />

Arbeiten erfolgt durch eine Jury, die seit<br />

2009 für jeden Wettbewerb neu berufen<br />

wird.<br />

Der Deutsche Brückenbaupreis hat auf<br />

Anhieb großen Erfolg gehabt und sich inzwischen<br />

als einer der wichtigsten Preise<br />

des Ingenieurwesens etabliert. Preisträger<br />

der Verleihung 2006 waren die Talbrücke<br />

Wilde Gera der Bundesautobahn A 71<br />

und der La-Ferté-Steg in Stuttgart, 2008<br />

die Humboldthafen-Brücke in Berlin und<br />

die Dreiländerbrücke in Weil am Rhein.<br />

Die nächste und damit dritte Preisverleihung<br />

fi ndet am 15. März 2010 wiederum<br />

in Dresden statt.<br />

3.4 Brücken der Einheit<br />

Ohne Frage hat der Straßenbrückenbau<br />

auch infolge der großen Aufgaben im<br />

Rahmen der Vereinigung Deutschlands<br />

neuen Aufschwung erhalten, denn es<br />

galt, innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl<br />

von Projekten zu realisieren. Viele Brückenbauer<br />

haben dies sehr schnell als<br />

Chance begriffen, neben bewährten<br />

Lösungen auch innovative Wege zu beschreiten<br />

und die Brückenbautechnik<br />

weiterzuentwickeln. So gelangte in den<br />

letzten 15 Jahren insbesondere in den<br />

neuen Bundesländern eine große Anzahl<br />

interessanter und zukunftsweisender<br />

Bauwerke zur Ausführung, die das Interesse<br />

für den Brückenbau und technische<br />

Projekte in der Fachwelt wie der Öffentlichkeit<br />

geweckt haben. Den Ingenieuren<br />

steht dabei heute eine große Palette von<br />

Konstruktions- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung, die mit Engagement<br />

und Kreativität genutzt wird. Herausragende<br />

Beispiele sind beispielsweise<br />

die Brücken im Zuge der Bundesautobahn<br />

A 71 durch den Thüringer Wald oder die<br />

neue Rügenbrücke bei Stralsund.<br />

Diese Entwicklung passte gut zu den Intensionen<br />

der Initiative Baukultur, da hier<br />

an vielen praktischen Beispielen die Kunst<br />

des guten Gestaltens und Konstruierens<br />

demonstriert werden konnte.<br />

3.5 Realisierungswettbewerbe<br />

Eine wichtige Möglichkeit, kreative und<br />

innovative Ideen für Brücken zu fördern<br />

und die Leistungen der Bauingenieure<br />

deutlicher in der Öffentlichkeit darzustellen,<br />

ist die Durchführung von Realisierungswettbewerben,<br />

die im Brückenbau<br />

bisher nur in Ausnahmefällen üblich<br />

waren. Aufgrund des zusätzlichen Verwaltungs-,<br />

Kosten- und Zeitaufwandes wird<br />

diese Möglichkeit allerdings auch künftig<br />

auf besondere Fälle beschränkt bleiben.<br />

Realisierungswettbewerbe haben jedoch<br />

den Vorteil, dass die Bürgerinnen und<br />

Bürger durch die Veröffentlichung der Ergebnisse<br />

stärker in den Planungsprozess<br />

einbezogen werden und sie zudem gute<br />

Chancen zur öffentlichkeitswirksamen<br />

Darstellung der Gestaltungsideen und<br />

der innovativen Entwicklungen im Brückenbau<br />

bieten.<br />

8


9<br />

8 Talbrücke Reichenbach im Zuge der A 71<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

Das Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung unterstützt<br />

grundsätzlich die Bestrebungen für mehr<br />

Wettbewerb in der Planungsphase als<br />

Beitrag zur Baukultur, zumal heute alternative<br />

oder zukunftsweisende Lösungen<br />

wegen der immer stärker formaljuristisch<br />

geprägten Ausschreibungs- und Vergabeverfahren<br />

über Nebenangebote oder<br />

Sondervorschläge kaum mehr durchsetzbar<br />

sind.<br />

Im Bereich der Bundesfernstraßen wurde<br />

daher in den letzten Jahren eine ganze<br />

Reihe von Wettbewerben durchgeführt,<br />

unter anderem für folgende Bauwerke:<br />

– Brücke St. Kilian (A 17) als innovative<br />

Stahlrohrfachwerkkonstruktion mit<br />

Verbundüberbau,<br />

– Saalebrücke Jena Göschwitz (A 4) als<br />

Neubau neben der denkmalgeschützten<br />

steinernen Bogenbrücke,<br />

– Saalebrücke Salzmünde (A 143) als<br />

1.000 m langes Bauwerk im Anschluss<br />

an einen Lärmschutztunnel mit einer<br />

innovativen gläsernen Einhausung,<br />

– Waschmühltalbrücke (A 6) als Neubau<br />

neben der denkmalgeschützten Bogenbrücke,<br />

– Rheinbrücke Wiesbaden-Schierstein (A<br />

643) als Ersatzneubau mit Verbreiterung,<br />

– Lahntalbrücke Limburg (A 3) ebenfalls<br />

als Ersatzneubau mit Verbreiterung.<br />

In der Rückschau auf die durchgeführten<br />

Realisierungswettbewerbe lässt sich feststellen,<br />

dass viele kreative und innovative<br />

Ideen eingebracht wurden, die bei einer<br />

konventionellen Entwurfsbearbeitung so<br />

nicht erzielbar gewesen wären. Durch die<br />

anschließende Dokumentation und Ausstellung<br />

der Ergebnisse sowie die Berichte<br />

in den regionalen Medien konnte in allen<br />

Fällen eine öffentlichwirksame Darstellung<br />

erreicht und damit die Bürgerinnen<br />

und Bürger stärker in den Planungsprozess<br />

einbezogen werden.<br />

3.6 Brücken der Deutschen Bahn<br />

Nach der teilweise heftigen Kritik an der<br />

Gestaltung von Bahnbrücken haben die<br />

Initiative Baukultur und die anhaltende<br />

Diskussion über ein gutes Gestalten<br />

mitbewirkt, dass auch bei der Deutschen<br />

Bahn AG ein Umdenken einsetzte. Um<br />

neue Entwicklungen und eine angemessene<br />

Formfi ndung im Brückenbau verstärkt<br />

zu fördern, hat die Deutsche Bahn<br />

AG im Jahr 2007 einen Brückenbeirat ins<br />

Leben gerufen, der mit renommierten<br />

Bauingenieuren und Architekten besetzt<br />

ist. Der Brückenbeirat hat einerseits<br />

die Aufgabe, an besonders exponierten<br />

Brückenbauprojekten in einer möglichst<br />

frühen Phase des Entwurfs unmittelbar<br />

mitzuwirken, um ästhetisch überzeugende<br />

Lösungen bei gleichzeitiger Einhaltung<br />

der wirtschaftlichen und funktionalen<br />

9 Talbrücke Zahme Gera im Zuge der A 71<br />

© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung<br />

S Y M P O S I U M<br />

Anforderungen zu fi nden. Zum anderen<br />

soll er gestalterische Leitlinien und<br />

Grundsätze für den Entwurf von Eisenbahnbrücken<br />

entwickeln. Als ein wesentliches<br />

Ergebnis der beratenden Tätigkeit<br />

des Brückenbeirates ist der »Leitfaden<br />

– Gestalten der Eisenbahnbrücken« entstanden.<br />

Der Leitfaden soll planenden Ingenieuren,<br />

aber auch Projektleitern und Bauherrenvertretern<br />

Unterstützung bieten, für den<br />

jeweiligen Ort und die damit verbundenen<br />

speziellen Randbedingungen einen<br />

angemessenen, gut gestalteten Brückenentwurf<br />

zu erarbeiten. Keinesfalls soll er<br />

dabei als Vorschrift aufgefasst werden,<br />

vielmehr als Anregung für eine sinnvolle<br />

technische und gestalterische Weiterentwicklung<br />

des Eisenbahnbrückenbaus.<br />

Die ersten Bauwerke nach dem neuen<br />

Leitfaden sind inzwischen in Planung,<br />

10 Brücke St. Kilian<br />

im Zuge der A 73<br />

© Bundesministerium für<br />

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

11 Saalebrücke Salzmünde<br />

im Zuge der A 143<br />

© Bundesministerium für<br />

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

12 Leitfaden zur Gestaltung<br />

von Eisenbahnbrücken<br />

© Deutsche Bahn AG<br />

und es ist zu erwarten, dass damit künftig<br />

neue Bahnbrücken wieder in positivem<br />

Sinne wichtige und gut gelungene Beiträge<br />

zur Baukultur werden, wie beispielsweise<br />

die Humboldthafen-Brücke am<br />

neuen Berliner Hauptbahnhof.<br />

4 Stiftung Baukultur<br />

Wie eingangs schon erwähnt, war eines<br />

der wesentlichen Ziele der Initiative<br />

Baukultur die Einrichtung einer Stiftung<br />

Baukultur, um für dieses Thema ein dauerhaftes<br />

Podium zu schaffen. Bundesstiftungen<br />

zu gesellschaftsübergreifenden<br />

Themen gibt es bereits für die Bereiche<br />

Kultur, Denkmal- und Umweltschutz.<br />

Mit der Etablierung einer Bundesstiftung<br />

Baukultur sollte nun ein weiterer wichtiger<br />

Bereich hinzugefügt werden, der für<br />

die Gestaltung unserer Umwelt besondere<br />

Bedeutung hat.<br />

Ziel der Bundesstiftung Baukultur ist<br />

die Schaffung einer bundesweiten Aktions-<br />

und Kommunikationsplattform,<br />

die das Bewusstsein für die Belange der<br />

Baukultur bei Bauherren, Planern und<br />

Bauausführenden sowie in der Öffentlichkeit<br />

stärkt und die Leistungen der Architekten<br />

und Ingenieure in Deutschland<br />

national und international herausstellt.<br />

Die Stiftung soll durch eine entsprechende<br />

Öffentlichkeitsarbeit sowie regelmäßige<br />

Berichte Aufmerksamkeit für gute<br />

Planungen und Bauleistungen erzeugen,<br />

die Qualitätsnachfrage wecken und insgesamt<br />

ein baupolitisch positives Klima<br />

fördern.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Als Ziele wurden die nachstehenden<br />

Aufgabenfelder defi niert:<br />

– Fortführung des im Rahmen der Initiative<br />

Architektur und Baukultur angestoßenen<br />

bundesweiten öffentlichen<br />

Dialogs über Baukultur,<br />

– Zusammenarbeit mit den im baukulturellen<br />

Bereich vorhandenen regionalen,<br />

nationalen und internationalen Akteuren,<br />

– Herausstellung der Leistungen der<br />

deutschen Architekten und Ingenieure<br />

im Bereich des Bauwesens,<br />

– Erstellung von Analysen und Berichten<br />

zur Lage der Baukultur in Deutschland,<br />

um Entwicklungen und Handlungsbedarf<br />

in diesem Bereich aufzuzeigen.<br />

Im Dezember 2004 erfolgte der Kabinettsbeschluss<br />

zum Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Errichtung einer Bundesstiftung<br />

Baukultur. Aufgrund von Verzögerungen<br />

im Gesetzgebungsverfahren konnte der<br />

Deutsche Bundestag das Gesetz allerdings<br />

erst 2006 beschließen, in Kraft getreten<br />

ist es dann am 22. Dezember 2006.<br />

Nach Vorbereitungen durch den vorläufi -<br />

gen Stiftungsrat fand am 21. September<br />

2007 in Potsdam der zweite Konvent Baukultur<br />

statt, der gleichzeitig Gründungskonvent<br />

für die Stiftung war. Als Gremien<br />

sind der Vorstand, ein Stiftungsrat mit elf<br />

sowie ein Beirat mit 21 Mitgliedern eingerichtet<br />

worden. Dem Beirat kommt dabei<br />

insbesondere die Aufgabe zu, das Arbeitsprogramm<br />

der Stiftung aufzustellen;<br />

Präsident der Bundesstiftung ist Michael<br />

Braum. Der nächste Konvent Baukultur,<br />

der alle zwei Jahre tagen soll, ist für den<br />

16. und 17. April 2010 in Essen einberufen<br />

worden; hier soll auch der dritte Bericht<br />

zur Lage der Baukultur in Deutschland<br />

vorgestellt werden.<br />

Die Bauingenieure befi nden sich wegen<br />

der frühen Festlegung, dass im Konvent<br />

vor allem die Träger, Stifter und Bauherren<br />

bundesweit bedeutsamer Preise der<br />

letzten Jahre vertreten sein sollen, von<br />

Anfang an in einer ungünstigen Ausgangslage,<br />

da es im Ingenieurwesen im<br />

Vergleich zu den Bereichen Architektur<br />

und Stadtplanung relativ wenige Preise<br />

gibt. So sind denn die Ingenieure im<br />

Konvent Baukultur, gemessen an Anzahl<br />

und Umsatz ihrer Branche, deutlich<br />

unterrepräsentiert. Dies führt nicht nur<br />

dazu, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

entsprechend gering sind, sondern<br />

ebenso dazu, dass die Bereitschaft für ein<br />

Engagement in der Bundesstiftung bei<br />

vielen Ingenieuren nicht sonderlich groß<br />

ist. Es wäre wünschenswert, wenn diese<br />

Anfangsprobleme überwunden werden<br />

könnten, was aber ganz entscheidend<br />

auch vom Willen und dem verbesserten<br />

Zusammenwirken der in den Verbänden<br />

und Kammern organisierten Ingenieure<br />

abhängt.<br />

5 Zusammenfassung, Ausblick<br />

Rückblickend auf zehn Jahre »Initiative<br />

Architektur und Baukultur« kann ohne<br />

Frage festgestellt werden, dass sich diese<br />

Idee als großes Erfolgsmodell erwiesen<br />

und sie die Leistungen der Ingenieure und<br />

Architekten stärker in das Blickfeld der<br />

Öffentlichkeit gebracht hat. Zahlreiche<br />

Veranstaltungen zum Thema Baukultur<br />

sind durchgeführt und eine bemerkenswerte<br />

Reihe von Aktivitäten auf regionaler<br />

und überregionaler Ebene angestoßen<br />

worden. Günstig beeinfl usst wurde diese<br />

Entwicklung durch die rege Bautätigkeit<br />

infolge der gewaltigen Aufgaben nach der<br />

deutschen Einheit, wodurch gutes Gestalten<br />

nicht nur theoretische Befassung mit<br />

dem Thema blieb, sondern auch an vielen<br />

gelungenen Beispielen demonstriert<br />

werden konnte.<br />

Im Ingenieurbereich hat der Brückenbau<br />

daran einen erheblichen Anteil, da sich<br />

diese Bauwerke besonders gut in der<br />

Öffentlichkeit darstellen lassen. Es hat<br />

sich gezeigt, dass das Interesse bei den<br />

Bürgerinnen und Bürgern an solchen<br />

Bauwerken und damit an der Gestaltung<br />

ihrer Umwelt durchaus sehr groß ist und<br />

Angebote zur Information wie durch die<br />

Brückenbau- oder andere Ausstellungen<br />

im Rahmen der Initiative breiten Zuspruch<br />

fi nden.<br />

Dies sollte von den Ingenieuren noch stärker<br />

als bisher berücksichtigt werden, um<br />

den vielfach hervorragenden Leistungen<br />

in der Öffentlichkeit und den Medien den<br />

10


11<br />

nötigen Stellenwert zu verschaffen und<br />

damit diesen interessanten und kreativen<br />

Beruf auch für den Nachwuchs wieder<br />

attraktiver zu machen. Mit der Initiative<br />

Baukultur und jetzt der Stiftung Baukultur<br />

ist hierfür mit aktiver Unterstützung<br />

durch die Politik eine hervorragende Plattform<br />

geschaffen, die mit Engagement<br />

und Ideen genutzt werden sollte.<br />

Wie es künftig mit der »Initiative Architektur<br />

und Baukultur« nach der Errichtung<br />

der »Bundesstiftung Baukultur« weitergehen<br />

wird, ist zurzeit noch nicht ganz<br />

klar. Es bleibt auf jeden Fall zu wünschen,<br />

dass das Thema Baukultur auch in den<br />

nächsten Jahren von einer breiten Basis<br />

sowie durch eine große Anzahl von Aktivitäten<br />

mitgetragen wird und nicht im<br />

Interessen- oder Gremiengerangel der<br />

Beteiligten untergeht.<br />

Spannende Themenfelder zur Gestaltung<br />

unserer Umwelt gibt es genug, zumal sich<br />

in vielen Bereichen die Schwerpunkte des<br />

Planens und Bauens notwendigerweise<br />

mehr vom Neubau auf die Erhaltung und<br />

Modernisierung des Bestands verlagern<br />

werden. Dies sind ganz neue Herausforderungen,<br />

die nicht nur kreative Ideen,<br />

sondern zugleich ein fundiertes Fachwissen<br />

und die Bereitschaft zur interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit bedingen. Aber<br />

auch in diesem Bereich ist die Baukultur<br />

unteilbar, denn neben der Gestaltung<br />

von Neubauten ist vor allem der Umgang<br />

mit der vorhandenen Bausubstanz ein<br />

Spiegelbild der baukulturellen Gesinnung<br />

unserer Gesellschaft!<br />

Autor:<br />

Ministerialrat Dipl.-Ing. Joachim Naumann<br />

Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung,<br />

Bonn<br />

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BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Bogen, Wellen und Vouten<br />

Gestaltung und Struktur im Dialog<br />

� � � von Karl Kleinhanß<br />

Im Verlauf der Evolution haben sich<br />

für lastabtragende Komponenten in<br />

der Pfl anzen- und Tierwelt bestimmte<br />

Leitstrukturen durchgesetzt,<br />

die sich als besonders stabil und<br />

effi zient erwiesen haben. Darüber<br />

hinaus werden solche Grundformen<br />

naturgemäß als ästhetisch empfunden,<br />

da sie dem menschlichen<br />

Auge vertraut und verständlich sind.<br />

Nachdem sie sich als Vorbild für konstruktiv<br />

schlüssige und gut gestaltete<br />

Ingenieurbauwerke, vor allem<br />

für Brücken im Landschaftsraum,<br />

anbieten, wurden die hier vorgestellten<br />

aktuellen Bauwerksentwürfe der<br />

DEGES auch nach den Prinzipien der<br />

Bionik entwickelt, nicht zuletzt im<br />

Hinblick auf die angestrebte baukulturelle<br />

Qualität dieser den Standort<br />

nachhaltig aufwertenden Brücken.<br />

1 Formen und Strukturen<br />

Betrachtet man die Natur mit den Augen<br />

des Ingenieurs, so fi ndet man als tragende<br />

Strukturen immer wieder die Geometrie<br />

des Bogens, der Welle oder der Voute,<br />

also vorwiegend gerundete, organische<br />

Formen. Eher selten sind schnurgerade,<br />

eckige bzw. kantige oder prismatische<br />

Konturen, welche technisch-maschinell<br />

konzipierten Körpern eigen sind:<br />

– Der Bogen als offene Form steht geometrisch<br />

in Beziehung zum geschlossenen<br />

Kreis, dem in der Pfl anzenwelt<br />

dominierenden Querschnitt für Halme<br />

oder Stämme, also den zur vertikalen<br />

Lastabtragung dienenden Komponenten.<br />

– Die Wellenform als Aneinanderreihung<br />

gegensinnig verlaufender Bögen ist<br />

Sinnbild für das Auf und Ab lebendiger,<br />

dynamisch fortschreitender Strukturen,<br />

wie sie sich im Naturgeschehen<br />

bevorzugt entwickeln.<br />

– Die Voute beschreibt die Kontur von<br />

stetig veränderlichen Querschnitten,<br />

wie sie zu Ästen oder Flügeln, also zu<br />

Komponenten mit Kragfunktion passen.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Naturnahe Formen<br />

© DEGES GmbH<br />

Offensichtlich spiegeln sich in den Grundformen<br />

der Flora und Fauna die strukturellen<br />

Funktionen wider, ein Indiz für die<br />

naturgemäße Verknüpfung von Gestalt<br />

und Struktur, ein Axiom der Evolution.<br />

2 Natur und Technik<br />

Schon Karl Marx hat erkannt, dass die<br />

Dialektik der Entwicklung von »Produktionsinstrumenten<br />

in der Pfl anzen- und<br />

Tierwelt« auf Parallelen zwischen der<br />

»Technik der Natur« und der vom Menschen<br />

entwickelten Technik hinführt. Mit<br />

der systematischen Analyse der in Flora<br />

und Fauna als effi zient und leistungsfähig<br />

erwiesenen »natürlichen« Strukturen<br />

lassen sich, so der Ansatz der Bionik als<br />

Verbindung von Biologie und Technik, die<br />

Prinzipien der Natur auch für die Technik<br />

des Ingenieurbaus im Allgemeinen und<br />

des Brückenbaus im Besonderen nutzbar<br />

machen.<br />

Zunehmend beeinfl ussen sich gerade im<br />

Verkehrswegeplan Natur und Technik,<br />

nicht zuletzt bei den Wild- bzw. Grünbrücken<br />

zur Vernetzung von faunistischen<br />

Lebensräumen. Gerade bei diesen dem<br />

Naturschutz gewidmeten Ingenieurbauwerken<br />

bietet es sich an, auch in der<br />

strukturellen Formgebung sowie in dem<br />

gewählten »Bau-Material« von der Natur<br />

zu lernen: So entstand die zumindest<br />

deutschlandweit erste Grünbrücke in<br />

Holzbauweise im Zuge der B 96n bei<br />

Stralsund, welche die angestrebte Symbiose<br />

aus Funktion, Form und Material in<br />

idealer Weise verkörpert.<br />

3 Bionik und Nachhaltigkeit<br />

Gerade mit der Betonung des hochmodernen<br />

Leitbegriffs der Nachhaltigkeit<br />

treten die Prinzipien der Bionik zwangsläufi<br />

g in den Vordergrund der Entwurfsarbeit,<br />

denn es gilt:<br />

2 Nachhaltiges<br />

Brückenbauwerk<br />

© DEGES GmbH<br />

12


13<br />

Was sich im Evolutionsprozess der Natur<br />

durchgesetzt hat, kann auch im Wettbewerb<br />

der Technik bestehen.<br />

Nachhaltige Strukturen und Formen müssen<br />

sämtliche Qualitätsziele für die sechs<br />

hier formulierten Elemente erfüllen.<br />

– Die Technologie muss die Standsicherheit<br />

des Tragwerks für die volle erwartete<br />

Lebensdauer sicherstellen.<br />

– Die Funktionalität wird durch die<br />

Gebrauchsfähigkeit und die Betriebssicherheit<br />

des Bauwerks beschrieben.<br />

– Die Wirtschaftlichkeit ist für die Summe<br />

aus den Baukosten sowie den<br />

aufsaldierten Betriebskosten zu untersuchen.<br />

– Die Ökologie fordert im Abwägungsprozess<br />

zwischen dem Nutzen von<br />

Infrastrukturprojekten und den Eingriffen<br />

in den Naturhaushalt den Nachweis<br />

der Umweltverträglichkeit.<br />

– Dem Anspruch der Baukultur sollte,<br />

dem Standort und der Dimension der<br />

Bauwerke angemessen, die Gestaltung<br />

gerecht werden.<br />

– Die öffentliche Meinung, geprägt von<br />

der Gesamtheit der Nutzer und Betroffenen,<br />

wird letztlich über die Akzeptanz<br />

der Projekte befi nden.<br />

4 Brückenbau nach Vorbild<br />

Bestärkt durch die positive Resonanz auf<br />

die im Zuge der Ostseeautobahn A 20<br />

sowie des sogenannten Rügenzubringers<br />

erfolgreich umgesetzten Brückenentwürfe,<br />

unter anderem die Peenebrücke<br />

Jarmen (Best Practice im Naturschutz),<br />

die Grünbrücke Wilmshagen (Pilotprojekt<br />

für die Holzbauweise) sowie die Rügenbrücke<br />

Stralsund (Neues Wahrzeichen im<br />

Welterbe), werden die aktuellen Entwürfe<br />

verstärkt auf die Kriterien der Baukultur<br />

und der Nachhaltigkeit, nicht zuletzt auf<br />

eine Synthese aus Natur und Technik nach<br />

den Prinzipien der Bionik ausgerichtet.<br />

4 Bionische Prinzipien<br />

© DEGES GmbH<br />

3 Strukturen und Projekte<br />

© DEGES GmbH<br />

Die wird verdeutlicht an sechs ausgewählten<br />

Projekten des Jahres 2009,<br />

welche in der für die Bundesländer Sachsen-Anhalt,<br />

Brandenburg und Sachsen<br />

zuständigen Abteilung der DEGES im<br />

Bereich P 1 entwickelt wurden. Die beteiligten<br />

Ingenieurbüros sind in der bereits<br />

erwähnten Tabelle genannt, ebenso die<br />

Standorte, die Bauwerkslängen und der<br />

geplante Baubeginn.<br />

Jeweils zwei der Entwürfe sind in die Brückenfamilien<br />

der Bogen-, der Wellen- und<br />

der Voutenformen einzuordnen, wobei<br />

die Vorzugslösung jeweils für die Gesamtheit<br />

der am jeweiligen Brückenstandort<br />

entwurfsrelevanten Randbedingungen<br />

ausgewählt wird.<br />

5 Grünbrücke bei Thyrow<br />

Die Grünbrücke an der Bundesstraße<br />

B 101 zählt zur zweiten Generation der<br />

Holzbauweise auf der Grundlage des<br />

2004 fertiggestellten Pilotprojektes<br />

Wilmshagen. Die Konstruktion mit aneinandergereihten<br />

Dreigelenkbögen aus<br />

Brettschichtholzträgern wurde geringfügig<br />

modifi ziert, indem die Verbindung zur<br />

Beplankung lösbar ausgebildet wird. Dadurch<br />

können die Binder bei Bedarf »von<br />

5 Grünbrücke bei Thyrow<br />

© DEGES GmbH<br />

S Y M P O S I U M<br />

unten« ausgebaut und ersetzt werden,<br />

eine weitere Optimierung des nunmehr<br />

redundanten Tragwerks im Vergleich zur<br />

Stahlbetonbauweise.<br />

Die gestalterischen Elemente der Nachhaltigkeit<br />

werden weiter betont, indem<br />

die lichte Weite von ca. 47 m über den<br />

beiden Verkehrswegen durch zwei getrennte<br />

Bögen überspannt wird. Beide<br />

lagern auf einer aufgelösten Wandscheibe<br />

aus Stahlbeton, die zur Abrundung des<br />

Gesamtbildes in Analogie zur Bogenform<br />

des Überbaus wellenförmig aufgelöst<br />

wird.<br />

Insgesamt ordnet sich das Tragwerk<br />

harmonisch in das Landschaftsbild der<br />

begrünten und bepfl anzten Überschüttung<br />

ein, ergänzt durch die Linienführung<br />

der Verwallungen und der aufgesetzten<br />

Irritationsschutzwände.<br />

6 Fuß- und Radwegbrücke<br />

bei Michendorf<br />

An diesem stark frequentierten Autobahnabschnitt<br />

der A 10 unweit der Raststätte<br />

am Berliner Ring wurde bewusst<br />

die Chance ergriffen, mit einem konstruktiv<br />

und gestalterisch auffälligen, dennoch<br />

effi zienten und sogar vergleichweise<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

6 Fuß- und Radwegbrücke bei Michendorf<br />

© DEGES GmbH<br />

wirtschaftlichen Tragwerk ein ingenieurtechnisches<br />

Ausrufezeichen zu setzen:<br />

Die Skulptur wird täglich von mehr als<br />

100.000 Autofahrern auf ihrem Weg<br />

gekreuzt und mit Sicherheit als Orientierungshilfe<br />

und als Wegzeichen bewusst<br />

wahrgenommen.<br />

Die beiden orthogonal zur Fahrbahn angeordneten<br />

Parabelbögen bilden zusammen<br />

mit dem biegesteif angeschlossenen,<br />

exzentrisch aufgelagerten Steg eine<br />

räumliche semiintegrale Struktur, welche<br />

die Torsionssteifi gkeit des Stahlträgers<br />

ausnutzt und dadurch besonders leicht<br />

und schlank wirkt. Durch die geschickte<br />

Ausnutzung der vorgegebenen Geometrie<br />

erleben auch die Fußgänger und<br />

Radfahrer die Konstruktion, indem sie die<br />

schräggestellten Bögen durchwandern.<br />

Es kann erwartet werden, dass dieses<br />

Bauwerk, das im Laufe seiner Standzeit<br />

von sage und schreibe fünf Milliarden<br />

Menschen auf ihrer Fahrt erlebt wird,<br />

dem ansonsten technisch geprägten Streckenabschnitt<br />

einen besonderen Charakter<br />

verleihen einen Beitrag zur Baukultur<br />

leisten wird.<br />

7 Elbebrücke bei Wittenberge<br />

Die neue und mit ca. 1.100 m längste<br />

DEGES-Brücke im Zuge der Bundesautobahn<br />

A 14 verläuft parallel zur bestehenden<br />

Elbequerung der B 189 und<br />

stellt hohe Ansprüche an den Entwurf<br />

wegen der Komplexität der naturschutzfachlichen<br />

und städtebaulichen<br />

Randbedingungen. Deshalb wurde die<br />

Vorzugslösung über einen Realisierungswettbewerb<br />

gefunden, den die DEGES als<br />

Auslober Anfang 2008 durchführte.<br />

Der Siegerentwurf des Büros Leonhardt,<br />

Andrä und Partner, Dresden, basiert auf<br />

einer »Wellenstruktur« mit einem ent-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

sprechend geformten Hauptträger aus<br />

Stahl, der zwischen den zwei Fahrbahnträgern<br />

angeordnet ist und seine maximale<br />

Höhe über den beiden Strompfeilern<br />

erreicht. Wie das Preisgericht feststellte,<br />

fügt sich diese elegante und schlanke<br />

Konstruktion wie selbstverständlich in die<br />

großartige Elbelandschaft ein. Weitere<br />

Nachhaltigkeitskriterien werden durch<br />

die landschaftsschonende Bautechnologie<br />

des Einschubs erfüllt.<br />

Die prägende Wellenform der Hauptträger<br />

wird in der nächsten Entwurfsphase<br />

konsequent auf die schwingenartig auskragenden<br />

Querträger, auf den Überbau<br />

der Vorlandbrücke und die Pfeiler der<br />

Unterbauten übertragen, um so die Harmonie<br />

der Proportionen in allen Sichtbeziehungen<br />

zu erreichen.<br />

8 Fuß- und Radwegbrücke Flöha<br />

Auch dieses ca. 110 m lange Bauwerk wird<br />

der geometrisch-strukturellen Naturform<br />

einer Welle nachgebildet, ausgehend<br />

von der S-förmigen Trassierung, welche<br />

in sanftem Schwung die Ortsumgehung<br />

Flöha der B 173 und die parallel geführte<br />

Bahnlinie überquert.<br />

7 Elbebrücke bei Wittenberge<br />

© DEGES GmbH<br />

8 Fuß- und Radwegbrücke in Flöha<br />

© DEGES GmbH<br />

Da an dem nur gering frequentierten und<br />

städtebaulich nicht gerade exponierten<br />

Standort keine dominante Gestaltung<br />

angezeigt war, wurde mit der »sanften<br />

Welle« die angemessene Struktur des<br />

Haupttragwerkes gewählt. Der Überbau<br />

besteht aus einem dreizelligen Stahlkasten,<br />

wobei der im Grundrissbogen<br />

außenliegende Querschnitt bis auf Geländerhöhe<br />

voutenförmig aufgestockt<br />

wird und damit in Verbindung mit dem<br />

torsionssteif angebundenen Gehwegdeckträger<br />

eine ausreichende Biegesteifi<br />

gkeit erzeugt.<br />

9 Talbrücke bei Gottleuba<br />

Die 921 m lange, sich in 55 m Höhe über<br />

das Gottleubatal schwingende Talbrücke<br />

an der B 172 ist ein Musterbeispiel für die<br />

landschaftlich-städtebauliche Optimierung<br />

des Gesamtbauwerkes, ausgehend<br />

von der Gestaltungsvision der Schwingen<br />

in Voutenform.<br />

Dabei besitzen die Vouten neben der ästhetisch<br />

ansprechenden Form auch eine<br />

effi ziente Struktur, da sie ausreichende<br />

Steifi gkeit mit wirtschaftlichem Aufwand<br />

erzeugen.<br />

Das Konzept beschreibt der Gewinner<br />

des 2007 durchgeführten Entwurfswettbewerbs,<br />

das Büro Schüßler-Plan,<br />

Berlin, mit den Worten: »Der Überbau<br />

wird als schlanke, parallelgurtige Stahlverbundkonstruktion<br />

ausgebildet, die im<br />

Bereich der Talpfeiler durch Betonvouten<br />

verstärkt wird. Die Herstellung erfolgt<br />

unter Schonung der Hangbereiche mittels<br />

Längsverschub ohne Hilfsstützen.<br />

Die gevoutete Balkenbrücke stellt in ihrer<br />

14


15<br />

Ausstrahlung eine adäquate Lösung für<br />

den vorhandenen Landschaftsraum dar.<br />

Die vertikal gegliederten Pfeiler mit ihren<br />

im Talbereich vorhandenen Vouten bilden<br />

gestalterisch eine fast organische Struktur,<br />

die in ihrer Leichtigkeit den Überbau<br />

trägt. Der Material- und Farbwechsel<br />

zwischen Pfeiler und Überbau unterstreicht<br />

diese Ausdrucksform und verleiht<br />

dem Bauwerk eine große gestalterische<br />

Klarheit.«<br />

10 Spreebrücke in Bautzen<br />

© DEGES GmbH<br />

Das ursprünglich auf die Haupttragebene<br />

beschränkte strukturelle Konzept wird in<br />

der weiteren Entwurfsbearbeitung aus<br />

konstruktiven und gestalterischen Motiven<br />

auch auf die Querschnittkontur übertragen,<br />

indem die zunächst vorgesehenen<br />

Schrägstreben durch »schwingenförmig«<br />

gevoutete Konsol- bzw. Kragträger ersetzt<br />

werden.<br />

10 Spreebrücke in Bautzen<br />

Bei dieser 125 m langen Brücke an der<br />

B 96, bereits der 20. Spreequerung in<br />

Bautzen, rechtfertigt der Standort besondere<br />

gestalterische Anstrengungen, da<br />

sie eine von Fußgängern und Radfahrern<br />

häufi g genutzte Promenade überquert.<br />

Deshalb wird hier dem Blick von unten,<br />

aus der Perspektive der Fußgänger, auf<br />

den Pfeilerkopf und die Untersicht des<br />

Überbaus mit den Lagern größtes Augenmerk<br />

gewidmet. Der mitwirkende Architekt<br />

André Keipke aus Rostock erläutert<br />

das Konzept folgendermaßen:<br />

– Die Aufgabe der architektonischen<br />

Gestaltung des neuen Brückenbauwerkes<br />

über die Spree besteht darin,<br />

das Bauwerk zurückhaltend, jedoch<br />

angemessen in die auenartige Landschaft<br />

unter besonderer Beachtung der<br />

Sichtbeziehungen von den ufernahen<br />

Fußgängerwegen bzw. der nahen Fußgängerbrücke<br />

einzupassen.<br />

– Das strukturelle Konzept basiert auf<br />

der Ausformung eines Fünffeldbauwerkes<br />

als zweistegiger Plattenbalken<br />

mit Vouten. Die zur Anwendung kommenden<br />

organischen Formen sind eine<br />

Reminiszenz an die Landschaftsform.<br />

9 Talbrücke bei Gottleuba<br />

© DEGES GmbH<br />

» MIT INTELLIGENZ «<br />

INTELLIGENTE<br />

BRÜCKENLÖSUNGEN<br />

Weitere Informationen unter www.cpbau.de.<br />

S Y M P O S I U M<br />

Die architektonische Idee wird konsequent<br />

umgesetzt, beginnend bei den<br />

ovalen, sich nach oben verbreiternden<br />

Doppelstützen der Ausformung der<br />

gevouteten Balken mit harmonischem<br />

Übergang zu den Auskragungen im<br />

Querschnitt und der leicht gerundeten<br />

Kappenausbildung. Die leicht grüne<br />

Farbe der Verglasung der Spritzschutzwandelemente<br />

schafft ebenfalls einen<br />

harmonischen Übergang zur Natur.<br />

Sein Kommentar unterstreicht die gemeinsam<br />

vom Bauherrn DEGES und<br />

den beteiligten Ingenieuren verfolgte<br />

Vision einer baukulturell hochwertigen,<br />

konstruktiv ausgefeilten und dennoch<br />

wirtschaftlichen Lösung. Schon 2012<br />

wird sich zeigen, ob die neue Spreebrücke<br />

durch die Bürger der Stadt Bautzen die<br />

angestrebte Akzeptanz erfährt.<br />

Autor:<br />

Dr.-Ing. Karl Kleinhanß<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

Leistungsstarke Überbrückungen<br />

Schnell und kurze Verkehrsunterbrechungen, da vorgefertigt<br />

Individuelle Lösungen durch langjährige Erfahrung<br />

C + P Brückenbau GmbH & Co. KG | 35719 Angelburg<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Neues Gestaltungskonzept für die Bundesautobahn A 14<br />

Ideen- und Realisierungswettbewerbe in Brandenburg<br />

� � � von Winfried Glitsch, Thomas Kupferschmid<br />

1 2 3 Entwurf der Saalequerung Salzmünde<br />

© DEGES GmbH<br />

In den letzten Jahren wurden bei<br />

der DEGES drei Realisierungswettbewerbe<br />

auf der Grundlage der<br />

GRW 95 (Grundsätze und Richtlinien<br />

für Wettbewerbe der Raumordnung,<br />

des Städtebaus und des Bauwesens)<br />

sowie ein vereinfachter Realisierungswettbewerb<br />

durchgeführt, um<br />

die jeweils beste Entwurfslösung<br />

für ein Ingenieurbauwerk zu fi nden.<br />

Neben diesen Verfahren wurde 2009<br />

erstmals auch ein Ideenwettbewerb<br />

für die streckenbezogene Gestaltung<br />

der Ingenieurbauwerke für einen<br />

längeren Autobahnabschnitt ausgelobt,<br />

der hier detailliert beschrieben<br />

wird.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Einleitung<br />

Die Aufgabe bei den insgesamt vier bisher<br />

ausgelobten Realisierungswettbewerben<br />

bestand jeweils darin, für besonders<br />

exponierte Bauwerke mit außergewöhnlichen<br />

Randbedingungen eine optimale<br />

Entwurfslösung zu fi nden, die den<br />

unterschiedlichen Anforderungen an<br />

die Gestaltung, Funktionalität, Umweltverträglichkeit,<br />

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

gerecht wird. Die Ergebnisse<br />

dieser Verfahren sind vielversprechend<br />

und zeichnen sich durch eine hohe gestal-<br />

4 Talbrücke St. Kilian<br />

© DEGES GmbH<br />

terische Qualität aus. Für folgende Bauwerke<br />

wurden Realisierungswettbewerbe<br />

durchgeführt, deren Siegerentwürfe hier<br />

in Bildern dargestellt sind:<br />

– Saalequerung Salzmünde im Zuge<br />

der A 143<br />

– Talbrücke St. Kilian im Zuge der<br />

A 73 bei Schleusingen<br />

(vereinfachter Wettbewerb),<br />

– Talbrücke Gottleuba im Zuge<br />

der B 172, Ortsumgehung Pirna,<br />

– Elbebrücke Wittenberge im Zuge<br />

der A 14.<br />

Neben diesen Realisierungswettbewerben<br />

wurde auch erstmals im Jahr 2009<br />

bei der DEGES ein Ideenwettbewerb für<br />

die streckenbezogene Gestaltung der<br />

Ingenieurbauwerke für einen längeren<br />

Autobahnabschnitt durchgeführt.<br />

Gestaltungskonzepte für Streckenabschnitte<br />

sind nicht neu. Für fast alle<br />

Autobahnstrecken, die von der DEGES<br />

realisiert wurden, hat man Gestaltungskonzepte<br />

erstellt, die als Grundlage für<br />

die Gestaltung der Verkehrsanlage und<br />

insbesondere der Bauwerke bei der Entwurfsbearbeitung<br />

und der baulichen<br />

Umsetzung dienten. Dabei wurde das Ziel<br />

verfolgt, dem neuen Autobahnabschnitt<br />

Merkmale zu geben, die eine typische<br />

16


17<br />

Charakteristik mit einem Bezug zum<br />

Landschaftsbild und der Umgebung<br />

erkennen lassen.<br />

Das Neue beim Gestaltungskonzept für<br />

den 32 km langen Teilabschnitt der Bundesautobahn<br />

BAB A 14 in Brandenburg<br />

war, dass erstmals hierfür ein Ideenwettbewerb<br />

und dieser nach der neuen RPW<br />

2008 (Richtlinie für Planungswettbewerbe)<br />

ausgelobt wurde. Dadurch hatte<br />

ein Preisgericht die Möglichkeit, aus<br />

alternativen streckenbezogenen Gestaltungskonzepten<br />

die insgesamt am besten<br />

geeignete Lösung auszuwählen.<br />

2 Durchführung des Ideenwettbewerbs<br />

Das Verfahren wurde nach den Grundsätzen<br />

der RPW 2008 durchgeführt. Um den<br />

Teilnehmern die Gelegenheit zu geben,<br />

ihre Beiträge selbst vorzustellen und die<br />

Gestaltungsideen in einem Kurzreferat<br />

verbal zu untersetzen, wurde aber abweichend<br />

von der RPW die Anonymität<br />

aufgehoben.<br />

Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden<br />

nach vorlaufender Präqualifi kation in<br />

einem nichtoffenen Verfahren fünf Arbeitsgemeinschaften,<br />

bestehend aus Architekten<br />

und Ingenieuren, aufgefordert.<br />

Folgende Kriterien waren bei der Beurteilung<br />

der Arbeiten durch das Preisgericht<br />

maßgebend:<br />

9 Übersicht A 14<br />

© DEGES GmbH<br />

5 6 Entwurf der<br />

Talbrücke Gottleuba<br />

© DEGES GmbH<br />

S Y M P O S I U M<br />

7 8 Entwurf der<br />

Elbebrücke Wittenberge<br />

© DEGES GmbH<br />

– Gestaltung und Einfügung in die<br />

Landschaft,<br />

– statisch-konstruktive Konzeption,<br />

Ausführbarkeit und Bauzeit,<br />

– Umweltverträglichkeit im Bau-<br />

und Endzustand,<br />

– Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit<br />

in Herstellung und Unterhaltung,<br />

– Umsetzung der funktionalen<br />

Anforderungen.<br />

3 Wettbewerbsaufgabe<br />

Die geplante Baumaßnahme ist Bestandteil<br />

des Neubaus der BAB A 14 Magdeburg–Wittenberge–Schwerin,<br />

die in den<br />

Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg<br />

und Mecklenburg-Vorpommern verläuft.<br />

Die Gesamtlänge im Land Brandenburg<br />

beträgt 32,10 km, sie enthält drei<br />

Anschlussstellen sowie eine Tank- und<br />

Rastanlage. Es ist ein Regelquerschnitt<br />

RQ 28 nach RAA (Richtlinie für die Anlage<br />

von Autobahnen) vorgesehen. Aufgrund<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

des ebenen Geländes und zahlreicher<br />

Kreuzungen mit Gräben verläuft die A 14<br />

im Land Brandenburg in großen Teilen in<br />

Dammlage. Nach aktuellem Planungsstand<br />

befi nden sich in diesem Streckenabschnitt<br />

rund 160 Bauwerke, davon<br />

allein 110 Schutzwände.<br />

Es handelt sich im Einzelnen um folgende<br />

Bauwerke:<br />

– 7 Überführungsbauwerke für Straßen,<br />

– 23 Autobahnbauwerke < 100 m,<br />

– 2 Autobahnbauwerke > 100 m,<br />

– 4 Nebenbauwerke (Bauwerke im<br />

Zuge der B 189 bzw. L 13n),<br />

– 4 Grünbrücken (Querungshilfe für<br />

Tiere und zur Vernetzung von<br />

Lebens räumen ≥ 50 m),<br />

– 7 Grünspangen (Wirtschaftsweg mit<br />

beidseitigen Leitstrukturen ≥ 20 m),<br />

– 5 Lärmschutzwände (4–6 m Höhe),<br />

– 110 Schutzwände: Irritationsschutzwände<br />

(Höhe 2 m), Kollisionsschutzwände<br />

(Höhe 4 m) und Überfl ugschutzhilfen<br />

(Höhe 4 m).<br />

Die Gesamtlänge der Lärm-, Überfl ug-,<br />

Stütz- und Irritationsschutzwände beträgt<br />

über 9.700 m.<br />

Die Überführungsbauwerke sowie Grünbrücken<br />

und Grünspangen sollen ohne<br />

Mittel stützen konzipiert werden. Da das<br />

Bauwerk 16 Ü 2, die Überführung der<br />

L 12 beim Bahnhof Dergenthin, als vorgezogene<br />

Maßnahme realisiert werden<br />

soll, wurde mit der Entwurfsbearbeitung<br />

dieser Brücke bereits begonnen. Vorgesehen<br />

ist ein Rahmenbauwerk mit einer<br />

Riegellänge von ca. 36 m, dessen Stiele<br />

eine Neigung von ca. 66° haben. Dieses<br />

Bauwerk ist in das Gestaltungskonzept zu<br />

integrieren.<br />

4 Wettbewerbsergebnisse<br />

4.1 Verfahrensdauer<br />

Die Durchführung des Wettbewerbs ging<br />

sehr zügig vonstatten: Vom Zeitpunkt der<br />

Bekanntmachung bis zur Preisgerichtssitzung<br />

dauerte es nur drei Monate.<br />

In der Preisgerichtssitzung im November<br />

2009 wurden die Arbeiten von den<br />

Wettbewerbs teilnehmern in Kurzpräsentationen<br />

vorgestellt. Nachfolgend<br />

werden die drei erstplatzierten Entwürfe<br />

erläutert.<br />

4.2 Erster Preis<br />

Architekt André Keipke, Rostock, schlägt<br />

vor, die Überführungsbauwerke als Rahmenbauwerke<br />

mit konstruktiver und<br />

gestalterischer Abstufung entsprechend<br />

der Wertigkeit der Nutzung auszuführen.<br />

Um die besondere Nutzung wahrnehmbar<br />

zu machen, werden die Grünbrücken<br />

und Grünspangen, soweit möglich, als<br />

Holzbrücken konzipiert.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

10 Bauwerk 16 Ü 2, Überführung der L 12<br />

© DEGES GmbH<br />

11 12 13 14 Erster Preis: Architekt André Keipke<br />

© DEGES GmbH<br />

18


19<br />

Die horizontale Gliederung der Lärmschutzwände<br />

wird durch Material- und<br />

Farbwechsel gestaltet und dem Naturraum<br />

angepasst. Es kommen hochabsorbierende<br />

Holzbetonelemente in<br />

abgestuften Sandtönen, kombiniert mit<br />

unterschiedlichen Grüntönen im oberen<br />

Bereich, zum Einsatz. Die Lärmschutzwände<br />

verschwenken im Abschnitt der<br />

Überführungsbauwerke nach hinten, um<br />

die Rahmenkonstruktionen sichtbar zu<br />

machen.<br />

4.3 Zweiter Preis<br />

Für die Ingenieurbauwerke haben Prof.<br />

Bernhard Winking Architekten BDA, Berlin,<br />

eine eigene, wiedererkennbare skulpturale<br />

Gestaltung entwickelt, die in ihrer<br />

Form technologischen Fortschritt und<br />

regionale Verbundenheit zum Ausdruck<br />

bringt. Die Materialwahl ist modern, aber<br />

auch archaisch schlicht. Die Flügelwände<br />

aus Beton sind auf der Einfahrtseite »eingeklappt«.<br />

Das führt zu einer Asymmetrie,<br />

die den Fahrenden quasi durch das<br />

Bauwerk hindurchgeleitet.<br />

Die verschiedenen Wände und Geländer<br />

werden mit modernen Materialien gestaltet.<br />

Es werden in unterschiedlichen<br />

Ausformungen Streckmetall und Streckgitter,<br />

das durchweg aluminiumfarben<br />

beschichtet ist, eingesetzt. An den Enden<br />

der Schutzwände sind zudem plastisch<br />

ausgeformte Schutzwandpfeiler aus<br />

Stahlbetonfertigteilen vorgesehen.<br />

19 20 21 22 Dritter Preis: A-Konzept 21 mit Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />

© DEGES GmbH<br />

15 16 17 18 Zweiter Preis: Prof. Bernhard Winking Architekten BDA<br />

© DEGES GmbH<br />

4.4 Dritter Preis<br />

A-Konzept 21, Mühltal, mit Ingenieurbüro<br />

Grassl GmbH, Berlin, haben für die rahmenartigen<br />

Überführungsbauwerke eine<br />

Brückenfamilie mit prägnanter Formensprache<br />

konzipiert. Die Widerlagerfl ügel<br />

der Hauptbrücken werden mit ortstypischen,<br />

unterschiedlich stark gebrannten<br />

Klinkern verkleidet, die der übrigen Brücken<br />

durch horizontale Betonschalung<br />

in der durchgängigen Modulhöhe von<br />

33 cm ausgeführt. Dieses einheitliche<br />

Modulhöhenmaß fi ndet sich auch in den<br />

Lärm- und Irritationsschutzwänden als<br />

S Y M P O S I U M<br />

farbig dynamisches »Ortsfenster« wieder.<br />

Als Grundfarbe für die Wände wird Silbergrau<br />

gewählt: Mit wenigen Farbspiegeln<br />

der jeweiligen Umgebung (»Ortsfenster«)<br />

beginnen die Streckenbereiche und<br />

verdichten sich zur Bauwerksmitte hin<br />

nach einer der Umgebung angepassten<br />

Farbsymbolik.<br />

5 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Ideenwettbewerbe eignen sich<br />

grundsätzlich für streckenbezogene<br />

Gestaltungs konzepte. Sie sollten aber<br />

frühzeitig durchgeführt werden, um<br />

ausreichende Einfl uss- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

zu gewährleisten. Die<br />

personellen, zeitlichen und terminlichen<br />

Aufwendungen hierfür halten sich in<br />

Grenzen. In jedem Fall steht der Aufwand<br />

in einem angemessenen Verhältnis zur<br />

verkehrlichen und baukulturellen Bedeutung<br />

der Verkehrsanlage und fördert<br />

die Akzeptanz und Identifi kation mit der<br />

geplanten Baumaßnahme.<br />

Die Gestaltung und Einfügung der zahlreichen<br />

unterschiedlichen Wände in die<br />

Verkehrsanlage konnten die Erwartungen<br />

des Preisgerichts bei diesem Wettbewerb<br />

jedoch nicht in vollem Umfang erfüllen.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Winfried Glitsch<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kupferschmid<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Symbiose aus Denkmal und Neubau<br />

»Ergänzung« der Waschmühltalbrücke<br />

� � � von Richard Lutz, Volkhard Angelmaier<br />

Die Bundesautobahn A 6 zwischen<br />

Mannheim und Saarbrücken ist eine<br />

großräumige und leistungsfähige<br />

Ost-West-Verbindung zwischen<br />

dem Ballungsgebiet Ludwigshafen-<br />

Mannheim und dem Saarland bzw.<br />

Frankreich. Im Raum Kaiserslautern<br />

steht aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit<br />

der Bauwerke und wegen<br />

des bislang nur vierstreifi gen Querschnittes<br />

der Ausbau der A 6 an.<br />

Dabei muss zwischen der Anschlussstelle<br />

Kaiserslautern-West und dem<br />

Autobahndreieck Kaiserslautern die<br />

unter Mitwirkung des Architekten<br />

Paul Bonatz zwischen 1935 und<br />

1937 errichtete und seit 1984 Denkmalschutz<br />

genießende Waschmühltalbrücke<br />

verbreitert und instandgesetzt<br />

werden.<br />

1 Historisches Bauwerk<br />

Das Bauwerk, das heute noch fast im Originalzustand<br />

erhalten ist, besticht durch<br />

seine äußere Erscheinung, durch die Verwendung<br />

des landschaftstypischen Sandsteines<br />

und durch gute Proportionen: Die<br />

Waschmühltalbrücke gilt als eine gelungene<br />

Synthese aus Ingenieurleistung,<br />

Architektur und Landschaftsgestaltung.<br />

Sie überführt die vierstreifi ge Autobahn<br />

in einer Höhe von 32 m über das steil<br />

eingeschnittene Tal, ihre Gesamtlänge<br />

beträgt 263,40 m, die Öffnungen der zehn<br />

Bogenreihen weisen eine lichte Weite<br />

von 19,70 m auf, der Achsabstand misst<br />

22,70 m.<br />

3 Waschmühltalbrücke im Jahr 2007<br />

© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Sechsstreifi ger Ausbau der BAB A 6<br />

© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

2 Waschmühltalbrücke im Jahr 1937<br />

© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

Nach 70 Jahren Lebensdauer ist nunmehr<br />

neben dem sechsstreifi gen Ausbau der<br />

Bundesautobahn BAB A 6 auch eine<br />

Generalinstandsetzung des Bauwerkes<br />

erforderlich. Im Zuge einer umfangreichen<br />

Studie wurden mehrere Varianten<br />

zu seiner Verbreiterung untersucht.<br />

Als Vorzugslösung kristallisierte sich<br />

heraus, eine durchgehende Fahrbahnplatte<br />

über den beiden bestehenden<br />

Bogenreihen anzuordnen und ein neues<br />

Bauwerk parallel zur alten Brücke für die<br />

Gegenfahrbahn zu errichten.<br />

2 Wettbewerb<br />

2.1 Allgemeines<br />

Die Gestaltung von Brücken hat immer<br />

schon eine entscheidende Rolle als Beitrag<br />

zur allgemeinen Baukultur gespielt.<br />

Viele alte Steinbrücken sind heute noch<br />

hervorragende Zeugnisse früherer Baukunst<br />

und prägen in vielen Fällen ganz<br />

entscheidend das Orts- und Landschaftsbild.<br />

Aufgrund der besonderen Situation und<br />

der Bedeutung der von Paul Bonatz entworfenen<br />

Waschmühltalbrücke wurde<br />

deshalb ein Einladungswettbewerb zur<br />

Formfi ndung der neuen Brücke ausgelobt.<br />

Bei der weiteren Planung musste<br />

also großes Augenmerk darauf gerichtet<br />

werden, dieses Zeugnis trotz veränderter<br />

Anforderungen zu erhalten und daneben<br />

gleichzeitig ein neues Ingenieurbauwerk<br />

mit eigener Identität zu schaffen, das sich<br />

sowohl in den Landschaftsraum einfügt<br />

als auch das passende Pedant zum Baudenkmal<br />

Waschmühltalbrücke bildet.<br />

2.2 Grundlagen<br />

Um die Vergleichbarkeit der einzelnen<br />

Wettbewerbsarbeiten sicherzustellen,<br />

wurden vom Auslober verbindliche Planungsvorgaben<br />

formuliert, die in jedem<br />

Fall einzuhalten waren.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass im auszubauenden<br />

Abschnitt neben der Waschmühltalbrücke<br />

auch die Lautertalbrücke<br />

4 Längsschnitt und Grundriss des Bestandsbauwerks<br />

© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

20


21<br />

neu zu errichten war, musste die neue<br />

Trasse der BAB A 6 auf einer Länge von<br />

2.260 m verschoben werden: Im Bereich<br />

der Lautertalbrücke wurde sie nach Süden<br />

verschoben, zwischen Lautertalbrücke<br />

und Waschmühltalbrücke erfolgt eine<br />

Verschwenkung der Fahrbahn nach Norden,<br />

so dass für die Fahrtrichtung Mannheim–Saarbrücken<br />

ein separates Bauwerk<br />

nördlich der vorhandenen Brücke<br />

benötigt wird. Die neue Brücke ist in einer<br />

Geraden trassiert und hat einen lichten<br />

Abstand zum bestehenden Bauwerk von<br />

3 m. Die Gradiente steigt auf der gesamten<br />

Länge mit 3,744 %, die Brückenbreite<br />

des Neubaus beträgt 18,25 m, die<br />

Querneigung konstant 2,50 %.<br />

2.3 Ergebnisse<br />

2.3.1 Beurteilungskriterien<br />

Die Auswahl der Ingenieurbüros bzw. Ingenieurgemeinschaften<br />

wurde in Abstimmung<br />

mit dem Bundesministerium für<br />

Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem<br />

Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

und der Stadt Kaiserslautern auf Grundlage<br />

bekannter Referenzen getroffen. Nach<br />

dieser Präqualifi zierung wurden sechs<br />

Arbeitsgemeinschaften aus Bauingenieuren<br />

und Architekten eingeladen, die Wettbewerbsaufgaben<br />

zu bearbeiten.<br />

Das Preisgericht trat am 27. September<br />

2006 unter Vorsitz von Ministerialrat<br />

Joachim Naumann zusammen und beurteilte<br />

die vorliegenden Arbeiten nach<br />

folgenden Kriterien:<br />

– Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit<br />

in Herstellung und Unterhaltung sowie<br />

Wartungsfreundlichkeit<br />

– Denkmalschutz bzw. Denkmalpfl ege<br />

hinsichtlich des angemessenen Umgangs<br />

mit dem vorhandenen Bau und<br />

der Beachtung der Qualität und Gestaltung<br />

der Brücke von Paul Bonatz<br />

– statisch-konstruktive Konzeption<br />

6 Dritter Preis: Fotomontage<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

5 Wettbewerbsvorgabe alt–neu<br />

© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />

– Umweltverträglichkeit<br />

– Gestaltung und Einfügung in die Landschaft<br />

– Umsetzung der funktionalen Anforderungen<br />

Im Einzelnen wurden sechs Vorschläge<br />

unterschiedlicher Konstruktion und Gestaltung<br />

eingereicht; die drei Rangbesten<br />

waren:<br />

2.3.2 Dritter Preis<br />

Das Konzept von schlaich bergermann<br />

partner, Beratende Ingenieure im Bauwesen,<br />

Stuttgart, mit Wittfoht Architekten,<br />

Stuttgart, basiert auf dem gestalterischen<br />

Wechselspiel zwischen Alt und<br />

Neu, Ruhe und Dynamik. Daher wurde für<br />

die neue Brücke eine sehr schlanke Konstruktion<br />

gewählt, welche die schlichte<br />

Eleganz des Bonatz-Bauwerks aufgreift<br />

und in der heutigen Formensprache<br />

nachzeichnet: Die klare, stromlinienförmige<br />

Gestalt des Altbaus wird auf den<br />

Neubau übertragen. Die Ausrundungen<br />

in den Übergängen zwischen Stützen und<br />

Brückendeck sind statisch sinnvoll und<br />

wecken Assoziationen zu den bestehen-<br />

7 Dritter Preis: Details<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

S Y M P O S I U M<br />

den Bögen. Und sie unterstreichen die<br />

monolithische Konstruktion der neuen<br />

Brücke als integrales, optisch fugenloses<br />

System aus einem Guss. Jeder Versuch,<br />

sich der vorhandenen Brücke in Material,<br />

Abmessungen, Oberfl äche oder Massivität<br />

gestalterisch weiter zu nähern, würde<br />

den Wert und die Eigenständigkeit dieses<br />

erstrangigen verkehrsgeschichtlichen<br />

Denkmals schmälern.<br />

Wegen der geringen Spannweiten von<br />

maximal 22,70 m ist keine Vorspannung<br />

erforderlich, die schlaff bewehrte Massivplatte<br />

mit 80 cm Bauhöhe ist robust und<br />

wartungsfreundlich. Die Brückenpfeiler<br />

sind schlanke Stahlbetonscheiben, die<br />

sich im Querschnitt zum Gabelungspunkt<br />

der Y-Stützen hin verjüngen und im Abstand<br />

von 22,70 m jeweils direkt neben<br />

den Pfeilern der alten Bogenbrücke angeordnet<br />

werden.<br />

2.3.3 Zweiter Preis<br />

Der Entwurf von Krebs und Kiefer, Beratende<br />

Ingenieure, Darmstadt, mit Dipl.-<br />

Ing. Carlo Groß, Architekt, Münster, sieht<br />

ein großes Feld über drei Bögen im Bereich<br />

der überführten Kreisstraße vor. Dies hat<br />

zur Folge, dass eine Symmetrie zur Unterführung<br />

der Straße mit der alten und der<br />

neuen Brücke entsteht und das vorhandene,<br />

denkmalgeschützte Bauwerk betont<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

