SYMPOSIUM - MixedMedia-Konzepts
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Ausgabe 4• 2009/<br />
Ausgabe 1• 2010<br />
ISSN 1867-643X<br />
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Engineering<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
� Humboldthafen-Brücke<br />
Berlin<br />
� Spreebrücke<br />
Bautzen<br />
� Talbrücke St. Kilian<br />
Schleusingen<br />
� Elbebrücke<br />
Schönebeck<br />
� Mainbrücke<br />
Bergrheinfeld<br />
� Grümpentalbrücke<br />
Selsendorf<br />
� Deh Cho Bridge<br />
Mackenzie River<br />
� Matakina-Brücke<br />
Yanbaru-Stausee<br />
� Elbe-Lübeck-Kanal-Brücke<br />
Berkenthin<br />
10. Symposium<br />
Brückenbau<br />
in Leipzig
3<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
Zum zehnten Symposium in Leipzig<br />
Brückenbaukunst im (Rück-)Blick<br />
� � � von Michael Wiederspahn<br />
Mit Erscheinen dieses Heftes liegt nicht<br />
nur der Tagungsband zum (inzwischen)<br />
»Zehnten Symposium Brückenbau in<br />
Leipzig« vor, sondern verbindet sich auch<br />
ein kleines Jubiläum, auf das wir natürlich<br />
stolz sind – zeigt es doch Rang und<br />
Reputation einer Veranstaltung, die vor<br />
ziemlich genau einer Dekade erstmals<br />
durchgeführt wurde und sich danach zu<br />
einer Reihe, ja sehr schnell zu einem, im<br />
wahrsten Sinne des Wortes, stehenden<br />
Begriff und festen Termin entwickelt<br />
hat.<br />
Ein paar Zeilen der Erinnerung an eine<br />
in mehrfacher Hinsicht außerordentlich<br />
bemerkenswerte Premiere seien daher<br />
erlaubt, wobei hier, um nicht in ein allzu<br />
großes Eigenlob verfallen zu müssen,<br />
lediglich zwei, drei Passagen aus einer<br />
Veröffentlichung zitiert werden, die in der<br />
November-2000-Ausgabe des Deutschen<br />
Ingenieurblatts immerhin sechs volle Seiten<br />
umfasste: »(…) traf sich zum Zwecke<br />
eines Informationsaustauschs und einer<br />
offenen Diskussion über den Straßenbrückenbau<br />
in Deutschland die Crème de la<br />
Crème der deutschen Brückenbauer aus<br />
den Ingenieurbüros, aus den Straßen- und<br />
Brückenbauverwaltungen der Länder, aus<br />
der Bauindustrie und aus der Forschung.<br />
Dabei wurden, quasi Schlag auf Schlag,<br />
die bedeutendsten neuen Brückenbauwerke<br />
in Deutschland, aber auch die<br />
alten Reichsautobahnstrecken mit ihren<br />
Bauwerken, Brücken und Überführungen<br />
und deren Nutzbarmachung für<br />
den modernen Verkehr besprochen. (…)<br />
Am Ende des zweiten Tages war darüber<br />
hinaus eine Abschlussdiskussion vorgesehen,<br />
die dann mehr als zwei (!) Stunden<br />
andauerte: lebhaft, durchaus kontrovers<br />
und doch, trotz mancher Meinungsverschiedenheit<br />
in der Sache, stets kollegial<br />
und insbesondere von dem Bewusstsein<br />
geprägt, gemeinsam für das jeweils beste<br />
Resultat, für die bestmögliche Qualität im<br />
deutschen Straßenbrückenbau streiten<br />
zu wollen.«<br />
E D I T O R I A L<br />
An der ursprünglichen Intention, nämlich<br />
Projekte und Konzepte angemessen zu<br />
thematisieren, die hohe und höchste<br />
Ansprüche erfüllen, hat sich bis heute<br />
ebenso wenig geändert wie an dem<br />
prinzipiellen Ablauf des Symposiums mit<br />
genügend Raum und Zeit für intensive<br />
Erörterungen oder aber dem Teilnehmerkreis,<br />
der sich nach wie vor aus der<br />
bereits erwähnten »Crème de la Crème«<br />
zusammensetzt. Dass die Referenten<br />
mittlerweile aus (beinahe) der ganzen<br />
Welt anreisen, um in Leipzig ihre Entwürfe,<br />
die von ihnen geplanten und realisierten<br />
Bauwerke vorzustellen, beweist also<br />
»lediglich« die gewachsene und zudem<br />
wachsende Internationalisierung eines<br />
Programms, das schon seit vielen Jahren<br />
das gesamte Spektrum des Brückenbaus<br />
abdeckt – was die nachfolgenden Texte<br />
und Bilder wiederum mit Nachdruck zu<br />
veranschaulichen vermögen.<br />
Wer dennoch zweifelt oder bisher einfach<br />
nicht sicher war, ob und wann sich die<br />
Fahrt für ihn lohnt, darf sich nun gerne<br />
vom BRÜCKENBAU überzeugen lassen,<br />
der zumindest mit den schriftlichen<br />
Ausarbeitungen der (meisten) Vorträge<br />
aufwartet. Direkte Kontakte und persönliche<br />
Begegnungen als ein unverzichtbares<br />
Element jedweder Zusammenkunft kann<br />
und soll er ohnehin nicht kompensieren,<br />
weshalb im Grunde stets zu empfehlen<br />
bleibt: Neben oder nach der Lektüre an<br />
die Anmeldung für den nächsten Februar<br />
denken!<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
Architekten und Ingenieure lesen die [Umrisse].<br />
Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN,<br />
ist die Zeitschrift für Baukultur unabhängig von Verbänden und<br />
anderen Interessenvertretungen.<br />
Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische Schwerpunkte<br />
aus den Bereichen Architektur und Ingenieurbau, wie zum Beispiel<br />
»LeseRäume«, »Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«,<br />
»Ruhender Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«,<br />
»Fassaden« und »Innenausbau« im Jahr 2009.<br />
Detaillierte Produktinformationen, wichtige Branchennachrichten,<br />
ein fundierter Bautechnik-Teil, umfassende Beiträge zum<br />
»Bau- und Immobilienrecht« sowie ein ausgesuchtes »Special«,<br />
oft in Kooperation mit entsprechenden Fachmessen,<br />
runden das redaktionelle Profi l eines jeden Heftes ab.<br />
Wollen Sie ein Probeexemplar bestellen – oder gleich abonnieren?<br />
Das geht am besten und schnellsten unter www.umrisse.de,<br />
denn die [Umrisse] fi ndet man natürlich auch im Internet.<br />
[Umrisse]<br />
Zeitschrift für Baukultur<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
65187 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611/84 65 15<br />
Fax: 0611/80 12 52<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.mixedmedia-konzepts.de<br />
4
5<br />
Editorial<br />
3 Brückenbaukunst im (Rück-)Blick<br />
Michael Wiederspahn<br />
Symposium<br />
6 Zehn Jahre Initiative Baukultur<br />
Joachim Naumann<br />
12 Gestaltung und Struktur im Dialog<br />
Karl Kleinhanß<br />
16 Ideen- und Realisierungswettbewerbe in Brandenburg<br />
Winfried Glitsch, Thomas Kupferschmid<br />
20 »Ergänzung« der Waschmühltalbrücke<br />
Richard Lutz, Volkhard Angelmaier<br />
26 Neubau der Elbebrücke Schönebeck<br />
Wolfgang Eilzer, Markus Morawietz<br />
31 Vier bayerische Public-Private-Partnership-Projekte<br />
Karl Goj<br />
38 Neubau der Haseltalbrücke<br />
Günther Kleiner<br />
42 Eisenbahnbrücken der ÖBB<br />
Hannes Kari<br />
43 Planung und Errichtung der Grümpentalbrücke<br />
Martin Schnellhardt<br />
48 Mit Hochgeschwindigkeit über das Ilmtal<br />
Peter Seitz, Manfred Förtsch, Eberhard Pitsch, Heinz Pircher<br />
56 Großbrücken und ihre Herstellungsverfahren<br />
Manfred Becker<br />
66 Mehrfeldrige Schrägseilbrücken<br />
Andreas Keil, Philipp Wenger<br />
77 Deh Cho Bridge im Norden Kanadas<br />
Matthias Schüller<br />
81 Ausgewählte Beispiele für Extradosed Bridges<br />
Christian Gläser<br />
84 Brücke über den Sinichbach in Italien<br />
Anton Obholzer, Alois Neulichedl<br />
I N H A L T<br />
90 Geothermische Brücke in Berkenthin als Pilotprojekt<br />
Thomas Hanschke, Jens-Uwe Kühl, Roland Freund, Volker Richter, Klaus-Ulrich Mackert<br />
94 Sicherheit von Großbrücken<br />
Bernard Hodac<br />
96 Brücke über das Berounka-Tal bei Prag<br />
Roman Lenner, Milan Šistek<br />
Aktuell<br />
99 Faserverbundkunststoffe im modernen Brückenbau?<br />
Pamela Voigt, Elke Genzel<br />
102 Produkte und Projekte<br />
106 Software und IT<br />
108 Nachrichten und Termine<br />
110 Branchenkompass<br />
111 Impressum<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Rückblick und Ausblick<br />
Zehn Jahre Initiative Baukultur<br />
� � � von Joachim Naumann<br />
1 Logo der Initiative<br />
Architektur und Baukultur<br />
© Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung<br />
Ziemlich genau vor zehn Jahren,<br />
nämlich am 17. Oktober 2000, wurde<br />
vom damaligen Bundesminister<br />
für Verkehr, Bau und Wohnungswesen<br />
Reinhard Klimmt gemeinsam<br />
mit der Bundesarchitekten- und der<br />
Bundesingenieurkammer die »Initiative<br />
Architektur und Baukultur« mit<br />
einer Auftaktveranstaltung in Berlin<br />
gestartet. Ziel war es, die öffentliche<br />
Diskussion über die Qualität des<br />
Planens und Bauens sowie die Bedeutung<br />
der Baukultur in Deutschland<br />
anzuregen und die Aktivitäten<br />
in den verschiedenen Bereichen zu<br />
bündeln. Der richtige Zeitpunkt also,<br />
um ein Resümee zu ziehen, verbunden<br />
mit einem Ausblick.<br />
1 Einleitung<br />
Der Gründung der »Initiative Architektur<br />
und Baukultur« vorausgegangen war eine<br />
längere Phase der zunehmenden Kritik<br />
von vielen Beteiligten in Politik, Verbänden,<br />
Verwaltungen und der Öffentlichkeit<br />
über das teilweise unbefriedigende Erscheinungsbild<br />
mancher öffentlicher und<br />
privater Bauten und die damit verbundene<br />
negative Gestaltung der Umwelt.<br />
Dies betraf fast alle Bereiche des Bauens<br />
und dabei auch Bauten der Verkehrsinfrastruktur<br />
bei Bahn und Straße. Speziell die<br />
Brücken- und Ingenieurbauwerke im Zuge<br />
der Neubaustrecken der Deutschen Bahn<br />
AG gerieten stark in die Kritik, da sie sich<br />
aufgrund der Rahmenplanung fast ausschließlich<br />
an den Betriebsbedürfnissen<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
2 Erster Bericht zur Lage der<br />
Architektur und der Baukultur<br />
© Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung<br />
des Bahnverkehrs orientierten und kaum<br />
Rücksicht auf den jeweiligen Standort<br />
nahmen; bei manchen Straßenbrücken<br />
lag der Schwerpunkt des Entwurfes aufgrund<br />
negativer Erfahrung beim Betrieb<br />
aber ebenfalls eher auf der Konstruktion<br />
robuster Bauwerke als auf einer ausgewogenen<br />
Gestaltung.<br />
So reifte bei vielen Beteiligten die Einsicht<br />
zum Umdenken, zumal sich durch die<br />
gewaltigen Aufgaben nach der deutschen<br />
Vereinigung zum Auf- und Ausbau der<br />
Infrastruktur in den neuen Bundesländern<br />
die große Chance ergab, bei den<br />
zahlreichen notwendigen Bauwerken<br />
neue Ideen zu verwirklichen und durch<br />
gute Gestaltung zu einem lebenswerten<br />
Umfeld in den Städten und Regionen beizutragen.<br />
Die mannigfaltigen Diskussionen<br />
erreichten bald auch die politischen<br />
Gremien, was schließlich zum Auftakt<br />
der Initiative Architektur und Baukultur<br />
führte.<br />
2 Initiative Baukultur<br />
Wie so oft bei schwierigen Gemeinschaftsaktionen<br />
kommt es entscheidend<br />
darauf an, dass insbesondere in der Anfangsphase<br />
engagierte Persönlichkeiten<br />
die notwendigen Entwicklungsschritte<br />
vorbereiten und konsequent umsetzen.<br />
Mit den damaligen Präsidenten der Bun-<br />
desarchitektenkammer Peter Conradi<br />
und der Bundesingenieurkammer Dr.-Ing.<br />
Karl-Heinrich Schwinn, waren diese Bedingungen<br />
in idealer Weise gegeben, so<br />
dass die Initiative auf Anhieb ein Erfolg<br />
wurde. Unterstützt wurde dies ganz maßgeblich<br />
vom zuständigen Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und Wohnungswesen<br />
durch den Parlamentarischen<br />
Staatssekretär Achim Großmann, der die<br />
erforderlichen Kontakte zu den politischen<br />
Gremien sicherstellte. Auch auf der<br />
Fachebene des Ministeriums entwickelte<br />
sich für den Bereich Ingenieurbau sehr<br />
schnell eine enge und gute Zusammenarbeit<br />
des Referates Brückenbau mit dem<br />
damals federführenden Referat Architektur<br />
und Stadtplanung, was manche ideelle<br />
und fi nanzielle Unterstützung förderte.<br />
Wichtig war natürlich in dieser Phase<br />
ebenso die Unterstützung durch die Verbände<br />
wie beispielsweise VBI und VUBIC<br />
sowie durch herausragende Persönlichkeiten<br />
des Ingenieurbaus wie Prof. Dr.-Ing.<br />
Drs. h.c. Jörg Schlaich, der maßgeblich<br />
dazu beigetragen hat, dass so manche<br />
Hürde durch Überzeugungsarbeit überwunden<br />
werden konnte.<br />
Nach der Auftaktveranstaltung der Initiative<br />
am 17. Oktober 2000 folgte sehr bald<br />
der erste Kongress »Baukultur in Deutschland«<br />
vom 3. bis 5. Dezember 2001 in<br />
Köln, wo vor allem mehrere Podiumsdiskussionen<br />
im Vordergrund standen und<br />
ein erster »Bericht zur Lage der Architektur<br />
und Baukultur in Deutschland«<br />
präsentiert wurde. Durch den Kongress<br />
konnten alle beteiligten Fachbereiche des<br />
Planens und Bauens sowie eine breite<br />
Öffentlichkeit erreicht und damit der<br />
Initiative der nötige Schwung verliehen<br />
werden.<br />
Um der Initiative ein verbindliches Leitbild<br />
zu geben, wurden die wesentlichen Zielvorstellungen<br />
in mehreren Themenfeldern<br />
konkretisiert:<br />
– Zukunftsgerechte Planungs- und Architekturqualität<br />
sichern. Hierbei geht es<br />
vor allem um die Frage, inwieweit die<br />
Formen und Inhalte des Planungs- und<br />
Baumanagements aufgrund des demographischen,<br />
technologischen und<br />
wirtschaftlichen Wandels angepasst<br />
oder neu defi niert werden müssen.<br />
– Das Potential von Architektur und<br />
Baukultur für Innovationen und Weiterentwicklungen<br />
nutzen. Die Bau-<br />
6
7<br />
wirtschaft ist nach wie vor einer der<br />
größten Investitionsbereiche mit einem<br />
erheblichen Innovationspotential.<br />
Hier gilt es zunächst die vorhandenen<br />
Erfahrungen zu sammeln und im Sinne<br />
von Best Practice weiterzugeben sowie<br />
Möglichkeiten zu weiteren Anreizen<br />
für Innovationen beispielsweise durch<br />
Wettbewerbe aufzuzeigen.<br />
– Kulturelles Erbe wahren sowie vorhandene<br />
Ressourcen im Bestand nutzen<br />
und weiterentwickeln. Nach einer langen<br />
Phase des Neubaus und Ausbaus<br />
stehen künftig die Pfl ege, Erhaltung<br />
und Erneuerung des Baubestandes immer<br />
mehr im Blickfeld. Hierbei ergeben<br />
sich teilweise völlig neue Aufgaben,<br />
die auch in baukultureller Hinsicht von<br />
großer Bedeutung sind.<br />
– Die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
deutscher Architekten, Planer<br />
und Ingenieure stärken. In einem<br />
zusammenwachsenden Europa und<br />
einer zunehmenden Globalisierung gilt<br />
es, sich rechtzeitig auf die neuen Rahmenbedingungen<br />
einzustellen. Mit der<br />
Initiative soll daher auch der Export von<br />
Architekten- und Ingenieurleistungen<br />
entwickelt und gefördert werden.<br />
Viele dieser Zielvorstellungen ließen sich<br />
inzwischen durch konkrete Aktionen und<br />
Projekte verwirklichen. Noch wichtiger ist<br />
als Ergebnis, dass durch die Initiative eine<br />
breite Diskussion innerhalb der Fachkreise<br />
und der Gesellschaft angestoßen und<br />
damit das Bewusstsein für eine gute und<br />
nachhaltig gestaltete Umwelt geschärft<br />
wurde.<br />
Ein Ziel der Initiative Baukultur war schon<br />
sehr früh die Einrichtung einer Stiftung<br />
Baukultur, um damit das Thema auf<br />
Dauer zu etablieren und die Beschäftigung<br />
mit diesem für alle Bürgerinnen und<br />
Bürger wichtigen Bereich des täglichen<br />
Lebens zu verstetigen.<br />
Zur Vorbereitung wurde hierzu am 4. und<br />
5. April 2003 ein erster »Konvent Baukultur«<br />
unter der Schirmherrschaft des<br />
damaligen Bundespräsidenten Johannes<br />
Rau in Bonn durchgeführt. Damit hatte<br />
das Thema auch die Gremien des Deutschen<br />
Bundestages erreicht, der schließlich<br />
im Oktober 2003 das Bestreben nach<br />
einer qualitätsvollen und nachhaltigen<br />
Gestaltung der Umwelt durch einen<br />
Beschluss für eine »Qualitätsoffensive für<br />
gutes Planen und Bauen« unterstützte<br />
und so den Weg für eine Gesetzesinitiative<br />
zur Einrichtung einer Bundesstiftung<br />
Baukultur ebnete.<br />
3 Erfolge der Initiative Baukultur<br />
3.1 Symposien und Veranstaltungen<br />
Von Anfang an war es das Bestreben der<br />
an der Initiative Baukultur beteiligten<br />
Bauingenieure, die vielfältigen Leistungen<br />
der Ingenieure gleichberechtigt neben<br />
jenen anderer Bereiche wie der Architektur<br />
und des Städtebaus herauszustellen.<br />
Im Rückblick ist zu attestieren, dass<br />
dies nur zum Teil gelungen ist, was aber<br />
primär an der mangelnden Bereitschaft<br />
vieler Ingenieure lag, ihre Aufgabenfelder<br />
und Leistungen in der Öffentlichkeit zu<br />
präsentieren und sich im Rahmen der<br />
Initiative zu engagieren. Das ist umso bedauerlicher,<br />
da gerade die Bauingenieure<br />
durch ihre Arbeit ganz wesentlich zum<br />
Lebensstandard der Gesellschaft und zur<br />
Qualität der gebauten Umwelt beitragen.<br />
Aufgrund der in den vergangenen Jahren<br />
schwierigen Wirtschaftslage ist es zwar<br />
durchaus verständlich, dass bei vielen<br />
Ingenieuren nur wenig Neigung bestand,<br />
sich neben dem täglichen Geschäft noch<br />
mit grundsätzlichen Fragen der Baukultur<br />
und der werbewirksamen Darstellung<br />
ihrer Leistungen in der Öffentlichkeit<br />
zu befassen. Doch dies erweist sich zunehmend<br />
als kontraproduktiv, was sich<br />
nicht zuletzt durch eine im Vergleich zu<br />
anderen Berufsgruppen unangemessen<br />
geringe Würdigung ihrer Arbeit und in<br />
einer unzureichenden Vergütung ihrer<br />
Leistungen niederschlägt.<br />
Erfreulicherweise hat die Initiative Baukultur<br />
mit dazu beigetragen, dass hier<br />
allmählich ein Umdenken erfolgt und<br />
sich mittlerweile einige sehr interessante<br />
und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten<br />
entfaltet haben. So hat sich neben dem<br />
Brückensymposium in Leipzig, das in<br />
diesem Jahr ja ebenfalls sein zehnjähriges<br />
Jubiläum feiert, und den etablierten<br />
Bautechnik- sowie Stahlbautagen das<br />
Dresdner Brückbausymposium zu einer<br />
der größten Ingenieurveranstaltungen<br />
entwickelt, das dank der Verbindung mit<br />
der alle zwei Jahre stattfi ndenden Verleihung<br />
des Deutschen Brückenbaupreises<br />
erhebliche Aufmerksamkeit genießt.<br />
Neben diesen großen Veranstaltungen<br />
sind aber die vielfältigen regionalen Aktivitäten<br />
von Hochschulen, Verbänden<br />
und Ingenieurkammern wichtig, die den<br />
Austausch unter den Ingenieuren und<br />
mit anderen Berufsgruppen erfreulich<br />
beleben. Schüler- und Studentenwettbewerbe<br />
gerade im Brückenbau dienen<br />
außerdem durch die aktive Befassung<br />
mit bautechnischen Themen ebenso der<br />
Nachwuchsförderung, was mit Blick auf<br />
den künftig zu erwartenden Mangel an<br />
qualifi zierten Ingenieuren äußerst bedeutsam<br />
ist.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Ausstellung<br />
Ingenieur Bau Kunst<br />
in Deutschland<br />
7. Oktober bis 7 . November 2004<br />
Wissenschaftszentrum Bonn, Ahrstraße 45, 53175 Bonn<br />
montags bis freitags 8-19 Uhr, samstags und sonntags 14-18 Uhr, Eintritt frei<br />
www.brueckenausstellung.nrw.de<br />
Partner der<br />
Ausstellung:<br />
3 Plakat der Brückenausstellung<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
Insgesamt lässt sich damit auch für den<br />
Ingenieurbereich eine positive Erfolgsbilanz<br />
für die Aktivitäten im Rahmen der<br />
Initiative Baukultur ziehen. Exemplarisch<br />
für einige besondere Aktivitäten sollen<br />
hier noch einige Leuchtturmprojekte<br />
vorgestellt werden.<br />
3.2 Ausstellung Straßenbrücken<br />
Bereits zu Beginn der Initiative Baukultur<br />
war im Referat Brückenbau des<br />
Bundesverkehrsministeriums die Idee<br />
entstanden, eine Ausstellung zum Thema<br />
Brückenbau und Baukultur zu organisieren<br />
und damit die »Königsdisziplin«<br />
der Bauingenieure in der Öffentlichkeit<br />
noch ein wenig bekannter zu machen.<br />
Neben historischen Bauwerken sollte der<br />
Schwerpunkt vor allem auf dem modernen<br />
Brückenbau liegen, um zu zeigen, wie<br />
vielfältig dieser hinsichtlich Konstruktionen<br />
und Materialien sein kann.<br />
Glücklicherweise erklärte sich die Bundesingenieurkammer<br />
spontan bereit, das<br />
Vorhaben organisatorisch und fi nanziell<br />
zu unterstützen, so dass sich die Idee sehr<br />
schnell verwirklichen ließ. Unter dem Titel<br />
»Straßenbrücken – Ingenieur Bau Kunst<br />
in Deutschland« wurde die Ausstellung<br />
2001 im ehemaligen Staatsratsgebäude<br />
in Berlin gestartet und anschließend auf<br />
Wanderschaft durch alle Bundesländer<br />
geschickt. Rund 80 Brückenbauwerke<br />
wurden auf großformatigen Tafeln<br />
präsentiert und in einem begleitenden<br />
Katalog erläutert. Etwa 400.000 Besucher<br />
haben während der zweijährigen Wanderschaft<br />
diese Ausstellung gesehen und<br />
damit das große Interesse an technischen<br />
Leistungen eindrucksvoll dokumentiert.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
4 Talbrücke Wilde Gera im Zuge der A 71<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
5 La-Ferté-Steg in Stuttgart<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
6 Humboldthafen-Brücke in Berlin<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
7 Dreiländerbrücke in Weil am Rhein<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
3.3 Deutscher Brückenbaupreis<br />
Ermutigt durch den großen Erfolg der<br />
Ausstellung wurde im Jahr 2004 als weiterer<br />
Beitrag zum Thema Baukultur vom<br />
Bundesverkehrsministerium und den<br />
Ingenieurverbänden der »Deutsche Brückenbaupreis«<br />
ins Leben gerufen.<br />
2005 erstmals ausgelobt und dann im<br />
Frühjahr 2006 am Vorabend des Dresdner<br />
Brückensymposiums feierlich verliehen,<br />
sollen mit dem »Deutschen Brückenbaupreis«<br />
herausragende Brückenbauwerke<br />
ausgezeichnet werden, die in technischer,<br />
gestalterischer oder innovativer Hinsicht<br />
besondere Leistungen darstellen und<br />
geeignet sind, das Ansehen der Ingenieurbaukunst<br />
in Deutschland zu stärken. Der<br />
»Deutsche Brückenbaupreis« wird alle<br />
zwei Jahre vergeben, wobei sich die Bundesingenieurkammer<br />
und der Verband<br />
Beratender Ingenieure zusammengetan<br />
haben. Das Bundesministerium für<br />
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat<br />
die Schirmherrschaft übernommen und<br />
unterstützt den Preis fi nanziell und ideell,<br />
Hauptsponsor ist außerdem die Deutsche<br />
Bahn AG.<br />
Zur Auslobung können Straßen- und<br />
Eisenbahn- sowie Geh- und Radwegbrücken<br />
eingereicht werden, die in den letzten<br />
Jahren neu errichtet, instandgesetzt<br />
oder umgebaut wurden. Vorschläge für<br />
die Bauwerke dürfen von Fachleuten und<br />
Laien gemacht werden, Hinweise von<br />
Außenstehenden sind ausdrücklich erwünscht.<br />
Ausgezeichnet werden die Bauwerke,<br />
die Preise erhalten die Personen,<br />
deren Leistungen an verantwortlicher<br />
Stelle wesentlichen Anteil am Entstehen<br />
der Brücke hatten. Die Bewertung der<br />
Arbeiten erfolgt durch eine Jury, die seit<br />
2009 für jeden Wettbewerb neu berufen<br />
wird.<br />
Der Deutsche Brückenbaupreis hat auf<br />
Anhieb großen Erfolg gehabt und sich inzwischen<br />
als einer der wichtigsten Preise<br />
des Ingenieurwesens etabliert. Preisträger<br />
der Verleihung 2006 waren die Talbrücke<br />
Wilde Gera der Bundesautobahn A 71<br />
und der La-Ferté-Steg in Stuttgart, 2008<br />
die Humboldthafen-Brücke in Berlin und<br />
die Dreiländerbrücke in Weil am Rhein.<br />
Die nächste und damit dritte Preisverleihung<br />
fi ndet am 15. März 2010 wiederum<br />
in Dresden statt.<br />
3.4 Brücken der Einheit<br />
Ohne Frage hat der Straßenbrückenbau<br />
auch infolge der großen Aufgaben im<br />
Rahmen der Vereinigung Deutschlands<br />
neuen Aufschwung erhalten, denn es<br />
galt, innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl<br />
von Projekten zu realisieren. Viele Brückenbauer<br />
haben dies sehr schnell als<br />
Chance begriffen, neben bewährten<br />
Lösungen auch innovative Wege zu beschreiten<br />
und die Brückenbautechnik<br />
weiterzuentwickeln. So gelangte in den<br />
letzten 15 Jahren insbesondere in den<br />
neuen Bundesländern eine große Anzahl<br />
interessanter und zukunftsweisender<br />
Bauwerke zur Ausführung, die das Interesse<br />
für den Brückenbau und technische<br />
Projekte in der Fachwelt wie der Öffentlichkeit<br />
geweckt haben. Den Ingenieuren<br />
steht dabei heute eine große Palette von<br />
Konstruktions- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung, die mit Engagement<br />
und Kreativität genutzt wird. Herausragende<br />
Beispiele sind beispielsweise<br />
die Brücken im Zuge der Bundesautobahn<br />
A 71 durch den Thüringer Wald oder die<br />
neue Rügenbrücke bei Stralsund.<br />
Diese Entwicklung passte gut zu den Intensionen<br />
der Initiative Baukultur, da hier<br />
an vielen praktischen Beispielen die Kunst<br />
des guten Gestaltens und Konstruierens<br />
demonstriert werden konnte.<br />
3.5 Realisierungswettbewerbe<br />
Eine wichtige Möglichkeit, kreative und<br />
innovative Ideen für Brücken zu fördern<br />
und die Leistungen der Bauingenieure<br />
deutlicher in der Öffentlichkeit darzustellen,<br />
ist die Durchführung von Realisierungswettbewerben,<br />
die im Brückenbau<br />
bisher nur in Ausnahmefällen üblich<br />
waren. Aufgrund des zusätzlichen Verwaltungs-,<br />
Kosten- und Zeitaufwandes wird<br />
diese Möglichkeit allerdings auch künftig<br />
auf besondere Fälle beschränkt bleiben.<br />
Realisierungswettbewerbe haben jedoch<br />
den Vorteil, dass die Bürgerinnen und<br />
Bürger durch die Veröffentlichung der Ergebnisse<br />
stärker in den Planungsprozess<br />
einbezogen werden und sie zudem gute<br />
Chancen zur öffentlichkeitswirksamen<br />
Darstellung der Gestaltungsideen und<br />
der innovativen Entwicklungen im Brückenbau<br />
bieten.<br />
8
9<br />
8 Talbrücke Reichenbach im Zuge der A 71<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
Das Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung unterstützt<br />
grundsätzlich die Bestrebungen für mehr<br />
Wettbewerb in der Planungsphase als<br />
Beitrag zur Baukultur, zumal heute alternative<br />
oder zukunftsweisende Lösungen<br />
wegen der immer stärker formaljuristisch<br />
geprägten Ausschreibungs- und Vergabeverfahren<br />
über Nebenangebote oder<br />
Sondervorschläge kaum mehr durchsetzbar<br />
sind.<br />
Im Bereich der Bundesfernstraßen wurde<br />
daher in den letzten Jahren eine ganze<br />
Reihe von Wettbewerben durchgeführt,<br />
unter anderem für folgende Bauwerke:<br />
– Brücke St. Kilian (A 17) als innovative<br />
Stahlrohrfachwerkkonstruktion mit<br />
Verbundüberbau,<br />
– Saalebrücke Jena Göschwitz (A 4) als<br />
Neubau neben der denkmalgeschützten<br />
steinernen Bogenbrücke,<br />
– Saalebrücke Salzmünde (A 143) als<br />
1.000 m langes Bauwerk im Anschluss<br />
an einen Lärmschutztunnel mit einer<br />
innovativen gläsernen Einhausung,<br />
– Waschmühltalbrücke (A 6) als Neubau<br />
neben der denkmalgeschützten Bogenbrücke,<br />
– Rheinbrücke Wiesbaden-Schierstein (A<br />
643) als Ersatzneubau mit Verbreiterung,<br />
– Lahntalbrücke Limburg (A 3) ebenfalls<br />
als Ersatzneubau mit Verbreiterung.<br />
In der Rückschau auf die durchgeführten<br />
Realisierungswettbewerbe lässt sich feststellen,<br />
dass viele kreative und innovative<br />
Ideen eingebracht wurden, die bei einer<br />
konventionellen Entwurfsbearbeitung so<br />
nicht erzielbar gewesen wären. Durch die<br />
anschließende Dokumentation und Ausstellung<br />
der Ergebnisse sowie die Berichte<br />
in den regionalen Medien konnte in allen<br />
Fällen eine öffentlichwirksame Darstellung<br />
erreicht und damit die Bürgerinnen<br />
und Bürger stärker in den Planungsprozess<br />
einbezogen werden.<br />
3.6 Brücken der Deutschen Bahn<br />
Nach der teilweise heftigen Kritik an der<br />
Gestaltung von Bahnbrücken haben die<br />
Initiative Baukultur und die anhaltende<br />
Diskussion über ein gutes Gestalten<br />
mitbewirkt, dass auch bei der Deutschen<br />
Bahn AG ein Umdenken einsetzte. Um<br />
neue Entwicklungen und eine angemessene<br />
Formfi ndung im Brückenbau verstärkt<br />
zu fördern, hat die Deutsche Bahn<br />
AG im Jahr 2007 einen Brückenbeirat ins<br />
Leben gerufen, der mit renommierten<br />
Bauingenieuren und Architekten besetzt<br />
ist. Der Brückenbeirat hat einerseits<br />
die Aufgabe, an besonders exponierten<br />
Brückenbauprojekten in einer möglichst<br />
frühen Phase des Entwurfs unmittelbar<br />
mitzuwirken, um ästhetisch überzeugende<br />
Lösungen bei gleichzeitiger Einhaltung<br />
der wirtschaftlichen und funktionalen<br />
9 Talbrücke Zahme Gera im Zuge der A 71<br />
© Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung<br />
S Y M P O S I U M<br />
Anforderungen zu fi nden. Zum anderen<br />
soll er gestalterische Leitlinien und<br />
Grundsätze für den Entwurf von Eisenbahnbrücken<br />
entwickeln. Als ein wesentliches<br />
Ergebnis der beratenden Tätigkeit<br />
des Brückenbeirates ist der »Leitfaden<br />
– Gestalten der Eisenbahnbrücken« entstanden.<br />
Der Leitfaden soll planenden Ingenieuren,<br />
aber auch Projektleitern und Bauherrenvertretern<br />
Unterstützung bieten, für den<br />
jeweiligen Ort und die damit verbundenen<br />
speziellen Randbedingungen einen<br />
angemessenen, gut gestalteten Brückenentwurf<br />
zu erarbeiten. Keinesfalls soll er<br />
dabei als Vorschrift aufgefasst werden,<br />
vielmehr als Anregung für eine sinnvolle<br />
technische und gestalterische Weiterentwicklung<br />
des Eisenbahnbrückenbaus.<br />
Die ersten Bauwerke nach dem neuen<br />
Leitfaden sind inzwischen in Planung,<br />
10 Brücke St. Kilian<br />
im Zuge der A 73<br />
© Bundesministerium für<br />
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
11 Saalebrücke Salzmünde<br />
im Zuge der A 143<br />
© Bundesministerium für<br />
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
12 Leitfaden zur Gestaltung<br />
von Eisenbahnbrücken<br />
© Deutsche Bahn AG<br />
und es ist zu erwarten, dass damit künftig<br />
neue Bahnbrücken wieder in positivem<br />
Sinne wichtige und gut gelungene Beiträge<br />
zur Baukultur werden, wie beispielsweise<br />
die Humboldthafen-Brücke am<br />
neuen Berliner Hauptbahnhof.<br />
4 Stiftung Baukultur<br />
Wie eingangs schon erwähnt, war eines<br />
der wesentlichen Ziele der Initiative<br />
Baukultur die Einrichtung einer Stiftung<br />
Baukultur, um für dieses Thema ein dauerhaftes<br />
Podium zu schaffen. Bundesstiftungen<br />
zu gesellschaftsübergreifenden<br />
Themen gibt es bereits für die Bereiche<br />
Kultur, Denkmal- und Umweltschutz.<br />
Mit der Etablierung einer Bundesstiftung<br />
Baukultur sollte nun ein weiterer wichtiger<br />
Bereich hinzugefügt werden, der für<br />
die Gestaltung unserer Umwelt besondere<br />
Bedeutung hat.<br />
Ziel der Bundesstiftung Baukultur ist<br />
die Schaffung einer bundesweiten Aktions-<br />
und Kommunikationsplattform,<br />
die das Bewusstsein für die Belange der<br />
Baukultur bei Bauherren, Planern und<br />
Bauausführenden sowie in der Öffentlichkeit<br />
stärkt und die Leistungen der Architekten<br />
und Ingenieure in Deutschland<br />
national und international herausstellt.<br />
Die Stiftung soll durch eine entsprechende<br />
Öffentlichkeitsarbeit sowie regelmäßige<br />
Berichte Aufmerksamkeit für gute<br />
Planungen und Bauleistungen erzeugen,<br />
die Qualitätsnachfrage wecken und insgesamt<br />
ein baupolitisch positives Klima<br />
fördern.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Als Ziele wurden die nachstehenden<br />
Aufgabenfelder defi niert:<br />
– Fortführung des im Rahmen der Initiative<br />
Architektur und Baukultur angestoßenen<br />
bundesweiten öffentlichen<br />
Dialogs über Baukultur,<br />
– Zusammenarbeit mit den im baukulturellen<br />
Bereich vorhandenen regionalen,<br />
nationalen und internationalen Akteuren,<br />
– Herausstellung der Leistungen der<br />
deutschen Architekten und Ingenieure<br />
im Bereich des Bauwesens,<br />
– Erstellung von Analysen und Berichten<br />
zur Lage der Baukultur in Deutschland,<br />
um Entwicklungen und Handlungsbedarf<br />
in diesem Bereich aufzuzeigen.<br />
Im Dezember 2004 erfolgte der Kabinettsbeschluss<br />
zum Entwurf eines Gesetzes<br />
zur Errichtung einer Bundesstiftung<br />
Baukultur. Aufgrund von Verzögerungen<br />
im Gesetzgebungsverfahren konnte der<br />
Deutsche Bundestag das Gesetz allerdings<br />
erst 2006 beschließen, in Kraft getreten<br />
ist es dann am 22. Dezember 2006.<br />
Nach Vorbereitungen durch den vorläufi -<br />
gen Stiftungsrat fand am 21. September<br />
2007 in Potsdam der zweite Konvent Baukultur<br />
statt, der gleichzeitig Gründungskonvent<br />
für die Stiftung war. Als Gremien<br />
sind der Vorstand, ein Stiftungsrat mit elf<br />
sowie ein Beirat mit 21 Mitgliedern eingerichtet<br />
worden. Dem Beirat kommt dabei<br />
insbesondere die Aufgabe zu, das Arbeitsprogramm<br />
der Stiftung aufzustellen;<br />
Präsident der Bundesstiftung ist Michael<br />
Braum. Der nächste Konvent Baukultur,<br />
der alle zwei Jahre tagen soll, ist für den<br />
16. und 17. April 2010 in Essen einberufen<br />
worden; hier soll auch der dritte Bericht<br />
zur Lage der Baukultur in Deutschland<br />
vorgestellt werden.<br />
Die Bauingenieure befi nden sich wegen<br />
der frühen Festlegung, dass im Konvent<br />
vor allem die Träger, Stifter und Bauherren<br />
bundesweit bedeutsamer Preise der<br />
letzten Jahre vertreten sein sollen, von<br />
Anfang an in einer ungünstigen Ausgangslage,<br />
da es im Ingenieurwesen im<br />
Vergleich zu den Bereichen Architektur<br />
und Stadtplanung relativ wenige Preise<br />
gibt. So sind denn die Ingenieure im<br />
Konvent Baukultur, gemessen an Anzahl<br />
und Umsatz ihrer Branche, deutlich<br />
unterrepräsentiert. Dies führt nicht nur<br />
dazu, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
entsprechend gering sind, sondern<br />
ebenso dazu, dass die Bereitschaft für ein<br />
Engagement in der Bundesstiftung bei<br />
vielen Ingenieuren nicht sonderlich groß<br />
ist. Es wäre wünschenswert, wenn diese<br />
Anfangsprobleme überwunden werden<br />
könnten, was aber ganz entscheidend<br />
auch vom Willen und dem verbesserten<br />
Zusammenwirken der in den Verbänden<br />
und Kammern organisierten Ingenieure<br />
abhängt.<br />
5 Zusammenfassung, Ausblick<br />
Rückblickend auf zehn Jahre »Initiative<br />
Architektur und Baukultur« kann ohne<br />
Frage festgestellt werden, dass sich diese<br />
Idee als großes Erfolgsmodell erwiesen<br />
und sie die Leistungen der Ingenieure und<br />
Architekten stärker in das Blickfeld der<br />
Öffentlichkeit gebracht hat. Zahlreiche<br />
Veranstaltungen zum Thema Baukultur<br />
sind durchgeführt und eine bemerkenswerte<br />
Reihe von Aktivitäten auf regionaler<br />
und überregionaler Ebene angestoßen<br />
worden. Günstig beeinfl usst wurde diese<br />
Entwicklung durch die rege Bautätigkeit<br />
infolge der gewaltigen Aufgaben nach der<br />
deutschen Einheit, wodurch gutes Gestalten<br />
nicht nur theoretische Befassung mit<br />
dem Thema blieb, sondern auch an vielen<br />
gelungenen Beispielen demonstriert<br />
werden konnte.<br />
Im Ingenieurbereich hat der Brückenbau<br />
daran einen erheblichen Anteil, da sich<br />
diese Bauwerke besonders gut in der<br />
Öffentlichkeit darstellen lassen. Es hat<br />
sich gezeigt, dass das Interesse bei den<br />
Bürgerinnen und Bürgern an solchen<br />
Bauwerken und damit an der Gestaltung<br />
ihrer Umwelt durchaus sehr groß ist und<br />
Angebote zur Information wie durch die<br />
Brückenbau- oder andere Ausstellungen<br />
im Rahmen der Initiative breiten Zuspruch<br />
fi nden.<br />
Dies sollte von den Ingenieuren noch stärker<br />
als bisher berücksichtigt werden, um<br />
den vielfach hervorragenden Leistungen<br />
in der Öffentlichkeit und den Medien den<br />
10
11<br />
nötigen Stellenwert zu verschaffen und<br />
damit diesen interessanten und kreativen<br />
Beruf auch für den Nachwuchs wieder<br />
attraktiver zu machen. Mit der Initiative<br />
Baukultur und jetzt der Stiftung Baukultur<br />
ist hierfür mit aktiver Unterstützung<br />
durch die Politik eine hervorragende Plattform<br />
geschaffen, die mit Engagement<br />
und Ideen genutzt werden sollte.<br />
Wie es künftig mit der »Initiative Architektur<br />
und Baukultur« nach der Errichtung<br />
der »Bundesstiftung Baukultur« weitergehen<br />
wird, ist zurzeit noch nicht ganz<br />
klar. Es bleibt auf jeden Fall zu wünschen,<br />
dass das Thema Baukultur auch in den<br />
nächsten Jahren von einer breiten Basis<br />
sowie durch eine große Anzahl von Aktivitäten<br />
mitgetragen wird und nicht im<br />
Interessen- oder Gremiengerangel der<br />
Beteiligten untergeht.<br />
Spannende Themenfelder zur Gestaltung<br />
unserer Umwelt gibt es genug, zumal sich<br />
in vielen Bereichen die Schwerpunkte des<br />
Planens und Bauens notwendigerweise<br />
mehr vom Neubau auf die Erhaltung und<br />
Modernisierung des Bestands verlagern<br />
werden. Dies sind ganz neue Herausforderungen,<br />
die nicht nur kreative Ideen,<br />
sondern zugleich ein fundiertes Fachwissen<br />
und die Bereitschaft zur interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit bedingen. Aber<br />
auch in diesem Bereich ist die Baukultur<br />
unteilbar, denn neben der Gestaltung<br />
von Neubauten ist vor allem der Umgang<br />
mit der vorhandenen Bausubstanz ein<br />
Spiegelbild der baukulturellen Gesinnung<br />
unserer Gesellschaft!<br />
Autor:<br />
Ministerialrat Dipl.-Ing. Joachim Naumann<br />
Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung,<br />
Bonn<br />
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S Y M P O S I U M<br />
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BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Bogen, Wellen und Vouten<br />
Gestaltung und Struktur im Dialog<br />
� � � von Karl Kleinhanß<br />
Im Verlauf der Evolution haben sich<br />
für lastabtragende Komponenten in<br />
der Pfl anzen- und Tierwelt bestimmte<br />
Leitstrukturen durchgesetzt,<br />
die sich als besonders stabil und<br />
effi zient erwiesen haben. Darüber<br />
hinaus werden solche Grundformen<br />
naturgemäß als ästhetisch empfunden,<br />
da sie dem menschlichen<br />
Auge vertraut und verständlich sind.<br />
Nachdem sie sich als Vorbild für konstruktiv<br />
schlüssige und gut gestaltete<br />
Ingenieurbauwerke, vor allem<br />
für Brücken im Landschaftsraum,<br />
anbieten, wurden die hier vorgestellten<br />
aktuellen Bauwerksentwürfe der<br />
DEGES auch nach den Prinzipien der<br />
Bionik entwickelt, nicht zuletzt im<br />
Hinblick auf die angestrebte baukulturelle<br />
Qualität dieser den Standort<br />
nachhaltig aufwertenden Brücken.<br />
1 Formen und Strukturen<br />
Betrachtet man die Natur mit den Augen<br />
des Ingenieurs, so fi ndet man als tragende<br />
Strukturen immer wieder die Geometrie<br />
des Bogens, der Welle oder der Voute,<br />