8 Zweiter Preis: Fotomontage<br />

© Krebs und Kiefer<br />

wird.<br />

Aus der Stützweite von 68,10 m resultiert<br />

eine große Transparenz, die das<br />

Denkmal weitestgehend unberührt zur<br />

Geltung kommen lässt. Jene Transparenz<br />

wird noch zusätzlich unterstützt,<br />

da der zweistegige Überbau nicht von<br />

zwei Einzelpfeilern, sondern von einer<br />

Unterstützung aus vier Ästen, die in<br />

Längs- und Querrichtung zu einem Pfeiler<br />

zusammenlaufen, getragen wird. Als<br />

Y-Stütze stellt sie in ihrer baumartigen<br />

Grundform die Beziehung zu den benachbarten<br />

Waldhängen dar und gliedert sich<br />

schlicht in die Umgebung ein.<br />

Der Überbau wird als zweistegiger gevouteter<br />

Plattenbalken ausgebildet. Seine<br />

Abmessungen orientieren sich nach der<br />

Unterkante der Scheitelpunkte der vorhandenen<br />

Bögen, um ein Einschneiden<br />

in diese zu vermeiden. Der zweistegige<br />

Plattenbalken lehnt sich mit seiner Form<br />

an die Zweiteilung der alten Brücke an.<br />

Der Überbau ist als Spannbetonkonstruktion<br />

mit einer in Querrichtung schlaff<br />

bewehrten Stahlbetonfahrbahnplatte<br />

konzipiert.<br />

2.3.4 Siegerentwurf<br />

Der Siegerentwurf, im folgenden Kapitel<br />

näher erläutert, wurde von den Büros<br />

Leonhardt, Andrä und Partner in Zusammenarbeit<br />

mit AV1 Architekten erstellt<br />

und vom Preisgericht so beurteilt: »Der<br />

Entwurf setzt sich in Form und Konstruktion<br />

von der bestehenden historischen<br />

Bogenbrücke deutlich ab. Er greift aber<br />

gleichzeitig die Gliederung des vorhandenen<br />

Bauwerkes auf und unterstreicht dessen<br />

Rhythmus und Gestaltung. Durch die<br />

geringe Zahl der Stützen und den durch<br />

die Überspannung schlanken Überbau<br />

wird ein weitgehend unverstellter Blick<br />

auf das bestehende Bauwerk ermöglicht.<br />

Der Entwurf setzt sich insgesamt positiv<br />

von den anderen eingereichten Entwür-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

fen ab. Da einerseits die Anpassung an<br />

das vorhandene Bauwerk in herausragender<br />

Weise gelungen ist und andererseits<br />

das neue Bauwerk eine eigenständige<br />

markante Konstruktion moderner Bauweise<br />

darstellt. Als einzige Lösung bietet<br />

der Entwurf durch die Pylone und Seilabspannungen<br />

auch dem Benutzer der<br />

Autobahn ein Erlebnis und hat Wiedererkennungswert.<br />

10 Variantenuntersuchung<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />

9 Erster Preis:<br />

Visualisierung<br />

© Leonhardt,<br />

Andrä und Partner/<br />

AV 1 Architekten<br />

3 Bauwerksentwurf<br />

3.1 Vorüberlegungen<br />

Im Mittelpunkt des Entwurfsprozesses<br />

stand die Auseinandersetzung mit der<br />

existierenden Waschmühltalbrücke unter<br />

dem primären Wettbewerbsaspekt eines<br />

angemessenen Umgangs mit dem vorhandenen<br />

Bauwerk und der Beachtung<br />

von Qualität und Gestaltung der Brücke<br />

von Paul Bonatz.<br />

22


23<br />

11 Arbeitsmodelle<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />

Im Rahmen einer breit angelegten Variantenuntersuchung<br />

sollten in einem ersten<br />

Schritt Grundsatzfragen wie<br />

− oben- oder untenliegendes Tragwerk,<br />

− Materialwahl sowie<br />

− Stützenstellungen und Spannweiten<br />

geklärt werden.<br />

Neben Handskizzen wurden in dieser<br />

frühen Phase auch bereits räumliche Darstellungen<br />

für die Entscheidungsfi ndung<br />

herangezogen.<br />

Unter Abwägung sämtlicher Vor- und<br />

Nachteile der einzelnen Varianten kam<br />

das Entwurfsteam einvernehmlich zu<br />

der Entscheidung, eine Lösung mit obenliegendem<br />

Tragwerk weiterzuverfolgen,<br />

was nicht zuletzt durch entsprechende<br />

Arbeitsmodelle untermauert und bekräftigt<br />

wurde.<br />

3.2 Vorzugslösung<br />

Mit der gewählten Vorzugslösung konnte<br />

das übergeordnete Ziel der Entwurfsverfasser,<br />

ein Ingenieurbauwerk mit eigener<br />

Identität zu schaffen, welches sich sowohl<br />

in den Landschaftsraum einfügt als auch<br />

das passende Pendant zur Waschmühltalbrücke<br />

bildet, am besten umgesetzt<br />

werden: Indem die neue Brücke jeweils<br />

drei Bogenachsen überspannt und dazwischen<br />

auf Pfeiler, die nur stören würden,<br />

verzichtet, gewährleistet sie im Wesentlichen<br />

die ungestörte Wahrnehmung des<br />

denkmalgeschützten Bestandes.<br />

12 Ansichten Nord und Süd<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />

13 Längsschnitt und Grundriss des Neubaus<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />

Um die größeren Spannweiten überbrücken<br />

zu können, wurde als statisches<br />

System der »überspannte Durchlaufträger«<br />

gewählt, der durch seinen über dem<br />

Pfeiler angeordneten Mast und den fl ach<br />

ausgeführten Zuggliedern eine schlanke<br />

Ausbildung des Überbaus ermöglicht.<br />

Dessen Unterkante befi ndet sich somit<br />

oberhalb des Scheitels der alten Bogenreihen<br />

– und die Ansicht der Bonatz-Brücke<br />

bleibt völlig ungestört. Dieser Eindruck<br />

wird durch die sehr schlanken Einzelstützen<br />

noch verstärkt.<br />

Derart entsteht insgesamt ein fi ligranes<br />

und modernes Bauwerk, das sich bei<br />

allem nötigen Respekt vor der alten Brücke<br />

zum einen durch eine sehr sachliche<br />

und schlicht elegante Zurückhaltung<br />

auszeichnet, gleichzeitig aber auch ein<br />

hohes Maß an eigenständiger Integrität<br />

aufweist.<br />

S Y M P O S I U M<br />

3.3 Tragkonstruktion<br />

Das Hauptmerkmal des vorliegenden<br />

Entwurfes ist seine, bis auf die Widerlagerbereiche,<br />

lagerlose Bauweise. Die<br />

Vorteile dieser auch als »integrale Brücken«<br />

bezeichneten Bauwerke liegen<br />

hauptsächlich in ihrer großen Robustheit<br />

(Dauerhaftigkeit, Unterhaltung, Tragsicherheit,<br />

Redundanz) und den neuen<br />

Möglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung<br />

und des Entwurfes.<br />

Bei dem für den Überbau angewendeten<br />

Tragprinzip handelt es sich um einen<br />

»überspannten Durchlaufträger« mit<br />

Spannweiten von 45,05 m, 2 × 68,10 m,<br />

45,55 m, einen biegesteifen Haupt- und<br />

Versteifungsträger aufweisend, der im<br />

Bereich der Aufl agerachsen eine zusätzliche<br />

Überspannung aus Stahlzuggliedern<br />

und einem Stützenmast erhält.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Die beiden Hauptträger als dichtgeschweißte<br />

Hohlkästen bestehen ebenso<br />

wie die Stahlkonstruktion des Mastes<br />

aus Baustahl der Güte S 355. Als Zugglieder<br />

fi nden Parallellitzenbündel aus<br />

St 1570/1770 Anwendung, die an ihrem<br />

oberen Ende an dem Stützenmast fest<br />

und am unteren Ende an den Hauptträgern<br />

nachspannbar verankert sind.<br />

In Querrichtung werden in einem Abstand<br />

von 3,24 m Querträger (S 355)<br />

vorgesehen, auf denen eine 35 cm dicke<br />

Ortbeton-Fahrbahnplatte aufl iegt, die<br />

im Verbund mitwirkt. Die Untersicht des<br />

Überbaus wird also hauptsächlich durch<br />

die kassettenförmige Ausbildung dieses<br />

Trägerrostes aus Stahllängs- und -querträgern<br />

bestimmt.<br />

3.4 Pfeiler mit Mast<br />

Die Stahlbetonstützen bilden sowohl in<br />

Längs- als auch in Querrichtung zusammen<br />

mit dem Überbau einen biegesteifen<br />

Rahmen. Auf Lager kann somit verzichtet<br />

werden. Durch die biegesteife Verbindung<br />

wird zudem eine Reduzierung ihrer Knicklänge<br />

erreicht, was eine entsprechend<br />

schlanke Formgebung zulässt.<br />

Die unterhalb des Überbaus aus Stahlbeton<br />

ausgeführten Stützen werden oberhalb<br />

des Überbaus als stählerne Maste<br />

fortgesetzt. Durch diese Materialtrennung<br />

wird die Funktionsweise des ȟberspannten<br />

Durchlaufträgers« deutlich,<br />

die auf einem biegesteif durchlaufenden<br />

Hauptträger beruht, der durch Zugglieder<br />

aus Stahl, die an dem Stützenmast verankert<br />

sind, zusätzlich unterstützt und<br />

gehalten wird. Konsequent wird diese Ein-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

14 Untersicht<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />

heit aus Hauptträger, Mast und Seilen aus<br />

demselben Material (Stahl) gefertigt.<br />

Der Mast besteht aus zwei versteiften<br />

Blechen, die sich in der Ansicht in ihrer<br />

Dimension nach unten verjüngen. Die aus<br />

der Überspannung resultierenden Kräfte<br />

werden direkt in die beiden Bleche abgeleitet,<br />

die zur Stabilitätssicherheit und<br />

zur besseren Krafteinleitung in den Beton<br />

zusätzliche Beulsteifen benötigen. Diese<br />

Versteifungsbleche werden bewusst nach<br />

außen gelegt, was ebenfalls deutlich die<br />

Transparenz der Tragwirkung erhöht und<br />

die Oberfl ächen in der Ansicht vorteilhaft<br />

gliedert.<br />

Die Stützen weisen in Querrichtung einen<br />

konstanten Querschnitt von 1,60 m<br />

auf, während der Querschnitt in Längsrichtung<br />

variabel ist – orientiert an der<br />

vorhandenen Waschmühltalbrücke, die<br />

im oberen Bereich ebenfalls konstant ist<br />

und nach unten hin in ihrer Dimension<br />

zunimmt.<br />

3.5 Dauerhaftigkeit und Robustheit<br />

Die Betonfahrbahnplatte wirkt nur in<br />

Brückenquerrichtung als Verbundplatte.<br />

Sie kann damit sehr einfach ohne Zusatzmaßnahmen<br />

und Risiken hinsichtlich der<br />

Bauwerksgeometrie ersetzt werden.<br />

Die Stahlkonstruktion der Haupt- und<br />

Querträger lässt sich durch Verstärkungen<br />

mittels Laschen völlig unproblematisch<br />

geänderten Erfordernissen in<br />

Zukunft anpassen.<br />

Die Abspannkabel werden mit größeren<br />

Ankern ausgebildet, um ihre Verstärkung<br />

durch zusätzliche Litzen zu ermöglichen.<br />

Die Lastfälle Kabelbruch und Kabeltausch<br />

werden analog zu Schrägseilbrücken<br />

berücksichtigt.<br />

15 Mastdetail<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner/<br />

AV 1 Architekten<br />

Einen hinsichtlich nachträglicher Verstärkung<br />

etwas komplexeren Punkt stellt der<br />

Übergang vom Überbau zu den Stützen<br />

dar. Hier wird eine Überbemessung durch<br />

die Ausbildung zusätzlicher Betondübel<br />

neben den planmäßig vorgesehenen<br />

Kopfbolzendübeln vorgenommen, um<br />

das Ertüchtigungspotential des Bauwerks<br />

über die derzeitigen Lastannahmen hinaus<br />

zu gewährleisten.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Das Gestalten von Brücken im Sinne eines<br />

Beitrages zur Baukultur hat im Denken<br />

und Handeln der verantwortlichen Bauherren<br />

schon immer eine große Rolle<br />

gespielt. Dieses Ziel auf dem Weg eines<br />

interdisziplinären Gestaltungswettbewerbes<br />

anzustreben ist Ausdruck eines<br />

hohen Verantwortungsbewusstseins des<br />

Auslobers.<br />

Im vorliegenden Verfahren wurde eine<br />

Entwurfslösung mit dem ersten Preis ausgezeichnet,<br />

die eine Auseinandersetzung<br />

mit dem vorhandenen Baudenkmal auf<br />

»Augenhöhe« gesucht hat. Die harmonische<br />

Symbiose wurde nicht auf dem Weg<br />

einer Unterordnung, sondern vielmehr im<br />

Sinne einer der Baukultur verpfl ichtenden<br />

gemeinsamen inneren Haltung erreicht.<br />

Bei aller Gegensätzlichkeit in der Gestaltung<br />

und der Tragwerksform ergibt sich<br />

im Resultat ein hohes Maß an sich ergänzendem<br />

Gleichklang.<br />

24


S Y M P O S I U M<br />

Voruntersuchungen und Entwurfsplanung<br />

Neubau der Elbebrücke Schönebeck<br />

� � � von Wolfgang Eilzer, Markus Morawietz<br />

Im Zuge der Ortsumgehung Schönebeck<br />

der Bundesstraße B 246a<br />

wird der Neubau einer Brücke über<br />

die Elbe erforderlich. Kernstück<br />

dieser neuen Elbquerung ist eine<br />

einhüftige Schrägseilbrücke mit<br />

einer Hauptspannweite von 185 m,<br />

mit deren Errichtung im März 2010<br />

begonnen werden soll. Nachfolgend<br />

werden die entsprechenden Entwurfsüberlegungen<br />

und die gewählte<br />

Vorzugslösung erläutert.<br />

1 Allgemeines<br />

Die neue Elbebrücke Schönebeck ist<br />

der wichtigste Teil der Ortsumgehung<br />

der B 246a, die aus insgesamt drei Planungs-<br />

bzw. Bauabschnitten besteht; der<br />

Brückenneubau erfolgt dabei im dritten<br />

Planungsabschnitt.<br />

2 Historische Brücke<br />

© Landeshauptstadt Magdeburg<br />

Mit der Fertigstellung der Ortsumgehung<br />

wird die Schönebecker Innenstadt vom<br />

stark angestiegenen Durchgangsverkehr<br />

entlastet. Gleichzeitig wird eine neue<br />

leistungsfähige Verbindung zwischen der<br />

Bundesautobahn BAB A 14 Halle–Magdeburg<br />

und den ostelbischen Gebieten<br />

geschaffen.<br />

Die Bundesstraße verläuft heute noch direkt<br />

durch das Zentrum Schönebecks und<br />

überquert die Elbe auf der seit 1912 existierenden<br />

Stadtbrücke, die ursprünglich<br />

als eine den Strom frei überspannende<br />

Bogenstruktur mit einer Spannweite von<br />

134 m errichtet wurde. Der 23 m hohe,<br />

mit seiner schlanken Fahrbahn in sich<br />

selbst verankerte, fachwerkförmige<br />

Zweigelenkbogen aus Stahl stellte damals<br />

das die Stadtansicht prägende Ingenieurbauwerk<br />

dar. Für den sich ostelbisch<br />

anschließenden Vorlandbereich wurde<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Übersichtskarte<br />

© VIP Ingenieurgesellschaft mbH<br />

3 Bestehendes Bauwerk<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

eine über zehn Felder durchlaufende,<br />

untenliegende Fachwerkkonstruktion mit<br />

Spannweiten von 34–56 m ausgeführt.<br />

Zusammen mit der westlich vorgelagerten<br />

Flutbrücke ergab sich ein insgesamt<br />

585 m langer Brückenzug.<br />

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde<br />

der Bogen gesprengt, so dass die Elbquerung<br />

in den Nachkriegsjahren wie vor<br />

1912 mit einer Fähre erfolgen musste.<br />

Erst im Mai 1952 konnte die Stromöffnung<br />

mit einer zweifeldrigen, obenliegenden<br />

Fachwerkkonstruktion mit den<br />

Spannweiten von 73 m und 61 m wieder<br />

geschlossen werden. Der hierfür mitten<br />

im Strom errichtete Pfeiler stellt seitdem<br />

eine Behinderung für die Schifffahrt dar,<br />

die Flutbrücke wurde außerdem durch<br />

eine zweifeldrige Stahlbetonkonstruktion<br />

mit 2 × 13 m ersetzt.<br />

Nach umfangreichen Voruntersuchungen<br />

wurde für das neue Bauwerk ein zwischen<br />

den Elbdeichen insgesamt 1.128,50 m<br />

langer Brückenzug gewählt. Die Trasse<br />

verläuft, von Südosten kommend, in einem<br />

Radius von 340 m über das südliche<br />

Vorland, geht in eine 520 m lange Gerade<br />

über und quert den Elbestrom nahezu<br />

rechtwinklig. Anschließend passiert sie<br />

das nördliche Vorland in einem weiteren<br />

Bogen mit einem Radius von 340 m und<br />

biegt dann nach Nordosten ab.<br />

2 Voruntersuchungen<br />

Ziel der im November 2007 begonnenen<br />

Entwurfsplanung war es, im Hinblick auf<br />

die exponierte Lage des Bauwerks geeignete<br />

Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen,<br />

so dass sich die neue Stromquerung harmonisch<br />

in die vorhandene Elblandschaft<br />

einpasst, sich wirtschaftlich herstellen<br />

26


27<br />

4 Vorzugslösung der Studie<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

und unterhalten lässt und den umweltschutzrechtlichen<br />

Belangen angemessen<br />

Rechnung trägt. Besonderes Augenmerk<br />

wurde so auf die gestalterisch ansprechende<br />

Wirkung in der umgebenden<br />

Stadt-Fluss-Landschaft, die am südlichen<br />

Elbufer durch die Silhouette der Schönebecker<br />

Altstadt und stromauf durch<br />

elbnahe Auwälder bestimmt wird, gelegt.<br />

Das nördliche Ufer wird hingegen durch<br />

seine freie, unverbaute Elbwiese mit<br />

einzelnen Baum- und Buschgruppen und<br />

einer dahinter angrenzenden dichteren<br />

Bewaldung geprägt.<br />

Im Ergebnis der Wertung kristallisierte<br />

sich die einhüftige Schrägseilbrücke mit<br />

einem über 185 m spannenden Stromfeld<br />

als Vorzugslösung heraus. Im Zuge<br />

der Vorplanung erfolgten dann für die<br />

in ihren wesentlichen Parametern feststehende<br />

Vorzugslösung umfangreiche<br />

Variantenuntersuchungen zu den wichtigen<br />

Detailpunkten wie<br />

– Anordnung und System der Seile,<br />

– Überbauquerschnitt Vorlandbrücke<br />

und Strombrücke,<br />

– Pylonform,<br />

– Pfeilerform,<br />

– Lagerschema.<br />

6 Vorlandpfeiler<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

5 Ansicht und Grundriss<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

3 Bauwerksentwurf<br />

3.1 Allgemeines<br />

Der gesamte Brückenzug besteht aus der<br />

309 m langen südlichen Vorlandbrücke,<br />

der 489 m langen Strombrücke zur Querung<br />

der Elbe und der 330,50 m langen<br />

nördlichen Vorlandbrücke; die Gesamtlänge<br />

beträgt somit 1.128,50 m.<br />

3.2 Unterbauten<br />

Beide Widerlager werden als begehbare,<br />

kastenförmige Baukörper ausgebildet,<br />

die Flügel sind 1 m dick. Zur Reduzierung<br />

der Bauteilabmessungen und aus gestalterischen<br />

Gründen wird die ebenfalls 1 m<br />

dicke Widerlagerwand mit einer Pfeilervorlage<br />

versehen, um ausreichend Platz<br />

für die Brückenlager und die Pressenstellplätze<br />

zu schaffen.<br />

Die Vorlandpfeiler erhalten einen elliptischen,<br />

hydraulisch günstigen Querschnitt,<br />

wobei der Schaft für die Aufnahme<br />

der Lager und Pressen noch mit einer<br />

leichten kapitelförmigen Aufweitung<br />

versehen wurde. Die beiden Trennpfeiler<br />

in den Achsen 90 und 180 sind in Abstimmung<br />

mit der Gestaltung der Vorlandpfeiler<br />

für ihre spezielle Funktion an<br />

den Trennstellen der Überbauabschnitte<br />

kelchförmig konzipiert.<br />

7 Trennpfeiler<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

S Y M P O S I U M<br />

3.3 Pylon<br />

Die Gestaltung des Pylonen als der zukünftigen<br />

Dominante im umgebenden<br />

Landschaftsraum ist für das Bauwerk von<br />

besonderer Bedeutung.<br />

Für die frei in der Landschaft stehende<br />

Brücke mit ihrem schmalen Verkehrsweg<br />

stellt sich hier der klassische A-Pylon als<br />

am geeignetsten dar: Seine Form spiegelt<br />

den direkten Kraftfl uss vom Pylonkopf<br />

bis in die Gründung wider, und die Lasten<br />

können auf eine möglichst große Fläche<br />

verteilt werden. Die Gesamthöhe des<br />

Pylonen wird aus Rücksicht auf die umgebende<br />

Landschaft etwas niedriger als<br />

das statische Optimum von 85 m geplant.<br />

Um die Pylonschäfte nicht zu steif wirken<br />

zu lassen, werden diese mit einer leichten<br />

Ausrundung belebt. Der Pylonkopf ist<br />

durch die sichtbare Gestaltung seiner<br />

tragenden Elemente Stahl und Beton<br />

wirkungsvoll gegliedert.<br />

Der A-Pylon der Strombrücke wird im<br />

unteren Bereich bis zum Verschmelzungspunkt<br />

seiner Schäfte als reine Stahlbetonkonstruktion<br />

ausgeführt. Für seinen Kopf<br />

ist hingegen, um die Querschnittsabmessungen<br />

zu begrenzen und eine einfache<br />

Verankerung der Seile zu ermöglichen, ein<br />

aus einem inneren Stahlhohlkasten und<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

8 Pylon<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

beiderseitigen Betonfl anken bestehender<br />

Verbundquerschnitt vorgesehen. Die Gesamthöhe<br />

des Pylonen beträgt 73 m über<br />

dem Gelände, wobei sich die maximale<br />

Spreizung der Schäfte über dem Fundament<br />

zu 23 m ergibt. Der Querriegel zur<br />

Stützung des Überbaus wird in 8 m Höhe<br />

über dem Gelände angeordnet.<br />

Der in Brückenlängstragrichtung auch auf<br />

Biegung beanspruchte Pylon wird über<br />

seine gesamte Höhe mit einer konstanten<br />

Konstruktionsdicke von 3,50 m ausgeführt.<br />

In Brückenquerrichtung werden<br />

die Pylonschäfte 2,50 m breit ausgebildet<br />

und mit einer leichten Krümmung mit<br />

10 Ansicht und Grundriss der Vorlandbrücke Süd<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

11 Ansicht und Grundriss der Vorlandbrücke Nord<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

R = 500 m versehen, welche dann bis in<br />

den Pylonkopf hinein fortgesetzt wird.<br />

Der untere Teil der Schäfte wird bis auf die<br />

Höhe des Querriegels als Vollquerschnitt<br />

hergestellt. Über dem Riegel werden die<br />

Schäfte als begehbare Hohlquerschnitte<br />

mit einer Wandstärke von 50 cm realisiert.<br />

Ab einer Höhe von 45 m über dem Gelände<br />

erfolgt dann die Verschmelzung der<br />

Pylonschäfte zum Verbundquerschnitt<br />

des Pylonkopfes, wobei der Stahlkern mit<br />

seiner konstanten Breite von 2 m über<br />

die gesamte Kopfhöhe als Gestaltungselement<br />

sichtbar durchgezogen werden<br />

soll. Die Gesamtbreite des Pylonkopfes<br />

12 Regelquerschnitt der Vorlandbrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

9 Pylonkopf<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

ergibt sich so im Verschmelzungspunkt<br />

zu 6,50 m und verjüngt sich mit der Ausrundung<br />

der Flanken bis zur Pylonspitze<br />

hin auf 3,60 m.<br />

Der Verbundquerschnitt besteht aus dem<br />

konstant 2,00 m × 3,20 m messenden<br />

inneren Stahlhohlkasten und den diesen<br />

beidseitig fl ankierenden und aussteifenden<br />

1,60–0,80 m dicken Betongurten. Die<br />

Brechung der Außenkanten der Schäfte<br />

wird in den Betongurten konsequent bis<br />

zur Pylonspitze hin fortgesetzt.<br />

3.4 Überbau Vorlandbrücken<br />

Die die Stromquerung fl ankierenden<br />

Vorlandbereiche werden mit schlanken<br />

Spannbetonüberbauten ausgeführt.<br />

Für die bis zu 44 m spannenden Felder<br />

wurde hier ein wirtschaftlicher Mittelträgerquerschnitt<br />

mit 1,80 m Bauhöhe<br />

(Schlankheit L/H ≤ 24,40) und weit<br />

auskragenden Kragarmen gewählt. Die<br />

Vorteile des Querschnitts bestehen in der<br />

einfachen Schalung und den geringen<br />

erforderlichen Pfeilerbreiten.<br />

Die Vorlandbrücke Süd wird über acht<br />

Felder mit Spannweiten von 32 m, 44 m,<br />

34 m, 39 m, 42 m, 42 m und 32,25 m, die<br />

Vorlandbrücke Nord mit Spannweiten<br />

von 34,25 m, 6 × 43 m und 36,25 m geführt.<br />

28


29<br />

Der insgesamt 11,47 m breite Überbauquerschnitt<br />

erhält eine obere Stegbreite<br />

von 5,77 m, an die sich beidseitig 2,85 m<br />

lange Kragarme anschließen. Mit der<br />

Neigung der Stegaußenseiten in einem<br />

Verhältnis von 1:2,10 entsteht an der<br />

Stegunterseite eine statisch günstige<br />

Breite von 4,50 m.<br />

3.5 Strombrücke<br />

3.5.1 Tragsystem<br />

Die Strombrücke verläuft über acht Felder<br />

mit den Spannweiten von 32,25 m,<br />

4 × 37,50 m und 3 × 40 m, um dann mit<br />

183,50 m im neunten Feld die Elbe zu<br />

überqueren.<br />

Das Tragsystem der eigentlichen Schrägseilbrücke<br />

besteht aus dem Stromfeld,<br />

drei Seitenfeldern, dem Pylonen und den<br />

Schrägseilen, wobei die Seitenfelder hier<br />

mit den Vorlandfeldern monolithisch<br />

verbunden werden.<br />

Das Längenverhältnis von Stromfeld zu<br />

Seitenfeldern beträgt 185 m zu 120 m<br />

(3 × 40 m) = 1,54, womit zur Herstellung<br />

des statischen Gleichgewichtes und zur<br />

Vermeidung abhebender Lagerkräfte das<br />

Stromfeld leichter als die Seitenfelder<br />

ausgebildet werden muss; eine Rückhängung<br />

des Systems in den Seitenfeldern<br />

über Zuglager bis in die Gründung würde<br />

hier zu einer unverhältnismäßig aufwendigen<br />

Konstruktion führen.<br />

Somit wurde für das Stromfeld ein leichter<br />

Stahlverbundquerschnitt gewählt,<br />

wohingegen die Seitenfelder einen möglichst<br />

schweren Spannbetonmassivquerschnitt<br />

erhalten. Durch die monolithische<br />

Verbindung mit der Vorlandbrücke kann<br />

dabei zusätzlich auch noch das Nachbarfeld<br />

als Gegengewicht mit aktiviert<br />

werden.<br />

13 Ansicht und Grundriss der Strombrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

14 Querschnitt der Strombrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

15 Querschnitt an der Seilverankerung<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

3.5.2 Stromfeld<br />

Der Verbundquerschnitt des Stromfeldes<br />

setzt sich aus dem 1,70 m hohen luftdicht<br />

verschweißten Stahlhohlkasten und der<br />

11,47 m breiten, 30 cm dicken Fahrbahnplatte<br />

zusammen. Durch die Wahl des<br />

torsionssteifen Hohlkastenquerschnitts<br />

wird hier für den Überbau eine sehr hohe<br />

aeroelastische Stabilität erreicht. Die<br />

Stege des Hohlkastens werden, wie die<br />

der Vorlandbrücken und Seitenfelder, im<br />

Verhältnis 1:2,10 geneigt. Die Breite des<br />

Hohlkastens misst in Abstimmung auf<br />

den Querschnitt der Seitenfelder oben<br />

7,80 m und an der Unterseite 6,20 m. Zur<br />

Profi laussteifung des Hohlkastens werden<br />

alle 3,70 m Querschotte vorgesehen,<br />

welche in ihrer Mitte eine Durchstiegs-<br />

S Y M P O S I U M<br />

öffnung erhalten. Nach außen wird der<br />

Hohlkasten in den Schottachsen beidseitig<br />

mit 1,83 m langen gevouteten Kragarmen<br />

versehen, die als Aufl ager für die<br />

auskragende Fahrbahnplatte dienen.<br />

Für die Verankerung der Seile und die<br />

Aufnahme der sich aus dem Abstand zu<br />

den Hohlkastenstegen ergebenen großen<br />

Querbiegemomente werden spezielle,<br />

im Winkel der Seilneigung liegende Seilquerträger<br />

konstruiert. Sie bestehen im<br />

äußeren Bereich aus geschlossenen zweistegigen<br />

Stahlkonsolen, die innerhalb des<br />

Hohlkastens über ein Zugband und die<br />

als Druckgurt dienende Verbundplatte<br />

gekoppelt werden. Die dazwischen angeordneten<br />

Fachwerkdiagonalen gewährleisten<br />

die Aussteifung des Querschnitts<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

16 Geplantes Bauwerk<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

bei ungleichmäßigen Seilkräften, welche<br />

insbesondere aus dem Seilausbau oder<br />

einem Seilausfall resultieren.<br />

3.5.3 Vorland- und Seitenfelder<br />

Die Vorlandfelder werden analog zu den<br />

Vorlandbrücken mit einem schlanken<br />

Mittelträgerquerschnitt in Spannbetonbauweise<br />

ausgeführt.<br />

Die Felder 1–4 erhalten dabei den gleichen<br />

Querschnitt, der dann im fünften<br />

Feld durch die kontinuierliche Vergrößerung<br />

der Stegbreite und der Bauhöhe auf<br />

2,00 m zu dem für die Seitenfelder benötigten<br />

schweren Querschnitt aufgeweitet<br />

wird. Für den Übergang zum Stromfeld<br />

wird der massive Querschnitt der Seitenfelder<br />

um 7,60 m über die Lagerachse<br />

des Pylonen geführt und dann mit dem<br />

leichten Stahlverbundquerschnitt monolithisch<br />

verbunden.<br />

Die Verankerung der Seile ist in den Seitenfeldern<br />

im äußeren Bereich analog zu<br />

der des Stromfeldes mit geschlossenen<br />

zweistegigen Stahlkonsolen und Ankerrohren<br />

geplant.<br />

3.6 Schrägkabel<br />

Die Anordnung der Schrägkabel ist für ein<br />

wirtschaftliches Schrägseilsystem von<br />

entscheidender Bedeutung. So wurden<br />

hier in der Entwurfsplanung mehrere<br />

Varianten untersucht, wobei sich für<br />

das Stromfeld die Anordnung von neun<br />

Seilpaaren in Abständen von 18,50 m als<br />

Vorzugslösung herausstellte. Für den Be-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

reich der Seitenfelder wurde für die neun<br />

Seilpaare eine statisch sehr effektive,<br />

gestraffte Seilanordnung gefunden: Die<br />

Seile werden zum Ende des Schrägseilsystems<br />

hin mit den Abständen von 3 ×<br />

16 m, 2 × 13 m, 3 × 12 m und 10 m verdichtet.<br />

Am Pylonkopf sind die Abstände<br />

der Seilverankerungen unter Beachtung<br />

ausreichender Platzverhältnisse für die<br />

Konstruktion und zur Inspektion mit<br />

2,00 m geplant.<br />

Die Schrägkabel werden aus siebendrahtigen<br />

Spannstahllitzen, welche in einem<br />

gemeinsamen äußeren PE-Hüllrohr parallel<br />

eingezogen und geführt werden, hergestellt.<br />

Die Verankerung der Seile erfolgt<br />

durch das Verkeilen der einzelnen Litzen<br />

in einem Ankerblock, über den die Spannkraft<br />

dann auf die Ankerplatte abgesetzt<br />

wird. Vor dem Übergang in das PE-Hüllrohr<br />

werden die Seillitzen durch eine<br />

spezielle in einem Führungsrohr elastisch<br />

gehaltene Lagerungsvorrichtung gebündelt<br />

und gedämpft. Mit diesen an allen<br />

Seilaustritten konzipierten Führungsvorrichtungen<br />

wird die infolge von Überbauverformungen<br />

und Seilschwingungen an<br />

den Verankerungspunkten in den Seilen<br />

auftretende Biegung stark reduziert. Im<br />

Pylonkopf werden die Seile mit Festankern<br />

verankert. Das Spannen der Litzen ist<br />

für die Brücke ausschließlich von den am<br />

Überbau anzubringenden Spannankern<br />

aus vorgesehen.<br />

Zur Sicherstellung der aeroelastischen<br />

Stabilität wurden umfangreiche Windkanalversuche<br />

an einem Teilmodell des<br />

Überbaus mit den geplanten Vogelschutzwänden<br />

durchgeführt und die<br />

aerodynamischen Kraftbeiwerte, die<br />

aeroelastischen Koeffi zienten für Instabilitäten<br />

und die Parameter für wirbelerregte<br />

Querschwingungen bestimmt.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />

Dipl.-Ing. Markus Morawietz<br />

Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt,<br />

Niederlassung Mitte, Magdeburg<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Auftragsverwaltung:<br />

Straßenbauverwaltung des Landes<br />

Sachsen-Anhalt, Landesbetrieb Bau,<br />

Niederlassung Mitte, Magdeburg<br />

Vor- und Entwurfsplanung, Ausschreibung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />

Dr. Löber Ingenieurgesellschaft für<br />

Verkehrswesen mbH, Halle<br />

Verkehrsplanung<br />

VIP Ingenieurgesellschaft mbH, Magdeburg<br />

Bauausführung<br />

Hermann Kirchner Hoch- und<br />

Ingenieurbau GmbH, Bad Hersfeld<br />

Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />

30


31<br />

Erneuerung von schiffstoßgefährdeten Mainbrücken<br />

Vier bayerische Public-Private-Partnership-Projekte<br />

� � � von Karl Goj<br />

Rund 330 km der schiffbaren Strecke<br />

des Mains liegen in Bayern, den in<br />

diesem Abschnitt nicht weniger als<br />

83 Brückenbauwerke queren. Viele<br />

von ihnen sind in einem schlechten<br />

Zustand bzw. genügen den heutigen<br />

Verkehrsanforderungen nicht mehr<br />

und müssen saniert oder erneuert<br />

werden. Die Realisierung von vier<br />

Maßnahmen als sogenannte PPP-<br />

Projekte ist in ein wesentlicher<br />

Schritt zur Verbesserung der Situation.<br />

1 Allgemeines<br />

1.1 Bedeutende Bundeswasserstraße<br />

Der Main ist eine bedeutende Bundeswasserstraße<br />

und Teil eines transeuropäischen<br />

Binnenwasserstraßennetzes. Ab<br />

Bamberg ist er auf einer Länge von rund<br />

400 km schiffbar und seit 1992 über den<br />

Main-Donau-Kanal mit der Donau verbunden.<br />

Von der Mainmündung bis Würzburg<br />

ist der Main bereits entsprechend der<br />

europäischen Wasserstraßenklasse Vb<br />

ausgebaut. Dies bedeutet, dass er für<br />

Schiffe mit einer Länge von 185 m und<br />

einer Breite bis zu 11,45 m befahrbar<br />

ist. Der weitere Ausbau unterstrom von<br />

Würzburg schreitet voran.<br />

Im Ausbaubaubereich wird die Fahrrinne<br />

von 2,50 m auf 2,90 m vertieft und von<br />

36 m auf 40 m verbreitert. Die Mainschiffe<br />

werden nämlich nicht nur länger und<br />

breiter, sie werden auch immer schwerer.<br />

3 Schiffsverkehr auf dem Main<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

1 Mainausbau<br />

© Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />

2 Fahrrinnenvergrößerung<br />

© Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />

Entsprechend größere Stoßkräfte wirken<br />

bei einer Kollision auf die Brückenpfeiler<br />

und den Überbau ein.<br />

Kritisch sind vor allem die teilweise recht<br />

engen Kurven des Mains, in denen trotz<br />

Fahrrinnenaufweitung das Risiko des<br />

Abdriftens und damit der Kollision mit<br />

4 Schaden aus Schiffstoß<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

S Y M P O S I U M<br />

Brücken besonders hoch ist. Mehrfache<br />

Anprallschäden zum Beispiel an der<br />

Mainbrücke Segnitz belegen die Notwendigkeit<br />

zum Handeln.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

1.2 Mainbrücken<br />

Etwa 330 km der schiffbaren Strecke des<br />

Mains liegen in Bayern. In diesem Abschnitt<br />

kreuzen den Main nicht weniger<br />

als 83 Brückenbauwerke, 45 davon befi<br />

nden sich in der Baulast des Freistaates<br />

Bayern bzw. des Bundes.<br />

Die meisten Mainquerungen entstanden<br />

zwischen 1960 und 1980 in der Zeit<br />

des rasanten Wirtschaftswachstums.<br />

Daneben gibt es aber auch eine Reihe<br />

von älteren sowie einige historische<br />

Brücken, die in der Regel im Krieg stark<br />

beschädigt worden und nach zum Teil<br />

umfangreichen Reparaturen nicht mehr<br />

im Originalzustand sind; zum Teil wurden<br />

die Brücken nur behelfsmäßig instandgesetzt.<br />

Insgesamt sind viele der bayerischen<br />

Mainbrücken in einem schlechten<br />

Zustand bzw. genügen nicht mehr den<br />

heutigen Verkehrsanforderungen und<br />

müssen dringend saniert oder erneuert<br />

werden.<br />

2 Schiffsanprall<br />

2.1 Grundlagen<br />

Nach DIN-Fachbericht 101 vom März<br />

2009 ist der Schiffsanprall als außergewöhnliche<br />

Einwirkung anzusetzen.<br />

Gemäß Ziffer 2.3 (4) gilt für Einwirkungen<br />

auf Straßen- und Eisenbahnbrücken infolge<br />

des Anpralls von Booten und Schiffen<br />

die DIN 1055-9.<br />

2.2 Schiffstoßgefährdung<br />

2.2.1 Unterbauten<br />

Ob die Unterbauten schiffstoßgefährdet<br />

sind, kann nur von der Wasser- und<br />

Schifffahrtsverwaltung (WSV) beurteilt<br />

werden. In jedem Einzelfall muss sie in<br />

Abhängigkeit vom Querprofi l des Flusses,<br />

den Wasserständen, dem auf der Wasserstraße<br />

zugelassenen Schiffsverkehr (Typenschiff)<br />

und der Lage der Unterbauten<br />

der Brücke zum Fahrwasser entscheiden.<br />

2.2.2 Überbauten<br />

Im Entwurf des Nationalen Anwendungsdokuments<br />

zur DIN EN 1991-1-7<br />

wird erstmals defi niert, dass über dem<br />

1,5fachen der für die Wasserstraße erforderlichen<br />

Lichtraumhöhe der Überbau<br />

nicht anfahrgefährdet ist. Diese Regelung<br />

wurde bereits bisher bei Brückenneubauten<br />

als Vorgabe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />

praktiziert.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

5 Schiffsanprall an Ingenieurbauwerke<br />

© DIN 1055<br />

6 Stoßlast-Zeit-Verläufe<br />

© DIN 1055<br />

7 Schiffsanpralllasten auf Ingenieurbauwerke<br />

© DIN 1055<br />

2.3 Schiffsanpralllasten<br />

2.3.1 Unterbauten<br />

Bei den Unterbauten wird beim Schiffsanprall<br />

nach einem Frontalstoß oder einem<br />

Flankenstoß unterschieden.<br />

Der Standard für die Unterbauten ist eine<br />

dynamische Untersuchung. Die Stoßlast-<br />

Zeit-Verläufe für die dynamischen Untersuchungen<br />

sind in der DIN 1055 Teil 9,<br />

Ziffer 6.5.3 vorgegeben.<br />

Die Amplitude der für die Stoßkraft-Zeit-<br />

Funktion ergibt sich in erster Näherung<br />

aus Tabelle 6 der DIN 1055 in Abhängigkeit<br />

von der Wasserstraßenklasse.<br />

Diese Tabelle ist an Bedingungen geknüpft,<br />

beispielsweise dass der betrachtete<br />

Wasserstraßenabschnitt kein Unfallschwerpunkt<br />

ist. Da solche Bedingungen<br />

nur von der WSV beurteilt werden können,<br />

entscheidet auch die WSV, ob die Tabellenwerte<br />

angewendet werden können<br />

oder ob objektbezogen auf der Grundlage<br />

probabilistischer Berechnungen die Stoßlasten<br />

genauer ermittelt werden müssen.<br />

Deshalb werden die Ermittlungen der<br />

dynamischen Stoßlasten regelmäßig von<br />

der WSV durchgeführt.<br />

2.3.2 Überbauten<br />

Beim Überbau ist in Bezug auf die Schiffsstoßgefährdung<br />

zwischen Neubauten<br />

und Maßnahmen an bestehenden Brücken<br />

zu unterscheiden.<br />

Wenn bei einer Brückenneuerrichtung<br />

der Überbau anfahrgefährdet ist, hat<br />

man eine statische Ersatzlast von 1 MN in<br />

ungünstigster Laststellung zu berücksichtigen.<br />

Dies erfolgt unabhängig von der<br />

Beanspruchung des Überbaus aus dynamischen<br />

Effekten, die aus dem Stoß auf<br />

die Unterbauten resultieren können.<br />

Völlig unterschiedlich davon ist die Vorge-<br />

32


33<br />

8 Bestehende Mainbrücke Segnitz<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

9 Bestehende Mainbrücke Volkach<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

10 Bestehende Mainbrücke Klingenberg<br />

© Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />

hensweise bei vorhandenen Überbauten.<br />

Ist hier die lichte Höhe kleiner als das<br />

1,5fache der erforderlichen Lichtraumhöhe,<br />

wird nach risikoanalytischen Überlegungen<br />

entschieden, ob der Überbau<br />

anfahrgefährdet ist. Ergibt sich aus den<br />

risikoanalytischen Überlegungen eine<br />

Anfahrgefährdung, hat man den Überbau<br />

einer existierenden Brücke ebenfalls für<br />

eine statische Ersatzlast von 1 MN zu<br />

bemessen.<br />

Diese risikoanalytischen Betrachtungen<br />

stellen ein völlig neues Sicherheitskonzept<br />

im Bereich der Tragwerksplanung<br />

dar. Bezüglich der Risikoanalyse besteht<br />

derzeit ein Regelungsdefi zit.<br />

2.4 Sicherung gegen Schiffstoß<br />

Nach Untersuchungen der WSV sind von<br />

den 45 Mainbrücken in der Baulast der<br />

Straßenbauverwaltung 27 nicht anprallgefährdet<br />

oder anprallgefährdet, aber<br />

standsicher; 18 Bauwerke sind anprallgefährdet<br />

und nicht standsicher.<br />

Auf der Grundlage dieser Untersuchungen<br />

wurde eine gemeinsame Projekt-<br />

bzw. Dringlichkeitsliste festgelegt. Die<br />

Palette der geplanten Maßnahmen reicht<br />

von der Brückenerneuerung über massive<br />

Verstärkungen der Fundamente und der<br />

Pfeiler bis hin zu Schiffstoßsicherungsvorkehrungen,<br />

die durch bauliche Maßnahmen<br />

im Fluss unabhängig vom Brückenbauwerk<br />

durchgeführt werden können.<br />

Insgesamt haben die Projekte ein Kostenvolumen<br />

von über 100 Mio. €.<br />

3 Neue Mainbrücken<br />

3.1 Ausgewählte Maßnahmen<br />

Aufgrund der beschriebenen Situation<br />

besteht aus Sicht der Bayerischen Straßenbauverwaltung<br />

dringender Handlungsbedarf.<br />

Die mit der WSV aufgestellte<br />

Projektliste enthält auch fünf Mainbrücken<br />

im Zuge von Staatsstraßen, die zu<br />

erneuern sind. Aus dem laufenden Staatsstraßenhaushalt<br />

war dies kurzfristig nur<br />

schwer zu fi nanzieren.<br />

Als Ergebnis von Verhandlungen zwischen<br />

dem Bayerischen Staatsministerium<br />

der Finanzen und dem Bayerischen<br />

Staatsministerium des Innern wurde im<br />

Juli 2006 entschieden, dass die Erneue-<br />

S Y M P O S I U M<br />

rung der Mainbrücken<br />

− Bergrheinfeld (Staatsstraße 2277),<br />

− Segnitz (Staatsstraße 2273),<br />

− Volkach (Staatsstraße 2260) sowie<br />

− Klingenberg (Staatsstraße 3259)<br />

als Public-Private-Partnership-(PPP-)<br />

Projekte realisiert werden sollen. Das<br />

Gesamtkostenvolumen beträgt rund<br />

55 Mio. €. An den Baukosten beteiligt sich<br />

die WSV etwa zur Hälfte sowie in geringem<br />

Umfang auch die jeweils betroffene<br />

Gemeinde.<br />

Ausschlaggebend für die Entscheidung<br />

des Freistaats Bayern, auch staatliche<br />

PPP-Projekte durchzuführen, war, dass<br />

man hier eigene belastbare Erfahrungen<br />

gewinnen und (Vertrags-)Elemente des<br />

Funktionsbauvertrags erproben will.<br />

3.2 PPP-Bauvertrag<br />

Wesentlich bei den PPP-Modellen im<br />

Staatsstraßenbau ist die Zusammenführung<br />

von Funktionsbauvertrag und<br />

privatem Vorfi nanzierungsvertrag. In<br />

einem Funktionsbauvertrag wird dem<br />

Unternehmer neben dem Bau auch die<br />

bauliche Erhaltung für einen Zeitraum<br />

von 25 Jahren übertragen. Anders als<br />

beim konventionellen Bauvertrag wird<br />

die Leistung nicht durch eine Vielzahl<br />

von Detailanforderungen beschrieben,<br />

stattdessen werden nur die funktionalen<br />

Eigenschaften und der Bauwerks- bzw.<br />

Straßenzustand durch objektiv messbare<br />

Kriterien defi niert.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Diese müssen über den gesamten Erhaltungszeitraum<br />

eingehalten werden. Der<br />

PPP-Vertrag umfasst vier Teile.<br />

– Teil A: Konventionelle Ausschreibung<br />

(Teilleistungen, die sich nicht für eine<br />

funktionale Leistungsbeschreibung<br />

eignen)<br />

– Teil B: Funktionsbauleistung nach<br />

Leistungsprogramm für Ingenieurbauwerk,<br />

Oberbau und Erdbau (pauschale<br />

Abrechnung)<br />

– Teil C: Bauliche Erhaltung einschließlich<br />

der hierzu erforderlichen Funktionsinspektionen<br />

(Oberbau, Erdbau,<br />

Ingenieurbau) für einen Zeitraum von<br />

25 Jahren<br />

– Teil D: Zwischenfi nanzierung während<br />

der Bauzeit (variabler Zins) und Projektfi<br />

nanzierung (Festzins)<br />

3.3 Vergabe<br />

Die Vergabe der vier Projekte erfolgte<br />

über ein nichtoffenes Verfahren mit öffentlichem<br />

Teilnahmewettbewerb. Die<br />

Anzahl der Bieter, die Angebote abgaben,<br />

schwankte zwischen vier und zwei. Bei<br />

der Wertung diente der Referenzentwurf<br />

bzw. die Referenzbauweise als Maßstab,<br />

wobei die Kriterien Preis, technisches<br />

Konzept, Qualität, die jeweils in weitere<br />

Unterkriterien unterteilt wurden, die<br />

Entscheidungsfi ndung bestimmten.<br />

Bevor die Maßnahmen vergeben werden<br />

konnten, war bzw. ist jeweils die Zustimmung<br />

des Bayerischen Finanzministeriums<br />

bzw. des Haushaltsausschusses<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

notwendig. Dazu mussten Wirtschaftlichkeitsvergleiche<br />

zwischen einer Verwirklichung<br />

als PPP-Projekt und einer<br />

konventionellen Realisierung vorgelegt<br />

werden. Der Wirtschaftlichkeitsvergleich<br />

wird dabei anhand der sogenannten Barwertmethode<br />

durchgeführt, die im Leitfaden<br />

»Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

bei PPP-Projekten« empfohlen wird. Das<br />

Grundprinzip dieses »dynamischen Berechnungsverfahrens«<br />

ist, dass Ausgaben<br />

und Einnahmen, die zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten anfallen, durch Umrechnung<br />

auf einen einheitlichen Bezugszeitpunkt<br />

vergleichbar gemacht werden. Die Wirkung<br />

von Zins- und Zinseszinseffekten<br />

wird auf die Weise berücksichtigt. Auch<br />

die verstärkte Übertragung der Risiken an<br />

den Auftragnehmer wird in die Betrachtung<br />

mit einbezogen und monitär bewertet.<br />

Das Baugrundrisiko bleibt dabei<br />

beim Auftraggeber, das Planungsrisiko<br />

(auch bei Übernahme der Referenzplanung),<br />

das Risiko beim Bau, das Risiko von<br />

Mehrkosten aufgrund von Mengenänderungen,<br />

die Risiken bei der Erhaltung<br />

und die Risiken für die Mängelfreiheit der<br />

Maßnahme liegen hingegen beim Auftragnehmer.<br />

3.4 Finanzierung<br />

Die Finanzierung der Projekte erfolgt getrennt.<br />

Während für die Anteile der WSV<br />

und der Kommunen die Zahlungen konventionell<br />

in vierteljährlichen Abschlägen<br />

nach Baufortschritt fällig werden, zahlt<br />

12 Referenzentwurf für Bergrheinfeld, Segnitz und Volkach<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

11 Schema eines<br />

PPP-Projekts<br />

© Staatliches Bauamt<br />

Schweinfurt<br />

der Freistaat Bayern erst nach Fertigstellung<br />

und Übernahme der Baumaßnahme<br />

in zehn gleichen Jahresraten; die vom<br />

Unternehmer anzubietenden Erhaltungskosten<br />

werden unabhängig von der<br />

Finanzierung der Baukosten ratenweise<br />

nach einem Zahlungsplan vergütet. Die<br />

Raten werden für den Straßenbauteil am<br />

Ende des 9., 15. und 21. Jahres sowie bei<br />

Vertragsende und für den Ingenieurbau<br />

am Ende des 12. und 25. Jahres vergütet<br />

– dies jedoch nur, wenn die vertraglich<br />

vereinbarten funktionalen Anforderungen<br />

erfüllt sind.<br />

3.5 Qualitätssicherung<br />

Die Qualitätssicherung während der<br />

Baumaßnahme erfolgt durch ein Qualitätssicherungsmanagement<br />

des Auftragnehmers,<br />

die Überprüfung durch den<br />

Auftraggeber in Form der sonst üblichen<br />

Bauüberwachung entfällt.<br />

Während der 25-jährigen Unterhaltungsphase<br />

durch den Auftragnehmer hat dieser<br />

für den Straßen- und Ingenieurbau im<br />

Regelturnus von drei Jahren Funktionsinspektionen<br />

durchzuführen. Grundlage für<br />

die Prüfung und Beurteilung des Erhaltungszustandes<br />

sind die Funktionsanforderungen,<br />

welche in den zusätzlichen und<br />

besonderen technischen Vertragsbedingungen<br />

(ZTV- und BTV-Funktion) geregelt<br />

sind. Die Steuerung der Planung bzw. der<br />

Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen<br />

basiert auf defi nierten Warn- bzw.<br />

Schwellenwerten.<br />

Die Übergabeinspektion nach Fertigstellung<br />

der Baumaßnahme und die<br />

Abnahmeinspektion zum Ende der 25jährigen<br />

Vertragslaufzeit werden vom<br />

Auftraggeber durchgeführt, Kriterien sind<br />

hier die festgelegten Übernahme- bzw.<br />

Abnahmewerte.<br />

34


35<br />

3.6 Referenz- und Ausführungsentwürfe<br />

Für die Mainbrücken Bergrheinfeld, Segnitz<br />

und Volkach waren die der Funktionalausschreibung<br />

zugrunde liegenden<br />

Referenzentwürfe Stabbogenbrücken.<br />

Bei Stützweiten von jeweils um die<br />

100 m, der Bedingung, den Lichtraum bei<br />

vorgegebener Gradiente möglich wenig<br />

einzuschränken, und der Forderung der<br />

WSV, wegen der Schiffstoßgefahr auf<br />

Pfeiler im Flussbett zu verzichten, kamen<br />

lediglich Konstruktionen mit einem oben<br />

liegenden Tragwerk in Frage. Da auch<br />

während der Bauzeit nur sehr kurze Einschränkungen<br />

bzw. Unterbrechungen des<br />

Schiffsverkehrs von maximal 24 h möglich<br />

waren, mussten die Überbauten außerhalb<br />

des Flussbettes hergestellt und in<br />

den (kurzen) Sperrpausen eingeschoben<br />

oder eingeschwommen werden. Unter<br />

diesen Randbedingungen erschien eine<br />

Konstruktion des Überbaus als Stabbogen<br />

aus Stahl mit zwei äußeren Bögen und<br />

einer Verbundfahrbahn als geeignet.<br />

Alle Bieter übernahmen unter den<br />

beschriebenen Randbedingungen im<br />

Wesentlichen die Referenzentwürfe, so<br />

dass sie in den drei genannten Fällen mit<br />

gewissen Modifi kationen zur Ausführung<br />

kamen bzw. kommen.<br />

Bei der Mainbrücke Klingenberg ist die<br />

Situation etwas anders, denn sie liegt im<br />

Schleusenbereich des Mains; die Gesamtstützweite<br />

beträgt rund 180 m. Wegen<br />

der städtebaulich anspruchsvollen Situation<br />

wurden im Vorfeld mehrere alternative<br />

Entwürfe (Bogenbrücke, Schrägseilbrücke,<br />

Zügelgurtbrücke, Deckbrücke)<br />

erarbeitet.<br />

Als Referenzentwurf wurde letztlich die<br />

Zügelgurtbrücke gewählt. Gegen die aus<br />

städtebaulicher Sicht ebenfalls in Frage<br />

kommende Deckbrücke sprach zunächst<br />

die relativ hohe maximale Längsneigung<br />

der Gradiente von 5,90 %. Bei der Ausschreibung<br />

waren, wie in den anderen<br />

Fällen auch, Nebenangebote zugelassen.<br />

Zur Ausführung gelangt aber nun doch<br />

eine Deckbrücke: Durch die Verwendung<br />

von höheren Betonfestigkeiten konnte<br />

ihre Schlankheit erhöht und so die maximale<br />

Längsneigung auf 5,50 % reduziert<br />

werden.<br />

13 Mainbrücke Klingenberg: Varianten<br />

© Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />

3.7 Stoßstange<br />

Da die Überbauten der drei neuen Mainbrücken<br />

Bergrheinfeld, Segnitz und<br />

Volkach schiffstoßgefährdet sind, die<br />

lichte Höhe hier also kleiner als das 1,5fache<br />

der erforderlichen Lichtraumhöhe ist,<br />

und die nach der DIN 1055 Teil 9 anzusetzende<br />

Stoßlast von 1 MN zu Schäden am<br />

Stahltragwerk führen würde, wurde eine<br />

»Stoßstange« entwickelt und jeweils auf<br />

beiden Seiten des Überbaus befestigt. Sie<br />

besteht aus dicht geschweißten, um 45°<br />

15 Neue Mainbrücke Bergrheinfeld<br />

© Staatliches Bauamt Schweinfurt<br />

S Y M P O S I U M<br />

14 »Stoßstange«<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

16 Einschwimmen der Mainbrücke Segnitz<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

gedrehten und mit Leichtbeton gefüllten<br />

Quadratrohrquerschnitten. Die Unterkante<br />

der Konstruktion sitzt um 5 cm tiefer<br />

als die des Stahlüberbaus.<br />

Die Stoßstangen sind so konzipiert, dass<br />

der auf sie einwirkende Schiffstoß über<br />

entsprechend dimensionierte Quersteifen<br />

direkt in die steife Betonfahrbahnplatte<br />

geleitet wird. Auf diese Weise kann<br />

der Überbau den Schiffstoß aufnehmen,<br />

ohne in größerem Umfang beschädigt zu<br />

werden.<br />

3.8 Stand der Projekte<br />

Am 18. September 2009 wurde die Mainbrücke<br />

Bergrheinfeld im Zuge der Staatsstraße<br />

2277 für den Verkehr freigegeben.<br />

Am selben Tag erfolgte der offi zielle Baubeginn<br />

für die Mainbrücke Volkach im<br />

Zuge der Staatsstraße 2260. Derzeit sind<br />

die Widerlager im Bau und die Stahlteile<br />

für den Stabbogen in der Werksfertigung.<br />

Bereits im Februar 2009 begannen die<br />

Bauarbeiten an der Mainbrücke Segnitz.<br />

Nach nur acht Monaten wurde hier der<br />

Stabbogen bzw. der Überbau eingeschwommen,<br />

die Betonfahrbahnplatte ist<br />

inzwischen betoniert. Die Fertigstellung<br />

der Brücke ist zusammen mit der Ortsumgehung<br />

Ende 2010 vorgesehen.<br />

Die Vergabe der Mainbrücke Klingenberg<br />

soll in Kürze erfolgen: Der Haushaltsausschuss<br />

des Bayerischen Landtages muss<br />

ihr noch zustimmen.<br />

Als bisheriges Fazit ist zu sagen, dass die<br />

Wirtschaftlichkeit dieser Projektrealisierungen<br />

im Vergleich zu einer herkömmlichen<br />

Haushaltsfi nanzierung gegeben ist.<br />

Autor:<br />

Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />

Oberste Baubehörde im Bayerischen<br />

Staatsministerium des Innern,<br />

München<br />

Bauherren<br />

Freistaat Bayern,<br />

vertreten durch die<br />

Straßenbauverwaltung,<br />

Bundesrepublik Deutschland,<br />

vertreten durch die<br />

Bundeswasserstraßenverwaltung<br />

Baubehörden<br />

Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />

Staatliches Bauamt Schweinfurt<br />

Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Entwurfsverfasser<br />

Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure<br />

für das Bauwesen GmbH, Darmstadt<br />

K + S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />

Schömig-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />

Kleinostheim<br />

Prüfi ngenieure<br />

Prof. Dr.-Ing. Balthasar Novák, Kleinostheim<br />

Dipl.-Ing. Ulrike Schömig, Kleinostheim<br />

Landesgewerbeanstalt Bayern,<br />

Zweigstelle Würzburg<br />

Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />

Bauausführung<br />

Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />

Aschaffenburg<br />

Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />

36


37<br />

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Bild 3 Bild 4<br />

Tragwerksplanung Mainbrücke Miltenberg<br />

> BERATUNG > BAUWERKSUNTERSUCHUNG > BAULEITUNG<br />

> TRAGWERKSPLANUNG > SICHERHEITSANALYSEN > AUSSCHREIBUNG<br />

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BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Planung und Ausführung<br />

Neubau der Haseltalbrücke<br />

� � � von Günther Kleiner<br />

Massive Dauerfestigkeitsprobleme<br />

und erhebliche Schäden an der<br />

Stahlkonstruktion machen einen<br />

Neubau der 660 m langen Haseltalbrücke<br />

erforderlich, der im Vorgriff<br />

auf den Ausbau der Bundesautobahn<br />

A 3 zwischen Aschaffenburg<br />

und Nürnberg mit einem sechsstreifi<br />

gen Querschnitt realisiert wird.<br />

Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs<br />

wird der erste Überbau rund 20 m<br />

südlich des Bestandsbauwerks auf<br />

bis zu 65 m hohen Pfeilern errichtet.<br />

Nach dem Baubeginn mit den Vorarbeiten<br />

noch 2007 wurde der Verkehr<br />

zum Jahresende 2009 von der alten<br />

Brücke auf den ersten Überbau der<br />

neuen Struktur umgelegt, deren<br />

Gesamtfertigstellung für November<br />

2011 geplant ist.<br />

1 Die Ausgangslage<br />

Die Bundesautobahn BAB A 3 Frankfurt–Nürnberg<br />

ist eine hoch belastete<br />

Fernstraßenverbindung im Autobahnnetz<br />

der Bundesrepublik Deutschland, über die<br />

der Verkehr aus dem Ruhrgebiet und dem<br />

Frankfurter Raum in die Metropolregion<br />

Nürnberg und weiter über Regensburg<br />

nach Österreich und Südosteuropa bzw.<br />

über die BAB A 9 in Richtung München<br />

und weiter nach Italien abgewickelt wird.<br />

Mit Öffnung der Grenzen Osteuropas und<br />

der Osterweiterung der Europäischen<br />

Union hat die Bedeutung der BAB A 3<br />

zusätzlich signifi kant zugenommen. Im<br />

Bereich nördlich von Nürnberg werden<br />

heute über 70.000 Kfz/24 h gezählt, westlich<br />

von Aschaffenburg wird die Grenze<br />

von 80.000 Kfz/24 h überschritten.<br />

Um dem gestiegenen Verkehrsaufkommen<br />

Rechnung zu tragen, wird der sechsstreifi<br />

ge Ausbau der BAB A 3 zwischen<br />

Aschaffenburg und dem Autobahnkreuz<br />

Biebelried im Rahmen der zur Verfügung<br />

stehenden Mittel von der Autobahndirektion<br />

Nordbayern vorangetrieben. Eine<br />

Besonderheit stellt dabei die Haseltalbrücke<br />

zwischen den Anschlussstellen<br />

Marktheidenfeld und Rohrbrunn dar. Das<br />

stark geschädigte Bauwerk, das bereits<br />

im Oktober 2002 für den genehmigungspfl<br />

ichtigen Schwerverkehr gesperrt wurde,<br />

musste vorgezogen erneuert werden.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Lage der Brücke<br />

© Autobahndirektion<br />

Nordbayern<br />

2 Das Bestandsbauwerk<br />

Im Zuge des Neubaus der A 3 zwischen<br />

Aschaffenburg und Würzburg in den<br />

1960er Jahren mussten im Spessart<br />

mehrere Großbrücken errichtet werden,<br />

wobei die Haseltalbrücke aufgrund ihrer<br />

Gesamtlänge von 660 m und einer Pfeilerhöhe<br />

von 65 m seinerzeit eine Sonderstellung<br />

einnahm. In nur 30 Monaten Bauzeit<br />

wurde von Mai 1959 bis Oktober 1961<br />

eine Stahlbrücke mit orthotroper Fahrbahnplatte<br />

über sieben Felder errichtet,<br />

deren Feldlänge in den fünf Mittelfeldern<br />

bei je 101,60 m, in den beiden Randfeldern<br />

bei 76,20 m lag. Der einzellige Querschnitt<br />

besitzt eine Gesamtbreite von<br />

29,00 m und eine Bauhöhe von 5,00 m,<br />

in den Endfeldern geht die Bauhöhe auf<br />

3,70 m zurück. Das Bauwerk liegt in einem<br />

Radius von 2.000 m und einer Wanne von<br />

3 Bisheriger Querschnitt<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

2 Bestandsbauwerk<br />

© Autobahndirektion<br />

Nordbayern<br />

20.000 m. Die beiden Hauptträger leiten<br />

ihre Lasten über Hohlpfeiler mit 6 m<br />

Durchmesser in den Untergrund ab.<br />

Infolge des seinerzeit hohen Anteils der<br />

Materialkosten an dem Gesamtherstellungspreis<br />

der Brücke erhielt das Angebot<br />

mit dem niedrigsten Flächengewicht den<br />

Zuschlag: Mit nur 248 kg/m² – das entspricht<br />

einem Gesamtgewicht von 4.800 t<br />

– wurde der leichteste Stahlüberbau für<br />

Straßenbrücken hergestellt.<br />

Die negativen Auswirkungen des leichten<br />

und damit auch weichen Überbaus ließen<br />

nicht lange auf sich warten, denn starke<br />

Verformungen führten bereits nach<br />

zehn Jahren unter Verkehr zu zahlreichen<br />

Rissen in den Schweißnähten. Bei einer<br />

weiteren Untersuchung 1983 wurden<br />

bereits 263 systematische Schweißnahtrisse<br />

festgestellt.<br />

38


39<br />

4 Verstärkungsmaßnahme<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Als Verstärkungsmaßnahme mussten<br />

daher in den Jahren 1985–1988 zusätzliche<br />

Längs- und Querträger mit einem<br />

Gewicht von 1.000 t eingebaut werden,<br />

was die Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />

weiterer Schäden aber nur für kurze Zeit<br />

verringern konnte. Infolge von Lastumlagerungen,<br />

der Wahl ermüdungsanfälliger<br />

Schweißnähte und des starken Anstiegs<br />

des Schwerverkehrs nahm die Zahl der<br />

Schäden schnell wieder zu. Als im Herbst<br />

2002 vom beauftragten Gutachter keine<br />

Möglichkeiten für weitere Sanierungen<br />

gesehen wurden, erteilten das Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

sowie die Oberste Baubehörde<br />

im Bayerischen Staatsministerium des<br />

Innern der Autobahndirektion Nordbayern<br />

den Auftrag zur Planung einer<br />

neuen Brücke unter Berücksichtigung<br />

des sechsstreifi gen Ausbaus der A 3. Ab<br />

diesem Zeitpunkt hatte der genehmigungspfl<br />

ichtige Schwerverkehr das Bauwerk<br />

weiträumig zu umfahren. Zusätzlich<br />

wurden jährliche Sonderprüfungen und<br />

eine intensive laufende Beobachtung<br />

angeordnet, zur Gewährleistung einer<br />

ausreichenden Resttragfähigkeit seither<br />

150.000 €/a für Risseinstandsetzungen<br />

ausgegeben.<br />

3 Der Neubau<br />

3.1 Überbau<br />

Durch ihre Lage im dicht bewaldeten<br />

Spessart, weit entfernt von der nächsten<br />

Bebauung und nur von untergeordneten<br />

Wanderwegen einzusehen, stand beim<br />

Entwurf neben einer bewährten Bauweise<br />

die Wirtschaftlichkeit an vorderster<br />

Stelle.<br />

Gegenüber dem vorhandenen Bauwerk<br />

wurden deshalb die größten Stützweiten<br />

auf 58 m so weit reduziert bzw. optimiert,<br />

dass die Errichtung als Spannbetontaktschiebebrücke<br />

ohne Hilfsstützen mit zwei<br />

getrennten Überbauten ausgeschrieben<br />

werden konnte; die beiden Endfelder<br />

liegen mit 49 m ebenso im optimalen<br />

Bereich für das Taktschieben.<br />

5 Errichtung des ersten Überbaus<br />

© Hajo Dietz/Autobahndirektion Nordbayern<br />

6 Ansicht der neuen Brücke<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

7 Querschnitt der neuen Brücke<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Die Gesamtstützweite erhöht sich, weil<br />

die alte Haseltalbrücke sehr große Widerlager<br />

aufweist, die beim Neubauprojekt<br />

auf eine wirtschaftliche Größe reduziert<br />

wurden. Als Überbauquerschnitte wurden<br />

Hohlkästen mit Mischvorspannung,<br />

das heißt, Verbundspannglieder in der<br />

Boden- und Fahrbahnplatte sowie verbundlose<br />

Spannglieder im Innern der<br />

Hohlkästen gewählt. Diese bewährte<br />

Standardbauweise lässt nur geringe<br />

Erhaltungskosten erwarten.<br />

3.2 Unterbauten<br />

Um das Tal durch die zusätzlichen Pfeiler<br />

nicht allzu sehr optisch einzuengen,<br />

wurden diese möglichst schlank geplant.<br />

In der Ansicht beträgt ihre Breite je nach<br />

Pfeilerhöhe zwischen 3 m und 5 m, sie<br />

werden mit 0,45 m Wandstärke hohl ausgebildet.<br />

Mit der großen Pfeilerschlankheit<br />

muss jedoch eine beträchtliche Auslenkung<br />

beim Verschub des Überbaues in<br />

S Y M P O S I U M<br />

Kauf genommen werden, der beim höchsten<br />

Pfeiler rechnerisch 0,65 m beträgt. Im<br />

Zuge der Bauausführung wurde deshalb<br />

beim Verschub auf eine sehr geringe<br />

Reibung geachtet. Es gelang dadurch<br />

beim ersten Überbau die Auslenkung auf<br />

unter 0,05 cm zu begrenzen, so dass auf<br />

ein nachträgliches Ausrichten verzichtet<br />

werden konnte.<br />

3.3 Gründung<br />

Entsprechend den Empfehlungen im<br />

Bodengutachten wurden Bohrpfähle mit<br />

1,50 m Durchmesser gewählt. Unter einer<br />

Pfahlkopfplatte wurden acht Pfähle, 10:1<br />

geneigt, zusammengefasst, deren maximale<br />

Länge bei 19 m lag.<br />

3.4 Bauablauf<br />

Bereits zu Beginn der Planung stand<br />

aufgrund der Netzlage der A 3 zwischen<br />

Aschaffenburg und Würzburg fest, dass<br />

der Verkehr auf der Haseltalbrücke auf-<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

rechterhalten werden muss. Zur Verbesserung<br />

der Linienführung – das Bauwerk<br />

befi ndet sich in einem Radius von 2.000 m<br />

– fi el die Entscheidung, den ersten<br />

Überbau ohne Querverschub südlich der<br />

existierenden Brücke zu errichten. Dieser<br />

ersten Bauphase, die zwischenzeitlich<br />

mit der Verkehrsumlegung auf den neuen<br />

Überbau zum Jahresende 2009 abgeschlossen<br />

wurde, folgen ab Januar bis Mai<br />

2010 mit der Bauphase II der Abbruch des<br />

Bestandsbauwerks und der Neubau des<br />

nördlichen Überbaues. In der Bauphase III<br />

werden die Verkehrsströme endgültig auf<br />

die beiden Überbauten aufgeteilt sowie<br />

das Baufeld rekultiviert.<br />

3.5 Passive Schutzeinrichtungen<br />

Im Vorgriff auf die Einführung der neuen<br />

Richtlinien für den passiven Schutz an<br />

Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme<br />

RPS wurde ein passives Schutzsystem<br />

aus Stahl mit der Aufhaltestufe H 2 und<br />

einem Wirkungsbereich W 5 ausgeschrieben.<br />

Kurz vor der Beauftragung eines Subunternehmers<br />

mit dem Geländerbau erhielt<br />

die Autobahndirektion Nordbayern die<br />

Untersuchung der Bundesanstalt für<br />

Straßenwesen vom 22. Juli 2009, die unter<br />

anderem auch einen Bemessungsvorschlag<br />

für die Geländerhöhen aufweist.<br />

In Abhängigkeit von der Höhe des Schutzsystems<br />

über der Kappe, der Kappengeometrie<br />

und der Breite des Notgehweges<br />

8 Rückbau der bestehenden Brücke<br />

© Weiland Bau GmbH<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

wird hier die Höhe jeweils individuell<br />

bemessen. Nach Rücksprache mit der<br />

Obersten Baubehörde im Bayerischen<br />

Staatsministerium des Innern und dem<br />

Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung fi el dann die Entscheidung,<br />

das Brückengeländer auf 1,50 m zu<br />

erhöhen.<br />

4 Abbruch der alten Brücke<br />

4.1 Konzepte<br />

Bereits in der Planungsphase für den Neubau<br />

wurde der Abbruch der alten Brücke<br />

in unmittelbarer Nähe zur neuen intensiv<br />

diskutiert. Wichtige Randbedingung waren<br />

die Sicherheit für das neue Bauwerk,<br />

die Wirtschaftlichkeit, das aus Naturschutzgründen<br />

beschränkte Baufeld,<br />

die schwierige Zugänglichkeit unter der<br />

Brücke, die Dauer der Abbrucharbeiten<br />

und die Erschwernis durch die Querriegel<br />

bei den hohen Pfeilern.<br />

Zwei Konzepte kamen in die engere Wahl<br />

und wurden vertieft untersucht. Dies waren<br />

die Gesamtsprengung des Bauwerks<br />

sowie der abschnittsweise Abbruch des<br />

Überbaus mit gestaffelter Sprengung der<br />

Pfeiler, die im Ergebnis beide ausführbar<br />

schienen. Nach Gesprächen mit erfahrenen<br />

Sprengmeistern fi el letztendlich<br />

wegen der größeren Sicherheit bei der<br />

praktischen Durchführung die Wahl auf<br />

die zweite Alternative.<br />

4.2 Ausführung<br />

Mitte Januar 2010 wurde mit dem Ausbau<br />

des Brückenbelags begonnen. Danach<br />

werden beidseitig die Kappen und<br />

die Auskragungen über den Hauptträgern<br />

entfernt sowie im nächsten Schritt über<br />

den Pfeilern Litzenheber verankert. Anschließend<br />

erfolgt das Heraustrennen<br />

eines vollständigen Brückenfeldes, das<br />

auf den Boden abgelassen wird und dort<br />

zur Rückverankerung der Litzenheber<br />

für das Nachbarfeld dient; die über den<br />

Pfeiler verankerten Reste des Überbaues<br />

müssen mit leistungsstarken Kränen<br />

herabgehoben werden.<br />

Nach dem Abtransport der Stahlteile<br />

werden bei den Bestandspfeilern, die<br />

nahe an jenen des Neubaus liegen, Gruben<br />

ausgehoben, in denen das Material<br />

der gesprengten Pfeiler zurückgehalten<br />

wird. Dadurch lässt sich verhindern, dass<br />

Material von den Schuttkegeln abrutscht<br />

und die neuen Pfeiler beschädigt.<br />

Bei den Sprengungen wird mit den niedrigen<br />

Einzelpfeilern der Randfelder begonnen,<br />

die in Querrichtung, also in Fallrichtung<br />

weg vom neuen Bauwerk gesprengt<br />

werden. Mit den dabei gewonnenen<br />

Erfahrungen können die Sprengladungen<br />

für die hohen Pfeiler noch angepasst<br />

werden.<br />

40


41<br />

9 Technische Daten der neuen Brücke<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Die massiven Querriegel an den Pfeilerköpfen der hohen<br />

Pfeiler erlauben eine Fallrichtung weg vom Neubau nur<br />

bis zu einem Winkel von maximal 40°. Da die Erschütterungsprognose<br />

hierfür aber eine Schwinggeschwindigkeit<br />

am nächstgelegenen Neubaupfeiler von knapp<br />

30 mm/s ergibt, die deutlich über dem Anhaltswert von<br />

20 mm/s für eine Schadenfreiheit liegt, scheidet eine<br />

Fallrichtungssprengung aus. Stattdessen wird für diese<br />

Pfeiler eine Sprengfaltung gewählt: Bei einer solchen<br />

Mehrfachsprengung werden am Pfeilerfuß und in Pfeilermitte<br />

gegenüberliegende Sprengmäuler vorbereitet.<br />

Bei der Sprengung knickt der Pfeiler dadurch nur in der<br />

Mitte nach außen und fällt anschließend in zwei Teilen<br />

parallel zum Überbau in die vorbereitete Grube. Die<br />

Schwinggeschwindigkeit kann durch diese Sprengmethode<br />

auf 20 mm/s begrenzt werden.<br />

Autor:<br />

Leitender Baudirektor Dipl.- Ing. (Univ.)<br />

Günther Kleiner<br />

Autobahndirektion Nordbayern,<br />

Nürnberg<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

vertreten durch die<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Entwurf<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Tragwerksplanung<br />

K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />

Abbruchplanung<br />

Max Wild GmbH, Berkheim<br />

Reisch Sprengtechnik GmbH, Andechs<br />

Prüfi ngenieure<br />

Dr.-Ing. Bernd Brandt, Nürnberg<br />

Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />

Ausführung<br />

Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG, Aschaffenburg<br />

S Y M P O S I U M<br />

PRÄZISION IN DER SENSORTECHNIK<br />

VIBRATION UND SCHWINGUNG<br />

ALTHEN GmbH Mess- und Sensortechnik –<br />

dahinter stehen über 30 Jahre Technik vom Feinsten.<br />

Messtechnik im Bauwesen<br />

Sensoren und Systeme für die Messung<br />

und Aufzeichnung von Vibrationen und<br />

Schwingungen<br />

- DIN 4150-3:1999 (Erschütterung im Bauwesen)<br />

- Beurteilung von kurzzeitiger Erschütterung und<br />

Dauererschütterung<br />

- Beurteilung für verschiedene Gebäudetypen und<br />

erdverlegte Rohrleitungen<br />

- Datenauswertung in Echtzeit oder auch zu einem<br />

späteren Zeitpunkt<br />

- Grenzfrequenz von 80 Hz oder 315 Hz<br />

Willkommen bei den Spezialisten. www.althen.de<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Gestaltungsprinzip »Poesie der Logik«<br />

Eisenbahnbrücken der ÖBB<br />

� � � von Hannes Kari<br />

Zum Thema der Gestaltung im Ingenieur-<br />

und Brückenbau gibt es heute<br />

zwei Standpunkte, die nachfolgend<br />

einander gegenübergestellt werden,<br />

um sie schließlich im Begriff »Poesie<br />

der Logik« zu vereinen.<br />

1 Moderne Baukultur<br />

Der eine häufi g von den Planern verwendete<br />

Standpunkt »Form follows Function«<br />

geht auf den Gestaltungsleitsatz<br />

der Design- und Architekturschule des<br />

Bauhauses zurück und wird in Form einer<br />

überwiegend rationalen Umsetzung<br />

interpretiert. Die Beispiele der Geschichte<br />

haben jedoch gezeigt, dass ein rein funktionaler<br />

und statisch richtiger Entwurf<br />

nicht notwendigerweise schön ist. Man<br />

vergisst dabei, dass die Ästhetik und Gestaltung<br />

eines Bauwerks selbst auch eine<br />

wesentliche Funktion haben.<br />

Der andere Standpunkt wird durch die<br />

Aussage »Über Geschmack lässt sich<br />

streiten« zum Ausdruck gebracht und<br />

entzieht sich damit indirekt einer Auseinandersetzung<br />

mit der Gestaltung und<br />

deren Elementen. Diese Position argu-<br />

RAFFL – Der Spezialist für Stahl- & Metallbau<br />

Das Fertigungswerk von RAFFL mit einer<br />

Produktionsfläche von über 10.000 m² ermöglicht<br />

es, jährlich tausende Tonnen Stahl<br />

für gewerbliche und industrielle Zwecke<br />

zu verarbeiten.<br />

Die Firma Raffl ist auf den Bau und die<br />

Errichtung von Stahlhallen spezialisiert.<br />

Von der Planumsetzung über Konstruktion,<br />

Fertigung und Montage erfolgen alle Arbeiten<br />

als Eigenleistung. Organisatorische<br />

Effizienz, Zuverlässigkeit in der Fertigung,<br />

spezialisiertes Personal und modernste<br />

Produktionstechnik ermöglichen es, die<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Reichsbrücke Wien<br />

mentiert auf der rein emotionalen Ebene,<br />

die subjektiv im eigentlichen Sinne ist.<br />

Daraus würde folgen, dass ein Entwurf<br />

für jeden einzelnen Menschen der Gesellschaft<br />

anders wahrgenommen wird, was<br />

wiederum nicht der tatsächlichen Wahrnehmung<br />

entspricht.<br />

Beide Standpunkte zeigen jedoch, dass<br />

Schönheit rationalen, bewussten Anforderungen<br />

ebenso genügen muss wie der<br />

sinnlichen Wahrnehmung. Die Vereinigung<br />

der unterschiedlichen Standpunkte<br />

kann durch den Begriff »Poesie der Logik«<br />

Brücke Hafling U 2 / 8 Wien<br />

Wünsche öffentlicher und privater Auftraggeber<br />

in kürzester Zeit fachgerecht<br />

umzusetzen. Die Firma Raffl entwickelte<br />

sich zudem kontinuierlich zum führenden<br />

Brückenbauunternehmen in Österreich:<br />

Fachplanung, Ausarbeitung und Fertigung<br />

kommen aus dem eigenen Haus.<br />

Die Produktion erfolgt mit Hilfe hochmoderner<br />

maschineller Ausrüstung. Sämtliche<br />

gefertigten Stahlteile werden ausschließlich<br />

sandgestrahlt bearbeitet und in der<br />

hauseigenen Abteilung für Korrosionsschutz<br />

beschichtet.<br />

Die Montage wird mit firmeneigenen Hebegeräten<br />

durch das spezialisierte Fachpersonal<br />

durchgeführt.<br />

STAHLBAU GmbH<br />

Stahl- und Metallbau<br />

Wolf 40 · A-6150 Steinach<br />

Telefon +43 / 52 79 / 6 00-0<br />

Telefax +43 / 52 79 / 6 00-50<br />

E-Mail: stahlbau@raffl.at<br />

Internet: www.raffl.at<br />

1 Landecker<br />

Innbrücke<br />

© ÖBB<br />

Infrastruktur AG<br />

beschrieben und zum Prinzip moderner<br />

Baukultur werden. Drei Beispiele, wie die<br />

hier abgebildete Landecker Innbrücke, die<br />

Brücke über die Ötztalerache, ebenfalls in<br />

Österreich, sowie die Rheinbrücke bei St.<br />

Margarethen zwischen Österreich und<br />

der Schweiz, vermögen dieses Prinzip<br />

näher zu veranschaulichen.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. techn. Hannes Kari<br />

ÖBB Infrastruktur AG,<br />

Wien<br />

42


43<br />

Teil der Eisenbahn-Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt<br />

Planung und Errichtung der Grümpentalbrücke<br />

� � � von Martin Schnellhardt<br />

Planung und Errichtung der 270 m<br />

weit gespannten Bogenbrücke über<br />

das Tal der Grümpen zwischen den<br />

Ortslagen Grümpen und Selsendorf<br />

erfolgen im Rahmen der Realisierung<br />

der Eisenbahn-Neubaustrecke<br />

zwischen Ebensfeld und Erfurt. Die<br />

Grümpentalbrücke befi ndet sich<br />

derzeit im Bau – und wird nach ihrer<br />

Fertigstellung eine der beiden am<br />

weitesten gespannten Eisenbahn-<br />

Betonbogenbrücken Europas sein.<br />

1. Einführung<br />

1.1 Rahmenbedingungen<br />

Im Vorgriff auf den Verkehrswegeplan<br />

1992 beschloss die Bundesregierung im<br />

April 1991 die Verkehrsprojekte Deutsche<br />

Einheit. Das Verkehrprojekt Deutsche<br />

Einheit-(VDE-)Schiene Nr. 8 von Nürnberg<br />

nach Berlin ist der wichtigste Abschnitt<br />

der Schienenverbindungen von Verona<br />

nach Berlin. Teil dieses Abschnitts ist die<br />

Neubaustrecke (NBS) von Ebensfeld nach<br />

Erfurt – das Verkehrsprojekt Nr. 8.1.2.<br />

Seine Realisierung und Inbetriebnahme<br />

werden zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung<br />

der Eisenbahn in Deutschland<br />

und Europa für den Personen- und Güterverkehr<br />

führen.<br />

1.2 Eisenbahnbetriebliche Aspekte<br />

Zurzeit beträgt die Verbindung von<br />

Nürnberg nach Erfurt (ca. 175 km Luftliniendistanz)<br />

2 ¾ Stunden, was einer<br />

unattraktiven Luftliniengeschwindigkeit<br />

von 64 km/h entspricht. Mit dem Bau der<br />

NBS Ebensfeld–Erfurt wird in Verbindung<br />

mit der Ausbaustrecke (ABS) Nürnberg–<br />

Ebensfeld erstmals eine direkte Verbindung<br />

zwischen dem fränkischen Zentrum<br />

und der thüringischen Landeshauptstadt<br />

geschaffen und das bestehende Kernnetz<br />

der DB AG ideal vernetzt und ergänzt.<br />

Das planfestgestellte Betriebsprogramm<br />

sieht für die NBS eine Belegung von ca.<br />

108 Zügen pro Tag und Richtung vor.<br />

Hierbei entfallen auf den Güterverkehr<br />

1 Transeuropean-Transport-Network-(TEN-)Projekt 1 und VDE 8<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

84 und auf den Personenverkehr 24 Züge.<br />

Unter diesen Randbedingungen werden<br />

die hohen Anforderungen und Ziele nach<br />

Angleichung der Wettbewerbsbedingungen<br />

in den östlichen Bundesländern, der<br />

Erhöhung der Mobilität in den vernetzten<br />

Regionen, nach umweltfreundlichem und<br />

sicherem Transport von Personen und<br />

Gütern sowie die Kriterien im Rahmen der<br />

europäischen Erfordernisse für die Regionen<br />

Mailand–München–Berlin erfüllt.<br />

Die Fahrzeit für die ICE-Verbindung von<br />

Nürnberg nach Erfurt verkürzt sich nach<br />

der geplanten Inbetriebnahme 2017<br />

gegenüber den heutigen Verhältnissen<br />

erheblich auf ca. 1 h, für die Verbindung<br />

München–Berlin ergibt sich dann eine<br />

Reisezeit von ca. 4 h.<br />

1.3 Streckenführung<br />

Die NBS Ebensfeld–Erfurt ist als zweigleisige,<br />

elektrifi zierte Eisenbahnstrecke für<br />

Hochgeschwindigkeitsverkehre geplant.<br />

Sie hat eine Gesamtlänge von 106,80 km<br />

und verläuft, von Ebensfeld kommend, zunächst<br />

rund 34 km auf bayrischem Gebiet<br />

durch die Mainebene und daran anschließend<br />

östlich an Coburg vorbei. Die Stadt<br />

Coburg wird über die Verbindungskurven<br />

Niederfüllbach und Dörfl es-Esbach an die<br />

neue Trasse angeschlossen. Im weiteren<br />

Verlauf quert die Trasse den Froschgrundsee<br />

an der bayrisch-thüringischen Landesgrenze<br />

und erreicht nordwestlich von<br />

Grümpen den Überholbahnhof Theuern.<br />

S Y M P O S I U M<br />

Nach der Querung des Bleßberges mit<br />

einem 8,30 km langen Tunnel nimmt<br />

die Strecke den weiteren Aufstieg zum<br />

Scheitelpunkt bei Goldisthal. Im Bereich<br />

des Thüringer Waldes wechseln sich dann<br />

Bogenbrücken über tief eingeschnittenen<br />

Tälern mit Tunneln ab. Nördlich des<br />

Tunnels Goldberg fällt die NBS wieder<br />

ab und führt durch den Silberberg mit<br />

einem ca. 7,40 km langen Tunnel. Nach<br />

der Querung der Ilm mit einer ca. 1,70 km<br />

langen Talbrücke beginnt bei Traßdorf der<br />

rund 23 km lange Bündelungsbereich mit<br />

der Bundesautobahn A 71. Zwischen den<br />

Erfurter Stadtteilen Bischleben und Hochheim<br />

wird die NBS in die ABS Bebra–Erfurt<br />

vom Westen her eingebunden; die jetzt<br />

dreigleisige Strecke wird um die beiden<br />

Neubaugleise erweitert.<br />

Die vorgesehene Trassierung ist für eine<br />

Entwurfsgeschwindigkeit bis zu 300 km/<br />

h ausgelegt. Der Strecke liegen die folgenden<br />

Trassierungswerte der Linienführung<br />

zugrunde:<br />

– Regelradius: 6.300 m<br />

– Mindestradius: 3.700 m<br />

– maximale Längsneigung: 12,50 ‰,<br />

auf Teilstücken: 20,00 ‰<br />

– Regelausrundung: 25.000 m<br />

– Mindestausrundung: 22.500 m<br />

Die topografi schen Bedingungen im<br />

nördlichen Bayern und die Querung des<br />

Thüringer Waldes mit dem sich nördlich<br />

anschließenden Thüringer Becken haben<br />

zur Folge, dass von der 106,80 km langen<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

NBS rund 41 km in 22 Tunnelbauwerken<br />

und 12 km auf 29 großen Talbrücken<br />

verlaufen. Zusätzlich sind 23 kleinere<br />

Eisenbahnbrücken und 46 Straßen- und<br />

Wegebrücken zur Wiederherstellung der<br />

durch die NBS unterbrochenen Verkehrs-<br />

bzw. Wegebeziehungen erforderlich.<br />

1.4 Planrechtsverfahren<br />

Nach dem Abschluss der Vorplanungen<br />

für den Abschnitt NBS Ebensfeld–Erfurt<br />

im Sommer 1991 wurde im Jahre 1992<br />

mit den weiteren Planungen durch die<br />

die DB ProjektBau GmbH (vormals PB DE<br />

Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche<br />

Einheit mbh) begonnen. Zunächst<br />

wurden großräumige Alternativbetrachtungen<br />

im Raum Nürnberg–Erfurt–Hof<br />

durchgeführt, die nach Abwägung aller<br />

eisenbahnbetrieblichen, ökologischen,<br />

technischen und wirtschaftlichen<br />

Zwangspunkte in fünf Haupt- und mehreren<br />

Untervarianten tiefer untersucht und<br />

bewertet werden mussten. Das hierzu<br />

erforderliche Raumordnungsverfahren<br />

wurde am 20. November 1992 eingeleitet.<br />

In den Stellungnahmen der betroffenen<br />

Länder, der Freistaaten Bayern und<br />

Thüringen, wurde die Linienführung von<br />

Ebensfeld mit östlicher Umfahrung von<br />

Coburg nach Erfurt als Vorzugsvariante<br />

festgestellt. Dies entsprach auch den<br />

Erfordernissen der Deutschen Bahnen.<br />

Im Jahre 1994 stimmte der Bundesminister<br />

für Verkehr der geplanten Linienführung<br />

der NBS mit den zugehörigen<br />

Bahnstromleitungen zu, ab dem Jahr<br />

1994 schlossen sich die Planfeststellungsverfahren<br />

für die in zehn Abschnitte<br />

eingeteilte NBS Ebensfeld–Erfurt an;<br />

die Planfeststellung für die im Abschnitt<br />

Sonneberg liegende Grümpentalbrücke<br />

erfolgte am 24. Mai 1995.<br />

2. Entwurf und Ausschreibung<br />

2.1 Grundlagen<br />

In einer landschaftlich reizvollen Gegend<br />

und einer landwirtschaftlich genutzten<br />

sowie dünn besiedelten Region bestand<br />

die Herausforderung, eine Verbindung<br />

zwischen Natur, Technik und Mensch zu<br />

schaffen.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

2 Übersicht<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

3 Die Grümpen<br />

© Martin Schnellhardt<br />

Die Lage der Grümpentalbrücke ist von<br />

den südlichen Ausläufern des Thüringer<br />

Waldes mit seinen fl ach abfallenden<br />

Talfl anken und dem Flusslauf der Grümpen<br />

in einem breiten Talraum geprägt.<br />

Aufgrund des weitgespannten Bogens<br />

und der relativen Höhe über dem Talgrund<br />

ist sie eine ingenieurtechnische<br />

Meisterleistung, die im Einklang mit<br />

den Anforderungen an die Minimierung<br />

der Eingriffe in den Talraum und an eine<br />

größtmögliche Transparenz zur optimalen<br />

Einbindung des Bauwerks in das Landschaftsbild<br />

steht.<br />

Die Planungen wurden weitgehend<br />

auch durch den verlangten Erhalt von<br />

Schutzgütern bestimmt. Aus dem Grund<br />

wirkten von Anfang an Umweltgutachter<br />

und Landschaftsplaner kontinuierlich<br />

an den Planungen und Optimierungen<br />

mit. Dadurch konnte gesichert werden,<br />

dass Maßnahmen zur Vermeidung und<br />

Verminderung von Umweltwirkungen in<br />

einem hohen Maße berücksichtigt werden<br />

konnten. Es war und ist jedoch nicht<br />

zu verhindern, dass der Bau der NBS große<br />

Eingriffe in das Natur- und Landschaftsbild<br />

bedeutet, die durch landschaftsgestaltende<br />

Maßnahmen aber minimiert<br />

und durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />

kompensiert werden.<br />

Vor diesem Hintergrund war das Ziel der<br />

Entwurfsplanung, all jene Ansprüche<br />

wirtschaftlich umzusetzen. Hierzu wurden<br />

in Variantenuntersuchungen Vorentwürfe<br />

erarbeitet, die zum Teil konträre<br />

Ergebnisse brachten. Der Entwurf der<br />

Grümpentalbrücke erfolgte im Zusammenhang<br />

mit der südlich der thüringischen<br />

Landesgrenze gelegenen Talbrücke<br />

Froschgrundsee. Grundlage ist in weiten<br />

Teilen die Rahmenentwurfsplanung für<br />

Talbrücken der DB AG.<br />

2.2 Entwurfsplanung<br />

Im Verlauf der Neubaustrecke Ebensfeld–<br />

Erfurt in Richtung Norden überquert die<br />

geplante zweigleisige Trasse die bayrischthüringische<br />

Landesgrenze. Nach einem<br />

sich bei Sonneberg anschließenden ca.<br />

1,80 km langen Einschnitt quert die Strecke<br />

mit einem 745 m langen Tunnel den<br />

Müß, eine 486 m hohe Erhebung der südlichen<br />

Ausläufer des Thüringer Schiefergebirges,<br />

und erreicht danach das Grümpental.<br />

Zwischen den Ortslagen Grümpen<br />

und Selsendorf überquert die Brücke das<br />

Tal der Grümpen in ca. 70 m Höhe, dessen<br />

Form durch fl ach ansteigende Talfl anken<br />

und einen etwa 250 m breiten, ebenen<br />

Talraum geprägt ist. Auf der Südseite ist<br />

dieser von dem natürlichen Flusslauf der<br />

Grümpen sowie begleitenden Gehölzen<br />

und auf der Nordseite von der Kreisstraße<br />

K 34 begrenzt. Im Norden grenzt ein klei-<br />

44


45<br />

4 Talbrücke Froschgrundsee: Variante Pylon<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

neres Seitental an, an dessen Nordfl anke<br />

die Bundesstraße B 89 und die Eisenbahn<br />

der Strecke Eisfeld–Sonneberg in westöstlicher<br />

Richtung verlaufen. Die NBS-<br />

Trasse ist im Bereich des Grümpentals<br />

mit R = 6.640 m und sich anschließenden<br />

Übergangsbögen trassiert. Die Strecke<br />

steigt im Verlauf der Grümpentalbrücke<br />

mit einer Längsneigung von 12,50 ‰<br />

von Süden nach Norden an. Hinter dem<br />

nördlichen Kastenwiderlager schließt<br />

unmittelbar der 1.317 m lange Tunnel<br />

Baumleite an.<br />

Unter Beachtung der topografi schen Verhältnisse<br />

und der Gestaltungsvorgaben<br />

der benachbarten Talbrücke Froschgrundsee<br />

erfolgte die Entwurfsplanung mit<br />

Hinblick auf eine ästhetisch ansprechende<br />

Lösung, die Minimierung des Eingriffes<br />

in den Talraum sowie eine größtmögliche<br />

Transparenz zur optimalen Einbindung<br />

des Bauwerks in das Landschaftsbild.<br />

Eine Überbrückung des Talraumes mit<br />

großen Stützweiten lag somit auf der<br />

Hand, Balkenbrücken mit Regelstützweiten<br />

von ca. 50–60 m schieden ebenso<br />

aus wie über der Fahrbahn angeordnete<br />

Tragwerke. Hierzu wurden die Ergebnisse<br />

der im Vorfeld durchgeführten Entwurfsplanung<br />

der Talbrücke Froschgrundsee<br />

genutzt: Aufgrund der exponierten Lage<br />

der Talbrücke Froschgrundsee in einem<br />

beliebten Ausfl ugsziel und über dem<br />

Hochwasserrückhaltebecken für die<br />

Region Coburg wurden mehrere Alternativen<br />

für die Brückenhauptform entwickelt.<br />

Ursprünglich untersuchte Varianten mit<br />

tragenden Konstruktionsteilen oberhalb<br />

der Schienenoberkante wurden aus gestalterischen<br />

und wirtschaftlichen Aspekten<br />

frühzeitig ausgeklammert, um keine<br />

zusätzliche Dominante zu schaffen.<br />

Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Randbedingungen<br />

konzentrierte sich die Entwurfsplanung<br />

nunmehr auf die möglichen Varian-<br />

ten von Bogenbrücken. Eine Variante mit<br />

zwei Bögen, einem 270 m weit gespannten<br />

Bogen im Grümpental und einem<br />

132 m weit gespannten im benachbarten<br />

Seitental, wurde wegen der relativen<br />

Nähe der erforderlichen Gründung des<br />

Nordbogens zur Bundesstraße B89 und<br />

Eisenbahnstrecke Eisfeld–Sonneberg<br />

sowie der höheren Kosten für die Herstellung<br />

nicht vertieft. Gestalterisch konnte<br />

diese Lösung aber auch nicht überzeugen,<br />

da die unterschiedlich weit gespannten<br />

Bögen mit den doch stark differierenden<br />

Schlankheiten den visuellen Eindruck<br />

stören.<br />

Als Vorzugslösung wurden zur Überbrückung<br />

der großen Hauptstützweite ein<br />

Bogen mit 270 m Spannweite über das<br />

Grümpental und sich anschließende Vorlandbrücken<br />

mit 307 m Länge im Süden<br />

und 527 m Länge im Norden gewählt.<br />

6 Grümpentalbrücke: Variante mit zwei Bögen<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

7 Grümpentalbrücke: Vorzugslösung<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

5 Talbrücke Froschgrundsee: Variante Stabbogen<br />

© DB ProjektBau GmbH<br />

S Y M P O S I U M<br />

Diese Variante wurde allen Anforderungen<br />

an die Umwelt, die Gestaltung und<br />

eine wirtschaftliche Bauweise am ehesten<br />

gerecht.<br />

Der Überbau der Brücke ist als Spannbeton-Durchlaufträger-Kette<br />

mit einem<br />

einzelligen Hohlkastenquerschnitt und<br />

einer Regelstützweite zwischen 44 m im<br />

Vorland- sowie 30 m im Bogenbereich<br />

geplant und wird mit internen Spanngliedern<br />

in Längs- und Querrichtung vorgespannt.<br />

Die Entwurfsgeschwindigkeit im<br />

Bereich der Brücke beträgt v e = 300 km/h<br />

mit einem Gleisabstand in den Thüringer<br />

Bauabschnitten von 4,50 m, als Oberbauart<br />

ist die Feste Fahrbahn auf Brücken<br />

vorgesehen. Die Bauart mit Fester Fahrbahn<br />

stellt erhöhte Anforderungen an die<br />

Verformungsbegrenzung des Bauwerks,<br />

so dass bereits in der Entwurfsphase<br />

umfangreiche Untersuchungen auch<br />

hinsichtlich der dynamischen Beanspruchungen<br />

erforderlich waren. Die Breite<br />

der Brücke von Gesimsaußenkante zu<br />

Gesimsaußenkante misst 14,10 m, auf<br />

der Westseite bzw. Ostseite erhält das<br />

Bauwerk in den Bereichen der ortsnahen<br />

Lage eine 1 m bzw. 2 m hohe Schallschutzwand<br />

als Maßnahme des aktiven Schallschutzes.<br />

Die Gründungen erfolgen im angewitterten<br />

bis unverwitterten Sandstein mit<br />

Tonsteinzwischenlagen des Mittleren<br />

und Oberen Buntsandsteins. Die Kastenwiderlager<br />

mit vorgelagerten Aufl agerlisenen<br />

und die Pfeiler zwischen den<br />

beiden Tälern werden aufgrund der oberfl<br />

ächennah anstehenden Felsschichten<br />

fl ach gegründet, an den anderen Bauwerksachsen<br />

ist eine Gründung mit Großbohrpfählen<br />

vorgesehen. Aus gestalterischen<br />

Aspekten erhalten die achteckigen<br />

Pfeiler einen seitlichen Anzug von 70:1<br />

und Vertiefungen in Form trapezförmiger<br />

Nuten an den quer zur Brückenlängsachse<br />

angeordneten Seiten.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Die Ausführung der Kämpfergründung<br />

wurde entsprechend den anstehenden<br />

Felshorizonten in einem Verbau mit<br />

Rückverankerung geplant. Der Bogen<br />

wird als einzelliger Hohlkasten mit den<br />

Außenabmessungen von 7,40 m × 6,50 m<br />

am Bogenkämpfer und 5,90 m × 4,50 m<br />

am Bogenscheitel ausgeführt. Diese<br />

Abmessungen des Bogens sind dominierend<br />

gegenüber der Konstruktionshöhe<br />

des Überbaus mit 3,60 m, was sich im<br />

Gesamteindruck des Bauwerks positiv<br />

auswirkt. Mit diesen Abmessungen entsprechen<br />

die Schlankheiten denen der Talbrücke<br />

Froschgrundsee. Der Bogenstich<br />

beträgt 63,40 m und damit das Verhältnis<br />

f/l ca. 0,25.<br />

Die Lagerung der Überbaus erfolgt auf<br />

längs verschieblichen Punktkipplagern<br />

mit Querfesthaltung in jeder Lagerungsachse,<br />

die Festpunkte der Brücke in<br />

Längsrichtung sind jeweils an den Widerlagern<br />

und im Bogenscheitel angeordnet.<br />

Aufgrund der Trassierung wurde eine im<br />

Grundriss asymmetrische Bogenform gewählt:<br />

Die Bogeninnenseite folgt einem<br />

kleineren Radius als die Fahrbahnkrümmung,<br />

die Bogenaußenseite liegt in einer<br />

Geraden. Diese etwas ungewöhnliche<br />

Form trägt zur Verringerung der Exzentrizität<br />

des Bogens bei und reduziert somit<br />

die Beanspruchungen hinsichtlich der<br />

Torsion aus Eigengewicht.<br />

Die NBS ist für die Streckenklasse D4<br />

der DB Netz AG mit Radsatzlasten bis zu<br />

22,50 t geplant. Die Eisenbahnbrücke<br />

wird entsprechend für Eisenbahnlasten<br />

nach DIN-Fachbericht 101 LM 71 und<br />

SW/2 bemessen.<br />

Die technischen Daten der Grümpentalbrücke<br />

sind:<br />

– Bauart: Spannbetonhohlkasten,<br />

Durchlaufträgerkette, Bogenbrücke mit<br />

aufgeständerter Fahrbahn<br />

– Bauwerkslänge: 1.104 m<br />

– Breite: 14,10 m<br />

– Stützweiten: 43 m, 6 × 44 m, 9 × 30 m,<br />

11 × 44 m, 43 m<br />

– Bogenstützweite: 270 m<br />

– Konstruktionshöhe: 3,60 m<br />

– Bauhöhe: 4,525 m<br />

2.3 Ausschreibung<br />

Auf Grundlage des für die NBS bestehenden<br />

Planrechts und der durch die DB<br />

Netz AG genehmigten Entwurfsplanung<br />

erfolgte Ende 2005 die Ausschreibung mit<br />

Leistungsprogramm als Pauschalvertrag.<br />

Hierzu wurde die Entwurfsplanung in Bezug<br />

auf die neue Normung mit den DIN-<br />

Fachberichten überarbeitet und fortgeschrieben.<br />

Sondervorschläge waren nur in<br />

den Grenzen der geltenden Planfeststellung<br />

zulässig, alle Hauptabmessungen<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

8 Einbau von<br />

Magerbeton in Achse 90<br />

© Martin Schnellhardt<br />

9 Betonieren des<br />

Kämpfers in Achse 90<br />

© Martin Schnellhardt<br />

sowie die Brückenhauptform mussten<br />

also beibehalten werden. Als Möglichkeiten<br />

für die Herstellung der Überbauten<br />

waren das Taktschiebeverfahren oder die<br />

Errichtung mit Vorschubrüstung vorgegeben,<br />

für die wirtschaftliche Herstellung<br />

der Bögen kam aus Sicht des Auftraggebers<br />

nur der Freivorbau in Betracht.<br />

Um die Eingriffe in die Umwelt kurzfristig<br />

zu kompensieren, wurden die trassennahen<br />

Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />

mit ausgeschrieben. Oberbau, Feste<br />

Fahrbahn, Oberleitung, Signaltechnik und<br />

aktiver Schallschutz sind vorerst nicht<br />

Bestandteil der Maßnahmen und werden<br />

im Zuge der Realisierung des Oberbaus<br />

umgesetzt.<br />

Die Vergabe der Leistung erfolgte nach<br />

europaweiter Ausschreibung im Februar<br />

2006 ebenso wie die Vergabe der Bauüberwachungsleistungen.<br />

Nach der<br />

Übergabe des Baufeldes konnte mit den<br />

Planungen und Bauarbeiten vor Ort begonnen<br />

werden.<br />

3 Bauausführung<br />

Den Auftrag für die Grümpentalbrücke<br />

erhielt die Firma Gerdum u. Breuer Bauunternehmen<br />

GmbH in Fuldabrück. Für<br />

die Baugruben der Kämpferfundamente<br />

und die Errichtung des Bogens wurden<br />

durch den Auftraggeber DB ProjektBau<br />

GmbH Sondervorschläge angenommen,<br />

die im Wesentlichen die Herstellung der<br />

Kämpferbaugruben mit einem kreisrunden<br />

Verbau aus überschnittenen Bohrpfählen<br />

ohne Rückverankerung und die<br />

Geometrie des Bogens umfassten. Die<br />

Herstellung des Bogens der Grümpental-<br />

brücke erfolgt nach Wahl der ausführenden<br />

Firma mit Hilfsunterstützung (Betonhohlkastenquerschnitt)<br />

in den Achsen der<br />

Bogenpfeiler; mit einem abschnittsweise<br />

verfahrbaren Traggerüst wurde der Bogen<br />

in neun Abschnitten realisiert.<br />

Im Bereich der Kämpfergründung stand<br />

der tragfähige Fels in der Achse 80 erst in<br />

ca. 20 m und in der Achse 90 in ca. 17 m<br />

Tiefe an. Dies entsprach der erkundeten<br />

Geologie. Nach dem erforderlichen Bodenaustausch<br />

der weniger tragfähigen<br />

Schichten mit Magerbeton begann 2007<br />

die Herstellung des Kämpfers Achse 90<br />

und der Pfeiler.<br />

Nach Fertigstellung der nördlichen<br />

Bogenbauabschnitte 1–4, von Achse<br />

90 beginnend, erfolgt die Realisierung<br />

der südlichen Abschnitte 5–8 und des<br />

Schlussstücks, deren Länge sich nach den<br />

im Grundriss 30 m voneinander entfernt<br />

liegenden Hilfsstützen aus Stahlbeton<br />

richtete. Nach dem Betonieren des ca.<br />

42 m langen und in drei Betonierabschnitte<br />

unterteilten ersten Bauabschnitts des<br />

Bogens wurde das Traggerüst feldweise<br />

umgesetzt, wobei das Ablassen mittels<br />

Litzenhebern erfolgte, die auf den späteren<br />

Anfängern der Bogenpfeiler aufl agen.<br />

Bei der gewählten Bauweise war es erforderlich,<br />

das Traggerüst nach dem vierten<br />

Bauabschnitt im Talgrund um 180 ° zu<br />

drehen, um den geometrischen Erfordernissen<br />

der südlichen Bogenhälfte ab<br />

Achse 80 gerecht zu werden. Im November<br />

2009 wurde der Bogen geschlossen.<br />

Die Überbauerstellung erfolgt mit einer<br />

Vorschubrüstung vom Nordwiderlager<br />

Achse 210 in Richtung südliches Wider-<br />

46


47<br />

lager Achse 10; die Länge der 24 Überbauabschnitte<br />

beträgt 44–60 m. Vor dem<br />

Herstellen des Überbaus im Bogenbereich<br />

werden die Lager und Pressen an den<br />

Hilfspfeilern freigesetzt, um das Eigengewicht<br />

des Bogens zu aktivieren. Voraussetzung<br />

für das Überfahren des Bogens<br />

mit der Vorschubrüstung ist die dann<br />

wiederhergestellte kraftschlüssige Verbindung<br />

zwischen den Hilfsstützenlagern<br />

und dem Bogen. Mittels bauzeitlicher<br />

Lager und Pressen auf den Bogenpfeilern<br />

wird danach der Überbau in Endlage<br />

gefertigt, wodurch die bauzeitlichen<br />

Beanspruchungen des Überbaus und<br />

des Bogens minimiert werden können.<br />

Erst nach Fertigstellung des Überbaus im<br />

Bogenbereich werden die endgültigen<br />

Lager angeordnet.<br />

4 Ausblick<br />

Die Grümpentalbrücke und die Talbrücke<br />

Froschgrundsee werden nach ihrer Fertigstellung<br />

die am weitesten gespannten<br />

Eisenbahn-Betonbogenbrücken Europas<br />

sein.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Martin Schnellhardt<br />