also vorwiegend gerundete, organische<br />
Formen. Eher selten sind schnurgerade,<br />
eckige bzw. kantige oder prismatische<br />
Konturen, welche technisch-maschinell<br />
konzipierten Körpern eigen sind:<br />
– Der Bogen als offene Form steht geometrisch<br />
in Beziehung zum geschlossenen<br />
Kreis, dem in der Pfl anzenwelt<br />
dominierenden Querschnitt für Halme<br />
oder Stämme, also den zur vertikalen<br />
Lastabtragung dienenden Komponenten.<br />
– Die Wellenform als Aneinanderreihung<br />
gegensinnig verlaufender Bögen ist<br />
Sinnbild für das Auf und Ab lebendiger,<br />
dynamisch fortschreitender Strukturen,<br />
wie sie sich im Naturgeschehen<br />
bevorzugt entwickeln.<br />
– Die Voute beschreibt die Kontur von<br />
stetig veränderlichen Querschnitten,<br />
wie sie zu Ästen oder Flügeln, also zu<br />
Komponenten mit Kragfunktion passen.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Naturnahe Formen<br />
© DEGES GmbH<br />
Offensichtlich spiegeln sich in den Grundformen<br />
der Flora und Fauna die strukturellen<br />
Funktionen wider, ein Indiz für die<br />
naturgemäße Verknüpfung von Gestalt<br />
und Struktur, ein Axiom der Evolution.<br />
2 Natur und Technik<br />
Schon Karl Marx hat erkannt, dass die<br />
Dialektik der Entwicklung von »Produktionsinstrumenten<br />
in der Pfl anzen- und<br />
Tierwelt« auf Parallelen zwischen der<br />
»Technik der Natur« und der vom Menschen<br />
entwickelten Technik hinführt. Mit<br />
der systematischen Analyse der in Flora<br />
und Fauna als effi zient und leistungsfähig<br />
erwiesenen »natürlichen« Strukturen<br />
lassen sich, so der Ansatz der Bionik als<br />
Verbindung von Biologie und Technik, die<br />
Prinzipien der Natur auch für die Technik<br />
des Ingenieurbaus im Allgemeinen und<br />
des Brückenbaus im Besonderen nutzbar<br />
machen.<br />
Zunehmend beeinfl ussen sich gerade im<br />
Verkehrswegeplan Natur und Technik,<br />
nicht zuletzt bei den Wild- bzw. Grünbrücken<br />
zur Vernetzung von faunistischen<br />
Lebensräumen. Gerade bei diesen dem<br />
Naturschutz gewidmeten Ingenieurbauwerken<br />
bietet es sich an, auch in der<br />
strukturellen Formgebung sowie in dem<br />
gewählten »Bau-Material« von der Natur<br />
zu lernen: So entstand die zumindest<br />
deutschlandweit erste Grünbrücke in<br />
Holzbauweise im Zuge der B 96n bei<br />
Stralsund, welche die angestrebte Symbiose<br />
aus Funktion, Form und Material in<br />
idealer Weise verkörpert.<br />
3 Bionik und Nachhaltigkeit<br />
Gerade mit der Betonung des hochmodernen<br />
Leitbegriffs der Nachhaltigkeit<br />
treten die Prinzipien der Bionik zwangsläufi<br />
g in den Vordergrund der Entwurfsarbeit,<br />
denn es gilt:<br />
2 Nachhaltiges<br />
Brückenbauwerk<br />
© DEGES GmbH<br />
12
13<br />
Was sich im Evolutionsprozess der Natur<br />
durchgesetzt hat, kann auch im Wettbewerb<br />
der Technik bestehen.<br />
Nachhaltige Strukturen und Formen müssen<br />
sämtliche Qualitätsziele für die sechs<br />
hier formulierten Elemente erfüllen.<br />
– Die Technologie muss die Standsicherheit<br />
des Tragwerks für die volle erwartete<br />
Lebensdauer sicherstellen.<br />
– Die Funktionalität wird durch die<br />
Gebrauchsfähigkeit und die Betriebssicherheit<br />
des Bauwerks beschrieben.<br />
– Die Wirtschaftlichkeit ist für die Summe<br />
aus den Baukosten sowie den<br />
aufsaldierten Betriebskosten zu untersuchen.<br />
– Die Ökologie fordert im Abwägungsprozess<br />
zwischen dem Nutzen von<br />
Infrastrukturprojekten und den Eingriffen<br />
in den Naturhaushalt den Nachweis<br />
der Umweltverträglichkeit.<br />
– Dem Anspruch der Baukultur sollte,<br />
dem Standort und der Dimension der<br />
Bauwerke angemessen, die Gestaltung<br />
gerecht werden.<br />
– Die öffentliche Meinung, geprägt von<br />
der Gesamtheit der Nutzer und Betroffenen,<br />
wird letztlich über die Akzeptanz<br />
der Projekte befi nden.<br />
4 Brückenbau nach Vorbild<br />
Bestärkt durch die positive Resonanz auf<br />
die im Zuge der Ostseeautobahn A 20<br />
sowie des sogenannten Rügenzubringers<br />
erfolgreich umgesetzten Brückenentwürfe,<br />
unter anderem die Peenebrücke<br />
Jarmen (Best Practice im Naturschutz),<br />
die Grünbrücke Wilmshagen (Pilotprojekt<br />
für die Holzbauweise) sowie die Rügenbrücke<br />
Stralsund (Neues Wahrzeichen im<br />
Welterbe), werden die aktuellen Entwürfe<br />
verstärkt auf die Kriterien der Baukultur<br />
und der Nachhaltigkeit, nicht zuletzt auf<br />
eine Synthese aus Natur und Technik nach<br />
den Prinzipien der Bionik ausgerichtet.<br />
4 Bionische Prinzipien<br />
© DEGES GmbH<br />
3 Strukturen und Projekte<br />
© DEGES GmbH<br />
Die wird verdeutlicht an sechs ausgewählten<br />
Projekten des Jahres 2009,<br />
welche in der für die Bundesländer Sachsen-Anhalt,<br />
Brandenburg und Sachsen<br />
zuständigen Abteilung der DEGES im<br />
Bereich P 1 entwickelt wurden. Die beteiligten<br />
Ingenieurbüros sind in der bereits<br />
erwähnten Tabelle genannt, ebenso die<br />
Standorte, die Bauwerkslängen und der<br />
geplante Baubeginn.<br />
Jeweils zwei der Entwürfe sind in die Brückenfamilien<br />
der Bogen-, der Wellen- und<br />
der Voutenformen einzuordnen, wobei<br />
die Vorzugslösung jeweils für die Gesamtheit<br />
der am jeweiligen Brückenstandort<br />
entwurfsrelevanten Randbedingungen<br />
ausgewählt wird.<br />
5 Grünbrücke bei Thyrow<br />
Die Grünbrücke an der Bundesstraße<br />
B 101 zählt zur zweiten Generation der<br />
Holzbauweise auf der Grundlage des<br />
2004 fertiggestellten Pilotprojektes<br />
Wilmshagen. Die Konstruktion mit aneinandergereihten<br />
Dreigelenkbögen aus<br />
Brettschichtholzträgern wurde geringfügig<br />
modifi ziert, indem die Verbindung zur<br />
Beplankung lösbar ausgebildet wird. Dadurch<br />
können die Binder bei Bedarf »von<br />
5 Grünbrücke bei Thyrow<br />
© DEGES GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
unten« ausgebaut und ersetzt werden,<br />
eine weitere Optimierung des nunmehr<br />
redundanten Tragwerks im Vergleich zur<br />
Stahlbetonbauweise.<br />
Die gestalterischen Elemente der Nachhaltigkeit<br />
werden weiter betont, indem<br />
die lichte Weite von ca. 47 m über den<br />
beiden Verkehrswegen durch zwei getrennte<br />
Bögen überspannt wird. Beide<br />
lagern auf einer aufgelösten Wandscheibe<br />
aus Stahlbeton, die zur Abrundung des<br />
Gesamtbildes in Analogie zur Bogenform<br />
des Überbaus wellenförmig aufgelöst<br />
wird.<br />
Insgesamt ordnet sich das Tragwerk<br />
harmonisch in das Landschaftsbild der<br />
begrünten und bepfl anzten Überschüttung<br />
ein, ergänzt durch die Linienführung<br />
der Verwallungen und der aufgesetzten<br />
Irritationsschutzwände.<br />
6 Fuß- und Radwegbrücke<br />
bei Michendorf<br />
An diesem stark frequentierten Autobahnabschnitt<br />
der A 10 unweit der Raststätte<br />
am Berliner Ring wurde bewusst<br />
die Chance ergriffen, mit einem konstruktiv<br />
und gestalterisch auffälligen, dennoch<br />
effi zienten und sogar vergleichweise<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
6 Fuß- und Radwegbrücke bei Michendorf<br />
© DEGES GmbH<br />
wirtschaftlichen Tragwerk ein ingenieurtechnisches<br />
Ausrufezeichen zu setzen:<br />
Die Skulptur wird täglich von mehr als<br />
100.000 Autofahrern auf ihrem Weg<br />
gekreuzt und mit Sicherheit als Orientierungshilfe<br />
und als Wegzeichen bewusst<br />
wahrgenommen.<br />
Die beiden orthogonal zur Fahrbahn angeordneten<br />
Parabelbögen bilden zusammen<br />
mit dem biegesteif angeschlossenen,<br />
exzentrisch aufgelagerten Steg eine<br />
räumliche semiintegrale Struktur, welche<br />
die Torsionssteifi gkeit des Stahlträgers<br />
ausnutzt und dadurch besonders leicht<br />
und schlank wirkt. Durch die geschickte<br />
Ausnutzung der vorgegebenen Geometrie<br />
erleben auch die Fußgänger und<br />
Radfahrer die Konstruktion, indem sie die<br />
schräggestellten Bögen durchwandern.<br />
Es kann erwartet werden, dass dieses<br />
Bauwerk, das im Laufe seiner Standzeit<br />
von sage und schreibe fünf Milliarden<br />
Menschen auf ihrer Fahrt erlebt wird,<br />
dem ansonsten technisch geprägten Streckenabschnitt<br />
einen besonderen Charakter<br />
verleihen einen Beitrag zur Baukultur<br />
leisten wird.<br />
7 Elbebrücke bei Wittenberge<br />
Die neue und mit ca. 1.100 m längste<br />
DEGES-Brücke im Zuge der Bundesautobahn<br />
A 14 verläuft parallel zur bestehenden<br />
Elbequerung der B 189 und<br />
stellt hohe Ansprüche an den Entwurf<br />
wegen der Komplexität der naturschutzfachlichen<br />
und städtebaulichen<br />
Randbedingungen. Deshalb wurde die<br />
Vorzugslösung über einen Realisierungswettbewerb<br />
gefunden, den die DEGES als<br />
Auslober Anfang 2008 durchführte.<br />
Der Siegerentwurf des Büros Leonhardt,<br />
Andrä und Partner, Dresden, basiert auf<br />
einer »Wellenstruktur« mit einem ent-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
sprechend geformten Hauptträger aus<br />
Stahl, der zwischen den zwei Fahrbahnträgern<br />
angeordnet ist und seine maximale<br />
Höhe über den beiden Strompfeilern<br />
erreicht. Wie das Preisgericht feststellte,<br />
fügt sich diese elegante und schlanke<br />
Konstruktion wie selbstverständlich in die<br />
großartige Elbelandschaft ein. Weitere<br />
Nachhaltigkeitskriterien werden durch<br />
die landschaftsschonende Bautechnologie<br />
des Einschubs erfüllt.<br />
Die prägende Wellenform der Hauptträger<br />
wird in der nächsten Entwurfsphase<br />
konsequent auf die schwingenartig auskragenden<br />
Querträger, auf den Überbau<br />
der Vorlandbrücke und die Pfeiler der<br />
Unterbauten übertragen, um so die Harmonie<br />
der Proportionen in allen Sichtbeziehungen<br />
zu erreichen.<br />
8 Fuß- und Radwegbrücke Flöha<br />
Auch dieses ca. 110 m lange Bauwerk wird<br />
der geometrisch-strukturellen Naturform<br />
einer Welle nachgebildet, ausgehend<br />
von der S-förmigen Trassierung, welche<br />
in sanftem Schwung die Ortsumgehung<br />
Flöha der B 173 und die parallel geführte<br />
Bahnlinie überquert.<br />
7 Elbebrücke bei Wittenberge<br />
© DEGES GmbH<br />
8 Fuß- und Radwegbrücke in Flöha<br />
© DEGES GmbH<br />
Da an dem nur gering frequentierten und<br />
städtebaulich nicht gerade exponierten<br />
Standort keine dominante Gestaltung<br />
angezeigt war, wurde mit der »sanften<br />
Welle« die angemessene Struktur des<br />
Haupttragwerkes gewählt. Der Überbau<br />
besteht aus einem dreizelligen Stahlkasten,<br />
wobei der im Grundrissbogen<br />
außenliegende Querschnitt bis auf Geländerhöhe<br />
voutenförmig aufgestockt<br />
wird und damit in Verbindung mit dem<br />
torsionssteif angebundenen Gehwegdeckträger<br />
eine ausreichende Biegesteifi<br />
gkeit erzeugt.<br />
9 Talbrücke bei Gottleuba<br />
Die 921 m lange, sich in 55 m Höhe über<br />
das Gottleubatal schwingende Talbrücke<br />
an der B 172 ist ein Musterbeispiel für die<br />
landschaftlich-städtebauliche Optimierung<br />
des Gesamtbauwerkes, ausgehend<br />
von der Gestaltungsvision der Schwingen<br />
in Voutenform.<br />
Dabei besitzen die Vouten neben der ästhetisch<br />
ansprechenden Form auch eine<br />
effi ziente Struktur, da sie ausreichende<br />
Steifi gkeit mit wirtschaftlichem Aufwand<br />
erzeugen.<br />
Das Konzept beschreibt der Gewinner<br />
des 2007 durchgeführten Entwurfswettbewerbs,<br />
das Büro Schüßler-Plan,<br />
Berlin, mit den Worten: »Der Überbau<br />
wird als schlanke, parallelgurtige Stahlverbundkonstruktion<br />
ausgebildet, die im<br />
Bereich der Talpfeiler durch Betonvouten<br />
verstärkt wird. Die Herstellung erfolgt<br />
unter Schonung der Hangbereiche mittels<br />
Längsverschub ohne Hilfsstützen.<br />
Die gevoutete Balkenbrücke stellt in ihrer<br />
14
15<br />
Ausstrahlung eine adäquate Lösung für<br />
den vorhandenen Landschaftsraum dar.<br />
Die vertikal gegliederten Pfeiler mit ihren<br />
im Talbereich vorhandenen Vouten bilden<br />
gestalterisch eine fast organische Struktur,<br />
die in ihrer Leichtigkeit den Überbau<br />
trägt. Der Material- und Farbwechsel<br />
zwischen Pfeiler und Überbau unterstreicht<br />
diese Ausdrucksform und verleiht<br />
dem Bauwerk eine große gestalterische<br />
Klarheit.«<br />
10 Spreebrücke in Bautzen<br />
© DEGES GmbH<br />
Das ursprünglich auf die Haupttragebene<br />
beschränkte strukturelle Konzept wird in<br />
der weiteren Entwurfsbearbeitung aus<br />
konstruktiven und gestalterischen Motiven<br />
auch auf die Querschnittkontur übertragen,<br />
indem die zunächst vorgesehenen<br />
Schrägstreben durch »schwingenförmig«<br />
gevoutete Konsol- bzw. Kragträger ersetzt<br />
werden.<br />
10 Spreebrücke in Bautzen<br />
Bei dieser 125 m langen Brücke an der<br />
B 96, bereits der 20. Spreequerung in<br />
Bautzen, rechtfertigt der Standort besondere<br />
gestalterische Anstrengungen, da<br />
sie eine von Fußgängern und Radfahrern<br />
häufi g genutzte Promenade überquert.<br />
Deshalb wird hier dem Blick von unten,<br />
aus der Perspektive der Fußgänger, auf<br />
den Pfeilerkopf und die Untersicht des<br />
Überbaus mit den Lagern größtes Augenmerk<br />
gewidmet. Der mitwirkende Architekt<br />
André Keipke aus Rostock erläutert<br />
das Konzept folgendermaßen:<br />
– Die Aufgabe der architektonischen<br />
Gestaltung des neuen Brückenbauwerkes<br />
über die Spree besteht darin,<br />
das Bauwerk zurückhaltend, jedoch<br />
angemessen in die auenartige Landschaft<br />
unter besonderer Beachtung der<br />
Sichtbeziehungen von den ufernahen<br />
Fußgängerwegen bzw. der nahen Fußgängerbrücke<br />
einzupassen.<br />
– Das strukturelle Konzept basiert auf<br />
der Ausformung eines Fünffeldbauwerkes<br />
als zweistegiger Plattenbalken<br />
mit Vouten. Die zur Anwendung kommenden<br />
organischen Formen sind eine<br />
Reminiszenz an die Landschaftsform.<br />
9 Talbrücke bei Gottleuba<br />
© DEGES GmbH<br />
» MIT INTELLIGENZ «<br />
INTELLIGENTE<br />
BRÜCKENLÖSUNGEN<br />
Weitere Informationen unter www.cpbau.de.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Die architektonische Idee wird konsequent<br />
umgesetzt, beginnend bei den<br />
ovalen, sich nach oben verbreiternden<br />
Doppelstützen der Ausformung der<br />
gevouteten Balken mit harmonischem<br />
Übergang zu den Auskragungen im<br />
Querschnitt und der leicht gerundeten<br />
Kappenausbildung. Die leicht grüne<br />
Farbe der Verglasung der Spritzschutzwandelemente<br />
schafft ebenfalls einen<br />
harmonischen Übergang zur Natur.<br />
Sein Kommentar unterstreicht die gemeinsam<br />
vom Bauherrn DEGES und<br />
den beteiligten Ingenieuren verfolgte<br />
Vision einer baukulturell hochwertigen,<br />
konstruktiv ausgefeilten und dennoch<br />
wirtschaftlichen Lösung. Schon 2012<br />
wird sich zeigen, ob die neue Spreebrücke<br />
durch die Bürger der Stadt Bautzen die<br />
angestrebte Akzeptanz erfährt.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Karl Kleinhanß<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
Leistungsstarke Überbrückungen<br />
Schnell und kurze Verkehrsunterbrechungen, da vorgefertigt<br />
Individuelle Lösungen durch langjährige Erfahrung<br />
C + P Brückenbau GmbH & Co. KG | 35719 Angelburg<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Neues Gestaltungskonzept für die Bundesautobahn A 14<br />
Ideen- und Realisierungswettbewerbe in Brandenburg<br />
� � � von Winfried Glitsch, Thomas Kupferschmid<br />
1 2 3 Entwurf der Saalequerung Salzmünde<br />
© DEGES GmbH<br />
In den letzten Jahren wurden bei<br />
der DEGES drei Realisierungswettbewerbe<br />
auf der Grundlage der<br />
GRW 95 (Grundsätze und Richtlinien<br />
für Wettbewerbe der Raumordnung,<br />
des Städtebaus und des Bauwesens)<br />
sowie ein vereinfachter Realisierungswettbewerb<br />
durchgeführt, um<br />
die jeweils beste Entwurfslösung<br />
für ein Ingenieurbauwerk zu fi nden.<br />
Neben diesen Verfahren wurde 2009<br />
erstmals auch ein Ideenwettbewerb<br />
für die streckenbezogene Gestaltung<br />
der Ingenieurbauwerke für einen<br />
längeren Autobahnabschnitt ausgelobt,<br />
der hier detailliert beschrieben<br />
wird.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Einleitung<br />
Die Aufgabe bei den insgesamt vier bisher<br />
ausgelobten Realisierungswettbewerben<br />
bestand jeweils darin, für besonders<br />
exponierte Bauwerke mit außergewöhnlichen<br />
Randbedingungen eine optimale<br />
Entwurfslösung zu fi nden, die den<br />
unterschiedlichen Anforderungen an<br />
die Gestaltung, Funktionalität, Umweltverträglichkeit,<br />
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
gerecht wird. Die Ergebnisse<br />
dieser Verfahren sind vielversprechend<br />
und zeichnen sich durch eine hohe gestal-<br />
4 Talbrücke St. Kilian<br />
© DEGES GmbH<br />
terische Qualität aus. Für folgende Bauwerke<br />
wurden Realisierungswettbewerbe<br />
durchgeführt, deren Siegerentwürfe hier<br />
in Bildern dargestellt sind:<br />
– Saalequerung Salzmünde im Zuge<br />
der A 143<br />
– Talbrücke St. Kilian im Zuge der<br />
A 73 bei Schleusingen<br />
(vereinfachter Wettbewerb),<br />
– Talbrücke Gottleuba im Zuge<br />
der B 172, Ortsumgehung Pirna,<br />
– Elbebrücke Wittenberge im Zuge<br />
der A 14.<br />
Neben diesen Realisierungswettbewerben<br />
wurde auch erstmals im Jahr 2009<br />
bei der DEGES ein Ideenwettbewerb für<br />
die streckenbezogene Gestaltung der<br />
Ingenieurbauwerke für einen längeren<br />
Autobahnabschnitt durchgeführt.<br />
Gestaltungskonzepte für Streckenabschnitte<br />
sind nicht neu. Für fast alle<br />
Autobahnstrecken, die von der DEGES<br />
realisiert wurden, hat man Gestaltungskonzepte<br />
erstellt, die als Grundlage für<br />
die Gestaltung der Verkehrsanlage und<br />
insbesondere der Bauwerke bei der Entwurfsbearbeitung<br />
und der baulichen<br />
Umsetzung dienten. Dabei wurde das Ziel<br />
verfolgt, dem neuen Autobahnabschnitt<br />
Merkmale zu geben, die eine typische<br />
16
17<br />
Charakteristik mit einem Bezug zum<br />
Landschaftsbild und der Umgebung<br />
erkennen lassen.<br />
Das Neue beim Gestaltungskonzept für<br />
den 32 km langen Teilabschnitt der Bundesautobahn<br />
BAB A 14 in Brandenburg<br />
war, dass erstmals hierfür ein Ideenwettbewerb<br />
und dieser nach der neuen RPW<br />
2008 (Richtlinie für Planungswettbewerbe)<br />
ausgelobt wurde. Dadurch hatte<br />
ein Preisgericht die Möglichkeit, aus<br />
alternativen streckenbezogenen Gestaltungskonzepten<br />
die insgesamt am besten<br />
geeignete Lösung auszuwählen.<br />
2 Durchführung des Ideenwettbewerbs<br />
Das Verfahren wurde nach den Grundsätzen<br />
der RPW 2008 durchgeführt. Um den<br />
Teilnehmern die Gelegenheit zu geben,<br />
ihre Beiträge selbst vorzustellen und die<br />
Gestaltungsideen in einem Kurzreferat<br />
verbal zu untersetzen, wurde aber abweichend<br />
von der RPW die Anonymität<br />
aufgehoben.<br />
Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden<br />
nach vorlaufender Präqualifi kation in<br />
einem nichtoffenen Verfahren fünf Arbeitsgemeinschaften,<br />
bestehend aus Architekten<br />
und Ingenieuren, aufgefordert.<br />
Folgende Kriterien waren bei der Beurteilung<br />
der Arbeiten durch das Preisgericht<br />
maßgebend:<br />
9 Übersicht A 14<br />
© DEGES GmbH<br />
5 6 Entwurf der<br />
Talbrücke Gottleuba<br />
© DEGES GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
7 8 Entwurf der<br />
Elbebrücke Wittenberge<br />
© DEGES GmbH<br />
– Gestaltung und Einfügung in die<br />
Landschaft,<br />
– statisch-konstruktive Konzeption,<br />
Ausführbarkeit und Bauzeit,<br />
– Umweltverträglichkeit im Bau-<br />
und Endzustand,<br />
– Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit<br />
in Herstellung und Unterhaltung,<br />
– Umsetzung der funktionalen<br />
Anforderungen.<br />
3 Wettbewerbsaufgabe<br />
Die geplante Baumaßnahme ist Bestandteil<br />
des Neubaus der BAB A 14 Magdeburg–Wittenberge–Schwerin,<br />
die in den<br />
Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg<br />
und Mecklenburg-Vorpommern verläuft.<br />
Die Gesamtlänge im Land Brandenburg<br />
beträgt 32,10 km, sie enthält drei<br />
Anschlussstellen sowie eine Tank- und<br />
Rastanlage. Es ist ein Regelquerschnitt<br />
RQ 28 nach RAA (Richtlinie für die Anlage<br />
von Autobahnen) vorgesehen. Aufgrund<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
des ebenen Geländes und zahlreicher<br />
Kreuzungen mit Gräben verläuft die A 14<br />
im Land Brandenburg in großen Teilen in<br />
Dammlage. Nach aktuellem Planungsstand<br />
befi nden sich in diesem Streckenabschnitt<br />
rund 160 Bauwerke, davon<br />
allein 110 Schutzwände.<br />
Es handelt sich im Einzelnen um folgende<br />
Bauwerke:<br />
– 7 Überführungsbauwerke für Straßen,<br />
– 23 Autobahnbauwerke < 100 m,<br />
– 2 Autobahnbauwerke > 100 m,<br />
– 4 Nebenbauwerke (Bauwerke im<br />
Zuge der B 189 bzw. L 13n),<br />
– 4 Grünbrücken (Querungshilfe für<br />
Tiere und zur Vernetzung von<br />
Lebens räumen ≥ 50 m),<br />
– 7 Grünspangen (Wirtschaftsweg mit<br />
beidseitigen Leitstrukturen ≥ 20 m),<br />
– 5 Lärmschutzwände (4–6 m Höhe),<br />
– 110 Schutzwände: Irritationsschutzwände<br />
(Höhe 2 m), Kollisionsschutzwände<br />
(Höhe 4 m) und Überfl ugschutzhilfen<br />
(Höhe 4 m).<br />
Die Gesamtlänge der Lärm-, Überfl ug-,<br />
Stütz- und Irritationsschutzwände beträgt<br />
über 9.700 m.<br />
Die Überführungsbauwerke sowie Grünbrücken<br />
und Grünspangen sollen ohne<br />
Mittel stützen konzipiert werden. Da das<br />
Bauwerk 16 Ü 2, die Überführung der<br />
L 12 beim Bahnhof Dergenthin, als vorgezogene<br />
Maßnahme realisiert werden<br />
soll, wurde mit der Entwurfsbearbeitung<br />
dieser Brücke bereits begonnen. Vorgesehen<br />
ist ein Rahmenbauwerk mit einer<br />
Riegellänge von ca. 36 m, dessen Stiele<br />
eine Neigung von ca. 66° haben. Dieses<br />
Bauwerk ist in das Gestaltungskonzept zu<br />
integrieren.<br />
4 Wettbewerbsergebnisse<br />
4.1 Verfahrensdauer<br />
Die Durchführung des Wettbewerbs ging<br />
sehr zügig vonstatten: Vom Zeitpunkt der<br />
Bekanntmachung bis zur Preisgerichtssitzung<br />
dauerte es nur drei Monate.<br />
In der Preisgerichtssitzung im November<br />
2009 wurden die Arbeiten von den<br />
Wettbewerbs teilnehmern in Kurzpräsentationen<br />
vorgestellt. Nachfolgend<br />
werden die drei erstplatzierten Entwürfe<br />
erläutert.<br />
4.2 Erster Preis<br />
Architekt André Keipke, Rostock, schlägt<br />
vor, die Überführungsbauwerke als Rahmenbauwerke<br />
mit konstruktiver und<br />
gestalterischer Abstufung entsprechend<br />
der Wertigkeit der Nutzung auszuführen.<br />
Um die besondere Nutzung wahrnehmbar<br />
zu machen, werden die Grünbrücken<br />
und Grünspangen, soweit möglich, als<br />
Holzbrücken konzipiert.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
10 Bauwerk 16 Ü 2, Überführung der L 12<br />
© DEGES GmbH<br />
11 12 13 14 Erster Preis: Architekt André Keipke<br />
© DEGES GmbH<br />
18
19<br />
Die horizontale Gliederung der Lärmschutzwände<br />
wird durch Material- und<br />
Farbwechsel gestaltet und dem Naturraum<br />
angepasst. Es kommen hochabsorbierende<br />
Holzbetonelemente in<br />
abgestuften Sandtönen, kombiniert mit<br />
unterschiedlichen Grüntönen im oberen<br />
Bereich, zum Einsatz. Die Lärmschutzwände<br />
verschwenken im Abschnitt der<br />
Überführungsbauwerke nach hinten, um<br />
die Rahmenkonstruktionen sichtbar zu<br />
machen.<br />
4.3 Zweiter Preis<br />
Für die Ingenieurbauwerke haben Prof.<br />
Bernhard Winking Architekten BDA, Berlin,<br />
eine eigene, wiedererkennbare skulpturale<br />
Gestaltung entwickelt, die in ihrer<br />
Form technologischen Fortschritt und<br />
regionale Verbundenheit zum Ausdruck<br />
bringt. Die Materialwahl ist modern, aber<br />
auch archaisch schlicht. Die Flügelwände<br />
aus Beton sind auf der Einfahrtseite »eingeklappt«.<br />
Das führt zu einer Asymmetrie,<br />
die den Fahrenden quasi durch das<br />
Bauwerk hindurchgeleitet.<br />
Die verschiedenen Wände und Geländer<br />
werden mit modernen Materialien gestaltet.<br />
Es werden in unterschiedlichen<br />
Ausformungen Streckmetall und Streckgitter,<br />
das durchweg aluminiumfarben<br />
beschichtet ist, eingesetzt. An den Enden<br />
der Schutzwände sind zudem plastisch<br />
ausgeformte Schutzwandpfeiler aus<br />
Stahlbetonfertigteilen vorgesehen.<br />
19 20 21 22 Dritter Preis: A-Konzept 21 mit Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />
© DEGES GmbH<br />
15 16 17 18 Zweiter Preis: Prof. Bernhard Winking Architekten BDA<br />
© DEGES GmbH<br />
4.4 Dritter Preis<br />
A-Konzept 21, Mühltal, mit Ingenieurbüro<br />
Grassl GmbH, Berlin, haben für die rahmenartigen<br />
Überführungsbauwerke eine<br />
Brückenfamilie mit prägnanter Formensprache<br />
konzipiert. Die Widerlagerfl ügel<br />
der Hauptbrücken werden mit ortstypischen,<br />
unterschiedlich stark gebrannten<br />
Klinkern verkleidet, die der übrigen Brücken<br />
durch horizontale Betonschalung<br />
in der durchgängigen Modulhöhe von<br />
33 cm ausgeführt. Dieses einheitliche<br />
Modulhöhenmaß fi ndet sich auch in den<br />
Lärm- und Irritationsschutzwänden als<br />
S Y M P O S I U M<br />
farbig dynamisches »Ortsfenster« wieder.<br />
Als Grundfarbe für die Wände wird Silbergrau<br />
gewählt: Mit wenigen Farbspiegeln<br />
der jeweiligen Umgebung (»Ortsfenster«)<br />
beginnen die Streckenbereiche und<br />
verdichten sich zur Bauwerksmitte hin<br />
nach einer der Umgebung angepassten<br />
Farbsymbolik.<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Ideenwettbewerbe eignen sich<br />
grundsätzlich für streckenbezogene<br />
Gestaltungs konzepte. Sie sollten aber<br />
frühzeitig durchgeführt werden, um<br />
ausreichende Einfl uss- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
zu gewährleisten. Die<br />
personellen, zeitlichen und terminlichen<br />
Aufwendungen hierfür halten sich in<br />
Grenzen. In jedem Fall steht der Aufwand<br />
in einem angemessenen Verhältnis zur<br />
verkehrlichen und baukulturellen Bedeutung<br />
der Verkehrsanlage und fördert<br />
die Akzeptanz und Identifi kation mit der<br />
geplanten Baumaßnahme.<br />
Die Gestaltung und Einfügung der zahlreichen<br />
unterschiedlichen Wände in die<br />
Verkehrsanlage konnten die Erwartungen<br />
des Preisgerichts bei diesem Wettbewerb<br />
jedoch nicht in vollem Umfang erfüllen.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Winfried Glitsch<br />
Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kupferschmid<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Symbiose aus Denkmal und Neubau<br />
»Ergänzung« der Waschmühltalbrücke<br />
� � � von Richard Lutz, Volkhard Angelmaier<br />
Die Bundesautobahn A 6 zwischen<br />
Mannheim und Saarbrücken ist eine<br />
großräumige und leistungsfähige<br />
Ost-West-Verbindung zwischen<br />
dem Ballungsgebiet Ludwigshafen-<br />
Mannheim und dem Saarland bzw.<br />
Frankreich. Im Raum Kaiserslautern<br />
steht aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit<br />
der Bauwerke und wegen<br />
des bislang nur vierstreifi gen Querschnittes<br />
der Ausbau der A 6 an.<br />
Dabei muss zwischen der Anschlussstelle<br />
Kaiserslautern-West und dem<br />
Autobahndreieck Kaiserslautern die<br />
unter Mitwirkung des Architekten<br />
Paul Bonatz zwischen 1935 und<br />
1937 errichtete und seit 1984 Denkmalschutz<br />
genießende Waschmühltalbrücke<br />
verbreitert und instandgesetzt<br />
werden.<br />
1 Historisches Bauwerk<br />
Das Bauwerk, das heute noch fast im Originalzustand<br />
erhalten ist, besticht durch<br />
seine äußere Erscheinung, durch die Verwendung<br />
des landschaftstypischen Sandsteines<br />
und durch gute Proportionen: Die<br />
Waschmühltalbrücke gilt als eine gelungene<br />
Synthese aus Ingenieurleistung,<br />
Architektur und Landschaftsgestaltung.<br />
Sie überführt die vierstreifi ge Autobahn<br />
in einer Höhe von 32 m über das steil<br />
eingeschnittene Tal, ihre Gesamtlänge<br />
beträgt 263,40 m, die Öffnungen der zehn<br />
Bogenreihen weisen eine lichte Weite<br />
von 19,70 m auf, der Achsabstand misst<br />
22,70 m.<br />
3 Waschmühltalbrücke im Jahr 2007<br />
© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Sechsstreifi ger Ausbau der BAB A 6<br />
© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
2 Waschmühltalbrücke im Jahr 1937<br />
© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
Nach 70 Jahren Lebensdauer ist nunmehr<br />
neben dem sechsstreifi gen Ausbau der<br />
Bundesautobahn BAB A 6 auch eine<br />
Generalinstandsetzung des Bauwerkes<br />
erforderlich. Im Zuge einer umfangreichen<br />
Studie wurden mehrere Varianten<br />
zu seiner Verbreiterung untersucht.<br />
Als Vorzugslösung kristallisierte sich<br />
heraus, eine durchgehende Fahrbahnplatte<br />
über den beiden bestehenden<br />
Bogenreihen anzuordnen und ein neues<br />
Bauwerk parallel zur alten Brücke für die<br />
Gegenfahrbahn zu errichten.<br />
2 Wettbewerb<br />
2.1 Allgemeines<br />
Die Gestaltung von Brücken hat immer<br />
schon eine entscheidende Rolle als Beitrag<br />
zur allgemeinen Baukultur gespielt.<br />
Viele alte Steinbrücken sind heute noch<br />
hervorragende Zeugnisse früherer Baukunst<br />
und prägen in vielen Fällen ganz<br />
entscheidend das Orts- und Landschaftsbild.<br />
Aufgrund der besonderen Situation und<br />
der Bedeutung der von Paul Bonatz entworfenen<br />
Waschmühltalbrücke wurde<br />
deshalb ein Einladungswettbewerb zur<br />
Formfi ndung der neuen Brücke ausgelobt.<br />
Bei der weiteren Planung musste<br />
also großes Augenmerk darauf gerichtet<br />
werden, dieses Zeugnis trotz veränderter<br />
Anforderungen zu erhalten und daneben<br />
gleichzeitig ein neues Ingenieurbauwerk<br />
mit eigener Identität zu schaffen, das sich<br />
sowohl in den Landschaftsraum einfügt<br />
als auch das passende Pedant zum Baudenkmal<br />
Waschmühltalbrücke bildet.<br />
2.2 Grundlagen<br />
Um die Vergleichbarkeit der einzelnen<br />
Wettbewerbsarbeiten sicherzustellen,<br />
wurden vom Auslober verbindliche Planungsvorgaben<br />
formuliert, die in jedem<br />
Fall einzuhalten waren.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass im auszubauenden<br />
Abschnitt neben der Waschmühltalbrücke<br />
auch die Lautertalbrücke<br />
4 Längsschnitt und Grundriss des Bestandsbauwerks<br />
© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
20
21<br />
neu zu errichten war, musste die neue<br />
Trasse der BAB A 6 auf einer Länge von<br />
2.260 m verschoben werden: Im Bereich<br />
der Lautertalbrücke wurde sie nach Süden<br />
verschoben, zwischen Lautertalbrücke<br />
und Waschmühltalbrücke erfolgt eine<br />
Verschwenkung der Fahrbahn nach Norden,<br />
so dass für die Fahrtrichtung Mannheim–Saarbrücken<br />
ein separates Bauwerk<br />
nördlich der vorhandenen Brücke<br />
benötigt wird. Die neue Brücke ist in einer<br />
Geraden trassiert und hat einen lichten<br />
Abstand zum bestehenden Bauwerk von<br />
3 m. Die Gradiente steigt auf der gesamten<br />
Länge mit 3,744 %, die Brückenbreite<br />
des Neubaus beträgt 18,25 m, die<br />
Querneigung konstant 2,50 %.<br />
2.3 Ergebnisse<br />
2.3.1 Beurteilungskriterien<br />
Die Auswahl der Ingenieurbüros bzw. Ingenieurgemeinschaften<br />
wurde in Abstimmung<br />
mit dem Bundesministerium für<br />
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem<br />
Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
und der Stadt Kaiserslautern auf Grundlage<br />
bekannter Referenzen getroffen. Nach<br />
dieser Präqualifi zierung wurden sechs<br />
Arbeitsgemeinschaften aus Bauingenieuren<br />
und Architekten eingeladen, die Wettbewerbsaufgaben<br />
zu bearbeiten.<br />
Das Preisgericht trat am 27. September<br />
2006 unter Vorsitz von Ministerialrat<br />
Joachim Naumann zusammen und beurteilte<br />
die vorliegenden Arbeiten nach<br />
folgenden Kriterien:<br />
– Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit<br />
in Herstellung und Unterhaltung sowie<br />
Wartungsfreundlichkeit<br />
– Denkmalschutz bzw. Denkmalpfl ege<br />
hinsichtlich des angemessenen Umgangs<br />
mit dem vorhandenen Bau und<br />
der Beachtung der Qualität und Gestaltung<br />
der Brücke von Paul Bonatz<br />
– statisch-konstruktive Konzeption<br />
6 Dritter Preis: Fotomontage<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
5 Wettbewerbsvorgabe alt–neu<br />
© Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz<br />
– Umweltverträglichkeit<br />
– Gestaltung und Einfügung in die Landschaft<br />
– Umsetzung der funktionalen Anforderungen<br />
Im Einzelnen wurden sechs Vorschläge<br />
unterschiedlicher Konstruktion und Gestaltung<br />
eingereicht; die drei Rangbesten<br />
waren:<br />
2.3.2 Dritter Preis<br />
Das Konzept von schlaich bergermann<br />
partner, Beratende Ingenieure im Bauwesen,<br />
Stuttgart, mit Wittfoht Architekten,<br />
Stuttgart, basiert auf dem gestalterischen<br />
Wechselspiel zwischen Alt und<br />
Neu, Ruhe und Dynamik. Daher wurde für<br />
die neue Brücke eine sehr schlanke Konstruktion<br />
gewählt, welche die schlichte<br />
Eleganz des Bonatz-Bauwerks aufgreift<br />
und in der heutigen Formensprache<br />
nachzeichnet: Die klare, stromlinienförmige<br />
Gestalt des Altbaus wird auf den<br />
Neubau übertragen. Die Ausrundungen<br />
in den Übergängen zwischen Stützen und<br />
Brückendeck sind statisch sinnvoll und<br />
wecken Assoziationen zu den bestehen-<br />
7 Dritter Preis: Details<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
den Bögen. Und sie unterstreichen die<br />
monolithische Konstruktion der neuen<br />
Brücke als integrales, optisch fugenloses<br />
System aus einem Guss. Jeder Versuch,<br />
sich der vorhandenen Brücke in Material,<br />
Abmessungen, Oberfl äche oder Massivität<br />
gestalterisch weiter zu nähern, würde<br />
den Wert und die Eigenständigkeit dieses<br />
erstrangigen verkehrsgeschichtlichen<br />
Denkmals schmälern.<br />
Wegen der geringen Spannweiten von<br />
maximal 22,70 m ist keine Vorspannung<br />
erforderlich, die schlaff bewehrte Massivplatte<br />
mit 80 cm Bauhöhe ist robust und<br />
wartungsfreundlich. Die Brückenpfeiler<br />
sind schlanke Stahlbetonscheiben, die<br />
sich im Querschnitt zum Gabelungspunkt<br />
der Y-Stützen hin verjüngen und im Abstand<br />
von 22,70 m jeweils direkt neben<br />
den Pfeilern der alten Bogenbrücke angeordnet<br />
werden.<br />
2.3.3 Zweiter Preis<br />
Der Entwurf von Krebs und Kiefer, Beratende<br />
Ingenieure, Darmstadt, mit Dipl.-<br />
Ing. Carlo Groß, Architekt, Münster, sieht<br />
ein großes Feld über drei Bögen im Bereich<br />
der überführten Kreisstraße vor. Dies hat<br />
zur Folge, dass eine Symmetrie zur Unterführung<br />
der Straße mit der alten und der<br />
neuen Brücke entsteht und das vorhandene,<br />
denkmalgeschützte Bauwerk betont<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
8 Zweiter Preis: Fotomontage<br />
© Krebs und Kiefer<br />
wird.<br />
Aus der Stützweite von 68,10 m resultiert<br />
eine große Transparenz, die das<br />
Denkmal weitestgehend unberührt zur<br />
Geltung kommen lässt. Jene Transparenz<br />
wird noch zusätzlich unterstützt,<br />
da der zweistegige Überbau nicht von<br />
zwei Einzelpfeilern, sondern von einer<br />
Unterstützung aus vier Ästen, die in<br />
Längs- und Querrichtung zu einem Pfeiler<br />
zusammenlaufen, getragen wird. Als<br />
Y-Stütze stellt sie in ihrer baumartigen<br />
Grundform die Beziehung zu den benachbarten<br />
Waldhängen dar und gliedert sich<br />
schlicht in die Umgebung ein.<br />
Der Überbau wird als zweistegiger gevouteter<br />
Plattenbalken ausgebildet. Seine<br />
Abmessungen orientieren sich nach der<br />
Unterkante der Scheitelpunkte der vorhandenen<br />
Bögen, um ein Einschneiden<br />
in diese zu vermeiden. Der zweistegige<br />
Plattenbalken lehnt sich mit seiner Form<br />
an die Zweiteilung der alten Brücke an.<br />
Der Überbau ist als Spannbetonkonstruktion<br />
mit einer in Querrichtung schlaff<br />
bewehrten Stahlbetonfahrbahnplatte<br />
konzipiert.<br />
2.3.4 Siegerentwurf<br />
Der Siegerentwurf, im folgenden Kapitel<br />
näher erläutert, wurde von den Büros<br />
Leonhardt, Andrä und Partner in Zusammenarbeit<br />
mit AV1 Architekten erstellt<br />
und vom Preisgericht so beurteilt: »Der<br />
Entwurf setzt sich in Form und Konstruktion<br />
von der bestehenden historischen<br />
Bogenbrücke deutlich ab. Er greift aber<br />
gleichzeitig die Gliederung des vorhandenen<br />
Bauwerkes auf und unterstreicht dessen<br />
Rhythmus und Gestaltung. Durch die<br />
geringe Zahl der Stützen und den durch<br />
die Überspannung schlanken Überbau<br />
wird ein weitgehend unverstellter Blick<br />
auf das bestehende Bauwerk ermöglicht.<br />
Der Entwurf setzt sich insgesamt positiv<br />
von den anderen eingereichten Entwür-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
fen ab. Da einerseits die Anpassung an<br />
das vorhandene Bauwerk in herausragender<br />
Weise gelungen ist und andererseits<br />
das neue Bauwerk eine eigenständige<br />
markante Konstruktion moderner Bauweise<br />
darstellt. Als einzige Lösung bietet<br />
der Entwurf durch die Pylone und Seilabspannungen<br />
auch dem Benutzer der<br />
Autobahn ein Erlebnis und hat Wiedererkennungswert.<br />
10 Variantenuntersuchung<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />
9 Erster Preis:<br />
Visualisierung<br />
© Leonhardt,<br />
Andrä und Partner/<br />
AV 1 Architekten<br />
3 Bauwerksentwurf<br />
3.1 Vorüberlegungen<br />
Im Mittelpunkt des Entwurfsprozesses<br />
stand die Auseinandersetzung mit der<br />
existierenden Waschmühltalbrücke unter<br />
dem primären Wettbewerbsaspekt eines<br />
angemessenen Umgangs mit dem vorhandenen<br />
Bauwerk und der Beachtung<br />
von Qualität und Gestaltung der Brücke<br />
von Paul Bonatz.<br />
22
23<br />
11 Arbeitsmodelle<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />
Im Rahmen einer breit angelegten Variantenuntersuchung<br />
sollten in einem ersten<br />
Schritt Grundsatzfragen wie<br />
− oben- oder untenliegendes Tragwerk,<br />
− Materialwahl sowie<br />
− Stützenstellungen und Spannweiten<br />
geklärt werden.<br />
Neben Handskizzen wurden in dieser<br />
frühen Phase auch bereits räumliche Darstellungen<br />
für die Entscheidungsfi ndung<br />
herangezogen.<br />
Unter Abwägung sämtlicher Vor- und<br />
Nachteile der einzelnen Varianten kam<br />
das Entwurfsteam einvernehmlich zu<br />
der Entscheidung, eine Lösung mit obenliegendem<br />
Tragwerk weiterzuverfolgen,<br />
was nicht zuletzt durch entsprechende<br />
Arbeitsmodelle untermauert und bekräftigt<br />
wurde.<br />
3.2 Vorzugslösung<br />
Mit der gewählten Vorzugslösung konnte<br />
das übergeordnete Ziel der Entwurfsverfasser,<br />
ein Ingenieurbauwerk mit eigener<br />
Identität zu schaffen, welches sich sowohl<br />
in den Landschaftsraum einfügt als auch<br />
das passende Pendant zur Waschmühltalbrücke<br />