DB ProjektBau GmbH,<br />

Erfurt<br />

12 Visualisierung der Grümpentalbrücke<br />

© Kinkel und Partner<br />

Bauherr<br />

DB Netz AG, Berlin<br />

Auftraggeber<br />

DB ProjektBau GmbH, Erfurt<br />

Genehmigungsbehörde<br />

Eisenbahn-Bundesamt, Erfurt<br />

Entwurf<br />

Obermeyer Planen + Beraten GmbH, München<br />

Ausführungsplanung<br />

Kinkel + Partner, Gesellschaft Beratender<br />

Ingenieure GmbH, Neu-Isenburg<br />

10 Bogenschluss und Überbauherstellung<br />

© Frank Kniestedt<br />

11 Ablassen der Bogenrüstung<br />

© Martin Schnellhardt<br />

Bauüberwachung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende<br />

Ingenieure VBI, GmbH, Erfurt<br />

Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Erfurt<br />

Güteprüfung<br />

Güteprüfdienst der DB AG, Berlin<br />

Prüfi ngenieur<br />

Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />

Bauausführung<br />

GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />

Fuldabrück<br />

S Y M P O S I U M<br />

© LAP<br />

© COWI AS<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010<br />

BRÜCKEN<br />

Planen. Überwachen. Erhalten.<br />

Elbebrücke Schönebeck<br />

Bauüberwachung<br />

Grümpentalbrücke<br />

Entwurfsplanung, Ausschreibung<br />

Fehmarnbeltquerung<br />

Entwurfsplanung<br />

GEBÄUDE<br />

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UMWELT<br />

Verantwortung für alle<br />

Bereiche der Bauplanung<br />

www.opb.de


S Y M P O S I U M<br />

Statische und dynamische Anforderungen<br />

Mit Hochgeschwindigkeit über das Ilmtal<br />

� � � von Peter Seitz, Manfred Förtsch, Eberhard Pitsch, Heinz Pircher<br />

Im Zuge der Eisenbahnaus- und<br />

-neubaustrecke Nürnberg–Erfurt–<br />

Leipzig/Halle–Berlin wird derzeit<br />

auch die Ilmtalbrücke errichtet, die<br />

nach ihrer Fertigstellung die größte<br />

aller Talquerungen in diesem<br />

Abschnitt und zugleich die längste<br />

Eisenbahnbrücke Thüringens sein<br />

wird. Der nachstehende Beitrag<br />

erläutert die Charakteristika des<br />

Entwurfs sowie die statischen und<br />

dynamischen Besonderheiten bei<br />

ihrer Planung und Realisierung.<br />

1 Einleitung<br />

Im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche<br />

Einheit (VDE) Nr. 8 Schiene, Aus- und<br />

Neubaustrecke (NBS) Nürnberg–Erfurt–Leipzig/Halle–Berlin,<br />

wird die als<br />

VDE Nr. 8.1 be zeichnete 107 km lange<br />

NBS Ebens feld–Erfurt errichtet. Sie ist<br />

Teil einer der Nord-Süd-Verbindungen<br />

in Deutschland und soll zusammen mit<br />

den Nachbar ländern als eine transeuropä<br />

ische Verbindung von Norditalien bis<br />

Skandinavien ausge baut werden. Nach<br />

Abschluss der Arbeiten und geplanter<br />

Inbetrieb nahme 2017 wird die Fahrzeit<br />

zwi schen München und Berlin bei Streckengeschwindigkeiten<br />

bis zu 300 km/h<br />

auf ca. 4 h reduziert.<br />

In dem zu realisierenden Streckenabschnitt<br />

(VDE 8.1) werden neben 22<br />

Tunnels mit einer Länge von insge samt<br />

41 km auch 29 Talbrücken mit einer Gesamtlänge<br />

von 12 km gebaut. Mit einer<br />

Einzellänge von 1.681 m ist die auf den<br />

Tunnel Tragberg folgende Ilmtalbrücke die<br />

größte aller zu erstellenden Tal brücken<br />

und gleichzei tig die längste Eisenbahnbrücke<br />

Thüringens. Mit einer Höhe bis zu<br />

45 m überführt sie die im Grundriss von<br />

einem Radius in die Gerade übergehende<br />

zweigleisige Strecke über das östlich der<br />

2 Bauwerksübersicht<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Brücke im Bau<br />

© Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG<br />

Stadt Langewiesen gelegene Ilmtal. Das<br />

von einer breiten ebenen Form ge prägte<br />

Tal verläuft im Süden fl ach zur Bundesstraße<br />

B 88 und besitzt im Norden eine<br />

sanft ansteigende Flanke. Weiterhin<br />

werden die ehemalige Eisenbahnstrecke<br />

Ilmenau–Großbreit enbach sowie mehrere<br />

Fischteiche überquert.<br />

2 Bauwerksentwurf<br />

Um den technischen wie den landschaftsplanerischen<br />

und gestalterischen Anforderungen<br />

gerecht zu werden, wurde<br />

als wirtschaftliche Lösung ein einzelliger<br />

Spannbetonhohlkasten als Durchlaufträgerkette<br />

gewählt, wobei der Überbau<br />

in vier Abschnitte mit Längen von 336 m,<br />

415 m, 459 m und 472 m unterteilt ist.<br />

Um eine hohe Transparenz des Talraums<br />

zu er reichen, wurden hierfür drei Stahlbetonbögen<br />

angeordnet. Der zentral gelegene<br />

Bogen Mitte mit einer Spannweite<br />

von 155 m und einem Stich von rund 40 m<br />

überbrückt dabei die Ilm. Entsprechend<br />

der vorhandenen Topographie wurde für<br />

den Bogen Nord eine Spannweite von<br />

175 m bei einem Stich von 37,50 m und<br />

für den Bogen Süd mit einer Spannweite<br />

von 125 m ein Stich von 31 m konzipiert.<br />

Für die dazwischenliegenden Pfeiler<br />

wurde der nach DB-Rahmenplanung<br />

übliche Pfeilerabstand von 44 m auf eine<br />

Regelstützweite von 58 m vergrößert; die<br />

maximale Stützweite im Anschluss an<br />

den Bogen Mitte beträgt sogar 68 m. Die<br />

Konstruktionshöhe des Überbaues misst<br />

auf gesamter Bauwerkslänge konstant<br />

5,00 m. Die in den Anschlussdämmen<br />

ge gründeten Hohlkastenwiderlager mit<br />

ihrer schlanken Seitenansicht runden das<br />

gefällige Erscheinungsbild der Brücke ab,<br />

was auch der ortsna hen Lage geschuldet<br />

ist. Zum Schutz der benachbar ten<br />

Bebauung werden auf der Westseite des<br />

14,10 m breiten Überbaues durchgängig<br />

eine 2,00 m hohe Lärmschutzwand sowie<br />

in Teilbereichen eine 4,00 m hohe Wand<br />

angeordnet.<br />

48


49<br />

Der Entwurf bietet als weiteren Vor teil,<br />

dass mit den Bögen steife Ele mente zur<br />

Abtragung der hohen Horizontallasten in<br />

Brückenlängs richtung, wie Anfahren und<br />

Brem sen, für die einzelnen Überbauabschnitte<br />

geschaffen wurden und somit<br />

massige und plump wirkende Festpfeilergruppen<br />

vermie den werden konnten.<br />

3 Unterbauten<br />

Die Widerlager Süd und Nord werden als<br />

begeh bare Kastenwiderlager hergestellt,<br />

für die Bauwerksunterhaltung ist an der<br />

Achse 10 eine Zufahrt vorgese hen. Im<br />

Zuge der Bearbeitung der funktionalen<br />

Ausschreibung wurden die Gründungsverhältnisse<br />

für beide Widerlager angeglichen<br />

und die Flachgründung des<br />

Widerlagers Süd ebenfalls in den stabilisierten<br />

Dammabschnitt hochgesetzt,<br />

um die Bean spruchungen zu reduzieren<br />

und den erforderlichen Erdbau für den<br />

Übergangsbereich Widerlager–Strecke<br />

zu optimieren.<br />

Die Brückenpfeiler lassen sich abhängig<br />

von ihrer Anordnung und Funktion statisch<br />

zu folgenden Grup pen zusammenfassen:<br />

– 14 Regelpfeiler,<br />

– 13 Trennpfeiler,<br />

– 16 Kämpferpfeiler,<br />

– 16 Bogenständer.<br />

We gen des erst mehrere Meter tief unter<br />

Geländeoberfl äche anstehenden tragfähigen<br />

Baugrundes werden mit Ausnahme<br />

von vier Pfeilern alle mittels Bohrpfählen<br />

tiefgegründet. Als konstruktiv problematisch<br />

erwiesen sich insbesondere<br />

die Köpfe der Regelpfeiler: Wegen der<br />

vergrößerten Stützweiten und der daran<br />

angepassten Überbauhöhe erge ben sich<br />

wesentlich größere Lager- und Pressenlasten<br />

als bei den üblichen 44-m-Feldern.<br />

Um die Abmes sungen analog DB-Rahmenplanung<br />

von 5,80 m in Brückenquer-<br />

und 2,70 m in -längsrichtung beibehalten<br />

zu können, werden moderne, hochbelastbare<br />

Kalottenlager verwendet. Ferner<br />

wurde der Überbau unten von 5,00 m<br />

auf 5,40 m verbreitert und der Besichtigungstrog<br />

auf ein zweckorientiertes Maß<br />

verkleinert. Dadurch wurde es möglich,<br />

die Lager sowie die in der Regel U-för mig<br />

um sie herum angeordneten Pressen auf<br />

dem verfügbaren Platz unterzubringen.<br />

Statisch führte diese Lösung vor allem<br />

zu Problemen bei der Lasteinleitung aus<br />

Teilfl ächenpressung und bei der Lastweiterleitung<br />

auf den Schaftquerschnitt,<br />

so dass die Pfeilerköpfe mit Betonen<br />

C40/50–C50/60 ausgeführt werden<br />

mussten. Es ist anzumerken, dass man<br />

sich hier sicherlich im Grenzbereich der<br />

noch sinnvollen Umsetzung der Rahmenplanung<br />

bewegt.<br />

Die drei Bögen dürfen nicht unerwähnt<br />

bleiben. Für den Bogen Süd galt es das<br />

Problem zu lösen, dass er im Grundriss<br />

eine Gerade beschreibt und der aufge-<br />

3 Bogen mit Lehrgerüst<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

ständerte Überbau im Radius von 7.000 m<br />

verläuft. Durch ein Ausmitteln der Geraden<br />

unterhalb des Kreisbogens und der<br />

exzent rischen Anordnung der Bogenständer<br />

– die äußeren sind nach rechts und die<br />

inneren nach links gegenüber der Bogenachse<br />

versetzt – ließ sich die unvermeidbare<br />

Torsionsbean spruchung für den<br />

Bogen auf ein Minimum reduzieren. Bei<br />

den beiden anderen Bögen entfi el dieses<br />

Problem, weil hier Überbau- wie Bogenachse<br />

in der Geraden liegen. Die fl ache<br />

und ebene Talform erlaubte es, für jeden<br />

Bogen ein durchgängiges Lehrgerüst aufzustellen<br />

und sie dann, ausgehend von<br />

den Kämpfern, symmetrisch zum Scheitel<br />

hin in mehreren Abschnitten zu er richten.<br />

Der Querschnitt wird dabei immer in<br />

zwei Abschnitten, zuerst Bodenplatte mit<br />

Stegen und an schließend Deckenplatte,<br />

betoniert. Durch die gewählte Bauweise<br />

und die Steifi g keitsunter schiede zwischen<br />

Traggerüst und vorhandenem<br />

Querschnitt lässt es sich nicht vermeiden,<br />

dass Letzterer den größten Teil der Frischbetonlast<br />

der Decke aufnimmt. Um die<br />

statischen Auswirkungen beurteilen zu<br />

können, wurde für den Bauzustand daher<br />

ein kombi niertes System aus Bogen und<br />

Traggerüst untersucht.<br />

S Y M P O S I U M<br />

4 Bewehrung des Bogens<br />

© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />

mbH & Co. KG<br />

5 Pfeilerkopfausbildung<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Die Bögen sind mittels der Kämpfer fl ach<br />

gegründet. Für die Bögen Mitte und Nord<br />

steht erst in 7–10 m Tiefe ausreichend<br />

trag fähiger Fels an. Aus konstruktiver<br />

Sicht erschien es nicht sinnvoll und wirtschaftlich<br />

auch nicht vertretbar, einen<br />

bewehrten Beton bis auf diese Gründungssohle<br />

einzubringen. Somit musste<br />

nach anderen Lösungen gesucht werden.<br />

Und so hat man sich für eine Aufteilung<br />

des Kämpfers in einen oberen bewehrten<br />

Stahlbeton- und einen unteren unbewehrten<br />

Magerbetonteil entschieden.<br />

Im Weiteren ergab sich noch die Frage,<br />

wie die hierfür nötige Bau grube gesichert<br />

werden sollte, wobei sich eine überschnittene<br />

Bohrpfahlwand als optimal herausstellte.<br />

Um bei dieser Baugrubenhöhe<br />

auf Anker verzichten zu können, ist eine<br />

kreis förmige Geometrie ideal, die jedoch<br />

im Widerspruch zur möglichst rechteckförmigen<br />

Kämpfergründung steht. Zur<br />

Ausführung gelangte nun ein korbbogenförmiger<br />

Grundriss, welcher auf beide<br />

Randbedingungen Rücksicht nimmt:<br />

Somit konnten die bis zu 23 m langen und<br />

21,50 m breiten Baugruben ohne Anker<br />

mit Pfahldurchmessern von 1,20 m ausgeführt<br />

werden, verbunden mit geringen<br />

Nachteilen bei der An dienung, da ein Heranfahren<br />

bis an die Baugrubenkante nur<br />

an vorher genau defi nierten und auf der<br />

Baustelle gekennzeichneten Bereichen<br />

gestattet war.<br />

4 Überbau<br />

Der von Süden nach Norden hin ein konstantes<br />

Gefälle von 12,50 ‰ aufweisende<br />

Überbau wird durch vier Schienenauszüge<br />

am Widerlager Süd in Achse 10, in den<br />

Achse 130 und 190 sowie am Widerlager<br />

Nord in Achse 250 in drei voneinander<br />

unabhängige Abschnitte unterteilt; jene<br />

Gliederung wurde für die statischen<br />

Systeme des Endzustandes ebenfalls<br />

beibehalten. Bei der Modellierung musste<br />

beachtet werden, dass der über 700 m<br />

lange Abschnitt von Achse 10–130 für<br />

den Fall einer Überbauerneuerung in<br />

zwei Durchlaufträger unterteilt ist, welche<br />

mittels externer Spannglieder und<br />

vertikal angeordneter Elastomerlager<br />

an der Achse 70 miteinander verbunden<br />

sind. Diese sogenannte Längskraftkopplung<br />

ermöglicht die Übertragung von<br />

Kräften in Brückenlängsrichtung, für<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

6 Kämpferbaugrube in Achse 210<br />

© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />

mbH & Co. KG<br />

7 Kämpferkonzeption<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

vertikale Biegemomente wirkt sie jedoch<br />

als Gelenk. Zur Aufnahme der horizontalen<br />

und vertikalen Querkräfte sind<br />

auf dem Pfeiler für jedes Überbauende<br />

daher entsprechende Lager vorhanden.<br />

Für jeden der drei Ab schnitte wurde ein<br />

Gesamtsystem aus Pfeilern, Bögen und<br />

Überbau modelliert. Dies erfolgte vor<br />

allem im Hinblick auf das Zusammenspiel<br />

zwischen Überbau und dem im Vergleich<br />

dazu relativ weichen Bogen, denn nur<br />

so ließen sich wirklichkeitsnahe Berechnungsergebnisse<br />

erzielen.<br />

Zur Herstellung des Überbaus wurde das<br />

Taktschiebeverfahren gewählt, das unter<br />

anderem den Vorteil einer kontinuierlichen<br />

Fertigung im sogenannten Taktkeller<br />

bietet. Bei der Umsetzung für die Ilmtalbrücke<br />

ergaben sich bei der Planung<br />

jedoch verschiedene Schwierigkeiten. So<br />

musste Berücksichtigung fi nden, dass die<br />

11 Schema der Bogenabspannung<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

8 Überbau in Achse 190<br />

© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />

9 Trennfuge in Achse 190<br />

© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />

mbH & Co. KG<br />

10 Bewehrung im Taktkeller<br />

© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />

mbH & Co. KG<br />

50


51<br />

Brücke im Grundriss von einem Radius im<br />

Bereich Achse 10–130 über eine Klothoide<br />

in eine Gerade übergeht. Die unterschiedlichen<br />

Stützweiten zwischen Bogenständer<br />

und Pfeilern bedeuteten zudem<br />

eine besondere Heraus forderung bei der<br />

Bestimmung der einzelnen Taktlängen,<br />

zumal durch den Vorbauschnabel und<br />

die Hub-Schub-Anlagen das maximale<br />

Gewicht des zu schiebenden Überbaues<br />

ebenfalls eingeschränkt war. Dies führte<br />

dazu, dass zuerst der gerade Abschnitt<br />

mit einem Teil der Klothoide auf einer Ersatzachse<br />

vom nördlichen Widerlager her<br />

einge schoben wurde und nach Versetzen<br />

des Taktkellers zum Widerlager Süd von<br />

dort aus der Bau des ge krümmten Bereiches<br />

erfolgte; die hierdurch entstehende<br />

Lücke im Übergangsbogens wird durch<br />

feldweise Errichtung des Überbaus mit<br />

einem bodengestützten Traggerüst geschlossen.<br />

Neben den zwischen 15 m und 29 m<br />

schwankenden Taktlängen musste bei<br />

der Planung beachtet werden, dass für<br />

jede Verschubrichtung jeweils zwei im<br />

Endzustand voneinander getrennte<br />

Durchlaufträger existieren. Dazu werden<br />

die ein zelnen Überbauten im Bauzustand<br />

durch im Querschnitt liegende<br />

verbundlose Spannglieder zug- und<br />

druckfest zusammengespannt, wobei<br />

die Querkraftübertragung durch eine<br />

entsprechende Verzahnung der Überbauenden<br />

gewährleistet ist. Nach Erreichen<br />

der planmäßigen Endlage werden die<br />

Spannglieder dann wieder gelöst und die<br />

einzelnen Überbauabschnitte mittels<br />

horizontal dazwischenliegender Pressen<br />

über ihren jeweiligen Längsfestpunkt<br />

im Bogenscheitel ausgerichtet. Nicht<br />

weniger Kopfzerbrechen bereitete das<br />

Überschieben der Bögen: Durch die unsymmetrische<br />

Belastung beim Auffahren<br />

auf den Bogen treten für diesen unverträgliche<br />

Beanspruchungen auf, so dass<br />

Zusatzmaßnahmen ergriffen werden<br />

mussten. Die Überlegung, das Traggerüst<br />

bis zur abschließenden Bogenüberfahrt<br />

(symmetrische Belastung!) stehen zu<br />

lassen oder durch Hilfsstützen in den<br />

Ständerachsen zu ersetzen, wurde aus<br />

Kostengründen verworfen. Als optimale<br />

Lösung kristallisierte sich heraus, die<br />

un symmetrische Belastung durch Herunterspannen<br />

des Bogens auf der gegenüberliegenden<br />

Seite zu kompen sieren.<br />

Für jeden Verschubzustand wurden daher<br />

die erforderlichen Abspannkräfte und<br />

Verformungen vor, während und nach<br />

dem Schie ben ermittelt. Die auftretenden<br />

Bogenverformungen werden durch höhenverstellbare<br />

Verschiebelager so ausgeglichen,<br />

dass die Unterkante des Überbaus<br />

immer auf Soll höhe bleibt; während<br />

des Schiebevor gangs muss die Ein haltung<br />

der Kräfte und Verformungen auf der<br />

Baustelle kontinuierlich kontrolliert und<br />

gegebenenfalls korrigiert werden.<br />

5 Dynamik<br />

Bereits durch die Ausschreibung wurde<br />

festgelegt, dass die Ilmtal brücke dynamisch<br />

zu untersuchen ist. Diese Anforderung<br />

steht in Übereinstimmung mit<br />

der Richtlinie 804 »Eisenbahnbrücken:<br />

Dynamische Effekte bei Resonanzrisiko«<br />

der Deutsche Bahn AG, welche die<br />

einschlägigen Eurocodes ergänzt und<br />

unter anderem verlangt, dass für Brücken<br />

mit einer Entwurfsgeschwindigkeit von<br />

mehr als 200 km/h eine dynamische<br />

Berechnung durchgeführt werden muss.<br />

Eurocode und Richtlinie 804 defi nieren<br />

auch die generelle Vorgehensweise und<br />

die verschiedenen Anforderungen an eine<br />

solche dynamische Berechnung.<br />

Die dynamische Berechnung soll zeigen,<br />

ob aus der Wechselwirkung zwischen<br />

dem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug<br />

und dem Tragwerk weitergehende<br />

Anforderungen an die Bemessung resultieren.<br />

Dazu sind Berechnungen zur Simulation<br />

der Überfahrten für die Zugkonfi -<br />

gurationen HSLM A1–A 10 nach Eurocode<br />

1998/2 vorzunehmen und entsprechend<br />

auszuwerten.<br />

12 Lastbild für HSLM-Züge<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

S Y M P O S I U M<br />

Bei der Auswertung der Rechenergebnisse<br />

ist zu überprüfen, ob die vertikale<br />

Beschleunigung des Tragwerkes im Bereich<br />

der Gleise unter dem für die »Feste<br />

Fahrbahn« vorgeschriebenen Grenzwert<br />

von 5 m/s² bleibt. Außerdem ist zu untersuchen,<br />

ob die Schnittkräfte, die sich<br />

unter Berücksichtigung der baudynamischen<br />

Effekte für diese Überfahrten<br />

ergeben, unterhalb jener Werte bleiben,<br />

die im Rahmen der üblichen statischen<br />

Berechnung für die LM71 (Lastmodelle<br />

unter Benutzung eines »dynamischen<br />

Beiwertes«) ermittelt wurden.<br />

Für das vorliegende statische System<br />

ergibt sich eine Vielzahl von Eigenfrequenzen<br />

für Biegung, Torsion und Längsverschiebung<br />

der verschiedenen Trägerstützweiten,<br />

des Bogens, der Stützen<br />

und der Bogenständer. Es ist daher nicht<br />

möglich, die dynamische Berechnung<br />

auf einzelne »Resonanzgeschwindigkeiten«<br />

einzuschränken, somit notwendig,<br />

tatsächlich den gesamten Geschwindigkeitsbereich<br />

mit einer ausreichend engen<br />

Schrittweite von 5 km/h zu erfassen. Für<br />

jede der zehn HSLM-A-Konfi gurationen<br />

sind also ca. 50 Zugüberfahrten zu simulieren<br />

und aus den Resultaten dieser<br />

insgesamt ca. 500 Zugüberfahrten für<br />

alle relevanten Daten (Beschleunigung,<br />

Schnittkräfte, Verformungen) die maximalen<br />

und minimalen Werte zu ermitteln.<br />

Die Verwendung der für die Bearbeitung<br />

derartiger Berechnungsprobleme sonst<br />

üblichen Verfahren (Zeitschrittberechnung<br />

auf Basis expliziter oder impliziter<br />

Differenzenmethode) würde für die<br />

Simulation einer einzelnen Zugüberfahrt<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Rechnerzeiten in der Größenordnung von<br />

ca. 0,50 h bedeuten, und die Gesamtberechnung<br />

für alle 500 Überfahrten wäre<br />

in der Größenordnung von ein bis zwei<br />

Wochen kaum mehr praktikabel. Daher<br />

wurde auf ein alternatives Verfahren<br />

zurückgegriffen, das bereits für ca. 200<br />

Brücken der österreichischen »Westbahn«<br />

Wien–Salzburg mit großem Erfolg<br />

zum Einsatz kam. Hierbei wird zunächst<br />

die Überfahrt einer einzelnen Achslast<br />

betrachtet. Die Lösung für diese einzelne<br />

Last gilt dann für alle Achslasten des<br />

Lastenzuges, wobei das Gesamtergebnis<br />

durch Überlagern der immer gleichen<br />

Basislösung für alle Achsen des Zuges<br />

gebildet wird – mit der jeweils gültigen<br />

Zeitverschiebung, die sich aus Achsabstand<br />

und Fahrgeschwindigkeit ergibt.<br />

Die Basislösung für die einzelne Achslast<br />

wird nach den Prinzipien der »modalen<br />

Analyse« berechnet. Dabei werden zunächst<br />

im ersten Schritt die relevanten<br />

Eigenfrequenzen mit den zugehörigen<br />

Eigenschwingformen ermittelt und ein<br />

äquivalenter Ein-Mas se-Schwinger (EMS)<br />

zugeordnet. Für die zeitabhängige Belastung<br />

des EMS muss das Vektorprodukt<br />

aus Eigenschwingform und Last (Achslast<br />

in ihrer jeweiligen Position) gebildet<br />

werden. Die Eigenschwingform wird<br />

feldweise als Summe von einigen wenigen<br />

Sinusfunktionen dargestellt, wobei<br />

deren Koeffi zienten durch eine einfache<br />

Ausgleichsrechnung bestimmt werden.<br />

Mit dieser algebraischen Darstellung der<br />

Eigenschwingform ergibt sich eine analoge<br />

Formulierung der Lastfunktion und<br />

in der Folge eine einfache algebraische<br />

Darstellung (Summe über mehrere Sinusfunktionen)<br />

der Lösungsfunktion für die<br />

Differentialgleichung, die das zeitabhän-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

13 Bogen Mitte: Träger-Biegeschwingung bei 0,887 Hz<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

14 Bogen Mitte: Träger-Biegeschwingung bei 1,911 Hz<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

15 Bogen Nord: Träger-Biegeschwingung bei 5,831 Hz<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

16 Bogen Nord: Träger-Biegeschwingung bei 2,610 Hz<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

17 Bogen Mitte:<br />

Querbiegung und Torsion bei 1,320 Hz<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

gige Verhalten des EMS beschreibt. Die<br />

Lösung für den EMS erlaubt wiederum<br />

die Gesamtlösung für die Zugüberfahrt<br />

durch einfache Summenbildung. Und aus<br />

der Zusammenfassung aller verwendeten<br />

Eigenfrequenzen entsteht das Resultat<br />

für die einzelne Achslast und daraus das<br />

für den Zug.<br />

Dieses Verfahren hat gegenüber den<br />

sonst verwendeten Zeitschrittverfahren<br />

zwei Vorteile:<br />

1. Die geschlossene analytische Darstellung<br />

vermeidet alle Unsicherheiten<br />

und Ungenauigkeiten, die sich bei der<br />

Differenzenmethode aus der Wahl des<br />

Zeitschrittes ergeben.<br />

2. Die geschlossene analytische Darstellung<br />

reduziert die extremen Rechenzeiten<br />

der Differenzenmethode bis zu<br />

einem Verhältnis von 1:500.<br />

Eine genaue Beschreibung fi ndet sich in<br />

[6] und [8].<br />

Die Eigenfrequenzen wurden mit dem<br />

Programmsystem Sofi stik ermittelt, die<br />

Berechnung der Zugüberfahrten und die<br />

Auswertungen mit dem HSRDyn von IT<br />

Services in Civil Engineering, Dr. H. Pircher,<br />

Graz, durchgeführt, das als »Zusatzanwendung«<br />

für Microsoft Excel konzipiert<br />

ist. Die Aufbereitung der Rechenergebnisse<br />

inklusive graphischer Darstellung<br />

kann somit mit den dort verfügbaren<br />

Standardfunktionen erfolgen.<br />

52


53<br />

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0<br />

-800<br />

-700<br />

-600<br />

-500<br />

-400<br />

-300<br />

-200<br />

-100<br />

0<br />

100<br />

200<br />

300<br />

400<br />

500<br />

600<br />

700<br />

800<br />

900<br />

1000<br />

Av [mm/sec2]<br />

Ergebnis Nr. 3<br />

Zeitdiagramm für Überfahrt<br />

Zug: HSLM-A10 V= 285,0 km/h<br />

110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360<br />

1000<br />

-900<br />

-800<br />

-700<br />

-600<br />

-500<br />

-400<br />

-300<br />

-200<br />

-100<br />

0<br />

100<br />

200<br />

300<br />

400<br />

500<br />

600<br />

700<br />

800<br />

900<br />

1000<br />

v [ m/sec2]<br />

Ergebnisgruppe 1 Av Feld 1<br />

Ilmtalbrücke, Bogen Nord V4 Hüllkurven<br />

Züge HSLM-A 1 (1) bis HSLM-A10 (10) V von 120,0 bis 360,0 km/h<br />

Die Berechnung wurde für die Teilsysteme<br />

»Bogen Nord«, »Bogen Mitte« und<br />

»Bogen Süd« vorgenommen, wobei jedes<br />

von ihnen ca. 2.000 Freiheitsgrade hat. Es<br />

ließ sich nachweisen, dass die vorliegende<br />

Bemessung der Ilmtalbrücke die verschiedenen<br />

Anforderungen erfüllt, die sich aus<br />

den gültigen Vorschriften bezüglich des<br />

dynamischen Verhaltens, insbesondere<br />

der Richtlinie 804, ergeben. Im Einzelnen<br />

wäre zu bemerken:<br />

Die maximalen Ergebniswerte für die<br />

vertikale Beschleunigung bleiben mit<br />

ca. 1 m/s² deutlich unter dem zulässigen<br />

Grenzwert von 5 m/s². Der Hauptgrund<br />

für das sehr günstige Verhalten liegt<br />

darin, dass der Hohlkastenquerschnitt<br />

genug Masse besitzt, um Vertikalschwingungen<br />

auch im Resonanzfall klein zu<br />

halten. Außerdem führt der Unterschied<br />

zwischen den Stützweiten der Randfelder<br />

und der geringeren Stützweite über den<br />

Bögen zu verschiedenen Eigenfrequenzen<br />

der einzelnen Schwingungsformen des<br />

Biegeträgers, die sich bei gleichzeitiger<br />

Anregung durch einen längeren Zug<br />

gegenseitig stören.<br />

18 Bogen Nord: Zeitdiagramm für<br />

die vertikale Beschleunigung<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

19 Bogen Nord:<br />

Hüllkurven für alle Züge<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

Aus denselben Gründen sind auch die<br />

Biegemomente des Trägers wesentlich<br />

kleiner als die für die LM71-Belastung. Die<br />

dort ausgewiesenen Schnittkräfte und<br />

die darauf beruhende Bemessung decken<br />

daher alle Belastungssituationen ab, die<br />

im Rahmen der dynamischen Berechnung<br />

zu untersuchen waren.<br />

Der Träger ist auf den Stützen und auf<br />

den Bogenständern durchwegs mit Gleitlagern<br />

gelagert, die Längskräfte werden<br />

in den Bogenscheiteln auf die Bögen<br />

übertragen und über diese zu den Bogenkämpfern<br />

abgeleitet. Daher werden im<br />

Rahmen der statischen Berechnung nur<br />

vertikale Aufl agerkräfte in die Stützen<br />

und Bogenständer eingeleitet, wenn man<br />

von den geringen Lagerreibungskräften<br />

absieht; in der Folge gibt es also keine<br />

nennenswerte Biegebeanspruchung in<br />

den Stützen. Im Gegensatz dazu zeigt die<br />

dynamische Berechnung, dass der fahrende<br />

Zug lokale Schwingungen der Bogenständer<br />

und der Kämpferstützen anregt,<br />

etwa im Sinne eines unten eingespannten<br />

Kragarmes. Voraussetzung für die<br />

Anregung einer solchen Schwingungsform<br />

ist, dass die zugehörige Schwingungsfi<br />

gur Vertikalkomponenten der<br />

Fahrbahn in ausreichender Größenord-<br />

S Y M P O S I U M<br />

Bridge Design<br />

Project Massetal Railway Bridge,<br />

Germany<br />

Engineering Obermeyer,<br />

SSF Engineers, Büchting+Streit<br />

Project Khor Al Batah Bridge, Sur,<br />

Sultanate of Oman<br />

Engineering Schlaich Bergermann &<br />

Partners<br />

Project Paserelle des deux Rives,<br />

Strasbourg – Kehl, France – Germany<br />

Engineering Büchting+Streit,<br />

LAP Leonhardt Andrä & Partner<br />

Project Saadiyat Bridge, Abu Dhabi<br />

Engineering K+S Ingenieur-Consult<br />

www.sofi stik.com<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

nung enthält, was bei allen drei Teilsystemen<br />

für mehrere Eigenfrequenzen der<br />

Fall ist. Je nach dem Verhältnis zwischen<br />

den Eigenfrequenzen des Bogens und der<br />

lokalen Schwingungen der Stützen, der<br />

Fahrgeschwindigkeit des Zuges und der<br />

Waggonlänge werden jene Schwingungsformen<br />

zwischen 2 Hz und 6 Hz mehr<br />

oder weniger stark angeregt. Die größten<br />

Biegemomente entstehen dabei immer<br />

an der Einspannstelle der Ständer bzw.<br />

Kämpferstützen am Bogen.<br />

Die Biegemomente aus der statischen<br />

Berechnung für die LM71-Lasten sind<br />

nur bedingt vergleichbar, weil der oben<br />

beschriebene Effekt von ihr naturgemäß<br />

nicht erfasst wird: Sie entstehen in erster<br />

Linie aus Effekten der Theorie II. Ordnung,<br />

sind aber in einer ähnlichen Größenordnung<br />

wie die Werte, die sich aus der dynamischen<br />

Berechnung ergeben und bei der<br />

Bemessung der Einspannstelle und beim<br />

Dauerfestigkeitsnachweis zu berücksichtigen<br />

sind. Der oben beschriebene Effekt<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />

-20.000<br />

-15.000<br />

-10.000<br />

-5.000<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

-400<br />

-200<br />

0<br />

200<br />

400<br />

600<br />

800<br />

1000<br />

1200<br />

0<br />

5.000<br />

10.000<br />

15.000<br />

A 130 A 140 A 150 A 160 A 170 A 180 A 190<br />

20 Bogen Mitte:<br />

Momentenhüllkurven für den Träger<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

1400<br />

KNm] Ilmtalbrücke, Bogen Mitte<br />

Zeitdiagramm für Überfahrt:<br />

Zug 2 HSLM-A 2 V= 285,0<br />

22 Bogen Mitte: Zeitdiagramm<br />

für die Einspannmomente<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

Ergebnis Nr.5 M Kn/El 5040 cod<br />

Ei Ergebnis Nr.10 M Kn/El 5100 co<br />

-10.000<br />

-15.000<br />

-20.000<br />

-25.000<br />

0 20 40 60 80 100 120 140 1<br />

110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370<br />

-7<br />

-6<br />

-5<br />

-4<br />

-3<br />

-2<br />

-1<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

mm]<br />

Ergebnisgruppe 8 Ux A161-167<br />

Ilmtalbrücke, Bogen Mitte Hüllkurven<br />

Züge HSLM-A 1 (1) bis HSLM-A10 (10) V von 120,0 bis 360,0 km/h<br />

23 Bogen Mitte: Hüllkurven für die<br />

horizontale Auslenkung der Ständer<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

führt zudem zu relativ großen horizontalen<br />

Auslenkungen der Stützenköpfe in<br />

Längsrichtung, was bei Auslegung und<br />

Spezifi kation der Gleitlager zu beachten<br />

ist.<br />

Die Biegemomente und Normalkräfte der<br />

Bögen sind ebenfalls durchwegs kleiner<br />

als die Schnittkräfte für die LM71-Belastung<br />

aus der statischen Berechnung. Die<br />

dort ausgewiesenen Schnittkräfte und<br />

die darauf beruhende Bemessung der Bögen<br />

decken daher alle Belastungssituationen<br />

ab, die im Rahmen der dynamischen<br />

Berechnung zu untersuchen waren.<br />

Nachfolgend werden einige charakteristische<br />

Eigenschwingformen gezeigt:<br />

Die niedrigste Eigenfrequenz, die einer<br />

Träger-Biegeschwingung mit unsymmetrischer<br />

Bogenverformung zugeordnet ist,<br />

misst für das Teilsystem »Bogen Mitte«<br />

0,887 Hz, mit symmetrischem Bogen<br />

hingegen 1,911 Hz. Der Maximalwert<br />

für die vertikale Beschleunigung tritt<br />

beim »Bogen Nord« im Viertelpunkt des<br />

ersten Feldes bei der Überfahrt des Zuges<br />

HSLM-A10 mit 285 km/h auf. Diese Geschwindigkeit<br />

ergibt für die Wagenlänge<br />

von 27 m eine Fahrzeit von 0,341 s; das ist<br />

genau die doppelte Periode der Frequenz<br />

5,831 Hz.<br />

25.000<br />

20.000<br />

Achse 160<br />

15.000<br />

10.000<br />

5.000<br />

0<br />

-5.000<br />

Achse 161<br />

Achse 163 Achse 165<br />

Achse 162<br />

Achse 166<br />

Distanz vom Bogenanfang [m]<br />

Achse 167<br />

21 Bogen Mitte:<br />

Momentenhüllkurven für den Bogen<br />

© IT Services in Civil Engineering<br />

Achse 1<br />

Schwingungsformen, welche von den<br />

Kragarmschwingungen der Ständer<br />

dominiert werden, enthalten neben Komponenten<br />

der Bogenverformung auch<br />

vertikale Verformungen der Fahrbahn<br />

und werden daher vom fahrenden Zug<br />

angeregt. Dies führt, wie bereits erwähnt,<br />

zu Biegemomenten an der Einspannstelle<br />

und zu Relativverschiebungen an den<br />

Gleitlagern am Pfeilerkopf.<br />

Querbiegung und Torsion sind bei allen<br />

dafür relevanten Schwingungsformen<br />

miteinander gekoppelt. Solche Schwingungsformen<br />

enthalten für die exzentrisch<br />

im Querschnitt angeordneten Gleise<br />

Vertikalkomponenten und müssen daher<br />

in der Berechnung berücksichtigt werden.<br />

Bei allen drei Teilsystemen sind im Frequenzbereich<br />

bis 10 Hz ungefähr 100 Eigenfrequenzen<br />

aufgetreten, für die eine<br />

Berechnung durchgeführt wurde. Die<br />

Elimination nicht relevanter Eigenfrequenzen<br />

erfolgte dann automatisch und<br />

individuell für jedes Einzelergebnis.<br />

54


55<br />

Die Simulation der Zugüberfahrten<br />

basiert auf den errechneten Eigenfrequenzen<br />

und -schwingformen: Für jede<br />

Zugüberfahrt können für Einzelergebnisse<br />

Zeitdiagramme dargestellt werden,<br />

Maximal- und Minimalwerte werden<br />

dabei als »Hüllkurve« abgebildet und die<br />

Extremwerte aus allen simulierten Überfahrten<br />

zu Gesamthüllkurven ausgewertet.<br />

Nachfolgend sind einige charakteristische<br />

Beispiele zusammengestellt:<br />

Entsprechend den verschiedenen Waggonlängen<br />

der einzelnen Züge ergibt sich<br />

für jeden Zug eine andere Resonanzgeschwindigkeit,<br />

der größte Wert dabei für<br />

den Zug HSLM-A10 bei 285 km/h.<br />

Nach 2 s befi ndet sich das Triebfahrzeug<br />

über dem Bogenkämpfer. Die jetzt folgende<br />

unsymmetrische Belastung regt<br />

eine Schwingung mit großer Horizontalkomponente<br />

und 0,880 Hz an. Sie bleibt<br />

so lange ungefähr stationär, bis nach ca.<br />

5 s das Ende des Zuges den Bereich über<br />

dem Bogen verlässt und wieder eine kurze<br />

Phase mit unsymmetrischer Belastung<br />

verursacht.<br />

Zusertalgasse 5, A-8010 Graz<br />

Tel.: +43 - 6 50 - 6 92 09 09<br />

E-Mail: heinz.pircher@inode.at<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Peter Seitz<br />

Dipl.-Ing. (FH) Manfred Förtsch<br />

Dipl.-Ing. (FH) Eberhard Pitsch<br />

K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />

Dipl.-Ing. Dr. techn. Heinz Pircher<br />

IT Services in Civil Engineering Dr. H. Pircher, Graz,<br />

Österreich<br />

Literatur<br />

[1] Eurocode EN 1990-A1, Annex 2.<br />

[2] Eurocode EN 1991-2.<br />

[3] DB-Richtlinie 804 (Modul 804.3301): Eisenbahnbrücken.<br />

Dynamische Effekte bei Resonanzrisiko.<br />

[4] Technical specifi cation for interoperability<br />

relating to the infrastructure subsystem of<br />

the Trans-European high-speed rail system.<br />

[5] Clough R., Penzien J.: Dynamics of Structures.<br />

CSI Computers and Structures Inc. 1995.<br />

[6] Pircher H.: Analytische Zeitintegration und<br />

Modale Analyse. Dissertation, Technische<br />

Universität Graz, 2006.<br />

[7] Pircher H., Stadler C.: Dynamic Investigations<br />

at Austrian Westbahn. IABSE-Symposium<br />

2006.<br />

[8] Pircher, H., Stadler, C., Glatzl, J., Seitz, P.: Dynamische<br />

Berechnung von Eisenbahnbrücken<br />

im Zuge von Hochgeschwindigkeitsstrecken;<br />

in: Bautechnik (86), Heft 1, 2009.<br />

[9] Fink, J., Mähr, T.: Vergleich und Beurteilung unterschiedlicher<br />

Lastmodelle für die Ermittlung<br />

der dynamischen Antwort von Zugüberfahrten<br />

über Brücken bei Hochgeschwindigkeitsverkehr;<br />

in: Stahlbau (78), Heft 10, 2009.<br />

Waldaustraße 13, D-90441 Nürnberg<br />

Tel.: +49 - 9 11 - 6 27 93 - 0<br />

Fax: +49 - 9 11 - 6 27 93 - 10<br />

S Y M P O S I U M<br />

Bauherr<br />

Deutsche Bahn AG<br />

vertreten durch die<br />

DB ProjektBau GmbH, Regionalbereich Südost,<br />

Erfurt<br />

Entwurf<br />

Obermeyer Planen + Beraten GmbH, Erfurt<br />

Ausführungsentwurf und Tragwerksplanung<br />

K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />

Tragwerksplanung Pfeiler<br />

Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />

Aschaffenburg<br />

Genehmigungsbehörde<br />

Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Erfurt<br />

Prüfi ngenieur<br />

Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä M.Sc., Berlin<br />

Bauausführung<br />

Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />

Aschaffenburg<br />

Baudynamik JV<br />

Wir verstehen Statik und Dynamik<br />

Brückenbau<br />

Ingenieurbau<br />

Tunnelbau - U-Bahnbau<br />

Tragwerksplanung<br />

Industriebau<br />

Hochbau<br />

Kraftwerksbau<br />

Gesamtplanung<br />

E-Mail: office@ks-ingenieurconsult.de<br />

Web: http://www.ks-ingenieurconsult.de<br />

Baudynamik<br />

Hochgeschwindigkeitseisenbahn<br />

Simulation von Zugüberfahrten<br />

Schienenspannungen<br />

Beratung - Studien<br />

IT-Dienstleistungen<br />

Schulungen<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Vier besondere Talquerungen als Beispiele<br />

Großbrücken und ihre Herstellungsverfahren<br />

� � � von Manfred Becker<br />

Am Beispiel der im Zuge der Bundesautobahn<br />

A 38 Göttingen–Halle/<br />

Leipzig realisierten Friedetalbrücke,<br />

der im Rahmen des sechsstreifi gen<br />

Ausbaus der Bundesautobahn A 3<br />

bei Waldaschaff zu errichtenden<br />

Kauppenbrücke sowie der beiden<br />

auf der Eisenbahnneubaustrecke<br />

Ebensfeld–Erfurt liegenden ÜberführungsbauwerkeGrümpentalbrücke<br />

und Talbrücke Weissenbrunn<br />

beschreibt dieser Beitrag die Charakteristika<br />

bei der Herstellung von<br />

Großbrücken, und zwar vom Entwurf<br />

bis zum gewählten Bauverfahren.<br />

1 Friedetalbrücke<br />

1.1 Einleitung<br />

Die Friedetalbrücke war eine der letzten<br />

Straßenbrücken der Verkehrsprojekte<br />

Deutsche Einheit. Sie überführt die<br />

Bundesautobahn BAB A 38 von Bau-km<br />

51+235 bis Bau-km 51+720 über das Friedetal.<br />

Kennzeichnend für ihre Errichtung<br />

waren schwierige Gründungsverhältnisse<br />

und eine kurze Bauzeit. Am 22. Dezember<br />

2009 wurde dieser Abschnitt dem Verkehr<br />

übergeben.<br />

1.2 Bauwerksentwurf<br />

Die Friedetalbrücke liegt am südlichen<br />

Rand über dem Schachtfeld Sollstedt des<br />

gleichnamigen ehemaligen Kalibergwerkes.<br />

Der in Tiefen zwischen 600 m<br />

und 800 m umgegangene Kalisalzabbau<br />

wurde 1990 eingestellt, Folgeerscheinungen<br />

sind anhaltende Einsenkungen<br />

der Geländeoberfl äche über den Grubenfeldern<br />

sowie seismische Ereignisse<br />

infolge plötzlichen Spannungsabbaus im<br />

Deckgebirge. Die Bergsenkungsprozesse<br />

wirken sich an der Oberfl äche in Form von<br />

sehr fl achen Mulden aus, wobei es sich<br />

um weiträumige, langsam ablaufende<br />

Bewegungen handelt.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Trassenführung<br />

© Kinkel + Partner<br />

2 Entwurfsplanung: Grundriss<br />

© Kinkel + Partner<br />

3 Entwurfsplanung: Ansicht<br />

© Kinkel + Partner<br />

4 Entwurfsplanung: Querschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

56


57<br />

Im Untergrund stehen Festgesteinsformationen<br />

des Oberen und Mittleren<br />

Buntsandsteins in Form von Wechsellagerungen<br />

aus Ton-, Schluff-, Gips- und<br />

Sandstein an. Die Gipse im Oberen Buntsandstein<br />

unterliegen der Auslaugung,<br />

so dass am Bauwerkstandort zusätzlich<br />

einerseits mit sehr langsamen, fl ächenhaften<br />

und andererseits mit plötzlichen,<br />

örtlich begrenzten Geländeeinsenkungen,<br />

sogenannten Erdfällen, gerechnet<br />

werden muss, die laut Baugrundgutachten<br />

mit einem maximalen Durchmesser<br />

von 4,00 m anzunehmen sind.<br />

Die Ausschreibung sah einen einteiligen<br />

Verbundquerschnitt vor, der als Durchlaufträger<br />

mit den Stützweiten 55 m,<br />

65 m, 80 m, 135 m, 90 m und 65 m bei<br />

einer konstanten Konstruktionshöhe<br />

von 5,42 m mit einer Nutzbreite von<br />

29,50 m in einem Radius von 1.600 m das<br />

Tal durchquert. Die Gründung sollte auf<br />

Bohrpfählen mit d = 1,50 m und Längen<br />

bis zu 58 m erfolgen.<br />

Die Lager waren nachstellbar geplant,<br />

und es waren horizontale Baugrundbewegungen<br />

bis zu 1 cm in Brückenquer-<br />

und bis zu 18 cm in Längsrichtung sowie<br />

Stützensenkungen von 5 cm zu berücksichtigen.<br />

Um bei Erdfall eine Überbeanspruchung<br />

der Pfähle durch negative<br />

Mantelreibung zu verhindern, wurden<br />

Bohrpfähle mit Mantelrohren aus Stahl<br />

ausgeschrieben. Das Stahlrohr sollte als<br />

Korrosionsschutz eine bitumenverträgliche<br />

Epoxid-Dickbeschichtung (Gesamtdicke<br />

570 μm) sowie eine Beschichtung<br />

auf bituminöser Basis erhalten, die als<br />

Gleitschicht zwischen dem Pfahl und der<br />

Ringraumverpressung bzw. dem Boden<br />

wirken sollte, um die Mantelreibung zu<br />

minimieren. Als zusätzliche Sicherheit<br />

war bei der Pfahlbemessung ein Abrostungszuschlag<br />

von 6 mm einzurechnen.<br />

5 Längsschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

1.3 Nebenangebot<br />

Das Nebenangebot sieht zwei grundlegende<br />

Änderungen gegenüber dem<br />

Amtsentwurf vor:<br />

1. Herstellung von zwei getrennten<br />

Überbauten in Spannbetonbauweise<br />

im Freivorbau sowie abschnittsweise<br />

auf Lehrgerüst,<br />

2. Gründung unter Berücksichtigung der<br />

negativen Mantelreibung aus Erdfall.<br />

Für die Gründung werden zwei Bereiche<br />

des Baugrunds unterschieden. In den<br />

Achsen 10, 20, 30 und 70 liegt der Gips<br />

ungestört und ohne Auslaugungserscheinungen<br />

vor, so dass die Gründung hier<br />

als »tiefgelegte Flachgründung« erfolgt:<br />

Jeweils zwölf Pfähle mit d = 1,20 m tragen<br />

die Lasten in den Pfeilerachsen fl ächig<br />

über Spitzendruck in den Baugrund ab,<br />

die Widerlager werden auf 21 bzw. 22<br />

Pfählen mit d = 1,20 m gegründet. In den<br />

Achsen 30–60 wird der auslaugungsgefährdete<br />

Gips durchstoßen und die<br />

Gründung fi ndet im tragfähigen Buntsandstein<br />

statt. Die Pfähle werden so<br />

bemessen, dass eine eventuelle negative<br />

Mantelreibung zusätzlich zur Bauwerkslast<br />

aufgenommen werden kann. Um ein<br />

Auslaufen des Betons, beispielsweise in<br />

Kavernen beim Herstellen der Pfähle, zu<br />

verhindern, werden diese mit einem strapazierfähigen<br />

Gewebeschlauch (Bullfl ex)<br />

umgeben; ein Großversuch bestätigte<br />

die Eignung des gewählten Materials.<br />

Die Herstellung der Pfähle mit d = 1,80 m<br />

erfolgt mittels Rohrdrehmaschine und<br />

Greifer.<br />

S Y M P O S I U M<br />

6 Regelquerschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

7 Pfahlbewehrung mit Bullfl ex-Schlauch<br />

© Kinkel + Partner<br />

8 Großversuch mit Bullfl ex-Schlauch<br />

© Kinkel + Partner<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

11 Überbauabschnitte<br />

© Kinkel + Partner<br />

9 Achse 50 mit Hilfspfeilerscheiben<br />

© Kinkel + Partner<br />

Das Nebenangebot beinhaltet zudem<br />

Stützweiten von 45 m, 65 m, 90 m, 165 m,<br />

85 m und 32 m. Die Bauhöhe über den<br />

Hauptachsen beträgt maximal 8,50 m, im<br />

Bereich der Feldmitten verringert sie sich<br />

auf 3,50 m; die vorgesehenen Kalottenlager<br />

entsprechen dem Amtsentwurf.<br />

Die Vorspannung des Bauwerks erfolgt<br />

mittels gerade geführter Spannglieder<br />

mit 19 Litzen, St 1660/1860 in Bodenplatte<br />

und Fahrbahnplatte sowie umgelenkter<br />

externer Spannglieder mit 16 Litzen<br />

St 1570/1770, die nach der Fertigstellung<br />

der Überbauten eingezogen und in Lisenen<br />

verankert werden.<br />

1.4 Bauverfahren<br />

Die Friedetalbrücke mit den geänderten<br />

Stützweiten wird zwischen den Achsen<br />

10–30 und 60–70 abschnittsweise auf<br />

Lehrgerüst errichtet, der Freivorbau mit<br />

insgesamt vier Gerüsten parallel von den<br />

Achsen 40 und 50 ausgeführt. Die Abschnittslänge<br />

der Freivorbauabschnitte<br />

variiert zwischen 3,75 m im Bereich der<br />

Hauptachsen und 5,00 m in den Feldmitten.<br />

Die Herstellung erfolgt im Wochentakt<br />

für jeweils vier Abschnitte gleichzeitig,<br />

wobei 15 Freivorbauabschnitte plus<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

ein Schlussstück zu den Vorlandbereichen<br />

sowie 16 Abschnitte plus ein Schlussstück<br />

zur Bauwerksmitte vorgesehen sind. Der<br />

Lückenschluss ist zunächst zum Vorland<br />

geplant, danach wird das Bauwerk in der<br />

Mitte geschlossen. Bauzeitig werden im<br />

Bereich der Achsen 40 und 50 Hilfspfeilerscheiben<br />

angeordnet, die rahmenartig<br />

mit dem Überbau verbunden sind und die<br />

Kippsicherheit im Bauzustand gewährleisten.<br />

Bauherren<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Freistaat Thüringen<br />

vertreten durch die<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

Entwurfsbearbeitung<br />

Schüßler-Plan Consult GmbH, Berlin<br />

Ausführungsplanung<br />

Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />

Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />

Prüfi ngenieur<br />

Prof. Dr.-Ing. Reinhard Maurer, Leipzig<br />

10 Freivorbau in Achse 40 und 50<br />

© Kinkel + Partner<br />

Bauausführung<br />

GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />

Fuldabrück<br />

2 Kauppenbrücke<br />

2.1 Einleitung<br />

Bei der Bundesautobahn A 3 Frankfurt–<br />

Nürnberg wird von der Anschlussstelle<br />

Hösbach Richtung Nürnberg ein 7,30 km<br />

langer, sechsstreifi ger Ausbau vorgenommen,<br />

in dessen Rahmen auch der Neubau<br />

der Kauppenbrücke bei Bau-km 227 +<br />

540,071 im Bereich Waldaschaff erfolgt.<br />

Dort rückt die neue Trasse bis zu 300 m<br />

von der alten Fahrbahn ab, um die Anwohner<br />

vor dem Verkehrslärm zu schützen.<br />

Zusätzlich werden 3,50 km lange<br />

Lärmschutzwände und -wälle errichtet<br />

und auf 2,40 km Länge ein lärmmindernder,<br />

offenporiger Asphalt eingebaut.<br />

58


59<br />

12 Ausbau der Bundesautobahn A 3<br />

© Kinkel + Partner<br />

13 Neuer Trassenverlauf<br />

© Kinkel + Partner<br />

2.2 Bauwerksentwurf<br />

Es handelt sich um eine Spannbeton-Balkenbrücke<br />

als Durchlaufträger über sieben<br />

Felder mit den Stützweiten 52,75 m,<br />

65 m, 80 m, 95 m, 80 m, 65 m und 52,75 m<br />

bei einer Gesamtlänge von 490,50 m. Der<br />

Querschnitt besteht aus einzelligen Hohlkästen<br />

mit zwei getrennten Überbauten<br />

bei einer Gesamtbreite einschließlich<br />

Kappen von 37,50 m. Die Konstruktionshöhe<br />

beträgt 5,30 m.<br />

14 Querschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

Alle Unterbauten werden mit Großbohrpfählen<br />

in hartem Granodiorit gegründet.<br />

Die Widerlager kommen als kastenförmige,<br />

begehbare Hohlkörper mit Wartungsgang<br />

zur Ausführung. Die Pfeiler<br />

sind massiv, werden in die Fundamente<br />

eingespannt und besitzen eine »Knochenform«.<br />

Für den Überbau ist ein längsvorgespannter<br />

Kastenträger vorgesehen, konzipiert<br />

für die Herstellung im Taktschiebeverfahren<br />

mit Anordnung von Hilfsstützen<br />

in den Feldern 3, 4 und 5. Die Übergänge<br />

werden als mehrschläuchige regelgeprüfte<br />

Übergangskonstruktionen gemäß TL/<br />

TP-Fü 92 mit einer Geräuschminimierung<br />

im Fahrbahnbereich realisiert. Die Lagerung<br />

auf den Pfeilern und Widerlagern<br />

erfolgt mittels Kalottenlagern, wobei die<br />

Achsen 3 und 4 jeweils ein festes und ein<br />

einseitig querbewegliches Kalottenlager<br />

erhalten.<br />

15 Längsschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

S Y M P O S I U M<br />

2.3 Nebenangebot<br />

Stützweiten, Überbauquerschnitt und<br />

Bauverfahren bleiben gegenüber dem<br />

Verwaltungsentwurf unverändert,<br />

ebenso die Standorte der Hilfsstützen.<br />

Abgewandelt wurden hingegen die<br />

Spannstahlgüte in St 1660/1860, das<br />

Vorspannkonzept, die Überbaulagerung<br />

und die Pfeilerform.<br />

Das geänderte System beinhaltet, die<br />

Achsen 2, 3, 4 und 5 mit längsfesten<br />

Lagern auszuführen. Die dabei entstehenden<br />

Zwangskräfte aus Temperatur<br />

und Kriechen werden bei der Bemessung<br />

berücksichtigt. Die höheren Pfeiler in Achse<br />

3 und 4 werden dabei entlastet, so dass<br />

es möglich ist, ihre inneren Abmessungen<br />

unter Wahrung der äußeren Gestaltung<br />

zu reduzieren. Gründung, Widerlager,<br />

Lager und Übergangskonstruktionen<br />

wurden gemäß statischen und konstruktiven<br />

Erfordernissen angepasst.<br />

2.4 Bauverfahren<br />

Die Großbohrpfähle DU 120 mit Längen<br />

bis zu 40 m und einer Einbindung von<br />

zum Teil über 10 m in den harten Granodiorit<br />

wurden mit einem Drehbohrgerät BG<br />

40 realisiert. Zur abschnittsweisen Errichtung<br />

von Fundamenten, Pfeilern und<br />

Widerlagern kommen handelsübliche<br />

Schalungssysteme zum Einsatz.<br />

Das Besondere an diesem Bauwerk sind<br />

der Spannbetonüberbau mit den endgültigen<br />

Stützweiten bis zu 90 m, einer Überbauhöhe<br />

von 5,30 m mit einer Breite von<br />

18,75 m sowie das gewählte Taktschiebeverfahren<br />

mit Abschnittslängen von 33 m,<br />

die im Wochentakt erstellt werden.<br />

Die Überbauten Nord und Süd werden<br />

nacheinander ausgeführt, was eine Taktschiebeeinrichtung<br />

bedingt, die querverschoben<br />

werden kann. 25 m hinter dem<br />

Widerlager Achse 0 wird der Taktkeller<br />

mit einer Länge von ca. 34 m einschließlich<br />

des Schalungsaufbaus angeordnet,<br />

ebenfalls mit Großbohrpfählen DU 120<br />

setzungsunempfi ndlich gegründet.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

16 Fertigungsanlage<br />

© Kinkel + Partner<br />

Der Überbau wird in zwei Abschnitten,<br />

Trog und Fahrbahnplatte, hergestellt. Die<br />

äußere Steg- und Kragarmschalung ist<br />

so auf dem Taktkeller platziert, dass sie<br />

vor dem Verschub nicht nur abgesenkt,<br />

sondern auch seitlich verschoben werden<br />

kann. Die Innenschalung besteht aus<br />

einzelnen Elementen für die Stege, Querträger<br />

und Umlenkstellen, für die Decke<br />

ist ein Deckentisch konzipiert.<br />

Damit sich der Wochentakt einhalten<br />

lässt, wird die Trogbewehrung hinter dem<br />

Taktkeller vorgefl ochten und eingezogen.<br />

Verschoben wird der Überbau bergauf<br />

mit zwei Verschubanlagen vom Typ<br />

Ebersbächer AH 123, die sich in Achse 0<br />

befi nden.<br />

Beim Einsatz von drei Hilfsstützen in<br />

den großen Feldern verbleiben noch<br />

Stützweiten mit 65 m. Bedingt dadurch<br />

ist für den Verschub ein Vorbauschnabel<br />

von ca. 40–45 m erforderlich. Der vorhandene<br />

Vorbauschnabel von 29 m Länge<br />

19 Pfeilerabspannung mit Hilfsstützen<br />

© Kinkel + Partner<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

wird daher um ein 15-m-Spannbetonteil<br />

verlängert. Weiterhin ist es erforderlich,<br />

für den Verschubzustand die Pfeiler abzuspannen.<br />

Um den Überbau in Endlage zu schieben,<br />

muss beim Widerlager in Achse 7 eine<br />

Zugvorrichtung eingesetzt werden, da die<br />

nötige Aufl ast am Verschubwiderlager<br />

in Achse 0 dann fehlt. Theoretisch ist die<br />

Verschubkraft der Hub-Reibe-Anlage<br />

in der Lage, den Überbau vollständig zu<br />

verschieben, wenn von einer maximalen<br />

Reibung von 3,30 % ausgegangen wird.<br />

Beim Verschub der letzten 2–3 m hat der<br />

Überbau aber die hintere Hub-Reibe-An-<br />

18 Draufsicht der Hub-Reibe-Anlage<br />

© Kinkel + Partner<br />

17 Längsschnitt der Hub-Reibe-Anlage<br />

© Kinkel + Partner<br />

lage bereits verlassen, und die vordere ist<br />

nicht mehr in der Lage, den Endverschub<br />

abzuschließen: Ab diesem Zeitpunkt ist<br />

eine Zugvorrichtung zur Unterstützung<br />

der vorderen Hub-Reibe-Anlage erforderlich.<br />

Sollte die Reibung 3,30 % überschreiten,<br />

kann der Einsatz der Zugvorrichtung<br />

früher angezeigt sein, bei einer maximalen<br />

Reibung von 4,00 % allerdings frühestens<br />

ab Verschubzustand 15. Die Durchbiegungen<br />

in den großen Feldern werden<br />

mit einer Voreinstellung der Schalung in<br />

der Fertigungsanlage berücksichtigt.<br />

Das Bauwerk liegt überwiegend im<br />

Bereich einer konstanten Steigung von<br />

60


61<br />

3,00 %, zwischen dem Widerlager in<br />

Achse 0 und etwa der Mitte zwischen<br />

Achse 1 und 2 geht sie in eine Wanne<br />

mit einem Ausrundungshalbmesser von<br />

H w = 40.000 m über. Der Überbau wird in<br />

konstanter Steigung hergestellt. Die Ausrundung<br />

erfolgt nach dem Endverschub<br />

näherungsweise durch ein Anheben des<br />

Überbaus in den Achsen 0 und 1. Die Takte<br />

haben aufgrund der Krümmung und der<br />

unterschiedlichen Stützweiten stark unterschiedliche<br />

Längen zwischen 33,21 m<br />

und 24,84 m. Ein Überbau besteht aus 16<br />

Takten.<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

vertreten durch die<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Entwurfsbearbeitung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Ausführungsplanung<br />

Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />

Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />

Prüfi ngenieur<br />

Dr.-Ing. Walter Streit, München<br />

Bauausführung<br />

GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />

Fuldabrück<br />

3. Zwei Eisenbahnüberführungen<br />

3.1 Einleitung<br />

Mit dem Bau der Neubaustrecke (NBS)<br />

Ebensfeld–Erfurt wird in Kombination<br />

mit der Ausbaustrecke (ABS) Nürnberg–<br />

Ebensfeld erstmals eine direkte Verbindung<br />

zwischen dem fränkischen Zentrum<br />

und der thüringischen Landeshauptstadt<br />

geschaffen und das bestehende Kernnetz<br />

der Deutschen Bahn AG ideal ergänzt.<br />

Generell handelt es sich hier um Funktionalausschreibungen<br />

auf Basis einer Bauwerksbeschreibung,<br />

so dass die Leistung<br />

mit den Mengen im Rahmen einer Vorstatik<br />

und Vorplanung eigenverantwortlich<br />

festgelegt wurde.<br />

20 21 Derzeitiger Bautenstand<br />

© Kinkel + Partner<br />

3.2 Grümpentalbrücke<br />

3.2.1 Entwurf und Ausschreibung<br />

Die 1.104 m lange Grümpentalbrücke<br />

führt die NBS-Trasse westlich von Grümpen<br />

über das Grümpental in einer Höhe<br />

von ca. 70 m. Im vorwiegend landwirtschaftlich<br />

genutzten Talgrund verlaufen<br />

die Grümpen und die Kreisstraße K 34<br />

sowie nördlich innerhalb eines Nebentals<br />

die Bundesstraße B 89 und die Eisenbahnstrecke<br />

Eisfeld–Sonneberg.<br />

Im Bauwerksabschnitt liegt die NBS-Trasse<br />

im Bereich von zwei Übergangsbögen<br />

mit einem Zwischenradius. Die Gradiente<br />

fällt hier in südlicher Richtung mit einem<br />

konstanten Gefälle von 12,500 ‰, die<br />

Entwurfsgeschwindigkeit auf der Brücke<br />

beträgt 300 km/h. Die Brücke ist für einen<br />

Gleisabstand von 4,50 m auszubilden sowie<br />

als Regeloberbau die Feste Fahrbahn<br />

zu berücksichtigen.<br />

Der Brückenüberbau ist zwischen den<br />

Widerlagern als eine Folge von drei Durchlaufträgern<br />

konzipiert:<br />

– einem 219 m langen Durchlaufträger<br />

über fünf Felder mit einem Feldweitenraster<br />

von 43 m + 4 × 44 m,<br />

– einem 446 m langen Durchlaufträger<br />

über 13 Felder mit einem Feldweitenraster<br />

von 2 × 44 m + 9 × 30 m (über<br />

dem Bogen) + 2 × 44 m,<br />

– einem 439 m langen Durchlaufträger<br />

über zehn Felder mit einem Feldweitenraster<br />

von 9 × 44 m + 43 m.<br />

Es sind jeweils zwei Schienenauszüge in<br />

den Achsen 60 und 110 der Trennpfeiler<br />

vorgesehen.<br />

Die Abtragung der Längskräfte erfolgt<br />

über das südliche und nördliche Widerlager<br />

sowie über den Bogen. Gemäß der<br />

Richtlinie 804.9020 »Rahmenplanung<br />

Talbrücken« ist am südlichen und nördlichen<br />

Widerlager die Bodenplatte der<br />

oberen Widerlagerkammer mit der des<br />

Überbaus monolithisch verbunden, so<br />

S Y M P O S I U M<br />

dass die Längskräfte aus dem Überbau<br />

über die Bodenplatte direkt in die seitlichen<br />

Kammerwände geleitet werden. Das<br />

Horizontalkraftlager des Bogens ist im<br />

Bogenscheitel angeordnet und auswechselbar.<br />

Der Überbauquerschnitt ist als Hohlkasten<br />

mit einer Konstruktionshöhe von<br />

3,60 m konzipiert. Die Brückenbreite<br />

zwischen den Gesimsaußenkanten beträgt<br />

14,10 m, die Gesimskappen werden<br />

mit einer Höhe von 1,10 m hergestellt. Die<br />

Querschnittsabmessungen berücksichtigen<br />

einen Gleisabstand von 4,50 m. Die<br />

Randkappen sind auf beiden Seiten mit<br />

einem Kabeltrog ausgerüstet.<br />

Die Überbauten werden nach Richtlinie<br />

804 in Längs- und Querrichtung vorgespannt.<br />

Die Widerlager sind gemäß DB-<br />

Rahmenplanung kastenförmig mit vorgesetztem<br />

Aufl agerschaft geplant.<br />

Im Talgrund ist ein Bogen mit einer<br />

Spannweite von 270 m und einer Höhe<br />

von ca. 70 m vorgesehen, der im Bereich<br />

des Übergangsbogens liegt. Im Aufriss ist<br />

er parabelförmig stetig gekrümmt und<br />

ein variabler Hohlquerschnitt.<br />

Die Brückenpfeiler sind, orientiert an ihrer<br />

Funktion, mit drei verschiedenen Querschnitten<br />

vorgesehen:<br />

– Die Regelpfeiler entsprechen der<br />

Rahmenplanung mit Pfeilerkopfabmessungen<br />

von 2,70 m × 5,80 m und<br />

allseitigem Anzug von 70:1.<br />

– Die Trennpfeiler in den Achsen 60 und<br />

110 werden analog den Regelpfeilern<br />

mit allseitigem Anzug und einem Pfeilerkopfquerschnitt<br />

von 4,00 m × 5,80 m<br />

(Achse 60) und 4,50 m × 5,80 m (Achse<br />

110) ausgeführt.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

22 Längsschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

23 Querschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

– Die Bogenständer sind als Hohlquerschnitt<br />

4,80 m × 2,00 m ohne seitlichen<br />

Anzug ausgebildet.<br />

Für das Anheben des Überbaus zum<br />

Auswechseln der Lager sind auf den Auflagerbänken<br />

der Widerlager, Pfeiler und<br />

Bogenständer Stellfl ächen für Pressen<br />

angeordnet.<br />

Die im Entwurfsplan dargestellten Gründungen<br />

beinhalteten eine mögliche<br />

Lösung, wobei auf Basis der Baugrund-<br />

und Gründungsgutachten die Gründung<br />

eigenverantwortlich für die Brücken<br />

festgelegt wurde. Die Kämpferfundamente<br />

in Achse 80 und 90 wurden daher<br />

mit Bodenaustausch in einer Tiefe von<br />

ca. 20 m fl ach gegründet und als Baugrubenumschließung<br />

eine überschnittene<br />

Bohrpfahlwand DU 120 cm unverankert<br />

ausgeführt.<br />

25 26 27 Bogenherstellung<br />

© Kinkel + Partner<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

24 Bauphasen<br />

© Kinkel + Partner<br />

3.2.2 Bauverfahren<br />

Der 270 m weit gespannte Bogen wurde<br />

abschnittsweise auf Lehrgerüst hergestellt.<br />

Als variabler Hohlquerschnitt misst<br />

er ca. 7,40 m × 6,50 m am Kämpfer und ca.<br />

5,90 m × 4,50 m im Scheitel. In den Achsen<br />

der Bogenpfeiler wurden Hilfsstützen errichtet,<br />

die zur Aufl agerung der Bogenrüstung<br />

und als temporäre Unterstützung<br />

der Bogenabschnitte dienten.<br />

Der Bauablauf gliedert sich in neun Phasen:<br />

Die Herstellung des Bogens beginnt<br />

in Achse 90 und verläuft in Richtung Achse<br />

80 bis zur Achse 85 ohne Schlussstück<br />

(Phase 1–4). Danach wird er, von Achse 80<br />

kommend, in Richtung Achse 90 ebenfalls<br />

bis zur Achse 85 realisiert (Phase 5–8),<br />

gefolgt vom Schlussstück (Phase 9).<br />

Das dazu notwendige Lehrgerüst mit der<br />

waagerechten Stützweite von 30 m und<br />

einer Gesamtlänge von ca. 60 m wurde im<br />

Talgrund komplett vormontiert, teilweise<br />

schon mit Schalung versehen, mittels<br />

Litzenheber auf die erforderliche Höhenlage<br />

hochgezogen und auf Steckträger als<br />

Aufl ager abgesetzt. Danach wurden die<br />

äußeren Schalelemente auf der Rüstung<br />

angeordnet und die teilweise vorgefertigte<br />

Trogbewehrung eingebaut. Nach dem<br />

Versetzen der Innenschalung wurde der<br />

»Trog« des Bogenquerschnittes betoniert.<br />

Die Bogendeckelschalung wurde in der<br />

ersten Phase vor Ort montiert, um später<br />

jeweils vorgezogen zu werden. Nach<br />

Fertigstellung der Bodendecke wurde<br />

das Bogengerüst mittels Litzenheber<br />

62


63<br />

abgelassen und im Talgrund waagerecht<br />

längs in die nächste Bauphasenposition<br />

gezogen. Jetzt wurde das Bogengerüst<br />

wieder mittels Litzenheber hochgezogen<br />

und in der endgültigen Höhenlage abgesetzt.<br />

In dieser Abfolge sind die insgesamt<br />

neun Bauabschnitte verwirklicht worden,<br />

wobei der Bogen im Bauzustand über<br />

hydraulische Pressen auf den Hilfsstützen<br />

gelagert wurde, um Baugrund- und Bauwerksverformungen<br />

auszugleichen.<br />

Der Überbau wird mit einer Vorschubrüstung<br />

feldweise von Achse 210 nach Achse<br />

10 hergestellt. Im Bogenbereich sind die<br />

Hilfsstützen zur Durchbiegungsverminderung<br />

aber noch vorhanden.<br />

3.2.3 Statische Besonderheit<br />

Als statische Besonderheit ist der weit gespannte<br />

Bogen zu nennen, der im Aufriss<br />

wie im Grundriss (Klothoide) gekrümmt<br />

ausgeführt wird. Infolge von Ausbau- und<br />

Verkehrslasten treten daher nicht nur<br />

vertikale, sondern auch horizontale Verformungen<br />

auf. Zum Ausgleich der sich<br />

erst nach Bogenschluss einstellenden<br />

Verformungen wird der Bogen vertikal<br />

wie horizontal überhöht hergestellt.Die<br />

horizontale Überhöhung beträgt in Bogenmitte<br />

etwa 13 cm, die vertikale Überhöhung<br />

33 cm.<br />

Wesentlich für die zu berücksichtigenden<br />

Verformungen ist die Errichtung auf Hilfsstützen,<br />

bei der das System näherungsweise<br />

wie ein Durchlaufträger wirkt. Das<br />

heißt, das Bogeneigengewicht wird zunächst<br />

durch die Hilfspfeiler abgetragen,<br />

nicht durch die Bogentragwirkung. Erst<br />

nach Fertigstellung des Bogens werden<br />

die Hilfsstützen das erste Mal abgelassen,<br />

der Bogen übernimmt dabei sein Eigengewicht,<br />

und es kommt zu den ersten Bogenverformungen<br />

sowie geringfügigen<br />

Setzungen an den Kämpfern.<br />

Anschließend werden die Hilfsstützen<br />

erneut kraftschlüssig unter den Bogen<br />

gesetzt, um die bei der Überbaurealisierung<br />

auftretenden Lasten abzuleiten und<br />

eine unsymmetrische Beanspruchung<br />

des Bogens zu verhindern. Danach werden<br />

sie wiederum abgelassen und der<br />

Bogen freigesetzt, wobei der Überbau<br />

durch Nachjustieren mittels Pressen in<br />

seiner ursprünglichen Lage gehalten<br />

wird. Die Verformungen des Bogens aus<br />

Eigengewicht Überbau sowie Kriechen<br />

und Schwinden erzeugen so keine zu-<br />

28 29 Brücke im Bau<br />

© Kinkel + Partner<br />

sätzliche Beanspruchung im Überbau.<br />

Der endgültige Verguss der Lager erfolgt<br />

erst nach Beendigung des Ausbaus, um<br />

geringfügige Korrekturen an der Höhenlage<br />

des Überbaus durchführen und die<br />

tatsächlich auftretenden Kriech- und<br />

Schwindverformungen des Bogens ausgleichen<br />

zu können.<br />

3.3 Talbrücke Weissenbrunn<br />

3.3.1 Entwurf und Ausschreibung<br />

Diese 614 m lange Talbrücke führt die<br />

NBS-Trasse östlich von Weissenbrunn am<br />

Forst in ca. 40 m Höhe über das Tal des<br />

Weissenbrunner Baches, dessen Form von<br />

einem ca. 300 m breiten Talboden geprägt<br />

ist.<br />

Im Bauwerksbereich liegt die Trasse in<br />

einem Bogen, die Überhöhung der Gleise<br />

beträgt 135 mm. Die Gradiente fällt in<br />

südlicher Richtung mit einem konstanten<br />

Gefälle von 5,924 ‰, die Entwurfsgeschwindigkeit<br />

auf der Brücke beträgt<br />

300 km/h. Für einen Gleisabstand von<br />

4,70 m ausgebildet, war als Regeloberbau<br />

die »Feste Fahrbahn« zu berücksichtigen.<br />

Der Überbau ist zwischen den Widerlagern<br />

als eine Kette von Einfeldträgern mit<br />

dazwischenliegendem Durchlaufträger<br />

(Rahmenbrücke) konzipiert:<br />

– acht Einfeldträger mit einem Stützweitenraster<br />

von 1 × 43 m + 7 × 44 m,<br />

– ein 176 m langer Durchlaufträger als<br />

Rahmenbrücke über drei Felder mit<br />

einem Stützweitenraster von 50 m +<br />

76 m + 50 m,<br />

S Y M P O S I U M<br />

– zwei Einfeldträger mit einem Stützweitenraster<br />

von 44 m + 43 m.<br />

Die Abtragung der »Einfeldträger-Längskräfte«<br />

erfolgt feldweise. Die auf die<br />

Rahmenbrücke entfallenden Längskräfte<br />

werden über die beiden V-Stützen abgeleitet.<br />

Bei dem Überbauquerschnitt handelt es<br />

sich um einen Hohlkasten mit einer Konstruktionshöhe<br />

von 4,00 m, der im Bereich<br />

der Rahmenbrücke auf ca. 5,00 m über<br />

den V-Stützen gevoutet ist. Die Brückenbreite<br />

zwischen den Gesimsaußenkanten<br />

beträgt 14,30 m, die Gesimskappen haben<br />

eine Höhe von 1,10 m, die Randkappen<br />

sind auf beiden Seiten mit einem<br />

Kabeltrog ausgerüstet. Die Überbauten<br />

sind nach Richtlinie 804 in Längs- und<br />

Querrichtung vorgespannt.<br />

Gemäß DB-Rahmenplanung werden<br />

kastenförmige Widerlager mit vorgesetztem<br />

Aufl agerschaft hergestellt, die Pfeiler<br />

im Bereich der Einfeldträger, ebenfalls<br />

entsprechend DB-Rahmenplanung, mit<br />

Pfeilerkopfabmessungen von 3,50 m ×<br />

6,00 m und allseitigem Anzug von 70:1<br />

ausgeführt. Die V-Stützen der Rahmenbrücke<br />

sind als Hohlquerschnitt mit den<br />

Abmessungen ca. 5,00 m × 2,80 m (oben)<br />

und einem Anzug von 70:1 in Brückenquerrichtung<br />

konzipiert und gehen am<br />

Stützenfuß in einen Vollquerschnitt über.<br />

Dort befi nden sich Betongelenke, welche<br />

die Vertikal- und Horizontalkräfte der<br />

Rahmenbrücke aufnehmen.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

30 Längsschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

31 Rahmentragwerk<br />

© Kinkel + Partner<br />

3.3.2 Bauverfahren<br />

Das Anspruchsvolle bei diesem Bauwerk<br />

sind die Errichtung von zwei V-Pfeilern<br />

auf einem Betongelenk sowie die<br />

Überbauherstellung in deren Bereich<br />

(Rahmentragwerk). Dabei wird das Betongelenk<br />

nach Ausführung der Gründung,<br />

einschließlich der Fundamente,<br />

in den Achsen 100 und 110 komplett in<br />

einem Bauabschnitt realisiert. Der dafür<br />

erforderliche Ablauf bedurfte einer sehr<br />

eingehenden Detailplanung inklusive<br />

einer Probebetonage an einem Modell im<br />

Maßstab 1:1 mit der vollen Gelenkbreite<br />

und Bewehrung. Um die insgesamt acht<br />

Bauabschnitte der V-Pfeiler mittels Kletterschalung<br />

auf einem »Gelenk« verwirklichen<br />

zu können, wird dieses zug- und<br />

druckfest fi xiert, das heißt, der Anfänger<br />

der V-Pfeiler mit dem Fundament mittels<br />

Zuggliedern gemäß Spannanweisung<br />

angespannt.<br />

Danach werden die V-Pfeiler in Abschnitten<br />

von 2,90 m Höhe mit zwei Stücken<br />

Kletterschalung hergestellt, damit sich<br />

ihre Äste parallel errichten lassen. Miteinander<br />

verspannt werden sie jeweils nach<br />

Beendigung des vierten, sechsten und<br />

33 Abspannung der V-Pfeiler<br />

© Kinkel + Partner<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

achten Bauabschnitts. Die Verformungen<br />

sind gemäß Messprogramm zu ermitteln,<br />

zu protokollieren und eventuell zu korrigieren.<br />

Die Überbauerrichtung erfolgt mit einer<br />

Vorschubrüstung feldweise von Achse 10<br />

nach Achse 130, wobei über den V-Pfeilern<br />

zur bauzeitigen Lastabtragung Hilfsstützen<br />

erforderlich sind. Der Überbau<br />

ist in diesem Bereich gevoutet, was im<br />

Schalungsaufbau der Vorschubrüstung<br />

Berücksichtigung fi ndet.<br />

Das Rahmentragwerk mit einer Länge<br />

von 176 m wird in fünf Bauabschnitten<br />

realisiert. Nach Beendigung des ersten<br />

wird dieser mit dem letzten Einfeldträger<br />

am Pfeiler in Achse 90 in Längsrichtung<br />

zug- und druckfest verbunden. Sobald die<br />

Rahmenstruktur fertiggestellt ist, werden<br />

die Verankerungen an den Betongelenken<br />

und am Pfeiler in Achse 90 gelöst und<br />

entfernt.<br />

3.3.3 Entwurf der Betongelenke<br />

Die Betongelenke wurden nach einer<br />

unternehmensinternen Genehmigung<br />

(UiG) der Deutschen Bahn AG konzipiert,<br />

die auf den bekannten Bemessungsregeln<br />

34 V-Pfeiler-Abschnitte<br />

© Kinkel + Partner<br />

32 Querschnitt<br />

© Kinkel + Partner<br />

nach Leonhardt/Mönnig beruht.<br />

Entscheidende Entwurfskriterien waren:<br />

1. Verhältnis von maximaler Querkraft<br />

zu maximaler Normalkraft kleiner<br />

als 12,50 %. Die Beschränkung der<br />

Querkraft ermöglicht es, das Gelenk<br />

ohne Dübelbewehrung im Gelenkhals<br />

auszuführen, der dementsprechend<br />

völlig unbewehrt ist. Im Falle eines<br />

Ersatzneubaus können die Gelenke<br />

durch Anheben des Rahmenbauwerks<br />

mittels Hydraulikpressen durchtrennt,<br />

anschließend das gesamte Bauwerk<br />

auf Gleitbahnen querverschoben und<br />

ein Neubau auf demselben Weg eingeschoben<br />

werden.<br />

2. In Querrichtung muss das Gelenk in<br />

allen Lastfällen (charakteristische<br />

Lastfallkombination) überdrückt sein.<br />

Um diese Forderung einzuhalten,<br />

wurde es notwendig, das Betongelenk<br />

64


65<br />

35 Rahmenstruktur<br />

© Kinkel + Partner<br />

36 Gesamtbauwerk<br />

© Kinkel + Partner<br />

gegenüber dem Entwurf von etwa 4 m<br />

auf etwa 9 m zu verbreitern.<br />

3. Die zulässige Stahlspannung der Spaltzugbewehrung<br />

wurde von 180 N/mm²<br />

gemäß Leonhardt in der UiG auf<br />

150 N/mm² reduziert. Dies führt zu<br />

einer Bewehrungserhöhung von rund<br />

GERDUM U BREUER<br />

34277 Fuldabrück - Crumbacher Str. 23/25<br />

Tel. 0561/49191-0 - Fax 0561/49191914<br />

info@gerdum-u-breuer.de<br />

20 % gegenüber herkömmlich bemessenen<br />

Betongelenken und damit zu<br />

einer außerordentlich hohen Bewehrungskonzentration.<br />

Für die Bauausführung<br />

wurde zusätzlich festgelegt,<br />

dass keine Arbeitsfuge im Gelenkhals<br />

angeordnet werden durfte.<br />

Bauunternehmen GmbH<br />

S Y M P O S I U M<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Manfred Becker<br />

GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />

Fuldabrück<br />

Bauherr<br />

DB Netz AG, Berlin<br />

Auftraggeber<br />

DB ProjektBau GmbH, Erfurt<br />

Entwurfsverfasser<br />

Obermeyer Planen + Beraten GmbH, München<br />

Ausführungsplanung<br />

Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />

Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />

Prüfi ngenieure<br />

Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />

(Grümpentalbrücke)<br />

Dr.-Ing. Bernd Brand, Nürnberg<br />

(Talbrücke Weissenbrunn)<br />

Bauausführung<br />

GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />

Fuldabrück<br />

Brückenbau<br />

Sanierung<br />

Instandsetzung<br />

von Ingenieurbauwerken<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Gestern, heute, morgen<br />

Mehrfeldrige Schrägseilbrücken<br />

� � � von Andreas Keil, Philipp Wenger<br />

Als Bestandteil einer sich ständig<br />

ausweitenden Infrastrukturentwicklung<br />

ist der moderne Brückenbau<br />

geprägt vom Bestreben der<br />

Ingenieure, zunehmend komplexer<br />

werdende Entwurfsaufgaben zu<br />

meistern. Großmaßstäbliche Verkehrswegprojekte<br />

erfordern oft das<br />

Überbrücken von stets größer bzw.<br />

breiter werdenden Hindernissen. In<br />

solchen Fällen spielen Überlegungen<br />

mit mehrfeldrigen, seilgestützten<br />

Brückensystemen immer häufi ger<br />

eine wesentliche Rolle. Im Rahmen<br />

dieses Aufsatzes wird nun die historische<br />

Entwicklung mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken bis zum heutigen<br />

Stand der Technik zusammengefasst<br />

und deren grundsätzliche,<br />

systemimmanente Besonderheiten<br />

anhand realisierter Beispiele erläutert,<br />

abgerundet durch eine Auswahl<br />

verschiedener laufender und zukünftiger<br />

Bauvorhaben.<br />

1 Einführung<br />

1.1 Anwendung<br />

Mehrfeldrige Schrägseilbrücken zeichnen<br />

sich heute zunehmend als technisch und<br />

wirtschaftlich machbare und gleichzeitig<br />

gestalterisch ansprechende Lösung für<br />

längere Querungen aus, da die realisierbaren<br />

Spannweiten seilgestützter Brücken<br />

die mehrfeldriger Balkenstrukturen<br />

deutlich übersteigen. Das Gros dieser<br />

Brücken sind Typen mit Schrägseilsystemen,<br />

jedoch gibt es auch diverse Beispiele<br />

mit Hängesystemen.<br />

Mehrfeldrige Schrägseilbrücken kommen<br />

meist zur Ausführung, wenn<br />

– breitere Hindernisse überquert werden<br />

müssen und die zu überquerende<br />

Distanz die mit klassischen Dreifeldsystemen<br />

realisierbaren Spannweiten<br />

übersteigen;<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Durchbiegung unter lokaler Belastung eines Innenfeldes<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

2 Längenänderung und Verformung unter konstanter Temperaturlast<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

– die Verwendung üblicher Baugeräte<br />

wie Schalung und Rüstung zum Bau<br />

längerer Brücken mit sich wiederholenden<br />

Spannweiten unwirtschaftlich<br />

wird, beispielsweise in Gewässern;<br />

– Gründungen übermäßig aufwendig<br />

werden, beispielsweise wegen schlechter<br />

Bodenverhältnisse oder bei tiefen<br />

Gründungshorizonten;<br />

– Unterbauten aufwendig herzustellen<br />

sind, beispielsweise in tieferen Tälern<br />

oder schlecht zugänglichen Berghängen.<br />

Mehrfeldrige Schrägseilbrücken erweisen<br />

sich in verschiedener Hinsicht als<br />

vorteilhaft, da in Entwurf und Montage<br />

erprobte Technologien und Methoden<br />

Verwendung fi nden, maßgeblich entwickelt<br />

für den Bau von konventionellen<br />

Schrägseilbrücken, mit beachtenswerten<br />

wirtschaftlichen Vorteilen und verkürzten<br />

Herstellungszeiten.<br />

1.2 Besonderheiten<br />

1.2.1 Unterschiede<br />

Gegenüber den konventionellen, dreifeldrigen<br />

Schrägseilbrücken bedürfen beim<br />

Entwurf und der Ausführung mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken zwei statisch-konstruktive<br />

Besonderheiten einer gesteigerten<br />

Aufmerksamkeit.<br />

1.2.2 Aussteifung der Maste und Pylonen<br />

Da die inneren Maste mehrfeldriger Brücken<br />

nicht durch Verbindungen zu steifen<br />

Widerlagern bzw. Trennpfeilern stabilisiert<br />

werden können, erzeugen unsymmetrische,<br />

lokale Verkehrslasten deutlich<br />

größere Verformungen des Überbaus<br />

aufgrund der größeren Verschieblichkeit<br />

der unausgesteiften Maste. Zur Aufnahme<br />

der unsymmetrischen Verkehrslasten<br />

ist daher eine entsprechende Steifi gkeitsverteilung<br />

bei Masten und Überbau von<br />

wesentlicher Bedeutung.<br />

1.2.3 Längenänderungen<br />

Längenänderungen werden gewöhnlich,<br />

insbesondere bei Schrägseilbrücken, an<br />

den Brückenenden mit entsprechenden<br />

Dehnfugen aufgenommen. Dehnfugen<br />

in Feldmitte sind eher unerwünscht<br />

und werden selten realisiert, da die<br />

Ausführung eines biegesteifen Normalkraftgelenks<br />

im Bereich der größten<br />

Durchbiegung bzw. maximaler Tangentenknickwinkel<br />

sehr aufwendig ist. Bei<br />

mehrfeldrigen Schrägseilbrücken spricht<br />

die vorgenannte Besonderheit zusätzlich<br />

gegen Dehnfugen in Feldmitte, so dass<br />

an den Brückenenden sehr große Längenänderungen<br />

aufgenommen werden<br />

müssen. Hinzu kommen größere, immer<br />

wiederkehrende Auslenkungen der äußeren<br />

Maste infolge der konstanten Temperaturänderungen<br />

des Überbaus.<br />

1.2.4 Lösungen<br />

Die beiden Themen sowie die entsprechend<br />

möglichen technischen Lösungen<br />

sind bekannt und ausführlicher in [4], [5],<br />

[6], [7] und [8] beschrieben, weshalb deren<br />

Erörterung hier auf eine kurze Zusammenfassung<br />

beschränkt bleibt.<br />

1.3 Historische Entwicklung<br />

Frühe Vertreter mehrfeldriger »seil«-gestützter<br />

Brücken lassen sich vor allem in<br />

Frankreich ab Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

fi nden. Mehrfeldrige Strukturen<br />

66


67<br />

3 Historische »seil«-gestützte Mehrfeldbrücken in Frankreich<br />

© www.art-et-histoire.com<br />

wurden mit Einzelspannweiten von 40–<br />

80 m als Hänge- und Schräg-»Stangen«-<br />

Brücken sowie vielerorts auch als kombinierte,<br />

hybride Systeme gebaut. Es liegt<br />

nahe, dass sich mehrfeldrige Systeme<br />

bereits früh entwickelten, da sie die einzige<br />

Möglichkeit darstellten, Hindernisse,<br />

deren Breite die damals realisierbaren<br />

Spannweiten klassischer Hängebrücken<br />

überstiegen, zu überwinden. Es ist beachtenswert,<br />

dass ihre systembedingten<br />

statischen Besonderheiten schon damals<br />

mit genau denselben technischen Lösungen<br />

wie heute gelöst wurden. Der geniale<br />

französische Erfi nder und Ingenieur Marc<br />

Seguin (1786–1875), ein Neffe von Joseph<br />

de Montgolfi er, hat die Entwicklung<br />

dieser Brücken maßgeblich beeinfl usst<br />

und mit seinen vier Brüdern zwischen<br />

1820 und 1850, aus heutiger Sicht fast<br />

unvorstellbar, annähernd 100 Bauwerke<br />

geplant und errichtet. [32]<br />

In diesem Zusammenhang soll einem<br />

Aussteifungssystem, das in modifi zierter<br />

Form weiterhin Anwendung fi ndet, gesonderte<br />

Beachtung geschenkt werden.<br />

Der französische Ingenieur Albert Gisclard<br />

(1844–1909) [1] entwickelte und<br />

patentierte [2] ein Hängesystem mit sich<br />

überlappenden Aufhängungen in Feldmitte<br />

zur Verringerung der Durchbiegung<br />

unter halbseitiger Verkehrslast. So ging<br />

seine Cassagne-Brücke als eine der ers-<br />

4 Pont de la Cassagne, Gisclard’s principle (1909)<br />

© Michel Wagner/www.timbreponts.fr<br />

5 Pont de Très Cassés (1913)<br />

© Michel Wagner/www.timbreponts.fr<br />

ten Eisenbahnhängebrücken mit großer<br />

Schlankheit in die Geschichte ein. Das<br />

»Gisclard«-Prinzip wurde in der Folge von<br />

ihm und anderen auch für den Bau mehrfeldriger<br />

Brücken gewählt, wie beispielsweise<br />

1913 für den Pont de Très Cassés<br />

oder 1929 für die Fußgängerbrücke Deir-<br />

Ez-Zor über den Euphrat in Syrien.<br />

S Y M P O S I U M<br />

Einige wenige, im Vergleich zum vorherigen<br />

Jahrhundert, mehrfeldrige Seilbrücken<br />

wurden Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

geplant und gebaut, die heute, nicht nur<br />

in dem kleinen Kreis der Brückeningenieure,<br />

zu den weltweit geachteten Bauwerken<br />

gehören, wie zum Beispiel die San<br />

Francisco-Oakland Bay Bridge oder Riccardo<br />

Morandis Lake Maracaibo Bridge.<br />

Zwei weitere außergewöhnliche, aber<br />

nicht ganz so bekannte Mehrfeldbrücken,<br />

die in dieser Zeit errichtet wurden, sind<br />

die San-Marcos-Brücke in El Salvador mit<br />

dem bis heute einmaligen Aussteifungssystem<br />

eines Seil-Fachwerks sowie der<br />

Polcevera-Viadukt in Ligurien, wiederum<br />

ein Entwurf von Riccardo Morandi.<br />

6 Deir-Ez-Zor-Brücke (1929)<br />

© Michel Wagner/<br />

www.timbreponts.fr<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

7 San Francisco-Oakland Bay Bridge (1936)<br />

© Nicolas Janberg/www.structurae.de<br />

8 San Marcos Bridge (1955)<br />

© Aus [3]<br />

9 Polcevera-Viaduct (1968)<br />

© Sextum/www.it.wikipedia.org<br />

10 Mehrfeldbrücke mit Zwischenaufl ager<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

11 Steife Maste und Pylonen<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

12 Steifer Überbau (»Versteifungsträger«)<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts<br />

gelangten mehrfeldrige (Schräg-)Seilbrücken<br />

zu neuer Popularität, und die<br />

technischen Herausforderungen und<br />

Vorzüge sind zunehmend in den Fokus der<br />

bautechnischen Forschung und Entwicklung<br />

gerückt. So wurden in den vergangenen<br />

drei Dekaden einige herausragende<br />

Bauwerke geplant und auch mehrheitlich<br />

realisiert.<br />

2 Systemvarianten<br />

2.1 Überblick<br />

2.1.1 Kriterien<br />

Die Beschränkung der Verformungen in<br />

den Innenfeldern mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />

unter unsymmetrischen<br />

Verkehrslasten, vor allem auch abhängig<br />

von der Steifi gkeit der Maste und Pylonen,<br />

hat großen Einfl uss auf die Wahl des<br />

geeigneten statischen Systems und prägt<br />

daher ebenso die Gestaltung der Brücke.<br />

Jedoch muss ein adäquates strukturelles<br />

System nicht nur den Anforderungen zur<br />

Reduktion der Balkendurchbiegung genügen.<br />

Alle weiteren Randbedingungen,<br />

wie beispielsweise die Höhe des Decks<br />

über Grund bzw. dem Wasserspiegel,<br />

die Baugrundbedingungen, Baubarkeit<br />

und Wirtschaftlichkeit müssen an dieser<br />

Stelle genauso sorgfältig erwogen<br />

werden. Im Folgenden werden nun die<br />

grundsätzlichen Alternativen möglicher<br />

Aussteifungskonzepte vorgestellt.<br />

2.1.2 Zwischenverankerung<br />

Die naheliegende Form eines Aussteifungssystems<br />

besteht in der Anordnung<br />

von Zwischenaufl agern, an denen die<br />

(Differenz-)Horizontalkräfte abgetragen<br />

werden können. Das feste Zwischenaufl<br />

ager, insbesondere angewandt bei<br />

mehrfeldrigen Hängebrücken, unterteilt<br />

die Mehrfeldbrücke nachvollziehbar<br />

in einzelne »Stand-alone«-Tragwerke.<br />

So werden die Verformungen wie beim<br />

konventionellen Dreifeldsystem durch<br />

ausgesteifte Maste limitiert, was in gleicher<br />

Weise auf Hänge- wie auf Schrägseilbrücken<br />

zutrifft.<br />

Obwohl mehrfeldrige Brücken mit Zwischenaufl<br />

ager im Allgemeinen zu den<br />

mehrfeldrigen seilgestützten Brückentypen<br />

gezählt werden, sind sie eigentlich<br />

den konventionellen Systemen zugehörig<br />

und sollen daher im Weiteren nicht näher<br />

betrachtet werden.<br />

2.1.3 Steife Maste und Pylonen<br />

Ein direkter Ansatz zur Erhöhung der<br />

Längssteifi gkeit von Masten und Pylonen<br />

besteht darin, die Abmessungen der<br />

Hauptquerschnitte zu vergrößern. Diese<br />

Lösung verspricht eine wirtschaftlichere<br />

68


69<br />

13 Varianten zur Aussteifung mit Seilen<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

14 System der Allahabad-Brücke (1968)<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

Brücke, sofern die globalen Abmessungen<br />

und die Belastung nicht zu inakzeptablen<br />

Mastabmessungen führen.<br />

Werden die Maste mit doppelten, aufgelösten<br />

Beinen in A-, »Diamond-« oder<br />

auch Lambda-Form konzipiert, lässt sich<br />

die horizontale Steifi gkeit noch weiter<br />

erhöhen. Allerdings sind abgesehen von<br />

der Diamond-Lösung die Gründungen<br />

beispielsweise für einen A-Pylonen deutlich<br />

aufwendiger.<br />

Da eine biegesteife Verbindung des Überbaus<br />

mit steifen Masten in den meisten<br />

Fällen zu sehr hohen Zwangsbeanspruchungen<br />

führen würde, sind bei diesen<br />

Systemen Überbau und Maste in der<br />

Regel voneinander entkoppelt. Ein wesentlicher<br />

Vorteil bei der Anordnung von<br />

steifen Masten ist die Materialersparnis<br />

beim Überbau, der sehr schlank und leicht<br />

ausgebildet werden kann, und folglich<br />

auch bei den Seilen.<br />

2.1.4 Steifer Überbau<br />

Die Anordnung eines steifen Überbaus<br />

hat zum einen den Effekt, dass die große<br />

Biegesteifi gkeit den Durchbiegungen<br />

unter unsymmetrischen Verkehrslasten<br />

direkt entgegenwirkt, zum anderen wird<br />

das Seilsystem und damit die Maste<br />

durch den Überbau zusätzlich ausgesteift.<br />

Das Prinzip eines steifen Überbaus wurde<br />

in Japan für Mehrfeldbrücken mit mittleren<br />

Spannweiten und kurzen Masten verstärkt<br />

weiterentwickelt zur sogenannten<br />

Extradosed Brücke, einer Bauweise, die,<br />

abgesehen vom Anwendungsgebiet der<br />

AASHTO-Codes, inzwischen international<br />

Anwendung fi ndet.<br />

2.1.5 Rahmensysteme<br />

Der Schrägseilbrücken-Bauweise naheliegend<br />

ist eine biegesteife Verbindung<br />

zwischen Überbau und Masten zu einem<br />

mehrfeldrigen Rahmensystem, bei dem<br />

sich, beeinfl usst durch Besonderheiten<br />

bei der Herstellung, die Steifi gkeit gut<br />

15 Rion-Antirion-Brücke (2004)<br />

© David Monniaux/www.wikipedia.org<br />

S Y M P O S I U M<br />

zwischen Überbau, Masten und Seilsystem<br />

aufteilen lässt. Durch die heute mit<br />

verhältnismäßig geringem Aufwand<br />

möglichen Parameterstudien und Strukturoptimierungsmethoden<br />

kann dabei<br />

die Materialverwendung optimiert werden.<br />

[7] [14]<br />

2.1.6 Aussteifungsseile<br />

Ein weiteres wirkungsvolles Prinzip zur<br />

Aussteifung besteht darin, die Mast- oder<br />

Pylonköpfe mit zusätzlichen Aussteifungsseilen<br />

zu fi xieren. Dies führt zu den<br />

bereits genannten Vorteilen der Bauweise<br />

mit steifen Masten, wobei zusätzlich der<br />

Materialeinsatz zur Herstellung der Maste<br />

verringert werden kann.<br />

Mit Aussteifungsseilen lassen sich die<br />

Maste oder Pylonen sehr schlank ausführen.<br />

Hinzu kommen Vorteile während<br />

der Bauausführung, wie beispielsweise<br />

die Möglichkeit, die inneren Maste schon<br />

frühzeitig stabilisieren zu können.<br />

2.2 Brücken mit steifen Pylonen<br />

Bei den frühen Mehrfeldbrücken wurde<br />

das Prinzip mit steifen Tragseilaufl agern,<br />

die aus Natursteinblöcken gemauert und<br />

in manchen Fällen sogar durch sich überlappende,<br />

auf der gegenüberliegenden<br />

Seite im Fundament verankerte Zugglieder<br />

gegen Kippen vorgespannt wurden,<br />

überwiegend angewandt.<br />

Riccardo Morandi wählte diese Bauweise<br />

für seine Entwürfe am Lake Maracaibo<br />

und beim Polcevera-Viadukt 1968. Im selben<br />

Jahr wurde von Fritz Leonhardt und<br />

Jörg Schlaich eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />

mit steifen A-Pylonen und<br />

einer Regelspannweite von 159,20 m zur<br />

Überquerung des Ganges bei Allahabad<br />

in Indien vorgeschlagen [5] [7], die aber<br />

leider nicht realisiert wurde.<br />

In den 1980er Jahren wurden verschiedene<br />

Entwürfe mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />

mit steifen Masten ausgearbeitet,<br />

wie zum Beispiel der des französischen<br />

Bauunternehmers Grands Travaux de<br />

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Marseille (GTM) für eine Überquerung des<br />