bildet, am besten umgesetzt<br />
werden: Indem die neue Brücke jeweils<br />
drei Bogenachsen überspannt und dazwischen<br />
auf Pfeiler, die nur stören würden,<br />
verzichtet, gewährleistet sie im Wesentlichen<br />
die ungestörte Wahrnehmung des<br />
denkmalgeschützten Bestandes.<br />
12 Ansichten Nord und Süd<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />
13 Längsschnitt und Grundriss des Neubaus<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />
Um die größeren Spannweiten überbrücken<br />
zu können, wurde als statisches<br />
System der »überspannte Durchlaufträger«<br />
gewählt, der durch seinen über dem<br />
Pfeiler angeordneten Mast und den fl ach<br />
ausgeführten Zuggliedern eine schlanke<br />
Ausbildung des Überbaus ermöglicht.<br />
Dessen Unterkante befi ndet sich somit<br />
oberhalb des Scheitels der alten Bogenreihen<br />
– und die Ansicht der Bonatz-Brücke<br />
bleibt völlig ungestört. Dieser Eindruck<br />
wird durch die sehr schlanken Einzelstützen<br />
noch verstärkt.<br />
Derart entsteht insgesamt ein fi ligranes<br />
und modernes Bauwerk, das sich bei<br />
allem nötigen Respekt vor der alten Brücke<br />
zum einen durch eine sehr sachliche<br />
und schlicht elegante Zurückhaltung<br />
auszeichnet, gleichzeitig aber auch ein<br />
hohes Maß an eigenständiger Integrität<br />
aufweist.<br />
S Y M P O S I U M<br />
3.3 Tragkonstruktion<br />
Das Hauptmerkmal des vorliegenden<br />
Entwurfes ist seine, bis auf die Widerlagerbereiche,<br />
lagerlose Bauweise. Die<br />
Vorteile dieser auch als »integrale Brücken«<br />
bezeichneten Bauwerke liegen<br />
hauptsächlich in ihrer großen Robustheit<br />
(Dauerhaftigkeit, Unterhaltung, Tragsicherheit,<br />
Redundanz) und den neuen<br />
Möglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung<br />
und des Entwurfes.<br />
Bei dem für den Überbau angewendeten<br />
Tragprinzip handelt es sich um einen<br />
»überspannten Durchlaufträger« mit<br />
Spannweiten von 45,05 m, 2 × 68,10 m,<br />
45,55 m, einen biegesteifen Haupt- und<br />
Versteifungsträger aufweisend, der im<br />
Bereich der Aufl agerachsen eine zusätzliche<br />
Überspannung aus Stahlzuggliedern<br />
und einem Stützenmast erhält.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Die beiden Hauptträger als dichtgeschweißte<br />
Hohlkästen bestehen ebenso<br />
wie die Stahlkonstruktion des Mastes<br />
aus Baustahl der Güte S 355. Als Zugglieder<br />
fi nden Parallellitzenbündel aus<br />
St 1570/1770 Anwendung, die an ihrem<br />
oberen Ende an dem Stützenmast fest<br />
und am unteren Ende an den Hauptträgern<br />
nachspannbar verankert sind.<br />
In Querrichtung werden in einem Abstand<br />
von 3,24 m Querträger (S 355)<br />
vorgesehen, auf denen eine 35 cm dicke<br />
Ortbeton-Fahrbahnplatte aufl iegt, die<br />
im Verbund mitwirkt. Die Untersicht des<br />
Überbaus wird also hauptsächlich durch<br />
die kassettenförmige Ausbildung dieses<br />
Trägerrostes aus Stahllängs- und -querträgern<br />
bestimmt.<br />
3.4 Pfeiler mit Mast<br />
Die Stahlbetonstützen bilden sowohl in<br />
Längs- als auch in Querrichtung zusammen<br />
mit dem Überbau einen biegesteifen<br />
Rahmen. Auf Lager kann somit verzichtet<br />
werden. Durch die biegesteife Verbindung<br />
wird zudem eine Reduzierung ihrer Knicklänge<br />
erreicht, was eine entsprechend<br />
schlanke Formgebung zulässt.<br />
Die unterhalb des Überbaus aus Stahlbeton<br />
ausgeführten Stützen werden oberhalb<br />
des Überbaus als stählerne Maste<br />
fortgesetzt. Durch diese Materialtrennung<br />
wird die Funktionsweise des ȟberspannten<br />
Durchlaufträgers« deutlich,<br />
die auf einem biegesteif durchlaufenden<br />
Hauptträger beruht, der durch Zugglieder<br />
aus Stahl, die an dem Stützenmast verankert<br />
sind, zusätzlich unterstützt und<br />
gehalten wird. Konsequent wird diese Ein-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
14 Untersicht<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/AV 1 Architekten<br />
heit aus Hauptträger, Mast und Seilen aus<br />
demselben Material (Stahl) gefertigt.<br />
Der Mast besteht aus zwei versteiften<br />
Blechen, die sich in der Ansicht in ihrer<br />
Dimension nach unten verjüngen. Die aus<br />
der Überspannung resultierenden Kräfte<br />
werden direkt in die beiden Bleche abgeleitet,<br />
die zur Stabilitätssicherheit und<br />
zur besseren Krafteinleitung in den Beton<br />
zusätzliche Beulsteifen benötigen. Diese<br />
Versteifungsbleche werden bewusst nach<br />
außen gelegt, was ebenfalls deutlich die<br />
Transparenz der Tragwirkung erhöht und<br />
die Oberfl ächen in der Ansicht vorteilhaft<br />
gliedert.<br />
Die Stützen weisen in Querrichtung einen<br />
konstanten Querschnitt von 1,60 m<br />
auf, während der Querschnitt in Längsrichtung<br />
variabel ist – orientiert an der<br />
vorhandenen Waschmühltalbrücke, die<br />
im oberen Bereich ebenfalls konstant ist<br />
und nach unten hin in ihrer Dimension<br />
zunimmt.<br />
3.5 Dauerhaftigkeit und Robustheit<br />
Die Betonfahrbahnplatte wirkt nur in<br />
Brückenquerrichtung als Verbundplatte.<br />
Sie kann damit sehr einfach ohne Zusatzmaßnahmen<br />
und Risiken hinsichtlich der<br />
Bauwerksgeometrie ersetzt werden.<br />
Die Stahlkonstruktion der Haupt- und<br />
Querträger lässt sich durch Verstärkungen<br />
mittels Laschen völlig unproblematisch<br />
geänderten Erfordernissen in<br />
Zukunft anpassen.<br />
Die Abspannkabel werden mit größeren<br />
Ankern ausgebildet, um ihre Verstärkung<br />
durch zusätzliche Litzen zu ermöglichen.<br />
Die Lastfälle Kabelbruch und Kabeltausch<br />
werden analog zu Schrägseilbrücken<br />
berücksichtigt.<br />
15 Mastdetail<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner/<br />
AV 1 Architekten<br />
Einen hinsichtlich nachträglicher Verstärkung<br />
etwas komplexeren Punkt stellt der<br />
Übergang vom Überbau zu den Stützen<br />
dar. Hier wird eine Überbemessung durch<br />
die Ausbildung zusätzlicher Betondübel<br />
neben den planmäßig vorgesehenen<br />
Kopfbolzendübeln vorgenommen, um<br />
das Ertüchtigungspotential des Bauwerks<br />
über die derzeitigen Lastannahmen hinaus<br />
zu gewährleisten.<br />
4 Zusammenfassung<br />
Das Gestalten von Brücken im Sinne eines<br />
Beitrages zur Baukultur hat im Denken<br />
und Handeln der verantwortlichen Bauherren<br />
schon immer eine große Rolle<br />
gespielt. Dieses Ziel auf dem Weg eines<br />
interdisziplinären Gestaltungswettbewerbes<br />
anzustreben ist Ausdruck eines<br />
hohen Verantwortungsbewusstseins des<br />
Auslobers.<br />
Im vorliegenden Verfahren wurde eine<br />
Entwurfslösung mit dem ersten Preis ausgezeichnet,<br />
die eine Auseinandersetzung<br />
mit dem vorhandenen Baudenkmal auf<br />
»Augenhöhe« gesucht hat. Die harmonische<br />
Symbiose wurde nicht auf dem Weg<br />
einer Unterordnung, sondern vielmehr im<br />
Sinne einer der Baukultur verpfl ichtenden<br />
gemeinsamen inneren Haltung erreicht.<br />
Bei aller Gegensätzlichkeit in der Gestaltung<br />
und der Tragwerksform ergibt sich<br />
im Resultat ein hohes Maß an sich ergänzendem<br />
Gleichklang.<br />
24
S Y M P O S I U M<br />
Voruntersuchungen und Entwurfsplanung<br />
Neubau der Elbebrücke Schönebeck<br />
� � � von Wolfgang Eilzer, Markus Morawietz<br />
Im Zuge der Ortsumgehung Schönebeck<br />
der Bundesstraße B 246a<br />
wird der Neubau einer Brücke über<br />
die Elbe erforderlich. Kernstück<br />
dieser neuen Elbquerung ist eine<br />
einhüftige Schrägseilbrücke mit<br />
einer Hauptspannweite von 185 m,<br />
mit deren Errichtung im März 2010<br />
begonnen werden soll. Nachfolgend<br />
werden die entsprechenden Entwurfsüberlegungen<br />
und die gewählte<br />
Vorzugslösung erläutert.<br />
1 Allgemeines<br />
Die neue Elbebrücke Schönebeck ist<br />
der wichtigste Teil der Ortsumgehung<br />
der B 246a, die aus insgesamt drei Planungs-<br />
bzw. Bauabschnitten besteht; der<br />
Brückenneubau erfolgt dabei im dritten<br />
Planungsabschnitt.<br />
2 Historische Brücke<br />
© Landeshauptstadt Magdeburg<br />
Mit der Fertigstellung der Ortsumgehung<br />
wird die Schönebecker Innenstadt vom<br />
stark angestiegenen Durchgangsverkehr<br />
entlastet. Gleichzeitig wird eine neue<br />
leistungsfähige Verbindung zwischen der<br />
Bundesautobahn BAB A 14 Halle–Magdeburg<br />
und den ostelbischen Gebieten<br />
geschaffen.<br />
Die Bundesstraße verläuft heute noch direkt<br />
durch das Zentrum Schönebecks und<br />
überquert die Elbe auf der seit 1912 existierenden<br />
Stadtbrücke, die ursprünglich<br />
als eine den Strom frei überspannende<br />
Bogenstruktur mit einer Spannweite von<br />
134 m errichtet wurde. Der 23 m hohe,<br />
mit seiner schlanken Fahrbahn in sich<br />
selbst verankerte, fachwerkförmige<br />
Zweigelenkbogen aus Stahl stellte damals<br />
das die Stadtansicht prägende Ingenieurbauwerk<br />
dar. Für den sich ostelbisch<br />
anschließenden Vorlandbereich wurde<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Übersichtskarte<br />
© VIP Ingenieurgesellschaft mbH<br />
3 Bestehendes Bauwerk<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
eine über zehn Felder durchlaufende,<br />
untenliegende Fachwerkkonstruktion mit<br />
Spannweiten von 34–56 m ausgeführt.<br />
Zusammen mit der westlich vorgelagerten<br />
Flutbrücke ergab sich ein insgesamt<br />
585 m langer Brückenzug.<br />
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde<br />
der Bogen gesprengt, so dass die Elbquerung<br />
in den Nachkriegsjahren wie vor<br />
1912 mit einer Fähre erfolgen musste.<br />
Erst im Mai 1952 konnte die Stromöffnung<br />
mit einer zweifeldrigen, obenliegenden<br />
Fachwerkkonstruktion mit den<br />
Spannweiten von 73 m und 61 m wieder<br />
geschlossen werden. Der hierfür mitten<br />
im Strom errichtete Pfeiler stellt seitdem<br />
eine Behinderung für die Schifffahrt dar,<br />
die Flutbrücke wurde außerdem durch<br />
eine zweifeldrige Stahlbetonkonstruktion<br />
mit 2 × 13 m ersetzt.<br />
Nach umfangreichen Voruntersuchungen<br />
wurde für das neue Bauwerk ein zwischen<br />
den Elbdeichen insgesamt 1.128,50 m<br />
langer Brückenzug gewählt. Die Trasse<br />
verläuft, von Südosten kommend, in einem<br />
Radius von 340 m über das südliche<br />
Vorland, geht in eine 520 m lange Gerade<br />
über und quert den Elbestrom nahezu<br />
rechtwinklig. Anschließend passiert sie<br />
das nördliche Vorland in einem weiteren<br />
Bogen mit einem Radius von 340 m und<br />
biegt dann nach Nordosten ab.<br />
2 Voruntersuchungen<br />
Ziel der im November 2007 begonnenen<br />
Entwurfsplanung war es, im Hinblick auf<br />
die exponierte Lage des Bauwerks geeignete<br />
Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen,<br />
so dass sich die neue Stromquerung harmonisch<br />
in die vorhandene Elblandschaft<br />
einpasst, sich wirtschaftlich herstellen<br />
26
27<br />
4 Vorzugslösung der Studie<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
und unterhalten lässt und den umweltschutzrechtlichen<br />
Belangen angemessen<br />
Rechnung trägt. Besonderes Augenmerk<br />
wurde so auf die gestalterisch ansprechende<br />
Wirkung in der umgebenden<br />
Stadt-Fluss-Landschaft, die am südlichen<br />
Elbufer durch die Silhouette der Schönebecker<br />
Altstadt und stromauf durch<br />
elbnahe Auwälder bestimmt wird, gelegt.<br />
Das nördliche Ufer wird hingegen durch<br />
seine freie, unverbaute Elbwiese mit<br />
einzelnen Baum- und Buschgruppen und<br />
einer dahinter angrenzenden dichteren<br />
Bewaldung geprägt.<br />
Im Ergebnis der Wertung kristallisierte<br />
sich die einhüftige Schrägseilbrücke mit<br />
einem über 185 m spannenden Stromfeld<br />
als Vorzugslösung heraus. Im Zuge<br />
der Vorplanung erfolgten dann für die<br />
in ihren wesentlichen Parametern feststehende<br />
Vorzugslösung umfangreiche<br />
Variantenuntersuchungen zu den wichtigen<br />
Detailpunkten wie<br />
– Anordnung und System der Seile,<br />
– Überbauquerschnitt Vorlandbrücke<br />
und Strombrücke,<br />
– Pylonform,<br />
– Pfeilerform,<br />
– Lagerschema.<br />
6 Vorlandpfeiler<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
5 Ansicht und Grundriss<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
3 Bauwerksentwurf<br />
3.1 Allgemeines<br />
Der gesamte Brückenzug besteht aus der<br />
309 m langen südlichen Vorlandbrücke,<br />
der 489 m langen Strombrücke zur Querung<br />
der Elbe und der 330,50 m langen<br />
nördlichen Vorlandbrücke; die Gesamtlänge<br />
beträgt somit 1.128,50 m.<br />
3.2 Unterbauten<br />
Beide Widerlager werden als begehbare,<br />
kastenförmige Baukörper ausgebildet,<br />
die Flügel sind 1 m dick. Zur Reduzierung<br />
der Bauteilabmessungen und aus gestalterischen<br />
Gründen wird die ebenfalls 1 m<br />
dicke Widerlagerwand mit einer Pfeilervorlage<br />
versehen, um ausreichend Platz<br />
für die Brückenlager und die Pressenstellplätze<br />
zu schaffen.<br />
Die Vorlandpfeiler erhalten einen elliptischen,<br />
hydraulisch günstigen Querschnitt,<br />
wobei der Schaft für die Aufnahme<br />
der Lager und Pressen noch mit einer<br />
leichten kapitelförmigen Aufweitung<br />
versehen wurde. Die beiden Trennpfeiler<br />
in den Achsen 90 und 180 sind in Abstimmung<br />
mit der Gestaltung der Vorlandpfeiler<br />
für ihre spezielle Funktion an<br />
den Trennstellen der Überbauabschnitte<br />
kelchförmig konzipiert.<br />
7 Trennpfeiler<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
3.3 Pylon<br />
Die Gestaltung des Pylonen als der zukünftigen<br />
Dominante im umgebenden<br />
Landschaftsraum ist für das Bauwerk von<br />
besonderer Bedeutung.<br />
Für die frei in der Landschaft stehende<br />
Brücke mit ihrem schmalen Verkehrsweg<br />
stellt sich hier der klassische A-Pylon als<br />
am geeignetsten dar: Seine Form spiegelt<br />
den direkten Kraftfl uss vom Pylonkopf<br />
bis in die Gründung wider, und die Lasten<br />
können auf eine möglichst große Fläche<br />
verteilt werden. Die Gesamthöhe des<br />
Pylonen wird aus Rücksicht auf die umgebende<br />
Landschaft etwas niedriger als<br />
das statische Optimum von 85 m geplant.<br />
Um die Pylonschäfte nicht zu steif wirken<br />
zu lassen, werden diese mit einer leichten<br />
Ausrundung belebt. Der Pylonkopf ist<br />
durch die sichtbare Gestaltung seiner<br />
tragenden Elemente Stahl und Beton<br />
wirkungsvoll gegliedert.<br />
Der A-Pylon der Strombrücke wird im<br />
unteren Bereich bis zum Verschmelzungspunkt<br />
seiner Schäfte als reine Stahlbetonkonstruktion<br />
ausgeführt. Für seinen Kopf<br />
ist hingegen, um die Querschnittsabmessungen<br />
zu begrenzen und eine einfache<br />
Verankerung der Seile zu ermöglichen, ein<br />
aus einem inneren Stahlhohlkasten und<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
8 Pylon<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
beiderseitigen Betonfl anken bestehender<br />
Verbundquerschnitt vorgesehen. Die Gesamthöhe<br />
des Pylonen beträgt 73 m über<br />
dem Gelände, wobei sich die maximale<br />
Spreizung der Schäfte über dem Fundament<br />
zu 23 m ergibt. Der Querriegel zur<br />
Stützung des Überbaus wird in 8 m Höhe<br />
über dem Gelände angeordnet.<br />
Der in Brückenlängstragrichtung auch auf<br />
Biegung beanspruchte Pylon wird über<br />
seine gesamte Höhe mit einer konstanten<br />
Konstruktionsdicke von 3,50 m ausgeführt.<br />
In Brückenquerrichtung werden<br />
die Pylonschäfte 2,50 m breit ausgebildet<br />
und mit einer leichten Krümmung mit<br />
10 Ansicht und Grundriss der Vorlandbrücke Süd<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
11 Ansicht und Grundriss der Vorlandbrücke Nord<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
R = 500 m versehen, welche dann bis in<br />
den Pylonkopf hinein fortgesetzt wird.<br />
Der untere Teil der Schäfte wird bis auf die<br />
Höhe des Querriegels als Vollquerschnitt<br />
hergestellt. Über dem Riegel werden die<br />
Schäfte als begehbare Hohlquerschnitte<br />
mit einer Wandstärke von 50 cm realisiert.<br />
Ab einer Höhe von 45 m über dem Gelände<br />
erfolgt dann die Verschmelzung der<br />
Pylonschäfte zum Verbundquerschnitt<br />
des Pylonkopfes, wobei der Stahlkern mit<br />
seiner konstanten Breite von 2 m über<br />
die gesamte Kopfhöhe als Gestaltungselement<br />
sichtbar durchgezogen werden<br />
soll. Die Gesamtbreite des Pylonkopfes<br />
12 Regelquerschnitt der Vorlandbrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
9 Pylonkopf<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
ergibt sich so im Verschmelzungspunkt<br />
zu 6,50 m und verjüngt sich mit der Ausrundung<br />
der Flanken bis zur Pylonspitze<br />
hin auf 3,60 m.<br />
Der Verbundquerschnitt besteht aus dem<br />
konstant 2,00 m × 3,20 m messenden<br />
inneren Stahlhohlkasten und den diesen<br />
beidseitig fl ankierenden und aussteifenden<br />
1,60–0,80 m dicken Betongurten. Die<br />
Brechung der Außenkanten der Schäfte<br />
wird in den Betongurten konsequent bis<br />
zur Pylonspitze hin fortgesetzt.<br />
3.4 Überbau Vorlandbrücken<br />
Die die Stromquerung fl ankierenden<br />
Vorlandbereiche werden mit schlanken<br />
Spannbetonüberbauten ausgeführt.<br />
Für die bis zu 44 m spannenden Felder<br />
wurde hier ein wirtschaftlicher Mittelträgerquerschnitt<br />
mit 1,80 m Bauhöhe<br />
(Schlankheit L/H ≤ 24,40) und weit<br />
auskragenden Kragarmen gewählt. Die<br />
Vorteile des Querschnitts bestehen in der<br />
einfachen Schalung und den geringen<br />
erforderlichen Pfeilerbreiten.<br />
Die Vorlandbrücke Süd wird über acht<br />
Felder mit Spannweiten von 32 m, 44 m,<br />
34 m, 39 m, 42 m, 42 m und 32,25 m, die<br />
Vorlandbrücke Nord mit Spannweiten<br />
von 34,25 m, 6 × 43 m und 36,25 m geführt.<br />
28
29<br />
Der insgesamt 11,47 m breite Überbauquerschnitt<br />
erhält eine obere Stegbreite<br />
von 5,77 m, an die sich beidseitig 2,85 m<br />
lange Kragarme anschließen. Mit der<br />
Neigung der Stegaußenseiten in einem<br />
Verhältnis von 1:2,10 entsteht an der<br />
Stegunterseite eine statisch günstige<br />
Breite von 4,50 m.<br />
3.5 Strombrücke<br />
3.5.1 Tragsystem<br />
Die Strombrücke verläuft über acht Felder<br />
mit den Spannweiten von 32,25 m,<br />
4 × 37,50 m und 3 × 40 m, um dann mit<br />
183,50 m im neunten Feld die Elbe zu<br />
überqueren.<br />
Das Tragsystem der eigentlichen Schrägseilbrücke<br />
besteht aus dem Stromfeld,<br />
drei Seitenfeldern, dem Pylonen und den<br />
Schrägseilen, wobei die Seitenfelder hier<br />
mit den Vorlandfeldern monolithisch<br />
verbunden werden.<br />
Das Längenverhältnis von Stromfeld zu<br />
Seitenfeldern beträgt 185 m zu 120 m<br />
(3 × 40 m) = 1,54, womit zur Herstellung<br />
des statischen Gleichgewichtes und zur<br />
Vermeidung abhebender Lagerkräfte das<br />
Stromfeld leichter als die Seitenfelder<br />
ausgebildet werden muss; eine Rückhängung<br />
des Systems in den Seitenfeldern<br />
über Zuglager bis in die Gründung würde<br />
hier zu einer unverhältnismäßig aufwendigen<br />
Konstruktion führen.<br />
Somit wurde für das Stromfeld ein leichter<br />
Stahlverbundquerschnitt gewählt,<br />
wohingegen die Seitenfelder einen möglichst<br />
schweren Spannbetonmassivquerschnitt<br />
erhalten. Durch die monolithische<br />
Verbindung mit der Vorlandbrücke kann<br />
dabei zusätzlich auch noch das Nachbarfeld<br />
als Gegengewicht mit aktiviert<br />
werden.<br />
13 Ansicht und Grundriss der Strombrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
14 Querschnitt der Strombrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
15 Querschnitt an der Seilverankerung<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
3.5.2 Stromfeld<br />
Der Verbundquerschnitt des Stromfeldes<br />
setzt sich aus dem 1,70 m hohen luftdicht<br />
verschweißten Stahlhohlkasten und der<br />
11,47 m breiten, 30 cm dicken Fahrbahnplatte<br />
zusammen. Durch die Wahl des<br />
torsionssteifen Hohlkastenquerschnitts<br />
wird hier für den Überbau eine sehr hohe<br />
aeroelastische Stabilität erreicht. Die<br />
Stege des Hohlkastens werden, wie die<br />
der Vorlandbrücken und Seitenfelder, im<br />
Verhältnis 1:2,10 geneigt. Die Breite des<br />
Hohlkastens misst in Abstimmung auf<br />
den Querschnitt der Seitenfelder oben<br />
7,80 m und an der Unterseite 6,20 m. Zur<br />
Profi laussteifung des Hohlkastens werden<br />
alle 3,70 m Querschotte vorgesehen,<br />
welche in ihrer Mitte eine Durchstiegs-<br />
S Y M P O S I U M<br />
öffnung erhalten. Nach außen wird der<br />
Hohlkasten in den Schottachsen beidseitig<br />
mit 1,83 m langen gevouteten Kragarmen<br />
versehen, die als Aufl ager für die<br />
auskragende Fahrbahnplatte dienen.<br />
Für die Verankerung der Seile und die<br />
Aufnahme der sich aus dem Abstand zu<br />
den Hohlkastenstegen ergebenen großen<br />
Querbiegemomente werden spezielle,<br />
im Winkel der Seilneigung liegende Seilquerträger<br />
konstruiert. Sie bestehen im<br />
äußeren Bereich aus geschlossenen zweistegigen<br />
Stahlkonsolen, die innerhalb des<br />
Hohlkastens über ein Zugband und die<br />
als Druckgurt dienende Verbundplatte<br />
gekoppelt werden. Die dazwischen angeordneten<br />
Fachwerkdiagonalen gewährleisten<br />
die Aussteifung des Querschnitts<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
16 Geplantes Bauwerk<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner<br />
bei ungleichmäßigen Seilkräften, welche<br />
insbesondere aus dem Seilausbau oder<br />
einem Seilausfall resultieren.<br />
3.5.3 Vorland- und Seitenfelder<br />
Die Vorlandfelder werden analog zu den<br />
Vorlandbrücken mit einem schlanken<br />
Mittelträgerquerschnitt in Spannbetonbauweise<br />
ausgeführt.<br />
Die Felder 1–4 erhalten dabei den gleichen<br />
Querschnitt, der dann im fünften<br />
Feld durch die kontinuierliche Vergrößerung<br />
der Stegbreite und der Bauhöhe auf<br />
2,00 m zu dem für die Seitenfelder benötigten<br />
schweren Querschnitt aufgeweitet<br />
wird. Für den Übergang zum Stromfeld<br />
wird der massive Querschnitt der Seitenfelder<br />
um 7,60 m über die Lagerachse<br />
des Pylonen geführt und dann mit dem<br />
leichten Stahlverbundquerschnitt monolithisch<br />
verbunden.<br />
Die Verankerung der Seile ist in den Seitenfeldern<br />
im äußeren Bereich analog zu<br />
der des Stromfeldes mit geschlossenen<br />
zweistegigen Stahlkonsolen und Ankerrohren<br />
geplant.<br />
3.6 Schrägkabel<br />
Die Anordnung der Schrägkabel ist für ein<br />
wirtschaftliches Schrägseilsystem von<br />
entscheidender Bedeutung. So wurden<br />
hier in der Entwurfsplanung mehrere<br />
Varianten untersucht, wobei sich für<br />
das Stromfeld die Anordnung von neun<br />
Seilpaaren in Abständen von 18,50 m als<br />
Vorzugslösung herausstellte. Für den Be-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
reich der Seitenfelder wurde für die neun<br />
Seilpaare eine statisch sehr effektive,<br />
gestraffte Seilanordnung gefunden: Die<br />
Seile werden zum Ende des Schrägseilsystems<br />
hin mit den Abständen von 3 ×<br />
16 m, 2 × 13 m, 3 × 12 m und 10 m verdichtet.<br />
Am Pylonkopf sind die Abstände<br />
der Seilverankerungen unter Beachtung<br />
ausreichender Platzverhältnisse für die<br />
Konstruktion und zur Inspektion mit<br />
2,00 m geplant.<br />
Die Schrägkabel werden aus siebendrahtigen<br />
Spannstahllitzen, welche in einem<br />
gemeinsamen äußeren PE-Hüllrohr parallel<br />
eingezogen und geführt werden, hergestellt.<br />
Die Verankerung der Seile erfolgt<br />
durch das Verkeilen der einzelnen Litzen<br />
in einem Ankerblock, über den die Spannkraft<br />
dann auf die Ankerplatte abgesetzt<br />
wird. Vor dem Übergang in das PE-Hüllrohr<br />
werden die Seillitzen durch eine<br />
spezielle in einem Führungsrohr elastisch<br />
gehaltene Lagerungsvorrichtung gebündelt<br />
und gedämpft. Mit diesen an allen<br />
Seilaustritten konzipierten Führungsvorrichtungen<br />
wird die infolge von Überbauverformungen<br />
und Seilschwingungen an<br />
den Verankerungspunkten in den Seilen<br />
auftretende Biegung stark reduziert. Im<br />
Pylonkopf werden die Seile mit Festankern<br />
verankert. Das Spannen der Litzen ist<br />
für die Brücke ausschließlich von den am<br />
Überbau anzubringenden Spannankern<br />
aus vorgesehen.<br />
Zur Sicherstellung der aeroelastischen<br />
Stabilität wurden umfangreiche Windkanalversuche<br />
an einem Teilmodell des<br />
Überbaus mit den geplanten Vogelschutzwänden<br />
durchgeführt und die<br />
aerodynamischen Kraftbeiwerte, die<br />
aeroelastischen Koeffi zienten für Instabilitäten<br />
und die Parameter für wirbelerregte<br />
Querschwingungen bestimmt.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />
Dipl.-Ing. Markus Morawietz<br />
Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt,<br />
Niederlassung Mitte, Magdeburg<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Auftragsverwaltung:<br />
Straßenbauverwaltung des Landes<br />
Sachsen-Anhalt, Landesbetrieb Bau,<br />
Niederlassung Mitte, Magdeburg<br />
Vor- und Entwurfsplanung, Ausschreibung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />
Dr. Löber Ingenieurgesellschaft für<br />
Verkehrswesen mbH, Halle<br />
Verkehrsplanung<br />
VIP Ingenieurgesellschaft mbH, Magdeburg<br />
Bauausführung<br />
Hermann Kirchner Hoch- und<br />
Ingenieurbau GmbH, Bad Hersfeld<br />
Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />
30
31<br />
Erneuerung von schiffstoßgefährdeten Mainbrücken<br />
Vier bayerische Public-Private-Partnership-Projekte<br />
� � � von Karl Goj<br />
Rund 330 km der schiffbaren Strecke<br />
des Mains liegen in Bayern, den in<br />
diesem Abschnitt nicht weniger als<br />
83 Brückenbauwerke queren. Viele<br />
von ihnen sind in einem schlechten<br />
Zustand bzw. genügen den heutigen<br />
Verkehrsanforderungen nicht mehr<br />
und müssen saniert oder erneuert<br />
werden. Die Realisierung von vier<br />
Maßnahmen als sogenannte PPP-<br />
Projekte ist in ein wesentlicher<br />
Schritt zur Verbesserung der Situation.<br />
1 Allgemeines<br />
1.1 Bedeutende Bundeswasserstraße<br />
Der Main ist eine bedeutende Bundeswasserstraße<br />
und Teil eines transeuropäischen<br />
Binnenwasserstraßennetzes. Ab<br />
Bamberg ist er auf einer Länge von rund<br />
400 km schiffbar und seit 1992 über den<br />
Main-Donau-Kanal mit der Donau verbunden.<br />
Von der Mainmündung bis Würzburg<br />
ist der Main bereits entsprechend der<br />
europäischen Wasserstraßenklasse Vb<br />
ausgebaut. Dies bedeutet, dass er für<br />
Schiffe mit einer Länge von 185 m und<br />
einer Breite bis zu 11,45 m befahrbar<br />
ist. Der weitere Ausbau unterstrom von<br />
Würzburg schreitet voran.<br />
Im Ausbaubaubereich wird die Fahrrinne<br />
von 2,50 m auf 2,90 m vertieft und von<br />
36 m auf 40 m verbreitert. Die Mainschiffe<br />
werden nämlich nicht nur länger und<br />
breiter, sie werden auch immer schwerer.<br />
3 Schiffsverkehr auf dem Main<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
1 Mainausbau<br />
© Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />
2 Fahrrinnenvergrößerung<br />
© Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />
Entsprechend größere Stoßkräfte wirken<br />
bei einer Kollision auf die Brückenpfeiler<br />
und den Überbau ein.<br />
Kritisch sind vor allem die teilweise recht<br />
engen Kurven des Mains, in denen trotz<br />
Fahrrinnenaufweitung das Risiko des<br />
Abdriftens und damit der Kollision mit<br />
4 Schaden aus Schiffstoß<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
S Y M P O S I U M<br />
Brücken besonders hoch ist. Mehrfache<br />
Anprallschäden zum Beispiel an der<br />
Mainbrücke Segnitz belegen die Notwendigkeit<br />
zum Handeln.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
1.2 Mainbrücken<br />
Etwa 330 km der schiffbaren Strecke des<br />
Mains liegen in Bayern. In diesem Abschnitt<br />
kreuzen den Main nicht weniger<br />
als 83 Brückenbauwerke, 45 davon befi<br />
nden sich in der Baulast des Freistaates<br />
Bayern bzw. des Bundes.<br />
Die meisten Mainquerungen entstanden<br />
zwischen 1960 und 1980 in der Zeit<br />
des rasanten Wirtschaftswachstums.<br />
Daneben gibt es aber auch eine Reihe<br />
von älteren sowie einige historische<br />
Brücken, die in der Regel im Krieg stark<br />
beschädigt worden und nach zum Teil<br />
umfangreichen Reparaturen nicht mehr<br />
im Originalzustand sind; zum Teil wurden<br />
die Brücken nur behelfsmäßig instandgesetzt.<br />
Insgesamt sind viele der bayerischen<br />
Mainbrücken in einem schlechten<br />
Zustand bzw. genügen nicht mehr den<br />
heutigen Verkehrsanforderungen und<br />
müssen dringend saniert oder erneuert<br />
werden.<br />
2 Schiffsanprall<br />
2.1 Grundlagen<br />
Nach DIN-Fachbericht 101 vom März<br />
2009 ist der Schiffsanprall als außergewöhnliche<br />
Einwirkung anzusetzen.<br />
Gemäß Ziffer 2.3 (4) gilt für Einwirkungen<br />
auf Straßen- und Eisenbahnbrücken infolge<br />
des Anpralls von Booten und Schiffen<br />
die DIN 1055-9.<br />
2.2 Schiffstoßgefährdung<br />
2.2.1 Unterbauten<br />
Ob die Unterbauten schiffstoßgefährdet<br />
sind, kann nur von der Wasser- und<br />
Schifffahrtsverwaltung (WSV) beurteilt<br />
werden. In jedem Einzelfall muss sie in<br />
Abhängigkeit vom Querprofi l des Flusses,<br />
den Wasserständen, dem auf der Wasserstraße<br />
zugelassenen Schiffsverkehr (Typenschiff)<br />
und der Lage der Unterbauten<br />
der Brücke zum Fahrwasser entscheiden.<br />
2.2.2 Überbauten<br />
Im Entwurf des Nationalen Anwendungsdokuments<br />
zur DIN EN 1991-1-7<br />
wird erstmals defi niert, dass über dem<br />
1,5fachen der für die Wasserstraße erforderlichen<br />
Lichtraumhöhe der Überbau<br />
nicht anfahrgefährdet ist. Diese Regelung<br />
wurde bereits bisher bei Brückenneubauten<br />
als Vorgabe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />
praktiziert.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
5 Schiffsanprall an Ingenieurbauwerke<br />
© DIN 1055<br />
6 Stoßlast-Zeit-Verläufe<br />
© DIN 1055<br />
7 Schiffsanpralllasten auf Ingenieurbauwerke<br />
© DIN 1055<br />
2.3 Schiffsanpralllasten<br />
2.3.1 Unterbauten<br />
Bei den Unterbauten wird beim Schiffsanprall<br />
nach einem Frontalstoß oder einem<br />
Flankenstoß unterschieden.<br />
Der Standard für die Unterbauten ist eine<br />
dynamische Untersuchung. Die Stoßlast-<br />
Zeit-Verläufe für die dynamischen Untersuchungen<br />
sind in der DIN 1055 Teil 9,<br />
Ziffer 6.5.3 vorgegeben.<br />
Die Amplitude der für die Stoßkraft-Zeit-<br />
Funktion ergibt sich in erster Näherung<br />
aus Tabelle 6 der DIN 1055 in Abhängigkeit<br />
von der Wasserstraßenklasse.<br />
Diese Tabelle ist an Bedingungen geknüpft,<br />
beispielsweise dass der betrachtete<br />
Wasserstraßenabschnitt kein Unfallschwerpunkt<br />
ist. Da solche Bedingungen<br />
nur von der WSV beurteilt werden können,<br />
entscheidet auch die WSV, ob die Tabellenwerte<br />
angewendet werden können<br />
oder ob objektbezogen auf der Grundlage<br />
probabilistischer Berechnungen die Stoßlasten<br />
genauer ermittelt werden müssen.<br />
Deshalb werden die Ermittlungen der<br />
dynamischen Stoßlasten regelmäßig von<br />
der WSV durchgeführt.<br />
2.3.2 Überbauten<br />
Beim Überbau ist in Bezug auf die Schiffsstoßgefährdung<br />
zwischen Neubauten<br />
und Maßnahmen an bestehenden Brücken<br />
zu unterscheiden.<br />
Wenn bei einer Brückenneuerrichtung<br />
der Überbau anfahrgefährdet ist, hat<br />
man eine statische Ersatzlast von 1 MN in<br />
ungünstigster Laststellung zu berücksichtigen.<br />
Dies erfolgt unabhängig von der<br />
Beanspruchung des Überbaus aus dynamischen<br />
Effekten, die aus dem Stoß auf<br />
die Unterbauten resultieren können.<br />
Völlig unterschiedlich davon ist die Vorge-<br />
32
33<br />
8 Bestehende Mainbrücke Segnitz<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
9 Bestehende Mainbrücke Volkach<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
10 Bestehende Mainbrücke Klingenberg<br />
© Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />
hensweise bei vorhandenen Überbauten.<br />
Ist hier die lichte Höhe kleiner als das<br />
1,5fache der erforderlichen Lichtraumhöhe,<br />
wird nach risikoanalytischen Überlegungen<br />
entschieden, ob der Überbau<br />
anfahrgefährdet ist. Ergibt sich aus den<br />
risikoanalytischen Überlegungen eine<br />
Anfahrgefährdung, hat man den Überbau<br />
einer existierenden Brücke ebenfalls für<br />
eine statische Ersatzlast von 1 MN zu<br />
bemessen.<br />
Diese risikoanalytischen Betrachtungen<br />
stellen ein völlig neues Sicherheitskonzept<br />
im Bereich der Tragwerksplanung<br />
dar. Bezüglich der Risikoanalyse besteht<br />
derzeit ein Regelungsdefi zit.<br />
2.4 Sicherung gegen Schiffstoß<br />
Nach Untersuchungen der WSV sind von<br />
den 45 Mainbrücken in der Baulast der<br />
Straßenbauverwaltung 27 nicht anprallgefährdet<br />
oder anprallgefährdet, aber<br />
standsicher; 18 Bauwerke sind anprallgefährdet<br />
und nicht standsicher.<br />
Auf der Grundlage dieser Untersuchungen<br />
wurde eine gemeinsame Projekt-<br />
bzw. Dringlichkeitsliste festgelegt. Die<br />
Palette der geplanten Maßnahmen reicht<br />
von der Brückenerneuerung über massive<br />
Verstärkungen der Fundamente und der<br />
Pfeiler bis hin zu Schiffstoßsicherungsvorkehrungen,<br />
die durch bauliche Maßnahmen<br />
im Fluss unabhängig vom Brückenbauwerk<br />
durchgeführt werden können.<br />
Insgesamt haben die Projekte ein Kostenvolumen<br />
von über 100 Mio. €.<br />
3 Neue Mainbrücken<br />
3.1 Ausgewählte Maßnahmen<br />
Aufgrund der beschriebenen Situation<br />
besteht aus Sicht der Bayerischen Straßenbauverwaltung<br />
dringender Handlungsbedarf.<br />
Die mit der WSV aufgestellte<br />
Projektliste enthält auch fünf Mainbrücken<br />
im Zuge von Staatsstraßen, die zu<br />
erneuern sind. Aus dem laufenden Staatsstraßenhaushalt<br />
war dies kurzfristig nur<br />
schwer zu fi nanzieren.<br />
Als Ergebnis von Verhandlungen zwischen<br />
dem Bayerischen Staatsministerium<br />
der Finanzen und dem Bayerischen<br />
Staatsministerium des Innern wurde im<br />
Juli 2006 entschieden, dass die Erneue-<br />
S Y M P O S I U M<br />
rung der Mainbrücken<br />
− Bergrheinfeld (Staatsstraße 2277),<br />
− Segnitz (Staatsstraße 2273),<br />
− Volkach (Staatsstraße 2260) sowie<br />
− Klingenberg (Staatsstraße 3259)<br />
als Public-Private-Partnership-(PPP-)<br />
Projekte realisiert werden sollen. Das<br />
Gesamtkostenvolumen beträgt rund<br />
55 Mio. €. An den Baukosten beteiligt sich<br />
die WSV etwa zur Hälfte sowie in geringem<br />
Umfang auch die jeweils betroffene<br />
Gemeinde.<br />
Ausschlaggebend für die Entscheidung<br />
des Freistaats Bayern, auch staatliche<br />
PPP-Projekte durchzuführen, war, dass<br />
man hier eigene belastbare Erfahrungen<br />
gewinnen und (Vertrags-)Elemente des<br />
Funktionsbauvertrags erproben will.<br />
3.2 PPP-Bauvertrag<br />
Wesentlich bei den PPP-Modellen im<br />
Staatsstraßenbau ist die Zusammenführung<br />
von Funktionsbauvertrag und<br />
privatem Vorfi nanzierungsvertrag. In<br />
einem Funktionsbauvertrag wird dem<br />
Unternehmer neben dem Bau auch die<br />
bauliche Erhaltung für einen Zeitraum<br />
von 25 Jahren übertragen. Anders als<br />
beim konventionellen Bauvertrag wird<br />
die Leistung nicht durch eine Vielzahl<br />
von Detailanforderungen beschrieben,<br />
stattdessen werden nur die funktionalen<br />
Eigenschaften und der Bauwerks- bzw.<br />
Straßenzustand durch objektiv messbare<br />
Kriterien defi niert.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Diese müssen über den gesamten Erhaltungszeitraum<br />
eingehalten werden. Der<br />
PPP-Vertrag umfasst vier Teile.<br />
– Teil A: Konventionelle Ausschreibung<br />
(Teilleistungen, die sich nicht für eine<br />
funktionale Leistungsbeschreibung<br />
eignen)<br />
– Teil B: Funktionsbauleistung nach<br />
Leistungsprogramm für Ingenieurbauwerk,<br />
Oberbau und Erdbau (pauschale<br />
Abrechnung)<br />
– Teil C: Bauliche Erhaltung einschließlich<br />
der hierzu erforderlichen Funktionsinspektionen<br />
(Oberbau, Erdbau,<br />
Ingenieurbau) für einen Zeitraum von<br />
25 Jahren<br />
– Teil D: Zwischenfi nanzierung während<br />
der Bauzeit (variabler Zins) und Projektfi<br />
nanzierung (Festzins)<br />
3.3 Vergabe<br />
Die Vergabe der vier Projekte erfolgte<br />
über ein nichtoffenes Verfahren mit öffentlichem<br />
Teilnahmewettbewerb. Die<br />
Anzahl der Bieter, die Angebote abgaben,<br />
schwankte zwischen vier und zwei. Bei<br />
der Wertung diente der Referenzentwurf<br />
bzw. die Referenzbauweise als Maßstab,<br />
wobei die Kriterien Preis, technisches<br />
Konzept, Qualität, die jeweils in weitere<br />
Unterkriterien unterteilt wurden, die<br />
Entscheidungsfi ndung bestimmten.<br />
Bevor die Maßnahmen vergeben werden<br />
konnten, war bzw. ist jeweils die Zustimmung<br />
des Bayerischen Finanzministeriums<br />
bzw. des Haushaltsausschusses<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
notwendig. Dazu mussten Wirtschaftlichkeitsvergleiche<br />
zwischen einer Verwirklichung<br />
als PPP-Projekt und einer<br />
konventionellen Realisierung vorgelegt<br />
werden. Der Wirtschaftlichkeitsvergleich<br />
wird dabei anhand der sogenannten Barwertmethode<br />
durchgeführt, die im Leitfaden<br />
»Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
bei PPP-Projekten« empfohlen wird. Das<br />
Grundprinzip dieses »dynamischen Berechnungsverfahrens«<br />
ist, dass Ausgaben<br />
und Einnahmen, die zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten anfallen, durch Umrechnung<br />
auf einen einheitlichen Bezugszeitpunkt<br />
vergleichbar gemacht werden. Die Wirkung<br />
von Zins- und Zinseszinseffekten<br />
wird auf die Weise berücksichtigt. Auch<br />
die verstärkte Übertragung der Risiken an<br />
den Auftragnehmer wird in die Betrachtung<br />
mit einbezogen und monitär bewertet.<br />
Das Baugrundrisiko bleibt dabei<br />
beim Auftraggeber, das Planungsrisiko<br />
(auch bei Übernahme der Referenzplanung),<br />
das Risiko beim Bau, das Risiko von<br />
Mehrkosten aufgrund von Mengenänderungen,<br />
die Risiken bei der Erhaltung<br />
und die Risiken für die Mängelfreiheit der<br />
Maßnahme liegen hingegen beim Auftragnehmer.<br />
3.4 Finanzierung<br />
Die Finanzierung der Projekte erfolgt getrennt.<br />
Während für die Anteile der WSV<br />
und der Kommunen die Zahlungen konventionell<br />
in vierteljährlichen Abschlägen<br />
nach Baufortschritt fällig werden, zahlt<br />
12 Referenzentwurf für Bergrheinfeld, Segnitz und Volkach<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
11 Schema eines<br />
PPP-Projekts<br />
© Staatliches Bauamt<br />
Schweinfurt<br />
der Freistaat Bayern erst nach Fertigstellung<br />
und Übernahme der Baumaßnahme<br />
in zehn gleichen Jahresraten; die vom<br />
Unternehmer anzubietenden Erhaltungskosten<br />
werden unabhängig von der<br />
Finanzierung der Baukosten ratenweise<br />
nach einem Zahlungsplan vergütet. Die<br />
Raten werden für den Straßenbauteil am<br />
Ende des 9., 15. und 21. Jahres sowie bei<br />
Vertragsende und für den Ingenieurbau<br />
am Ende des 12. und 25. Jahres vergütet<br />
– dies jedoch nur, wenn die vertraglich<br />
vereinbarten funktionalen Anforderungen<br />
erfüllt sind.<br />
3.5 Qualitätssicherung<br />
Die Qualitätssicherung während der<br />
Baumaßnahme erfolgt durch ein Qualitätssicherungsmanagement<br />
des Auftragnehmers,<br />
die Überprüfung durch den<br />
Auftraggeber in Form der sonst üblichen<br />
Bauüberwachung entfällt.<br />
Während der 25-jährigen Unterhaltungsphase<br />
durch den Auftragnehmer hat dieser<br />
für den Straßen- und Ingenieurbau im<br />
Regelturnus von drei Jahren Funktionsinspektionen<br />
durchzuführen. Grundlage für<br />
die Prüfung und Beurteilung des Erhaltungszustandes<br />
sind die Funktionsanforderungen,<br />
welche in den zusätzlichen und<br />
besonderen technischen Vertragsbedingungen<br />
(ZTV- und BTV-Funktion) geregelt<br />
sind. Die Steuerung der Planung bzw. der<br />
Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen<br />
basiert auf defi nierten Warn- bzw.<br />
Schwellenwerten.<br />
Die Übergabeinspektion nach Fertigstellung<br />
der Baumaßnahme und die<br />
Abnahmeinspektion zum Ende der 25jährigen<br />
Vertragslaufzeit werden vom<br />
Auftraggeber durchgeführt, Kriterien sind<br />
hier die festgelegten Übernahme- bzw.<br />
Abnahmewerte.<br />
34
35<br />
3.6 Referenz- und Ausführungsentwürfe<br />
Für die Mainbrücken Bergrheinfeld, Segnitz<br />
und Volkach waren die der Funktionalausschreibung<br />
zugrunde liegenden<br />
Referenzentwürfe Stabbogenbrücken.<br />
Bei Stützweiten von jeweils um die<br />
100 m, der Bedingung, den Lichtraum bei<br />
vorgegebener Gradiente möglich wenig<br />
einzuschränken, und der Forderung der<br />
WSV, wegen der Schiffstoßgefahr auf<br />
Pfeiler im Flussbett zu verzichten, kamen<br />
lediglich Konstruktionen mit einem oben<br />
liegenden Tragwerk in Frage. Da auch<br />
während der Bauzeit nur sehr kurze Einschränkungen<br />
bzw. Unterbrechungen des<br />
Schiffsverkehrs von maximal 24 h möglich<br />
waren, mussten die Überbauten außerhalb<br />
des Flussbettes hergestellt und in<br />
den (kurzen) Sperrpausen eingeschoben<br />
oder eingeschwommen werden. Unter<br />
diesen Randbedingungen erschien eine<br />
Konstruktion des Überbaus als Stabbogen<br />
aus Stahl mit zwei äußeren Bögen und<br />
einer Verbundfahrbahn als geeignet.<br />
Alle Bieter übernahmen unter den<br />
beschriebenen Randbedingungen im<br />
Wesentlichen die Referenzentwürfe, so<br />
dass sie in den drei genannten Fällen mit<br />
gewissen Modifi kationen zur Ausführung<br />
kamen bzw. kommen.<br />
Bei der Mainbrücke Klingenberg ist die<br />
Situation etwas anders, denn sie liegt im<br />
Schleusenbereich des Mains; die Gesamtstützweite<br />
beträgt rund 180 m. Wegen<br />
der städtebaulich anspruchsvollen Situation<br />
wurden im Vorfeld mehrere alternative<br />
Entwürfe (Bogenbrücke, Schrägseilbrücke,<br />
Zügelgurtbrücke, Deckbrücke)<br />
erarbeitet.<br />
Als Referenzentwurf wurde letztlich die<br />
Zügelgurtbrücke gewählt. Gegen die aus<br />
städtebaulicher Sicht ebenfalls in Frage<br />
kommende Deckbrücke sprach zunächst<br />
die relativ hohe maximale Längsneigung<br />
der Gradiente von 5,90 %. Bei der Ausschreibung<br />
waren, wie in den anderen<br />
Fällen auch, Nebenangebote zugelassen.<br />
Zur Ausführung gelangt aber nun doch<br />
eine Deckbrücke: Durch die Verwendung<br />
von höheren Betonfestigkeiten konnte<br />
ihre Schlankheit erhöht und so die maximale<br />
Längsneigung auf 5,50 % reduziert<br />
werden.<br />
13 Mainbrücke Klingenberg: Varianten<br />
© Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />
3.7 Stoßstange<br />
Da die Überbauten der drei neuen Mainbrücken<br />
Bergrheinfeld, Segnitz und<br />
Volkach schiffstoßgefährdet sind, die<br />
lichte Höhe hier also kleiner als das 1,5fache<br />
der erforderlichen Lichtraumhöhe ist,<br />
und die nach der DIN 1055 Teil 9 anzusetzende<br />
Stoßlast von 1 MN zu Schäden am<br />
Stahltragwerk führen würde, wurde eine<br />
»Stoßstange« entwickelt und jeweils auf<br />
beiden Seiten des Überbaus befestigt. Sie<br />
besteht aus dicht geschweißten, um 45°<br />
15 Neue Mainbrücke Bergrheinfeld<br />
© Staatliches Bauamt Schweinfurt<br />
S Y M P O S I U M<br />
14 »Stoßstange«<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
16 Einschwimmen der Mainbrücke Segnitz<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
gedrehten und mit Leichtbeton gefüllten<br />
Quadratrohrquerschnitten. Die Unterkante<br />
der Konstruktion sitzt um 5 cm tiefer<br />
als die des Stahlüberbaus.<br />
Die Stoßstangen sind so konzipiert, dass<br />
der auf sie einwirkende Schiffstoß über<br />
entsprechend dimensionierte Quersteifen<br />
direkt in die steife Betonfahrbahnplatte<br />
geleitet wird. Auf diese Weise kann<br />
der Überbau den Schiffstoß aufnehmen,<br />
ohne in größerem Umfang beschädigt zu<br />
werden.<br />
3.8 Stand der Projekte<br />
Am 18. September 2009 wurde die Mainbrücke<br />
Bergrheinfeld im Zuge der Staatsstraße<br />
2277 für den Verkehr freigegeben.<br />
Am selben Tag erfolgte der offi zielle Baubeginn<br />
für die Mainbrücke Volkach im<br />
Zuge der Staatsstraße 2260. Derzeit sind<br />
die Widerlager im Bau und die Stahlteile<br />
für den Stabbogen in der Werksfertigung.<br />
Bereits im Februar 2009 begannen die<br />
Bauarbeiten an der Mainbrücke Segnitz.<br />
Nach nur acht Monaten wurde hier der<br />
Stabbogen bzw. der Überbau eingeschwommen,<br />
die Betonfahrbahnplatte ist<br />
inzwischen betoniert. Die Fertigstellung<br />
der Brücke ist zusammen mit der Ortsumgehung<br />
Ende 2010 vorgesehen.<br />
Die Vergabe der Mainbrücke Klingenberg<br />
soll in Kürze erfolgen: Der Haushaltsausschuss<br />
des Bayerischen Landtages muss<br />
ihr noch zustimmen.<br />
Als bisheriges Fazit ist zu sagen, dass die<br />
Wirtschaftlichkeit dieser Projektrealisierungen<br />
im Vergleich zu einer herkömmlichen<br />
Haushaltsfi nanzierung gegeben ist.<br />
Autor:<br />
Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />
Oberste Baubehörde im Bayerischen<br />
Staatsministerium des Innern,<br />
München<br />
Bauherren<br />
Freistaat Bayern,<br />
vertreten durch die<br />
Straßenbauverwaltung,<br />
Bundesrepublik Deutschland,<br />
vertreten durch die<br />
Bundeswasserstraßenverwaltung<br />
Baubehörden<br />
Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />
Staatliches Bauamt Schweinfurt<br />
Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Entwurfsverfasser<br />
Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure<br />
für das Bauwesen GmbH, Darmstadt<br />
K + S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Schömig-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />
Kleinostheim<br />
Prüfi ngenieure<br />
Prof. Dr.-Ing. Balthasar Novák, Kleinostheim<br />
Dipl.-Ing. Ulrike Schömig, Kleinostheim<br />
Landesgewerbeanstalt Bayern,<br />
Zweigstelle Würzburg<br />
Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />
Bauausführung<br />
Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />
Aschaffenburg<br />
Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />
36
37<br />
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> BAUTECHN. PRÜFUNG > INSTANDSETZUNG > SCHWERTRANSPORTE<br />
> BAUÜBERWACHUNG > ERTÜCHTIGUNG > WETTBEWERBE<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Planung und Ausführung<br />
Neubau der Haseltalbrücke<br />
� � � von Günther Kleiner<br />
Massive Dauerfestigkeitsprobleme<br />
und erhebliche Schäden an der<br />
Stahlkonstruktion machen einen<br />
Neubau der 660 m langen Haseltalbrücke<br />
erforderlich, der im Vorgriff<br />
auf den Ausbau der Bundesautobahn<br />
A 3 zwischen Aschaffenburg<br />
und Nürnberg mit einem sechsstreifi<br />
gen Querschnitt realisiert wird.<br />
Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs<br />
wird der erste Überbau rund 20 m<br />
südlich des Bestandsbauwerks auf<br />
bis zu 65 m hohen Pfeilern errichtet.<br />
Nach dem Baubeginn mit den Vorarbeiten<br />
noch 2007 wurde der Verkehr<br />
zum Jahresende 2009 von der alten<br />
Brücke auf den ersten Überbau der<br />
neuen Struktur umgelegt, deren<br />
Gesamtfertigstellung für November<br />
2011 geplant ist.<br />
1 Die Ausgangslage<br />
Die Bundesautobahn BAB A 3 Frankfurt–Nürnberg<br />
ist eine hoch belastete<br />
Fernstraßenverbindung im Autobahnnetz<br />
der Bundesrepublik Deutschland, über die<br />
der Verkehr aus dem Ruhrgebiet und dem<br />
Frankfurter Raum in die Metropolregion<br />
Nürnberg und weiter über Regensburg<br />
nach Österreich und Südosteuropa bzw.<br />
über die BAB A 9 in Richtung München<br />
und weiter nach Italien abgewickelt wird.<br />
Mit Öffnung der Grenzen Osteuropas und<br />
der Osterweiterung der Europäischen<br />
Union hat die Bedeutung der BAB A 3<br />
zusätzlich signifi kant zugenommen. Im<br />
Bereich nördlich von Nürnberg werden<br />
heute über 70.000 Kfz/24 h gezählt, westlich<br />
von Aschaffenburg wird die Grenze<br />
von 80.000 Kfz/24 h überschritten.<br />
Um dem gestiegenen Verkehrsaufkommen<br />
Rechnung zu tragen, wird der sechsstreifi<br />
ge Ausbau der BAB A 3 zwischen<br />
Aschaffenburg und dem Autobahnkreuz<br />
Biebelried im Rahmen der zur Verfügung<br />
stehenden Mittel von der Autobahndirektion<br />
Nordbayern vorangetrieben. Eine<br />
Besonderheit stellt dabei die Haseltalbrücke<br />
zwischen den Anschlussstellen<br />
Marktheidenfeld und Rohrbrunn dar. Das<br />
stark geschädigte Bauwerk, das bereits<br />
im Oktober 2002 für den genehmigungspfl<br />
ichtigen Schwerverkehr gesperrt wurde,<br />
musste vorgezogen erneuert werden.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Lage der Brücke<br />
© Autobahndirektion<br />
Nordbayern<br />
2 Das Bestandsbauwerk<br />
Im Zuge des Neubaus der A 3 zwischen<br />
Aschaffenburg und Würzburg in den<br />
1960er Jahren mussten im Spessart<br />
mehrere Großbrücken errichtet werden,<br />
wobei die Haseltalbrücke aufgrund ihrer<br />
Gesamtlänge von 660 m und einer Pfeilerhöhe<br />
von 65 m seinerzeit eine Sonderstellung<br />
einnahm. In nur 30 Monaten Bauzeit<br />
wurde von Mai 1959 bis Oktober 1961<br />
eine Stahlbrücke mit orthotroper Fahrbahnplatte<br />
über sieben Felder errichtet,<br />
deren Feldlänge in den fünf Mittelfeldern<br />
bei je 101,60 m, in den beiden Randfeldern<br />
bei 76,20 m lag. Der einzellige Querschnitt<br />
besitzt eine Gesamtbreite von<br />
29,00 m und eine Bauhöhe von 5,00 m,<br />
in den Endfeldern geht die Bauhöhe auf<br />
3,70 m zurück. Das Bauwerk liegt in einem<br />
Radius von 2.000 m und einer Wanne von<br />
3 Bisheriger Querschnitt<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
2 Bestandsbauwerk<br />
© Autobahndirektion<br />
Nordbayern<br />
20.000 m. Die beiden Hauptträger leiten<br />
ihre Lasten über Hohlpfeiler mit 6 m<br />
Durchmesser in den Untergrund ab.<br />
Infolge des seinerzeit hohen Anteils der<br />
Materialkosten an dem Gesamtherstellungspreis<br />
der Brücke erhielt das Angebot<br />
mit dem niedrigsten Flächengewicht den<br />
Zuschlag: Mit nur 248 kg/m² – das entspricht<br />
einem Gesamtgewicht von 4.800 t<br />
– wurde der leichteste Stahlüberbau für<br />
Straßenbrücken hergestellt.<br />
Die negativen Auswirkungen des leichten<br />
und damit auch weichen Überbaus ließen<br />
nicht lange auf sich warten, denn starke<br />
Verformungen führten bereits nach<br />
zehn Jahren unter Verkehr zu zahlreichen<br />
Rissen in den Schweißnähten. Bei einer<br />
weiteren Untersuchung 1983 wurden<br />
bereits 263 systematische Schweißnahtrisse<br />
festgestellt.<br />
38
39<br />
4 Verstärkungsmaßnahme<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Als Verstärkungsmaßnahme mussten<br />
daher in den Jahren 1985–1988 zusätzliche<br />
Längs- und Querträger mit einem<br />
Gewicht von 1.000 t eingebaut werden,<br />
was die Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />
weiterer Schäden aber nur für kurze Zeit<br />
verringern konnte. Infolge von Lastumlagerungen,<br />
der Wahl ermüdungsanfälliger<br />
Schweißnähte und des starken Anstiegs<br />
des Schwerverkehrs nahm die Zahl der<br />
Schäden schnell wieder zu. Als im Herbst<br />
2002 vom beauftragten Gutachter keine<br />
Möglichkeiten für weitere Sanierungen<br />
gesehen wurden, erteilten das Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
sowie die Oberste Baubehörde<br />
im Bayerischen Staatsministerium des<br />
Innern der Autobahndirektion Nordbayern<br />
den Auftrag zur Planung einer<br />
neuen Brücke unter Berücksichtigung<br />
des sechsstreifi gen Ausbaus der A 3. Ab<br />
diesem Zeitpunkt hatte der genehmigungspfl<br />
ichtige Schwerverkehr das Bauwerk<br />
weiträumig zu umfahren. Zusätzlich<br />
wurden jährliche Sonderprüfungen und<br />
eine intensive laufende Beobachtung<br />
angeordnet, zur Gewährleistung einer<br />
ausreichenden Resttragfähigkeit seither<br />
150.000 €/a für Risseinstandsetzungen<br />
ausgegeben.<br />
3 Der Neubau<br />
3.1 Überbau<br />
Durch ihre Lage im dicht bewaldeten<br />
Spessart, weit entfernt von der nächsten<br />
Bebauung und nur von untergeordneten<br />
Wanderwegen einzusehen, stand beim<br />
Entwurf neben einer bewährten Bauweise<br />
die Wirtschaftlichkeit an vorderster<br />
Stelle.<br />
Gegenüber dem vorhandenen Bauwerk<br />
wurden deshalb die größten Stützweiten<br />
auf 58 m so weit reduziert bzw. optimiert,<br />
dass die Errichtung als Spannbetontaktschiebebrücke<br />
ohne Hilfsstützen mit zwei<br />
getrennten Überbauten ausgeschrieben<br />
werden konnte; die beiden Endfelder<br />
liegen mit 49 m ebenso im optimalen<br />
Bereich für das Taktschieben.<br />
5 Errichtung des ersten Überbaus<br />
© Hajo Dietz/Autobahndirektion Nordbayern<br />
6 Ansicht der neuen Brücke<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
7 Querschnitt der neuen Brücke<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Die Gesamtstützweite erhöht sich, weil<br />
die alte Haseltalbrücke sehr große Widerlager<br />
aufweist, die beim Neubauprojekt<br />
auf eine wirtschaftliche Größe reduziert<br />
wurden. Als Überbauquerschnitte wurden<br />
Hohlkästen mit Mischvorspannung,<br />
das heißt, Verbundspannglieder in der<br />
Boden- und Fahrbahnplatte sowie verbundlose<br />
Spannglieder im Innern der<br />
Hohlkästen gewählt. Diese bewährte<br />
Standardbauweise lässt nur geringe<br />
Erhaltungskosten erwarten.<br />
3.2 Unterbauten<br />
Um das Tal durch die zusätzlichen Pfeiler<br />
nicht allzu sehr optisch einzuengen,<br />
wurden diese möglichst schlank geplant.<br />
In der Ansicht beträgt ihre Breite je nach<br />
Pfeilerhöhe zwischen 3 m und 5 m, sie<br />
werden mit 0,45 m Wandstärke hohl ausgebildet.<br />
Mit der großen Pfeilerschlankheit<br />
muss jedoch eine beträchtliche Auslenkung<br />
beim Verschub des Überbaues in<br />
S Y M P O S I U M<br />
Kauf genommen werden, der beim höchsten<br />
Pfeiler rechnerisch 0,65 m beträgt. Im<br />
Zuge der Bauausführung wurde deshalb<br />
beim Verschub auf eine sehr geringe<br />
Reibung geachtet. Es gelang dadurch<br />
beim ersten Überbau die Auslenkung auf<br />
unter 0,05 cm zu begrenzen, so dass auf<br />
ein nachträgliches Ausrichten verzichtet<br />
werden konnte.<br />
3.3 Gründung<br />
Entsprechend den Empfehlungen im<br />
Bodengutachten wurden Bohrpfähle mit<br />
1,50 m Durchmesser gewählt. Unter einer<br />
Pfahlkopfplatte wurden acht Pfähle, 10:1<br />
geneigt, zusammengefasst, deren maximale<br />
Länge bei 19 m lag.<br />
3.4 Bauablauf<br />
Bereits zu Beginn der Planung stand<br />
aufgrund der Netzlage der A 3 zwischen<br />
Aschaffenburg und Würzburg fest, dass<br />
der Verkehr auf der Haseltalbrücke auf-<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
rechterhalten werden muss. Zur Verbesserung<br />
der Linienführung – das Bauwerk<br />
befi ndet sich in einem Radius von 2.000 m<br />
– fi el die Entscheidung, den ersten<br />
Überbau ohne Querverschub südlich der<br />
existierenden Brücke zu errichten. Dieser<br />
ersten Bauphase, die zwischenzeitlich<br />
mit der Verkehrsumlegung auf den neuen<br />
Überbau zum Jahresende 2009 abgeschlossen<br />
wurde, folgen ab Januar bis Mai<br />
2010 mit der Bauphase II der Abbruch des<br />
Bestandsbauwerks und der Neubau des<br />
nördlichen Überbaues. In der Bauphase III<br />
werden die Verkehrsströme endgültig auf<br />
die beiden Überbauten aufgeteilt sowie<br />
das Baufeld rekultiviert.<br />
3.5 Passive Schutzeinrichtungen<br />
Im Vorgriff auf die Einführung der neuen<br />
Richtlinien für den passiven Schutz an<br />
Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme<br />
RPS wurde ein passives Schutzsystem<br />
aus Stahl mit der Aufhaltestufe H 2 und<br />
einem Wirkungsbereich W 5 ausgeschrieben.<br />
Kurz vor der Beauftragung eines Subunternehmers<br />
mit dem Geländerbau erhielt<br />
die Autobahndirektion Nordbayern die<br />
Untersuchung der Bundesanstalt für<br />
Straßenwesen vom 22. Juli 2009, die unter<br />
anderem auch einen Bemessungsvorschlag<br />
für die Geländerhöhen aufweist.<br />
In Abhängigkeit von der Höhe des Schutzsystems<br />
über der Kappe, der Kappengeometrie<br />
und der Breite des Notgehweges<br />
8 Rückbau der bestehenden Brücke<br />
© Weiland Bau GmbH<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
wird hier die Höhe jeweils individuell<br />
bemessen. Nach Rücksprache mit der<br />
Obersten Baubehörde im Bayerischen<br />
Staatsministerium des Innern und dem<br />
Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung fi el dann die Entscheidung,<br />
das Brückengeländer auf 1,50 m zu<br />
erhöhen.<br />
4 Abbruch der alten Brücke<br />
4.1 Konzepte<br />
Bereits in der Planungsphase für den Neubau<br />
wurde der Abbruch der alten Brücke<br />
in unmittelbarer Nähe zur neuen intensiv<br />
diskutiert. Wichtige Randbedingung waren<br />
die Sicherheit für das neue Bauwerk,<br />
die Wirtschaftlichkeit, das aus Naturschutzgründen<br />
beschränkte Baufeld,<br />
die schwierige Zugänglichkeit unter der<br />
Brücke, die Dauer der Abbrucharbeiten<br />
und die Erschwernis durch die Querriegel<br />
bei den hohen Pfeilern.<br />
Zwei Konzepte kamen in die engere Wahl<br />
und wurden vertieft untersucht. Dies waren<br />
die Gesamtsprengung des Bauwerks<br />
sowie der abschnittsweise Abbruch des<br />
Überbaus mit gestaffelter Sprengung der<br />
Pfeiler, die im Ergebnis beide ausführbar<br />
schienen. Nach Gesprächen mit erfahrenen<br />
Sprengmeistern fi el letztendlich<br />
wegen der größeren Sicherheit bei der<br />
praktischen Durchführung die Wahl auf<br />
die zweite Alternative.<br />
4.2 Ausführung<br />
Mitte Januar 2010 wurde mit dem Ausbau<br />
des Brückenbelags begonnen. Danach<br />
werden beidseitig die Kappen und<br />
die Auskragungen über den Hauptträgern<br />
entfernt sowie im nächsten Schritt über<br />
den Pfeilern Litzenheber verankert. Anschließend<br />
erfolgt das Heraustrennen<br />
eines vollständigen Brückenfeldes, das<br />
auf den Boden abgelassen wird und dort<br />
zur Rückverankerung der Litzenheber<br />
für das Nachbarfeld dient; die über den<br />
Pfeiler verankerten Reste des Überbaues<br />
müssen mit leistungsstarken Kränen<br />
herabgehoben werden.<br />
Nach dem Abtransport der Stahlteile<br />
werden bei den Bestandspfeilern, die<br />
nahe an jenen des Neubaus liegen, Gruben<br />
ausgehoben, in denen das Material<br />
der gesprengten Pfeiler zurückgehalten<br />
wird. Dadurch lässt sich verhindern, dass<br />
Material von den Schuttkegeln abrutscht<br />
und die neuen Pfeiler beschädigt.<br />
Bei den Sprengungen wird mit den niedrigen<br />
Einzelpfeilern der Randfelder begonnen,<br />
die in Querrichtung, also in Fallrichtung<br />
weg vom neuen Bauwerk gesprengt<br />
werden. Mit den dabei gewonnenen<br />
Erfahrungen können die Sprengladungen<br />
für die hohen Pfeiler noch angepasst<br />
werden.<br />
40
41<br />
9 Technische Daten der neuen Brücke<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Die massiven Querriegel an den Pfeilerköpfen der hohen<br />
Pfeiler erlauben eine Fallrichtung weg vom Neubau nur<br />
bis zu einem Winkel von maximal 40°. Da die Erschütterungsprognose<br />
hierfür aber eine Schwinggeschwindigkeit<br />
am nächstgelegenen Neubaupfeiler von knapp<br />
30 mm/s ergibt, die deutlich über dem Anhaltswert von<br />
20 mm/s für eine Schadenfreiheit liegt, scheidet eine<br />
Fallrichtungssprengung aus. Stattdessen wird für diese<br />
Pfeiler eine Sprengfaltung gewählt: Bei einer solchen<br />
Mehrfachsprengung werden am Pfeilerfuß und in Pfeilermitte<br />
gegenüberliegende Sprengmäuler vorbereitet.<br />
Bei der Sprengung knickt der Pfeiler dadurch nur in der<br />
Mitte nach außen und fällt anschließend in zwei Teilen<br />
parallel zum Überbau in die vorbereitete Grube. Die<br />
Schwinggeschwindigkeit kann durch diese Sprengmethode<br />
auf 20 mm/s begrenzt werden.<br />
Autor:<br />
Leitender Baudirektor Dipl.- Ing. (Univ.)<br />
Günther Kleiner<br />
Autobahndirektion Nordbayern,<br />
Nürnberg<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
vertreten durch die<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Entwurf<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Tragwerksplanung<br />
K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Abbruchplanung<br />
Max Wild GmbH, Berkheim<br />
Reisch Sprengtechnik GmbH, Andechs<br />
Prüfi ngenieure<br />
Dr.-Ing. Bernd Brandt, Nürnberg<br />
Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />
Ausführung<br />
Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG, Aschaffenburg<br />
S Y M P O S I U M<br />
PRÄZISION IN DER SENSORTECHNIK<br />
VIBRATION UND SCHWINGUNG<br />
ALTHEN GmbH Mess- und Sensortechnik –<br />
dahinter stehen über 30 Jahre Technik vom Feinsten.<br />
Messtechnik im Bauwesen<br />
Sensoren und Systeme für die Messung<br />
und Aufzeichnung von Vibrationen und<br />
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Dauererschütterung<br />
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erdverlegte Rohrleitungen<br />
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Willkommen bei den Spezialisten. www.althen.de<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Gestaltungsprinzip »Poesie der Logik«<br />
Eisenbahnbrücken der ÖBB<br />
� � � von Hannes Kari<br />
Zum Thema der Gestaltung im Ingenieur-<br />
und Brückenbau gibt es heute<br />
zwei Standpunkte, die nachfolgend<br />
einander gegenübergestellt werden,<br />
um sie schließlich im Begriff »Poesie<br />
der Logik« zu vereinen.<br />
1 Moderne Baukultur<br />
Der eine häufi g von den Planern verwendete<br />
Standpunkt »Form follows Function«<br />
geht auf den Gestaltungsleitsatz<br />
der Design- und Architekturschule des<br />
Bauhauses zurück und wird in Form einer<br />
überwiegend rationalen Umsetzung<br />
interpretiert. Die Beispiele der Geschichte<br />
haben jedoch gezeigt, dass ein rein funktionaler<br />
und statisch richtiger Entwurf<br />
nicht notwendigerweise schön ist. Man<br />
vergisst dabei, dass die Ästhetik und Gestaltung<br />
eines Bauwerks selbst auch eine<br />
wesentliche Funktion haben.<br />
Der andere Standpunkt wird durch die<br />
Aussage »Über Geschmack lässt sich<br />
streiten« zum Ausdruck gebracht und<br />
entzieht sich damit indirekt einer Auseinandersetzung<br />
mit der Gestaltung und<br />
deren Elementen. Diese Position argu-<br />
RAFFL – Der Spezialist für Stahl- & Metallbau<br />
Das Fertigungswerk von RAFFL mit einer<br />
Produktionsfläche von über 10.000 m² ermöglicht<br />
es, jährlich tausende Tonnen Stahl<br />
für gewerbliche und industrielle Zwecke<br />
zu verarbeiten.<br />
Die Firma Raffl ist auf den Bau und die<br />
Errichtung von Stahlhallen spezialisiert.<br />
Von der Planumsetzung über Konstruktion,<br />
Fertigung und Montage erfolgen alle Arbeiten<br />
als Eigenleistung. Organisatorische<br />
Effizienz, Zuverlässigkeit in der Fertigung,<br />
spezialisiertes Personal und modernste<br />
Produktionstechnik ermöglichen es, die<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Reichsbrücke Wien<br />
mentiert auf der rein emotionalen Ebene,<br />
die subjektiv im eigentlichen Sinne ist.<br />
Daraus würde folgen, dass ein Entwurf<br />
für jeden einzelnen Menschen der Gesellschaft<br />
anders wahrgenommen wird, was<br />
wiederum nicht der tatsächlichen Wahrnehmung<br />
entspricht.<br />
Beide Standpunkte zeigen jedoch, dass<br />
Schönheit rationalen, bewussten Anforderungen<br />
ebenso genügen muss wie der<br />
sinnlichen Wahrnehmung. Die Vereinigung<br />
der unterschiedlichen Standpunkte<br />
kann durch den Begriff »Poesie der Logik«<br />
Brücke Hafling U 2 / 8 Wien<br />
Wünsche öffentlicher und privater Auftraggeber<br />
in kürzester Zeit fachgerecht<br />
umzusetzen. Die Firma Raffl entwickelte<br />
sich zudem kontinuierlich zum führenden<br />
Brückenbauunternehmen in Österreich:<br />
Fachplanung, Ausarbeitung und Fertigung<br />
kommen aus dem eigenen Haus.<br />
Die Produktion erfolgt mit Hilfe hochmoderner<br />
maschineller Ausrüstung. Sämtliche<br />
gefertigten Stahlteile werden ausschließlich<br />
sandgestrahlt bearbeitet und in der<br />
hauseigenen Abteilung für Korrosionsschutz<br />
beschichtet.<br />
Die Montage wird mit firmeneigenen Hebegeräten<br />
durch das spezialisierte Fachpersonal<br />
durchgeführt.<br />
STAHLBAU GmbH<br />
Stahl- und Metallbau<br />
Wolf 40 · A-6150 Steinach<br />
Telefon +43 / 52 79 / 6 00-0<br />
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E-Mail: stahlbau@raffl.at<br />
Internet: www.raffl.at<br />
1 Landecker<br />
Innbrücke<br />
© ÖBB<br />
Infrastruktur AG<br />
beschrieben und zum Prinzip moderner<br />
Baukultur werden. Drei Beispiele, wie die<br />
hier abgebildete Landecker Innbrücke, die<br />
Brücke über die Ötztalerache, ebenfalls in<br />
Österreich, sowie die Rheinbrücke bei St.<br />
Margarethen zwischen Österreich und<br />
der Schweiz, vermögen dieses Prinzip<br />
näher zu veranschaulichen.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. techn. Hannes Kari<br />
ÖBB Infrastruktur AG,<br />
Wien<br />
42
43<br />
Teil der Eisenbahn-Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt<br />
Planung und Errichtung der Grümpentalbrücke<br />
� � � von Martin Schnellhardt<br />
Planung und Errichtung der 270 m<br />
weit gespannten Bogenbrücke über<br />
das Tal der Grümpen zwischen den<br />
Ortslagen Grümpen und Selsendorf<br />
erfolgen im Rahmen der Realisierung<br />
der Eisenbahn-Neubaustrecke<br />
zwischen Ebensfeld und Erfurt. Die<br />
Grümpentalbrücke befi ndet sich<br />
derzeit im Bau – und wird nach ihrer<br />
Fertigstellung eine der beiden am<br />
weitesten gespannten Eisenbahn-<br />
Betonbogenbrücken Europas sein.<br />
1. Einführung<br />
1.1 Rahmenbedingungen<br />
Im Vorgriff auf den Verkehrswegeplan<br />
1992 beschloss die Bundesregierung im<br />
April 1991 die Verkehrsprojekte Deutsche<br />
Einheit. Das Verkehrprojekt Deutsche<br />
Einheit-(VDE-)Schiene Nr. 8 von Nürnberg<br />
nach Berlin ist der wichtigste Abschnitt<br />
der Schienenverbindungen von Verona<br />
nach Berlin. Teil dieses Abschnitts ist die<br />
Neubaustrecke (NBS) von Ebensfeld nach<br />
Erfurt – das Verkehrsprojekt Nr. 8.1.2.<br />
Seine Realisierung und Inbetriebnahme<br />
werden zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung<br />
der Eisenbahn in Deutschland<br />
und Europa für den Personen- und Güterverkehr<br />
führen.<br />
1.2 Eisenbahnbetriebliche Aspekte<br />
Zurzeit beträgt die Verbindung von<br />
Nürnberg nach Erfurt (ca. 175 km Luftliniendistanz)<br />
2 ¾ Stunden, was einer<br />
unattraktiven Luftliniengeschwindigkeit<br />
von 64 km/h entspricht. Mit dem Bau der<br />
NBS Ebensfeld–Erfurt wird in Verbindung<br />
mit der Ausbaustrecke (ABS) Nürnberg–<br />
Ebensfeld erstmals eine direkte Verbindung<br />
zwischen dem fränkischen Zentrum<br />
und der thüringischen Landeshauptstadt<br />
geschaffen und das bestehende Kernnetz<br />
der DB AG ideal vernetzt und ergänzt.<br />
Das planfestgestellte Betriebsprogramm<br />
sieht für die NBS eine Belegung von ca.<br />
108 Zügen pro Tag und Richtung vor.<br />
Hierbei entfallen auf den Güterverkehr<br />
1 Transeuropean-Transport-Network-(TEN-)Projekt 1 und VDE 8<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
84 und auf den Personenverkehr 24 Züge.<br />
Unter diesen Randbedingungen werden<br />
die hohen Anforderungen und Ziele nach<br />
Angleichung der Wettbewerbsbedingungen<br />
in den östlichen Bundesländern, der<br />
Erhöhung der Mobilität in den vernetzten<br />
Regionen, nach umweltfreundlichem und<br />
sicherem Transport von Personen und<br />
Gütern sowie die Kriterien im Rahmen der<br />
europäischen Erfordernisse für die Regionen<br />
Mailand–München–Berlin erfüllt.<br />
Die Fahrzeit für die ICE-Verbindung von<br />
Nürnberg nach Erfurt verkürzt sich nach<br />
der geplanten Inbetriebnahme 2017<br />
gegenüber den heutigen Verhältnissen<br />
erheblich auf ca. 1 h, für die Verbindung<br />
München–Berlin ergibt sich dann eine<br />
Reisezeit von ca. 4 h.<br />
1.3 Streckenführung<br />
Die NBS Ebensfeld–Erfurt ist als zweigleisige,<br />
elektrifi zierte Eisenbahnstrecke für<br />
Hochgeschwindigkeitsverkehre geplant.<br />
Sie hat eine Gesamtlänge von 106,80 km<br />
und verläuft, von Ebensfeld kommend, zunächst<br />
rund 34 km auf bayrischem Gebiet<br />
durch die Mainebene und daran anschließend<br />
östlich an Coburg vorbei. Die Stadt<br />
Coburg wird über die Verbindungskurven<br />
Niederfüllbach und Dörfl es-Esbach an die<br />
neue Trasse angeschlossen. Im weiteren<br />
Verlauf quert die Trasse den Froschgrundsee<br />
an der bayrisch-thüringischen Landesgrenze<br />
und erreicht nordwestlich von<br />
Grümpen den Überholbahnhof Theuern.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Nach der Querung des Bleßberges mit<br />
einem 8,30 km langen Tunnel nimmt<br />
die Strecke den weiteren Aufstieg zum<br />
Scheitelpunkt bei Goldisthal. Im Bereich<br />
des Thüringer Waldes wechseln sich dann<br />
Bogenbrücken über tief eingeschnittenen<br />
Tälern mit Tunneln ab. Nördlich des<br />
Tunnels Goldberg fällt die NBS wieder<br />
ab und führt durch den Silberberg mit<br />
einem ca. 7,40 km langen Tunnel. Nach<br />
der Querung der Ilm mit einer ca. 1,70 km<br />
langen Talbrücke beginnt bei Traßdorf der<br />
rund 23 km lange Bündelungsbereich mit<br />
der Bundesautobahn A 71. Zwischen den<br />
Erfurter Stadtteilen Bischleben und Hochheim<br />
wird die NBS in die ABS Bebra–Erfurt<br />
vom Westen her eingebunden; die jetzt<br />
dreigleisige Strecke wird um die beiden<br />
Neubaugleise erweitert.<br />
Die vorgesehene Trassierung ist für eine<br />
Entwurfsgeschwindigkeit bis zu 300 km/<br />
h ausgelegt. Der Strecke liegen die folgenden<br />
Trassierungswerte der Linienführung<br />
zugrunde:<br />
– Regelradius: 6.300 m<br />
– Mindestradius: 3.700 m<br />
– maximale Längsneigung: 12,50 ‰,<br />
auf Teilstücken: 20,00 ‰<br />
– Regelausrundung: 25.000 m<br />
– Mindestausrundung: 22.500 m<br />
Die topografi schen Bedingungen im<br />
nördlichen Bayern und die Querung des<br />
Thüringer Waldes mit dem sich nördlich<br />
anschließenden Thüringer Becken haben<br />
zur Folge, dass von der 106,80 km langen<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
NBS rund 41 km in 22 Tunnelbauwerken<br />
und 12 km auf 29 großen Talbrücken<br />
verlaufen. Zusätzlich sind 23 kleinere<br />
Eisenbahnbrücken und 46 Straßen- und<br />
Wegebrücken zur Wiederherstellung der<br />
durch die NBS unterbrochenen Verkehrs-<br />
bzw. Wegebeziehungen erforderlich.<br />
1.4 Planrechtsverfahren<br />
Nach dem Abschluss der Vorplanungen<br />
für den Abschnitt NBS Ebensfeld–Erfurt<br />
im Sommer 1991 wurde im Jahre 1992<br />
mit den weiteren Planungen durch die<br />
die DB ProjektBau GmbH (vormals PB DE<br />
Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche<br />
Einheit mbh) begonnen. Zunächst<br />
wurden großräumige Alternativbetrachtungen<br />
im Raum Nürnberg–Erfurt–Hof<br />
durchgeführt, die nach Abwägung aller<br />
eisenbahnbetrieblichen, ökologischen,<br />
technischen und wirtschaftlichen<br />
Zwangspunkte in fünf Haupt- und mehreren<br />
Untervarianten tiefer untersucht und<br />
bewertet werden mussten. Das hierzu<br />
erforderliche Raumordnungsverfahren<br />
wurde am 20. November 1992 eingeleitet.<br />
In den Stellungnahmen der betroffenen<br />
Länder, der Freistaaten Bayern und<br />
Thüringen, wurde die Linienführung von<br />
Ebensfeld mit östlicher Umfahrung von<br />
Coburg nach Erfurt als Vorzugsvariante<br />
festgestellt. Dies entsprach auch den<br />
Erfordernissen der Deutschen Bahnen.<br />
Im Jahre 1994 stimmte der Bundesminister<br />
für Verkehr der geplanten Linienführung<br />
der NBS mit den zugehörigen<br />
Bahnstromleitungen zu, ab dem Jahr<br />
1994 schlossen sich die Planfeststellungsverfahren<br />
für die in zehn Abschnitte<br />
eingeteilte NBS Ebensfeld–Erfurt an;<br />
die Planfeststellung für die im Abschnitt<br />
Sonneberg liegende Grümpentalbrücke<br />
erfolgte am 24. Mai 1995.<br />
2. Entwurf und Ausschreibung<br />
2.1 Grundlagen<br />
In einer landschaftlich reizvollen Gegend<br />
und einer landwirtschaftlich genutzten<br />
sowie dünn besiedelten Region bestand<br />
die Herausforderung, eine Verbindung<br />
zwischen Natur, Technik und Mensch zu<br />
schaffen.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
2 Übersicht<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
3 Die Grümpen<br />
© Martin Schnellhardt<br />
Die Lage der Grümpentalbrücke ist von<br />
den südlichen Ausläufern des Thüringer<br />
Waldes mit seinen fl ach abfallenden<br />
Talfl anken und dem Flusslauf der Grümpen<br />
in einem breiten Talraum geprägt.<br />
Aufgrund des weitgespannten Bogens<br />
und der relativen Höhe über dem Talgrund<br />
ist sie eine ingenieurtechnische<br />
Meisterleistung, die im Einklang mit<br />
den Anforderungen an die Minimierung<br />
der Eingriffe in den Talraum und an eine<br />
größtmögliche Transparenz zur optimalen<br />
Einbindung des Bauwerks in das Landschaftsbild<br />
steht.<br />
Die Planungen wurden weitgehend<br />
auch durch den verlangten Erhalt von<br />
Schutzgütern bestimmt. Aus dem Grund<br />
wirkten von Anfang an Umweltgutachter<br />
und Landschaftsplaner kontinuierlich<br />
an den Planungen und Optimierungen<br />
mit. Dadurch konnte gesichert werden,<br />
dass Maßnahmen zur Vermeidung und<br />
Verminderung von Umweltwirkungen in<br />
einem hohen Maße berücksichtigt werden<br />
konnten. Es war und ist jedoch nicht<br />
zu verhindern, dass der Bau der NBS große<br />
Eingriffe in das Natur- und Landschaftsbild<br />
bedeutet, die durch landschaftsgestaltende<br />
Maßnahmen aber minimiert<br />
und durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />
kompensiert werden.<br />
Vor diesem Hintergrund war das Ziel der<br />
Entwurfsplanung, all jene Ansprüche<br />
wirtschaftlich umzusetzen. Hierzu wurden<br />
in Variantenuntersuchungen Vorentwürfe<br />
erarbeitet, die zum Teil konträre<br />
Ergebnisse brachten. Der Entwurf der<br />
Grümpentalbrücke erfolgte im Zusammenhang<br />
mit der südlich der thüringischen<br />
Landesgrenze gelegenen Talbrücke<br />
Froschgrundsee. Grundlage ist in weiten<br />
Teilen die Rahmenentwurfsplanung für<br />
Talbrücken der DB AG.<br />
2.2 Entwurfsplanung<br />
Im Verlauf der Neubaustrecke Ebensfeld–<br />
Erfurt in Richtung Norden überquert die<br />
geplante zweigleisige Trasse die bayrischthüringische<br />
Landesgrenze. Nach einem<br />
sich bei Sonneberg anschließenden ca.<br />
1,80 km langen Einschnitt quert die Strecke<br />
mit einem 745 m langen Tunnel den<br />
Müß, eine 486 m hohe Erhebung der südlichen<br />
Ausläufer des Thüringer Schiefergebirges,<br />
und erreicht danach das Grümpental.<br />
Zwischen den Ortslagen Grümpen<br />
und Selsendorf überquert die Brücke das<br />
Tal der Grümpen in ca. 70 m Höhe, dessen<br />
Form durch fl ach ansteigende Talfl anken<br />
und einen etwa 250 m breiten, ebenen<br />
Talraum geprägt ist. Auf der Südseite ist<br />
dieser von dem natürlichen Flusslauf der<br />
Grümpen sowie begleitenden Gehölzen<br />
und auf der Nordseite von der Kreisstraße<br />
K 34 begrenzt. Im Norden grenzt ein klei-<br />
44
45<br />
4 Talbrücke Froschgrundsee: Variante Pylon<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
neres Seitental an, an dessen Nordfl anke<br />
die Bundesstraße B 89 und die Eisenbahn<br />
der Strecke Eisfeld–Sonneberg in westöstlicher<br />
Richtung verlaufen. Die NBS-<br />
Trasse ist im Bereich des Grümpentals<br />
mit R = 6.640 m und sich anschließenden<br />
Übergangsbögen trassiert. Die Strecke<br />
steigt im Verlauf der Grümpentalbrücke<br />
mit einer Längsneigung von 12,50 ‰<br />
von Süden nach Norden an. Hinter dem<br />
nördlichen Kastenwiderlager schließt<br />
unmittelbar der 1.317 m lange Tunnel<br />
Baumleite an.<br />
Unter Beachtung der topografi schen Verhältnisse<br />
und der Gestaltungsvorgaben<br />
der benachbarten Talbrücke Froschgrundsee<br />
erfolgte die Entwurfsplanung mit<br />
Hinblick auf eine ästhetisch ansprechende<br />
Lösung, die Minimierung des Eingriffes<br />
in den Talraum sowie eine größtmögliche<br />
Transparenz zur optimalen Einbindung<br />
des Bauwerks in das Landschaftsbild.<br />
Eine Überbrückung des Talraumes mit<br />
großen Stützweiten lag somit auf der<br />
Hand, Balkenbrücken mit Regelstützweiten<br />
von ca. 50–60 m schieden ebenso<br />
aus wie über der Fahrbahn angeordnete<br />
Tragwerke. Hierzu wurden die Ergebnisse<br />
der im Vorfeld durchgeführten Entwurfsplanung<br />
der Talbrücke Froschgrundsee<br />
genutzt: Aufgrund der exponierten Lage<br />
der Talbrücke Froschgrundsee in einem<br />
beliebten Ausfl ugsziel und über dem<br />
Hochwasserrückhaltebecken für die<br />
Region Coburg wurden mehrere Alternativen<br />
für die Brückenhauptform entwickelt.<br />
Ursprünglich untersuchte Varianten mit<br />
tragenden Konstruktionsteilen oberhalb<br />
der Schienenoberkante wurden aus gestalterischen<br />
und wirtschaftlichen Aspekten<br />
frühzeitig ausgeklammert, um keine<br />
zusätzliche Dominante zu schaffen.<br />
Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung<br />
der örtlichen Randbedingungen<br />
konzentrierte sich die Entwurfsplanung<br />
nunmehr auf die möglichen Varian-<br />
ten von Bogenbrücken. Eine Variante mit<br />
zwei Bögen, einem 270 m weit gespannten<br />
Bogen im Grümpental und einem<br />
132 m weit gespannten im benachbarten<br />
Seitental, wurde wegen der relativen<br />
Nähe der erforderlichen Gründung des<br />
Nordbogens zur Bundesstraße B89 und<br />
Eisenbahnstrecke Eisfeld–Sonneberg<br />
sowie der höheren Kosten für die Herstellung<br />
nicht vertieft. Gestalterisch konnte<br />