Ärmelkanals einer mehrfeldrigen Brücke<br />

mit A-Pylonen und 500 m Spannweite. [4]<br />

Beim Wettbewerb für die Brücke zur Ile<br />

de Ré 1986 reichte GTM zusammen mit<br />

Bernard Campenon eine mehrfeldrige<br />

Schrägseilbrücke mit doppelten A-Pylonen<br />

und einem sehr schlanken Überbau<br />

mit einer Regelspannweite von 140 m ein.<br />

[4] Diese Konzeption gilt als Vorläufer des<br />

ersten, 1988 von GTM und Ingerop angefertigten<br />

Entwurfs der Rion-Antirion-Brücke<br />

in Griechenland.<br />

Die Rion-Antirion-Brücke schließlich<br />

dürfte die erste mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />

mit steifen, aufgelösten »doublediamond«-Pylonen<br />

und einem sehr<br />

schlanken Überbau sein: eine Lösung von<br />

Berdj Mikaelian und Jacques Combault<br />

(et al.), unter Berücksichtigung extremer<br />

Randbedingungen erstellt. Die große zu<br />

überbrückende Distanz in Verbindung<br />

mit stark variierenden, teilweise sehr<br />

schwierigen Baugrundbedingungen mit<br />

Gründungshorizonten in 65 m Wassertiefe<br />

[13] führte hier zum Entwurf einer<br />

mehrfeldrigen Schrägseilbrücke mit<br />

drei Hauptfeldern mit Spannweiten von<br />

560 m; möglichst große Spannweiten<br />

und eine geringe Anzahl steifer Gründungen<br />

waren auch im Hinblick auf den stark<br />

frequentierten Schifffahrtskanal mit<br />

statischen Anpralllasten bis zu 125.000 t<br />

erstrebenswert. Da die Brücke in einer<br />

Region mit extremer seismischer Aktivität<br />

(spektrale Beschleunigung 1,2 g) steht,<br />

war ein leichter, durchlaufender Überbau<br />

wünschenswert, an dessen Enden jedoch<br />

die großen Verformungen aus Temperatur<br />

und Erdbebenlasten aufgenommen<br />

werden mussten. Darüber hinaus hat das<br />

Bauwerk erheblichen Windgeschwindigkeiten<br />

zu trotzen, wobei durch den<br />

schlanken, nur 2,20 m hohen Überbau<br />

mit entsprechender Querbiegesteifi gkeit<br />

und den aufgelösten A-Pylonen mit sehr<br />

dünnen Beinquerschnitten die Windlast<br />

erheblich reduziert werden konnte. Der<br />

Überbau ist an den Pylonen auf zwei<br />

Lagerreihen elastisch, längsverschieblich<br />

aufgelagert, für die großen Verformungen<br />

wurden an jedem Ende 25-lamellige<br />

Maurer-Schrägtraversen-Dehnfugen mit<br />

ca. 2,50 m Dehnweg und »fuse-box«- System<br />

(zusätzlicher Dehnweg ca. 2,50 m im<br />

Erdbebenfall) eingesetzt. [12]<br />

Weitere gelungene Beispiele einer<br />

Mehrfeldbrücke mit steifen Pylonen<br />

und schlankem Überbau sind die 1999<br />

errichtete Dongting Lake Bridge über den<br />

Yangtse mit 2 × 310 m Hauptspannweite<br />

und die Yiling Bridge, gebaut in 2004<br />

ebenfalls über den Yangtse mit 2 × 348 m<br />

Hauptspannweite. [21]<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

16 Dehnfuge für 2,50 m Dehnweg<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

2.3 Rahmensysteme<br />

Einige visionäre und richtungsweisende<br />

Entwürfe mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />

mit Rahmensystem sind in den<br />

vergangenen Dekaden entwickelt, aber<br />

nicht realisiert worden. Ein interessantes<br />

Beispiel ist die vielfeldrige Schräg-»Stangen«-Brücke<br />

von Dyckerhoff und Wid-<br />

17 Yiling Bridge (2004)<br />

© Aus: Structural Engineering International, No.1, 2004<br />

18 Entwurf für den Great Belt Fixed Link (1967)<br />

© Prof. Dr.-Ing. Herbert Kupfer<br />

19 Entwurf der Lake Geneva Bridge (1996)<br />

© Aus: Ingénieurs et Architects Suisses, No. 12, 1996<br />

mann, vorgestellt beim Entwurfswettbewerb<br />

für eine Querung des Stoerebelt<br />

– neben zwei weiteren mehrfeldrigen<br />

Schrägseilbrücken, vorgeschlagen von<br />

Holzmann und Demag. [20]<br />

Der Entwurf sah eine vielfeldrige Brücke<br />

mit 350 m Regelspannweite und einer<br />

monolithisch mit den Masten verbundenen,<br />

zweistegigen Massivplatte mit nur<br />

90 cm Bauhöhe vor. Geplant waren zwei<br />

Ebenen mit harfenförmig angeordneten<br />

Schrägstangen, die in den beiden Stegen<br />

bzw. zwei steifen Mastscheiben verankert<br />

wurden. Unterhalb der Fahrbahnplatte<br />

ist der Mast in zwei um 90° gedrehte<br />

Pfeilerscheiben aufgelöst, so dass eine<br />

dem oberen Teil entsprechende Biegesteifi<br />

gkeit vorhanden war, mit Blick auf die<br />

monolithische Bauweise zugleich aber<br />

eine in Längsrichtung weiche Konstruktion<br />

zur Verringerung der Zwängungen.<br />

Eine ähnliche Lösung wurde von Pierre<br />

Moia und Jean François Klein für eine<br />

Querung des Genfer Sees im Jahr 1996<br />

70


71<br />

vorgeschlagen. [23] Die zusätzlich im<br />

Grundriss gekrümmte Brücke mit drei<br />

Hauptfeldern mit je 350 m Spannweite<br />

wurde als Stahl-Spannbeton-Struktur mit<br />

einer mittigen als Halbharfe angeordneten<br />

Seilebene entworfen. Der Grundrisskrümmung<br />

wurde mittels exzentrischer<br />

Schwerpunktlage des dreizelligen, 3,50 m<br />

hohen Hohlkastens bzw. exzentrisch angeordneter<br />

Maste Rechnung getragen.<br />

Eine der ersten ausgezeichneten mehrfeldrigen<br />

Schrägseilbrücken mit Rahmensystem,<br />

die gebaut wurden, war die<br />

Mezcala-Brücke in Mexico. [16] Bemerkenswert<br />

ist, dass sie, ursprünglich als<br />

Durchlauf-Balkenbrücke geplant, aus den<br />

Umständen heraus und aufgrund der im<br />

Zuge ihrer Ausführung gewonnenen Baugrunderkenntnisse<br />

zu einer mehrfeldrigen<br />

Schrägseilbrücke wurde; so mussten<br />

beispielsweise infolge unzureichender<br />

Gründungsverhältnisse Spannweiten<br />

mehrmals vergrößert werden. Sie gilt bis<br />

heute als außergewöhnliches Brückenbauwerk<br />

mit einem extrem schlanken<br />

Überbau (Stahl-Verbund-Trägerrost,<br />

L/H~120) und sehr schlanken Pylonscheiben<br />

mit minimalistisch ausgeführten<br />

Pylonen.<br />

Weitere herausragende mehrfeldrige<br />

Schrägseilbrücken, gebaut als kontinuierliche<br />

Rahmensysteme, sind beispielsweise<br />

der La-Arena-Viadukt in Spanien 1992<br />

[20], an und für sich ein Vorläufer der<br />

Extradosed Brücke in Europa, die Macao-<br />

Taipa-Brücke in China 1994 oder Christian<br />

Menns berühmte Sunniberg-Brücke in<br />

Klosters 1998, die als eine der wenigen,<br />

durch die starke Grundrisskrümmung begünstigt,<br />

als integrale Brücke hergestellt<br />

wurde. [18] [19]<br />

Die Sunniberg-Brücke wurde als monolithischer<br />

Stahl-Spannbeton-Rahmen in<br />

Längs- wie in Querrichtung entworfen.<br />

Die sehr schlanke, mit zwei außenliegenden<br />

Längsträgern versehene Fahrbahnplatte<br />

ist monolithisch mit den Pfeilern<br />

verbunden, die oberhalb der Fahrbahn<br />

als steife Scheiben zur Verankerung der<br />

verhältnismäßig fl achen Schrägseile ausgeführt<br />

sind. Zur Erzielung der für eine integrale<br />

Brücke erforderlichen Nachgiebigkeit<br />

nimmt die Breite der Pfeilerscheiben<br />

zum Pfeilerfuß hin kontinuierlich ab. Die<br />

Querscheiben der Pfeilerrahmen wurden<br />

vorgespannt, um die Querschnitte trotz<br />

der großen horizontalen Verformungen<br />

mit möglichst geringen Abmessungen<br />

realisieren zu können.<br />

Ein weiterer Meilenstein des modernen<br />

Brückenbaus wurde mit dem Viadukt<br />

über das Tarntal im Zuge der A 75 bei<br />

Millau geschaffen, einer mehrfeldrigen<br />

Schrägseilbrücke, bei der in vielerlei Hinsicht<br />

(technische) Grenzen überschritten<br />

wurden. Nach langen Untersuchungen<br />

und Machbarkeitsstudien entschied man<br />

sich für den gewaltigen Brückenschlag<br />

S Y M P O S I U M<br />

nach dem Entwurf von Michel Virlogeux<br />

mit Unterstützung von Norman Foster,<br />

der eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />

mit sechs Hauptfeldern à 342 m Spannweite<br />

vorsah. [4] [14]<br />

Der Millau-Viadukt stellt ein mehrfeldriges<br />

Rahmensystem dar, bestehend aus<br />

einem schrägseilgestützten Überbau<br />

als Stahlhohlkasten mit orthotroper<br />

Platte, der biegesteif mit den Pfeilern<br />

und Pylonen verbunden ist. Die Pylonen<br />

wurden dabei als Stahl-Hohlkasten-Konstruktion<br />

mit dem Überbau verschweißt<br />

und verfügen durch die Ausführung als<br />

A-Pylonen über die erforderliche Steifi gkeit<br />

in Längsrichtung, zur Aussteifung<br />

gegen unsymmetrische Verkehrslasten.<br />

Die biegesteife Verbindung mit den Pfeilern<br />

erfolgte nach dem Einschieben des<br />

Überbaus, indem der Hohlkasten über<br />

jeder der aufgelösten Pfeilerscheiben mit<br />

Spanngliedern auf je zwei 120-MN-Kalottenlager<br />

gespannt wurde. Das Aufl ösen<br />

der Pfeiler in zwei schlanke Scheiben war<br />

zur Ausbildung einer entsprechenden<br />

Nachgiebigkeit gegenüber Längenänderungen<br />

des durchgehenden Überbaus<br />

notwendig. Bewegungen von ± 600 mm<br />

im Gebrauchszustand werden an den<br />

Brückenenden durch Maurer-Schrägtraversen-Dehnfugen<br />

aufgenommen. [15]<br />

Die Steifi gkeitsverteilung zwischen Pylonen,<br />

Überbau und Pfeilern ist das Ergebnis<br />

umfangreicher Untersuchungen, in<br />

20 Mezcala Bridge (1987)<br />

© Frank Lehnerz/<br />

www.structurae.de<br />

21 Sunniberg Bridge (1998)<br />

© Prof. Dr.-Ing. Christian Menn<br />

22 Millau Viaduct (2004)<br />

© Gary Keeling/<br />

www.gkweb.net<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

erster Linie statischer Parameterstudien,<br />

die letztlich formbestimmend waren<br />

und nicht unerheblich durch das für die<br />

Herstellung vorgesehene Taktschiebeverfahren<br />

beeinfl usst sind. Die gewählte<br />

Konstruktionsweise besticht im Ergebnis<br />

durch die exzellente und konsequente<br />

Antwort auf sämtliche Randbedingungen<br />

bei einer gleichzeitig außergewöhnlichen<br />

Gestaltung.<br />

Die Golden Ears Crossing über den Frasier<br />

River in Vancouver, Kanada, wurde im Jahr<br />

2009 mit drei Hauptfeldern mit jeweils<br />

242 m Spannweite als mehrfeldriges<br />

Rahmensystem nach einem Entwurf<br />

von Buckland & Taylor fertiggestellt. Der<br />

Stahl-Verbund-Trägerrost (aus wetterfestem<br />

Baustahl) mit zwei außenliegenden<br />

Hohlkastenträgern ist biegesteif mit<br />

den Masten verbunden und mit relativ<br />

fl achen, harfenförmig angeordneten<br />

Schrägseilen gestützt. Auch hier wurden<br />

die Pfeiler unterhalb des Überbaus in zwei<br />

längsweiche Scheiben aufgelöst, um die<br />

Zwangsreaktionen bei Längenänderungen<br />

des Decks zu verringern.<br />

2.4 Systeme mit Aussteifungsseilen<br />

Seit den frühen mehrfeldrigen, »seil«gestützten<br />

Brücken ist die Verwendung<br />

von Aussteifungsseilen als Über- und<br />

Unterspannkonstruktionen bekannt und<br />

können, wie beschrieben, verschiedene<br />

Seilanordnungen verwendet werden.<br />

Leider sind die wenigen vorhandenen<br />

technischen Informationen nur schwer<br />

aufzufi nden, zumal die allermeisten dieser<br />

Brücken heute nicht mehr existieren.<br />

Einer der ersten neuzeitlicheren Entwürfe<br />

einer mehrfeldrigen Schrägseilbrücke<br />

mit Aussteifungsseilen wurde von Fritz<br />

Leonhardt und Jörg Schlaich im Jahr 1971<br />

für die Querung des Ganges bei Patna<br />

vorgeschlagen. [4] [5] [7] Leonhardt und<br />

Schlaich entwickelten eine mehrfeldrige<br />

Schrägseilbrücke mit überkreuzten<br />

Aussteifungsseilen in jedem zweiten<br />

Feld, wobei diese Felder zur Erhöhung der<br />

Steifi gkeit, dem Prinzip der klassischen<br />

Schrägseilbrücke Rechnung tragend,<br />

jeweils 20% kürzer vorgesehen waren.<br />

Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann<br />

arbeiteten 1988 eine verfeinerte Lösung<br />

jenes <strong>Konzepts</strong> mit regelmäßigen, sich<br />

abwechselnden Spannweiten von 220 m<br />

und 180 m für einen Wettbewerbsentwurf<br />

für die Prince Edward Island Bridge<br />

aus. [27] Ihr Entwurf zeichnet sich zudem<br />

durch die Idee aus, die ausgesteiften Nebenfelder<br />

mit je einem frei auskragenden<br />

halben Hauptfeld im Dock vorzufertigen<br />

und mit einem speziellen Tragrahmen auf<br />

Pontons einzuschwimmen.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

23 Golden Ears Bridge (2009)<br />

© Bilfi nger Berger Ingenieurbau GmbH<br />

24 Pont de Cavaillon sur la Durance (1837), Pont de Chalonnes-sur-Loire (1841),<br />

Pont de Collèges (1845)<br />

© www.art-et-histoire.com<br />

25 Entwurf der Patna-Brücke (1971)<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

26 Entwurf der Prince Edward Island Bridge (1988)<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

Ein weiterer auf diesem Prinzip basierender<br />

Entwurf wurde wenig später von<br />

Schlaich und Bergermann mit Spannweiten<br />

von 400 m und 320 m für eine Querung<br />

der Straße von Gibraltar vorgestellt<br />

[27] – mit der zusätzlichen Besonderheit,<br />

dass die Maste im Bereich größerer<br />

Wassertiefen auf schwimmenden, am<br />

Meeresboden mit Seilen verankerten<br />

Stahlbeton-Hohlkästen »gegründet«<br />

werden sollten.<br />

Abgesehen von den historischen Vertretern<br />

und verschiedenen unausgeführten<br />

Entwürfen gilt Jörg Schlaichs und Rudolf<br />

Bergermanns Ting-Kau-Brücke über den<br />

Rambler Channel in Hong Kong als die erste<br />

bedeutende mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />

mit Aussteifungsseilen. [24] [25]<br />

Der zentrale Mast zwischen den beiden<br />

Hauptfeldern mit 475 m bzw. 448 m<br />

Spannweite wurde an seinem Kopf mit<br />

Seilen zu den äußeren Masten hin ausgesteift,<br />

was dieser Brücke ihr außergewöhnliches<br />

Erscheinungsbild verleiht.<br />

In Verbindung mit den in Querrichtung<br />

angeordneten »diamond«-förmigen Aussteifungsseilen<br />

gelang es, die Maste trotz<br />

hoher Beanspruchungen außerordentlich<br />

27 Ting Kau Bridge (1998)<br />

© Pawel Knapinski/<br />

www.picasweb.google.com<br />

72


73<br />

schlank auszubilden. Ähnlich wie bei den<br />

bereits erläuterten Bauwerken führte<br />

auch bei der Ting-Kau-Brücke das konsequente<br />

Bemühen, allen maßgeblichen<br />

Randbedingungen in technisch optimaler<br />

Weise gerecht zu werden, zum endgültigen<br />

Entwurf:<br />

– Die Brücke befi ndet sich in einer Region<br />

mit jährlicher Taifun-Periode, in der<br />

Windgeschwindigkeiten über 100 m/s<br />

auftreten. Eine schlanke Konstruktion<br />

sowohl des Überbaus als auch der Maste<br />

war daher unbedingt anzustreben.<br />

– Der Rambler-Channel ist eine hochfrequentierte<br />

Wasserstraße, Schiffe mit<br />

Anpralllasten bis zu 220.000 t mussten<br />

im Entwurf berücksichtigt werden,<br />

entsprechend aufwendig gestalten<br />

sich die Gründungen und deren Schutzeinrichtungen,<br />

eine Minimierung der<br />

Gründungen war daher wünschenswert.<br />

– Insbesondere im Nebenkanal standen<br />

große Bereiche mit tieferliegendem<br />

kontaminiertem Baugrund an. Gründungen<br />

in diesen Bereichen wären<br />

daher zusätzlich aufwendig gewesen,<br />

so dass alle Varianten, die kurze Spannweiten<br />

über dem Nebenkanal vorsahen,<br />

verworfen wurden. Letztendlich<br />

gab das Vorhandensein eines »Unterwasserhügels«<br />

den letzten Wink, dort<br />

einen Mast zu stellen.<br />

– Ein großer Brückenschlag mit einer<br />

Hänge- oder auch Schrägseilbrücke<br />

mit über 1.000 m Spannweite wäre<br />

beim damaligen Stand der Technik<br />

(Berechnung und Konstruktion) eine<br />

erhebliche Herausforderung und damit<br />

unwirtschaftlich gewesen.<br />

29 Entwurf der Poole Harbour Bridge (1998)<br />

© Flint & Neill<br />

30 Munskoje Bridge (2007)<br />

© Disssing + Weitling<br />

28 Ting Kau Bridge: Maste mit Queraussteifung<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

Hinzu kam die Vorgabe einer verhältnismäßig<br />

kurzen Bauzeit, der man ebenfalls<br />

mit der Konstruktion begegnete: Die<br />

vier gewählten Seilebenen erlaubten<br />

einerseits durch die Halbierung der Querspannweite<br />

den erwünschten schlanken<br />

Stahl-Verbund-Trägerrost auszuführen,<br />

andererseits konnte parallel an mehreren<br />

Kragarmen gleichzeitig operiert werden,<br />

durch die kleineren und leichteren Einheiten<br />

sowie die Verwendung von Vollfertigteilen<br />

für die Fahrbahnplatte war<br />

ein schnellerer Baufortschritt und damit<br />

die planmäßige Fertigstellung der Brücke<br />

möglich.<br />

Eine Reihe jüngerer Entwürfe mit dem<br />

Prinzip der Aussteifungsseile wurde<br />

im vergangenen Jahrzehnt ausgearbeitet,<br />

darunter zum Beispiel jener von<br />

Flint & Neill mit Dissing + Weitling im<br />

Jahre 1998 für den Bau der Poole Harbour<br />

S Y M P O S I U M<br />

Bridge als mehrfeldriger Schrägseilbrücke<br />

mit A-Pylonen und durchgehendem<br />

Stabilisierungsseil an den Pylonköpfen.<br />

[28] Ein weniger spektakuläres, aber nicht<br />

minder interessantes, realisiertes Beispiel<br />

ist die Munskoje-Brücke, konzipiert von<br />

Cowi mit Dissing + Weitling im Jahr 2007.<br />

3 Schrägseilbrücken von morgen<br />

3.1 Brücken in der Bauausführung<br />

Eine der nächsten mehrfeldrigen<br />

Schrägseilbrücken, deren Fertigstellung<br />

bevorsteht, ist die über den Oka-Fluss<br />

in Murom, Russland. Es handelt sich um<br />

ein mehrfeldriges Bauwerk mit zwei<br />

Hauptspannweiten von jeweils 231 m,<br />

überbrückt mit einem Stahl-Verbund-<br />

Trägerrost.<br />

Eine weitere interessante Lösung ist die<br />

seit 2007 im Bau befi ndliche, vom Daelim<br />

Consortium ausgearbeitete Sepoong<br />

31 Oka-Brücke (2009)<br />

© Peri GmbH<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

32 Entwurf der Sepoong Bridge (2007)<br />

© Aus [33]<br />

Bridge in Südkorea, deren Verkehrsübergabe<br />

zur Expo 2012 geplant ist. [33] Ihr<br />

Entwurf beinhaltet eine vierfeldrige,<br />

im Grundriss gekrümmte Schrägseilbrücke<br />

mit zwei Hauptfeldern mit jeweils<br />

220 m Spannweite. Der Überbau soll als<br />

torsionssteifer, einzelliger Hohlkasten mit<br />

strebengestützer Kragplatte in Segmentbauweise<br />

hergestellt und über eine mittig<br />

angeordnete harfenförmige Seilebene<br />

aus Parallellitzenseilen gestützt werden.<br />

Die in Querrichtung sehr schlanken<br />

Stahlbetonmaste sind, ähnlich der Ting-<br />

Kau-Brücke, mit vorgespannten Parallellitzenseilen<br />

am Mastkopf ausgesteift. In<br />

Längsrichtung haben sie für die Aussteifung<br />

des Decks gegen unsymmetrische<br />

Verkehrslasten etwa die vierfache Steifi<br />

gkeit; unterhalb des Überbaus werden<br />

sie als breite Pfeilerscheiben fortgeführt,<br />

um die aus der Krümmung resultierenden<br />

Querbiegemomente aufzunehmen.<br />

In Hanoi City, Vietnam, wurde im vergangenen<br />

Herbst mit dem Bau der Nhat-<br />

Tan-Brücke über den die Stadt im Norden<br />

umfl ießenden Red River begonnen. Sie<br />

ist eine sechsfeldrige, zum Mittelpylonen<br />

symmetrische Schrägseilbrücke mit vier<br />

Hauptspannweiten von jeweils 300 m,<br />

entworfen von den japanischen Ingenieuren<br />

Nippon Engineering Consultants.<br />

[29] schlaich bergermann und partner<br />

35 Entwurf der Fehmarnbelt-Brücke (2009)<br />

© Aus [31]<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

33 Entwurf der Nhat Tan Bridge (2009)<br />

© Nippon Engineerings Consultants<br />

34 Nhat Tan Bridge: Pylonansichten<br />

© Nippon Engineerings Consultants<br />

haben im Auftrag des vietnamesischen<br />

Verkehrsministeriums die Ausführungsplanung<br />

im Jahr 2008 unabhängig<br />

geprüft. Der durchlaufende Überbau,<br />

hergestellt als Stahlträgerrost mit zwei<br />

außenliegenden Längsträgern und einer<br />

Fahrbahnplatte aus nur 26 cm dicken<br />

Vollfertigteilen in Verbundbauweise,<br />

ist elastisch mit den sehr steifen ca.<br />

110 m hohen Betonpylonen verbunden.<br />

Gestützt wird er durch die fächerartig<br />

angeordneten Schrägseile, die als Paralleldrahtseile<br />

ausgeführt werden sollen.<br />

An den Trennpfeilern sind Fahrbahnübergänge<br />

für Bewegungen von ca. ± 600 mm<br />

sowie für ungünstige Verkehrslaststellungen<br />

erforderliche »Hold-down«-Spannglieder<br />

vorgesehen. Die Nhat-Tan-Brücke<br />

entspricht damit im Wesentlichen dem<br />

Prinzip der Aussteifung mit steifen Pylonen,<br />

wobei der Überbau hier zur Aufnahme<br />

der Erdbebenlasten durch große,<br />

steife Elastomerlager mit den Pylonen<br />

gekoppelt wird. Eine weitere Besonderheit<br />

sind die steifen Gründungen der<br />

Pylonen als »steel-Pipe-sheet-pile-foundation«<br />

[29] mit sogenannten Stahlrohr-<br />

Spundwandkästen, eine Methode, die in<br />

Japan entwickelt und vielfach ausgeführt<br />

wurde. Diese Gründungsart birgt neben<br />

der außergewöhnlich großen Steifi gkeit<br />

weitere Vorteile wie beispielsweise eine<br />

hohe Sicherheit gegen Auskolkung und<br />

den Verzicht auf temporäre Verbauten, so<br />

dass im Fall der Nhat-Tan-Brücke, bei der<br />

auch eine vollständige Umschichtung des<br />

Gewässerbettes berücksichtigt werden<br />

musste, eine optimale Bauweise gewählt<br />

wurde.<br />

3.2 Brücken in der Planungsphase<br />

Eines der derzeit konkretesten, in der<br />

Planungsphase befi ndlichen Großprojekte<br />

für eine mehrfeldrige Schrägseilhauptbrücke<br />

ist die geplante Querung<br />

des Fehmarnbelts zwischen Dänemark<br />

und Deutschland. Seit April 2009 werden<br />

verschiedene Brücken- und Tunnelvarianten<br />

im Rahmen einer detaillierteren<br />

»value-engineering-study« von einem<br />

Planungsteam mit Cowi, Obermeyer,<br />

Leonhardt Andrä und Partner sowie Dissing<br />

+ Weitling untersucht mit dem Ziel,<br />

bis Frühsommer 2010 eine Vorzugslösung<br />

für eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />

und eine Tunnelvariante auszuarbeiten.<br />

Nebenstehende Abbildung zeigt noch<br />

das Resultat der Machbarkeitsstudie [31],<br />

74


75<br />

eine Mehrfeldbrücke mit drei Hauptfeldern mit jeweils 724 m<br />

Spannweite, einem doppelstöckigen Fachwerk-Verbundträger<br />

für Eisenbahn- (unten) und Straßenverkehr, aufgehängt an<br />

steifen, 280 m hohen Doppel-A-Pylonen.<br />

In Schottland wird augenblicklich eine neue, weitere Querung<br />

des Forth nahe der berühmten Firth-of-Forth-Brücke als mehrfeldrige<br />

Schrägseilbrücke geplant. Die aktuelle Lösung der<br />

Arbeitsgemeinschaft aus Arup, Jacobs und Dissing + Weitling<br />

sieht eine vierfeldrige Schrägseilbrücke mit zwei Hauptfeldern<br />

mit jeweils 650 m Spannweite und mittig als Halbharfen<br />

angeordnete Seilebenen vor. Eine Besonderheit dieser Konzeption<br />

ist, dass erstmals in neuerer Zeit eine Aussteifung mit<br />

sich in den Hauptfeldern überlappenden Schrägseilen gewählt<br />

wurde.<br />

Eine vierfeldrige Schrägseilbrücke mit 2 × 300 m Hauptspannweite<br />

und Mittelaufhängung in Form einer echten Harfe ist<br />

zudem für eine Querung des Mersey River südlich von Liverpool<br />

vorgesehen. [34] Das Aussteifungskonzept besteht in diesem<br />

Fall aus der Kombination eines steifen Fachwerkträger-Überbaus<br />

mit deutlich höheren Außenmasten, die damit den<br />

größeren Teil der Hauptfelder aussteifen; die erforderlichen<br />

Rückhaltepfeiler fehlen noch in der nachfolgend abgebildeten<br />

Visualisierung.<br />

Eine Entwurfsstudie, die alles Bisherige einschließlich der<br />

geplanten Messina-Brücke in den Schatten stellt, ist das Tsugaru<br />

Strait Crossing Project in Japan. Die Tsugaru-Straße trennt<br />

die beiden Hauptinseln Hokkaido und Honshu vollständig bei<br />

einer minimalen Breite von ca. 19 km. Die bis heute einzige<br />

feste Verbindung zwischen den beiden Inseln ist der ab 1971<br />

gebaute und 1988 eröffnete knapp 54 km lange Seikan-Tun-<br />

36 Entwurf des Forth Replacement Crossing (2009)<br />

© Dissing + Weitling<br />

37 Entwurf der Mersey Gateway Bridge (2009)<br />

© Aus [34]<br />

38 Entwurf der Tsugaru Strait Crossing (2005)<br />

© Aus [30]<br />

Brückensicherheit:<br />

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S Y M P O S I U M<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

nel auf der Westroute, der immer noch<br />

längste Tunnel der Welt. Im Rahmen einer<br />

zwischen 2004 und 2006 unter Prof. Yukitake<br />

Shioi und Prof. Akira Hasegawa erarbeiteten<br />

Machbarkeitsuntersuchung [30]<br />

wurde eine mehrfeldrige, hybride Schrägseil-Hängebrücke<br />

konzipiert mit zwei<br />

Hauptfeldern mit 4.000 m (!) Spannweite.<br />

Die nördlich und südlich anschließenden<br />

Vorlandbereiche sind als »klassische«<br />

Dreifeld-Schrägseilbrücken mit jeweils<br />

2.000 m Hauptspannweite geplant. Im<br />

Rahmen dieser Studie wurden auch vollelastische<br />

Windkanalversuche und Verformungsmessungen<br />

am 1:1000-Modell<br />

mit unterschiedlichen Seilanordnungen<br />

durchgeführt. Die abgebildete hybride<br />

Variante wies die beste Performance auf,<br />

wobei immer noch Verformungen unter<br />

halbseitigen Verkehrslasten in einer Größenordnung<br />

von 16–18 m eintreten. Eine<br />

weitere Herausforderung besteht in der<br />

Gründung der ca. 480 m hohen Pylonen<br />

in etwa 270 m Wassertiefe, eine Bauwerkshöhe,<br />

die bis vor kurzem Weltrekord<br />

gewesen wäre. Hierfür wurden ebenfalls<br />

diverse Studien durchgeführt, auch unter<br />

Berücksichtigung von Lösungen aus dem<br />

Bereich der Offshorebohrinsel-Konstruktionen.<br />

4 Schlussbemerkungen<br />

Mehrfeldrige, seilgestützte Brücken haben<br />

eine lange Geschichte. Boten sie vor<br />

etwa 150 Jahren eine machbare Lösung,<br />

breitere Flüsse und Ströme, herstellungsbedingt<br />

in niedriger Höhe, zu überwinden,<br />

sind Berechnungs- und Konstruktionsmethoden<br />

inzwischen so weit ausgereift,<br />

dass auch breiteste Hindernisse<br />

in großer Höhe wirtschaftlich überquert<br />

werden können. Dabei ist bemerkenswert,<br />

dass sich die grundsätzlichen statischen<br />

Prinzipien zur Ausführung bzw.<br />

Aussteifung insbesondere mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken bis heute nicht geändert<br />

haben.<br />

Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass<br />

mit diesen Prinzipien auf unterschiedlichste<br />

Randbedingungen reagiert<br />

werden kann – und bei konsequent<br />

ingenieurmäßiger »Abarbeitung« jener<br />

Randbedingungen außergewöhnliche<br />

und herausragende Bauwerke entstehen.<br />

Der immer größer werdende Zuspruch,<br />

den mehrfeldrige Systeme mittlerweile<br />

erfahren, lässt erwarten, dass die Entwicklung<br />

noch nicht am Ende ist und vor<br />

allem auch durch den Betrieb der neueren<br />

Brücken, aber ebenso der »klassischen«<br />

Systeme weitere Erkenntnisse erlangt<br />

werden, um Eigenschaften wie Dauerhaftigkeit,<br />

Robustheit und Material-Perfor-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

mance zu optimieren, wie beispielsweise<br />

die Entwicklung von »slim-pipes« für<br />

Parallellitzenseile.<br />

Der heutige Brückenbauer unterscheidet<br />

sich nicht vom Baumeister der Vergangenheit<br />

in seiner Suche nach neuen technischen<br />

Herausforderungen und seinem<br />

Bestreben, diese technisch sinnvoll und<br />

ökonomisch angemessen zu lösen. Dem<br />

modernen Brückeningenieur stehen mit<br />

der globalen Vernetzung jedoch Erkenntnisse<br />

und Erfahrungen zur Verfügung,<br />

die in vernünftiger, sich ergänzender<br />

Teamarbeit mit Architekten zu neuen<br />

und herausragenden, gesamtheitlichen<br />

Lösungen führen können.<br />

Das Gebiet der mehrfeldrigen Seilbrücken<br />

mit seinen hohen technischen Anforderungen<br />

bietet damit auch die Chance,<br />

wieder zu etwas mehr vom Tragverhalten<br />

geprägten Brückenentwürfen zurückzufi<br />

nden – entgegen dem derzeitig zu<br />

beobachtenden, hinterfragenswerten<br />

Trend, das Tragwerk der Gestaltung unterzuordnen.<br />

Die weitere Entwicklung von mehrfeldrigen<br />

Seilbrücken wird spannend sein,<br />

und die ingeniösen Leistungen der alten<br />

Baumeister sollten Motivation und Ansporn<br />

für uns sein, ihnen nachzueifern<br />

und gut gestaltete, aber ebenso effi ziente<br />

Brückenkonstruktionen zu entwerfen, zu<br />

planen und zu bauen.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Andreas Keil<br />

Dipl.-Ing. Philipp Wenger<br />

schlaich bergermann und partner<br />

Beratende Ingenieure im Bauwesen, Stuttgart<br />

Literatur<br />

[1] Wagner, M.: The Gisclard Bridges; zu fi nden<br />

unter: www.timbreponts.fr/articles_et_publications/gisclard-bridges.htm.<br />

[2] Gisclard, A.: Brevet d’Invention no. 295003<br />

pour un nouveau pont suspendue rigide.<br />

[3] Leonhardt, F.: Brücken. Bridges. Stuttgart<br />

1982.<br />

[4] Virlogeux, M.: Bridges with multiple cablestayed<br />

spans; in: SEI, No. 1, 2001.<br />

[5] Schlaich, J.: Cable-stayed bridges with special<br />

features. IABSE Conference Malmö 1999.<br />

[6] Gimsing, N.J.: Multispan stayed girder bridges;<br />

in: Journal of the Structural Division,<br />

ASCE 102, 1976.<br />

[7] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />

auf den Entwurf mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken und Extra-dosed<br />

Bridges. Diss., Universität Stuttgart, 2007.<br />

[8] Saad, F.: Design recommendations for multispan<br />

cable supported bridges. Egypt Society of<br />

Engineers, 2000.<br />

[9] Dimel, E.: Die Brücke über den Maracaibo See.<br />

Besonderheiten ihrer Konstruktion und Bauausführung;<br />

in: Beton- und Stahlbetonbau,<br />

1963.<br />

[10] Viadukt von Polcevera; in: Bautechnik Nr. 2,<br />

1969 (nach Études Routières Dec. 1967).<br />

[11] Combault, J. et al.: Rion-Antirion Bridge,<br />

Greece. Concept, Design and Construction; in:<br />

SEI No. 1, 2005.<br />

[12] Maurer Söhne: Project info »Rion-Antirion/<br />

Harilaos Trikoupis Bridge, Greece«, No. 06,<br />

2005.<br />

[13] Katzenbach, R., Schmitt, A., Turek, J.: Innovatives<br />

Gründungskonzept für Brücken; in:<br />

Bauingenieur 79, 2004.<br />

[14] Virlogeux, M.: The viaduct over the river Tarn<br />

at Millau; German translation in: Bautechnik<br />

83, 2006.<br />

[15] Maurer Söhne: Project info »Millau Viaduct,<br />

France«, No. 04, 2005.<br />

[16] Revelo, C. et al.: Design and Construction of<br />

the Mezcala cable-stayed bridge. Mexico<br />

1994.<br />

[17] Arenas, J., Pantaléon, M.: Fünf Brücken in<br />

Spanien; in: Baukultur Nr. 3, 1998.<br />

[18] Menn, C. et al.: Sunnibergbrücke. Konzept,<br />

Projekt und Ausführung; in: SIA, Nr. 19, 1998.<br />

[19] Figi, H., Menn, C., Bänziger, D.: Sunnibergbrücke.<br />

Eine Dokumentation; in: SIA, Nr. 44, 1998.<br />

[20] Klinkenberg, W.: Ideenwettbewerb für eine<br />

feste Verbindung über den großen Belt; in:<br />

Bauingenieur Nr. 11, 1967.<br />

[21] Changyu, S.: Yiling multi-span cable-stayed<br />

bridge over the Yangtze River; in: SEI, No. 1,<br />

2004.<br />

[22] Sherif, A., Dilger, W., Tadros, G.: A multi-span<br />

cable-stayed bridge as an alternative solution<br />

for the Confederation Bridge in Canada. Egypt<br />

Society of Engineers, 2000.<br />

[23] Moia, P.: Projet de pont pour la traverse du<br />

Petit-Lac; in: SIA, No. 12, 1996.<br />

[24] Bergermann, R., Schlaich, M.: Die Ting-Kau-<br />

Schrägkabelbrücke in Hong Kong. Entwurf<br />

und Konstruktion; in: Bauingenieur 74, 1999.<br />

[25] Bergermann, R., Schlaich, M., Näher, F.: Die<br />

Ting-Kau-Schrägkabelbrücke in Hong Kong.<br />

Bau; in: Bauingenieur 74, 1999.<br />

[26] Schlaich, M., Bergermann, R.: Monoleg Towers<br />

with Transverse Stabilizing Cables; in: SEI, No.<br />

4, 1998.<br />

[27] Schlaich, J., Bergermann, R.: Cable-Stayed<br />

Floating Bridge for the Gibraltar Link. Spanish-Moroccan<br />

Conference for Gibraltar Link,<br />

Marrakech.<br />

[28] Firth, I: Poole Harbour Bridge. Innovation in<br />

cable-stayed bridge design; in: IABSE, Vol. 79,<br />

1998.<br />

[29] Nippon Engineering Consultants Co. Ltd.: Detailed<br />

Design Report of the Main Cable-Stayed<br />

Bridge of the Nhat Tan Bridge Construction<br />

Project. Final Rev. 19th May 2008.<br />

[30] Shioi, Y., Hasegawa, Wang, H.: Case Study for<br />

Tsugaru Strait Bridge.<br />

[31] Feasibility Study Fehmarnbelt Link. Bericht Nr.<br />

28110-T-F-2B-003, Trafi kministeriet 1999.<br />

[32] Marc Seguin; zu fi nden unter wwwart-et-histoire.com.<br />

[33] Korean Curves; in: Bridge Design & Engineering,<br />

No. 55, 2009, S. 46–49.<br />

[34] Gateway Goal; in: Bridge Design & Engineering,<br />

No. 57, 2009, S. 36–39.<br />

76


77<br />

Ganzheitliches Entwerfen im Brückenbau<br />

Deh Cho Bridge im Norden Kanadas<br />

� � � von Matthias Schüller<br />

1 Visualisierung der Deh Cho Bridge<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

Der ursprüngliche Entwurf für eine<br />

Brücke über den Mackenzie River<br />

im Norden Kanadas erwies sich als<br />

schwierig durchsetzbar wegen technischer<br />

und baubedingter Probleme.<br />

Der neuverfasste Brückenentwurf<br />

musste daher einem sehr straffen<br />

Zeitplan und den teilweise bereits<br />

fertiggestellten Pfeilern genügen.<br />

Dieser Beitrag beschreibt das Bauwerk,<br />

insbesondere den ganzheitlichen<br />

Entwurfsprozess in Hinblick<br />

auf Wirtschaftlichkeit, Ästhetik,<br />

Bauverfahren und Dauerhaftigkeit.<br />

Ferner diskutiert werden die Bedeutung<br />

von Entwurfsgrundsätzen und<br />

Versagensmechanismen im Brückenbau.<br />

1 Einleitung<br />

In den frühen 1930er Jahren kamen<br />

die ersten Siedler nach Yellowknife, der<br />

Hauptstadt der Northwest Territories in<br />

Kanada. Zur damaligen Zeit reisten die<br />

Menschen entweder mit Pferden im Sommer<br />

oder mit Hundeschlitten im Winter.<br />

Eine gut ausgebaute Straße wurde erst<br />

1968 fertiggestellt: Der sogenannte<br />

Yellowknife Highway erstreckt sich über<br />

530 km von der nördlichen Grenze der<br />

Provinz Alberta bis nach Yellowknife, doch<br />

bis heute ist die Straße nicht durchgängig<br />

befahrbar. Der 1.738 km lange Mackenzie<br />

River wird in der Nähe von Fort Providence<br />

im Sommer mit einer Fähre und im Winter<br />

mit Hilfe einer »Ice Road« überwunden. In<br />

den Frost- und Tauperioden ist die Verbindung<br />

bis zu vier Wochen unterbrochen.<br />

Die Deh Cho Bridge soll nun eine ganzjährige<br />

Landverbindung nach Yellowknife<br />

ermöglichen.<br />

2 Längsschnitt und Lageplan<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

S Y M P O S I U M<br />

Im Jahre 2007 sind die Regierung der<br />

Northwest Territories und die Deh Cho<br />

Bridge Corporation in eine Public-Private-Partnership<br />

eingetreten, um die<br />

erste Brücke über den Mackenzie River zu<br />

bauen. Die neue Brücke wird errichtet in<br />

unmittelbarer Nähe des Great Slave Lake,<br />

der mit 27.000 km² Fläche zu den zehn<br />

größten Seen der Welt gehört.<br />

Der ursprüngliche Entwurf sah einen<br />

zweistegigen Verbundträger-Überbau auf<br />

insgesamt acht Pfeilern vor. Wegen Windbeanspruchungen<br />

wurden allerdings<br />

Öffnungen in den Stegen angeordnet,<br />

so dass sich der Überbau als ein Warren-<br />

Fachwerkträger klassifi zieren ließ. Die<br />

neun Spannweiten wurden mit 90 m, 3 ×<br />

112,50 m, 190 m, 3 × 112,50 m, 90 m moderat<br />

gewählt. In der Hauptöffnung sollte<br />

der biegesteife Überbau ähnlich wie eine<br />

»Extradosed Bridge« abgespannt werden,<br />

um die Lasten eines 105 m langen Schwe-<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

beträgers aufnehmen zu können, den<br />

man mittels Pendeln gelenkig gelagert an<br />

den Kragarmspitzen der Rampenbrücken<br />

aufhängen wollte. Das sich so ergebende<br />

statische System mit zwei zusätzlichen<br />

Fugen in der Hauptspannweite ähnelte<br />

der von Heinrich Gottfried Gerber<br />

(1832–1912) erstmals vorgeschlagenen<br />

Struktur einer Auslegerbrücke, die im 19.<br />

und zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft<br />

angewendet wurde. [1] [2] [3]<br />

Ungünstige Querschnitte für die Gurte,<br />

Streben und Pfosten des Warren-Fachwerkträgers,<br />

eine längs- und quervorgespannte<br />

Betonfahrbahnplatte sowie das<br />

Stangen-Abspannsystem des ursprünglichen<br />

Entwurfes erwiesen sich in mehrfacher<br />

Hinsicht als technisch bedenklich<br />

und unwirtschaftlich. Außerdem war die<br />

Anwendung des vorgesehenen Taktschiebeverfahrens<br />

für die Rampenbrücken<br />

nicht ohne weiteres möglich. Der neuverfasste<br />

Entwurf respektiert die anspruchsvollen<br />

gestalterischen Vorgaben der<br />

vorherigen Konzeption, setzt allerdings<br />

konsequent auf Leichtbauprinzipien,<br />

bewährte Technologien für die hochfesten<br />

Zugglieder und berücksichtigt bereits<br />

in der Entwurfsphase ein wirtschaftliches<br />

Bauverfahren.<br />

Eine besondere Herausforderung war<br />

der straffe Zeitrahmen von nur sechs<br />

Monaten für die Entwurfsbearbeitung<br />

und Ausführungsplanung. Deshalb<br />

wurde Projektmanagement und Qualitätssicherung<br />

von Anfang an Beachtung<br />

geschenkt. Kritische Bereiche, deren<br />

gegenseitige Abhängigkeiten und heikle<br />

Phasen wurden frühzeitig erkannt und<br />

entsprechend behandelt.<br />

2 Ganzheitliche Entwurfsgrundsätze<br />

2.1 Leicht- und Verbundbau<br />

Fachwerkträger sind aufgelöste Strukturen,<br />

die sich weit verbreitet und sehr<br />

vielseitige Anwendungen im Stahlbrückenbau<br />

gefunden haben. [4] Sie sind ein<br />

ausgezeichnetes Beispiel für Leichtbauweisen<br />

im Brückenbau, da bei ihnen die<br />

Stabquerschnitte vorrangig nur durch<br />

Zug- und Druckkräfte beansprucht werden.<br />

Heute werden Fachwerkträger gerne<br />

auch mit Betonfahrbahnplatten im Verbund<br />

hergestellt, um die wirtschaftlichen<br />

Vorteile beider Konstruktionsweisen zu<br />

nutzen. [5] Dabei gilt es die Fahrbahnplatte<br />

so dünn wie möglich auszubilden, um<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

3 Nachtansicht der Brücke<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

4 Querschnitte der Pfeiler<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

die Eigenlast der Brücke weiterhin niedrig<br />

zu halten. Die hohen Verkehrslast-Teilsicherheitsbeiwerte<br />

und Schwingfaktoren,<br />

als »Dynamic Load Allowance« in der<br />

kanadischen Brückennorm bezeichnet<br />

[6], die im Ultimate-Limit-State-(ULS-)<br />

Nachweis anzusetzen sind, bestimmten<br />

im Fall der Deh Cho Bridge die Fahrbahnplattendicke.<br />

Um eine im Durchschnitt<br />

lediglich 215 mm dicke Platte realisieren<br />

zu können, wurde die Bruchlinientheorie<br />

angewendet. [7] Aufgrund des reduzierten<br />

inneren Hebelarms erfordern dünne<br />

Platten einen vergleichsweise erhöhten<br />

Bewehrungsaufwand, der aber gerade<br />

beim Service-Limit-State-(SLS-)Nachweis<br />

im Zusammenhang mit der Rissbreitenbeschränkung<br />

positiv in Erscheinung tritt.<br />

2.2 Fugenlose Bauweise<br />

Die fugenlose Bauweise vermeidet anfällige<br />

Fahrbahnübergänge und vermindert<br />

den Wartungs- und Unterhaltsaufwand.<br />

[8] Entwurfsziel war deshalb ein Deck, das<br />

fugenlos über die gesamte Brückenlänge<br />

von 1.045 m durchläuft. Dies bedingte<br />

besondere Überlegungen, um zum einen<br />

Temperaturverformungen zwängungsarm<br />

zu gewährleisten und zum anderen<br />

Erdbebenlasten auf mehrere Pfeiler zu<br />

verteilen. Sogenannte Lock-up Devices,<br />

die zwischen Überbau und Pfeiler installiert<br />

werden, machen diesen Widerspruch<br />

möglich. [9] Die wie hydraulische Stoßdämpfer<br />

aussehenden Elemente sind mit<br />

Öl gefüllte Zylinder, die eine bedeutende<br />

Kolbenbewebung nur zulassen, wenn<br />

eine gewisse Kraft über einen längeren<br />

Zeitraum von mehreren Stunden aufgebracht<br />

wird.<br />

2.3 Versagensmechanismen<br />

Das »Redundancy Principle« basiert auf<br />

der Überlegung, neben den Primärlastpfaden<br />

weitere, sogenannte Sekundärlastpfade<br />

bereitzustellen, um im Grenzfall<br />

Traglastreserven zu aktivieren. Das bedeutet,<br />

dass bereits im Entwurfsstadium<br />

Versagensmechanismen durchgespielt<br />

werden.<br />

Sekundärlastpfade müssen nicht teuer<br />

sein. Viele Tragwerke erlauben das vollständige<br />

Versagen einzelner Tragwerkskomponenten,<br />

ohne dass ein fataler<br />

Brückeneinsturz die Folge wäre. Manche<br />

Regelwerke fordern sogar die Berücksichtung<br />

extremer Annahmen wie den<br />

schlagartigen Ausfall eines Schrägseils.<br />

78


79<br />

[10] Grundsätzlich sollte der entwerfende<br />

Ingenieur eine klare Vorstellung vom<br />

Tragverhalten unter den verschiedensten<br />

Lastfallkombinationen haben. Werden<br />

keine Ersatz-Lastpfade eingeplant, sollten<br />

die schwächsten Glieder der nun lebenswichtigen<br />

»Lastpfad-Ketten« bewusst<br />

gewählt und dimensioniert werden. Und<br />

sie sollten unbedingt duktil ausgebildet<br />

werden, um bei Überschreitung der planmäßigen<br />

Beanspruchung eine Überlastung<br />

durch Verformung oder zumindest<br />

durch Beschädigung anzuzeigen, bevor<br />

ein Versagen eintritt.<br />

2.4 Extradosed Bauweise<br />

In der Literatur werden hybride Brückentragwerke<br />

mit biegesteifem Überbau<br />

und Abspannungen auch als »Extradosed<br />

Bridges« bezeichnet [11] [12], während<br />

sie in [13] treffend als abgespannte<br />

Balkenbrücken benannt werden. Im Fall<br />

der Deh Cho Bridge können die Seitenspannweiten<br />

nicht die Eigenlast der<br />

Hauptspannweite in Balance halten,<br />

ohne die Biegetragwirkung des Überbaus<br />

in Anspruch zu nehmen. Deshalb muss<br />

der Überbau in den Seitenspannweiten<br />

paradoxerweise nach unten vorverformt<br />

(unterhöht) werden, um Biegeverformungen<br />

infolge Eigenlast auszugleichen. [14]<br />

Damit unterscheidet sich dieses Tragsystem<br />

einer Extradosed Bridge deutlich<br />

von dem klassischer Schrägseilbrücken,<br />

die bei kleinen Seilabständen mit sehr<br />

schlanken Fahrbahnträgern auskommen.<br />

2.5 Vollverschlossene Spiralseile<br />

Für die hochfesten Zugglieder sind vollverschlossene<br />

und galfanbeschichtete<br />

Spiralseile mit vergossenen Ankerköpfen<br />

vorgesehen; die Anordnung der Seile ist<br />

in einem Bild veranschaulicht. Die Seile<br />

werden konfektioniert mit planmäßigen<br />

Längen geliefert, erlauben allerdings an<br />

der überbauseitigen Verankerung eine<br />

Längenvariation, um Fehler korrigieren<br />

und Seilkräfte manipulieren zu können.<br />

Im Vergleich zu den üblichen Litzenbündeln<br />

sind Spiralseile schlanker und gestatten<br />

kompakte Verankerungsdetails. Der<br />

Korrosionsschutz und die Beschaffenheit<br />

7 Überbau-Verformung während des Einhebevorgangs<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

5 Planmäßige Überbau-Überhöhung<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

6 Pylon und Seile<br />

© Infi nity Engineering Group<br />

der äußeren Drahtlängen lassen sich<br />

zudem ausgezeichnet begutachten und<br />

bei Bedarf auch ausbessern.<br />

3 Bauausführung<br />

3.1 Unterbauten<br />

Die Pfeiler sind im Schutz von Kofferdämmen<br />

fl ach im Flussbett gegründet. Die<br />

massiven Kegel der unteren Pfeilerpartie<br />

reduzieren den Eisdruck durch das Eisbrecherprinzip.<br />

Auf die Weise wird eine sich<br />

unter der Brücke hindurchschiebende,<br />

geschlossene Eisfl äche nach oben hin<br />

aufgebrochen, um Gassen für die Pfeiler<br />

zu bilden. Die auf die Kegel aufgesetzten<br />

Pfeilerköpfe sind vollständig aus Stahl gefertigt,<br />

um einen zügigen Baufortschritt<br />

trotz langer Frostperioden zu erzielen;<br />

Gewindestangen sorgen dabei für eine<br />

vorgespannte Verbindung von Kegel- und<br />

Kopfpartien.<br />

3.2 Überbau<br />

Die Fachwerkträgersegmente werden<br />

jeweils von den Widerlagern aus eingeschoben.<br />

Das Taktschiebeverfahren ist<br />

S Y M P O S I U M<br />

eine Bauweise, die schon frühzeitig im<br />

Stahlbau eingesetzt wurde. [15] Ein 57 m<br />

langes Endstück, das nach Abschluss der<br />

Taktschiebearbeiten eingehoben wird,<br />

verbindet beide Rampen in Brückenmitte.<br />

Dieses Verfahren wurde zum Beispiel bei<br />

der Mainbrücke Nantenbach erfolgreich<br />

angewandt. [16] Um die Fachwerkträger-<br />

Verbindungen zwischen Rampen und<br />

Schlussstück zwängungsfrei ausführen<br />

zu können, wird der Überbau im Bereich<br />

vom Widerlager bis zum Pfeiler 4, einem<br />

Pylonpfeiler, vorab mit dem Deck belastet.<br />

Das Deck der Hauptspannweite wird erst<br />

nach Abschluss der Fachwerkträger-Montagearbeiten<br />

hergestellt.<br />

3.3 Seilinstallation und Seilkräfte<br />

Um eine einfache Seilinstallation zu<br />

ermöglichen, wird der Überbau am Pylonpfeiler<br />

mittels hydraulischer Pressen<br />

um etwa 1 m angehoben. Erst nachdem<br />

alle Seile eingehängt sind, wird er wieder<br />

in die planmäßige Lage abgesenkt. Seilkräfte<br />

und Überbau-Überhöhung für die<br />

kritischen Bauzustände werden vorgege-<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

ben und mit den vor Ort erzielten Werten<br />

verglichen, damit Brückengeometrie und<br />

Tragwerksbeanspruchungen innerhalb<br />

zulässiger Toleranzen garantiert bleiben.<br />

Für die Seile wurde zum Beispiel eine<br />

Toleranz von +/-10 % der Seilkräfte im<br />

Eigenlastzustand vorgegeben.<br />

3.4 Fahrbahn<br />

Die Fahrbahn wird aus vorgefertigten<br />

Stahlbetonplatten mit 400 mm breiten<br />

Ortbetonfugen zwischen den Fertigteilen<br />

hergestellt. Die Verbundtragwirkung mit<br />

dem Fachwerkträger wird erst nach dem<br />

Verlegen aller Fertigteile aktiviert. Das<br />

heißt, nur für zusätzlich aufgebrachte<br />

Eigenlasten aus Asphalttrag- und -deckschichten,<br />

Schrammborden und Geländer<br />

sowie veränderliche Lasten aus Verkehr,<br />

Temperatur, Wind etc. ist das Verbundsystem<br />

aktiv. Diese Vorgabe reduziert die<br />

Deck-Zugspannungen im Stützbereich<br />

und die Schwindbeanspruchungen in<br />

Deck und Fachwerkträger deutlich gegenüber<br />

dem Pilgerschrittverfahren, bei dem<br />

die Verbundtragwirkung einer Ortbeton-<br />

Fahrbahnplatte im Feldbereich vorgezogen<br />

aktiviert wird.<br />

3.5 Verformungs- und<br />

Überhöhungskontrolle<br />

Mit steigendem Schlankheitsgrad kommt<br />

den Verformungs- und Überhöhungsberechnungen<br />

eine immer wichtigere<br />

Bedeutung zu. In der Hauptspannweite<br />

erreicht die Deh Cho Bridge eine Schlankheit<br />

(Verhältnis der Konstruktionshöhe zu<br />

Spannweite) von 1/42. Ein solcher Wert<br />

ist im Normalfall sehr schlanken Biegeträgern<br />

zugeordnet. Trotzdem konnte gezeigt<br />

werden, dass vertikale Verformungen<br />

für das anzusetzende Regelfahrzeug<br />

nur 1/1.300 der Spannweite betragen.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Im Fall der hybriden Deh Cho Bridge<br />

hängt die richtige Überbau-Überhöhung<br />

von vielen Faktoren ab, beispielsweise<br />

Eigenlasten, Überbau-Biegesteifi gkeit,<br />

Fertigungstoleranzen, Seilkräften und<br />

Bauverfahren. Eine Kontrolle der Überhöhung<br />

während der Bauausführung ist<br />

unumgänglich. Deshalb zeigen bereits die<br />

Ausführungspläne Überhöhungskontrollwerte<br />

für drei verschiedene Bauzustände:<br />

1. nach dem Einstellen der Seilkräfte<br />

durch Überbauabsenken,<br />

2. vor dem Verlegen der Deckpanels und<br />

3. vor dem Einbau der Asphalt-Tragschicht.<br />

Eine begrenzte Überhöhungskorrektur<br />

während der Bauausführung ist noch<br />

möglich. Zum Beispiel kann das Spaltmaß<br />

zwischen den Betonfertigteilen und den<br />

Fachwerkträger-Obergurten variiert<br />

werden.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Der Entwurf der Deh Cho Bridge erforderte<br />

eine ganzheitliche Betrachtung, um<br />

den vielseitigen technischen und logistischen<br />

Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Gerade Leichtbauprinzipien und die<br />

fugenlose Bauweise können einen bedeutenden<br />

Beitrag zum nachhaltigen Bauen<br />

unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit,<br />

Ästhetik, Bauverfahren und Dauerhaftigkeit<br />

leisten. Die voraussichtlich im<br />

November 2011 fertiggestellte Deh Cho<br />

Bridge ist ein gutes Beispiel dafür.<br />

Autor:<br />

Dr.-Ing. Matthias Schüller, P.Eng.<br />

Infi nity Engineering Group Ltd.,<br />

North Vancouver, Kanada<br />

Bauherr<br />

Deh Cho Bridge Corporation, Yellowknife,<br />

Northwest Territories, Canada<br />

Entwurfs- und Ausführungsplanung<br />

Infi nity Engineering Group Ltd., North Vancouver,<br />

British Columbia, Canada<br />

Baugrundgutachter<br />

EBA Consulting Engineers and Scientists,<br />

Yellowknife, Northwest Territories, Canada<br />

Windgutachter<br />

The Boundary Layer Wind Tunnel Laboratory,<br />

University of Western Ontario, London, Ontario,<br />

Canada<br />

Literatur<br />

[1] Ricken, H.: Der Bauingenieur. Geschichte eines<br />

Berufes. Berlin 1994, S. 218.<br />

[2] Heinrich, B.: Brücken. Vom Balken zum Bogen.<br />

Reinbeck b. Hamburg 1989, S. 207.<br />

[3] Bühler, D.: Brückenbau im 20. Jahrhundert.<br />

Gestaltung und Konstruktion. München 2004,<br />

S. 79.<br />

[4] Trautz, M.: Eiserne Brücken in Deutschland im<br />

19. Jahrhundert. Düsseldorf 1991.<br />

[5] Saul, R.: Verbundbrücken, in: Deutsche Bauzeitung,<br />

132. Jg, Heft 5, 1989, S. 136.<br />

[6] Canadian Standards Association: Canadian<br />

Highway Bridge Design Code CAN/CSA-S6-00.<br />

Mississauga, Ontario 2000, S. 56.<br />

[7] Braestrup, M.: Yield Line Theory and Concrete<br />

Plasticity. Morley Symposium on Concrete<br />

Plasticity and its Application, University of<br />

Cambridge, 2007. Verfügbar im Internet<br />

unter www.civ.eng.cam.ac.uk/cjb/concplas/<br />

04braestrup.pdf.<br />

[8] Schüller, M.: Konzeptionelles Entwerfen und<br />

Konstruieren von Integralen Betonbrücken;<br />

in: Beton- und Stahlbetonbau, 99 Jg., Heft 10,<br />

2004, S. 782.<br />

[9] Taylor, D.: History, Design, and Application<br />

of Fluid Dampers in Structural Engineering,<br />

2010. Verfügbar im Internet unter www.taylordevices.com/papers/history/design.htm.<br />

[10] Post-Tensioning Institute: Recommendations<br />

for Stay Cable Design, Testing, and Installation.<br />

5. A. 2007, Farmington Hills, Michigan,<br />

S. 53.<br />

[11] Walther, R., Houriet, B., Isler, W., Moïa, P.:<br />

Schrägseilbrücken. Düsseldorf 1994, S. 62.<br />

[12] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />

auf den Entwurf mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken und Extradosed<br />

Bridges. Dissertation Universität Stuttgart,<br />

Beuren 2007. Verfügbar im Internet unter<br />

www.elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2008/3536/pdf/Diss_Meiss.pdf.<br />

[13] Pauser, A.: Massivbrücken. Ganzheitlich<br />

betrachtet. Düsseldorf 2002, S. 157.<br />

[14] Singh, P., Schüller, M., Oppel, S.: Deh Cho<br />

Bridge. The Northern Link; in: 4D Journal, Oktober<br />

2009, Larsa Inc., New York. Verfügbar im<br />

Internet unter www.larsa4d.com/downloads.<br />

aspx.<br />

[15] Stiglat, K.: Brücken am Weg. Frühe Brücken<br />

aus Eisen und Beton in Deutschland und<br />

Frankreich. Berlin 1997, S. 41.<br />

[16] Bühler, D.: Brückenbau. München 2000, S. 96.<br />

Bauüberwachung<br />

Sargent & Associates Engineering Ltd., Victoria,<br />

British Columbia, Canada<br />

Territorial Advisors<br />

BPTECH-DNW Engineering Ltd., Edmonton,<br />

Alberta, Canada & TYLIN International,<br />

San Francisco, California, USA<br />

Peer Review<br />

URS Corporation, Tampa, Florida, USA<br />

Ausführung Unterbauten<br />

ATCON Construction INC., Miramichi,<br />

New Brunswick, Canada & Ruskin Construction<br />

Ltd., Prince George, British Columbia, Canada<br />

80


81<br />

Von Anfängen in Japan bis zur Gegenwart in der Slowakei<br />

Ausgewählte Beispiele für Extradosed Bridges<br />

� � � von Christian Gläser<br />

Extradosed Bridges stellen eine<br />

wirtschaftliche Möglichkeit dar, für<br />

Spannbetonbrücken einen größeren<br />

Hebelarm der Vorspannkraft nutzbar<br />

zu machen. Die Anforderungen<br />

an die verwendeten Spannglieder<br />

liegen zwischen denen von Schrägseilen<br />

und externen Spanngliedern.<br />

In Japan wurden zahlreiche Brücken<br />

unter Verwendung von externen<br />

Spanngliedern mit verschiedenen<br />

Litzentypen ausgeführt, bei einem<br />

Projekt in der Slowakei bei Považská<br />

Bystrica kommen Litzenbündelseile<br />

Typ Dyna Grip® als Spannglieder<br />

zum Einsatz.<br />

1 Einführung<br />

Seit der Einführung der »Richtlinie für Betonbrücken<br />

mit externen Spanngliedern«<br />

[1] in Deutschland müssen alle bisher<br />

im Steg von Brücken mit Kastenquerschnitten<br />

angeordneten Spannglieder als<br />

externe Spannglieder ausgeführt werden,<br />

deren vorrangige Vorteile im werkmäßig<br />

hergestellten Korrosionsschutz sowie der<br />

Kontrollier-, Nachspann- und Auswechselbarkeit<br />

bestehen. [2] Bei Hohlkastenbrücken,<br />

in denen ausschließlich externe<br />

Spannglieder zum Einsatz kommen, ist<br />

ein Verlust von innerem Hebelarm unumgänglich.<br />

Zur Reduzierung des Überbaueigengewichts<br />

und zur Erzielung eines größeren<br />

inneren Hebelarms durch externe Vorspannung<br />

regte der französische Ingenieur<br />

Mathivat bereits 1988 in einem Sondervorschlag<br />

zu einem Brückenbauwerk<br />

an, auf eine Voutung des Querschnitts<br />

zu verzichten und die Exzentrizität der<br />

Spannglieder über dem Aufl ager durch<br />

einen sogenannten Deviator zu erhöhen.<br />

Diese neue Bauweise bezeichnete er als<br />

»extradosed prestress«. [3]<br />

In den letzten Jahren wurden in Japan,<br />

aber auch in Frankreich sowie vermehrt in<br />

Osteuropa »extradosed« Brücken gebaut.<br />

Die Baukosten lagen dabei zwar über<br />

denen einer Spannbetonbrücke, jedoch<br />

niedriger als bei einer Schrägseilbrücke.<br />

Eine Übersetzung des Begriffes »extradosed«<br />

ins Deutsche ist schwierig und<br />

könnte am ehesten mit dem Wort »überspannt«<br />

geschehen.<br />

2 Abgrenzung und Charakteristika<br />

»Extradosed« Brücken stellen eine Mischform<br />

zwischen Schrägseilbrücken und<br />

extern vorgespannten Brücken dar. Bei<br />

diesen Bauwerken verlaufen die Spannglieder<br />

nicht innerhalb, sondern (auch)<br />

außerhalb des Hohlkastens, wobei die<br />

Tragprinzipien von Spannbetonbalken<br />

und Schrägseilbrücken miteinander<br />

verbunden werden.<br />

Im Vergleich zur Schrägseilbrücke ist der<br />

Überbau wesentlich steifer, und der Pylon<br />

hat, bezogen auf die Spannweite, eine<br />

geringe Bauhöhe (nur ca. 1/15–1/10 der<br />

Spannweite). Durch die fl ache Seilneigung<br />

erhält der Überbau aus der Seilkraft<br />

eine erhebliche Normalkraftkomponente<br />

und trägt die Lasten in erster Linie als<br />

vorgespannter Biegeträger ab. Dadurch<br />

fallen die möglichen Spannweiten kleiner<br />

aus, so dass gegebenenfalls mehr Pylonen<br />

erforderlich werden.<br />

Im Vergleich zur Spannbetonbrücke kann<br />

die Bauhöhe, insbesondere über den<br />

Pfeilern, aber niedriger gehalten werden,<br />

und es lassen sich größere Spannweiten<br />

bewältigen.<br />

3 Anforderungen an die Spannglieder<br />

Im Vergleich zu externen Spanngliedern<br />

sind vor allem zusätzliche Anforderungen<br />

an den Korrosionsschutz in der freien Länge<br />

zu stellen, da die Spannglieder ständig<br />

der Bewitterung ausgesetzt bleiben. Die<br />

Anforderungen an den Ermüdungswiderstand<br />

sind ebenfalls höher als beim externen<br />

Spannglied, aber niedriger als beim<br />

Schrägseil. Es kann davon ausgegangen<br />

werden, dass sämtliche Schrägseilsysteme<br />

auch die Anforderungen für Spannglieder<br />

von extradosed Brücken erfüllen.<br />

Für externe Spannglieder sind bei der Verwendung<br />

in extradosed Brücken jedoch<br />

zusätzliche Nachweise zu erbringen.<br />

S Y M P O S I U M<br />

Werden Spannglieder mit Umlenksattel<br />

am Pylonen ausgeführt, ist konstruktiv zu<br />

gewährleisten, dass Biegespannungen in<br />

den Spanngliedern an den Übergängen<br />

der Umlenksättel minimiert werden, und<br />

es ist nachzuweisen, dass ein Verschleiß<br />

durch Reibung verhindert wird. Falls die<br />

Auswechselbarkeit gefordert ist, muss<br />

diese ebenfalls nachgewiesen werden.<br />

4 Schwingbreiten und Seilkräfte<br />

Externe Spannglieder in Deutschland<br />

werden bei den üblichen Spannstahlfestigkeiten,<br />

wie auch im Verbund liegende<br />

Spannglieder, mit 72–76 % der charakteristischen<br />

Zugfestigkeit vorgespannt.<br />

Im Zulassungsverfahren werden diese<br />

Spannglieder mit einer Schwingbreite<br />

von 80 N/mm² bei 2 ·10 6 Lastwechseln<br />

geprüft.<br />

Bei Litzenbündelseilen wird im Gebrauchszustand<br />

üblicherweise eine<br />

Seilkraft entsprechend 45 % der charakteristischen<br />

Zugfestigkeit der Einzellitze<br />

verwendet. Zum Nachweis der hohen<br />

Ermüdungsbeanspruchung werden diese<br />

Litzenbündelseile mit einer Schwingbreite<br />

von 200 N/mm 2 bei 2 ·10 6 Lastwechseln<br />

geprüft.<br />

Da insbesondere aufgrund der größeren<br />

Überbausteifi gkeiten kleinere<br />

Schwingbreiten in den Spanngliedern<br />

der extradosed Brücken auftreten, wird<br />

in [4] empfohlen, dass die zulässige Kraft<br />

60 % der charakteristischen Zugfestigkeit<br />

entsprechen kann.<br />

5 Beispiele aus Japan<br />

Seit 1994 werden in Japan extradosed<br />

Brücken errichtet und haben sich als<br />

wirtschaftliche Lösung bewährt. Bei<br />

diesen Projekten kamen Spannglieder mit<br />

bis zu 48 Litzen zum Einsatz, die entweder<br />

aus nackten oder doppelt korrosionsgeschützten<br />

epoxidbeschichteten Litzen<br />

in HDPE-Hüllrohren, die in beiden Fällen<br />

nach der Montage mit Zementmörtel<br />

injiziert wurden, bestehen.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

1 Shikari-Brücke über den Tokachi River<br />

© Dywidag-Systems International GmbH/Sumitomo<br />

3 In Japan ausgeführte Brücken mit DSI-Spanngliedern<br />

© Dywidag-Systems International GmbH<br />

Bei der Shikari-Brücke über den Tokachi<br />

River in Hokkaido mit 610 m Gesamtlänge<br />

wurde beispielsweise ein externes Spannglied<br />

mit Zementinjektion gefordert. Zur<br />

Anwendung gelangten externe Dywidag-<br />

Spannglieder Typ MC mit 19 Litzen, die<br />

zum Teil auch als externe Spannglieder im<br />

Hohlkasten weitergeführt wurden. Um<br />

den Ermüdungswiderstand zu erhöhen,<br />

wurden zusätzliche Kunststoffelemente<br />

an den Auslaufstellen am Pylonen und im<br />

Überbau installiert.<br />

Für die Matakina Bridge bei Nago mit<br />

Spannweiten von 89 und 109 m wurden<br />

Spannglieder, 19 bzw. 27 epoxidbeschichtete<br />

Litzen umfassend, eingebaut und die<br />

Hüllrohre nach deren Einbau mit einem<br />

geringfügig quellenden polymermodifi -<br />

zierten Leichtmörtel verpresst.<br />

Können aus Platzgründen die Litzen am<br />

Pylonen nicht verankert werden, müssen<br />

Sattellösungen ausgeführt werden,<br />

welche die Aufnahme von Kraftdifferenzen<br />

in den Seilabschnitten beidseits des<br />

Pylonen ermöglichen. Bei den in Japan<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

2 Matakina-Brücke über den Yanbaru-Stausee<br />

© Dywidag-Systems International GmbH/Sumitomo<br />

realisierten Brücken wurde zum Teil mit<br />

Hilfe eines Systems aus zwei ineinandergesteckten<br />

Rohren und einer Schubknagge<br />

gewährleistet, dass Differenzkräfte in<br />

den Parallellitzenbündeln sicher in den<br />

Pylonen eingetragen werden und damit<br />

die austauschbaren Parallellitzenbündel<br />

nicht wie bei gewöhnlichen externen<br />

Spanngliedern über die Umlenkung<br />

gleiten können.<br />

4 Bau der Brücke bei Považská Bystrica<br />

© Dywidag-Systems International GmbH<br />

6 Považská-Bystrica-Brücke, Slowakei<br />

Die Stadt Považská Bystrica liegt im westlichen<br />

Norden der Slowakei. Im Zuge der<br />

Autobahn D1 entsteht dort bis zum Sommer<br />

2010 eine 872 m lange extradosed<br />

Brücke mit sieben Pylonen und Spannweiten<br />

von 71 m, 6 × 122 m und 68 m. Die<br />

einzellige Hohlkastenbrücke mit einem<br />

sehr schmalen Kasten und mit Betonstreben<br />

unterstützten Kragarmbereichen hat<br />

eine Breite von 30,64 m und wird im Freivorbau,<br />

von den Pylonen aus beginnend,<br />

hergestellt.<br />

Als Spannglieder werden Dywidag-Litzenbündelseile<br />

vom Typ Dyna Grip® DG-P 37<br />

verwendet. Diese bestehen aus siebendrahtigen<br />

verzinkten, gewachsten und<br />

PE-ummantelten Litzen, wie sie auch bei<br />

den in Deutschland ausgeführten Projekten<br />

Rheinbrücke Wesel und Ziegelgrabenbrücke<br />

zum Einsatz kamen.<br />

Um im Sattelbereich eine Kraftübertragung<br />

zu gewährleisten, wird das austauschbare<br />

Sattelrohr mit Zementmörtel<br />

injiziert. Dazu werden die Litzen in diesem<br />

Bereich bereits beim (Litzen-)Hersteller<br />

abgemantelt und entwachst. Nach ihrem<br />

Einbau wird der Übergangsbereich zwischen<br />

Sattelrohr und freier Hüllrohrlänge<br />

dann abgedichtet, um den Sattelbereich<br />

später verpressen zu können. Das Vor-<br />

82


83<br />

5 Montage der Spannglieder in der Slowakei<br />

© Dywidag-Systems International GmbH<br />

spannen der Spannglieder erfolgt in zwei<br />

Schritten mittels Einzellitzenpressen<br />

nach dem patentierten Dywidag-Con-<br />

Ten®- Verfahren.<br />

Auftraggeber<br />

Slovenská národná dialnicná spolocnost‘,<br />

Bratislava, Slowakei<br />

Entwurf und Tragwerksplanung<br />

Strasky, Husty and Partners Ltd.,<br />

Brno und Bratislava, Slowakei<br />

Alfa 04, Bratislava, Slowakei<br />

Lieferung der Seile<br />

Dywidag-Systems International GmbH,<br />

Unterschleißheim<br />

Bauausführung<br />

Arbeitsgemeinschaft Sverepec-Vrtižer<br />

Doprastav a.s., Skanska BS a.s., Slowakei<br />

7 Ausblick<br />

Die Praktizierbarkeit der Bauweise »extradosed«<br />

wurde im internationalen<br />

Brückenbau mehrfach nachgewiesen. Die<br />

Brücken der ersten Generation in Japan<br />

können Anfangserfahrungswerte hin-<br />

SH Verfahrensanweisung HV-Schrauben<br />

DIN 18800-7 Abs. 8.6<br />

Geprüfter Versuchsbericht / Geprüfte Verfahrensanweisung<br />

Verfahrensanweisungen zum Anziehen von<br />

HV-Schrauben am Schraubenkopf<br />

Normschraube FK 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />

Verfahrensanweisung: VA HV-02<br />

Anziehen von HV-Schrauben am Kopf bei Verwendung<br />

einer in Baustahl geschnittenen Mutter<br />

· HV-Normschraube 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />

· HV-Normschraube 300 nach DIN EN 14399-6,<br />

nur unter dem Schraubenkopf<br />

· Muttergewinde, in Baustahl S355 geschnitten<br />

S Y M P O S I U M<br />

sichtlich der Erhaltung dieser Bauwerke<br />

liefern. Für die Anwendung in Deutschland<br />

sind hingegen Bemessungsempfehlungen,<br />

aber auch die Defi nition von<br />

Anforderungskriterien für die Spannglieder<br />

erforderlich.<br />

Autor:<br />

Dr.-Ing. Christian Gläser<br />

CEO Europe Post-Tensioning<br />

Dywidag-Systems International GmbH,<br />

Unterschleißheim<br />

Literatur<br />

[1] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und<br />

Wohnungswesen: Richtlinie für Betonbrücken<br />

mit externen Spanngliedern. August 1999.<br />

[2] Zilch, K.; Weber, J. und Gläser, Ch.: Vorspannkonzepte;<br />

in: Zilch, K.: Sonderpublikation<br />

»Massivbau 2001. Forschung, Entwicklungen<br />

und Anwendungen«. Berlin 2001.<br />

[3] Mathivat, J.: Recent developments in prestressed<br />

concrete bridges; in: FIP-Notes, Nr. 2,<br />

1988, S. 15–21.<br />

[4] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />

auf den Entwurf mehrfeldriger<br />

Schrägseilbrücken und Extradosed Bridges.<br />

Dissertation, Universität Stuttgart, 2007.<br />

SH Fahrbahnübergang<br />

WSG 2 PLUS - WSG 15 PLUS<br />

mit Regelprüfung nach TL / TP-FÜ<br />

Zulässiger Gesamtdehnweg:<br />

190 bis 1425 mm<br />

ALTERNATIVE:<br />

Elastomerbeschichtete Lärmschutzplatten<br />

RW Sollinger Hütte GmbH · D-37170 Uslar · Auschnippe 52 · Tel. 0 55 71-3 05-0 · Fax 0 55 71-3 05-20 · www.rwsh.de · info@rwsh.de<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Generalerneuerung und Tragwerkshebung<br />

Brücke über den Sinichbach in Italien<br />

� � � von Anton Obholzer, Alois Neulichedl<br />

Die in den Jahren 1980–1982 errichtete<br />

Brücke auf der Landesstraße<br />

Nr. 98 von Meran auf die Hochebene<br />

von Hafl ing überwindet die tiefe und<br />

steile Talmulde, in der das Gerinne<br />

des Sinichbaches verläuft. Infolge<br />

der Topologie mit der tiefen Schlucht<br />

wurde ein fl acher Dreigelenkbogen<br />

in Spannbetonbauweise mit einer<br />

Stützweite von 125 m gewählt. Bereits<br />

unmittelbar nach seiner Fertigstellung<br />

kam es zu einem sichtbaren<br />

Verlust der Stichhöhe, der später<br />

zugenommen hat. Dieser Umstand<br />

und die damit verbundene Einbuße<br />

an Tragkraft veranlassten die Baubehörde<br />

im Jahre 2005, einen Firmenwettbewerb<br />

mit Konstruktionsideen<br />

auszuschreiben, der den Umbau<br />

bzw. Neubau des Tragwerkes<br />

beinhaltet.<br />

1 Bestandstragwerk<br />

Die bestehende Brückenstruktur ist ein<br />

von den Widerlagern aus im Freivorbau<br />

hergestelltes Spannbetontragwerk, das<br />

im Endzustand als Dreigelenksbogen mit<br />

einer Spannweite von 125 m geschlossen<br />

wurde. Die Gesamtlänge der Brücke<br />

ist 157 m, die Breite 8,20 m. Für den im<br />

Freivorbau errichteten Mittelbereich von<br />

114,20 m wurde Leichtbeton mit einer<br />

Wichte von 19 kN/m³ eingesetzt, für die<br />

Widerlager mit dem Lagerpunkt an seiner<br />

tiefsten Stelle hingegen Normalbeton.<br />

Wie den vorliegenden Berichten und Untersuchungen<br />

zu entnehmen war, kam es<br />

beim Bau und in den folgenden Jahren zu<br />

ungewöhnlich großen Durchbiegungen<br />

und einer Absenkung des Gelenkpunktes<br />

von ca. 0,50 m. Dieser auf mögliche Überhöhungsfehler<br />

im Freivorbau und erhöhte<br />

Schwind- und Kriechwerte beim Leichtbeton<br />

zurückzuführende Gradientenfehler<br />

bewirkt neben der negativen Optik auch<br />

die Verkleinerung des Bogenstiches und<br />

damit eine Verkleinerung der Traglast.<br />

Zusätzlich wurde die Reduktion des Bo-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 2 Bestehende Brücke<br />

© Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

genstichs im Ausmaß von rund 1 m infolge<br />

der Wannenausrundung der Gradiente<br />

(R = 2.000 m) im Brückenbereich in der<br />

ursprünglichen Statik nicht berücksichtigt<br />

und somit die Traglast überschätzt.<br />

Im Jahre 1989 wurde ein Projekt ausgearbeitet,<br />

das die Hebung des Tragwerkes<br />

durch Anbringen eines Horizontalschubes<br />

im Gelenkpunkt in Brückenmitte<br />

bezweckte. Die Querträger beidseitig<br />

des Gelenkpunktes wurden verstärkt,<br />

die Tragwerkshebung ist jedoch nicht<br />

gelungen. Anhand der vorgefundenen<br />

Bestandsunterlagen, Gutachten und Expertisen<br />

wurden nun die für die weiteren<br />

Untersuchungen der Rückbauzustände<br />

notwendigen Materialkennwerte gesammelt<br />

und aufgelistet.<br />

Betongüten:<br />

– Fundierungen: R’bk ≥ 300 kg/cm²<br />

entspricht C25/30<br />

– Tragwerk Normalbeton:<br />

R’bk ≥ 350 kg/cm² entspricht C25/30<br />

(Widerlagerbereich)<br />

– Tragwerk Leichtbeton:<br />

R’bk ≥ 380 kg/cm² entspricht C30/37<br />

(Freivorbaubereich)<br />

Spannstahl:<br />

– Spannstahl Litzen: Rak>18.000 kg/cm²;<br />

Raks ≥ 16.000 kg/cm² entspricht<br />

St 1570/1770<br />

– Einzelspannstähle: Rak>10.500 kg/cm²;<br />

Raks ≥ 8.500 kg/cm² entspricht<br />

St 850/1050<br />

Schlaffe Bewehrung:<br />

– Betonstahl Fe B 44k mit<br />

fyk = 430 N/mm²<br />

Eine Einstufung der Betongüte auf<br />

C25/30, Normalbeton, und C30/37,<br />

Leichtbeton, erfolgte auf Basis der umfangreichen<br />

Versuche und Materialproben<br />

am Bestandstragwerk. Dabei wurde<br />

berücksichtigt, dass örtliche geringfügige<br />

Unterschreitungen unbedenklich sind,<br />

wenn in den einzelnen Querschnittsteilen,<br />

insbesondere in der Bodenplatte und<br />

den Stegen, im Mittel die Mindestwerte<br />

der Betonfestigkeit erreicht werden.<br />

84


85<br />

3 Hammerkopf in Normal-, Freivorbauabschnitte in Leichtbeton<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

Im Inneren des Hohlkastenquerschnittes<br />

wurde eine Anzahl von Wasserschäden<br />

ersichtlich, wohl auch deshalb, weil<br />

sich die Einstiege in Tragwerksmitte in<br />

unmittelbarer Nähe des Gelenkspunkts<br />

befanden und dies einen Tiefpunkt in der<br />

Gradiente des verformten Tragwerkes<br />

darstellte.<br />

Die vorhandene Brücke wurde auf Basis<br />

der damals (1979) anzusetzenden<br />

Nutzlasten bemessen: Gleichlasten aus<br />

einer Kolonne von Militärfahrzeugen à<br />

320 kN/7,80 m mit dynamischem Beiwert<br />

und Gleichlasten auf dem Gehweg von<br />

5 kN/m²; das entspricht einer Linienlast<br />

von ca. q = 51,10 kN/m. Diese Einwirkungen<br />

erfüllen aber nicht mehr die heutigen<br />

Anforderungen, für den Neubau wurden<br />

sie daher auf Grundlage des gültigen<br />

Ministerialdekretes vom 4. Mai 1990<br />

wesentlich erhöht.<br />

2 Wettbewerbsverfahren<br />

Zur Vergabe der Sanierung bzw. eines Brückenneubaus<br />

wurde seitens der Landesbauverwaltung<br />

in Bozen ein Unternehmer-Ideenwettbewerb<br />

durchgeführt, der<br />

es ermöglichte, innovative Bauverfahren<br />

vorzuschlagen und zu vergleichen. Kriterien<br />

waren hier im Wesentlichen:<br />

– Querschnitt neu mit einer Breite von<br />

10,75 m,<br />

– Einwirkungen nach derzeit gültigen<br />

italienischen Normen (in etwa dem<br />

Eurocodes-Niveau),<br />

– Aufrechterhaltung des Verkehrs während<br />

der Bauzeit,<br />

– bei der Neuerrichtung Rückbau des<br />

bestehenden Tragwerkes.<br />

Abzugeben war neben einem vollständig<br />

ausgearbeiteten Projekt auch das Angebot<br />

für die Baumaßnahmen.<br />

Trotz unterschiedlicher Lösungsvarianten<br />

wurde keine generelle Neuerrichtung<br />

vorgeschlagen. Dies wohl deshalb, da<br />

ein Rückbau des Spannbetontragwerkes<br />

gegen die ursprüngliche Baurichtung<br />

als »umgekehrter Freivorbau« erfolgen<br />

müsste und die Verkehrsführung über<br />

Behelfsbrücken durch die schwierigen<br />

Einbindungen in die anschließende Straße<br />

mit dem im kurzen Abstand folgenden<br />

Tunnel nicht bzw. nur schwer möglich<br />

wäre.<br />

Die Projekte ab dem dritten Platz sehen<br />

im Fels abgestützte Bögen und Sprengwerke<br />

vor, um das Gewicht aus dem<br />

bestehenden »Dreigelenksystem« umzulagern,<br />

die Frage der Tragwerkshebung<br />

jedoch nicht bzw. nicht schlüssig beantwortend.<br />

Das siegreiche Konzept und der<br />

auf dem zweiten Rang liegende Entwurf<br />

nutzen hingegen die Tragwirkung des Bestandsystems,<br />

wobei Letzterer aber keine<br />

Tragwerkshebung beinhaltet.<br />

5 Erster Preis: Ertüchtigung<br />

der vorhandenen Brücke<br />

© Bilfi nger Berger AG/<br />

Chembau GmbH/ Raffl<br />

Stahlbau GmbH<br />

4 Hohlkasten des Bestandtragwerks<br />

© Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

S Y M P O S I U M<br />

3 Tragwerksumbau<br />

3.1 Ziel und Kriterien<br />

Ziel des Umbaues war es, ein den heutigen<br />

Anforderungen entsprechendes,<br />

funktionales und ästhetisches, zugleich<br />

aber schlichtes Bauwerk zu schaffen,<br />

denn die Umgebung des Standortes<br />

braucht kein markantes neues Wahrzeichen.<br />

Grundkonzept ist die Weiterverwendung<br />

der vorhandenen Betonstruktur.<br />

Das ist möglich, wenn folgende Punkte<br />

gewährleistet sind:<br />

1. Die aus der Verbreiterung des Tragwerkes<br />

auftretenden höheren ständigen<br />

Lasten und die neuen, größeren Verkehrslasten<br />

sollen durch zusätzliche,<br />

möglichst einfach zu gestaltende<br />

Konstruktionselemente übertragen<br />

werden.<br />

2. Die vorhandenen Tragwerksteile aus<br />

Stahlbeton und Spannbeton sollen<br />

nicht über die bereits derzeit vorhandenen<br />

Kräfte und Spannungen hinaus<br />

beansprucht werden.<br />

3. Vor dem eigentlichen Umbau des Tragwerkes<br />

soll die planmäßige Höhenlage<br />

der Brücke wiederhergestellt werden.<br />

Diese Forderungen werden durch den Einbau<br />

einer Unterspannung aus externen<br />

doppelt extrudierten Vorspannkabeln mit<br />

V-förmigen Abstützungen aus Stahl erfüllt.<br />

Die Verankerungspunkte der Unterspannung<br />

befi nden sich im Widerlagerbereich<br />

des Bestandes, weitere Einbauten<br />

und Ankerpunkte direkt in die Felsfl anken<br />

des Tales sind nicht erforderlich.<br />

Das Konzept bietet wesentliche Vorteile<br />

gegenüber Neubauten:<br />

1. kostengünstigste Methode für die<br />

Aufrüstung des Tragwerkes,<br />

2. kein schwieriger und teurer Rückbau<br />

des Bestands,<br />

3. keine großen Zusatzmaßnahmen für<br />

die Verkehrsführung, denn durch die<br />

Weiterverwendung des vorhandenen<br />

Tragwerkes kann in den einzelnen Bauphasen<br />

eine durchgehende Verkehrsführung<br />

aufrechterhalten werden.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

6 Prinzipieller Lösungsvorschlag<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

7 Tragwerk nach Hebung und Herstellung<br />

der Nivelette mit Unterspannung<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

3.2 Einwirkungen und Materialien<br />

Die Einwirkungen entsprechen den Anforderungen<br />

laut Ministerialdekret vom<br />

4. Mai 1990 für die Brückenklasse I, die<br />

Verkehrsbelastung wurde folgendermaßen<br />

angesetzt:<br />

Erste Kolonne:<br />

– Linienlast: q = 30 kN/m<br />

– Regelfahrzeug 60 t Dreiachser:<br />

Q = 600 kN je Achse: Q 1 = 200 kN<br />

Zweite Kolonne:<br />

– Linienlast 50%: q = 15 kN/m<br />

– Regelfahrzeug 60 t Dreiachser 50%:<br />

Q = 300 kN je Achse: Q 1 = 100 kN<br />

– Gehwege Gleichlast: q = 4 kN/m²<br />

Neben der Erhöhung der Nutzlasten kam<br />

es auch zu einer wesentlichen Erhöhung<br />

der ständigen Aufl asten durch die (Tragwerks-)Verbreiterung<br />

um ca. 75 kN/m<br />

Tragwerk.<br />

Als Betongüten wurden für die Fundierungen<br />

C25/30 und für das Tragwerk Normalbeton<br />

C30/37 und C35/45 gewählt.<br />

Der verwendete Spannstahl gliedert sich<br />

folgendermaßen auf:<br />

– Litzen (externe Unterspannung):<br />

St 1570/1770<br />

– Einzelspannstähle: St 1080/1230<br />

– Felsanker: St 670/800 Gewi-Plus<br />

Darüber hinaus kamen Betonstahl Fe<br />

B 44k mit fyk = 430 N/mm² als schlaffe<br />

Bewehrung sowie Profi lstahl und Bleche<br />

S235 J0 bis S355 J2 als Stahlbauteile zum<br />

Einsatz.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

8 Querschnitt vor und nach dem Umbau<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/Raffl Stahlbau GmbH<br />

3.3 Tragverhalten und Berechnung<br />

Um das Tragverhalten im Umbau zu<br />

ermitteln, wurden die statischen Einfl üsse<br />

am Bestandssystem untersucht und<br />

später bei der Berechnung und Bemessung<br />

mit berücksichtigt. Ziel war es, die<br />

örtlichen Einwirkungen nicht über das<br />

bisherige Niveau zu heben. Aus der Nachrechnung<br />

ergaben sich im derzeitigen<br />

Zustand mit verformtem Tragwerk und<br />

wahrscheinlichem Spannkraftverlauf<br />

(Spannkraftverlust ca. 18 %, Spannstahlspannung<br />

ca. 1.000 N/mm²) die<br />

Maximalwerte der Betonspannung in der<br />

Bodenplatte mit<br />

– σ c min = -16,20 N/mm² und<br />

– σ c max = +1,60 N/mm².<br />

Nach dem Umbau des Tragwerkes sowie<br />

dem Einbau und Anspannen der Unterspannung<br />

stellen sich Kräfte und Einwirkungen<br />

ein, die nicht über den bereits<br />

vorher eingeleiteten Werten liegen, was<br />

auf der Vergrößerung des Bogenstiches<br />

als Folge der Unterspannung beruht: Der<br />

existierende Bogenstich von derzeit ca.<br />

9,70 m wird im Umbau auf ca. 20,00 m<br />

vergrößert, also etwa verdoppelt. Die<br />

Maximalwerte der Betonspannung bei<br />

den Nachweisen der Gebrauchstauglichkeit<br />

im Bestandsüberbau sind bei einer<br />

mittleren, wahrscheinlichen Vorspannkraft<br />

in den vorhandenen Spanngliedern<br />

mit jenen des Bestands identisch. Bei<br />

einer Variation der Spannkraft im Bestand<br />

zwischen 80 % und 105 % ergeben sich<br />

hingegen Betonspannungen mit σ c min =<br />

-16,70 N/mm² und σ c max = +1,80 N/mm².<br />

Dieser Abfall auf 80 % entspricht ca.<br />

65–70 % der ursprünglichen Spannkraft<br />

vor Schwinden und Kriechen. Aber auch<br />

bei einer so extremen Grenzwertüberlegung<br />

sind die aus der statischen Berechnung<br />

resultierenden Spannungen bei<br />

allen Nachweisen im zulässigen Bereich.<br />

Die maximalen Lagerkräfte am Bestand<br />

ergeben sich für die Vertikalkräfte aus<br />

dem Bauzustand »Freivorbau« und für die<br />

Horizontalkräfte aus dem Bogenschub;<br />

sie werden am umgebauten Tragwerk,<br />

ebenfalls als Folge der Unterspannung,<br />

nicht erreicht.<br />

4 Ausführungsmaßnahmen<br />

4.1 Prinzipieller Ablauf<br />

Für die Wiederherstellung und Verbreiterung<br />

des Tragwerkes sind in drei Phasen<br />

gegliederte Baumaßnahmen erforderlich,<br />

die hier in chronologischer Reihenfolge,<br />

aber ohne Berücksichtigung der jeweiligen<br />

Verkehrsführung beschrieben<br />

werden.<br />

86


87<br />

4.2 Phase I<br />

Phase I dient zur Vorbereitung des Bestandtragwerks<br />

für die (Tragwerks-)Hebung<br />

und umfasst folgende Schritte:<br />

Herstellen eines seitlichen Zuganges im<br />

Bereich jeweils eines Stegs der Widerlager:<br />

Zur Herstellung der Verankerung<br />

der Unterspannung muss dieser Zugang<br />

geschaffen werden.<br />

Herstellen des Verankerungsbalkens im<br />

Widerlager und der Rückspannungen<br />

zum Aufl agerquerschott: Sanierung der<br />

Bodenplatte des Bestandes, Steg und<br />

Fahrbahnplatte können später ertüchtigt<br />

werden.<br />

Herstellen der V-förmigen Abstützungen<br />

für die Unterspannung: Die Lagerung<br />

erfolgt jeweils unter den Stegen des<br />

Tragwerkshohlkastens, die Fixierung über<br />

eine Durchankerung im Steg von außen.<br />

Am untersten Punkt befi nden sich die<br />

Kabelsättel der externen Spannkabel.<br />

Die untere Spitze der Abstützung wird<br />

über ein Spiraldrahtseil, das im Bereich<br />

der Ankerbalken im Widerlagerbereich<br />

verstellbar fi xiert wird, über Seilklemmen<br />

festgehalten.<br />

Vorbereiten der Widerlager für die Tragwerkshebung:<br />

– Freiräumen und Abtrag der Betonbauteile<br />

unter den äußeren Widerlagerbereichen,<br />

Herstellen eines Freiraums von<br />

mindestens 15 cm zur Ermöglichung<br />

der Widerlagerverdrehung beim Hebevorgang;<br />

die Außenkante des Widerlagers<br />

bewegt sich dabei nach unten.<br />

– Herstellen horizontaler Führungslager<br />

mit über Felsanker niedergehängten<br />

10 Prinzipieller Bauablauf<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/Raffl Stahlbau GmbH<br />

können und diese samt Fahrbahnübergängen<br />

für Inspektionen zugänglich zu<br />

haben; der Verkehr wird mittels provisorischer<br />

Stahlbehelfsbrücken über die<br />

Baugrube geführt.<br />

Einziehen der externen Vorspannkabel.<br />

Vorbereiten der Gelenkfuge zur Tragwerkshebung:<br />

Fugenbereich und Querträger<br />

wurden bereits nach den Planunterlagen<br />

von 1989 für den damaligen<br />

Hebungsversuch umgebaut. Zur Sicherung<br />

der Tragwerkslage während des<br />

Hebevorganges wurden nun zusätzlich<br />

vier Dywidag-Spannanker (d = 63,50 mm)<br />

und ein Sicherungsdorn im Mannloch<br />

(Rohr 403,40 × 35) angeordnet. Anschließend<br />

erfolgte der Einbau der Pressen für<br />

den Hebevorgang (7 × 400-t-Hydraulikzylinder).<br />

9 Schema der Unterspannung<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

seitlichen Konsolen zur Stabilisierung<br />

des Tragwerkes bei Lagerwechsel und<br />

Tragwerkshebung; die Längs- und<br />

Querbeweglichkeit der Lager muss<br />

gegeben sein.<br />

– Abbruch der bestehenden und Errichtung<br />

der neuen Kammerwand mit<br />

angeschlossener Schleppplatte in einem<br />

Abstand von 50 cm zum Tragwerk,<br />

um die Betonsanierungsarbeiten an<br />

den Brückenstirnseiten ausführen zu<br />

4.3 Phase II<br />

Die Tragwerkshebung und der spätere<br />

Lagerwechsel erfolgten bei minimalen<br />

ständigen Lasten, also nach weitestgehender<br />

Freiräumung der Fahrbahn<br />

und durch schrittweises Anspannen der<br />

Unterspannung mit Längsausrichten der<br />

Lage mit geklemmtem Spiraldrahtseil<br />

und anschließendem Auseinanderpressen<br />

der Gelenkfuge.<br />

S Y M P O S I U M<br />

11 Umbau des Widerlagers<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

12 Verankerung im Widerlager<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

Das Tragwerk muss, um auch die spätere<br />

Durchbiegung aus dem Eigengewicht der<br />

Verbreiterung zu kompensieren, um ca.<br />

78 cm im Gelenkpunkt gehoben werden.<br />

In einer detaillierten Arbeitsanweisung<br />

wurde der Hebevorgang beschrieben,<br />

Zwangspunkte wie ein kleiner verbleibender<br />

Horizontalschub im Widerlager beim<br />

Anspannen der Unterspannung waren<br />

einzuhalten. Die Tragwerkshebung erfolgte<br />

zu ca. 75 % aus dem Auseinander-<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

13 Spannglieder und Umlenksattel<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

14 Horizontale Führungslager<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

drücken der Gelenkfuge und zu 25 % aus<br />

der Verformung infolge Unterspannung.<br />

Da sich die beiden Tragwerksteile beim<br />

Pressen in der Gelenkfuge frei verdrehen,<br />

wurde die Mittelstütze mit der Unterspannung<br />

als Doppellager ausgebildet<br />

und so eine gleichmäßige Hebung erzwungen.<br />

Anschließend wurden neue Lager in der<br />

Gelenkfuge sowie neue Betonsockel<br />

angebracht.<br />

4.4 Phase III<br />

Phase III beinhaltet die Verbreiterung des<br />

Tragwerks und die Lagerwechsel, beginnend<br />

mit dem einseitigen Rückbau von<br />

Belag sowie Kappen und der Vorbereitung<br />

der Tragwerksoberseite für die neue Fahrbahnplatte.<br />

Danach erfolgte der Lagerwechsel<br />

bei den Widerlagern: Eingesetzt<br />

wurden Kalottenlager der Firma Maurer<br />

und Söhne, München. Deren Radien sind<br />

so gewählt, dass Vertikal- und zugehöriges<br />

Horizontallager einen gemeinsamen<br />

Drehmittelpunkt aufweisen und somit<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

15 Prinzip der Tragwerkshebung<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

gemeinsam ein exaktes Kugelgelenk bilden.<br />

Dies hat gegenüber den im Bestand<br />

verwendeten längsverschieblichen Topflagern<br />

den großen Vorteil, dass wartungsarme,<br />

feste Lager mit großer Lebensdauer<br />

Verwendung fi nden konnten.<br />

Beim Einbau wurden spezielle Schablonen<br />

zur Fixierung ihrer Geometrie<br />

genutzt. Die direkt am Lager anschließenden<br />

Betonquerschnitte am Tragwerk und<br />

bei den Lagerbänken waren auf Spaltzugeinwirkung<br />

ausreichend dimensioniert,<br />

weil im ursprünglichen Bauzustand<br />

»Freivorbau« durch die Einspannung<br />

im Fels sehr hohe vertikale Lagerkräfte<br />

auftraten. Es ergaben sich daher folgende<br />

Lagerkräfte:<br />

– Horizontallager: Es war eine nur geringe<br />

Pressenkraft von ca. 3 MN je Lager<br />

erforderlich. Der Horizontalschub ist<br />

durch die horizontale Komponente der<br />

Unterspannung relativ klein.<br />

– Vertikallager: In diesem Bauzustand<br />

treten die kleinsten vertikalen Lagerkräfte<br />

von ca. 12 MN je Lager auf. Es<br />

werden die Lager mit Hydraulikpressen<br />

freigesetzt und dann ersetzt, wobei das<br />

allseitig bewegliche Lager zuerst ausgetauscht<br />

wird; die Lagerkraft im Endzustand<br />

beträgt 21 MN je Vertikallager.<br />

16 Kalottenlager in Gelenkfuge<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

17 Kalottenlager mit abgestimmten Radien<br />

© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />

18 Verbreiterter Überbau<br />

mit neuer Fahrbahn<br />

© Ingenieurbüro<br />

Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />

Baumann +Obholzer<br />

ZT-GmbH<br />

88


89<br />

Diese Phase endete mit der einseitigen<br />

Herstellung der neuen verbreiterten Fahrbahn<br />

in zwei Bauabschnitten mit einseitigem<br />

Verkehr sowie der Realisierung von<br />

Brückenentwässerungen, Fahrbahnabdichtungen,<br />

Fahrbahnübergängen, Kappen,<br />

Belag, Leiteinrichtung und Geländer.<br />

5 Betonsanierung<br />

Abschließend wurden am gesamten<br />

Tragwerk die Betonoberfl ächen instandgesetzt.<br />

Die durch das eingedrungene<br />

Tagwasser besonders in Mitleidenschaft<br />

gezogene Bodenplatte des Hohlkastenquerschnittes<br />

wurde an der Oberfl äche<br />

rückgebaut und durch einen mittragenden<br />

verdübelten Aufbeton ergänzt. Diese<br />

Verstärkungsmaßnahmen wurden zum<br />

Großteil vor der Tragwerkshebung durchgeführt.<br />

6 Probebelastung<br />

Entsprechend den italienischen Vorschriften<br />

wurde das Tragwerk einer Belastungsprobe<br />

unterzogen, wozu beladene Lkw-<br />

Gruppen von 7 × 33 t und 8 × 42 t Verwendung<br />

fanden; die aufgebrachten Lasten<br />

entsprachen den maximal angesetzten<br />

Einwirkungen in der statischen Berechnung.<br />

Da sämtliche Berechnungen nach<br />

Eurocode bzw. DIN-Fachberichten erstellt<br />

wurden, führte diese Maximallast zu Diskussionen<br />

über die Rissweitenbeschränkung:<br />

Einerseits muss das vorhandene<br />

Tragwerk ohne rissverteilende Bewehrungen<br />

weitergenutzt werden können, andererseits<br />

ist für die Anforderungsklasse C<br />

die häufi ge Lastfallkombination bei den<br />

Nachweisen zu wählen. Nach erfolgter<br />

Belastungsprobe sind allerdings keine<br />

Schädigungen aufgetreten.<br />

7 Schlussbemerkung<br />

Die ertüchtigte Brücke über den Sinichbach<br />

wurde für die technische Ausführung<br />

und ihre gestalterische Qualität<br />

beim sogenannten Premio Architettura<br />

Citta Di Oderza 11/2009 im April 2009 in<br />

der Sparte Infrastrukturbauwerke ausgezeichnet.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Dr. Anton Obholzer<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH,<br />

Innsbruck, Österreich<br />

Dr.-Ing. Alois Neulichedl<br />

Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl,<br />

Meran, Italien<br />

19 Belastungsprobe mit Lkw-Gruppen<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

21 »Neue« Brücke über den Sinichbach<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/ Raffl Stahlbau GmbH<br />

Bauherr<br />

Autonome Provinz Bozen, Italien<br />

Entwurf und Tragwerksplanung<br />

Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl,<br />

Meran, Italien<br />

Baumann + Obholzer ZT-GmbH,<br />

Innsbruck, Österreich<br />

Sicherheitskoordination<br />

Ingenieurbüro dott. Ing. Giovanni Carlini,<br />

Bozen, Italien<br />

Bauausführung<br />

Bilfi nger Berger AG, Brixen, Italien<br />

Chembau GmbH, Mils, Österreich<br />

Raffl Stahlbau GmbH, Steinach, Österreich<br />

S Y M P O S I U M<br />

20 Fertiggestellter Tragwerksumbau<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

22 Detail der Unterspannung<br />

© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />

Raffl Stahlbau GmbH<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Einsatz von Erdwärme zur Eisfreihaltung der Fahrbahn<br />

Geothermische Brücke in Berkenthin als Pilotprojekt<br />

� � � von Thomas Hanschke, Jens-Uwe Kühl, Roland Freund, Volker Richter, Klaus-Ulrich Mackert<br />

In der kleinen schleswig-holsteinischen<br />

Ortschaft Berkenthin kreuzt<br />

die Bundesstraße B 208 den Elbe-<br />

Lübeck-Kanal. Die erforderliche<br />

Erneuerung der Brücke wird nun<br />

genutzt, um im Rahmen eines deutschen<br />

Pilotprojektes Erdwärme zur<br />

Eisfreihaltung der Fahrbahn einzusetzen.<br />

Dadurch können bei diesem<br />

Bauwerk in exponierter Lage bei<br />

kritischen Grenztemperaturen Streueinsätze<br />

vermieden werden.<br />

1 Situation und Ziel<br />

Viele Brücken in Deutschland, vor allem<br />

jene, die Gewässer überspannen, haben<br />

aufgrund der klimatischen Bedingungen<br />

und wegen ihres geringen Wärmespeichervermögens<br />

im Vergleich zu bodengebundenen<br />

Fahrbahnen das Problem<br />

der vorzeitigen Glättebildung. Gerade in<br />

den ersten Frosttagen des Spätherbstes<br />

rechnen die Verkehrsteilnehmer nicht mit<br />

einer vereisten Fahrbahn (Blitzeis) auf den<br />

Bauwerken, da die Brückenanbindungen<br />

durch das Wärmespeichervermögen des<br />

Untergrundes noch eisfrei sind. So kann<br />

es zu glättebedingten, teilweise schwerwiegenden<br />

Unfällen kommen, wie bei<br />

dem blitzeisbedingten Absturz eines Lkws<br />

von der Talbrücke Triwalker Graben der<br />

Bundesautobahn A 20 bei Wismar im Jahr<br />

2007.<br />

Mit dem Ziel der Vermeidung glättebedingter<br />

Unfälle wurde nun in Schleswig-Holstein<br />

ein neues Konzept der<br />

geothermischen Temperierung einer<br />

Brückenfahrbahn mittels Heizregister<br />

entwickelt. Hierbei soll vorausschauend<br />

die Glättebildung auf der Fahrbahn durch<br />

Wärmezufuhr in den Brückenbelag verhindert<br />

werden. Darüber hinaus kann<br />

der Brückenbelag im Sommer durch<br />

Wärmeabführung gekühlt werden, was<br />

die Spurrinnenbildung vermeiden hilft.<br />

Damit sich die neue Technik dauerhaft<br />

wirtschaftlich und umweltfreundlich<br />

betreiben lässt, wurde von Anfang an auf<br />

die Nutzung des Untergrundes zur Bereitstellung<br />

von gleichmäßig temperiertem<br />

Wasser gesetzt.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Die geothermische Kanalbrücke in Berkenthin<br />

wird in den Jahren 2009–2010 als<br />

deutsches Pilotprojekt errichtet. Federführend<br />

ist der Landesbetrieb Straßenbau<br />

und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV-SH),<br />

die fachtechnische Begleitung erfolgt<br />

durch die Bundesanstalt für Straßenwesen<br />

(BASt).<br />

1 Lageplan<br />

© Landesbetrieb Straßenbau<br />

und Verkehr Schleswig-Holstein<br />

2 Bestehende Brücke<br />

© Landesbetrieb Straßenbau<br />

und Verkehr Schleswig-Holstein<br />

3 Künftige Kanalquerung<br />

© Sven Mainzer<br />

2 Anlass des Pilotprojekts<br />

Die bestehende, im Jahr 1900 errichtete<br />

Stahlbrücke über den Elbe-Lübeck-Kanal<br />

im Verlauf der Bundesstraße B 208 in der<br />

Ortslage Berkenthin muss erneuert werden,<br />

da sie das Ende ihrer Lebensdauer<br />

erreicht hat. Außerdem genügte sie in der<br />

noch vorhandenen Tragfähigkeit sowie<br />

in ihren Abmessungen nicht mehr den<br />

Anforderungen sowohl des Straßen- als<br />

auch des Schiffsverkehrs.<br />

90


91<br />

Bei dem neuen Bauwerk handelt es sich<br />

um eine Stahlverbund-Stabbogenbrücke<br />

mit aufgelösten, tiefgegründeten Widerlagern.<br />

Die Stützweite beträgt 59 m, die<br />

Breite zwischen den Geländern 13,85 m.<br />

Damit sich der Neubau harmonisch in<br />

das Ortsbild der Gemeinde Berkenthin<br />

einfügt, soll der Bogen bewusst fl ach<br />

gehalten und die Widerlager ortstypisch<br />

verblendet werden.<br />

Die reinen Baukosten in Höhe von ca.<br />

6,90 Mio. € teilen sich die Bundesfernstraßenverwaltung<br />

und die Wasser- und<br />

Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />

jeweils zur Hälfte. Die zusätzlichen<br />

Aufwendungen für die geothermischen<br />

Einrichtungen werden vollständig von der<br />

Bundesfernstraßenverwaltung übernommen,<br />

da sie ausschließlich dem Straßenverkehr<br />

dienen.<br />

Gründe für die geothermische Projektierung<br />

sind die hier auftretenden besonderen<br />

klimatischen Verhältnisse: Der Elbe-<br />

Lübeck-Kanal verläuft annähernd in Nord-<br />

Süd-Richtung innerhalb der eiszeitlichen<br />

Schmelzwasserrinne der Stecknitzniederung.<br />

Die mikroklimatische Situation ist<br />

daher geprägt von Kaltluftströmungen<br />

sowie hoher Luftfeuchtigkeit und daraus<br />

resultierender häufi ger Nebelbildung.<br />

Durch Lufttemperaturen oftmals um den<br />

Gefrierpunkt ist die Zahl der Frost-Tau-<br />

Wechsel, vor allem in frühen Morgen- und<br />

Abendstunden von Herbsttagen, relativ<br />

groß. Dadurch besteht bei niedrigen<br />

Temperaturen die Gefahr eines erhöhten<br />

Unfallrisikos durch frühzeitige Raureif-<br />

und Glättebildung auf dem Bauwerk im<br />

Unterschied zur bodengebunden Fahrbahnstrecke.<br />

Verstärkt wird dieses Phänomen noch<br />

durch die Gradiente der B 208, die im<br />

Bereich der Kanalquerung im Vergleich<br />

zu den angrenzenden Strecken um bis<br />

zu 10 m abfällt, sich aber kurz vor der<br />

Kanalkreuzung in Dammlage befi ndet.<br />

Die Rampendämme wiederum wirken in<br />

der Stecknitzniederung als Barriere für die<br />

Luftströmungen, die infolgedessen im Bereich<br />

der Brückenöffnung kanalisiert und<br />

verstärkt werden. Das fördert zusätzlich<br />

die Abkühlung der Fahrbahntafel.<br />

Überlegungen hinsichtlich einer geothermischen<br />

Aktivierung der Brückenfahrbahn<br />

erfolgten bereits in der frühen Konzeptionsphase.<br />

Im Verlauf des weiteren<br />

Planungsprozesses wurde der Neubau<br />

der Brücke als Pilotprojekt zur deutschlandweit<br />

ersten Erprobung einer Temperierung<br />

der Fahrbahntafel mit oberfl ächennaher<br />

Geothermie vorgesehen.<br />

4 Ansicht des neuen Bauwerkes<br />

© Böger + Jäckle<br />

Brückenkörper<br />

(Stahlbeton)<br />

Fahrbahnaufbau<br />

5 Prinzip der Geothermie<br />

© H.S.W. GmbH<br />

Asphaltschicht mit<br />

Rohrleitungen (Register)<br />

6 Fahrbahnaufbau mit Temperierungsregister<br />

© H.S.W. GmbH<br />

3 Stand der Technik und Umsetzung<br />

Das Beheizen von Fahrbahnen, Brücken,<br />

Bahnsteigen und Infrastrukturfl ächen<br />

mittels Geothermie ist bereits Stand der<br />

Technik. Weltweit existieren Beispiele<br />

dafür, wie mit umweltfreundlicher Erdwärme<br />

verschiedene Bauwerke eis- und<br />

schneefrei gehalten bzw. erfolgreich<br />

Glätte vermieden werden kann. Die verschiedenen<br />

Systeme differieren teilweise<br />

in der Zielsetzung (Glättevermeidung,<br />

ganzjährige Schneefreihaltung, Kühlung<br />

etc.), der Bauart mit Energierohren aus<br />

Edelstahl, PE oder PE-Xa sowie in Art bzw.<br />

Steuerung der geothermischen Anlage,<br />

beispielsweise eine direkte Beheizung mit<br />

Thermalwasser, das Heizen und Kühlen<br />

mit Untergrundspeicher etc. umfassend.<br />

Ursprünglich war durch den LBV-SH lediglich<br />

eine Glatteiswarnanlage für den Neubau<br />

der Kanalbrücke erwogen worden.<br />

Brunnen<br />

S Y M P O S I U M<br />

Fahrbahnbeheizung<br />

(Temperierung)<br />

Kanal<br />

Wasserspiegel<br />

bei Betrieb<br />

Grundwasserleiter (in ca. 75 m<br />

unter der Oberfläche)<br />

mit ca. 12° C<br />

Technikraum mit<br />

Geoenergiezentrale<br />

7 Schema der Temperaturerfassung<br />

© igf Ingenieurbüro für Geothermie<br />

Abschlagen des<br />

durchgeleiteten Wassers<br />

in den Kanal<br />

Aufgrund der aktuellen Ergebnisse des<br />

Forschungsvorhabens der BASt »Vermeidung<br />

von Glatteisbildung auf Brücken«<br />

entschied man sich jedoch, die Möglichkeiten<br />

einer geothermischen Aktivierung<br />

des Brückenneubaus zu prüfen. Eine<br />

Studie kam zu dem Ergebnis, dass mit der<br />

thermischen Grundwassernutzung eine<br />

wirtschaftliche Erschließung der oberfl ächennahen<br />

Erdwärme zur Temperierung<br />

der Brückenfahrbahn realisierbar wäre.<br />

Daraufhin wurde die geothermische<br />

Aktivierung der neuen Kanalbrücke Berkenthin<br />

detailliert ausgearbeitet.<br />

Neuartig ist der vorgesehene Heißeinbau<br />

der »Energierohre« aus aluminiumummanteltem<br />

PE-Xa-Material in den<br />

Gussasphalt, der durch die Universität<br />

der Bundeswehr München entwickelt<br />

und erfolgreich getestet wurde. Damit<br />

ist es möglich, den Asphalt nach Ende<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

der Nutzungsdauer mit herkömmlicher<br />

Technik aufzunehmen und vollständig zu<br />

recyceln. Zusätzliche Innovationen stellen<br />

der Einsatz von besonderer Sensortechnik<br />

und eine intelligente Steuerung der Geoenergiezentrale<br />

mittels Mess-, Steuer-<br />

und Regelsystem (MSR) dar.<br />

Als geothermische Quellenanlage dient<br />

ein Brunnen, der bis in ca. 100 m Tiefe<br />

abgeteuft wurde. Die thermische Energie<br />

wird über eine in der Widerlagerkammer<br />

installierte Wärmeübertragerstation<br />

direkt in das Fahrbahn-Temperierungs-<br />

Register (FTR) eingespeist. Die mit einem<br />

Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch<br />

gefüllten Energierohre haben eine Gesamtlänge<br />

von ca. 6.000 m und sind mit<br />

46 Registerleitungen auf vier regelbare<br />

Hauptkreise aufgeteilt, was eine individuelle<br />

und bedarfsgeführte Temperierung<br />

einzelner Brückenabschnitte gewährleistet.<br />

Bei Erfordernis besonders kurzer Reaktionszeiten<br />

und maximalem Wärmebedarf<br />

wird zur Erhöhung der thermischen<br />

Leistung des FTR eine Wärmepumpe<br />

eingesetzt.<br />

4 Mess-, Steuer- und Regelkonzept<br />

Zur Gewährleistung einer optimalen<br />

Anlageneffi zienz soll die Temperierung<br />

der Brückenfahrbahn (Wärmezufuhr<br />

oder Kühlung) durch die Geoenergiezentrale<br />

und FTR mittels Mess-, Steuer- und<br />

Regel-(MSR-)System bestimmt werden.<br />

Die »intelligente« Geothermiezentrale<br />

muss hier also nur so lange arbeiten, wie<br />

es entsprechend den klimatischen Verhältnissen<br />

erforderlich und wirtschaftlich<br />

sinnvoll ist. Als Messgrößen werden dazu<br />

ausgewählte lokale meteorologische<br />

Parameter, wie Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit,<br />

Niederschlag etc., durch<br />

eine eigens vor Ort eingerichtete Klimamessstation<br />

erfasst. Zusätzlich gehen<br />

Temperaturmessungen in der Fahrbahn<br />

bzw. im Fluidstrom des FTR in das MSR-<br />

Konzept ein. Dabei kommt erstmals für<br />

derartige Anwendungen eine aus der<br />

Wehrtechnik stammende spezielle Infrarotmesstechnik<br />

zum Einsatz, die zur<br />

großfl ächigen Erfassung der Fahrbahnoberfl<br />

ächentemperatur geeignet ist.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

8 Gründungspfähle eines Widerlagers<br />

© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />

Schleswig-Holstein<br />

10 Montage des Stabbogens<br />

© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein<br />

11 Baustelle im Dezember 2009<br />

© Echterhoff Bau GmbH<br />

Die während des Betriebes gemessenen<br />

und aufgezeichneten Daten werden<br />

systematisch ausgewertet und zur<br />

weiteren Präzisierung des intelligenten<br />

MSR-Systems herangezogen. Dadurch<br />

kann eine vorausschauende Steuerung<br />

der Geothermiezentrale erreicht und die<br />

Glättebildung noch effi zienter vermieden<br />

werden.<br />

9 Bewehrung des Kastenwiderlagers<br />

© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />

Schleswig-Holstein<br />

5 Realisierung des Neubaus<br />

Mit dem Neubau der Kanalbrücke Berkenthin<br />

wurde im Januar 2009 begonnen,<br />

mittlerweile sind die Widerlager<br />

betoniert. Der Einschub des stählernen<br />

Überbaus, der auf der Ostseite des Kanals<br />

montiert wurde, soll im Frühjahr 2010<br />

stattfi nden. Danach wird die Fahrbahnplatte<br />

betoniert und der Endausbau<br />

vorgenommen. Die Verkehrsfreigabe der<br />

neuen Brücke ist für den Sommer 2010<br />

vorgesehen.<br />

92


93<br />

Die Inbetriebnahme der geothermischen<br />

Gesamtanlage erfolgt unter anderem<br />

unter Zuhilfenahme von Messdaten,<br />

die zurzeit über Sensoren auf der alten<br />

Brücke und der angrenzenden Straße<br />

gewonnen werden. Der erste Einsatz der<br />

Temperierung ist für den Sommer 2010<br />

mit der Kühlung des Fahrbahnbelages<br />

geplant. Im Rahmen eines zweijährigen<br />

Monitorings soll die geothermische Anlage<br />

kontinuierlich überwacht und auch<br />

auf der Grundlage von ermittelten Betriebserfahrungen<br />

optimiert werden.<br />

6 Ausblick<br />

Was ursprünglich als Idee im LBV-SH<br />

begann, hat sich mittlerweile zu einem<br />

deutschlandweit beachteten Pilotprojekt<br />

entwickelt. Sofern sich die innovative<br />

Technik in der Realisierung und im späteren<br />

Praxiseinsatz auch unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten bewährt, steht<br />

ihrer weiteren Verbreitung nichts im<br />

Wege.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Thomas Hanschke<br />

Dipl.-Ing. Jens-Uwe Kühl<br />

H.S.W. GmbH, Rostock<br />

Dipl.-Ing. (FH) Roland Freund<br />

igf Ingenieurbüro für Geothermie, Rostock<br />

Dipl.-Ing. Volker Richter<br />

Dipl.-Ing. Klaus-Ulrich Mackert<br />

Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-<br />

Holstein, Kiel<br />

Baulastträger<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

vertreten durch die<br />

Bundeswasserstraßenverwaltung<br />

(Kostenbeteiligte: Bundesfernstraßenverwaltung)<br />

Vergabedienststelle<br />

Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />

Schleswig-Holstein, Niederlassung Lübeck<br />

Entwurf und Ausschreibung<br />

Böger + Jäckle Gesellschaft Beratender<br />

Ingenieure GmbH & Co. KG, Henstedt-Ulzburg<br />

Ausführungsunterlagen<br />

Osning Planungsgesellschaft mbH,<br />

Georgsmarienhütte<br />

Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft mbH,<br />

Chemnitz<br />

Dynamisch & innovativ<br />

S Y M P O S I U M<br />

Prüfi ngenieur<br />

Dipl.-Ing. Harald P. Hartmann, Henstedt-Ulzburg<br />

Fachplanung Geothermie<br />

H.S.W. GmbH, Rostock<br />

Fachplanung MSR-Technik<br />

igf Ingenieurbüro für Geothermie, Rostock<br />

Geothermische Aktivierung<br />

Gebr. Wachs GmbH, Rostock-Warnemünde<br />

Bauausführung<br />

Echterhoff Bau GmbH, Niederlassung Hamburg<br />

SAM Stahlturm- und Apparatebau Magdeburg<br />

GmbH, Magdeburg<br />

Wir bauen Zukunft<br />

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BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

Anforderungen und Lösungen<br />

Sicherheit von Großbrücken<br />

� � � von Bernard Hodac<br />

Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />

basiert auf der Berücksichtigung<br />

vorzeitiger Verhaltensmerkmale<br />

bzw. Strukturauswirkungen. Die<br />

Aufzeichnung aller Ereignisse garantiert<br />

dabei die Nachvollziehbarkeit<br />

und somit eine rational objektivierte<br />

Evaluierung.<br />

1 Szenario vor Casting<br />

Dass Großbrücken wie alle Ingenieurbauwerke<br />

mit »prototypischem« Charakter<br />

und im weitesten Sinne alle »atypischen«<br />

Strukturen nicht nur nach den Maßstäben<br />

der Normen und Regelwerke evaluiert<br />

werden dürfen, sondern eine permanente<br />

nachvollziehbare Bestätigung<br />

ihrer Nutzungstauglichkeit benötigen,<br />

wird heutzutage gar nicht mehr in Frage<br />

gestellt.<br />

An Messtechniken und an Software aller<br />

Art mangelt es keineswegs. Behörden,<br />

Bauherren und Tragwerkplaner sind aber<br />

mit einer Vielzahl von Systemen konfrontiert<br />

und glauben daher des Öfteren<br />

zwischen verschiedenen »Instrumenten«<br />

aus dem Marktangebot eine Wahl treffen<br />

zu müssen. Diese Wahl wird nicht selten<br />

unter Berücksichtigung rein wirtschaftlicher<br />

Aspekte vorgenommen, die eher für<br />

gängiges Baumaterial gelten, und zwar<br />

nach dem Prinzip: ein Maximum an Messstellen<br />

für ein Minimum an Budget. Wie<br />

soll es jedoch erfolgreich gehen?<br />

Ein guter Film entsteht nicht in erster<br />

Linie durch gute Schauspieler, sondern<br />

vorwiegend durch ein gutes Drehbuch,<br />

ein solides Skript und eine ziel- bzw. wirkungsorientierte<br />

Regie. Casting ist dann<br />

effektiv, wenn solche Voraussetzungen<br />

erfüllt sind.<br />

Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />

soll genauso durchdacht werden. Es<br />

muss zuerst ein Szenario geschrieben<br />

bzw. erstellt werden. In diesem Szenario<br />

werden Kriterien formuliert, die sich auf<br />

die frühestmöglichen Effekte stützen, das<br />

heißt auf jene, die vorzeitige von späteren<br />

Strukturverhaltensmerkmalen unterscheiden.<br />

Der Gegenstand der Überwachung besteht<br />

primär in der Gewährleistung der<br />

Sicherheit von Menschen sowie der, durch<br />

Echtzeit-Erfassung, des Alterungsverhaltens,<br />

dem Großbrücken<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

unterliegen. Gezielte Lösungen in Verbund<br />

mit einer hierfür speziell entwickelten<br />

Technologie ermöglichen es, diesen<br />

Anforderungen zu genügen.<br />

2 Vorzeitig versus spät<br />

Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />

bedingt die Berücksichtigung von Strukturauswirkungen,<br />

die sich in drei Kategorien<br />

einteilen lassen.<br />

Kriterien erster Ordnung sind quantifi -<br />

zierbar und vorzeitig: Diese frühzeitigen<br />

Auswirkungen werden Kriterien erster<br />

Ordnung genannt, weil sie sich als Erste<br />

zeigen und dem tatsächlichen Ist-Zustand<br />

der Struktur am nächsten liegen.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die Überwachung<br />

der Spannungskonzentrationen bzw.<br />

Verformungsänderung der zu dimensionierenden<br />

Stellen einer Struktur bzw.<br />

eines Bauteils.<br />

1 Organisation der Prioritäten<br />

© Osmos Group<br />

Kriterien zweiter Ordnung sind quantifi<br />

zierbar und verzögert: Die verzögerten<br />

Strukturauswirkungen heißen Kriterien<br />

zweiter Ordnung, weil sie später gemeldet<br />

werden. Sie sind die Folge der Effekte<br />

erster Ordnung, wie unter anderem Risse,<br />

Setzungen, Neigungen etc., oder sie messen<br />

einen indirekten Parameter des Strukturverhaltens.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die<br />

Überwachung der natürlichen Frequenz.<br />

Kriterien dritter Ordnung sind unquantifi -<br />

zierbar und verzögert: Diese verzögerten<br />

und unquantifi zierbaren Auswirkungen<br />

heißen Kriterien dritter Ordnung, weil<br />

sie in einem fortgeschrittenen Alterungszustand<br />

der überwachten Struktur<br />

gemeldet werden und darüber hinaus zu<br />

keiner quantifi zierbaren Größe führen.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die Überwachung<br />

von Geräuschen, also von akustischen<br />

Emissionen.<br />

94


95<br />

Alle diese Kriterien haben eine Rolle zu<br />

spielen, eine »Hauptrolle« darf dabei aber<br />

nicht mit einer »Nebenrolle« verwechselt<br />

werden. Die Aussagen zweiter bzw. dritter<br />

Ordnung sind selbstverständlich für<br />

die Korrelation und Untermauerung von<br />

Annahmen von großer Bedeutung.<br />

3 Szenarien versus Improvisation<br />

Drei Hauptüberwachungsszenarien<br />

decken die meisten Sicherheitsanforderungen<br />

der Bauherren bzw. Brückenbetreiber<br />

ab:<br />

1. Präventive Sicherheit: Zerstreuung von<br />

Zweifeln über isolierte Phänomene;<br />

2. erweiterte Sicherheit: Charakterisierung<br />

eines als normal zu betrachtenden<br />

Verhaltens;<br />

3. absolute Sicherheit: absolute Beibehaltung<br />

zuvor festgelegter Kriterien.<br />

4 Anforderungen<br />

4.1 Drei Bereiche<br />

Der Begriff »Sicherheit« bezieht sich<br />

primär auf technische Sicherheit. Diese<br />

ist in drei Bereiche unterteilbar, die für die<br />

Betreiber von Großbauwerken von Interesse<br />

sind.<br />

4.2 Eigensicherheit<br />

Ein Bauwerk kann als »eigensicher« gelten,<br />

wenn es so gebaut, betrieben und instand<br />

gehalten wird, dass ein allgemeiner<br />

oder nur eine Komponente betreffender<br />

Defekt keine weitergehenden Schäden<br />

oder sonstigen Folgen zu bewirken vermag,<br />

von denen eine größere Gefahr als<br />

von dem intakten Bauwerk ausgehen<br />

würde.<br />

Beispiel: Bei der Manhattan-Brücke in<br />

New York City ließ sich mit Hilfe eines<br />

entsprechenden Überwachungssystems<br />

nachweisen, ob und in welchem Umfang<br />

die Ertüchtigungsarbeiten zu einer besseren<br />

Diensttauglichkeit des Bauwerkes<br />

beigetragen haben. Das dort eingerichtete<br />

System wurde so konzipiert, dass es<br />

als Beobachtungsmedium und damit als<br />

Element der Eigensicherheit mitwirkt.<br />

4.3 Gesteuerte Sicherheit<br />

Von der »gesteuerten Sicherheit« eines<br />

Bauwerks gegenüber bestimmten Ausfallrisiken<br />

kann man sprechen, wenn die<br />

Möglichkeit eines dadurch bedingten<br />

katastrophalen Versagens durch ein eigenständiges<br />

System eingeschränkt wird,<br />

das solche Defekte erfasst und ihre Wirkung<br />

entsprechend begrenzt, beispielsweise<br />

durch Auslösung eines Voralarms,<br />

Reduzierung der Betriebsbeanspruchung,<br />

Stillsetzung etc.<br />

Beispiel: Der Gefahr von Spanngliedversagen<br />

in den 50–52 m langen Feldern der<br />

Champlain-Brücke in Montreal, Kanada,<br />

wird durch »gesteuerte Sicherheit« des<br />

auf jedem der Außenträgerbalken angebrachten<br />

Systems entgegengewirkt.<br />

Als letztes Glied fungiert jedoch auch hier<br />

die »Eigensicherheit«, da das System in<br />

den vergangenen fünf Jahren alle Soll-<br />

Lastfallkombinationen stets bestätigt hat<br />

und somit die sogenannte Intaktheit des<br />

Bauwerkes kontinuierlich dokumentiert.<br />

4.4 Probabilistische Sicherheit<br />

Eine »probabilistische Sicherheit« eines<br />

Bauwerks liegt vor, wenn sich nachweisen<br />

lässt, dass die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Ausfalls unterhalb eines vorher defi nierten,<br />

für die Sicherheit als hinreichend<br />

erachteten Grenzwerts liegt.<br />

Beispiel: Die Drehbrücke in Bremerhaven<br />

wurde für drei Jahre auf der Basis bestimmter<br />

Wahrscheinlichkeiten als sicher<br />

eingestuft. Zu dieser Stahlbrücke sind<br />

wenige Unterlagen verfügbar, aus denen<br />

die ursprünglich zugrunde gelegten<br />

Lastannahmen ersichtlich wären.<br />

Die Ist-Beanspruchungen wurden auf<br />

der Basis des Osmos-Monitoringsystems<br />

2006 neu berechnet und, ausgehend von<br />

den Monitoringdaten, eine probabilistische<br />

Sicherheitsaussage getroffen. Eine<br />

Datenbank, aus der sich ein Wahrscheinlichkeitsmodell<br />

ableiten lässt, wurde<br />

ebenfalls erstellt.<br />

Autor:<br />

Bernard Hodac<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

Osmos Group, Courbevoie, Frankreich<br />

Schwingungen sind<br />

beherrschbar S Y M P O S – I wo U Mimmer<br />

sie auftreten<br />

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* Millennium-Brücke, London –<br />

Schwingungsschutz durch Vertikal- und Horizontaltilger<br />

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Frank Dalmer<br />

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BRÜCKENBAU | Februar 2010<br />

design: www.sijades.de


S Y M P O S I U M<br />

Entwurf und Realisierung<br />

Brücke über das Berounka-Tal bei Prag<br />

� � � von Roman Lenner, Milan Šístek<br />

Derzeit befi nden sich die Lose 512,<br />

513 und 514 des neuen Umgehungsstraßennetzes<br />

um Prag im<br />

Bau, mit deren Inbetriebnahme in<br />

diesem Jahr der südwestliche Abschnitt<br />

des Außenringes fertiggestellt<br />

sein wird. Der Ring wird nicht<br />

nur eine Verteilung des innerstädtischen<br />

Verkehrs in die einzelnen<br />

Stadtteile ermöglichen, er wird auch<br />

mit der Verbindung der Autobahnen<br />

D1 und D5 spürbar den Transitverkehr<br />

verlagern. Das Los 514 hat eine<br />

Länge von ca. 6 km und beinhaltet<br />

die Errichtung der Brücke über das<br />

Berounka-Tal, deren Länge 2 km beträgt.<br />

2 Anschluss Ring–Schnellstraße<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

3 Längsschnitt<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

1 Baulos 514<br />

Die Überquerung des Berounka-Tales mit<br />

der Gesamtlänge von 2.035 m als Los 514<br />

auf dem Prager Stadtring umfasst fünf<br />

Bauabschnitte, die mit verschiedenen<br />

Verfahren hergestellt werden. Ein Brückenabschnitt<br />

wird in Freivorbauweise<br />

realisiert, wobei sich der Freivorbau über<br />

559 m erstreckt; die vier weiteren ent-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

1 Schnellstraßennetz um Prag<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

standen jeweils in Massivbauweise auf<br />

Lehrgerüsten – mit oben und unten laufender<br />

Vorschubrüstung und Festgerüsten.<br />

Der in der Freivorbauweise errichtete<br />

Abschnitt wird nachfolgend beschrieben:<br />

Das Tragwerk ist hier ein durchlaufender<br />

Rahmenträger mit sechs Feldern, getrennt<br />

für jede Verkehrsrichtung.<br />

2 Brückenentwurf<br />

Der Entwurf der Konstruktion basiert<br />

auf der Bauwerksvorgabe und den Gestaltungsrichtlinien<br />

für die gesamte<br />

Hochstraßenbrücke. Die Grundform des<br />

Unterbaus und die Tragwerksform wurden<br />

also übernommen, die Hauptabmessungen<br />

aber modifi ziert. Der Unterbau<br />

ist auf 12–18 m langen Bohrpfählen mit<br />

d = 1,20 m bzw. d = 1,50 m gegründet, die<br />

Mittelspannweiten betragen 72 m, 84 m,<br />

101 m, 2 × 114 m, 72 m. Der Unterbau hat<br />

schlanke Innenstützen mit einer Höhe<br />

von 26,50–35,60 m, die in Querrichtung<br />

eine variable Form aufweisen, sich nach<br />

oben verengen und vor der Einspannung<br />

wieder breiter werden: Diese Lösung<br />

ist aus architektonischen Gründen und<br />

in statischer Hinsicht sehr günstig. Der<br />

Überbau ist ein Hohlkasten mit Schrägwänden<br />

von 3,00 m Höhe in den Feldmitten<br />

bis 6,50 m Höhe oberhalb der Stützen.<br />

Betoniert wurde er im Waagebalken-<br />

System symmetrisch in 5-m-Abschritten,<br />

die Brückenrandfelder wurden auf dem<br />

Traggerüst nachbetoniert.<br />

Die Vorspannung wurde mit Kabeln<br />

aus 19 Litzen, Qualität 1860/1620 MPa,<br />

ausgeführt, wobei vor Herstellung der<br />

monolitischen Verbindung die einzelnen<br />

Überbauten mittels Pressen berichtigt<br />

wurden, um die Einfl üsse aus Schwinden,<br />

Kriechen und elastischer Verkürzung zu<br />

eliminieren.<br />

96


97<br />

Während der Errichtung wurde eine Reihe<br />

von Messungen der Brückengeometrie,<br />

der Pfeilersetzung, der Spannung in gewählten<br />

Pfeilern und Teilen des Tragwerkes,<br />

der Temperatur in den Stützen und im<br />

Tragwerk etc. vorgenommen.<br />

3 Bauablauf<br />

Der Bauablauf der Brücke war ziemlich<br />

kompliziert und wurde während der Planung<br />

und noch während ihrer Errichtung<br />

mehrmals modifi ziert. Jede Brückenhälfte<br />

wurde letztlich von der jeweils anderen<br />

Seite, in Abhängigkeit von der Bereitschaft<br />

der Baustelle und mit Rücksicht auf<br />

die Verlegung der Ingenieurnetze in der<br />

Nähe des Gesamtbauwerks gefertigt.<br />

Im Jahre 2008 erfolgten die Herstellung<br />

des ersten von im Ganzen zehn Waagebalken<br />

auf der rechten Brücke sowie einiger<br />

Pfeiler, alle restlichen Maßnahmen<br />

wurden im Jahre 2009 ausgeführt. Mit<br />

dem Ziel der Ausbaubeschleunigung war<br />

es nötig, während bestimmter Zeiten vier<br />

Paare von Schalungswagen zu verwenden.<br />

Da jeder von ihnen aber eine andere<br />

Verankerungsweise im Tragwerk verlangte,<br />

wurden die Planungsleistungen<br />

sehr aufwendig. Aus diesen Tatsachen<br />

resultierten erhebliche Ansprüche an die<br />

Arbeitsabläufe sowohl bei Baufi rmen<br />

als auch den beteiligten Ingenieurbüros,<br />

zumal sich das hohe Arbeitstempo bis hin<br />

zur Realisierung der Brückenausstattung<br />

fortgesetzt hat. An die Fertigstellung<br />

der Tragwerke schlossen sich dann die<br />

6 Freivorbau an Pfeiler 36<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

Oberfl ächengestaltung der Fahrbahn, das<br />

Betonieren der Innenleitschutzwände<br />

und das Anbringen der Außengesimsfertigteile<br />

an.<br />

5 Pfeiler 38<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

7 Errichtung der Brücke<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

4 Zusammenarbeit<br />

Die Bewältigung der oben erwähnten<br />

Maßnahmen war nur möglich durch die<br />

aktive Zusammenarbeit des Planers mit<br />

der Baufi rma während der gesamten<br />

Planungs- und Errichtungsperiode. Das<br />

Ausbautempo war bespielsweise so hoch,<br />

S Y M P O S I U M<br />

4 Querschnitt<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

dass der Planer praktisch nach der Vermessung<br />

der Geometrie einer Lamelle die<br />

Überhöhung für die nächste übergeben<br />

musste, wobei er zugleich die Dehnung<br />

der Vorspannkabel zu überprüfen hatte.<br />

Dazu kamen noch die aktuelle Beurteilung<br />

der Spreizung der bereits fertigen<br />

Waagebalken, die Kontrolle der senkrechten<br />

Position der Pfeiler, die Bewehrungsabnahme<br />

etc. Darüber hinaus war es<br />

erforderlich, eine ganze Reihe von technologischen<br />

Fragen zu lösen, wie unter<br />

anderem das Verfahren des Traggerüsts<br />

am Brückenrand: Hauptsächlich an dem<br />

oberen Widerlager wurde die letzte Randfeldlamelle<br />

auf das Traggerüst, auf dem<br />

Stahlschnabel aufgehängt, betoniert.<br />

Die kontinuierliche Zusammenarbeit von<br />

Auftraggeber, Auftragnehmer und Planer<br />

über die gesamte Bauzeit von ca. 18 Monaten<br />

war also die Basis für eine erfolgreiche<br />

Herstellung solch einer komplizierten<br />

Brückenkonstruktion. Und so kann der<br />

Prager Ring als Verbindung der Autobahnen<br />

D1 und D 5 in diesem Jahr in Betrieb<br />

genommen werden.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S Y M P O S I U M<br />