diese Lösung aber auch nicht überzeugen,<br />
da die unterschiedlich weit gespannten<br />
Bögen mit den doch stark differierenden<br />
Schlankheiten den visuellen Eindruck<br />
stören.<br />
Als Vorzugslösung wurden zur Überbrückung<br />
der großen Hauptstützweite ein<br />
Bogen mit 270 m Spannweite über das<br />
Grümpental und sich anschließende Vorlandbrücken<br />
mit 307 m Länge im Süden<br />
und 527 m Länge im Norden gewählt.<br />
6 Grümpentalbrücke: Variante mit zwei Bögen<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
7 Grümpentalbrücke: Vorzugslösung<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
5 Talbrücke Froschgrundsee: Variante Stabbogen<br />
© DB ProjektBau GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
Diese Variante wurde allen Anforderungen<br />
an die Umwelt, die Gestaltung und<br />
eine wirtschaftliche Bauweise am ehesten<br />
gerecht.<br />
Der Überbau der Brücke ist als Spannbeton-Durchlaufträger-Kette<br />
mit einem<br />
einzelligen Hohlkastenquerschnitt und<br />
einer Regelstützweite zwischen 44 m im<br />
Vorland- sowie 30 m im Bogenbereich<br />
geplant und wird mit internen Spanngliedern<br />
in Längs- und Querrichtung vorgespannt.<br />
Die Entwurfsgeschwindigkeit im<br />
Bereich der Brücke beträgt v e = 300 km/h<br />
mit einem Gleisabstand in den Thüringer<br />
Bauabschnitten von 4,50 m, als Oberbauart<br />
ist die Feste Fahrbahn auf Brücken<br />
vorgesehen. Die Bauart mit Fester Fahrbahn<br />
stellt erhöhte Anforderungen an die<br />
Verformungsbegrenzung des Bauwerks,<br />
so dass bereits in der Entwurfsphase<br />
umfangreiche Untersuchungen auch<br />
hinsichtlich der dynamischen Beanspruchungen<br />
erforderlich waren. Die Breite<br />
der Brücke von Gesimsaußenkante zu<br />
Gesimsaußenkante misst 14,10 m, auf<br />
der Westseite bzw. Ostseite erhält das<br />
Bauwerk in den Bereichen der ortsnahen<br />
Lage eine 1 m bzw. 2 m hohe Schallschutzwand<br />
als Maßnahme des aktiven Schallschutzes.<br />
Die Gründungen erfolgen im angewitterten<br />
bis unverwitterten Sandstein mit<br />
Tonsteinzwischenlagen des Mittleren<br />
und Oberen Buntsandsteins. Die Kastenwiderlager<br />
mit vorgelagerten Aufl agerlisenen<br />
und die Pfeiler zwischen den<br />
beiden Tälern werden aufgrund der oberfl<br />
ächennah anstehenden Felsschichten<br />
fl ach gegründet, an den anderen Bauwerksachsen<br />
ist eine Gründung mit Großbohrpfählen<br />
vorgesehen. Aus gestalterischen<br />
Aspekten erhalten die achteckigen<br />
Pfeiler einen seitlichen Anzug von 70:1<br />
und Vertiefungen in Form trapezförmiger<br />
Nuten an den quer zur Brückenlängsachse<br />
angeordneten Seiten.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Die Ausführung der Kämpfergründung<br />
wurde entsprechend den anstehenden<br />
Felshorizonten in einem Verbau mit<br />
Rückverankerung geplant. Der Bogen<br />
wird als einzelliger Hohlkasten mit den<br />
Außenabmessungen von 7,40 m × 6,50 m<br />
am Bogenkämpfer und 5,90 m × 4,50 m<br />
am Bogenscheitel ausgeführt. Diese<br />
Abmessungen des Bogens sind dominierend<br />
gegenüber der Konstruktionshöhe<br />
des Überbaus mit 3,60 m, was sich im<br />
Gesamteindruck des Bauwerks positiv<br />
auswirkt. Mit diesen Abmessungen entsprechen<br />
die Schlankheiten denen der Talbrücke<br />
Froschgrundsee. Der Bogenstich<br />
beträgt 63,40 m und damit das Verhältnis<br />
f/l ca. 0,25.<br />
Die Lagerung der Überbaus erfolgt auf<br />
längs verschieblichen Punktkipplagern<br />
mit Querfesthaltung in jeder Lagerungsachse,<br />
die Festpunkte der Brücke in<br />
Längsrichtung sind jeweils an den Widerlagern<br />
und im Bogenscheitel angeordnet.<br />
Aufgrund der Trassierung wurde eine im<br />
Grundriss asymmetrische Bogenform gewählt:<br />
Die Bogeninnenseite folgt einem<br />
kleineren Radius als die Fahrbahnkrümmung,<br />
die Bogenaußenseite liegt in einer<br />
Geraden. Diese etwas ungewöhnliche<br />
Form trägt zur Verringerung der Exzentrizität<br />
des Bogens bei und reduziert somit<br />
die Beanspruchungen hinsichtlich der<br />
Torsion aus Eigengewicht.<br />
Die NBS ist für die Streckenklasse D4<br />
der DB Netz AG mit Radsatzlasten bis zu<br />
22,50 t geplant. Die Eisenbahnbrücke<br />
wird entsprechend für Eisenbahnlasten<br />
nach DIN-Fachbericht 101 LM 71 und<br />
SW/2 bemessen.<br />
Die technischen Daten der Grümpentalbrücke<br />
sind:<br />
– Bauart: Spannbetonhohlkasten,<br />
Durchlaufträgerkette, Bogenbrücke mit<br />
aufgeständerter Fahrbahn<br />
– Bauwerkslänge: 1.104 m<br />
– Breite: 14,10 m<br />
– Stützweiten: 43 m, 6 × 44 m, 9 × 30 m,<br />
11 × 44 m, 43 m<br />
– Bogenstützweite: 270 m<br />
– Konstruktionshöhe: 3,60 m<br />
– Bauhöhe: 4,525 m<br />
2.3 Ausschreibung<br />
Auf Grundlage des für die NBS bestehenden<br />
Planrechts und der durch die DB<br />
Netz AG genehmigten Entwurfsplanung<br />
erfolgte Ende 2005 die Ausschreibung mit<br />
Leistungsprogramm als Pauschalvertrag.<br />
Hierzu wurde die Entwurfsplanung in Bezug<br />
auf die neue Normung mit den DIN-<br />
Fachberichten überarbeitet und fortgeschrieben.<br />
Sondervorschläge waren nur in<br />
den Grenzen der geltenden Planfeststellung<br />
zulässig, alle Hauptabmessungen<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
8 Einbau von<br />
Magerbeton in Achse 90<br />
© Martin Schnellhardt<br />
9 Betonieren des<br />
Kämpfers in Achse 90<br />
© Martin Schnellhardt<br />
sowie die Brückenhauptform mussten<br />
also beibehalten werden. Als Möglichkeiten<br />
für die Herstellung der Überbauten<br />
waren das Taktschiebeverfahren oder die<br />
Errichtung mit Vorschubrüstung vorgegeben,<br />
für die wirtschaftliche Herstellung<br />
der Bögen kam aus Sicht des Auftraggebers<br />
nur der Freivorbau in Betracht.<br />
Um die Eingriffe in die Umwelt kurzfristig<br />
zu kompensieren, wurden die trassennahen<br />
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />
mit ausgeschrieben. Oberbau, Feste<br />
Fahrbahn, Oberleitung, Signaltechnik und<br />
aktiver Schallschutz sind vorerst nicht<br />
Bestandteil der Maßnahmen und werden<br />
im Zuge der Realisierung des Oberbaus<br />
umgesetzt.<br />
Die Vergabe der Leistung erfolgte nach<br />
europaweiter Ausschreibung im Februar<br />
2006 ebenso wie die Vergabe der Bauüberwachungsleistungen.<br />
Nach der<br />
Übergabe des Baufeldes konnte mit den<br />
Planungen und Bauarbeiten vor Ort begonnen<br />
werden.<br />
3 Bauausführung<br />
Den Auftrag für die Grümpentalbrücke<br />
erhielt die Firma Gerdum u. Breuer Bauunternehmen<br />
GmbH in Fuldabrück. Für<br />
die Baugruben der Kämpferfundamente<br />
und die Errichtung des Bogens wurden<br />
durch den Auftraggeber DB ProjektBau<br />
GmbH Sondervorschläge angenommen,<br />
die im Wesentlichen die Herstellung der<br />
Kämpferbaugruben mit einem kreisrunden<br />
Verbau aus überschnittenen Bohrpfählen<br />
ohne Rückverankerung und die<br />
Geometrie des Bogens umfassten. Die<br />
Herstellung des Bogens der Grümpental-<br />
brücke erfolgt nach Wahl der ausführenden<br />
Firma mit Hilfsunterstützung (Betonhohlkastenquerschnitt)<br />
in den Achsen der<br />
Bogenpfeiler; mit einem abschnittsweise<br />
verfahrbaren Traggerüst wurde der Bogen<br />
in neun Abschnitten realisiert.<br />
Im Bereich der Kämpfergründung stand<br />
der tragfähige Fels in der Achse 80 erst in<br />
ca. 20 m und in der Achse 90 in ca. 17 m<br />
Tiefe an. Dies entsprach der erkundeten<br />
Geologie. Nach dem erforderlichen Bodenaustausch<br />
der weniger tragfähigen<br />
Schichten mit Magerbeton begann 2007<br />
die Herstellung des Kämpfers Achse 90<br />
und der Pfeiler.<br />
Nach Fertigstellung der nördlichen<br />
Bogenbauabschnitte 1–4, von Achse<br />
90 beginnend, erfolgt die Realisierung<br />
der südlichen Abschnitte 5–8 und des<br />
Schlussstücks, deren Länge sich nach den<br />
im Grundriss 30 m voneinander entfernt<br />
liegenden Hilfsstützen aus Stahlbeton<br />
richtete. Nach dem Betonieren des ca.<br />
42 m langen und in drei Betonierabschnitte<br />
unterteilten ersten Bauabschnitts des<br />
Bogens wurde das Traggerüst feldweise<br />
umgesetzt, wobei das Ablassen mittels<br />
Litzenhebern erfolgte, die auf den späteren<br />
Anfängern der Bogenpfeiler aufl agen.<br />
Bei der gewählten Bauweise war es erforderlich,<br />
das Traggerüst nach dem vierten<br />
Bauabschnitt im Talgrund um 180 ° zu<br />
drehen, um den geometrischen Erfordernissen<br />
der südlichen Bogenhälfte ab<br />
Achse 80 gerecht zu werden. Im November<br />
2009 wurde der Bogen geschlossen.<br />
Die Überbauerstellung erfolgt mit einer<br />
Vorschubrüstung vom Nordwiderlager<br />
Achse 210 in Richtung südliches Wider-<br />
46
47<br />
lager Achse 10; die Länge der 24 Überbauabschnitte<br />
beträgt 44–60 m. Vor dem<br />
Herstellen des Überbaus im Bogenbereich<br />
werden die Lager und Pressen an den<br />
Hilfspfeilern freigesetzt, um das Eigengewicht<br />
des Bogens zu aktivieren. Voraussetzung<br />
für das Überfahren des Bogens<br />
mit der Vorschubrüstung ist die dann<br />
wiederhergestellte kraftschlüssige Verbindung<br />
zwischen den Hilfsstützenlagern<br />
und dem Bogen. Mittels bauzeitlicher<br />
Lager und Pressen auf den Bogenpfeilern<br />
wird danach der Überbau in Endlage<br />
gefertigt, wodurch die bauzeitlichen<br />
Beanspruchungen des Überbaus und<br />
des Bogens minimiert werden können.<br />
Erst nach Fertigstellung des Überbaus im<br />
Bogenbereich werden die endgültigen<br />
Lager angeordnet.<br />
4 Ausblick<br />
Die Grümpentalbrücke und die Talbrücke<br />
Froschgrundsee werden nach ihrer Fertigstellung<br />
die am weitesten gespannten<br />
Eisenbahn-Betonbogenbrücken Europas<br />
sein.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Martin Schnellhardt<br />
DB ProjektBau GmbH,<br />
Erfurt<br />
12 Visualisierung der Grümpentalbrücke<br />
© Kinkel und Partner<br />
Bauherr<br />
DB Netz AG, Berlin<br />
Auftraggeber<br />
DB ProjektBau GmbH, Erfurt<br />
Genehmigungsbehörde<br />
Eisenbahn-Bundesamt, Erfurt<br />
Entwurf<br />
Obermeyer Planen + Beraten GmbH, München<br />
Ausführungsplanung<br />
Kinkel + Partner, Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure GmbH, Neu-Isenburg<br />
10 Bogenschluss und Überbauherstellung<br />
© Frank Kniestedt<br />
11 Ablassen der Bogenrüstung<br />
© Martin Schnellhardt<br />
Bauüberwachung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende<br />
Ingenieure VBI, GmbH, Erfurt<br />
Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Erfurt<br />
Güteprüfung<br />
Güteprüfdienst der DB AG, Berlin<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />
Bauausführung<br />
GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
S Y M P O S I U M<br />
© LAP<br />
© COWI AS<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010<br />
BRÜCKEN<br />
Planen. Überwachen. Erhalten.<br />
Elbebrücke Schönebeck<br />
Bauüberwachung<br />
Grümpentalbrücke<br />
Entwurfsplanung, Ausschreibung<br />
Fehmarnbeltquerung<br />
Entwurfsplanung<br />
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Bereiche der Bauplanung<br />
www.opb.de
S Y M P O S I U M<br />
Statische und dynamische Anforderungen<br />
Mit Hochgeschwindigkeit über das Ilmtal<br />
� � � von Peter Seitz, Manfred Förtsch, Eberhard Pitsch, Heinz Pircher<br />
Im Zuge der Eisenbahnaus- und<br />
-neubaustrecke Nürnberg–Erfurt–<br />
Leipzig/Halle–Berlin wird derzeit<br />
auch die Ilmtalbrücke errichtet, die<br />
nach ihrer Fertigstellung die größte<br />
aller Talquerungen in diesem<br />
Abschnitt und zugleich die längste<br />
Eisenbahnbrücke Thüringens sein<br />
wird. Der nachstehende Beitrag<br />
erläutert die Charakteristika des<br />
Entwurfs sowie die statischen und<br />
dynamischen Besonderheiten bei<br />
ihrer Planung und Realisierung.<br />
1 Einleitung<br />
Im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche<br />
Einheit (VDE) Nr. 8 Schiene, Aus- und<br />
Neubaustrecke (NBS) Nürnberg–Erfurt–Leipzig/Halle–Berlin,<br />
wird die als<br />
VDE Nr. 8.1 be zeichnete 107 km lange<br />
NBS Ebens feld–Erfurt errichtet. Sie ist<br />
Teil einer der Nord-Süd-Verbindungen<br />
in Deutschland und soll zusammen mit<br />
den Nachbar ländern als eine transeuropä<br />
ische Verbindung von Norditalien bis<br />
Skandinavien ausge baut werden. Nach<br />
Abschluss der Arbeiten und geplanter<br />
Inbetrieb nahme 2017 wird die Fahrzeit<br />
zwi schen München und Berlin bei Streckengeschwindigkeiten<br />
bis zu 300 km/h<br />
auf ca. 4 h reduziert.<br />
In dem zu realisierenden Streckenabschnitt<br />
(VDE 8.1) werden neben 22<br />
Tunnels mit einer Länge von insge samt<br />
41 km auch 29 Talbrücken mit einer Gesamtlänge<br />
von 12 km gebaut. Mit einer<br />
Einzellänge von 1.681 m ist die auf den<br />
Tunnel Tragberg folgende Ilmtalbrücke die<br />
größte aller zu erstellenden Tal brücken<br />
und gleichzei tig die längste Eisenbahnbrücke<br />
Thüringens. Mit einer Höhe bis zu<br />
45 m überführt sie die im Grundriss von<br />
einem Radius in die Gerade übergehende<br />
zweigleisige Strecke über das östlich der<br />
2 Bauwerksübersicht<br />
© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Brücke im Bau<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG<br />
Stadt Langewiesen gelegene Ilmtal. Das<br />
von einer breiten ebenen Form ge prägte<br />
Tal verläuft im Süden fl ach zur Bundesstraße<br />
B 88 und besitzt im Norden eine<br />
sanft ansteigende Flanke. Weiterhin<br />
werden die ehemalige Eisenbahnstrecke<br />
Ilmenau–Großbreit enbach sowie mehrere<br />
Fischteiche überquert.<br />
2 Bauwerksentwurf<br />
Um den technischen wie den landschaftsplanerischen<br />
und gestalterischen Anforderungen<br />
gerecht zu werden, wurde<br />
als wirtschaftliche Lösung ein einzelliger<br />
Spannbetonhohlkasten als Durchlaufträgerkette<br />
gewählt, wobei der Überbau<br />
in vier Abschnitte mit Längen von 336 m,<br />
415 m, 459 m und 472 m unterteilt ist.<br />
Um eine hohe Transparenz des Talraums<br />
zu er reichen, wurden hierfür drei Stahlbetonbögen<br />
angeordnet. Der zentral gelegene<br />
Bogen Mitte mit einer Spannweite<br />
von 155 m und einem Stich von rund 40 m<br />
überbrückt dabei die Ilm. Entsprechend<br />
der vorhandenen Topographie wurde für<br />
den Bogen Nord eine Spannweite von<br />
175 m bei einem Stich von 37,50 m und<br />
für den Bogen Süd mit einer Spannweite<br />
von 125 m ein Stich von 31 m konzipiert.<br />
Für die dazwischenliegenden Pfeiler<br />
wurde der nach DB-Rahmenplanung<br />
übliche Pfeilerabstand von 44 m auf eine<br />
Regelstützweite von 58 m vergrößert; die<br />
maximale Stützweite im Anschluss an<br />
den Bogen Mitte beträgt sogar 68 m. Die<br />
Konstruktionshöhe des Überbaues misst<br />
auf gesamter Bauwerkslänge konstant<br />
5,00 m. Die in den Anschlussdämmen<br />
ge gründeten Hohlkastenwiderlager mit<br />
ihrer schlanken Seitenansicht runden das<br />
gefällige Erscheinungsbild der Brücke ab,<br />
was auch der ortsna hen Lage geschuldet<br />
ist. Zum Schutz der benachbar ten<br />
Bebauung werden auf der Westseite des<br />
14,10 m breiten Überbaues durchgängig<br />
eine 2,00 m hohe Lärmschutzwand sowie<br />
in Teilbereichen eine 4,00 m hohe Wand<br />
angeordnet.<br />
48
49<br />
Der Entwurf bietet als weiteren Vor teil,<br />
dass mit den Bögen steife Ele mente zur<br />
Abtragung der hohen Horizontallasten in<br />
Brückenlängs richtung, wie Anfahren und<br />
Brem sen, für die einzelnen Überbauabschnitte<br />
geschaffen wurden und somit<br />
massige und plump wirkende Festpfeilergruppen<br />
vermie den werden konnten.<br />
3 Unterbauten<br />
Die Widerlager Süd und Nord werden als<br />
begeh bare Kastenwiderlager hergestellt,<br />
für die Bauwerksunterhaltung ist an der<br />
Achse 10 eine Zufahrt vorgese hen. Im<br />
Zuge der Bearbeitung der funktionalen<br />
Ausschreibung wurden die Gründungsverhältnisse<br />
für beide Widerlager angeglichen<br />
und die Flachgründung des<br />
Widerlagers Süd ebenfalls in den stabilisierten<br />
Dammabschnitt hochgesetzt,<br />
um die Bean spruchungen zu reduzieren<br />
und den erforderlichen Erdbau für den<br />
Übergangsbereich Widerlager–Strecke<br />
zu optimieren.<br />
Die Brückenpfeiler lassen sich abhängig<br />
von ihrer Anordnung und Funktion statisch<br />
zu folgenden Grup pen zusammenfassen:<br />
– 14 Regelpfeiler,<br />
– 13 Trennpfeiler,<br />
– 16 Kämpferpfeiler,<br />
– 16 Bogenständer.<br />
We gen des erst mehrere Meter tief unter<br />
Geländeoberfl äche anstehenden tragfähigen<br />
Baugrundes werden mit Ausnahme<br />
von vier Pfeilern alle mittels Bohrpfählen<br />
tiefgegründet. Als konstruktiv problematisch<br />
erwiesen sich insbesondere<br />
die Köpfe der Regelpfeiler: Wegen der<br />
vergrößerten Stützweiten und der daran<br />
angepassten Überbauhöhe erge ben sich<br />
wesentlich größere Lager- und Pressenlasten<br />
als bei den üblichen 44-m-Feldern.<br />
Um die Abmes sungen analog DB-Rahmenplanung<br />
von 5,80 m in Brückenquer-<br />
und 2,70 m in -längsrichtung beibehalten<br />
zu können, werden moderne, hochbelastbare<br />
Kalottenlager verwendet. Ferner<br />
wurde der Überbau unten von 5,00 m<br />
auf 5,40 m verbreitert und der Besichtigungstrog<br />
auf ein zweckorientiertes Maß<br />
verkleinert. Dadurch wurde es möglich,<br />
die Lager sowie die in der Regel U-för mig<br />
um sie herum angeordneten Pressen auf<br />
dem verfügbaren Platz unterzubringen.<br />
Statisch führte diese Lösung vor allem<br />
zu Problemen bei der Lasteinleitung aus<br />
Teilfl ächenpressung und bei der Lastweiterleitung<br />
auf den Schaftquerschnitt,<br />
so dass die Pfeilerköpfe mit Betonen<br />
C40/50–C50/60 ausgeführt werden<br />
mussten. Es ist anzumerken, dass man<br />
sich hier sicherlich im Grenzbereich der<br />
noch sinnvollen Umsetzung der Rahmenplanung<br />
bewegt.<br />
Die drei Bögen dürfen nicht unerwähnt<br />
bleiben. Für den Bogen Süd galt es das<br />
Problem zu lösen, dass er im Grundriss<br />
eine Gerade beschreibt und der aufge-<br />
3 Bogen mit Lehrgerüst<br />
© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />
ständerte Überbau im Radius von 7.000 m<br />
verläuft. Durch ein Ausmitteln der Geraden<br />
unterhalb des Kreisbogens und der<br />
exzent rischen Anordnung der Bogenständer<br />
– die äußeren sind nach rechts und die<br />
inneren nach links gegenüber der Bogenachse<br />
versetzt – ließ sich die unvermeidbare<br />
Torsionsbean spruchung für den<br />
Bogen auf ein Minimum reduzieren. Bei<br />
den beiden anderen Bögen entfi el dieses<br />
Problem, weil hier Überbau- wie Bogenachse<br />
in der Geraden liegen. Die fl ache<br />
und ebene Talform erlaubte es, für jeden<br />
Bogen ein durchgängiges Lehrgerüst aufzustellen<br />
und sie dann, ausgehend von<br />
den Kämpfern, symmetrisch zum Scheitel<br />
hin in mehreren Abschnitten zu er richten.<br />
Der Querschnitt wird dabei immer in<br />
zwei Abschnitten, zuerst Bodenplatte mit<br />
Stegen und an schließend Deckenplatte,<br />
betoniert. Durch die gewählte Bauweise<br />
und die Steifi g keitsunter schiede zwischen<br />
Traggerüst und vorhandenem<br />
Querschnitt lässt es sich nicht vermeiden,<br />
dass Letzterer den größten Teil der Frischbetonlast<br />
der Decke aufnimmt. Um die<br />
statischen Auswirkungen beurteilen zu<br />
können, wurde für den Bauzustand daher<br />
ein kombi niertes System aus Bogen und<br />
Traggerüst untersucht.<br />
S Y M P O S I U M<br />
4 Bewehrung des Bogens<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />
mbH & Co. KG<br />
5 Pfeilerkopfausbildung<br />
© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Die Bögen sind mittels der Kämpfer fl ach<br />
gegründet. Für die Bögen Mitte und Nord<br />
steht erst in 7–10 m Tiefe ausreichend<br />
trag fähiger Fels an. Aus konstruktiver<br />
Sicht erschien es nicht sinnvoll und wirtschaftlich<br />
auch nicht vertretbar, einen<br />
bewehrten Beton bis auf diese Gründungssohle<br />
einzubringen. Somit musste<br />
nach anderen Lösungen gesucht werden.<br />
Und so hat man sich für eine Aufteilung<br />
des Kämpfers in einen oberen bewehrten<br />
Stahlbeton- und einen unteren unbewehrten<br />
Magerbetonteil entschieden.<br />
Im Weiteren ergab sich noch die Frage,<br />
wie die hierfür nötige Bau grube gesichert<br />
werden sollte, wobei sich eine überschnittene<br />
Bohrpfahlwand als optimal herausstellte.<br />
Um bei dieser Baugrubenhöhe<br />
auf Anker verzichten zu können, ist eine<br />
kreis förmige Geometrie ideal, die jedoch<br />
im Widerspruch zur möglichst rechteckförmigen<br />
Kämpfergründung steht. Zur<br />
Ausführung gelangte nun ein korbbogenförmiger<br />
Grundriss, welcher auf beide<br />
Randbedingungen Rücksicht nimmt:<br />
Somit konnten die bis zu 23 m langen und<br />
21,50 m breiten Baugruben ohne Anker<br />
mit Pfahldurchmessern von 1,20 m ausgeführt<br />
werden, verbunden mit geringen<br />
Nachteilen bei der An dienung, da ein Heranfahren<br />
bis an die Baugrubenkante nur<br />
an vorher genau defi nierten und auf der<br />
Baustelle gekennzeichneten Bereichen<br />
gestattet war.<br />
4 Überbau<br />
Der von Süden nach Norden hin ein konstantes<br />
Gefälle von 12,50 ‰ aufweisende<br />
Überbau wird durch vier Schienenauszüge<br />
am Widerlager Süd in Achse 10, in den<br />
Achse 130 und 190 sowie am Widerlager<br />
Nord in Achse 250 in drei voneinander<br />
unabhängige Abschnitte unterteilt; jene<br />
Gliederung wurde für die statischen<br />
Systeme des Endzustandes ebenfalls<br />
beibehalten. Bei der Modellierung musste<br />
beachtet werden, dass der über 700 m<br />
lange Abschnitt von Achse 10–130 für<br />
den Fall einer Überbauerneuerung in<br />
zwei Durchlaufträger unterteilt ist, welche<br />
mittels externer Spannglieder und<br />
vertikal angeordneter Elastomerlager<br />
an der Achse 70 miteinander verbunden<br />
sind. Diese sogenannte Längskraftkopplung<br />
ermöglicht die Übertragung von<br />
Kräften in Brückenlängsrichtung, für<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
6 Kämpferbaugrube in Achse 210<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />
mbH & Co. KG<br />
7 Kämpferkonzeption<br />
© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />
vertikale Biegemomente wirkt sie jedoch<br />
als Gelenk. Zur Aufnahme der horizontalen<br />
und vertikalen Querkräfte sind<br />
auf dem Pfeiler für jedes Überbauende<br />
daher entsprechende Lager vorhanden.<br />
Für jeden der drei Ab schnitte wurde ein<br />
Gesamtsystem aus Pfeilern, Bögen und<br />
Überbau modelliert. Dies erfolgte vor<br />
allem im Hinblick auf das Zusammenspiel<br />
zwischen Überbau und dem im Vergleich<br />
dazu relativ weichen Bogen, denn nur<br />
so ließen sich wirklichkeitsnahe Berechnungsergebnisse<br />
erzielen.<br />
Zur Herstellung des Überbaus wurde das<br />
Taktschiebeverfahren gewählt, das unter<br />
anderem den Vorteil einer kontinuierlichen<br />
Fertigung im sogenannten Taktkeller<br />
bietet. Bei der Umsetzung für die Ilmtalbrücke<br />
ergaben sich bei der Planung<br />
jedoch verschiedene Schwierigkeiten. So<br />
musste Berücksichtigung fi nden, dass die<br />
11 Schema der Bogenabspannung<br />
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8 Überbau in Achse 190<br />
© K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG<br />
9 Trennfuge in Achse 190<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />
mbH & Co. KG<br />
10 Bewehrung im Taktkeller<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft<br />
mbH & Co. KG<br />
50
51<br />
Brücke im Grundriss von einem Radius im<br />
Bereich Achse 10–130 über eine Klothoide<br />
in eine Gerade übergeht. Die unterschiedlichen<br />
Stützweiten zwischen Bogenständer<br />
und Pfeilern bedeuteten zudem<br />
eine besondere Heraus forderung bei der<br />
Bestimmung der einzelnen Taktlängen,<br />
zumal durch den Vorbauschnabel und<br />
die Hub-Schub-Anlagen das maximale<br />
Gewicht des zu schiebenden Überbaues<br />
ebenfalls eingeschränkt war. Dies führte<br />
dazu, dass zuerst der gerade Abschnitt<br />
mit einem Teil der Klothoide auf einer Ersatzachse<br />
vom nördlichen Widerlager her<br />
einge schoben wurde und nach Versetzen<br />
des Taktkellers zum Widerlager Süd von<br />
dort aus der Bau des ge krümmten Bereiches<br />
erfolgte; die hierdurch entstehende<br />
Lücke im Übergangsbogens wird durch<br />
feldweise Errichtung des Überbaus mit<br />
einem bodengestützten Traggerüst geschlossen.<br />
Neben den zwischen 15 m und 29 m<br />
schwankenden Taktlängen musste bei<br />
der Planung beachtet werden, dass für<br />
jede Verschubrichtung jeweils zwei im<br />
Endzustand voneinander getrennte<br />
Durchlaufträger existieren. Dazu werden<br />
die ein zelnen Überbauten im Bauzustand<br />
durch im Querschnitt liegende<br />
verbundlose Spannglieder zug- und<br />
druckfest zusammengespannt, wobei<br />
die Querkraftübertragung durch eine<br />
entsprechende Verzahnung der Überbauenden<br />
gewährleistet ist. Nach Erreichen<br />
der planmäßigen Endlage werden die<br />
Spannglieder dann wieder gelöst und die<br />
einzelnen Überbauabschnitte mittels<br />
horizontal dazwischenliegender Pressen<br />
über ihren jeweiligen Längsfestpunkt<br />
im Bogenscheitel ausgerichtet. Nicht<br />
weniger Kopfzerbrechen bereitete das<br />
Überschieben der Bögen: Durch die unsymmetrische<br />
Belastung beim Auffahren<br />
auf den Bogen treten für diesen unverträgliche<br />
Beanspruchungen auf, so dass<br />
Zusatzmaßnahmen ergriffen werden<br />
mussten. Die Überlegung, das Traggerüst<br />
bis zur abschließenden Bogenüberfahrt<br />
(symmetrische Belastung!) stehen zu<br />
lassen oder durch Hilfsstützen in den<br />
Ständerachsen zu ersetzen, wurde aus<br />
Kostengründen verworfen. Als optimale<br />
Lösung kristallisierte sich heraus, die<br />
un symmetrische Belastung durch Herunterspannen<br />
des Bogens auf der gegenüberliegenden<br />
Seite zu kompen sieren.<br />
Für jeden Verschubzustand wurden daher<br />
die erforderlichen Abspannkräfte und<br />
Verformungen vor, während und nach<br />
dem Schie ben ermittelt. Die auftretenden<br />
Bogenverformungen werden durch höhenverstellbare<br />
Verschiebelager so ausgeglichen,<br />
dass die Unterkante des Überbaus<br />
immer auf Soll höhe bleibt; während<br />
des Schiebevor gangs muss die Ein haltung<br />
der Kräfte und Verformungen auf der<br />
Baustelle kontinuierlich kontrolliert und<br />
gegebenenfalls korrigiert werden.<br />
5 Dynamik<br />
Bereits durch die Ausschreibung wurde<br />
festgelegt, dass die Ilmtal brücke dynamisch<br />
zu untersuchen ist. Diese Anforderung<br />
steht in Übereinstimmung mit<br />
der Richtlinie 804 »Eisenbahnbrücken:<br />
Dynamische Effekte bei Resonanzrisiko«<br />
der Deutsche Bahn AG, welche die<br />
einschlägigen Eurocodes ergänzt und<br />
unter anderem verlangt, dass für Brücken<br />
mit einer Entwurfsgeschwindigkeit von<br />
mehr als 200 km/h eine dynamische<br />
Berechnung durchgeführt werden muss.<br />
Eurocode und Richtlinie 804 defi nieren<br />
auch die generelle Vorgehensweise und<br />
die verschiedenen Anforderungen an eine<br />
solche dynamische Berechnung.<br />
Die dynamische Berechnung soll zeigen,<br />
ob aus der Wechselwirkung zwischen<br />
dem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug<br />
und dem Tragwerk weitergehende<br />
Anforderungen an die Bemessung resultieren.<br />
Dazu sind Berechnungen zur Simulation<br />
der Überfahrten für die Zugkonfi -<br />
gurationen HSLM A1–A 10 nach Eurocode<br />
1998/2 vorzunehmen und entsprechend<br />
auszuwerten.<br />
12 Lastbild für HSLM-Züge<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
S Y M P O S I U M<br />
Bei der Auswertung der Rechenergebnisse<br />
ist zu überprüfen, ob die vertikale<br />
Beschleunigung des Tragwerkes im Bereich<br />
der Gleise unter dem für die »Feste<br />
Fahrbahn« vorgeschriebenen Grenzwert<br />
von 5 m/s² bleibt. Außerdem ist zu untersuchen,<br />
ob die Schnittkräfte, die sich<br />
unter Berücksichtigung der baudynamischen<br />
Effekte für diese Überfahrten<br />
ergeben, unterhalb jener Werte bleiben,<br />
die im Rahmen der üblichen statischen<br />
Berechnung für die LM71 (Lastmodelle<br />
unter Benutzung eines »dynamischen<br />
Beiwertes«) ermittelt wurden.<br />
Für das vorliegende statische System<br />
ergibt sich eine Vielzahl von Eigenfrequenzen<br />
für Biegung, Torsion und Längsverschiebung<br />
der verschiedenen Trägerstützweiten,<br />
des Bogens, der Stützen<br />
und der Bogenständer. Es ist daher nicht<br />
möglich, die dynamische Berechnung<br />
auf einzelne »Resonanzgeschwindigkeiten«<br />
einzuschränken, somit notwendig,<br />
tatsächlich den gesamten Geschwindigkeitsbereich<br />
mit einer ausreichend engen<br />
Schrittweite von 5 km/h zu erfassen. Für<br />
jede der zehn HSLM-A-Konfi gurationen<br />
sind also ca. 50 Zugüberfahrten zu simulieren<br />
und aus den Resultaten dieser<br />
insgesamt ca. 500 Zugüberfahrten für<br />
alle relevanten Daten (Beschleunigung,<br />
Schnittkräfte, Verformungen) die maximalen<br />
und minimalen Werte zu ermitteln.<br />
Die Verwendung der für die Bearbeitung<br />
derartiger Berechnungsprobleme sonst<br />
üblichen Verfahren (Zeitschrittberechnung<br />
auf Basis expliziter oder impliziter<br />
Differenzenmethode) würde für die<br />
Simulation einer einzelnen Zugüberfahrt<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Rechnerzeiten in der Größenordnung von<br />
ca. 0,50 h bedeuten, und die Gesamtberechnung<br />
für alle 500 Überfahrten wäre<br />
in der Größenordnung von ein bis zwei<br />
Wochen kaum mehr praktikabel. Daher<br />
wurde auf ein alternatives Verfahren<br />
zurückgegriffen, das bereits für ca. 200<br />
Brücken der österreichischen »Westbahn«<br />
Wien–Salzburg mit großem Erfolg<br />
zum Einsatz kam. Hierbei wird zunächst<br />
die Überfahrt einer einzelnen Achslast<br />
betrachtet. Die Lösung für diese einzelne<br />
Last gilt dann für alle Achslasten des<br />
Lastenzuges, wobei das Gesamtergebnis<br />
durch Überlagern der immer gleichen<br />
Basislösung für alle Achsen des Zuges<br />
gebildet wird – mit der jeweils gültigen<br />
Zeitverschiebung, die sich aus Achsabstand<br />
und Fahrgeschwindigkeit ergibt.<br />
Die Basislösung für die einzelne Achslast<br />
wird nach den Prinzipien der »modalen<br />
Analyse« berechnet. Dabei werden zunächst<br />
im ersten Schritt die relevanten<br />
Eigenfrequenzen mit den zugehörigen<br />
Eigenschwingformen ermittelt und ein<br />
äquivalenter Ein-Mas se-Schwinger (EMS)<br />
zugeordnet. Für die zeitabhängige Belastung<br />
des EMS muss das Vektorprodukt<br />
aus Eigenschwingform und Last (Achslast<br />
in ihrer jeweiligen Position) gebildet<br />
werden. Die Eigenschwingform wird<br />
feldweise als Summe von einigen wenigen<br />
Sinusfunktionen dargestellt, wobei<br />
deren Koeffi zienten durch eine einfache<br />
Ausgleichsrechnung bestimmt werden.<br />
Mit dieser algebraischen Darstellung der<br />
Eigenschwingform ergibt sich eine analoge<br />
Formulierung der Lastfunktion und<br />
in der Folge eine einfache algebraische<br />
Darstellung (Summe über mehrere Sinusfunktionen)<br />
der Lösungsfunktion für die<br />
Differentialgleichung, die das zeitabhän-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
13 Bogen Mitte: Träger-Biegeschwingung bei 0,887 Hz<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
14 Bogen Mitte: Träger-Biegeschwingung bei 1,911 Hz<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
15 Bogen Nord: Träger-Biegeschwingung bei 5,831 Hz<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
16 Bogen Nord: Träger-Biegeschwingung bei 2,610 Hz<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
17 Bogen Mitte:<br />
Querbiegung und Torsion bei 1,320 Hz<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
gige Verhalten des EMS beschreibt. Die<br />
Lösung für den EMS erlaubt wiederum<br />
die Gesamtlösung für die Zugüberfahrt<br />
durch einfache Summenbildung. Und aus<br />
der Zusammenfassung aller verwendeten<br />
Eigenfrequenzen entsteht das Resultat<br />
für die einzelne Achslast und daraus das<br />
für den Zug.<br />
Dieses Verfahren hat gegenüber den<br />
sonst verwendeten Zeitschrittverfahren<br />
zwei Vorteile:<br />
1. Die geschlossene analytische Darstellung<br />
vermeidet alle Unsicherheiten<br />
und Ungenauigkeiten, die sich bei der<br />
Differenzenmethode aus der Wahl des<br />
Zeitschrittes ergeben.<br />
2. Die geschlossene analytische Darstellung<br />
reduziert die extremen Rechenzeiten<br />
der Differenzenmethode bis zu<br />
einem Verhältnis von 1:500.<br />
Eine genaue Beschreibung fi ndet sich in<br />
[6] und [8].<br />
Die Eigenfrequenzen wurden mit dem<br />
Programmsystem Sofi stik ermittelt, die<br />
Berechnung der Zugüberfahrten und die<br />
Auswertungen mit dem HSRDyn von IT<br />
Services in Civil Engineering, Dr. H. Pircher,<br />
Graz, durchgeführt, das als »Zusatzanwendung«<br />
für Microsoft Excel konzipiert<br />
ist. Die Aufbereitung der Rechenergebnisse<br />
inklusive graphischer Darstellung<br />
kann somit mit den dort verfügbaren<br />
Standardfunktionen erfolgen.<br />
52
53<br />
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0<br />
-800<br />
-700<br />
-600<br />
-500<br />
-400<br />
-300<br />
-200<br />
-100<br />
0<br />
100<br />
200<br />
300<br />
400<br />
500<br />
600<br />
700<br />
800<br />
900<br />
1000<br />
Av [mm/sec2]<br />
Ergebnis Nr. 3<br />
Zeitdiagramm für Überfahrt<br />
Zug: HSLM-A10 V= 285,0 km/h<br />
110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360<br />
1000<br />
-900<br />
-800<br />
-700<br />
-600<br />
-500<br />
-400<br />
-300<br />
-200<br />
-100<br />
0<br />
100<br />
200<br />
300<br />
400<br />
500<br />
600<br />
700<br />
800<br />
900<br />
1000<br />
v [ m/sec2]<br />
Ergebnisgruppe 1 Av Feld 1<br />
Ilmtalbrücke, Bogen Nord V4 Hüllkurven<br />
Züge HSLM-A 1 (1) bis HSLM-A10 (10) V von 120,0 bis 360,0 km/h<br />
Die Berechnung wurde für die Teilsysteme<br />
»Bogen Nord«, »Bogen Mitte« und<br />
»Bogen Süd« vorgenommen, wobei jedes<br />
von ihnen ca. 2.000 Freiheitsgrade hat. Es<br />
ließ sich nachweisen, dass die vorliegende<br />
Bemessung der Ilmtalbrücke die verschiedenen<br />
Anforderungen erfüllt, die sich aus<br />
den gültigen Vorschriften bezüglich des<br />
dynamischen Verhaltens, insbesondere<br />
der Richtlinie 804, ergeben. Im Einzelnen<br />
wäre zu bemerken:<br />
Die maximalen Ergebniswerte für die<br />
vertikale Beschleunigung bleiben mit<br />
ca. 1 m/s² deutlich unter dem zulässigen<br />
Grenzwert von 5 m/s². Der Hauptgrund<br />
für das sehr günstige Verhalten liegt<br />
darin, dass der Hohlkastenquerschnitt<br />
genug Masse besitzt, um Vertikalschwingungen<br />
auch im Resonanzfall klein zu<br />
halten. Außerdem führt der Unterschied<br />
zwischen den Stützweiten der Randfelder<br />
und der geringeren Stützweite über den<br />
Bögen zu verschiedenen Eigenfrequenzen<br />
der einzelnen Schwingungsformen des<br />
Biegeträgers, die sich bei gleichzeitiger<br />
Anregung durch einen längeren Zug<br />
gegenseitig stören.<br />
18 Bogen Nord: Zeitdiagramm für<br />
die vertikale Beschleunigung<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
19 Bogen Nord:<br />
Hüllkurven für alle Züge<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
Aus denselben Gründen sind auch die<br />
Biegemomente des Trägers wesentlich<br />
kleiner als die für die LM71-Belastung. Die<br />
dort ausgewiesenen Schnittkräfte und<br />
die darauf beruhende Bemessung decken<br />
daher alle Belastungssituationen ab, die<br />
im Rahmen der dynamischen Berechnung<br />
zu untersuchen waren.<br />
Der Träger ist auf den Stützen und auf<br />
den Bogenständern durchwegs mit Gleitlagern<br />
gelagert, die Längskräfte werden<br />
in den Bogenscheiteln auf die Bögen<br />
übertragen und über diese zu den Bogenkämpfern<br />
abgeleitet. Daher werden im<br />
Rahmen der statischen Berechnung nur<br />
vertikale Aufl agerkräfte in die Stützen<br />
und Bogenständer eingeleitet, wenn man<br />
von den geringen Lagerreibungskräften<br />
absieht; in der Folge gibt es also keine<br />
nennenswerte Biegebeanspruchung in<br />
den Stützen. Im Gegensatz dazu zeigt die<br />
dynamische Berechnung, dass der fahrende<br />
Zug lokale Schwingungen der Bogenständer<br />
und der Kämpferstützen anregt,<br />
etwa im Sinne eines unten eingespannten<br />
Kragarmes. Voraussetzung für die<br />
Anregung einer solchen Schwingungsform<br />
ist, dass die zugehörige Schwingungsfi<br />
gur Vertikalkomponenten der<br />
Fahrbahn in ausreichender Größenord-<br />
S Y M P O S I U M<br />
Bridge Design<br />
Project Massetal Railway Bridge,<br />
Germany<br />
Engineering Obermeyer,<br />
SSF Engineers, Büchting+Streit<br />
Project Khor Al Batah Bridge, Sur,<br />
Sultanate of Oman<br />
Engineering Schlaich Bergermann &<br />
Partners<br />
Project Paserelle des deux Rives,<br />
Strasbourg – Kehl, France – Germany<br />
Engineering Büchting+Streit,<br />
LAP Leonhardt Andrä & Partner<br />
Project Saadiyat Bridge, Abu Dhabi<br />
Engineering K+S Ingenieur-Consult<br />
www.sofi stik.com<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
nung enthält, was bei allen drei Teilsystemen<br />
für mehrere Eigenfrequenzen der<br />
Fall ist. Je nach dem Verhältnis zwischen<br />
den Eigenfrequenzen des Bogens und der<br />
lokalen Schwingungen der Stützen, der<br />
Fahrgeschwindigkeit des Zuges und der<br />
Waggonlänge werden jene Schwingungsformen<br />
zwischen 2 Hz und 6 Hz mehr<br />
oder weniger stark angeregt. Die größten<br />
Biegemomente entstehen dabei immer<br />
an der Einspannstelle der Ständer bzw.<br />
Kämpferstützen am Bogen.<br />
Die Biegemomente aus der statischen<br />
Berechnung für die LM71-Lasten sind<br />
nur bedingt vergleichbar, weil der oben<br />
beschriebene Effekt von ihr naturgemäß<br />
nicht erfasst wird: Sie entstehen in erster<br />
Linie aus Effekten der Theorie II. Ordnung,<br />
sind aber in einer ähnlichen Größenordnung<br />
wie die Werte, die sich aus der dynamischen<br />
Berechnung ergeben und bei der<br />
Bemessung der Einspannstelle und beim<br />
Dauerfestigkeitsnachweis zu berücksichtigen<br />
sind. Der oben beschriebene Effekt<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />
-20.000<br />
-15.000<br />
-10.000<br />
-5.000<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />
-400<br />
-200<br />
0<br />
200<br />
400<br />
600<br />
800<br />
1000<br />
1200<br />
0<br />
5.000<br />
10.000<br />
15.000<br />
A 130 A 140 A 150 A 160 A 170 A 180 A 190<br />
20 Bogen Mitte:<br />
Momentenhüllkurven für den Träger<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
1400<br />
KNm] Ilmtalbrücke, Bogen Mitte<br />
Zeitdiagramm für Überfahrt:<br />
Zug 2 HSLM-A 2 V= 285,0<br />
22 Bogen Mitte: Zeitdiagramm<br />
für die Einspannmomente<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