8 Mittleres Hauptfeld<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

9 Pfeilerausbildung<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

10 Gesamtes Bauwerk<br />

© Novák & Partner s.r.o.<br />

Antoren:<br />

Ing. Roman Lenner<br />

Valbeck s.r.o., Liberec,<br />

Tschechische Republik<br />

Ing. Milan Šístek<br />

Novák & Partner s.r.o., Prag,<br />

Tschechische Republik<br />

Bauherr<br />

Direktion der Straßen und Autobahnen<br />

der Tschechischen Republik, Prag<br />

Planung<br />

Valbeck s.r.o., Liberec, Tschechische Republik<br />

Novák & Partner s.r.o., Prag, Tschechische Republik<br />

Ausführung<br />

Bögl a Krýsel k.s., Dobrany-Plzen, Tschechische Republik<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.stahlbau-nachrichten.de<br />

Ihre Infoportals rund<br />

ums Planen und Bauen<br />

www.mixedmedia-konzepts.de<br />

Veranstaltungen und Events<br />

rund ums Planen und Bauen<br />

98


99<br />

Symposium »Composites in Architecture« in Weimar<br />

Faserverbundkunststoffe im modernen Brückenbau?<br />

� � � von Pamela Voigt, Elke Genzel<br />

Im Dezember vergangenen Jahres<br />

lud das Süddeutsche Kunststoffzentrum<br />

zum zweiten Mal zur »Composites<br />

in Architecture« ein, die<br />

diesmal unter dem Thema »Bridges<br />

and Structures« stand. Die Liste der<br />

Referenten war nicht nur auserlesen,<br />

sondern ließ, da es sich um Vertreter<br />

des Brückenbaus aller Materialien<br />

handelte, darauf schließen und<br />

hoffen, dass hier von einer anderen<br />

Seite des Tellerrandes geschaut würde,<br />

die Frage beantwortend: Braucht<br />

der moderne Brückenbau Faserverbundwerkstoffe?<br />

Vorbilder aus Stahl<br />

Wie, wenn nicht vom Standpunkt unserer<br />

heutigen Brückenbaukultur, kann man<br />

das beantworten. Die wunderbar eleganten<br />

Konstruktionen eines Jiri Strasky<br />

wirkten fast wie eine Provokation auf die<br />

Frage, aber auch als State of the Art des<br />

Brückenbaus, an dem sich vieles messen<br />

lassen muss. Strasky zeigte neben seinen<br />

klassischen Spannbandbrücken, deren<br />

Leichtigkeit und Anpassungsfähigkeit<br />

an die Landschaft stets mit großen Horizontalkräften<br />

am Aufl ager teuer zu<br />

bezahlen sind, die von ihm in jüngster<br />

Zeit untersuchten und errichteten bogenunterstützten<br />

Spannbandstrukturen.<br />

Dazu gehören beispielsweise die Fußgängerbrücken<br />

über den Radbuza River bei<br />

Plzen mit 77 m Spannweite, bei Olomuc<br />

mit 83 m und über den Svratka River bei<br />

Brno mit 51,60 m sowie die McLoughlin<br />

Boulevard Pedestrian Bride in Portland,<br />

Oregon, mit 93 m Länge. Bei diesem System<br />

komplettiert ein Bogen das Spannband<br />

in der Weise, dass die vom Seil wie<br />

vom Bogen produzierten Horizontalkräfte<br />

gleich groß sind und sich aufheben, also<br />

nur noch vertikale Aufl agerkräfte entstehen;<br />

die Verankerung gegen die großen<br />

Horizontallasten entfällt. Hier stecken<br />

nach Meinung Straskys ein erhebliches<br />

Potential und weit größere Anwendungsmöglichkeiten<br />

als mit klassischen<br />

Spannbandbrücken. Strasky entwickelte<br />

seine Ideen vor dem Hintergrund, das<br />

Spannband sei aus Stahl. Das System<br />

lässt sich jedoch hervorragend mit Faser-<br />

verbundwerkstoffen denken: Dank ihrer<br />

außerordentlich hohen Zugfestigkeit bei<br />

gleichzeitig hohem E-Modul und einem<br />

Temperaturausdehnungskoeffi zienten,<br />

der gegen null geht, sind Bänder aus Kohlenfaserstoffen<br />

die idealen Tragelemente<br />

für Spannbandbrücken. Die Schwierigkeit<br />

aber ist, die Kräfte am Ende des Bandes zu<br />

fassen, abzuleiten.<br />

Vision und Realisierungsschritte<br />

Wo der moderne Brückenbau die Faserverbundwerkstoffe<br />

benötigt, wird durch<br />

die Ausführungen von Urs Meier deutlich,<br />

und Meier beantwortet aufs Eindrücklichste,<br />

wo der Werkstoff unersetzlich ist.<br />

Es begann in den 1980er Jahren mit einer<br />

A K T U E L L<br />

Stefan Polonyi:<br />

Bogenbrücke aus Stahl<br />

über den Rhein-Herne-Kanal<br />

© Stadt Gelsenkirchen<br />

Jiri Strasky:<br />

Bogenbrücke über den<br />

Vltava River in Ceske Budejovice<br />

© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />

Jiri Strasky:<br />

Bogenunterstützte Spannbandstruktur<br />

über die R 35 bei Olomouc<br />

© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />

verrückten Idee, einer Vision: der Querung<br />

der Straße von Gibraltar. Wollte man<br />

dort eine Brücke errichten, eine Schrägseilbrücke,<br />

deren Haupttragelemente<br />

aus Stahl seien, so bräuchte man in der<br />

Meerenge mindestens einen Pylonen,<br />

der zu gründen sei, was angesichts von<br />

1.000 m Meerestiefe ausgeschlossen<br />

werden muss. Dem Ganzen liegt eine<br />

zutiefst einfache Weisheit zugrunde: das<br />

Verhältnis von Eigenlast zu aufnehmbaren<br />

Verkehrslasten, welches anzeigt, wo<br />

die Leistungsfähigkeit eines Werkstoffes<br />

endet. Für Stahl liegt dieser Quotient,<br />

diese Grenzspannweite bei 7,70 km, für<br />

CFRP bei 37,50 km. In jener Zahl liegen<br />

alles Geheimnis, alle Inspiration und alle<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


A K T U E L L<br />

Schwierigkeit begraben. Denn die Problematik<br />

beginnt da, wo man eine solche<br />

Konstruktion herstellen muss, und endet<br />

dort, wie bereits gesagt, wo man die in<br />

ihr auftretenden Kräfte »anzufassen«<br />

und abzuleiten hat. Seit Mitte der 1980er<br />

Jahre kreist um die zwei Fragen alles, und<br />

heute, 20 Jahre später, können wir beide<br />

positiv beantworten. Wir sind in der Lage,<br />

aus CFRP kilometerlange Spannkabel<br />

im Pultrusionsverfahren zu fertigen,<br />

die unseren Sicherheitsanforderungen<br />

und -bedürfnissen genügen. Wir sind in<br />

der Lage, die Parallelbündel mit einem<br />

BBR-High-Am-System, einer verpressten<br />

Hülse, zu fassen. Und wir sind in der Lage,<br />

solche Spannkabel sowie -bänder über<br />

einen Sattel oder ein Rolle umzulenken<br />

ohne Versagen. Die Storck-Brücke in Winterthur,<br />

zwar noch keinen Kilometer lang,<br />

doch als Schrägkabelbrücke mit 124 m<br />

Spannweite und 12 MN Spannkraft im<br />

Seil gebaut, veranschaulicht das genauso<br />

wie die Verstärkung eines hölzernen<br />

gotischen Dachstuhles in Meißen mit<br />

CFRP-Bändern, die über Schlaufen verankert<br />

werden.<br />

Standardisierung und Technologien<br />

Deutlich weiterentwickelt sind heute<br />

auch Lamellen aus Kohlenfaserstoff, die<br />

nicht allein zur Verstärkung von Brückentragwerken<br />

dienen können, sondern als<br />

Haupttragelement fungieren. Das von<br />

allen Teilnehmern beklagte Hauptmanko<br />

solcher Systeme liegt vor allem in der<br />

Unterschiedlichkeit der verschiedenen<br />

Harzsysteme, die von Hersteller zu Hersteller<br />

um ganze Größenordnungen<br />

abweichen – und die infolgedessen gefragt<br />

sind, einer Qualitätskontrolle und<br />

Standardisierung zuzuarbeiten und den<br />

Werkstoff kalkulierbar für den Anwender<br />

zu machen. Standardisierte Materialien<br />

anzubieten, deren Eigenschaften allge-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Jiri Strasky: Klassische Spannbandbrücke über den Rogue River, Oregon<br />

© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />

Eberhard Pelke und Peter Thorning: Straßenbrücke in Friedberg, Hessen<br />

© Fiberline Composites A/S<br />

mein anerkannt und gewährleistet sind,<br />

ist das Ziel. Hans-Peter Andrä zeigt dies<br />

in einer beeindruckenden Vorführung<br />

auf und lässt am Ende, nach jahrelanger<br />

Forschung und zahlreichen Tests, keinen<br />

Zweifel daran, dass die Systeme zum Bau<br />

einer Spannbandbrücke mit CFRP-Lammellen<br />

für eine Realisierung reif seien,<br />

gewissermaßen in der Schublade liegen<br />

würden.<br />

Bei Lightweight Structure aus Delft<br />

kommt die Technologie der Vakuum-Infusion<br />

zur Anwendung, die es ermöglicht,<br />

große Strukturen mit geringen Investitionskosten<br />

bei guter Oberfl ächenbeschaffenheit<br />

herzustellen. Vor allem im Bootsbau<br />

werden seit Jahren Erfahrungen mit<br />

der Vakuumtechnik gesammelt, die 1:1<br />

auf Brückenbauten übertragbar sind.<br />

Unter Ausnutzung dieser Erfahrungswerte<br />

gelingt es der Firma denn auch, ihre<br />

Hohlkastenbrücken effektiv errichten und<br />

Mike Schlaich: Kohlenstofffaserbrücke<br />

mit 15 m Spannweite<br />

und 1 mm Bauhöhe<br />

© Technische Universität<br />

Berlin<br />

mit ihnen Geld zu verdienen. Was neben<br />

den sonstigen Vorteilen, angefangen bei<br />

den kurzen Transport- und Aufbauzeiten<br />

und endend mit den geringen Unterhaltskosten,<br />

nicht zu verachten ist und zudem<br />

der einzige Weg scheint, am Markt konkurrenzfähig<br />

zu sein.<br />

Lebenszykluskosten und Nachhaltigkeit<br />

Die Lebenszykluskosten und die Nachhaltigkeit<br />

sind bei allen Brückenbauten<br />

mit Faserverbundwerkstoffen ein schlagendes<br />

Argument. Sämtliche Untersuchungen<br />

und vergleichende Analysen<br />

hinsichtlich ökonomischer und ökologischer<br />

Bilanz, betrachtet über die Lebensdauer<br />

des Bauwerks, führten zu dem<br />

Schluss, dass Brückenbauten bzw. -decks<br />

aus Faserverbundwerkstoffen stets mit<br />

Bestnoten ausgezeichnet werden. Hinzu<br />

kommen die schnelle Montage solcher<br />

Konstruktionen aus FVK aufgrund ihres<br />

geringen Eigengewichts und die somit<br />

aufs Kürzeste begrenzte Beeinträchtigung<br />

des Verkehrs.<br />

Diese Überlegungen mündeten in den<br />

Bau der Straßenbrücke in Friedberg, einer<br />

Verbundstruktur aus Stahlträgern und<br />

GFK-Fahrbahnplatte mit 27 m Spannweite.<br />

Im Gegensatz zu bislang realisierten<br />

Tragwerken wurde hier erstmals die<br />

Verbundwirkung zwischen Platte und<br />

Träger, gewährleistet durch eine Klebefuge,<br />

angesetzt und rechnerisch wie expe-<br />

100


101<br />

rimentell nachgewiesen. Das gesamte<br />

Brückentragwerk wurde vorgefertigt,<br />

in einer Nacht antransportiert und am<br />

folgenden Vormittag eingehoben.<br />

Für die Zulassungsversuche konnten<br />

zahlreiche Materialkennwerte aus anderen<br />

Verfahren mit Asset-Decks verwendet<br />

werden, so dass die Zulassung im Einzelfall<br />

in einer relativ kurzen Zeit von weniger<br />

als zwei Jahren erwirkt wurde. Eberhard<br />

Pelke, der das Projekt als Bauherr für die<br />

Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />

betreute, lässt keinen Zweifel daran,<br />

dass es neben allen unübersehbaren<br />

Vorteilen einer solchen Konstruktion vor<br />

allem eines braucht: die deutliche Befürwortung<br />

eines Bauherrn im öffentlichen<br />

Dienst, also eines Bauherrn, der eine<br />

Brücke mit FVK tatsächlich will.<br />

Der Gedanke, eine große Zahl von Entscheidern,<br />

von Bauherren und ausführenden<br />

Firmen in die Lage zu versetzen, eine<br />

Brücke mit FVK wirklich zu wollen, weil<br />

man ihr Potential erkannt hat, weil man<br />

mit den Besonderheiten umgehen kann,<br />

weil man sich nicht fürchten muss vor Unwägbarkeiten<br />

und den Hürden der Zulassung<br />

– das war der Ansatz der Tagung in<br />

Weimar. Wir können viel mehr, als wir zu<br />

hoffen wagten, allein die Skepsis im »vom<br />

Kunststoff nicht infi zierten« Bauwesen<br />

ist immer noch riesig, was die fast familiär<br />

anmutende Teilnehmerzahl belegte.<br />

Inhalt, Aktualität und die materialübergreifende<br />

Konzeption hätten einige hundert<br />

Leute inspiriert zurückgelassen. Eine<br />

Fortsetzung wurde von allen Teilnehmern<br />

ausdrücklich gewünscht. In drei Jahren<br />

ist es so weit, wird die »Composites in<br />

Architecture« wieder den Brückenbau<br />

fokussieren.<br />

Autoren:<br />

Dr. phil. Pamela Voigt<br />

Dr.-Ing. Elke Genzel<br />

SKZ Süddeutsches Kunststoffzentrum,<br />

Halle<br />

D PERI/10.028<br />

Talbrücke Liessow, Deutschland<br />

Neu: VARIOKIT<br />

Gesimskappenbahn<br />

Oben frei zugänglich –<br />

unten verfahrbar<br />

Schalung<br />

Gerüst<br />

Engineering<br />

www.peri.de<br />

A K T U E L L<br />

Claudius Klemann, Bauleiter:<br />

„Das PERI VARIOKIT Baukasten sys -<br />

tem bietet uns Vorteile hinsichtlich<br />

Flexi bi lität und Variabilität. Durch die<br />

ausschließliche Verwendung von Systembautei<br />

len erhalten wir wirtschaftliche<br />

Lösungen und können eigenes<br />

mit projektbezogen hinzu ge mietetem<br />

Material jederzeit kombinieren.“<br />

Besuchen Sie uns auf der bauma<br />

vom 19.bis 25.April, in München.<br />

Sie finden uns am Stand N 712.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />

Anpassungsfähiges Gerüst von Peri<br />

Bogenbrücken-Sanierung in Portugal<br />

Querung des Rio Tua in Trás-os-Montes<br />

© Peri GmbH<br />

Eine Stahlbeton-Bogenbrücke aus dem<br />

Jahr 1940, die den Rio Tua in der portugiesischen<br />

Provinz Trás-os-Montes<br />

überquert, wird derzeit umfassend saniert.<br />

Zugänge und Arbeitsplattformen<br />

für die Instandsetzung bietet ein Gerüst<br />

auf Basis des Systems Peri Up Rosett<br />

Flex, dessen modulare Struktur eine<br />

optimale Anpassung an die komplizierte<br />

Brückengeometrie erlaubt. Schnell und<br />

problemfrei zu errichten, sorgt es für eine<br />

hohe Sicherheit während der Nutzung, so<br />

dass die veranschlagte Bauzeit von sieben<br />

Monaten unterschritten werden kann.<br />

Die Brücke ist 120 m und 8 m breit,<br />

wobei ein 80 m weiter und 20 m hoher<br />

Betonbogen das Flusstal überspannt:<br />

Fahrbahndecke und Plattenbalkenkonstruktion<br />

werden verstärkt, Beton und<br />

19 m hohe Gerüsttreppe<br />

© Peri GmbH<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

korrodierende Bewehrung ertüchtigt,<br />

vorhandene Risse durch Injektion verfüllt,<br />

Gehwege und Geländer erneuert sowie<br />

abschließend die Oberfl ächen wieder beschichtet.<br />

Ein Gerüst aus Peri-Up-Rosett-<br />

Flex-Komponenten erfüllt hier sämtliche<br />

Anforderungen, verbindet es doch die<br />

Montagevorteile eines Systemgerüsts mit<br />

der Flexibilität aufwendig zu errichtender<br />

Rohr-Kupplungsgerüste. Das 25-cm-Raster<br />

erlaubt beispielsweise Angleichungen<br />

an verschiedenste Bauteilgeometrien,<br />

Riegel und Beläge lassen sich aufeinander<br />

abstimmen und für jedes Gerüstfeld sind<br />

Systembeläge zu verwenden.<br />

Das realisierte Gerüst hat eine maximale<br />

Höhe von 20 m und in der obersten<br />

Lage eine Breite von 11,75 m sowie eine<br />

Aufstandsfl äche von ca. 7 m, seitliche<br />

Sichere und belastbare Arbeitsebenen<br />

© Peri GmbH<br />

Systemdiagonalen ohne Ergänzungsbauteile<br />

© Peri GmbH<br />

Auskragungen und Überbrückungen<br />

zwischen den äußeren (Brücken-)Pfeilern<br />

mit Systemdiagonalen ohne zusätzliche<br />

Ergänzungsbauteile herstellend. Trotz der<br />

besonderen Form des Bogens und unterschiedlicher<br />

Abmessungen der Pfeiler<br />

vermochte man daher jedes Element<br />

mit minimalem Abstand umzubauen,<br />

zumal die Peri-Logik Anordnung und<br />

Ausführung eines Gerüsts vereinfacht<br />

und beschleunigt. Das geringe Gewicht<br />

der einzelnen Systemteile, die zudem<br />

von nur einer Person bestens handhabbar<br />

sind, fördert dabei das schnelle und<br />

kraftsparende Arbeiten, während die<br />

Stabilität des Peri-Up-Riegelanschlusses<br />

die Aussteifungsebenen ebenso reduziert<br />

wie die Anzahl notwendiger Diagonalen.<br />

Umlaufende Geländer und Bordbleche in<br />

jeder Ebene der Konstruktion und deren<br />

hohe Tragfähigkeit, ausreichend auch<br />

erforderliches Gerät, komplettieren die in<br />

Portugal verwirklichte Lösung.<br />

Alle Peri-Up-Komponenten sind natürlich<br />

untereinander kompatibel. Als Hauptzugang<br />

dient in diesem Fall ein Treppenturm<br />

mit 75 cm Laufbreite und komfortablem<br />

Steigungsverhältnis, um die 19 m Höhenunterschied<br />

wirtschaftlich zu überbrücken<br />

– und zügig zu »begehen«; zwischen<br />

den Brückenpfeilern sind außerdem<br />

Leitergänge integriert, die die Arbeitsebenen<br />

direkt miteinander verbinden.<br />

www.peri.de<br />

102


103<br />

Neue Kalottenlager von Maurer Söhne<br />

Gleitlegierung mit hoher Korrosionsbeständigkeit<br />

»Ausgangspunkt für die Neuentwicklung<br />

war eigentlich ein logistisches Problem«,<br />

berichtet Dr. Christian Braun, Geschäftsführer<br />

Bauwerkschutzsysteme bei Maurer<br />

Söhne München, denn das Verchromen<br />

der bisher üblichen Stahlkalotten<br />

erfolgte extern und erforderte lange<br />

Bearbeitungszeiten sowie aufwendige<br />

Hin- und Rücktransporte der sensiblen<br />

Elemente. Ergebnis der Bemühungen ist<br />

nun eine spezielle Metalllegierung mit<br />

besonderer Oberfl ächenbehandlung, die<br />

unter dem eingetragenen Markennamen<br />

MSA®, für Maurer Sliding Alloy (Maurer<br />

Gleitlegierung), die Zulassung erhielt. Gegenüber<br />

den verchromten Stahl- sind die<br />

hochglänzenden MSA®-Kalotten sehr viel<br />

korrosionsbeständiger, außerdem ist die<br />

neue Gleitlegierung resistent gegen Fluorionen<br />

und Chlorionen in saurer Lösung.<br />

Und auch das ursprüngliche Anliegen<br />

wurde erreicht: Herstellung und Oberfl ächenbehandlung<br />

sind im eigenen Werk<br />

angesiedelt, was Vorteile bei Produktionszeit<br />

und Wirtschaftlichkeit bringt.<br />

Zusammen mit dem 2003 neu eingeführten<br />

Gleitwerkstoff MSM® garantiert<br />

MSA® eine Lebensdauer von mindestens<br />

50 Jahren. Das bedeutet, dass selbst<br />

unter schwierigen Umweltbedingungen<br />

(Feuchtigkeit, Überfl utung, Industrieluft)<br />

in der Regel kein vorzeitiges und kostenintensives<br />

Auswechseln der glänzenden<br />

Kalotte nötig wird. Deren Eigenschaften<br />

wurden in einem amtlich anerkannten<br />

Prüfl abor getestet, wobei MSA® seine<br />

Dauerhaftigkeit in Langzeit-Gleitreibungsversuchen<br />

bei einem aufaddierten<br />

Gleitweg von 10.000 m, einer Gleitgeschwindigkeit<br />

von 15 mm/s und einer<br />

Pressung von 60 N/mm² bewies: Es gab<br />

weder einen nennenswerten Verschleiß<br />

Wo werben?<br />

P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />

Lager mit MSM® und Kalotte aus MSA®<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co.KG<br />

noch einen Anstieg des Reibungswiderstands,<br />

Letzterer liegt sogar unterhalb der<br />

für polierten Edelstahl oder Hartchrom<br />

geforderten Werte. Zusammensetzung<br />

und Oberfl ächenbehandlung von MSA®<br />

sind beim Deutschen Institut für Bautechnik<br />

und bei der Materialprüfanstalt<br />

Stuttgart vertraulich hinterlegt, die europäische<br />

Zulassung ist beantragt.<br />

Weitere Änderungen in der Zulassung:<br />

Der Einsatz von MSM® war in der europäischen<br />

Zulassung ETA bisher auf den<br />

Temperaturbereich von -50 bis +48 °C<br />

beschränkt, der nun auf bis zu +70 °C<br />

ausgedehnt wurde. Das erweitert die Einsatzfähigkeit<br />

von MSM® auf praktisch alle<br />

klimatischen Einsatzgebiete weltweit.<br />

Neu aufgenommen in die Allgemeine<br />

bauaufsichtliche Zulassung Z-16.4-436<br />

wurden Zylinderlager. Ein Zylinder anstelle<br />

einer Kalotte ermöglicht nur Verdrehungen<br />

um die Zylinderachse. Wenn die<br />

bauliche Situation eine solche Einschränkung<br />

erlaubt oder bedingt, ergeben sich<br />

beispielsweise bei der Auswechslung<br />

von Rollenlagern oder bestimmten (Bau-<br />

Glanz dank MSA®<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co.KG<br />

werks-)Abmessungen geometrische Vorteile,<br />

da diese Lager im Grundriss rechteckig<br />

und die Seitenverhältnisse nahezu<br />

beliebig wählbar sind. Ausgesprochen<br />

vorteilhaft ist der Einsatz von Zylinderlagern<br />

als Gleitpendellager zur Erdbebensicherung<br />

oder »elastischen« Lagerung,<br />

wenn die Pendelbewegung nur in einer<br />

Richtung oder bei Einsatz sich kreuzender<br />

Pendellager in den beiden Richtungen<br />

unterschiedlich erfolgen soll.<br />

www.maurer-soehne.de<br />

Ganz einfach!<br />

Unsere Mediadaten<br />

können Sie als PDF unter<br />

www.umrisse.de<br />

downloaden.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />

Neues Abdichtungssystem von StoCretec<br />

Dauerhafter Schutz für Stahlbeton-Brücken<br />

Der kontinuierlich steigende Schwerlastverkehr<br />

macht Brücken zunehmend schadenanfälliger,<br />

Tausalze nagen am Be wehrungsstahl<br />

der Betonkonstruktionen. Um<br />

sie vor diesen Belastungen nun dauerhaft<br />

zu schützen, hat StoCretec ein neues, geprüftes<br />

und zudem alterungsbeständiges<br />

Abdichtungssystem entwickelt: StoPox<br />

BV 100 und StoMonofl exbahn 100. Dichtungsschicht<br />

und Grundierung unter dem<br />

Fahrbahnbelag umfassend, eignet es sich<br />

für Neubau und Sanierung.<br />

Insbe sondere die Instandsetzung von<br />

Brückenfahrbahnen stellt we gen der<br />

kurzen Sperrzeiten und oft ungünstiger<br />

Witterungsbedin gungen erhebliche<br />

Anforderungen an Ausführende und Produkte,<br />

weshalb sich auch die Grundierung<br />

StoPox BV 100 durch eine schnelle Erhärtung,<br />

kurze Überarbeitungsintervalle und<br />

gute Frühwasserbeständigkeit auszeichnet,<br />

selbst auf noch jungem Beton.<br />

Beim Einbau der Schweißbahn und der<br />

Verlegung des Gussasphaltes weicht<br />

die innovative Epoxidharzformulierung<br />

den dabei auftretenden Temperatur-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Grundierung mit Thermoindikator<br />

© StoCretec GmbH<br />

Bewährter Korrosionsschutz durch Stückverzinken<br />

Flexible Schutzplanken aus Stahl für (alle) Straßen<br />

Schutzplanken an Straßen, insbesondere<br />

Bundesautobahnen sollen Unfallfolgen<br />

auf ein Minimum reduzieren, den Durchbruch<br />

von Fahrzeugen verhindern und das<br />

Verletzungsrisiko beim Aufprall für deren<br />

Insassen möglichst klein halten.<br />

Stückverzinkte Stahlschutzplanken haben<br />

sich hier seit Jahrzehnten bestens<br />

bewährt, denn ähnlich wie Knautschzonen<br />

können sie Energie absorbieren.<br />

Als fl exible Rückhaltesysteme bieten sie<br />

aufgrund ihres enormen Verformungsvermögens<br />

also einen hohen Insassenschutz,<br />

da Stahl in der Lage ist, bis zu<br />

50% der Anprallenergie eines Fahrzeuges<br />

aufzunehmen, so dass im Fall der Fälle<br />

nur geringe bis mittlere Belastungen für<br />

deren Insassen auftreten. Und: Moderne<br />

Lösungen wie die sogenannte Super-Rail<br />

gewährleisten eine maximale Sicherheit,<br />

indem sie selbst 38 t schweren Sattelzügen<br />

widerstehen.<br />

Schutzplanken aus Stahl, die stückverzinkt<br />

sind, sind daher überall dort zu<br />

empfehlen, wo ein dauerhafter Schutz<br />

gefragt ist – und infolgedessen an sämtlichen<br />

Straßen.<br />

www.feuerverzinken.com<br />

spannungen aus, wobei sich die korrekte<br />

Brennerführung optisch mit Hilfe eines<br />

Thermoindikators kontrollieren lässt: Sto-<br />

Pox BV 100 verändert seinen Farbton, das<br />

heißt, die gelblasierende Grundierung,<br />

die man ebenso zur Versiegelung und<br />

Kratzspachtelung verwenden kann, wird<br />

bei richtiger Einbautemperatur rot.<br />

Die einlagige Elastomerbitumen-Abdichtung<br />

Sto Monofl exbahn 100 mit<br />

hochliegender Polyestervlies-Einlage<br />

dichtet den Beton hingegen unter dem<br />

Gussasphaltbelag ab, dank ihrer niedrigen<br />

Schmelztem peratur einen günstigen<br />

Schmelzfl uss gewährleistend, was die<br />

Verarbeitung wiederum erleichtert und<br />

darüber hinaus den Gasverbrauch senkt.<br />

Durch das ver besserte Kaltbiegeverhalten<br />

ist die Bahn außerdem extrem langlebig.<br />

»Unter dem Strich ergibt dies ein wirtschaftliches,<br />

schnell ver arbeitetes System<br />

mit optimalem Schutz für Brücken vor<br />

witterungs- und nutzungsbedingten<br />

Schäden«, stellt StoCretec-Produktmanager<br />

Hagen Lehmann fest.<br />

www.stocretec.de<br />

Zeitlose Sicherheit<br />

© Institut Feuerverzinken GmbH<br />

104


105<br />

Errichtung dank RöRo Traggerüstsysteme<br />

Stahlbogenbrücke zwischen Essen und Oberhausen<br />

Seit 2003 ist die direkte Brückenverbindung<br />

zwischen dem Essener Stadtteil<br />

Dellwig und Oberhausen-Borbeck über<br />

die Ripshorster Straße wegen Baufälligkeit<br />

unterbrochen. Das hat sich im<br />

Frühjahr 2009 mit Inbetriebnahme einer<br />

neuen Struktur geändert, eines knapp<br />

124 m langen Tragwerks aus insgesamt<br />

fünf sinuskurvenartig verlaufenden<br />

Stahlbögen, die in fünf Feldern sechs aktive<br />

Gleise und das Gelände eines ehemaligen<br />

Sammelbahnhofs überspannen. Der<br />

17,50 m breite Überbau aus Fahrbahn,<br />

Geh- und Radwegen bildet hier sozusagen<br />

die x-Koordinate der Sinuskurve und<br />

ist dementsprechend in drei Feldern in<br />

die Bogenkonstruktion eingehängt, in<br />

zwei hingegen aufgeständert. Das Bild<br />

von der Sinuskurve passt allerdings nicht<br />

ganz, denn die Brücke besitzt wegen der<br />

zu überquerenden Gleisstrecke einen<br />

größeren und vier identische, kleinere<br />

Bögen, deren Spannweite 30 m und 4 ×<br />

19 m messen.<br />

Um den Überbau betonieren zu können,<br />

aber auch als Arbeitsplattform zur<br />

Montage der Stahlbögen brauchte die<br />

bauausführende Echterhoff GmbH &<br />

Ausgabe 1 • 2009<br />

ISSN 1867-643X<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

� Rügenbrücke<br />

Stralsund<br />

� Podolskij-Brücke<br />

Kiew<br />

� Taminabrücke<br />

Pfäfers<br />

� Mainbrücke<br />

Randersacker<br />

9. Symposium<br />

BRÜCKENBAU Brückenbau<br />

in Leipzig<br />

Construction & Engineering<br />

� Störbrücke<br />

Itzehoe<br />

� Yamuna-Brücke<br />

Delhi<br />

� Golden Ears Bridge<br />

Vancouver<br />

Herstellung des Überbaus<br />

© RöRo Traggerüstsysteme<br />

P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />

Co. KG aus Westerkappeln eine Lösung,<br />

die den permanenten Betrieb der sechs<br />

Bahngleise unterhalb des 30-m-Bogens<br />

sicherte. Solche Aufgabenstellungen sind<br />

das Spezialgebiet der RöRo Traggerüstsysteme<br />

aus Wuppertal: Sie haben nicht nur<br />

das Traggerüst zur Betonage der im Mittel<br />

50 cm starken Fahrbahnplatte entwickelt,<br />

sondern der ganzen Konstruktion auch<br />

hydraulische Beweglichkeit verliehen, um<br />

den fertigen Überbau mit einem Gewicht<br />

von 165 kN/m als komplette Einheit in seine<br />

20 cm tiefere Endposition absenken zu<br />

können. So ließ sich während des gesamten<br />

Brückenbaus das von der Bahn vorgeschriebene<br />

Lichtraumprofi l einhalten.<br />

Insgesamt sechsmal treffen sich Fahrbahn<br />

und Stahlbogen – und an diesem<br />

Punkt wurden Schwerlastjoche aus S250-<br />

Stützen mit einer Einzeltragfähigkeit bis<br />

zu 2.600 kN angeordnet: Genau hier wurden<br />

die einzelnen Brückenbögen von ihrer<br />

Montage aufgelagert. Später dienten<br />

sie als Ansatzpunkte zum hydraulischen<br />

Absenken des Überbaus und waren dazu<br />

mit hydraulischen Fußstücken ausgestattet.<br />

Integriert in ein bis zu 7 m hohes,<br />

fl ächiges Traggerüst, das als Arbeitsplattform<br />

wie als Schalgerüst fungierte,<br />

ermöglichten sie zudem die Herstellung<br />

des Überbaus.<br />

www.roerotraggeruestsysteme.de<br />

BRÜCKENBAU<br />

Construction & Engineering<br />

Der neue Fachtitel aus dem Hause<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />

mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Bestellen Sie unter kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de Ihr persönliches Ansichtsexemplar.<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


S O F T W A R E U N D I T<br />

Leistungsstarke Systemkomponenten von LG<br />

Verknüpfung von Darstellung und Speicherung<br />

Die Anfertigung einer Broschüre, eines<br />

Flyers oder einer Visualisierung bedarf<br />

einer großen Fülle an Bildmaterialien und<br />

feiner graphischer Bearbeitungen. Durch<br />

das Zusammenspiel eines Monitors der<br />

jüngsten Generation mit dem entsprechenden<br />

NAS-System bietet LG hier eine<br />

stimmige Lösung für kleine bis mittlere<br />

Unternehmen, denn längst sind kurze<br />

Reaktionszeiten, hohe Aufl ösung oder<br />

langfristige Speicherung Eigenschaften,<br />

die kaum einer mehr zu missen mag.<br />

Der S-IPS-Monitor W2420R im 16:10-<br />

Breitbildformat mit RGB-LED-Backlights<br />

hat daher alles, was Experten benötigen,<br />

unter anderem ein blickwinkelstabiles<br />

Panel in 10-Bit-Farbtiefe und internem<br />

16-Bit-Farbprozessing, das feinste<br />

Grauabstufungen und genaueste Farbdetailtreue<br />

garantiert. Dank der hohen<br />

Aufl ösung können zudem zwei DIN-A4-<br />

Seiten gleichzeitig am Rechner bearbeitet<br />

oder das Display mit Hilfe der Pivotsoftware<br />

um 90° gedreht werden, und zwar<br />

dank LG-Kalibrator und Lichtschutzhaube<br />

ohne Fremd(licht)einfl üsse.<br />

Neues Notebook von Acturion<br />

Hardware für Baustelleneinsätze<br />

Dass man auf Baustellen ebenso stabile<br />

wie leistungsfähige Hilfsmittel benötigt,<br />

weiß jeder, der dort für längere oder<br />

kürzere Zeit tätig ist. Und genau diese<br />

Zielgruppe hat das bayerische Systemhaus<br />

Acturion für sein neues, gehärtetes<br />

semi-ruggedized Notebook Durios S14MT<br />

Pro im Blick, handelt es sich doch um ein<br />

Gerät, das robuste Hardware mit moderner<br />

Technik und umfangreicher Ausstattung<br />

vereint.<br />

Stoß- und Spritzwasserschutz bietend,<br />

widersteht es beispielsweise Stürzen aus<br />

75 cm Höhe und erfüllt die Schutzklassen<br />

IP31 sowie MIL-STD 810F: Ein verstärktes<br />

Leichtmetallgehäuse mit Magnesiumlegierung<br />

und Gummipolsterung der<br />

Ecken bildet den unempfi ndlichen Mantel<br />

des fast uneingeschränkt aufrüstbaren<br />

Basismodells, das dank spezieller Anti-<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Monitor und …<br />

© LG Electronics Deutschland GmbH<br />

Die erstellten Daten lassen sich dann<br />

mit dem NAS N4B1 ebenso einfach wie<br />

professionell sichern, also ohne explizites<br />

Know-how, dafür aber auf vier Festplatten<br />

mit bis zu 4 TB. Darüber hinaus besteht<br />

durch den integrierten Blu-ray-Brenner<br />

die Möglichkeit, alle Informationen zusätzlich<br />

in Form eines zweiten Backups<br />

Robustes Arbeitsgerät<br />

© Acturion Datasys GmbH<br />

glare-Displaybeschichtung des 14,10-<br />

Zoll-Monitors ein problemfreies Arbeiten<br />

sogar bei widrigen Lichtverhältnissen<br />

erlaubt; als erstes Produkt der S-Reihe<br />

verfügt es zudem über einen VGA- sowie<br />

einen HDMI-Ausgang für den Anschluss<br />

an externe Monitore.<br />

NAS-System<br />

© LG Electronics Deutschland GmbH<br />

zu sichern. So tragen auch Betriebe mit<br />

eingeschränkten personellen oder fi nanziellen<br />

Ressourcen den aktuellen gesetzlichen<br />

Datensicherungsbestimmungen<br />

Rechnung.<br />

www.lge.com<br />

Mit nur 3 kg Gewicht nicht schwerer als<br />

herkömmliche Laptops, überzeugt aber<br />

auch sein Innenleben mit Intels Dual-<br />

Core -T4200-Prozessor mit 2 GHz und<br />

dem Graphik-Chipsatz GM45, der aufwendige<br />

3D-Anwendungen ermöglicht,<br />

komplettiert durch 2-GB-RAM, eine 160-<br />

GB-Festplatte, WLAN, DVD-Laufwerk,<br />

1,30-Megapixel-Kamera, Fingerabdruckscanner<br />

und alle gängigen Schnittstellen<br />

sowie vorbereitet für Touchscreen, GPS-<br />

oder UMTS-Modul und Free-Fall-Sensor<br />

oder Solid State Drives.<br />

Sofort versandbereit, liefert Acturion den<br />

Durios S14MT Pro mit den Betriebssystemen<br />

Windows 7, Windows XP oder Linux<br />

aus, wobei der Einstiegspreis bei 1.499 €<br />

liegt.<br />

www.acturion.com<br />

106


107<br />

Spezieller »Kugelschreiber« von Neusta<br />

Sicherung handschriftlicher Dokumente<br />

In Bauunternehmen und manchen<br />

(größeren) Ingenieurbüros gehören das<br />

Ausfüllen und Verwalten von Stundenzetteln<br />

oder Serviceformularen zum Alltag.<br />

Das Bremer Softwarehaus Neusta GmbH<br />

bietet mit dem speziellen Kugelschreiber<br />

namens Digital Pen nun die Möglichkeit,<br />

zukunftsorientierte und herkömmliche<br />

Formen der Datenerfassung zu kombinieren,<br />

denn bereits während des Notierens<br />

scannt dieser elektronische Stift ohne<br />

Mehraufwand die von Hand erstellten<br />

Informationen und leitet sie umgehend<br />

an die webbasierte Neusta-Software<br />

»Parallele« Datenerfassung<br />

© Neusta GmbH<br />

S O F T W A R E U N D I T<br />

Forum<br />

| Bau | Spezial<br />

Brückenbau<br />

1. Internationale Holzbrückentage IHB 2010<br />

Entscheidungskriterien | Bemessung | Unterhalt<br />

Kongresszentrum, DE-Bad Wörishofen<br />

25./26. März 2010<br />

www.forum-holzbruecken.com<br />

www.forum-holzbau.com<br />

www.forum-holzkarriere.com<br />

project2web weiter, wo sie dank präziser<br />

Schriftenerkennung in computerlesbare<br />

Dateien umgewandelt werden. Statt auf<br />

irgendwelche Papierdokumente warten<br />

zu müssen, kann der entsprechende<br />

Sachbearbeiter jetzt also alle direkt übermittelten<br />

Arbeitszeiten, Ersatzteillisten,<br />

Auftragsbeschreibungen oder andere<br />

Texte sofort und damit quasi simultan<br />

verwenden. Und: Neben der deutlichen<br />

Zeitersparnis entfallen derart auch die bei<br />

manueller Dokumentenübergabe entstehenden<br />

Fehler.<br />

www.neusta.de<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />

Veränderungen bei Eiffel Deutschland<br />

Uwe Heiland alleiniger Geschäftsführer<br />

Dipl.-Ing. Uwe Heiland ist seit Januar<br />

2009 als Geschäftsführer bestellt – und<br />

nun seit Januar 2010 alleiniger Geschäftsführer<br />

der Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />

GmbH. Uwe Heiland ist 48 Jahre<br />

alt und hat nach seinem Studium der<br />

Architektur und des Bauwesens an der<br />

Universität Weimar in verschiedenen<br />

Funktionen und Aufgabengebieten des<br />

Unternehmens gearbeitet.<br />

Mit einem Gesamtumsatz von ca.<br />

100 Mio. € und 190 Mitarbeitern ist die<br />

Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />

GmbH neben dem Stahlhochbau im<br />

Stahlbrückenbau, dem Stahlwasserbau,<br />

der Fördertechnik und dem Kraftwerksbau<br />

tätig.<br />

Hohes Investitionsniveau in Bayern<br />

Ausbau der Verkehrsinfrastruktur<br />

»Letztes Jahr ist die Rekordsumme von<br />

1,70 Mrd. € in das bayerische Netz der<br />

Autobahnen, Bundesstraßen und Staatsstraßen<br />

gefl ossen. Davon konnten wir<br />

1,17 Mrd. € für bauliche Investitionen verwenden«,<br />

sagte Innenminister Joachim<br />

Herrmann anlässlich des 20-jährigen Bestehens<br />

der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau<br />

in München. »Und wir haben die<br />

Weichen für die nächsten Jahre gestellt:<br />

Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, die<br />

Investitionen in die Straßeninfrastruktur<br />

auf hohem Niveau zu halten. Auch 2010<br />

rechnen wir wieder mit 1 Mrd. €, die wir in<br />

»Wachstum« bei der DEGES<br />

Bremen als weiterer Gesellschafter<br />

Am 11. Dezember 2009 ist die Freie Hansestadt<br />

Bremen der Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH<br />

(DEGES) beigetreten. Nach der Freien<br />

und Hansestadt Hamburg und dem Land<br />

Schleswig-Holstein ist Bremen dritter<br />

Gesellschafter aus den westlichen Bundesländern,<br />

so dass neben dem Bund<br />

nunmehr acht Länder Gesellschafter der<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

Dipl.-Ing. Uwe Heiland<br />

© Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />

Bayerns Straßen investieren können.« Um<br />

die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu<br />

stabilisieren, setze Bayern also weiterhin<br />

konsequent auf zusätzliche Investitionen<br />

in die Infrastruktur.<br />

Die Mittelsituation im staatlichen Baubereich<br />

sei 2009 nicht zuletzt dank der Konjunkturpakete<br />

durchaus positiv gewesen<br />

und habe starke Impulse zur Stabilisierung<br />

der heimischen Wirtschaft gesetzt.<br />

Dieser Trend solle auch nach Auslaufen<br />

der Konjunkturpakete fortgesetzt werden,<br />

wobei: »Ohne leistungsfähige und<br />

kompetente Ingenieure und Architekten<br />

DEGES sind. Bundesverkehrsminister Dr.<br />

Peter Ramsauer: »Ich begrüße, dass ein<br />

weiterer Gesellschafter die Dienstleistungen<br />

der DEGES in Anspruch nimmt. Das<br />

stärkt die Gesellschaft und belegt, wie<br />

erfolgreich ihre Arbeit ist. Kompetente<br />

Partner im Straßenbau sind wichtig, damit<br />

unser Verkehrsnetz auch weiter den<br />

höchsten Ansprüchen genügt.«<br />

Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />

GmbH wurde beispielsweise im Januar<br />

2009 mit der Erstellung des Daches des<br />

Terminalgebäudes für den neuen Berliner<br />

Großfl ughafen »Berlin Brandenburg<br />

International« mit einer Gesamttonnage<br />

von 10.000 t Stahlkonstruktion<br />

und einem Auftragswert von mehr als<br />

50 Mio. € betraut. Dieses Projekt ist nach<br />

der Errichtung der sieben (Messe-)Hallen<br />

der Landesmesse Stuttgart eine nächste<br />

volumenstarke Bestätigung für die<br />

Kompetenzen des Unternehmens bei der<br />

Realisierung technisch und architektonisch<br />

anspruchsvoller sowie terminlich<br />

eng getakteter Bauvorhaben.<br />

www.eiffel.de<br />

könnten wir das jährliche Bauvolumen<br />

der Staatsbauverwaltung von 3 Mrd. € gar<br />

nicht umsetzen. Denn wir vergeben zunehmend<br />

Planungs- und Bauleitungsaufgaben<br />

an freiberufl ich Tätige – vor allem<br />

an Architektur- und Ingenieurbüros.«<br />

www.stmi.bayern.de<br />

Die DEGES plant und baut als Projektmanagementgesellschaft<br />

Straßen- und<br />

Brückenbauvorhaben der öffentlichen<br />

Hand. Ein Schwerpunkt sind jene des<br />

Bundes sowie Landesprojekte im Auftrag<br />

der Gesellschafter.<br />

www.deges.de<br />

www.bmvbs.de<br />

108


109<br />

Auftrag für Vinci<br />

Hubbrücke in Bordeaux<br />

Der Kommunalverband Bordeaux hat<br />

Vinci Construction France als Leiterin eines<br />

Design-and-Build-Konsortiums Ende<br />

2009 offi ziell grünes Licht erteilt, um mit<br />

der Ausführung des Planungs- und Bauauftrags<br />

für eine Hubbrücke in Bordeaux<br />

zu beginnen.<br />

Die als Stadtboulevard konzipierte Verbindung<br />

der (Stadt-)Viertel Bacalan am<br />

linken und Bastide am rechten Ufer quert<br />

die Garonne 2 km fl ussabwärts von Bor-<br />

Verkehrsfreigabe des Bundesministers<br />

Freie Fahrt von Göttingen bis Halle<br />

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer<br />

hat Ende Dezember 2009 die letzte Lücke<br />

auf der A 38 für den Verkehr freigegeben.<br />

An den Feierlichkeiten nahmen auch die<br />

Thüringer Ministerpräsidentin Christine<br />

Lieberknecht sowie die Landesverkehrsminister<br />

Karl-Heinz Daehre, Sachsen-Anhalt,<br />

und Jörg Bode, Niedersachsen, teil. In<br />

Breitenworbis sagte Ramsauer: »Ab heute<br />

haben die Autofahrer auf der gesamten<br />

A 38 von Göttingen bis Halle freie Fahrt.<br />

Diese Autobahn ist ein sichtbarer Erfolg<br />

des Aufbaus Ost. 14 Jahre wurde an dieser<br />

wichtigen West-Ost-Magistrale in der<br />

Mitte Deutschlands gebaut. Der Bund hat<br />

N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />

deaux‘ Zentrum. Sie wird von mehreren<br />

Verkehrsträgern genutzt werden und<br />

beinhaltet daher zweispurige Richtungsfahrbahnen<br />

für Pkws und Lkws, ÖPNV auf<br />

je eigener Fahrspur in beiden Richtungen,<br />

Radwege und Bürgersteige.<br />

Das 433 m lange und 45 m breite Bauwerk<br />

umfasst ein 3.500 t schweres Mittelfeld<br />

mit 117 m Länge, das entlang den vier<br />

80 m hohen Pfeilern angehoben wird, um<br />

106 m lichte Weite und 53 m lichte Höhe<br />

dafür insgesamt 1,30 Mrd. € investiert.<br />

Für die Anwohner, aber auch den überregionalen<br />

Verkehr werden sich die Fahrzeiten<br />

nun deutlich verkürzen.«<br />

Die Bundesautobahn A 38 verbindet auf<br />

einer Länge von rund 187 km die Großräume<br />

Göttingen/Kassel im Westen und Halle/Leipzig<br />

im Osten. Insgesamt wurden<br />

200 Brücken und 25 Auffahrten gebaut,<br />

für den letzten, jetzt eingeweihten Abschnitt<br />

von Breitenworbis und Bleicherode<br />

hat der Bund 165 Mio. € aufgewendet.<br />

Ramsauer kündigte an, dass der Bund<br />

auch in Zukunft hohe Beträge in die<br />

ostdeutschen Bundesfernstraßen in-<br />

für den Schiffsverkehr freizulassen; die<br />

Übergabe soll Ende 2012 erfolgen, der<br />

Gesamtauftragswert beträgt 125 Mio. €.<br />

Für das Engineering zeichnet EGIS-JMI<br />

verantwortlich, die mit 33 Monaten angesetzten<br />

Bauarbeiten werden von GTM<br />

Sud-Quest und GTM Sud, Töchtern von<br />

Vinci Construction France, und der Metallkonstruktionsfi<br />

rma Cimolaï ausgeführt.<br />

www.vinci.com<br />

vestieren wird: »Die weit überwiegende<br />

Zahl der Großprojekte in den neuen<br />

Bundesländern ist bereits fertig oder im<br />

Bau«, so der Minister. »Aber natürlich<br />

werden wir das Netz der Autobahnen und<br />

Bundesstraßen weiter ausbauen. Sobald<br />

wir Baurecht haben, nehmen wir auch<br />

die Westumfahrung von Halle in Angriff.<br />

Ich rechne damit im Jahr 2011. Danach<br />

können wir auch das Verkehrsprojekt<br />

Deutsche Einheit Nr. 13, zu dem die heute<br />

fertig gewordene A 38 gehört, endgültig<br />

abschließen.«<br />

www.bmvbs.de<br />

Maßnahme der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />

Abbruch und Erneuerung einer Autobahnbrücke bei Viernheim<br />

Die Brücke im Zuge der Landstraße L 631<br />

über die Bundesautobahn A 659 bei<br />

Viernheim wird 2010 durch das Amt für<br />

Straßen- und Verkehrswesen Bensheim<br />

erneuert; das Bauwerk stammt aus dem<br />

Jahr 1967, so dass eine Instandsetzung<br />

der schadhaften Teile nicht mehr wirtschaftlich<br />

wäre.<br />

Vorgesehen ist, die Verkehrssicherung auf<br />

der Landstraße bis Mitte Januar durchzuführen.<br />

Danach werden vorbereitende<br />

Arbeiten, wie das Abtragen der Asphalt-<br />

schichten auf der Brücke, die Demontage<br />

von Schutzplanken und der Abbau der<br />

Lichtzeichenanlagen an der Anschlussstelle<br />

Viernheim-Mitte realisiert. Der Abriss<br />

der Brücke erfolgt im Anschluss und<br />

bedingt einer Vollsperrung der A 659 über<br />

ein Wochenende. Damit herabfallende<br />

Brückenteile die Fahrbahn nicht beschädigen,<br />

wird zunächst ein Erdbett auf die<br />

Autobahn geschüttet. Mehrere Bagger<br />

»zerlegen« das Bauwerk dann Stück für<br />

Stück. Das Abbruchmaterial wird mit hy-<br />

draulischen Zangen zerkleinert, auf Lkws<br />

geladen, abtransportiert und ordnungsgemäß<br />

entsorgt.<br />

Wenn alles planmäßig verläuft, wird der<br />

zwischen Viernheim und Heddesheim<br />

pendelnde Verkehr ab Dezember 2010<br />

über die neue Autobahnbrücke rollen<br />

können. Rund 2 Mio. € investiert der Bund<br />

als Baulastträger der Autobahn in das<br />

neue Bauwerk.<br />

www.hsvv.hessen.de<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


B R A N C H E N K O M P A S S<br />

BAUUNTERNEHMEN<br />

Hier könnte in der nächsten<br />

Ausgabe Ihr Firmeneintrag<br />

stehen!<br />

In unserer Internetausgabe<br />

verlinken wir den Eintrag zu<br />

Ihrer Homepage!<br />

BRÜCKENAUSRÜSTUNGEN<br />

Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Ring 193<br />

D-80807 München<br />

Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />

Fax: 0 89/3 23 94-329<br />

www. maurer-soehne.de<br />

BRÜCKENBAU<br />

Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Ring 193<br />

D-80807 München<br />

Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />

Fax: 0 89/3 23 94-329<br />

www. maurer-soehne.de<br />

BRÜCKENLAGER<br />

RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />

Auschnippe 52<br />

D - 37170 USLAR<br />

Tel.:05571/305-0<br />

Fax:05571/305-26<br />

www.rwsh.de<br />

Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />

BRÜCKENSANIERUNG<br />

BT Bautechnik GmbH<br />

Lemsahler Weg 23<br />

D-22851 Norderstedt<br />

Tel.: 0 40/52 98 33 90<br />

Fax: 0 40/52 98 33 94<br />

info@bt-bautechnik-gmbh.de<br />

www.bt-bautechnik-gmbh.de<br />

RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />

Auschnippe 52<br />

D - 37170 USLAR<br />

Tel.:05571/305--0<br />

Fax:05571/305-26<br />

www.rwsh.de<br />

FACHLITERATUR<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />

Biebricher Allee 11B<br />

D-65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 06 11/84 65 15<br />

Fax: 06 11/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

FAHRBAHNÜBERGÄNGE<br />

Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Ring 193<br />

D-80807 München<br />

Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />

Fax: 0 89/3 23 94-329<br />

www. maurer-soehne.de<br />

RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />

Auschnippe 52<br />

D - 37170 USLAR<br />

Tel.:05571/305-0<br />

Fax:05571/305-26<br />

www.rwsh.de<br />

INGENIEURBÜROS<br />

Hier könnte in der nächsten<br />

Ausgabe Ihr Firmeneintrag<br />

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In unserer Internetausgabe<br />

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LÄRMSCHUTZWÄNDE<br />

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Friedrichstraße 65<br />

D-73760 Ostfi ldern<br />

Tel.: 07 11/45 99 98 60<br />

Fax: 07 11/45 99 98 70<br />

www.jakob-inoxline.de<br />

Geländerseile, Abspannungen,<br />

Netze aus Edelstahl<br />

110


111<br />

BRÜCKENBAU<br />

ISSN 1867-643X<br />

2. Jahrgang<br />

Ausgabe 4•2009/1•2010<br />

Herausgeber und Verlag<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />

Biebricher Allee 11 b<br />

D-65187 Wiesbaden<br />

Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />

Fax: +49 (0)6 11/80 12 52<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Redaktion<br />

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />

mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Anzeigen<br />

Ulla Leitner<br />

Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2010.<br />

Satz und Layout<br />

Birgit Siegel<br />

Druck<br />

Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />

Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg<br />

Erscheinungsweise und Bezugspreise<br />

Einzelheft: 14 Euro<br />

Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 52 Euro<br />

Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />

Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr.<br />

Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn es nicht sechs Wochen<br />

vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraumes schriftlich gekündigt wird.<br />

Copyright<br />

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen<br />

sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.<br />

Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in<br />

irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />

Sprache übertragen werden.<br />

Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne<br />

Einwilligung des Verlags strafbar.<br />

Beilagen:<br />

Die Gesamtaufl age beinhaltet eine Beilage der<br />

Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau HSB, Biel.<br />

I M P R E S S U M<br />

BRÜCKENBAU | Februar 2010


Glänzender Gleiter<br />

Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Ring 193, 80807 München<br />

Telefon (089)32394–0<br />

Telefax (089)32394–306<br />

ba@maurer-soehne.de<br />

www.maurer-soehne.de<br />

MSA ® – Neu<br />

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Neue Metall-Gleitlegierung MSA ® ,<br />

speziell für Kalotten in Brücken- und<br />

Hochbaugleitlagern entwickelt.<br />

■ Glänzend: Spezielle Oberflächenbehandlung<br />

für geringeren Gleitwiderstand<br />

und Verschleiß<br />

■ Beständig gegen Industrieluft,<br />

insbesondere gegen Fluor und<br />

Chlorionen<br />

■ Höhere Korrosionsbeständigkeit<br />

■ Bessere Wirtschaftlichkeit<br />

■ Längere Lebensdauer<br />

■ Allgemein bauaufsichtlich zugelassen<br />

(AbZ Z-16.4-436)<br />

Unsere Produktpalette<br />

■ MAURER Dehnfugen<br />

■ MAURER Bauwerkslager<br />

■ MAURER Erdbebenvorrichtungen<br />

■ MAURER Schwingungsdämpfer<br />

■ MAURER Bauwerksmonitoring

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