Ergebnis Nr.5 M Kn/El 5040 cod<br />
Ei Ergebnis Nr.10 M Kn/El 5100 co<br />
-10.000<br />
-15.000<br />
-20.000<br />
-25.000<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 1<br />
110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370<br />
-7<br />
-6<br />
-5<br />
-4<br />
-3<br />
-2<br />
-1<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
mm]<br />
Ergebnisgruppe 8 Ux A161-167<br />
Ilmtalbrücke, Bogen Mitte Hüllkurven<br />
Züge HSLM-A 1 (1) bis HSLM-A10 (10) V von 120,0 bis 360,0 km/h<br />
23 Bogen Mitte: Hüllkurven für die<br />
horizontale Auslenkung der Ständer<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
führt zudem zu relativ großen horizontalen<br />
Auslenkungen der Stützenköpfe in<br />
Längsrichtung, was bei Auslegung und<br />
Spezifi kation der Gleitlager zu beachten<br />
ist.<br />
Die Biegemomente und Normalkräfte der<br />
Bögen sind ebenfalls durchwegs kleiner<br />
als die Schnittkräfte für die LM71-Belastung<br />
aus der statischen Berechnung. Die<br />
dort ausgewiesenen Schnittkräfte und<br />
die darauf beruhende Bemessung der Bögen<br />
decken daher alle Belastungssituationen<br />
ab, die im Rahmen der dynamischen<br />
Berechnung zu untersuchen waren.<br />
Nachfolgend werden einige charakteristische<br />
Eigenschwingformen gezeigt:<br />
Die niedrigste Eigenfrequenz, die einer<br />
Träger-Biegeschwingung mit unsymmetrischer<br />
Bogenverformung zugeordnet ist,<br />
misst für das Teilsystem »Bogen Mitte«<br />
0,887 Hz, mit symmetrischem Bogen<br />
hingegen 1,911 Hz. Der Maximalwert<br />
für die vertikale Beschleunigung tritt<br />
beim »Bogen Nord« im Viertelpunkt des<br />
ersten Feldes bei der Überfahrt des Zuges<br />
HSLM-A10 mit 285 km/h auf. Diese Geschwindigkeit<br />
ergibt für die Wagenlänge<br />
von 27 m eine Fahrzeit von 0,341 s; das ist<br />
genau die doppelte Periode der Frequenz<br />
5,831 Hz.<br />
25.000<br />
20.000<br />
Achse 160<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
-5.000<br />
Achse 161<br />
Achse 163 Achse 165<br />
Achse 162<br />
Achse 166<br />
Distanz vom Bogenanfang [m]<br />
Achse 167<br />
21 Bogen Mitte:<br />
Momentenhüllkurven für den Bogen<br />
© IT Services in Civil Engineering<br />
Achse 1<br />
Schwingungsformen, welche von den<br />
Kragarmschwingungen der Ständer<br />
dominiert werden, enthalten neben Komponenten<br />
der Bogenverformung auch<br />
vertikale Verformungen der Fahrbahn<br />
und werden daher vom fahrenden Zug<br />
angeregt. Dies führt, wie bereits erwähnt,<br />
zu Biegemomenten an der Einspannstelle<br />
und zu Relativverschiebungen an den<br />
Gleitlagern am Pfeilerkopf.<br />
Querbiegung und Torsion sind bei allen<br />
dafür relevanten Schwingungsformen<br />
miteinander gekoppelt. Solche Schwingungsformen<br />
enthalten für die exzentrisch<br />
im Querschnitt angeordneten Gleise<br />
Vertikalkomponenten und müssen daher<br />
in der Berechnung berücksichtigt werden.<br />
Bei allen drei Teilsystemen sind im Frequenzbereich<br />
bis 10 Hz ungefähr 100 Eigenfrequenzen<br />
aufgetreten, für die eine<br />
Berechnung durchgeführt wurde. Die<br />
Elimination nicht relevanter Eigenfrequenzen<br />
erfolgte dann automatisch und<br />
individuell für jedes Einzelergebnis.<br />
54
55<br />
Die Simulation der Zugüberfahrten<br />
basiert auf den errechneten Eigenfrequenzen<br />
und -schwingformen: Für jede<br />
Zugüberfahrt können für Einzelergebnisse<br />
Zeitdiagramme dargestellt werden,<br />
Maximal- und Minimalwerte werden<br />
dabei als »Hüllkurve« abgebildet und die<br />
Extremwerte aus allen simulierten Überfahrten<br />
zu Gesamthüllkurven ausgewertet.<br />
Nachfolgend sind einige charakteristische<br />
Beispiele zusammengestellt:<br />
Entsprechend den verschiedenen Waggonlängen<br />
der einzelnen Züge ergibt sich<br />
für jeden Zug eine andere Resonanzgeschwindigkeit,<br />
der größte Wert dabei für<br />
den Zug HSLM-A10 bei 285 km/h.<br />
Nach 2 s befi ndet sich das Triebfahrzeug<br />
über dem Bogenkämpfer. Die jetzt folgende<br />
unsymmetrische Belastung regt<br />
eine Schwingung mit großer Horizontalkomponente<br />
und 0,880 Hz an. Sie bleibt<br />
so lange ungefähr stationär, bis nach ca.<br />
5 s das Ende des Zuges den Bereich über<br />
dem Bogen verlässt und wieder eine kurze<br />
Phase mit unsymmetrischer Belastung<br />
verursacht.<br />
Zusertalgasse 5, A-8010 Graz<br />
Tel.: +43 - 6 50 - 6 92 09 09<br />
E-Mail: heinz.pircher@inode.at<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Peter Seitz<br />
Dipl.-Ing. (FH) Manfred Förtsch<br />
Dipl.-Ing. (FH) Eberhard Pitsch<br />
K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Dipl.-Ing. Dr. techn. Heinz Pircher<br />
IT Services in Civil Engineering Dr. H. Pircher, Graz,<br />
Österreich<br />
Literatur<br />
[1] Eurocode EN 1990-A1, Annex 2.<br />
[2] Eurocode EN 1991-2.<br />
[3] DB-Richtlinie 804 (Modul 804.3301): Eisenbahnbrücken.<br />
Dynamische Effekte bei Resonanzrisiko.<br />
[4] Technical specifi cation for interoperability<br />
relating to the infrastructure subsystem of<br />
the Trans-European high-speed rail system.<br />
[5] Clough R., Penzien J.: Dynamics of Structures.<br />
CSI Computers and Structures Inc. 1995.<br />
[6] Pircher H.: Analytische Zeitintegration und<br />
Modale Analyse. Dissertation, Technische<br />
Universität Graz, 2006.<br />
[7] Pircher H., Stadler C.: Dynamic Investigations<br />
at Austrian Westbahn. IABSE-Symposium<br />
2006.<br />
[8] Pircher, H., Stadler, C., Glatzl, J., Seitz, P.: Dynamische<br />
Berechnung von Eisenbahnbrücken<br />
im Zuge von Hochgeschwindigkeitsstrecken;<br />
in: Bautechnik (86), Heft 1, 2009.<br />
[9] Fink, J., Mähr, T.: Vergleich und Beurteilung unterschiedlicher<br />
Lastmodelle für die Ermittlung<br />
der dynamischen Antwort von Zugüberfahrten<br />
über Brücken bei Hochgeschwindigkeitsverkehr;<br />
in: Stahlbau (78), Heft 10, 2009.<br />
Waldaustraße 13, D-90441 Nürnberg<br />
Tel.: +49 - 9 11 - 6 27 93 - 0<br />
Fax: +49 - 9 11 - 6 27 93 - 10<br />
S Y M P O S I U M<br />
Bauherr<br />
Deutsche Bahn AG<br />
vertreten durch die<br />
DB ProjektBau GmbH, Regionalbereich Südost,<br />
Erfurt<br />
Entwurf<br />
Obermeyer Planen + Beraten GmbH, Erfurt<br />
Ausführungsentwurf und Tragwerksplanung<br />
K+S Ingenieur-Consult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Tragwerksplanung Pfeiler<br />
Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />
Aschaffenburg<br />
Genehmigungsbehörde<br />
Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Erfurt<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä M.Sc., Berlin<br />
Bauausführung<br />
Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG,<br />
Aschaffenburg<br />
Baudynamik JV<br />
Wir verstehen Statik und Dynamik<br />
Brückenbau<br />
Ingenieurbau<br />
Tunnelbau - U-Bahnbau<br />
Tragwerksplanung<br />
Industriebau<br />
Hochbau<br />
Kraftwerksbau<br />
Gesamtplanung<br />
E-Mail: office@ks-ingenieurconsult.de<br />
Web: http://www.ks-ingenieurconsult.de<br />
Baudynamik<br />
Hochgeschwindigkeitseisenbahn<br />
Simulation von Zugüberfahrten<br />
Schienenspannungen<br />
Beratung - Studien<br />
IT-Dienstleistungen<br />
Schulungen<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Vier besondere Talquerungen als Beispiele<br />
Großbrücken und ihre Herstellungsverfahren<br />
� � � von Manfred Becker<br />
Am Beispiel der im Zuge der Bundesautobahn<br />
A 38 Göttingen–Halle/<br />
Leipzig realisierten Friedetalbrücke,<br />
der im Rahmen des sechsstreifi gen<br />
Ausbaus der Bundesautobahn A 3<br />
bei Waldaschaff zu errichtenden<br />
Kauppenbrücke sowie der beiden<br />
auf der Eisenbahnneubaustrecke<br />
Ebensfeld–Erfurt liegenden ÜberführungsbauwerkeGrümpentalbrücke<br />
und Talbrücke Weissenbrunn<br />
beschreibt dieser Beitrag die Charakteristika<br />
bei der Herstellung von<br />
Großbrücken, und zwar vom Entwurf<br />
bis zum gewählten Bauverfahren.<br />
1 Friedetalbrücke<br />
1.1 Einleitung<br />
Die Friedetalbrücke war eine der letzten<br />
Straßenbrücken der Verkehrsprojekte<br />
Deutsche Einheit. Sie überführt die<br />
Bundesautobahn BAB A 38 von Bau-km<br />
51+235 bis Bau-km 51+720 über das Friedetal.<br />
Kennzeichnend für ihre Errichtung<br />
waren schwierige Gründungsverhältnisse<br />
und eine kurze Bauzeit. Am 22. Dezember<br />
2009 wurde dieser Abschnitt dem Verkehr<br />
übergeben.<br />
1.2 Bauwerksentwurf<br />
Die Friedetalbrücke liegt am südlichen<br />
Rand über dem Schachtfeld Sollstedt des<br />
gleichnamigen ehemaligen Kalibergwerkes.<br />
Der in Tiefen zwischen 600 m<br />
und 800 m umgegangene Kalisalzabbau<br />
wurde 1990 eingestellt, Folgeerscheinungen<br />
sind anhaltende Einsenkungen<br />
der Geländeoberfl äche über den Grubenfeldern<br />
sowie seismische Ereignisse<br />
infolge plötzlichen Spannungsabbaus im<br />
Deckgebirge. Die Bergsenkungsprozesse<br />
wirken sich an der Oberfl äche in Form von<br />
sehr fl achen Mulden aus, wobei es sich<br />
um weiträumige, langsam ablaufende<br />
Bewegungen handelt.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Trassenführung<br />
© Kinkel + Partner<br />
2 Entwurfsplanung: Grundriss<br />
© Kinkel + Partner<br />
3 Entwurfsplanung: Ansicht<br />
© Kinkel + Partner<br />
4 Entwurfsplanung: Querschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
56
57<br />
Im Untergrund stehen Festgesteinsformationen<br />
des Oberen und Mittleren<br />
Buntsandsteins in Form von Wechsellagerungen<br />
aus Ton-, Schluff-, Gips- und<br />
Sandstein an. Die Gipse im Oberen Buntsandstein<br />
unterliegen der Auslaugung,<br />
so dass am Bauwerkstandort zusätzlich<br />
einerseits mit sehr langsamen, fl ächenhaften<br />
und andererseits mit plötzlichen,<br />
örtlich begrenzten Geländeeinsenkungen,<br />
sogenannten Erdfällen, gerechnet<br />
werden muss, die laut Baugrundgutachten<br />
mit einem maximalen Durchmesser<br />
von 4,00 m anzunehmen sind.<br />
Die Ausschreibung sah einen einteiligen<br />
Verbundquerschnitt vor, der als Durchlaufträger<br />
mit den Stützweiten 55 m,<br />
65 m, 80 m, 135 m, 90 m und 65 m bei<br />
einer konstanten Konstruktionshöhe<br />
von 5,42 m mit einer Nutzbreite von<br />
29,50 m in einem Radius von 1.600 m das<br />
Tal durchquert. Die Gründung sollte auf<br />
Bohrpfählen mit d = 1,50 m und Längen<br />
bis zu 58 m erfolgen.<br />
Die Lager waren nachstellbar geplant,<br />
und es waren horizontale Baugrundbewegungen<br />
bis zu 1 cm in Brückenquer-<br />
und bis zu 18 cm in Längsrichtung sowie<br />
Stützensenkungen von 5 cm zu berücksichtigen.<br />
Um bei Erdfall eine Überbeanspruchung<br />
der Pfähle durch negative<br />
Mantelreibung zu verhindern, wurden<br />
Bohrpfähle mit Mantelrohren aus Stahl<br />
ausgeschrieben. Das Stahlrohr sollte als<br />
Korrosionsschutz eine bitumenverträgliche<br />
Epoxid-Dickbeschichtung (Gesamtdicke<br />
570 μm) sowie eine Beschichtung<br />
auf bituminöser Basis erhalten, die als<br />
Gleitschicht zwischen dem Pfahl und der<br />
Ringraumverpressung bzw. dem Boden<br />
wirken sollte, um die Mantelreibung zu<br />
minimieren. Als zusätzliche Sicherheit<br />
war bei der Pfahlbemessung ein Abrostungszuschlag<br />
von 6 mm einzurechnen.<br />
5 Längsschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
1.3 Nebenangebot<br />
Das Nebenangebot sieht zwei grundlegende<br />
Änderungen gegenüber dem<br />
Amtsentwurf vor:<br />
1. Herstellung von zwei getrennten<br />
Überbauten in Spannbetonbauweise<br />
im Freivorbau sowie abschnittsweise<br />
auf Lehrgerüst,<br />
2. Gründung unter Berücksichtigung der<br />
negativen Mantelreibung aus Erdfall.<br />
Für die Gründung werden zwei Bereiche<br />
des Baugrunds unterschieden. In den<br />
Achsen 10, 20, 30 und 70 liegt der Gips<br />
ungestört und ohne Auslaugungserscheinungen<br />
vor, so dass die Gründung hier<br />
als »tiefgelegte Flachgründung« erfolgt:<br />
Jeweils zwölf Pfähle mit d = 1,20 m tragen<br />
die Lasten in den Pfeilerachsen fl ächig<br />
über Spitzendruck in den Baugrund ab,<br />
die Widerlager werden auf 21 bzw. 22<br />
Pfählen mit d = 1,20 m gegründet. In den<br />
Achsen 30–60 wird der auslaugungsgefährdete<br />
Gips durchstoßen und die<br />
Gründung fi ndet im tragfähigen Buntsandstein<br />
statt. Die Pfähle werden so<br />
bemessen, dass eine eventuelle negative<br />
Mantelreibung zusätzlich zur Bauwerkslast<br />
aufgenommen werden kann. Um ein<br />
Auslaufen des Betons, beispielsweise in<br />
Kavernen beim Herstellen der Pfähle, zu<br />
verhindern, werden diese mit einem strapazierfähigen<br />
Gewebeschlauch (Bullfl ex)<br />
umgeben; ein Großversuch bestätigte<br />
die Eignung des gewählten Materials.<br />
Die Herstellung der Pfähle mit d = 1,80 m<br />
erfolgt mittels Rohrdrehmaschine und<br />
Greifer.<br />
S Y M P O S I U M<br />
6 Regelquerschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
7 Pfahlbewehrung mit Bullfl ex-Schlauch<br />
© Kinkel + Partner<br />
8 Großversuch mit Bullfl ex-Schlauch<br />
© Kinkel + Partner<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
11 Überbauabschnitte<br />
© Kinkel + Partner<br />
9 Achse 50 mit Hilfspfeilerscheiben<br />
© Kinkel + Partner<br />
Das Nebenangebot beinhaltet zudem<br />
Stützweiten von 45 m, 65 m, 90 m, 165 m,<br />
85 m und 32 m. Die Bauhöhe über den<br />
Hauptachsen beträgt maximal 8,50 m, im<br />
Bereich der Feldmitten verringert sie sich<br />
auf 3,50 m; die vorgesehenen Kalottenlager<br />
entsprechen dem Amtsentwurf.<br />
Die Vorspannung des Bauwerks erfolgt<br />
mittels gerade geführter Spannglieder<br />
mit 19 Litzen, St 1660/1860 in Bodenplatte<br />
und Fahrbahnplatte sowie umgelenkter<br />
externer Spannglieder mit 16 Litzen<br />
St 1570/1770, die nach der Fertigstellung<br />
der Überbauten eingezogen und in Lisenen<br />
verankert werden.<br />
1.4 Bauverfahren<br />
Die Friedetalbrücke mit den geänderten<br />
Stützweiten wird zwischen den Achsen<br />
10–30 und 60–70 abschnittsweise auf<br />
Lehrgerüst errichtet, der Freivorbau mit<br />
insgesamt vier Gerüsten parallel von den<br />
Achsen 40 und 50 ausgeführt. Die Abschnittslänge<br />
der Freivorbauabschnitte<br />
variiert zwischen 3,75 m im Bereich der<br />
Hauptachsen und 5,00 m in den Feldmitten.<br />
Die Herstellung erfolgt im Wochentakt<br />
für jeweils vier Abschnitte gleichzeitig,<br />
wobei 15 Freivorbauabschnitte plus<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
ein Schlussstück zu den Vorlandbereichen<br />
sowie 16 Abschnitte plus ein Schlussstück<br />
zur Bauwerksmitte vorgesehen sind. Der<br />
Lückenschluss ist zunächst zum Vorland<br />
geplant, danach wird das Bauwerk in der<br />
Mitte geschlossen. Bauzeitig werden im<br />
Bereich der Achsen 40 und 50 Hilfspfeilerscheiben<br />
angeordnet, die rahmenartig<br />
mit dem Überbau verbunden sind und die<br />
Kippsicherheit im Bauzustand gewährleisten.<br />
Bauherren<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Freistaat Thüringen<br />
vertreten durch die<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
Entwurfsbearbeitung<br />
Schüßler-Plan Consult GmbH, Berlin<br />
Ausführungsplanung<br />
Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />
Prüfi ngenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Reinhard Maurer, Leipzig<br />
10 Freivorbau in Achse 40 und 50<br />
© Kinkel + Partner<br />
Bauausführung<br />
GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
2 Kauppenbrücke<br />
2.1 Einleitung<br />
Bei der Bundesautobahn A 3 Frankfurt–<br />
Nürnberg wird von der Anschlussstelle<br />
Hösbach Richtung Nürnberg ein 7,30 km<br />
langer, sechsstreifi ger Ausbau vorgenommen,<br />
in dessen Rahmen auch der Neubau<br />
der Kauppenbrücke bei Bau-km 227 +<br />
540,071 im Bereich Waldaschaff erfolgt.<br />
Dort rückt die neue Trasse bis zu 300 m<br />
von der alten Fahrbahn ab, um die Anwohner<br />
vor dem Verkehrslärm zu schützen.<br />
Zusätzlich werden 3,50 km lange<br />
Lärmschutzwände und -wälle errichtet<br />
und auf 2,40 km Länge ein lärmmindernder,<br />
offenporiger Asphalt eingebaut.<br />
58
59<br />
12 Ausbau der Bundesautobahn A 3<br />
© Kinkel + Partner<br />
13 Neuer Trassenverlauf<br />
© Kinkel + Partner<br />
2.2 Bauwerksentwurf<br />
Es handelt sich um eine Spannbeton-Balkenbrücke<br />
als Durchlaufträger über sieben<br />
Felder mit den Stützweiten 52,75 m,<br />
65 m, 80 m, 95 m, 80 m, 65 m und 52,75 m<br />
bei einer Gesamtlänge von 490,50 m. Der<br />
Querschnitt besteht aus einzelligen Hohlkästen<br />
mit zwei getrennten Überbauten<br />
bei einer Gesamtbreite einschließlich<br />
Kappen von 37,50 m. Die Konstruktionshöhe<br />
beträgt 5,30 m.<br />
14 Querschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
Alle Unterbauten werden mit Großbohrpfählen<br />
in hartem Granodiorit gegründet.<br />
Die Widerlager kommen als kastenförmige,<br />
begehbare Hohlkörper mit Wartungsgang<br />
zur Ausführung. Die Pfeiler<br />
sind massiv, werden in die Fundamente<br />
eingespannt und besitzen eine »Knochenform«.<br />
Für den Überbau ist ein längsvorgespannter<br />
Kastenträger vorgesehen, konzipiert<br />
für die Herstellung im Taktschiebeverfahren<br />
mit Anordnung von Hilfsstützen<br />
in den Feldern 3, 4 und 5. Die Übergänge<br />
werden als mehrschläuchige regelgeprüfte<br />
Übergangskonstruktionen gemäß TL/<br />
TP-Fü 92 mit einer Geräuschminimierung<br />
im Fahrbahnbereich realisiert. Die Lagerung<br />
auf den Pfeilern und Widerlagern<br />
erfolgt mittels Kalottenlagern, wobei die<br />
Achsen 3 und 4 jeweils ein festes und ein<br />
einseitig querbewegliches Kalottenlager<br />
erhalten.<br />
15 Längsschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
2.3 Nebenangebot<br />
Stützweiten, Überbauquerschnitt und<br />
Bauverfahren bleiben gegenüber dem<br />
Verwaltungsentwurf unverändert,<br />
ebenso die Standorte der Hilfsstützen.<br />
Abgewandelt wurden hingegen die<br />
Spannstahlgüte in St 1660/1860, das<br />
Vorspannkonzept, die Überbaulagerung<br />
und die Pfeilerform.<br />
Das geänderte System beinhaltet, die<br />
Achsen 2, 3, 4 und 5 mit längsfesten<br />
Lagern auszuführen. Die dabei entstehenden<br />
Zwangskräfte aus Temperatur<br />
und Kriechen werden bei der Bemessung<br />
berücksichtigt. Die höheren Pfeiler in Achse<br />
3 und 4 werden dabei entlastet, so dass<br />
es möglich ist, ihre inneren Abmessungen<br />
unter Wahrung der äußeren Gestaltung<br />
zu reduzieren. Gründung, Widerlager,<br />
Lager und Übergangskonstruktionen<br />
wurden gemäß statischen und konstruktiven<br />
Erfordernissen angepasst.<br />
2.4 Bauverfahren<br />
Die Großbohrpfähle DU 120 mit Längen<br />
bis zu 40 m und einer Einbindung von<br />
zum Teil über 10 m in den harten Granodiorit<br />
wurden mit einem Drehbohrgerät BG<br />
40 realisiert. Zur abschnittsweisen Errichtung<br />
von Fundamenten, Pfeilern und<br />
Widerlagern kommen handelsübliche<br />
Schalungssysteme zum Einsatz.<br />
Das Besondere an diesem Bauwerk sind<br />
der Spannbetonüberbau mit den endgültigen<br />
Stützweiten bis zu 90 m, einer Überbauhöhe<br />
von 5,30 m mit einer Breite von<br />
18,75 m sowie das gewählte Taktschiebeverfahren<br />
mit Abschnittslängen von 33 m,<br />
die im Wochentakt erstellt werden.<br />
Die Überbauten Nord und Süd werden<br />
nacheinander ausgeführt, was eine Taktschiebeeinrichtung<br />
bedingt, die querverschoben<br />
werden kann. 25 m hinter dem<br />
Widerlager Achse 0 wird der Taktkeller<br />
mit einer Länge von ca. 34 m einschließlich<br />
des Schalungsaufbaus angeordnet,<br />
ebenfalls mit Großbohrpfählen DU 120<br />
setzungsunempfi ndlich gegründet.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
16 Fertigungsanlage<br />
© Kinkel + Partner<br />
Der Überbau wird in zwei Abschnitten,<br />
Trog und Fahrbahnplatte, hergestellt. Die<br />
äußere Steg- und Kragarmschalung ist<br />
so auf dem Taktkeller platziert, dass sie<br />
vor dem Verschub nicht nur abgesenkt,<br />
sondern auch seitlich verschoben werden<br />
kann. Die Innenschalung besteht aus<br />
einzelnen Elementen für die Stege, Querträger<br />
und Umlenkstellen, für die Decke<br />
ist ein Deckentisch konzipiert.<br />
Damit sich der Wochentakt einhalten<br />
lässt, wird die Trogbewehrung hinter dem<br />
Taktkeller vorgefl ochten und eingezogen.<br />
Verschoben wird der Überbau bergauf<br />
mit zwei Verschubanlagen vom Typ<br />
Ebersbächer AH 123, die sich in Achse 0<br />
befi nden.<br />
Beim Einsatz von drei Hilfsstützen in<br />
den großen Feldern verbleiben noch<br />
Stützweiten mit 65 m. Bedingt dadurch<br />
ist für den Verschub ein Vorbauschnabel<br />
von ca. 40–45 m erforderlich. Der vorhandene<br />
Vorbauschnabel von 29 m Länge<br />
19 Pfeilerabspannung mit Hilfsstützen<br />
© Kinkel + Partner<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
wird daher um ein 15-m-Spannbetonteil<br />
verlängert. Weiterhin ist es erforderlich,<br />
für den Verschubzustand die Pfeiler abzuspannen.<br />
Um den Überbau in Endlage zu schieben,<br />
muss beim Widerlager in Achse 7 eine<br />
Zugvorrichtung eingesetzt werden, da die<br />
nötige Aufl ast am Verschubwiderlager<br />
in Achse 0 dann fehlt. Theoretisch ist die<br />
Verschubkraft der Hub-Reibe-Anlage<br />
in der Lage, den Überbau vollständig zu<br />
verschieben, wenn von einer maximalen<br />
Reibung von 3,30 % ausgegangen wird.<br />
Beim Verschub der letzten 2–3 m hat der<br />
Überbau aber die hintere Hub-Reibe-An-<br />
18 Draufsicht der Hub-Reibe-Anlage<br />
© Kinkel + Partner<br />
17 Längsschnitt der Hub-Reibe-Anlage<br />
© Kinkel + Partner<br />
lage bereits verlassen, und die vordere ist<br />
nicht mehr in der Lage, den Endverschub<br />
abzuschließen: Ab diesem Zeitpunkt ist<br />
eine Zugvorrichtung zur Unterstützung<br />
der vorderen Hub-Reibe-Anlage erforderlich.<br />
Sollte die Reibung 3,30 % überschreiten,<br />
kann der Einsatz der Zugvorrichtung<br />
früher angezeigt sein, bei einer maximalen<br />
Reibung von 4,00 % allerdings frühestens<br />
ab Verschubzustand 15. Die Durchbiegungen<br />
in den großen Feldern werden<br />
mit einer Voreinstellung der Schalung in<br />
der Fertigungsanlage berücksichtigt.<br />
Das Bauwerk liegt überwiegend im<br />
Bereich einer konstanten Steigung von<br />
60
61<br />
3,00 %, zwischen dem Widerlager in<br />
Achse 0 und etwa der Mitte zwischen<br />
Achse 1 und 2 geht sie in eine Wanne<br />
mit einem Ausrundungshalbmesser von<br />
H w = 40.000 m über. Der Überbau wird in<br />
konstanter Steigung hergestellt. Die Ausrundung<br />
erfolgt nach dem Endverschub<br />
näherungsweise durch ein Anheben des<br />
Überbaus in den Achsen 0 und 1. Die Takte<br />
haben aufgrund der Krümmung und der<br />
unterschiedlichen Stützweiten stark unterschiedliche<br />
Längen zwischen 33,21 m<br />
und 24,84 m. Ein Überbau besteht aus 16<br />
Takten.<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
vertreten durch die<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Entwurfsbearbeitung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Ausführungsplanung<br />
Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dr.-Ing. Walter Streit, München<br />
Bauausführung<br />
GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
3. Zwei Eisenbahnüberführungen<br />
3.1 Einleitung<br />
Mit dem Bau der Neubaustrecke (NBS)<br />
Ebensfeld–Erfurt wird in Kombination<br />
mit der Ausbaustrecke (ABS) Nürnberg–<br />
Ebensfeld erstmals eine direkte Verbindung<br />
zwischen dem fränkischen Zentrum<br />
und der thüringischen Landeshauptstadt<br />
geschaffen und das bestehende Kernnetz<br />
der Deutschen Bahn AG ideal ergänzt.<br />
Generell handelt es sich hier um Funktionalausschreibungen<br />
auf Basis einer Bauwerksbeschreibung,<br />
so dass die Leistung<br />
mit den Mengen im Rahmen einer Vorstatik<br />
und Vorplanung eigenverantwortlich<br />
festgelegt wurde.<br />
20 21 Derzeitiger Bautenstand<br />
© Kinkel + Partner<br />
3.2 Grümpentalbrücke<br />
3.2.1 Entwurf und Ausschreibung<br />
Die 1.104 m lange Grümpentalbrücke<br />
führt die NBS-Trasse westlich von Grümpen<br />
über das Grümpental in einer Höhe<br />
von ca. 70 m. Im vorwiegend landwirtschaftlich<br />
genutzten Talgrund verlaufen<br />
die Grümpen und die Kreisstraße K 34<br />
sowie nördlich innerhalb eines Nebentals<br />
die Bundesstraße B 89 und die Eisenbahnstrecke<br />
Eisfeld–Sonneberg.<br />
Im Bauwerksabschnitt liegt die NBS-Trasse<br />
im Bereich von zwei Übergangsbögen<br />
mit einem Zwischenradius. Die Gradiente<br />
fällt hier in südlicher Richtung mit einem<br />
konstanten Gefälle von 12,500 ‰, die<br />
Entwurfsgeschwindigkeit auf der Brücke<br />
beträgt 300 km/h. Die Brücke ist für einen<br />
Gleisabstand von 4,50 m auszubilden sowie<br />
als Regeloberbau die Feste Fahrbahn<br />
zu berücksichtigen.<br />
Der Brückenüberbau ist zwischen den<br />
Widerlagern als eine Folge von drei Durchlaufträgern<br />
konzipiert:<br />
– einem 219 m langen Durchlaufträger<br />
über fünf Felder mit einem Feldweitenraster<br />
von 43 m + 4 × 44 m,<br />
– einem 446 m langen Durchlaufträger<br />
über 13 Felder mit einem Feldweitenraster<br />
von 2 × 44 m + 9 × 30 m (über<br />
dem Bogen) + 2 × 44 m,<br />
– einem 439 m langen Durchlaufträger<br />
über zehn Felder mit einem Feldweitenraster<br />
von 9 × 44 m + 43 m.<br />
Es sind jeweils zwei Schienenauszüge in<br />
den Achsen 60 und 110 der Trennpfeiler<br />
vorgesehen.<br />
Die Abtragung der Längskräfte erfolgt<br />
über das südliche und nördliche Widerlager<br />
sowie über den Bogen. Gemäß der<br />
Richtlinie 804.9020 »Rahmenplanung<br />
Talbrücken« ist am südlichen und nördlichen<br />
Widerlager die Bodenplatte der<br />
oberen Widerlagerkammer mit der des<br />
Überbaus monolithisch verbunden, so<br />
S Y M P O S I U M<br />
dass die Längskräfte aus dem Überbau<br />
über die Bodenplatte direkt in die seitlichen<br />
Kammerwände geleitet werden. Das<br />
Horizontalkraftlager des Bogens ist im<br />
Bogenscheitel angeordnet und auswechselbar.<br />
Der Überbauquerschnitt ist als Hohlkasten<br />
mit einer Konstruktionshöhe von<br />
3,60 m konzipiert. Die Brückenbreite<br />
zwischen den Gesimsaußenkanten beträgt<br />
14,10 m, die Gesimskappen werden<br />
mit einer Höhe von 1,10 m hergestellt. Die<br />
Querschnittsabmessungen berücksichtigen<br />
einen Gleisabstand von 4,50 m. Die<br />
Randkappen sind auf beiden Seiten mit<br />
einem Kabeltrog ausgerüstet.<br />
Die Überbauten werden nach Richtlinie<br />
804 in Längs- und Querrichtung vorgespannt.<br />
Die Widerlager sind gemäß DB-<br />
Rahmenplanung kastenförmig mit vorgesetztem<br />
Aufl agerschaft geplant.<br />
Im Talgrund ist ein Bogen mit einer<br />
Spannweite von 270 m und einer Höhe<br />
von ca. 70 m vorgesehen, der im Bereich<br />
des Übergangsbogens liegt. Im Aufriss ist<br />
er parabelförmig stetig gekrümmt und<br />
ein variabler Hohlquerschnitt.<br />
Die Brückenpfeiler sind, orientiert an ihrer<br />
Funktion, mit drei verschiedenen Querschnitten<br />
vorgesehen:<br />
– Die Regelpfeiler entsprechen der<br />
Rahmenplanung mit Pfeilerkopfabmessungen<br />
von 2,70 m × 5,80 m und<br />
allseitigem Anzug von 70:1.<br />
– Die Trennpfeiler in den Achsen 60 und<br />
110 werden analog den Regelpfeilern<br />
mit allseitigem Anzug und einem Pfeilerkopfquerschnitt<br />
von 4,00 m × 5,80 m<br />
(Achse 60) und 4,50 m × 5,80 m (Achse<br />
110) ausgeführt.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
22 Längsschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
23 Querschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
– Die Bogenständer sind als Hohlquerschnitt<br />
4,80 m × 2,00 m ohne seitlichen<br />
Anzug ausgebildet.<br />
Für das Anheben des Überbaus zum<br />
Auswechseln der Lager sind auf den Auflagerbänken<br />
der Widerlager, Pfeiler und<br />
Bogenständer Stellfl ächen für Pressen<br />
angeordnet.<br />
Die im Entwurfsplan dargestellten Gründungen<br />
beinhalteten eine mögliche<br />
Lösung, wobei auf Basis der Baugrund-<br />
und Gründungsgutachten die Gründung<br />
eigenverantwortlich für die Brücken<br />
festgelegt wurde. Die Kämpferfundamente<br />
in Achse 80 und 90 wurden daher<br />
mit Bodenaustausch in einer Tiefe von<br />
ca. 20 m fl ach gegründet und als Baugrubenumschließung<br />
eine überschnittene<br />
Bohrpfahlwand DU 120 cm unverankert<br />
ausgeführt.<br />
25 26 27 Bogenherstellung<br />
© Kinkel + Partner<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
24 Bauphasen<br />
© Kinkel + Partner<br />
3.2.2 Bauverfahren<br />
Der 270 m weit gespannte Bogen wurde<br />
abschnittsweise auf Lehrgerüst hergestellt.<br />
Als variabler Hohlquerschnitt misst<br />
er ca. 7,40 m × 6,50 m am Kämpfer und ca.<br />
5,90 m × 4,50 m im Scheitel. In den Achsen<br />
der Bogenpfeiler wurden Hilfsstützen errichtet,<br />
die zur Aufl agerung der Bogenrüstung<br />
und als temporäre Unterstützung<br />
der Bogenabschnitte dienten.<br />
Der Bauablauf gliedert sich in neun Phasen:<br />
Die Herstellung des Bogens beginnt<br />
in Achse 90 und verläuft in Richtung Achse<br />
80 bis zur Achse 85 ohne Schlussstück<br />
(Phase 1–4). Danach wird er, von Achse 80<br />
kommend, in Richtung Achse 90 ebenfalls<br />
bis zur Achse 85 realisiert (Phase 5–8),<br />
gefolgt vom Schlussstück (Phase 9).<br />
Das dazu notwendige Lehrgerüst mit der<br />
waagerechten Stützweite von 30 m und<br />
einer Gesamtlänge von ca. 60 m wurde im<br />
Talgrund komplett vormontiert, teilweise<br />
schon mit Schalung versehen, mittels<br />
Litzenheber auf die erforderliche Höhenlage<br />
hochgezogen und auf Steckträger als<br />
Aufl ager abgesetzt. Danach wurden die<br />
äußeren Schalelemente auf der Rüstung<br />
angeordnet und die teilweise vorgefertigte<br />
Trogbewehrung eingebaut. Nach dem<br />
Versetzen der Innenschalung wurde der<br />
»Trog« des Bogenquerschnittes betoniert.<br />
Die Bogendeckelschalung wurde in der<br />
ersten Phase vor Ort montiert, um später<br />
jeweils vorgezogen zu werden. Nach<br />
Fertigstellung der Bodendecke wurde<br />
das Bogengerüst mittels Litzenheber<br />
62
63<br />
abgelassen und im Talgrund waagerecht<br />
längs in die nächste Bauphasenposition<br />
gezogen. Jetzt wurde das Bogengerüst<br />
wieder mittels Litzenheber hochgezogen<br />
und in der endgültigen Höhenlage abgesetzt.<br />
In dieser Abfolge sind die insgesamt<br />
neun Bauabschnitte verwirklicht worden,<br />
wobei der Bogen im Bauzustand über<br />
hydraulische Pressen auf den Hilfsstützen<br />
gelagert wurde, um Baugrund- und Bauwerksverformungen<br />
auszugleichen.<br />
Der Überbau wird mit einer Vorschubrüstung<br />
feldweise von Achse 210 nach Achse<br />
10 hergestellt. Im Bogenbereich sind die<br />
Hilfsstützen zur Durchbiegungsverminderung<br />
aber noch vorhanden.<br />
3.2.3 Statische Besonderheit<br />
Als statische Besonderheit ist der weit gespannte<br />
Bogen zu nennen, der im Aufriss<br />
wie im Grundriss (Klothoide) gekrümmt<br />
ausgeführt wird. Infolge von Ausbau- und<br />
Verkehrslasten treten daher nicht nur<br />
vertikale, sondern auch horizontale Verformungen<br />
auf. Zum Ausgleich der sich<br />
erst nach Bogenschluss einstellenden<br />
Verformungen wird der Bogen vertikal<br />
wie horizontal überhöht hergestellt.Die<br />
horizontale Überhöhung beträgt in Bogenmitte<br />
etwa 13 cm, die vertikale Überhöhung<br />
33 cm.<br />
Wesentlich für die zu berücksichtigenden<br />
Verformungen ist die Errichtung auf Hilfsstützen,<br />
bei der das System näherungsweise<br />
wie ein Durchlaufträger wirkt. Das<br />
heißt, das Bogeneigengewicht wird zunächst<br />
durch die Hilfspfeiler abgetragen,<br />
nicht durch die Bogentragwirkung. Erst<br />
nach Fertigstellung des Bogens werden<br />
die Hilfsstützen das erste Mal abgelassen,<br />
der Bogen übernimmt dabei sein Eigengewicht,<br />
und es kommt zu den ersten Bogenverformungen<br />
sowie geringfügigen<br />
Setzungen an den Kämpfern.<br />
Anschließend werden die Hilfsstützen<br />
erneut kraftschlüssig unter den Bogen<br />
gesetzt, um die bei der Überbaurealisierung<br />
auftretenden Lasten abzuleiten und<br />
eine unsymmetrische Beanspruchung<br />
des Bogens zu verhindern. Danach werden<br />
sie wiederum abgelassen und der<br />
Bogen freigesetzt, wobei der Überbau<br />
durch Nachjustieren mittels Pressen in<br />
seiner ursprünglichen Lage gehalten<br />
wird. Die Verformungen des Bogens aus<br />
Eigengewicht Überbau sowie Kriechen<br />
und Schwinden erzeugen so keine zu-<br />
28 29 Brücke im Bau<br />
© Kinkel + Partner<br />
sätzliche Beanspruchung im Überbau.<br />
Der endgültige Verguss der Lager erfolgt<br />
erst nach Beendigung des Ausbaus, um<br />
geringfügige Korrekturen an der Höhenlage<br />
des Überbaus durchführen und die<br />
tatsächlich auftretenden Kriech- und<br />
Schwindverformungen des Bogens ausgleichen<br />
zu können.<br />
3.3 Talbrücke Weissenbrunn<br />
3.3.1 Entwurf und Ausschreibung<br />
Diese 614 m lange Talbrücke führt die<br />
NBS-Trasse östlich von Weissenbrunn am<br />
Forst in ca. 40 m Höhe über das Tal des<br />
Weissenbrunner Baches, dessen Form von<br />
einem ca. 300 m breiten Talboden geprägt<br />
ist.<br />
Im Bauwerksbereich liegt die Trasse in<br />
einem Bogen, die Überhöhung der Gleise<br />
beträgt 135 mm. Die Gradiente fällt in<br />
südlicher Richtung mit einem konstanten<br />
Gefälle von 5,924 ‰, die Entwurfsgeschwindigkeit<br />
auf der Brücke beträgt<br />
300 km/h. Für einen Gleisabstand von<br />
4,70 m ausgebildet, war als Regeloberbau<br />
die »Feste Fahrbahn« zu berücksichtigen.<br />
Der Überbau ist zwischen den Widerlagern<br />
als eine Kette von Einfeldträgern mit<br />
dazwischenliegendem Durchlaufträger<br />
(Rahmenbrücke) konzipiert:<br />
– acht Einfeldträger mit einem Stützweitenraster<br />
von 1 × 43 m + 7 × 44 m,<br />
– ein 176 m langer Durchlaufträger als<br />
Rahmenbrücke über drei Felder mit<br />
einem Stützweitenraster von 50 m +<br />
76 m + 50 m,<br />
S Y M P O S I U M<br />
– zwei Einfeldträger mit einem Stützweitenraster<br />
von 44 m + 43 m.<br />
Die Abtragung der »Einfeldträger-Längskräfte«<br />
erfolgt feldweise. Die auf die<br />
Rahmenbrücke entfallenden Längskräfte<br />
werden über die beiden V-Stützen abgeleitet.<br />
Bei dem Überbauquerschnitt handelt es<br />
sich um einen Hohlkasten mit einer Konstruktionshöhe<br />
von 4,00 m, der im Bereich<br />
der Rahmenbrücke auf ca. 5,00 m über<br />
den V-Stützen gevoutet ist. Die Brückenbreite<br />
zwischen den Gesimsaußenkanten<br />
beträgt 14,30 m, die Gesimskappen haben<br />
eine Höhe von 1,10 m, die Randkappen<br />
sind auf beiden Seiten mit einem<br />
Kabeltrog ausgerüstet. Die Überbauten<br />
sind nach Richtlinie 804 in Längs- und<br />
Querrichtung vorgespannt.<br />
Gemäß DB-Rahmenplanung werden<br />
kastenförmige Widerlager mit vorgesetztem<br />
Aufl agerschaft hergestellt, die Pfeiler<br />
im Bereich der Einfeldträger, ebenfalls<br />
entsprechend DB-Rahmenplanung, mit<br />
Pfeilerkopfabmessungen von 3,50 m ×<br />
6,00 m und allseitigem Anzug von 70:1<br />
ausgeführt. Die V-Stützen der Rahmenbrücke<br />
sind als Hohlquerschnitt mit den<br />
Abmessungen ca. 5,00 m × 2,80 m (oben)<br />
und einem Anzug von 70:1 in Brückenquerrichtung<br />
konzipiert und gehen am<br />
Stützenfuß in einen Vollquerschnitt über.<br />
Dort befi nden sich Betongelenke, welche<br />
die Vertikal- und Horizontalkräfte der<br />
Rahmenbrücke aufnehmen.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
30 Längsschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
31 Rahmentragwerk<br />
© Kinkel + Partner<br />
3.3.2 Bauverfahren<br />
Das Anspruchsvolle bei diesem Bauwerk<br />
sind die Errichtung von zwei V-Pfeilern<br />
auf einem Betongelenk sowie die<br />
Überbauherstellung in deren Bereich<br />
(Rahmentragwerk). Dabei wird das Betongelenk<br />
nach Ausführung der Gründung,<br />
einschließlich der Fundamente,<br />
in den Achsen 100 und 110 komplett in<br />
einem Bauabschnitt realisiert. Der dafür<br />
erforderliche Ablauf bedurfte einer sehr<br />
eingehenden Detailplanung inklusive<br />
einer Probebetonage an einem Modell im<br />
Maßstab 1:1 mit der vollen Gelenkbreite<br />
und Bewehrung. Um die insgesamt acht<br />
Bauabschnitte der V-Pfeiler mittels Kletterschalung<br />
auf einem »Gelenk« verwirklichen<br />
zu können, wird dieses zug- und<br />
druckfest fi xiert, das heißt, der Anfänger<br />
der V-Pfeiler mit dem Fundament mittels<br />
Zuggliedern gemäß Spannanweisung<br />
angespannt.<br />
Danach werden die V-Pfeiler in Abschnitten<br />
von 2,90 m Höhe mit zwei Stücken<br />
Kletterschalung hergestellt, damit sich<br />
ihre Äste parallel errichten lassen. Miteinander<br />
verspannt werden sie jeweils nach<br />
Beendigung des vierten, sechsten und<br />
33 Abspannung der V-Pfeiler<br />
© Kinkel + Partner<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
achten Bauabschnitts. Die Verformungen<br />
sind gemäß Messprogramm zu ermitteln,<br />
zu protokollieren und eventuell zu korrigieren.<br />
Die Überbauerrichtung erfolgt mit einer<br />
Vorschubrüstung feldweise von Achse 10<br />
nach Achse 130, wobei über den V-Pfeilern<br />
zur bauzeitigen Lastabtragung Hilfsstützen<br />
erforderlich sind. Der Überbau<br />
ist in diesem Bereich gevoutet, was im<br />
Schalungsaufbau der Vorschubrüstung<br />
Berücksichtigung fi ndet.<br />
Das Rahmentragwerk mit einer Länge<br />
von 176 m wird in fünf Bauabschnitten<br />
realisiert. Nach Beendigung des ersten<br />
wird dieser mit dem letzten Einfeldträger<br />
am Pfeiler in Achse 90 in Längsrichtung<br />
zug- und druckfest verbunden. Sobald die<br />
Rahmenstruktur fertiggestellt ist, werden<br />
die Verankerungen an den Betongelenken<br />
und am Pfeiler in Achse 90 gelöst und<br />
entfernt.<br />
3.3.3 Entwurf der Betongelenke<br />
Die Betongelenke wurden nach einer<br />
unternehmensinternen Genehmigung<br />
(UiG) der Deutschen Bahn AG konzipiert,<br />
die auf den bekannten Bemessungsregeln<br />
34 V-Pfeiler-Abschnitte<br />
© Kinkel + Partner<br />
32 Querschnitt<br />
© Kinkel + Partner<br />
nach Leonhardt/Mönnig beruht.<br />
Entscheidende Entwurfskriterien waren:<br />
1. Verhältnis von maximaler Querkraft<br />
zu maximaler Normalkraft kleiner<br />
als 12,50 %. Die Beschränkung der<br />
Querkraft ermöglicht es, das Gelenk<br />
ohne Dübelbewehrung im Gelenkhals<br />
auszuführen, der dementsprechend<br />
völlig unbewehrt ist. Im Falle eines<br />
Ersatzneubaus können die Gelenke<br />
durch Anheben des Rahmenbauwerks<br />
mittels Hydraulikpressen durchtrennt,<br />
anschließend das gesamte Bauwerk<br />
auf Gleitbahnen querverschoben und<br />
ein Neubau auf demselben Weg eingeschoben<br />
werden.<br />
2. In Querrichtung muss das Gelenk in<br />
allen Lastfällen (charakteristische<br />
Lastfallkombination) überdrückt sein.<br />
Um diese Forderung einzuhalten,<br />
wurde es notwendig, das Betongelenk<br />
64
65<br />
35 Rahmenstruktur<br />
© Kinkel + Partner<br />
36 Gesamtbauwerk<br />
© Kinkel + Partner<br />
gegenüber dem Entwurf von etwa 4 m<br />
auf etwa 9 m zu verbreitern.<br />
3. Die zulässige Stahlspannung der Spaltzugbewehrung<br />
wurde von 180 N/mm²<br />
gemäß Leonhardt in der UiG auf<br />
150 N/mm² reduziert. Dies führt zu<br />
einer Bewehrungserhöhung von rund<br />
GERDUM U BREUER<br />
34277 Fuldabrück - Crumbacher Str. 23/25<br />
Tel. 0561/49191-0 - Fax 0561/49191914<br />
info@gerdum-u-breuer.de<br />
20 % gegenüber herkömmlich bemessenen<br />
Betongelenken und damit zu<br />
einer außerordentlich hohen Bewehrungskonzentration.<br />
Für die Bauausführung<br />
wurde zusätzlich festgelegt,<br />
dass keine Arbeitsfuge im Gelenkhals<br />
angeordnet werden durfte.<br />
Bauunternehmen GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Manfred Becker<br />
GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
Bauherr<br />
DB Netz AG, Berlin<br />
Auftraggeber<br />
DB ProjektBau GmbH, Erfurt<br />
Entwurfsverfasser<br />
Obermeyer Planen + Beraten GmbH, München<br />
Ausführungsplanung<br />
Kinkel + Partner Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />
Prüfi ngenieure<br />
Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />
(Grümpentalbrücke)<br />
Dr.-Ing. Bernd Brand, Nürnberg<br />
(Talbrücke Weissenbrunn)<br />
Bauausführung<br />
GERDUM u. BREUER Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
Brückenbau<br />
Sanierung<br />
Instandsetzung<br />
von Ingenieurbauwerken<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Gestern, heute, morgen<br />
Mehrfeldrige Schrägseilbrücken<br />
� � � von Andreas Keil, Philipp Wenger<br />
Als Bestandteil einer sich ständig<br />
ausweitenden Infrastrukturentwicklung<br />
ist der moderne Brückenbau<br />
geprägt vom Bestreben der<br />
Ingenieure, zunehmend komplexer<br />
werdende Entwurfsaufgaben zu<br />
meistern. Großmaßstäbliche Verkehrswegprojekte<br />
erfordern oft das<br />
Überbrücken von stets größer bzw.<br />
breiter werdenden Hindernissen. In<br />
solchen Fällen spielen Überlegungen<br />
mit mehrfeldrigen, seilgestützten<br />
Brückensystemen immer häufi ger<br />
eine wesentliche Rolle. Im Rahmen<br />
dieses Aufsatzes wird nun die historische<br />
Entwicklung mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken bis zum heutigen<br />
Stand der Technik zusammengefasst<br />
und deren grundsätzliche,<br />
systemimmanente Besonderheiten<br />
anhand realisierter Beispiele erläutert,<br />
abgerundet durch eine Auswahl<br />
verschiedener laufender und zukünftiger<br />
Bauvorhaben.<br />
1 Einführung<br />
1.1 Anwendung<br />
Mehrfeldrige Schrägseilbrücken zeichnen<br />
sich heute zunehmend als technisch und<br />
wirtschaftlich machbare und gleichzeitig<br />
gestalterisch ansprechende Lösung für<br />
längere Querungen aus, da die realisierbaren<br />
Spannweiten seilgestützter Brücken<br />
die mehrfeldriger Balkenstrukturen<br />
deutlich übersteigen. Das Gros dieser<br />
Brücken sind Typen mit Schrägseilsystemen,<br />
jedoch gibt es auch diverse Beispiele<br />
mit Hängesystemen.<br />
Mehrfeldrige Schrägseilbrücken kommen<br />
meist zur Ausführung, wenn<br />
– breitere Hindernisse überquert werden<br />
müssen und die zu überquerende<br />
Distanz die mit klassischen Dreifeldsystemen<br />
realisierbaren Spannweiten<br />
übersteigen;<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Durchbiegung unter lokaler Belastung eines Innenfeldes<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
2 Längenänderung und Verformung unter konstanter Temperaturlast<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
– die Verwendung üblicher Baugeräte<br />
wie Schalung und Rüstung zum Bau<br />
längerer Brücken mit sich wiederholenden<br />
Spannweiten unwirtschaftlich<br />
wird, beispielsweise in Gewässern;<br />
– Gründungen übermäßig aufwendig<br />
werden, beispielsweise wegen schlechter<br />
Bodenverhältnisse oder bei tiefen<br />
Gründungshorizonten;<br />
– Unterbauten aufwendig herzustellen<br />
sind, beispielsweise in tieferen Tälern<br />
oder schlecht zugänglichen Berghängen.<br />
Mehrfeldrige Schrägseilbrücken erweisen<br />
sich in verschiedener Hinsicht als<br />
vorteilhaft, da in Entwurf und Montage<br />
erprobte Technologien und Methoden<br />
Verwendung fi nden, maßgeblich entwickelt<br />
für den Bau von konventionellen<br />
Schrägseilbrücken, mit beachtenswerten<br />
wirtschaftlichen Vorteilen und verkürzten<br />
Herstellungszeiten.<br />
1.2 Besonderheiten<br />
1.2.1 Unterschiede<br />
Gegenüber den konventionellen, dreifeldrigen<br />
Schrägseilbrücken bedürfen beim<br />
Entwurf und der Ausführung mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken zwei statisch-konstruktive<br />
Besonderheiten einer gesteigerten<br />
Aufmerksamkeit.<br />
1.2.2 Aussteifung der Maste und Pylonen<br />
Da die inneren Maste mehrfeldriger Brücken<br />
nicht durch Verbindungen zu steifen<br />
Widerlagern bzw. Trennpfeilern stabilisiert<br />
werden können, erzeugen unsymmetrische,<br />
lokale Verkehrslasten deutlich<br />
größere Verformungen des Überbaus<br />
aufgrund der größeren Verschieblichkeit<br />
der unausgesteiften Maste. Zur Aufnahme<br />
der unsymmetrischen Verkehrslasten<br />
ist daher eine entsprechende Steifi gkeitsverteilung<br />
bei Masten und Überbau von<br />
wesentlicher Bedeutung.<br />
1.2.3 Längenänderungen<br />
Längenänderungen werden gewöhnlich,<br />
insbesondere bei Schrägseilbrücken, an<br />
den Brückenenden mit entsprechenden<br />
Dehnfugen aufgenommen. Dehnfugen<br />
in Feldmitte sind eher unerwünscht<br />
und werden selten realisiert, da die<br />
Ausführung eines biegesteifen Normalkraftgelenks<br />
im Bereich der größten<br />
Durchbiegung bzw. maximaler Tangentenknickwinkel<br />
sehr aufwendig ist. Bei<br />
mehrfeldrigen Schrägseilbrücken spricht<br />
die vorgenannte Besonderheit zusätzlich<br />
gegen Dehnfugen in Feldmitte, so dass<br />
an den Brückenenden sehr große Längenänderungen<br />
aufgenommen werden<br />
müssen. Hinzu kommen größere, immer<br />
wiederkehrende Auslenkungen der äußeren<br />
Maste infolge der konstanten Temperaturänderungen<br />
des Überbaus.<br />
1.2.4 Lösungen<br />
Die beiden Themen sowie die entsprechend<br />
möglichen technischen Lösungen<br />
sind bekannt und ausführlicher in [4], [5],<br />
[6], [7] und [8] beschrieben, weshalb deren<br />
Erörterung hier auf eine kurze Zusammenfassung<br />
beschränkt bleibt.<br />
1.3 Historische Entwicklung<br />
Frühe Vertreter mehrfeldriger »seil«-gestützter<br />
Brücken lassen sich vor allem in<br />
Frankreich ab Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
fi nden. Mehrfeldrige Strukturen<br />
66
67<br />
3 Historische »seil«-gestützte Mehrfeldbrücken in Frankreich<br />
© www.art-et-histoire.com<br />
wurden mit Einzelspannweiten von 40–<br />
80 m als Hänge- und Schräg-»Stangen«-<br />
Brücken sowie vielerorts auch als kombinierte,<br />
hybride Systeme gebaut. Es liegt<br />
nahe, dass sich mehrfeldrige Systeme<br />
bereits früh entwickelten, da sie die einzige<br />
Möglichkeit darstellten, Hindernisse,<br />
deren Breite die damals realisierbaren<br />
Spannweiten klassischer Hängebrücken<br />
überstiegen, zu überwinden. Es ist beachtenswert,<br />
dass ihre systembedingten<br />
statischen Besonderheiten schon damals<br />
mit genau denselben technischen Lösungen<br />
wie heute gelöst wurden. Der geniale<br />
französische Erfi nder und Ingenieur Marc<br />
Seguin (1786–1875), ein Neffe von Joseph<br />
de Montgolfi er, hat die Entwicklung<br />
dieser Brücken maßgeblich beeinfl usst<br />
und mit seinen vier Brüdern zwischen<br />
1820 und 1850, aus heutiger Sicht fast<br />
unvorstellbar, annähernd 100 Bauwerke<br />
geplant und errichtet. [32]<br />
In diesem Zusammenhang soll einem<br />
Aussteifungssystem, das in modifi zierter<br />
Form weiterhin Anwendung fi ndet, gesonderte<br />
Beachtung geschenkt werden.<br />
Der französische Ingenieur Albert Gisclard<br />
(1844–1909) [1] entwickelte und<br />
patentierte [2] ein Hängesystem mit sich<br />
überlappenden Aufhängungen in Feldmitte<br />
zur Verringerung der Durchbiegung<br />
unter halbseitiger Verkehrslast. So ging<br />
seine Cassagne-Brücke als eine der ers-<br />
4 Pont de la Cassagne, Gisclard’s principle (1909)<br />
© Michel Wagner/www.timbreponts.fr<br />
5 Pont de Très Cassés (1913)<br />
© Michel Wagner/www.timbreponts.fr<br />
ten Eisenbahnhängebrücken mit großer<br />
Schlankheit in die Geschichte ein. Das<br />
»Gisclard«-Prinzip wurde in der Folge von<br />
ihm und anderen auch für den Bau mehrfeldriger<br />
Brücken gewählt, wie beispielsweise<br />
1913 für den Pont de Très Cassés<br />
oder 1929 für die Fußgängerbrücke Deir-<br />
Ez-Zor über den Euphrat in Syrien.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Einige wenige, im Vergleich zum vorherigen<br />
Jahrhundert, mehrfeldrige Seilbrücken<br />
wurden Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
geplant und gebaut, die heute, nicht nur<br />
in dem kleinen Kreis der Brückeningenieure,<br />
zu den weltweit geachteten Bauwerken<br />
gehören, wie zum Beispiel die San<br />
Francisco-Oakland Bay Bridge oder Riccardo<br />
Morandis Lake Maracaibo Bridge.<br />
Zwei weitere außergewöhnliche, aber<br />
nicht ganz so bekannte Mehrfeldbrücken,<br />
die in dieser Zeit errichtet wurden, sind<br />
die San-Marcos-Brücke in El Salvador mit<br />
dem bis heute einmaligen Aussteifungssystem<br />
eines Seil-Fachwerks sowie der<br />
Polcevera-Viadukt in Ligurien, wiederum<br />
ein Entwurf von Riccardo Morandi.<br />
6 Deir-Ez-Zor-Brücke (1929)<br />
© Michel Wagner/<br />
www.timbreponts.fr<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
7 San Francisco-Oakland Bay Bridge (1936)<br />
© Nicolas Janberg/www.structurae.de<br />
8 San Marcos Bridge (1955)<br />
© Aus [3]<br />
9 Polcevera-Viaduct (1968)<br />
© Sextum/www.it.wikipedia.org<br />
10 Mehrfeldbrücke mit Zwischenaufl ager<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
11 Steife Maste und Pylonen<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
12 Steifer Überbau (»Versteifungsträger«)<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts<br />
gelangten mehrfeldrige (Schräg-)Seilbrücken<br />
zu neuer Popularität, und die<br />
technischen Herausforderungen und<br />
Vorzüge sind zunehmend in den Fokus der<br />
bautechnischen Forschung und Entwicklung<br />
gerückt. So wurden in den vergangenen<br />
drei Dekaden einige herausragende<br />
Bauwerke geplant und auch mehrheitlich<br />
realisiert.<br />
2 Systemvarianten<br />
2.1 Überblick<br />
2.1.1 Kriterien<br />
Die Beschränkung der Verformungen in<br />
den Innenfeldern mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />
unter unsymmetrischen<br />
Verkehrslasten, vor allem auch abhängig<br />
von der Steifi gkeit der Maste und Pylonen,<br />
hat großen Einfl uss auf die Wahl des<br />
geeigneten statischen Systems und prägt<br />
daher ebenso die Gestaltung der Brücke.<br />
Jedoch muss ein adäquates strukturelles<br />
System nicht nur den Anforderungen zur<br />
Reduktion der Balkendurchbiegung genügen.<br />
Alle weiteren Randbedingungen,<br />
wie beispielsweise die Höhe des Decks<br />
über Grund bzw. dem Wasserspiegel,<br />
die Baugrundbedingungen, Baubarkeit<br />
und Wirtschaftlichkeit müssen an dieser<br />
Stelle genauso sorgfältig erwogen<br />
werden. Im Folgenden werden nun die<br />
grundsätzlichen Alternativen möglicher<br />
Aussteifungskonzepte vorgestellt.<br />
2.1.2 Zwischenverankerung<br />
Die naheliegende Form eines Aussteifungssystems<br />
besteht in der Anordnung<br />
von Zwischenaufl agern, an denen die<br />
(Differenz-)Horizontalkräfte abgetragen<br />
werden können. Das feste Zwischenaufl<br />
ager, insbesondere angewandt bei<br />
mehrfeldrigen Hängebrücken, unterteilt<br />
die Mehrfeldbrücke nachvollziehbar<br />
in einzelne »Stand-alone«-Tragwerke.<br />
So werden die Verformungen wie beim<br />
konventionellen Dreifeldsystem durch<br />
ausgesteifte Maste limitiert, was in gleicher<br />
Weise auf Hänge- wie auf Schrägseilbrücken<br />
zutrifft.<br />
Obwohl mehrfeldrige Brücken mit Zwischenaufl<br />
ager im Allgemeinen zu den<br />
mehrfeldrigen seilgestützten Brückentypen<br />
gezählt werden, sind sie eigentlich<br />
den konventionellen Systemen zugehörig<br />
und sollen daher im Weiteren nicht näher<br />
betrachtet werden.<br />
2.1.3 Steife Maste und Pylonen<br />
Ein direkter Ansatz zur Erhöhung der<br />
Längssteifi gkeit von Masten und Pylonen<br />
besteht darin, die Abmessungen der<br />
Hauptquerschnitte zu vergrößern. Diese<br />
Lösung verspricht eine wirtschaftlichere<br />
68
69<br />
13 Varianten zur Aussteifung mit Seilen<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
14 System der Allahabad-Brücke (1968)<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Brücke, sofern die globalen Abmessungen<br />
und die Belastung nicht zu inakzeptablen<br />
Mastabmessungen führen.<br />
Werden die Maste mit doppelten, aufgelösten<br />
Beinen in A-, »Diamond-« oder<br />
auch Lambda-Form konzipiert, lässt sich<br />
die horizontale Steifi gkeit noch weiter<br />
erhöhen. Allerdings sind abgesehen von<br />
der Diamond-Lösung die Gründungen<br />
beispielsweise für einen A-Pylonen deutlich<br />
aufwendiger.<br />
Da eine biegesteife Verbindung des Überbaus<br />
mit steifen Masten in den meisten<br />
Fällen zu sehr hohen Zwangsbeanspruchungen<br />
führen würde, sind bei diesen<br />
Systemen Überbau und Maste in der<br />
Regel voneinander entkoppelt. Ein wesentlicher<br />
Vorteil bei der Anordnung von<br />
steifen Masten ist die Materialersparnis<br />
beim Überbau, der sehr schlank und leicht<br />
ausgebildet werden kann, und folglich<br />
auch bei den Seilen.<br />
2.1.4 Steifer Überbau<br />
Die Anordnung eines steifen Überbaus<br />
hat zum einen den Effekt, dass die große<br />
Biegesteifi gkeit den Durchbiegungen<br />
unter unsymmetrischen Verkehrslasten<br />
direkt entgegenwirkt, zum anderen wird<br />
das Seilsystem und damit die Maste<br />
durch den Überbau zusätzlich ausgesteift.<br />
Das Prinzip eines steifen Überbaus wurde<br />
in Japan für Mehrfeldbrücken mit mittleren<br />
Spannweiten und kurzen Masten verstärkt<br />
weiterentwickelt zur sogenannten<br />
Extradosed Brücke, einer Bauweise, die,<br />
abgesehen vom Anwendungsgebiet der<br />
AASHTO-Codes, inzwischen international<br />
Anwendung fi ndet.<br />
2.1.5 Rahmensysteme<br />
Der Schrägseilbrücken-Bauweise naheliegend<br />
ist eine biegesteife Verbindung<br />
zwischen Überbau und Masten zu einem<br />
mehrfeldrigen Rahmensystem, bei dem<br />
sich, beeinfl usst durch Besonderheiten<br />
bei der Herstellung, die Steifi gkeit gut<br />
15 Rion-Antirion-Brücke (2004)<br />
© David Monniaux/www.wikipedia.org<br />
S Y M P O S I U M<br />
zwischen Überbau, Masten und Seilsystem<br />
aufteilen lässt. Durch die heute mit<br />
verhältnismäßig geringem Aufwand<br />
möglichen Parameterstudien und Strukturoptimierungsmethoden<br />
kann dabei<br />
die Materialverwendung optimiert werden.<br />
[7] [14]<br />
2.1.6 Aussteifungsseile<br />
Ein weiteres wirkungsvolles Prinzip zur<br />
Aussteifung besteht darin, die Mast- oder<br />
Pylonköpfe mit zusätzlichen Aussteifungsseilen<br />
zu fi xieren. Dies führt zu den<br />
bereits genannten Vorteilen der Bauweise<br />
mit steifen Masten, wobei zusätzlich der<br />
Materialeinsatz zur Herstellung der Maste<br />
verringert werden kann.<br />
Mit Aussteifungsseilen lassen sich die<br />
Maste oder Pylonen sehr schlank ausführen.<br />
Hinzu kommen Vorteile während<br />
der Bauausführung, wie beispielsweise<br />
die Möglichkeit, die inneren Maste schon<br />
frühzeitig stabilisieren zu können.<br />
2.2 Brücken mit steifen Pylonen<br />
Bei den frühen Mehrfeldbrücken wurde<br />
das Prinzip mit steifen Tragseilaufl agern,<br />
die aus Natursteinblöcken gemauert und<br />
in manchen Fällen sogar durch sich überlappende,<br />
auf der gegenüberliegenden<br />
Seite im Fundament verankerte Zugglieder<br />
gegen Kippen vorgespannt wurden,<br />
überwiegend angewandt.<br />
Riccardo Morandi wählte diese Bauweise<br />
für seine Entwürfe am Lake Maracaibo<br />
und beim Polcevera-Viadukt 1968. Im selben<br />
Jahr wurde von Fritz Leonhardt und<br />
Jörg Schlaich eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />
mit steifen A-Pylonen und<br />
einer Regelspannweite von 159,20 m zur<br />
Überquerung des Ganges bei Allahabad<br />
in Indien vorgeschlagen [5] [7], die aber<br />
leider nicht realisiert wurde.<br />
In den 1980er Jahren wurden verschiedene<br />
Entwürfe mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />
mit steifen Masten ausgearbeitet,<br />
wie zum Beispiel der des französischen<br />
Bauunternehmers Grands Travaux de<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Marseille (GTM) für eine Überquerung des<br />
Ärmelkanals einer mehrfeldrigen Brücke<br />
mit A-Pylonen und 500 m Spannweite. [4]<br />
Beim Wettbewerb für die Brücke zur Ile<br />
de Ré 1986 reichte GTM zusammen mit<br />
Bernard Campenon eine mehrfeldrige<br />
Schrägseilbrücke mit doppelten A-Pylonen<br />
und einem sehr schlanken Überbau<br />
mit einer Regelspannweite von 140 m ein.<br />
[4] Diese Konzeption gilt als Vorläufer des<br />
ersten, 1988 von GTM und Ingerop angefertigten<br />
Entwurfs der Rion-Antirion-Brücke<br />
in Griechenland.<br />
Die Rion-Antirion-Brücke schließlich<br />
dürfte die erste mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />
mit steifen, aufgelösten »doublediamond«-Pylonen<br />
und einem sehr<br />
schlanken Überbau sein: eine Lösung von<br />
Berdj Mikaelian und Jacques Combault<br />
(et al.), unter Berücksichtigung extremer<br />
Randbedingungen erstellt. Die große zu<br />
überbrückende Distanz in Verbindung<br />
mit stark variierenden, teilweise sehr<br />
schwierigen Baugrundbedingungen mit<br />
Gründungshorizonten in 65 m Wassertiefe<br />
[13] führte hier zum Entwurf einer<br />
mehrfeldrigen Schrägseilbrücke mit<br />
drei Hauptfeldern mit Spannweiten von<br />
560 m; möglichst große Spannweiten<br />
und eine geringe Anzahl steifer Gründungen<br />
waren auch im Hinblick auf den stark<br />
frequentierten Schifffahrtskanal mit<br />
statischen Anpralllasten bis zu 125.000 t<br />
erstrebenswert. Da die Brücke in einer<br />
Region mit extremer seismischer Aktivität<br />
(spektrale Beschleunigung 1,2 g) steht,<br />
war ein leichter, durchlaufender Überbau<br />
wünschenswert, an dessen Enden jedoch<br />
die großen Verformungen aus Temperatur<br />
und Erdbebenlasten aufgenommen<br />
werden mussten. Darüber hinaus hat das<br />
Bauwerk erheblichen Windgeschwindigkeiten<br />
zu trotzen, wobei durch den<br />
schlanken, nur 2,20 m hohen Überbau<br />
mit entsprechender Querbiegesteifi gkeit<br />
und den aufgelösten A-Pylonen mit sehr<br />
dünnen Beinquerschnitten die Windlast<br />
erheblich reduziert werden konnte. Der<br />
Überbau ist an den Pylonen auf zwei<br />
Lagerreihen elastisch, längsverschieblich<br />
aufgelagert, für die großen Verformungen<br />
wurden an jedem Ende 25-lamellige<br />
Maurer-Schrägtraversen-Dehnfugen mit<br />
ca. 2,50 m Dehnweg und »fuse-box«- System<br />
(zusätzlicher Dehnweg ca. 2,50 m im<br />
Erdbebenfall) eingesetzt. [12]<br />
Weitere gelungene Beispiele einer<br />
Mehrfeldbrücke mit steifen Pylonen<br />
und schlankem Überbau sind die 1999<br />
errichtete Dongting Lake Bridge über den<br />
Yangtse mit 2 × 310 m Hauptspannweite<br />
und die Yiling Bridge, gebaut in 2004<br />
ebenfalls über den Yangtse mit 2 × 348 m<br />
Hauptspannweite. [21]<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
16 Dehnfuge für 2,50 m Dehnweg<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
2.3 Rahmensysteme<br />
Einige visionäre und richtungsweisende<br />
Entwürfe mehrfeldriger Schrägseilbrücken<br />
mit Rahmensystem sind in den<br />
vergangenen Dekaden entwickelt, aber<br />
nicht realisiert worden. Ein interessantes<br />
Beispiel ist die vielfeldrige Schräg-»Stangen«-Brücke<br />
von Dyckerhoff und Wid-<br />
17 Yiling Bridge (2004)<br />
© Aus: Structural Engineering International, No.1, 2004<br />
18 Entwurf für den Great Belt Fixed Link (1967)<br />
© Prof. Dr.-Ing. Herbert Kupfer<br />
19 Entwurf der Lake Geneva Bridge (1996)<br />
© Aus: Ingénieurs et Architects Suisses, No. 12, 1996<br />
mann, vorgestellt beim Entwurfswettbewerb<br />
für eine Querung des Stoerebelt<br />
– neben zwei weiteren mehrfeldrigen<br />
Schrägseilbrücken, vorgeschlagen von<br />
Holzmann und Demag. [20]<br />
Der Entwurf sah eine vielfeldrige Brücke<br />
mit 350 m Regelspannweite und einer<br />
monolithisch mit den Masten verbundenen,<br />
zweistegigen Massivplatte mit nur<br />
90 cm Bauhöhe vor. Geplant waren zwei<br />
Ebenen mit harfenförmig angeordneten<br />
Schrägstangen, die in den beiden Stegen<br />
bzw. zwei steifen Mastscheiben verankert<br />
wurden. Unterhalb der Fahrbahnplatte<br />
ist der Mast in zwei um 90° gedrehte<br />
Pfeilerscheiben aufgelöst, so dass eine<br />
dem oberen Teil entsprechende Biegesteifi<br />
gkeit vorhanden war, mit Blick auf die<br />
monolithische Bauweise zugleich aber<br />
eine in Längsrichtung weiche Konstruktion<br />
zur Verringerung der Zwängungen.<br />
Eine ähnliche Lösung wurde von Pierre<br />
Moia und Jean François Klein für eine<br />
Querung des Genfer Sees im Jahr 1996<br />
70
71<br />
vorgeschlagen. [23] Die zusätzlich im<br />
Grundriss gekrümmte Brücke mit drei<br />
Hauptfeldern mit je 350 m Spannweite<br />
wurde als Stahl-Spannbeton-Struktur mit<br />
einer mittigen als Halbharfe angeordneten<br />
Seilebene entworfen. Der Grundrisskrümmung<br />
wurde mittels exzentrischer<br />
Schwerpunktlage des dreizelligen, 3,50 m<br />
hohen Hohlkastens bzw. exzentrisch angeordneter<br />
Maste Rechnung getragen.<br />
Eine der ersten ausgezeichneten mehrfeldrigen<br />
Schrägseilbrücken mit Rahmensystem,<br />
die gebaut wurden, war die<br />
Mezcala-Brücke in Mexico. [16] Bemerkenswert<br />
ist, dass sie, ursprünglich als<br />
Durchlauf-Balkenbrücke geplant, aus den<br />
Umständen heraus und aufgrund der im<br />
Zuge ihrer Ausführung gewonnenen Baugrunderkenntnisse<br />
zu einer mehrfeldrigen<br />
Schrägseilbrücke wurde; so mussten<br />
beispielsweise infolge unzureichender<br />
Gründungsverhältnisse Spannweiten<br />
mehrmals vergrößert werden. Sie gilt bis<br />
heute als außergewöhnliches Brückenbauwerk<br />
mit einem extrem schlanken<br />
Überbau (Stahl-Verbund-Trägerrost,<br />
L/H~120) und sehr schlanken Pylonscheiben<br />
mit minimalistisch ausgeführten<br />
Pylonen.<br />
Weitere herausragende mehrfeldrige<br />
Schrägseilbrücken, gebaut als kontinuierliche<br />
Rahmensysteme, sind beispielsweise<br />
der La-Arena-Viadukt in Spanien 1992<br />
[20], an und für sich ein Vorläufer der<br />
Extradosed Brücke in Europa, die Macao-<br />
Taipa-Brücke in China 1994 oder Christian<br />
Menns berühmte Sunniberg-Brücke in<br />
Klosters 1998, die als eine der wenigen,<br />
durch die starke Grundrisskrümmung begünstigt,<br />
als integrale Brücke hergestellt<br />
wurde. [18] [19]<br />
Die Sunniberg-Brücke wurde als monolithischer<br />
Stahl-Spannbeton-Rahmen in<br />
Längs- wie in Querrichtung entworfen.<br />
Die sehr schlanke, mit zwei außenliegenden<br />
Längsträgern versehene Fahrbahnplatte<br />
ist monolithisch mit den Pfeilern<br />
verbunden, die oberhalb der Fahrbahn<br />
als steife Scheiben zur Verankerung der<br />
verhältnismäßig fl achen Schrägseile ausgeführt<br />
sind. Zur Erzielung der für eine integrale<br />
Brücke erforderlichen Nachgiebigkeit<br />
nimmt die Breite der Pfeilerscheiben<br />
zum Pfeilerfuß hin kontinuierlich ab. Die<br />
Querscheiben der Pfeilerrahmen wurden<br />
vorgespannt, um die Querschnitte trotz<br />
der großen horizontalen Verformungen<br />
mit möglichst geringen Abmessungen<br />
realisieren zu können.<br />
Ein weiterer Meilenstein des modernen<br />
Brückenbaus wurde mit dem Viadukt<br />
über das Tarntal im Zuge der A 75 bei<br />
Millau geschaffen, einer mehrfeldrigen<br />
Schrägseilbrücke, bei der in vielerlei Hinsicht<br />
(technische) Grenzen überschritten<br />
wurden. Nach langen Untersuchungen<br />
und Machbarkeitsstudien entschied man<br />
sich für den gewaltigen Brückenschlag<br />
S Y M P O S I U M<br />
nach dem Entwurf von Michel Virlogeux<br />
mit Unterstützung von Norman Foster,<br />
der eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />
mit sechs Hauptfeldern à 342 m Spannweite<br />
vorsah. [4] [14]<br />
Der Millau-Viadukt stellt ein mehrfeldriges<br />
Rahmensystem dar, bestehend aus<br />
einem schrägseilgestützten Überbau<br />
als Stahlhohlkasten mit orthotroper<br />
Platte, der biegesteif mit den Pfeilern<br />
und Pylonen verbunden ist. Die Pylonen<br />
wurden dabei als Stahl-Hohlkasten-Konstruktion<br />
mit dem Überbau verschweißt<br />
und verfügen durch die Ausführung als<br />
A-Pylonen über die erforderliche Steifi gkeit<br />
in Längsrichtung, zur Aussteifung<br />
gegen unsymmetrische Verkehrslasten.<br />
Die biegesteife Verbindung mit den Pfeilern<br />
erfolgte nach dem Einschieben des<br />
Überbaus, indem der Hohlkasten über<br />
jeder der aufgelösten Pfeilerscheiben mit<br />
Spanngliedern auf je zwei 120-MN-Kalottenlager<br />
gespannt wurde. Das Aufl ösen<br />
der Pfeiler in zwei schlanke Scheiben war<br />
zur Ausbildung einer entsprechenden<br />
Nachgiebigkeit gegenüber Längenänderungen<br />
des durchgehenden Überbaus<br />
notwendig. Bewegungen von ± 600 mm<br />
im Gebrauchszustand werden an den<br />
Brückenenden durch Maurer-Schrägtraversen-Dehnfugen<br />
aufgenommen. [15]<br />
Die Steifi gkeitsverteilung zwischen Pylonen,<br />
Überbau und Pfeilern ist das Ergebnis<br />
umfangreicher Untersuchungen, in<br />
20 Mezcala Bridge (1987)<br />
© Frank Lehnerz/<br />
www.structurae.de<br />
21 Sunniberg Bridge (1998)<br />
© Prof. Dr.-Ing. Christian Menn<br />
22 Millau Viaduct (2004)<br />
© Gary Keeling/<br />
www.gkweb.net<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
erster Linie statischer Parameterstudien,<br />
die letztlich formbestimmend waren<br />
und nicht unerheblich durch das für die<br />
Herstellung vorgesehene Taktschiebeverfahren<br />
beeinfl usst sind. Die gewählte<br />
Konstruktionsweise besticht im Ergebnis<br />
durch die exzellente und konsequente<br />
Antwort auf sämtliche Randbedingungen<br />
bei einer gleichzeitig außergewöhnlichen<br />
Gestaltung.<br />
Die Golden Ears Crossing über den Frasier<br />
River in Vancouver, Kanada, wurde im Jahr<br />
2009 mit drei Hauptfeldern mit jeweils<br />
242 m Spannweite als mehrfeldriges<br />
Rahmensystem nach einem Entwurf<br />
von Buckland & Taylor fertiggestellt. Der<br />
Stahl-Verbund-Trägerrost (aus wetterfestem<br />
Baustahl) mit zwei außenliegenden<br />
Hohlkastenträgern ist biegesteif mit<br />
den Masten verbunden und mit relativ<br />
fl achen, harfenförmig angeordneten<br />
Schrägseilen gestützt. Auch hier wurden<br />
die Pfeiler unterhalb des Überbaus in zwei<br />
längsweiche Scheiben aufgelöst, um die<br />
Zwangsreaktionen bei Längenänderungen<br />
des Decks zu verringern.<br />
2.4 Systeme mit Aussteifungsseilen<br />
Seit den frühen mehrfeldrigen, »seil«gestützten<br />
Brücken ist die Verwendung<br />
von Aussteifungsseilen als Über- und<br />
Unterspannkonstruktionen bekannt und<br />
können, wie beschrieben, verschiedene<br />
Seilanordnungen verwendet werden.<br />
Leider sind die wenigen vorhandenen<br />
technischen Informationen nur schwer<br />
aufzufi nden, zumal die allermeisten dieser<br />
Brücken heute nicht mehr existieren.<br />
Einer der ersten neuzeitlicheren Entwürfe<br />
einer mehrfeldrigen Schrägseilbrücke<br />
mit Aussteifungsseilen wurde von Fritz<br />
Leonhardt und Jörg Schlaich im Jahr 1971<br />
für die Querung des Ganges bei Patna<br />
vorgeschlagen. [4] [5] [7] Leonhardt und<br />
Schlaich entwickelten eine mehrfeldrige<br />
Schrägseilbrücke mit überkreuzten<br />
Aussteifungsseilen in jedem zweiten<br />
Feld, wobei diese Felder zur Erhöhung der<br />
Steifi gkeit, dem Prinzip der klassischen<br />
Schrägseilbrücke Rechnung tragend,<br />
jeweils 20% kürzer vorgesehen waren.<br />
Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann<br />
arbeiteten 1988 eine verfeinerte Lösung<br />
jenes <strong>Konzepts</strong> mit regelmäßigen, sich<br />
abwechselnden Spannweiten von 220 m<br />
und 180 m für einen Wettbewerbsentwurf<br />
für die Prince Edward Island Bridge<br />
aus. [27] Ihr Entwurf zeichnet sich zudem<br />
durch die Idee aus, die ausgesteiften Nebenfelder<br />
mit je einem frei auskragenden<br />
halben Hauptfeld im Dock vorzufertigen<br />
und mit einem speziellen Tragrahmen auf<br />
Pontons einzuschwimmen.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
23 Golden Ears Bridge (2009)<br />
© Bilfi nger Berger Ingenieurbau GmbH<br />
24 Pont de Cavaillon sur la Durance (1837), Pont de Chalonnes-sur-Loire (1841),<br />
Pont de Collèges (1845)<br />
© www.art-et-histoire.com<br />
25 Entwurf der Patna-Brücke (1971)<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
26 Entwurf der Prince Edward Island Bridge (1988)<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Ein weiterer auf diesem Prinzip basierender<br />
Entwurf wurde wenig später von<br />
Schlaich und Bergermann mit Spannweiten<br />
von 400 m und 320 m für eine Querung<br />
der Straße von Gibraltar vorgestellt<br />
[27] – mit der zusätzlichen Besonderheit,<br />
dass die Maste im Bereich größerer<br />
Wassertiefen auf schwimmenden, am<br />
Meeresboden mit Seilen verankerten<br />
Stahlbeton-Hohlkästen »gegründet«<br />
werden sollten.<br />
Abgesehen von den historischen Vertretern<br />
und verschiedenen unausgeführten<br />
Entwürfen gilt Jörg Schlaichs und Rudolf<br />
Bergermanns Ting-Kau-Brücke über den<br />
Rambler Channel in Hong Kong als die erste<br />
bedeutende mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />
mit Aussteifungsseilen. [24] [25]<br />
Der zentrale Mast zwischen den beiden<br />
Hauptfeldern mit 475 m bzw. 448 m<br />
Spannweite wurde an seinem Kopf mit<br />
Seilen zu den äußeren Masten hin ausgesteift,<br />
was dieser Brücke ihr außergewöhnliches<br />
Erscheinungsbild verleiht.<br />
In Verbindung mit den in Querrichtung<br />
angeordneten »diamond«-förmigen Aussteifungsseilen<br />
gelang es, die Maste trotz<br />
hoher Beanspruchungen außerordentlich<br />
27 Ting Kau Bridge (1998)<br />
© Pawel Knapinski/<br />
www.picasweb.google.com<br />
72
73<br />
schlank auszubilden. Ähnlich wie bei den<br />
bereits erläuterten Bauwerken führte<br />
auch bei der Ting-Kau-Brücke das konsequente<br />
Bemühen, allen maßgeblichen<br />
Randbedingungen in technisch optimaler<br />
Weise gerecht zu werden, zum endgültigen<br />
Entwurf:<br />
– Die Brücke befi ndet sich in einer Region<br />
mit jährlicher Taifun-Periode, in der<br />
Windgeschwindigkeiten über 100 m/s<br />
auftreten. Eine schlanke Konstruktion<br />
sowohl des Überbaus als auch der Maste<br />
war daher unbedingt anzustreben.<br />
– Der Rambler-Channel ist eine hochfrequentierte<br />
Wasserstraße, Schiffe mit<br />
Anpralllasten bis zu 220.000 t mussten<br />
im Entwurf berücksichtigt werden,<br />
entsprechend aufwendig gestalten<br />
sich die Gründungen und deren Schutzeinrichtungen,<br />
eine Minimierung der<br />
Gründungen war daher wünschenswert.<br />
– Insbesondere im Nebenkanal standen<br />
große Bereiche mit tieferliegendem<br />
kontaminiertem Baugrund an. Gründungen<br />
in diesen Bereichen wären<br />
daher zusätzlich aufwendig gewesen,<br />
so dass alle Varianten, die kurze Spannweiten<br />
über dem Nebenkanal vorsahen,<br />
verworfen wurden. Letztendlich<br />
gab das Vorhandensein eines »Unterwasserhügels«<br />
den letzten Wink, dort<br />
einen Mast zu stellen.<br />
– Ein großer Brückenschlag mit einer<br />
Hänge- oder auch Schrägseilbrücke<br />
mit über 1.000 m Spannweite wäre<br />
beim damaligen Stand der Technik<br />
(Berechnung und Konstruktion) eine<br />
erhebliche Herausforderung und damit<br />
unwirtschaftlich gewesen.<br />
29 Entwurf der Poole Harbour Bridge (1998)<br />
© Flint & Neill<br />
30 Munskoje Bridge (2007)<br />
© Disssing + Weitling<br />
28 Ting Kau Bridge: Maste mit Queraussteifung<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Hinzu kam die Vorgabe einer verhältnismäßig<br />
kurzen Bauzeit, der man ebenfalls<br />
mit der Konstruktion begegnete: Die<br />
vier gewählten Seilebenen erlaubten<br />
einerseits durch die Halbierung der Querspannweite<br />
den erwünschten schlanken<br />
Stahl-Verbund-Trägerrost auszuführen,<br />
andererseits konnte parallel an mehreren<br />
Kragarmen gleichzeitig operiert werden,<br />
durch die kleineren und leichteren Einheiten<br />
sowie die Verwendung von Vollfertigteilen<br />
für die Fahrbahnplatte war<br />
ein schnellerer Baufortschritt und damit<br />
die planmäßige Fertigstellung der Brücke<br />
möglich.<br />
Eine Reihe jüngerer Entwürfe mit dem<br />
Prinzip der Aussteifungsseile wurde<br />
im vergangenen Jahrzehnt ausgearbeitet,<br />
darunter zum Beispiel jener von<br />
Flint & Neill mit Dissing + Weitling im<br />
Jahre 1998 für den Bau der Poole Harbour<br />
S Y M P O S I U M<br />
Bridge als mehrfeldriger Schrägseilbrücke<br />
mit A-Pylonen und durchgehendem<br />
Stabilisierungsseil an den Pylonköpfen.<br />
[28] Ein weniger spektakuläres, aber nicht<br />
minder interessantes, realisiertes Beispiel<br />
ist die Munskoje-Brücke, konzipiert von<br />
Cowi mit Dissing + Weitling im Jahr 2007.<br />
3 Schrägseilbrücken von morgen<br />
3.1 Brücken in der Bauausführung<br />
Eine der nächsten mehrfeldrigen<br />
Schrägseilbrücken, deren Fertigstellung<br />
bevorsteht, ist die über den Oka-Fluss<br />
in Murom, Russland. Es handelt sich um<br />
ein mehrfeldriges Bauwerk mit zwei<br />
Hauptspannweiten von jeweils 231 m,<br />
überbrückt mit einem Stahl-Verbund-<br />
Trägerrost.<br />
Eine weitere interessante Lösung ist die<br />
seit 2007 im Bau befi ndliche, vom Daelim<br />
Consortium ausgearbeitete Sepoong<br />
31 Oka-Brücke (2009)<br />
© Peri GmbH<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
32 Entwurf der Sepoong Bridge (2007)<br />
© Aus [33]<br />
Bridge in Südkorea, deren Verkehrsübergabe<br />
zur Expo 2012 geplant ist. [33] Ihr<br />
Entwurf beinhaltet eine vierfeldrige,<br />
im Grundriss gekrümmte Schrägseilbrücke<br />
mit zwei Hauptfeldern mit jeweils<br />
220 m Spannweite. Der Überbau soll als<br />
torsionssteifer, einzelliger Hohlkasten mit<br />
strebengestützer Kragplatte in Segmentbauweise<br />
hergestellt und über eine mittig<br />
angeordnete harfenförmige Seilebene<br />
aus Parallellitzenseilen gestützt werden.<br />
Die in Querrichtung sehr schlanken<br />
Stahlbetonmaste sind, ähnlich der Ting-<br />
Kau-Brücke, mit vorgespannten Parallellitzenseilen<br />
am Mastkopf ausgesteift. In<br />
Längsrichtung haben sie für die Aussteifung<br />
des Decks gegen unsymmetrische<br />
Verkehrslasten etwa die vierfache Steifi<br />
gkeit; unterhalb des Überbaus werden<br />
sie als breite Pfeilerscheiben fortgeführt,<br />
um die aus der Krümmung resultierenden<br />
Querbiegemomente aufzunehmen.<br />
In Hanoi City, Vietnam, wurde im vergangenen<br />
Herbst mit dem Bau der Nhat-<br />
Tan-Brücke über den die Stadt im Norden<br />
umfl ießenden Red River begonnen. Sie<br />
ist eine sechsfeldrige, zum Mittelpylonen<br />
symmetrische Schrägseilbrücke mit vier<br />
Hauptspannweiten von jeweils 300 m,<br />
entworfen von den japanischen Ingenieuren<br />
Nippon Engineering Consultants.<br />
[29] schlaich bergermann und partner<br />
35 Entwurf der Fehmarnbelt-Brücke (2009)<br />
© Aus [31]<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
33 Entwurf der Nhat Tan Bridge (2009)<br />
© Nippon Engineerings Consultants<br />
34 Nhat Tan Bridge: Pylonansichten<br />
© Nippon Engineerings Consultants<br />
haben im Auftrag des vietnamesischen<br />
Verkehrsministeriums die Ausführungsplanung<br />
im Jahr 2008 unabhängig<br />
geprüft. Der durchlaufende Überbau,<br />
hergestellt als Stahlträgerrost mit zwei<br />
außenliegenden Längsträgern und einer<br />
Fahrbahnplatte aus nur 26 cm dicken<br />
Vollfertigteilen in Verbundbauweise,<br />
ist elastisch mit den sehr steifen ca.<br />
110 m hohen Betonpylonen verbunden.<br />
Gestützt wird er durch die fächerartig<br />
angeordneten Schrägseile, die als Paralleldrahtseile<br />
ausgeführt werden sollen.<br />
An den Trennpfeilern sind Fahrbahnübergänge<br />
für Bewegungen von ca. ± 600 mm<br />
sowie für ungünstige Verkehrslaststellungen<br />
erforderliche »Hold-down«-Spannglieder<br />
vorgesehen. Die Nhat-Tan-Brücke<br />
entspricht damit im Wesentlichen dem<br />
Prinzip der Aussteifung mit steifen Pylonen,<br />
wobei der Überbau hier zur Aufnahme<br />
der Erdbebenlasten durch große,<br />
steife Elastomerlager mit den Pylonen<br />
gekoppelt wird. Eine weitere Besonderheit<br />
sind die steifen Gründungen der<br />
Pylonen als »steel-Pipe-sheet-pile-foundation«<br />
[29] mit sogenannten Stahlrohr-<br />
Spundwandkästen, eine Methode, die in<br />
Japan entwickelt und vielfach ausgeführt<br />
wurde. Diese Gründungsart birgt neben<br />
der außergewöhnlich großen Steifi gkeit<br />
weitere Vorteile wie beispielsweise eine<br />
hohe Sicherheit gegen Auskolkung und<br />
den Verzicht auf temporäre Verbauten, so<br />
dass im Fall der Nhat-Tan-Brücke, bei der<br />
auch eine vollständige Umschichtung des<br />
Gewässerbettes berücksichtigt werden<br />
musste, eine optimale Bauweise gewählt<br />
wurde.<br />
3.2 Brücken in der Planungsphase<br />
Eines der derzeit konkretesten, in der<br />
Planungsphase befi ndlichen Großprojekte<br />
für eine mehrfeldrige Schrägseilhauptbrücke<br />
ist die geplante Querung<br />
des Fehmarnbelts zwischen Dänemark<br />
und Deutschland. Seit April 2009 werden<br />
verschiedene Brücken- und Tunnelvarianten<br />
im Rahmen einer detaillierteren<br />
»value-engineering-study« von einem<br />
Planungsteam mit Cowi, Obermeyer,<br />
Leonhardt Andrä und Partner sowie Dissing<br />
+ Weitling untersucht mit dem Ziel,<br />
bis Frühsommer 2010 eine Vorzugslösung<br />
für eine mehrfeldrige Schrägseilbrücke<br />
und eine Tunnelvariante auszuarbeiten.<br />
Nebenstehende Abbildung zeigt noch<br />
das Resultat der Machbarkeitsstudie [31],<br />
74
75<br />
eine Mehrfeldbrücke mit drei Hauptfeldern mit jeweils 724 m<br />
Spannweite, einem doppelstöckigen Fachwerk-Verbundträger<br />
für Eisenbahn- (unten) und Straßenverkehr, aufgehängt an<br />
steifen, 280 m hohen Doppel-A-Pylonen.<br />
In Schottland wird augenblicklich eine neue, weitere Querung<br />
des Forth nahe der berühmten Firth-of-Forth-Brücke als mehrfeldrige<br />
Schrägseilbrücke geplant. Die aktuelle Lösung der<br />
Arbeitsgemeinschaft aus Arup, Jacobs und Dissing + Weitling<br />
sieht eine vierfeldrige Schrägseilbrücke mit zwei Hauptfeldern<br />
mit jeweils 650 m Spannweite und mittig als Halbharfen<br />
angeordnete Seilebenen vor. Eine Besonderheit dieser Konzeption<br />
ist, dass erstmals in neuerer Zeit eine Aussteifung mit<br />
sich in den Hauptfeldern überlappenden Schrägseilen gewählt<br />
wurde.<br />
Eine vierfeldrige Schrägseilbrücke mit 2 × 300 m Hauptspannweite<br />
und Mittelaufhängung in Form einer echten Harfe ist<br />
zudem für eine Querung des Mersey River südlich von Liverpool<br />
vorgesehen. [34] Das Aussteifungskonzept besteht in diesem<br />
Fall aus der Kombination eines steifen Fachwerkträger-Überbaus<br />
mit deutlich höheren Außenmasten, die damit den<br />
größeren Teil der Hauptfelder aussteifen; die erforderlichen<br />
Rückhaltepfeiler fehlen noch in der nachfolgend abgebildeten<br />
Visualisierung.<br />
Eine Entwurfsstudie, die alles Bisherige einschließlich der<br />
geplanten Messina-Brücke in den Schatten stellt, ist das Tsugaru<br />
Strait Crossing Project in Japan. Die Tsugaru-Straße trennt<br />
die beiden Hauptinseln Hokkaido und Honshu vollständig bei<br />
einer minimalen Breite von ca. 19 km. Die bis heute einzige<br />
feste Verbindung zwischen den beiden Inseln ist der ab 1971<br />
gebaute und 1988 eröffnete knapp 54 km lange Seikan-Tun-<br />
36 Entwurf des Forth Replacement Crossing (2009)<br />
© Dissing + Weitling<br />
37 Entwurf der Mersey Gateway Bridge (2009)<br />
© Aus [34]<br />
38 Entwurf der Tsugaru Strait Crossing (2005)<br />
© Aus [30]<br />
Brückensicherheit:<br />
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S Y M P O S I U M<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
nel auf der Westroute, der immer noch<br />
längste Tunnel der Welt. Im Rahmen einer<br />
zwischen 2004 und 2006 unter Prof. Yukitake<br />
Shioi und Prof. Akira Hasegawa erarbeiteten<br />
Machbarkeitsuntersuchung [30]<br />
wurde eine mehrfeldrige, hybride Schrägseil-Hängebrücke<br />
konzipiert mit zwei<br />
Hauptfeldern mit 4.000 m (!) Spannweite.<br />
Die nördlich und südlich anschließenden<br />
Vorlandbereiche sind als »klassische«<br />
Dreifeld-Schrägseilbrücken mit jeweils<br />
2.000 m Hauptspannweite geplant. Im<br />
Rahmen dieser Studie wurden auch vollelastische<br />
Windkanalversuche und Verformungsmessungen<br />
am 1:1000-Modell<br />
mit unterschiedlichen Seilanordnungen<br />
durchgeführt. Die abgebildete hybride<br />
Variante wies die beste Performance auf,<br />
wobei immer noch Verformungen unter<br />
halbseitigen Verkehrslasten in einer Größenordnung<br />
von 16–18 m eintreten. Eine<br />
weitere Herausforderung besteht in der<br />
Gründung der ca. 480 m hohen Pylonen<br />
in etwa 270 m Wassertiefe, eine Bauwerkshöhe,<br />
die bis vor kurzem Weltrekord<br />
gewesen wäre. Hierfür wurden ebenfalls<br />
diverse Studien durchgeführt, auch unter<br />
Berücksichtigung von Lösungen aus dem<br />
Bereich der Offshorebohrinsel-Konstruktionen.<br />
4 Schlussbemerkungen<br />
Mehrfeldrige, seilgestützte Brücken haben<br />
eine lange Geschichte. Boten sie vor<br />
etwa 150 Jahren eine machbare Lösung,<br />
breitere Flüsse und Ströme, herstellungsbedingt<br />
in niedriger Höhe, zu überwinden,<br />
sind Berechnungs- und Konstruktionsmethoden<br />
inzwischen so weit ausgereift,<br />
dass auch breiteste Hindernisse<br />
in großer Höhe wirtschaftlich überquert<br />
werden können. Dabei ist bemerkenswert,<br />
dass sich die grundsätzlichen statischen<br />
Prinzipien zur Ausführung bzw.<br />
Aussteifung insbesondere mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken bis heute nicht geändert<br />
haben.<br />
Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass<br />
mit diesen Prinzipien auf unterschiedlichste<br />
Randbedingungen reagiert<br />
werden kann – und bei konsequent<br />
ingenieurmäßiger »Abarbeitung« jener<br />
Randbedingungen außergewöhnliche<br />
und herausragende Bauwerke entstehen.<br />
Der immer größer werdende Zuspruch,<br />
den mehrfeldrige Systeme mittlerweile<br />
erfahren, lässt erwarten, dass die Entwicklung<br />
noch nicht am Ende ist und vor<br />
allem auch durch den Betrieb der neueren<br />
Brücken, aber ebenso der »klassischen«<br />
Systeme weitere Erkenntnisse erlangt<br />
werden, um Eigenschaften wie Dauerhaftigkeit,<br />
Robustheit und Material-Perfor-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
mance zu optimieren, wie beispielsweise<br />
die Entwicklung von »slim-pipes« für<br />
Parallellitzenseile.<br />
Der heutige Brückenbauer unterscheidet<br />
sich nicht vom Baumeister der Vergangenheit<br />
in seiner Suche nach neuen technischen<br />
Herausforderungen und seinem<br />
Bestreben, diese technisch sinnvoll und<br />
ökonomisch angemessen zu lösen. Dem<br />
modernen Brückeningenieur stehen mit<br />
der globalen Vernetzung jedoch Erkenntnisse<br />
und Erfahrungen zur Verfügung,<br />
die in vernünftiger, sich ergänzender<br />
Teamarbeit mit Architekten zu neuen<br />
und herausragenden, gesamtheitlichen<br />
Lösungen führen können.<br />
Das Gebiet der mehrfeldrigen Seilbrücken<br />
mit seinen hohen technischen Anforderungen<br />
bietet damit auch die Chance,<br />
wieder zu etwas mehr vom Tragverhalten<br />
geprägten Brückenentwürfen zurückzufi<br />
nden – entgegen dem derzeitig zu<br />
beobachtenden, hinterfragenswerten<br />
Trend, das Tragwerk der Gestaltung unterzuordnen.<br />
Die weitere Entwicklung von mehrfeldrigen<br />
Seilbrücken wird spannend sein,<br />
und die ingeniösen Leistungen der alten<br />
Baumeister sollten Motivation und Ansporn<br />
für uns sein, ihnen nachzueifern<br />
und gut gestaltete, aber ebenso effi ziente<br />
Brückenkonstruktionen zu entwerfen, zu<br />
planen und zu bauen.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Andreas Keil<br />
Dipl.-Ing. Philipp Wenger<br />
schlaich bergermann und partner<br />
Beratende Ingenieure im Bauwesen, Stuttgart<br />
Literatur<br />
[1] Wagner, M.: The Gisclard Bridges; zu fi nden<br />
unter: www.timbreponts.fr/articles_et_publications/gisclard-bridges.htm.<br />
[2] Gisclard, A.: Brevet d’Invention no. 295003<br />
pour un nouveau pont suspendue rigide.<br />
[3] Leonhardt, F.: Brücken. Bridges. Stuttgart<br />
1982.<br />
[4] Virlogeux, M.: Bridges with multiple cablestayed<br />
spans; in: SEI, No. 1, 2001.<br />
[5] Schlaich, J.: Cable-stayed bridges with special<br />
features. IABSE Conference Malmö 1999.<br />
[6] Gimsing, N.J.: Multispan stayed girder bridges;<br />
in: Journal of the Structural Division,<br />
ASCE 102, 1976.<br />
[7] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />
auf den Entwurf mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken und Extra-dosed<br />
Bridges. Diss., Universität Stuttgart, 2007.<br />
[8] Saad, F.: Design recommendations for multispan<br />
cable supported bridges. Egypt Society of<br />
Engineers, 2000.<br />
[9] Dimel, E.: Die Brücke über den Maracaibo See.<br />
Besonderheiten ihrer Konstruktion und Bauausführung;<br />
in: Beton- und Stahlbetonbau,<br />
1963.<br />
[10] Viadukt von Polcevera; in: Bautechnik Nr. 2,<br />
1969 (nach Études Routières Dec. 1967).<br />
[11] Combault, J. et al.: Rion-Antirion Bridge,<br />
Greece. Concept, Design and Construction; in:<br />
SEI No. 1, 2005.<br />
[12] Maurer Söhne: Project info »Rion-Antirion/<br />
Harilaos Trikoupis Bridge, Greece«, No. 06,<br />
2005.<br />
[13] Katzenbach, R., Schmitt, A., Turek, J.: Innovatives<br />
Gründungskonzept für Brücken; in:<br />
Bauingenieur 79, 2004.<br />
[14] Virlogeux, M.: The viaduct over the river Tarn<br />
at Millau; German translation in: Bautechnik<br />
83, 2006.<br />
[15] Maurer Söhne: Project info »Millau Viaduct,<br />
France«, No. 04, 2005.<br />
[16] Revelo, C. et al.: Design and Construction of<br />
the Mezcala cable-stayed bridge. Mexico<br />
1994.<br />
[17] Arenas, J., Pantaléon, M.: Fünf Brücken in<br />
Spanien; in: Baukultur Nr. 3, 1998.<br />
[18] Menn, C. et al.: Sunnibergbrücke. Konzept,<br />
Projekt und Ausführung; in: SIA, Nr. 19, 1998.<br />
[19] Figi, H., Menn, C., Bänziger, D.: Sunnibergbrücke.<br />
Eine Dokumentation; in: SIA, Nr. 44, 1998.<br />
[20] Klinkenberg, W.: Ideenwettbewerb für eine<br />
feste Verbindung über den großen Belt; in:<br />
Bauingenieur Nr. 11, 1967.<br />
[21] Changyu, S.: Yiling multi-span cable-stayed<br />
bridge over the Yangtze River; in: SEI, No. 1,<br />
2004.<br />
[22] Sherif, A., Dilger, W., Tadros, G.: A multi-span<br />
cable-stayed bridge as an alternative solution<br />
for the Confederation Bridge in Canada. Egypt<br />
Society of Engineers, 2000.<br />
[23] Moia, P.: Projet de pont pour la traverse du<br />
Petit-Lac; in: SIA, No. 12, 1996.<br />
[24] Bergermann, R., Schlaich, M.: Die Ting-Kau-<br />
Schrägkabelbrücke in Hong Kong. Entwurf<br />
und Konstruktion; in: Bauingenieur 74, 1999.<br />
[25] Bergermann, R., Schlaich, M., Näher, F.: Die<br />
Ting-Kau-Schrägkabelbrücke in Hong Kong.<br />
Bau; in: Bauingenieur 74, 1999.<br />
[26] Schlaich, M., Bergermann, R.: Monoleg Towers<br />
with Transverse Stabilizing Cables; in: SEI, No.<br />
4, 1998.<br />
[27] Schlaich, J., Bergermann, R.: Cable-Stayed<br />
Floating Bridge for the Gibraltar Link. Spanish-Moroccan<br />
Conference for Gibraltar Link,<br />
Marrakech.<br />
[28] Firth, I: Poole Harbour Bridge. Innovation in<br />
cable-stayed bridge design; in: IABSE, Vol. 79,<br />
1998.<br />
[29] Nippon Engineering Consultants Co. Ltd.: Detailed<br />
Design Report of the Main Cable-Stayed<br />
Bridge of the Nhat Tan Bridge Construction<br />
Project. Final Rev. 19th May 2008.<br />
[30] Shioi, Y., Hasegawa, Wang, H.: Case Study for<br />
Tsugaru Strait Bridge.<br />
[31] Feasibility Study Fehmarnbelt Link. Bericht Nr.<br />
28110-T-F-2B-003, Trafi kministeriet 1999.<br />
[32] Marc Seguin; zu fi nden unter wwwart-et-histoire.com.<br />
[33] Korean Curves; in: Bridge Design & Engineering,<br />
No. 55, 2009, S. 46–49.<br />
[34] Gateway Goal; in: Bridge Design & Engineering,<br />
No. 57, 2009, S. 36–39.<br />
76
77<br />
Ganzheitliches Entwerfen im Brückenbau<br />
Deh Cho Bridge im Norden Kanadas<br />
� � � von Matthias Schüller<br />
1 Visualisierung der Deh Cho Bridge<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
Der ursprüngliche Entwurf für eine<br />
Brücke über den Mackenzie River<br />
im Norden Kanadas erwies sich als<br />
schwierig durchsetzbar wegen technischer<br />
und baubedingter Probleme.<br />
Der neuverfasste Brückenentwurf<br />
musste daher einem sehr straffen<br />
Zeitplan und den teilweise bereits<br />
fertiggestellten Pfeilern genügen.<br />
Dieser Beitrag beschreibt das Bauwerk,<br />
insbesondere den ganzheitlichen<br />
Entwurfsprozess in Hinblick<br />
auf Wirtschaftlichkeit, Ästhetik,<br />
Bauverfahren und Dauerhaftigkeit.<br />
Ferner diskutiert werden die Bedeutung<br />
von Entwurfsgrundsätzen und<br />
Versagensmechanismen im Brückenbau.<br />
1 Einleitung<br />
In den frühen 1930er Jahren kamen<br />
die ersten Siedler nach Yellowknife, der<br />
Hauptstadt der Northwest Territories in<br />
Kanada. Zur damaligen Zeit reisten die<br />
Menschen entweder mit Pferden im Sommer<br />
oder mit Hundeschlitten im Winter.<br />
Eine gut ausgebaute Straße wurde erst<br />
1968 fertiggestellt: Der sogenannte<br />
Yellowknife Highway erstreckt sich über<br />
530 km von der nördlichen Grenze der<br />
Provinz Alberta bis nach Yellowknife, doch<br />
bis heute ist die Straße nicht durchgängig<br />
befahrbar. Der 1.738 km lange Mackenzie<br />
River wird in der Nähe von Fort Providence<br />
im Sommer mit einer Fähre und im Winter<br />
mit Hilfe einer »Ice Road« überwunden. In<br />
den Frost- und Tauperioden ist die Verbindung<br />
bis zu vier Wochen unterbrochen.<br />
Die Deh Cho Bridge soll nun eine ganzjährige<br />
Landverbindung nach Yellowknife<br />
ermöglichen.<br />
2 Längsschnitt und Lageplan<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
S Y M P O S I U M<br />
Im Jahre 2007 sind die Regierung der<br />
Northwest Territories und die Deh Cho<br />
Bridge Corporation in eine Public-Private-Partnership<br />
eingetreten, um die<br />
erste Brücke über den Mackenzie River zu<br />
bauen. Die neue Brücke wird errichtet in<br />
unmittelbarer Nähe des Great Slave Lake,<br />
der mit 27.000 km² Fläche zu den zehn<br />
größten Seen der Welt gehört.<br />
Der ursprüngliche Entwurf sah einen<br />
zweistegigen Verbundträger-Überbau auf<br />
insgesamt acht Pfeilern vor. Wegen Windbeanspruchungen<br />
wurden allerdings<br />
Öffnungen in den Stegen angeordnet,<br />
so dass sich der Überbau als ein Warren-<br />
Fachwerkträger klassifi zieren ließ. Die<br />
neun Spannweiten wurden mit 90 m, 3 ×<br />
112,50 m, 190 m, 3 × 112,50 m, 90 m moderat<br />
gewählt. In der Hauptöffnung sollte<br />
der biegesteife Überbau ähnlich wie eine<br />
»Extradosed Bridge« abgespannt werden,<br />
um die Lasten eines 105 m langen Schwe-<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
beträgers aufnehmen zu können, den<br />
man mittels Pendeln gelenkig gelagert an<br />
den Kragarmspitzen der Rampenbrücken<br />
aufhängen wollte. Das sich so ergebende<br />
statische System mit zwei zusätzlichen<br />
Fugen in der Hauptspannweite ähnelte<br />
der von Heinrich Gottfried Gerber<br />
(1832–1912) erstmals vorgeschlagenen<br />
Struktur einer Auslegerbrücke, die im 19.<br />
und zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft<br />
angewendet wurde. [1] [2] [3]<br />
Ungünstige Querschnitte für die Gurte,<br />
Streben und Pfosten des Warren-Fachwerkträgers,<br />
eine längs- und quervorgespannte<br />
Betonfahrbahnplatte sowie das<br />
Stangen-Abspannsystem des ursprünglichen<br />
Entwurfes erwiesen sich in mehrfacher<br />
Hinsicht als technisch bedenklich<br />
und unwirtschaftlich. Außerdem war die<br />
Anwendung des vorgesehenen Taktschiebeverfahrens<br />
für die Rampenbrücken<br />
nicht ohne weiteres möglich. Der neuverfasste<br />
Entwurf respektiert die anspruchsvollen<br />
gestalterischen Vorgaben der<br />
vorherigen Konzeption, setzt allerdings<br />
konsequent auf Leichtbauprinzipien,<br />
bewährte Technologien für die hochfesten<br />
Zugglieder und berücksichtigt bereits<br />
in der Entwurfsphase ein wirtschaftliches<br />
Bauverfahren.<br />
Eine besondere Herausforderung war<br />
der straffe Zeitrahmen von nur sechs<br />
Monaten für die Entwurfsbearbeitung<br />
und Ausführungsplanung. Deshalb<br />
wurde Projektmanagement und Qualitätssicherung<br />
von Anfang an Beachtung<br />
geschenkt. Kritische Bereiche, deren<br />
gegenseitige Abhängigkeiten und heikle<br />
Phasen wurden frühzeitig erkannt und<br />
entsprechend behandelt.<br />
2 Ganzheitliche Entwurfsgrundsätze<br />
2.1 Leicht- und Verbundbau<br />
Fachwerkträger sind aufgelöste Strukturen,<br />
die sich weit verbreitet und sehr<br />
vielseitige Anwendungen im Stahlbrückenbau<br />
gefunden haben. [4] Sie sind ein<br />
ausgezeichnetes Beispiel für Leichtbauweisen<br />
im Brückenbau, da bei ihnen die<br />
Stabquerschnitte vorrangig nur durch<br />
Zug- und Druckkräfte beansprucht werden.<br />
Heute werden Fachwerkträger gerne<br />
auch mit Betonfahrbahnplatten im Verbund<br />
hergestellt, um die wirtschaftlichen<br />
Vorteile beider Konstruktionsweisen zu<br />
nutzen. [5] Dabei gilt es die Fahrbahnplatte<br />
so dünn wie möglich auszubilden, um<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
3 Nachtansicht der Brücke<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
4 Querschnitte der Pfeiler<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
die Eigenlast der Brücke weiterhin niedrig<br />
zu halten. Die hohen Verkehrslast-Teilsicherheitsbeiwerte<br />
und Schwingfaktoren,<br />
als »Dynamic Load Allowance« in der<br />
kanadischen Brückennorm bezeichnet<br />
[6], die im Ultimate-Limit-State-(ULS-)<br />
Nachweis anzusetzen sind, bestimmten<br />
im Fall der Deh Cho Bridge die Fahrbahnplattendicke.<br />
Um eine im Durchschnitt<br />
lediglich 215 mm dicke Platte realisieren<br />
zu können, wurde die Bruchlinientheorie<br />
angewendet. [7] Aufgrund des reduzierten<br />
inneren Hebelarms erfordern dünne<br />
Platten einen vergleichsweise erhöhten<br />
Bewehrungsaufwand, der aber gerade<br />
beim Service-Limit-State-(SLS-)Nachweis<br />
im Zusammenhang mit der Rissbreitenbeschränkung<br />
positiv in Erscheinung tritt.<br />
2.2 Fugenlose Bauweise<br />
Die fugenlose Bauweise vermeidet anfällige<br />
Fahrbahnübergänge und vermindert<br />
den Wartungs- und Unterhaltsaufwand.<br />
[8] Entwurfsziel war deshalb ein Deck, das<br />
fugenlos über die gesamte Brückenlänge<br />
von 1.045 m durchläuft. Dies bedingte<br />
besondere Überlegungen, um zum einen<br />
Temperaturverformungen zwängungsarm<br />
zu gewährleisten und zum anderen<br />
Erdbebenlasten auf mehrere Pfeiler zu<br />
verteilen. Sogenannte Lock-up Devices,<br />
die zwischen Überbau und Pfeiler installiert<br />
werden, machen diesen Widerspruch<br />
möglich. [9] Die wie hydraulische Stoßdämpfer<br />
aussehenden Elemente sind mit<br />
Öl gefüllte Zylinder, die eine bedeutende<br />
Kolbenbewebung nur zulassen, wenn<br />
eine gewisse Kraft über einen längeren<br />
Zeitraum von mehreren Stunden aufgebracht<br />
wird.<br />
2.3 Versagensmechanismen<br />
Das »Redundancy Principle« basiert auf<br />
der Überlegung, neben den Primärlastpfaden<br />
weitere, sogenannte Sekundärlastpfade<br />
bereitzustellen, um im Grenzfall<br />
Traglastreserven zu aktivieren. Das bedeutet,<br />
dass bereits im Entwurfsstadium<br />
Versagensmechanismen durchgespielt<br />
werden.<br />
Sekundärlastpfade müssen nicht teuer<br />
sein. Viele Tragwerke erlauben das vollständige<br />
Versagen einzelner Tragwerkskomponenten,<br />
ohne dass ein fataler<br />
Brückeneinsturz die Folge wäre. Manche<br />
Regelwerke fordern sogar die Berücksichtung<br />
extremer Annahmen wie den<br />
schlagartigen Ausfall eines Schrägseils.<br />
78
79<br />
[10] Grundsätzlich sollte der entwerfende<br />
Ingenieur eine klare Vorstellung vom<br />
Tragverhalten unter den verschiedensten<br />
Lastfallkombinationen haben. Werden<br />
keine Ersatz-Lastpfade eingeplant, sollten<br />
die schwächsten Glieder der nun lebenswichtigen<br />
»Lastpfad-Ketten« bewusst<br />
gewählt und dimensioniert werden. Und<br />
sie sollten unbedingt duktil ausgebildet<br />
werden, um bei Überschreitung der planmäßigen<br />
Beanspruchung eine Überlastung<br />
durch Verformung oder zumindest<br />
durch Beschädigung anzuzeigen, bevor<br />
ein Versagen eintritt.<br />
2.4 Extradosed Bauweise<br />
In der Literatur werden hybride Brückentragwerke<br />
mit biegesteifem Überbau<br />
und Abspannungen auch als »Extradosed<br />
Bridges« bezeichnet [11] [12], während<br />
sie in [13] treffend als abgespannte<br />
Balkenbrücken benannt werden. Im Fall<br />
der Deh Cho Bridge können die Seitenspannweiten<br />
nicht die Eigenlast der<br />
Hauptspannweite in Balance halten,<br />
ohne die Biegetragwirkung des Überbaus<br />
in Anspruch zu nehmen. Deshalb muss<br />
der Überbau in den Seitenspannweiten<br />
paradoxerweise nach unten vorverformt<br />
(unterhöht) werden, um Biegeverformungen<br />
infolge Eigenlast auszugleichen. [14]<br />
Damit unterscheidet sich dieses Tragsystem<br />
einer Extradosed Bridge deutlich<br />
von dem klassischer Schrägseilbrücken,<br />
die bei kleinen Seilabständen mit sehr<br />
schlanken Fahrbahnträgern auskommen.<br />
2.5 Vollverschlossene Spiralseile<br />
Für die hochfesten Zugglieder sind vollverschlossene<br />
und galfanbeschichtete<br />
Spiralseile mit vergossenen Ankerköpfen<br />
vorgesehen; die Anordnung der Seile ist<br />
in einem Bild veranschaulicht. Die Seile<br />
werden konfektioniert mit planmäßigen<br />
Längen geliefert, erlauben allerdings an<br />
der überbauseitigen Verankerung eine<br />
Längenvariation, um Fehler korrigieren<br />
und Seilkräfte manipulieren zu können.<br />
Im Vergleich zu den üblichen Litzenbündeln<br />
sind Spiralseile schlanker und gestatten<br />
kompakte Verankerungsdetails. Der<br />
Korrosionsschutz und die Beschaffenheit<br />
7 Überbau-Verformung während des Einhebevorgangs<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
5 Planmäßige Überbau-Überhöhung<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
6 Pylon und Seile<br />
© Infi nity Engineering Group<br />
der äußeren Drahtlängen lassen sich<br />
zudem ausgezeichnet begutachten und<br />
bei Bedarf auch ausbessern.<br />
3 Bauausführung<br />
3.1 Unterbauten<br />
Die Pfeiler sind im Schutz von Kofferdämmen<br />
fl ach im Flussbett gegründet. Die<br />
massiven Kegel der unteren Pfeilerpartie<br />
reduzieren den Eisdruck durch das Eisbrecherprinzip.<br />
Auf die Weise wird eine sich<br />
unter der Brücke hindurchschiebende,<br />
geschlossene Eisfl äche nach oben hin<br />
aufgebrochen, um Gassen für die Pfeiler<br />
zu bilden. Die auf die Kegel aufgesetzten<br />
Pfeilerköpfe sind vollständig aus Stahl gefertigt,<br />
um einen zügigen Baufortschritt<br />
trotz langer Frostperioden zu erzielen;<br />
Gewindestangen sorgen dabei für eine<br />
vorgespannte Verbindung von Kegel- und<br />
Kopfpartien.<br />
3.2 Überbau<br />
Die Fachwerkträgersegmente werden<br />
jeweils von den Widerlagern aus eingeschoben.<br />
Das Taktschiebeverfahren ist<br />
S Y M P O S I U M<br />
eine Bauweise, die schon frühzeitig im<br />
Stahlbau eingesetzt wurde. [15] Ein 57 m<br />
langes Endstück, das nach Abschluss der<br />
Taktschiebearbeiten eingehoben wird,<br />
verbindet beide Rampen in Brückenmitte.<br />
Dieses Verfahren wurde zum Beispiel bei<br />
der Mainbrücke Nantenbach erfolgreich<br />
angewandt. [16] Um die Fachwerkträger-<br />
Verbindungen zwischen Rampen und<br />
Schlussstück zwängungsfrei ausführen<br />
zu können, wird der Überbau im Bereich<br />
vom Widerlager bis zum Pfeiler 4, einem<br />
Pylonpfeiler, vorab mit dem Deck belastet.<br />
Das Deck der Hauptspannweite wird erst<br />
nach Abschluss der Fachwerkträger-Montagearbeiten<br />
hergestellt.<br />
3.3 Seilinstallation und Seilkräfte<br />
Um eine einfache Seilinstallation zu<br />
ermöglichen, wird der Überbau am Pylonpfeiler<br />
mittels hydraulischer Pressen<br />
um etwa 1 m angehoben. Erst nachdem<br />
alle Seile eingehängt sind, wird er wieder<br />
in die planmäßige Lage abgesenkt. Seilkräfte<br />
und Überbau-Überhöhung für die<br />
kritischen Bauzustände werden vorgege-<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
ben und mit den vor Ort erzielten Werten<br />
verglichen, damit Brückengeometrie und<br />
Tragwerksbeanspruchungen innerhalb<br />
zulässiger Toleranzen garantiert bleiben.<br />
Für die Seile wurde zum Beispiel eine<br />
Toleranz von +/-10 % der Seilkräfte im<br />
Eigenlastzustand vorgegeben.<br />
3.4 Fahrbahn<br />
Die Fahrbahn wird aus vorgefertigten<br />
Stahlbetonplatten mit 400 mm breiten<br />
Ortbetonfugen zwischen den Fertigteilen<br />
hergestellt. Die Verbundtragwirkung mit<br />
dem Fachwerkträger wird erst nach dem<br />
Verlegen aller Fertigteile aktiviert. Das<br />
heißt, nur für zusätzlich aufgebrachte<br />
Eigenlasten aus Asphalttrag- und -deckschichten,<br />
Schrammborden und Geländer<br />
sowie veränderliche Lasten aus Verkehr,<br />
Temperatur, Wind etc. ist das Verbundsystem<br />
aktiv. Diese Vorgabe reduziert die<br />
Deck-Zugspannungen im Stützbereich<br />
und die Schwindbeanspruchungen in<br />
Deck und Fachwerkträger deutlich gegenüber<br />
dem Pilgerschrittverfahren, bei dem<br />
die Verbundtragwirkung einer Ortbeton-<br />
Fahrbahnplatte im Feldbereich vorgezogen<br />
aktiviert wird.<br />
3.5 Verformungs- und<br />
Überhöhungskontrolle<br />
Mit steigendem Schlankheitsgrad kommt<br />
den Verformungs- und Überhöhungsberechnungen<br />
eine immer wichtigere<br />
Bedeutung zu. In der Hauptspannweite<br />
erreicht die Deh Cho Bridge eine Schlankheit<br />
(Verhältnis der Konstruktionshöhe zu<br />
Spannweite) von 1/42. Ein solcher Wert<br />
ist im Normalfall sehr schlanken Biegeträgern<br />
zugeordnet. Trotzdem konnte gezeigt<br />
werden, dass vertikale Verformungen<br />
für das anzusetzende Regelfahrzeug<br />
nur 1/1.300 der Spannweite betragen.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Im Fall der hybriden Deh Cho Bridge<br />
hängt die richtige Überbau-Überhöhung<br />
von vielen Faktoren ab, beispielsweise<br />
Eigenlasten, Überbau-Biegesteifi gkeit,<br />
Fertigungstoleranzen, Seilkräften und<br />
Bauverfahren. Eine Kontrolle der Überhöhung<br />
während der Bauausführung ist<br />
unumgänglich. Deshalb zeigen bereits die<br />
Ausführungspläne Überhöhungskontrollwerte<br />
für drei verschiedene Bauzustände:<br />
1. nach dem Einstellen der Seilkräfte<br />
durch Überbauabsenken,<br />
2. vor dem Verlegen der Deckpanels und<br />
3. vor dem Einbau der Asphalt-Tragschicht.<br />
Eine begrenzte Überhöhungskorrektur<br />
während der Bauausführung ist noch<br />
möglich. Zum Beispiel kann das Spaltmaß<br />
zwischen den Betonfertigteilen und den<br />
Fachwerkträger-Obergurten variiert<br />
werden.<br />
4 Zusammenfassung<br />
Der Entwurf der Deh Cho Bridge erforderte<br />
eine ganzheitliche Betrachtung, um<br />
den vielseitigen technischen und logistischen<br />
Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Gerade Leichtbauprinzipien und die<br />
fugenlose Bauweise können einen bedeutenden<br />
Beitrag zum nachhaltigen Bauen<br />
unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit,<br />
Ästhetik, Bauverfahren und Dauerhaftigkeit<br />
leisten. Die voraussichtlich im<br />
November 2011 fertiggestellte Deh Cho<br />
Bridge ist ein gutes Beispiel dafür.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Matthias Schüller, P.Eng.<br />
Infi nity Engineering Group Ltd.,<br />
North Vancouver, Kanada<br />
Bauherr<br />
Deh Cho Bridge Corporation, Yellowknife,<br />
Northwest Territories, Canada<br />
Entwurfs- und Ausführungsplanung<br />
Infi nity Engineering Group Ltd., North Vancouver,<br />
British Columbia, Canada<br />
Baugrundgutachter<br />
EBA Consulting Engineers and Scientists,<br />
Yellowknife, Northwest Territories, Canada<br />
Windgutachter<br />
The Boundary Layer Wind Tunnel Laboratory,<br />
University of Western Ontario, London, Ontario,<br />
Canada<br />
Literatur<br />
[1] Ricken, H.: Der Bauingenieur. Geschichte eines<br />
Berufes. Berlin 1994, S. 218.<br />
[2] Heinrich, B.: Brücken. Vom Balken zum Bogen.<br />
Reinbeck b. Hamburg 1989, S. 207.<br />
[3] Bühler, D.: Brückenbau im 20. Jahrhundert.<br />
Gestaltung und Konstruktion. München 2004,<br />
S. 79.<br />
[4] Trautz, M.: Eiserne Brücken in Deutschland im<br />
19. Jahrhundert. Düsseldorf 1991.<br />
[5] Saul, R.: Verbundbrücken, in: Deutsche Bauzeitung,<br />
132. Jg, Heft 5, 1989, S. 136.<br />
[6] Canadian Standards Association: Canadian<br />
Highway Bridge Design Code CAN/CSA-S6-00.<br />
Mississauga, Ontario 2000, S. 56.<br />
[7] Braestrup, M.: Yield Line Theory and Concrete<br />
Plasticity. Morley Symposium on Concrete<br />
Plasticity and its Application, University of<br />
Cambridge, 2007. Verfügbar im Internet<br />
unter www.civ.eng.cam.ac.uk/cjb/concplas/<br />
04braestrup.pdf.<br />
[8] Schüller, M.: Konzeptionelles Entwerfen und<br />
Konstruieren von Integralen Betonbrücken;<br />
in: Beton- und Stahlbetonbau, 99 Jg., Heft 10,<br />
2004, S. 782.<br />
[9] Taylor, D.: History, Design, and Application<br />
of Fluid Dampers in Structural Engineering,<br />
2010. Verfügbar im Internet unter www.taylordevices.com/papers/history/design.htm.<br />
[10] Post-Tensioning Institute: Recommendations<br />
for Stay Cable Design, Testing, and Installation.<br />
5. A. 2007, Farmington Hills, Michigan,<br />
S. 53.<br />
[11] Walther, R., Houriet, B., Isler, W., Moïa, P.:<br />
Schrägseilbrücken. Düsseldorf 1994, S. 62.<br />
[12] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />
auf den Entwurf mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken und Extradosed<br />
Bridges. Dissertation Universität Stuttgart,<br />
Beuren 2007. Verfügbar im Internet unter<br />
www.elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2008/3536/pdf/Diss_Meiss.pdf.<br />
[13] Pauser, A.: Massivbrücken. Ganzheitlich<br />
betrachtet. Düsseldorf 2002, S. 157.<br />
[14] Singh, P., Schüller, M., Oppel, S.: Deh Cho<br />
Bridge. The Northern Link; in: 4D Journal, Oktober<br />
2009, Larsa Inc., New York. Verfügbar im<br />
Internet unter www.larsa4d.com/downloads.<br />
aspx.<br />
[15] Stiglat, K.: Brücken am Weg. Frühe Brücken<br />
aus Eisen und Beton in Deutschland und<br />
Frankreich. Berlin 1997, S. 41.<br />
[16] Bühler, D.: Brückenbau. München 2000, S. 96.<br />
Bauüberwachung<br />
Sargent & Associates Engineering Ltd., Victoria,<br />
British Columbia, Canada<br />
Territorial Advisors<br />
BPTECH-DNW Engineering Ltd., Edmonton,<br />
Alberta, Canada & TYLIN International,<br />
San Francisco, California, USA<br />
Peer Review<br />
URS Corporation, Tampa, Florida, USA<br />
Ausführung Unterbauten<br />
ATCON Construction INC., Miramichi,<br />
New Brunswick, Canada & Ruskin Construction<br />
Ltd., Prince George, British Columbia, Canada<br />
80
81<br />
Von Anfängen in Japan bis zur Gegenwart in der Slowakei<br />
Ausgewählte Beispiele für Extradosed Bridges<br />
� � � von Christian Gläser<br />
Extradosed Bridges stellen eine<br />
wirtschaftliche Möglichkeit dar, für<br />
Spannbetonbrücken einen größeren<br />
Hebelarm der Vorspannkraft nutzbar<br />
zu machen. Die Anforderungen<br />
an die verwendeten Spannglieder<br />
liegen zwischen denen von Schrägseilen<br />
und externen Spanngliedern.<br />
In Japan wurden zahlreiche Brücken<br />
unter Verwendung von externen<br />
Spanngliedern mit verschiedenen<br />
Litzentypen ausgeführt, bei einem<br />
Projekt in der Slowakei bei Považská<br />
Bystrica kommen Litzenbündelseile<br />
Typ Dyna Grip® als Spannglieder<br />
zum Einsatz.<br />
1 Einführung<br />
Seit der Einführung der »Richtlinie für Betonbrücken<br />
mit externen Spanngliedern«<br />
[1] in Deutschland müssen alle bisher<br />
im Steg von Brücken mit Kastenquerschnitten<br />
angeordneten Spannglieder als<br />
externe Spannglieder ausgeführt werden,<br />
deren vorrangige Vorteile im werkmäßig<br />
hergestellten Korrosionsschutz sowie der<br />
Kontrollier-, Nachspann- und Auswechselbarkeit<br />
bestehen. [2] Bei Hohlkastenbrücken,<br />
in denen ausschließlich externe<br />
Spannglieder zum Einsatz kommen, ist<br />
ein Verlust von innerem Hebelarm unumgänglich.<br />
Zur Reduzierung des Überbaueigengewichts<br />
und zur Erzielung eines größeren<br />
inneren Hebelarms durch externe Vorspannung<br />
regte der französische Ingenieur<br />
Mathivat bereits 1988 in einem Sondervorschlag<br />
zu einem Brückenbauwerk<br />
an, auf eine Voutung des Querschnitts<br />
zu verzichten und die Exzentrizität der<br />
Spannglieder über dem Aufl ager durch<br />
einen sogenannten Deviator zu erhöhen.<br />
Diese neue Bauweise bezeichnete er als<br />
»extradosed prestress«. [3]<br />
In den letzten Jahren wurden in Japan,<br />
aber auch in Frankreich sowie vermehrt in<br />
Osteuropa »extradosed« Brücken gebaut.<br />
Die Baukosten lagen dabei zwar über<br />
denen einer Spannbetonbrücke, jedoch<br />
niedriger als bei einer Schrägseilbrücke.<br />
Eine Übersetzung des Begriffes »extradosed«<br />
ins Deutsche ist schwierig und<br />
könnte am ehesten mit dem Wort »überspannt«<br />
geschehen.<br />
2 Abgrenzung und Charakteristika<br />
»Extradosed« Brücken stellen eine Mischform<br />
zwischen Schrägseilbrücken und<br />
extern vorgespannten Brücken dar. Bei<br />
diesen Bauwerken verlaufen die Spannglieder<br />
nicht innerhalb, sondern (auch)<br />
außerhalb des Hohlkastens, wobei die<br />
Tragprinzipien von Spannbetonbalken<br />
und Schrägseilbrücken miteinander<br />
verbunden werden.<br />
Im Vergleich zur Schrägseilbrücke ist der<br />
Überbau wesentlich steifer, und der Pylon<br />
hat, bezogen auf die Spannweite, eine<br />
geringe Bauhöhe (nur ca. 1/15–1/10 der<br />
Spannweite). Durch die fl ache Seilneigung<br />
erhält der Überbau aus der Seilkraft<br />
eine erhebliche Normalkraftkomponente<br />
und trägt die Lasten in erster Linie als<br />
vorgespannter Biegeträger ab. Dadurch<br />
fallen die möglichen Spannweiten kleiner<br />
aus, so dass gegebenenfalls mehr Pylonen<br />
erforderlich werden.<br />
Im Vergleich zur Spannbetonbrücke kann<br />
die Bauhöhe, insbesondere über den<br />
Pfeilern, aber niedriger gehalten werden,<br />
und es lassen sich größere Spannweiten<br />
bewältigen.<br />
3 Anforderungen an die Spannglieder<br />
Im Vergleich zu externen Spanngliedern<br />
sind vor allem zusätzliche Anforderungen<br />
an den Korrosionsschutz in der freien Länge<br />
zu stellen, da die Spannglieder ständig<br />
der Bewitterung ausgesetzt bleiben. Die<br />
Anforderungen an den Ermüdungswiderstand<br />
sind ebenfalls höher als beim externen<br />
Spannglied, aber niedriger als beim<br />
Schrägseil. Es kann davon ausgegangen<br />
werden, dass sämtliche Schrägseilsysteme<br />
auch die Anforderungen für Spannglieder<br />
von extradosed Brücken erfüllen.<br />
Für externe Spannglieder sind bei der Verwendung<br />
in extradosed Brücken jedoch<br />
zusätzliche Nachweise zu erbringen.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Werden Spannglieder mit Umlenksattel<br />
am Pylonen ausgeführt, ist konstruktiv zu<br />
gewährleisten, dass Biegespannungen in<br />
den Spanngliedern an den Übergängen<br />
der Umlenksättel minimiert werden, und<br />
es ist nachzuweisen, dass ein Verschleiß<br />
durch Reibung verhindert wird. Falls die<br />
Auswechselbarkeit gefordert ist, muss<br />
diese ebenfalls nachgewiesen werden.<br />
4 Schwingbreiten und Seilkräfte<br />
Externe Spannglieder in Deutschland<br />
werden bei den üblichen Spannstahlfestigkeiten,<br />
wie auch im Verbund liegende<br />
Spannglieder, mit 72–76 % der charakteristischen<br />
Zugfestigkeit vorgespannt.<br />
Im Zulassungsverfahren werden diese<br />
Spannglieder mit einer Schwingbreite<br />
von 80 N/mm² bei 2 ·10 6 Lastwechseln<br />
geprüft.<br />
Bei Litzenbündelseilen wird im Gebrauchszustand<br />
üblicherweise eine<br />
Seilkraft entsprechend 45 % der charakteristischen<br />
Zugfestigkeit der Einzellitze<br />
verwendet. Zum Nachweis der hohen<br />
Ermüdungsbeanspruchung werden diese<br />
Litzenbündelseile mit einer Schwingbreite<br />
von 200 N/mm 2 bei 2 ·10 6 Lastwechseln<br />
geprüft.<br />
Da insbesondere aufgrund der größeren<br />
Überbausteifi gkeiten kleinere<br />
Schwingbreiten in den Spanngliedern<br />
der extradosed Brücken auftreten, wird<br />
in [4] empfohlen, dass die zulässige Kraft<br />
60 % der charakteristischen Zugfestigkeit<br />
entsprechen kann.<br />
5 Beispiele aus Japan<br />
Seit 1994 werden in Japan extradosed<br />
Brücken errichtet und haben sich als<br />
wirtschaftliche Lösung bewährt. Bei<br />
diesen Projekten kamen Spannglieder mit<br />
bis zu 48 Litzen zum Einsatz, die entweder<br />
aus nackten oder doppelt korrosionsgeschützten<br />
epoxidbeschichteten Litzen<br />
in HDPE-Hüllrohren, die in beiden Fällen<br />
nach der Montage mit Zementmörtel<br />
injiziert wurden, bestehen.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
1 Shikari-Brücke über den Tokachi River<br />
© Dywidag-Systems International GmbH/Sumitomo<br />
3 In Japan ausgeführte Brücken mit DSI-Spanngliedern<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
Bei der Shikari-Brücke über den Tokachi<br />
River in Hokkaido mit 610 m Gesamtlänge<br />
wurde beispielsweise ein externes Spannglied<br />
mit Zementinjektion gefordert. Zur<br />
Anwendung gelangten externe Dywidag-<br />
Spannglieder Typ MC mit 19 Litzen, die<br />
zum Teil auch als externe Spannglieder im<br />
Hohlkasten weitergeführt wurden. Um<br />
den Ermüdungswiderstand zu erhöhen,<br />
wurden zusätzliche Kunststoffelemente<br />
an den Auslaufstellen am Pylonen und im<br />
Überbau installiert.<br />
Für die Matakina Bridge bei Nago mit<br />
Spannweiten von 89 und 109 m wurden<br />
Spannglieder, 19 bzw. 27 epoxidbeschichtete<br />
Litzen umfassend, eingebaut und die<br />
Hüllrohre nach deren Einbau mit einem<br />
geringfügig quellenden polymermodifi -<br />
zierten Leichtmörtel verpresst.<br />
Können aus Platzgründen die Litzen am<br />
Pylonen nicht verankert werden, müssen<br />
Sattellösungen ausgeführt werden,<br />
welche die Aufnahme von Kraftdifferenzen<br />
in den Seilabschnitten beidseits des<br />
Pylonen ermöglichen. Bei den in Japan<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
2 Matakina-Brücke über den Yanbaru-Stausee<br />
© Dywidag-Systems International GmbH/Sumitomo<br />
realisierten Brücken wurde zum Teil mit<br />
Hilfe eines Systems aus zwei ineinandergesteckten<br />
Rohren und einer Schubknagge<br />
gewährleistet, dass Differenzkräfte in<br />
den Parallellitzenbündeln sicher in den<br />
Pylonen eingetragen werden und damit<br />
die austauschbaren Parallellitzenbündel<br />
nicht wie bei gewöhnlichen externen<br />
Spanngliedern über die Umlenkung<br />
gleiten können.<br />
4 Bau der Brücke bei Považská Bystrica<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
6 Považská-Bystrica-Brücke, Slowakei<br />
Die Stadt Považská Bystrica liegt im westlichen<br />
Norden der Slowakei. Im Zuge der<br />
Autobahn D1 entsteht dort bis zum Sommer<br />
2010 eine 872 m lange extradosed<br />
Brücke mit sieben Pylonen und Spannweiten<br />
von 71 m, 6 × 122 m und 68 m. Die<br />
einzellige Hohlkastenbrücke mit einem<br />
sehr schmalen Kasten und mit Betonstreben<br />
unterstützten Kragarmbereichen hat<br />
eine Breite von 30,64 m und wird im Freivorbau,<br />
von den Pylonen aus beginnend,<br />
hergestellt.<br />
Als Spannglieder werden Dywidag-Litzenbündelseile<br />
vom Typ Dyna Grip® DG-P 37<br />
verwendet. Diese bestehen aus siebendrahtigen<br />
verzinkten, gewachsten und<br />
PE-ummantelten Litzen, wie sie auch bei<br />
den in Deutschland ausgeführten Projekten<br />
Rheinbrücke Wesel und Ziegelgrabenbrücke<br />
zum Einsatz kamen.<br />
Um im Sattelbereich eine Kraftübertragung<br />
zu gewährleisten, wird das austauschbare<br />
Sattelrohr mit Zementmörtel<br />
injiziert. Dazu werden die Litzen in diesem<br />
Bereich bereits beim (Litzen-)Hersteller<br />
abgemantelt und entwachst. Nach ihrem<br />
Einbau wird der Übergangsbereich zwischen<br />
Sattelrohr und freier Hüllrohrlänge<br />
dann abgedichtet, um den Sattelbereich<br />
später verpressen zu können. Das Vor-<br />
82
83<br />
5 Montage der Spannglieder in der Slowakei<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
spannen der Spannglieder erfolgt in zwei<br />
Schritten mittels Einzellitzenpressen<br />
nach dem patentierten Dywidag-Con-<br />
Ten®- Verfahren.<br />
Auftraggeber<br />
Slovenská národná dialnicná spolocnost‘,<br />
Bratislava, Slowakei<br />
Entwurf und Tragwerksplanung<br />
Strasky, Husty and Partners Ltd.,<br />
Brno und Bratislava, Slowakei<br />
Alfa 04, Bratislava, Slowakei<br />
Lieferung der Seile<br />
Dywidag-Systems International GmbH,<br />
Unterschleißheim<br />
Bauausführung<br />
Arbeitsgemeinschaft Sverepec-Vrtižer<br />
Doprastav a.s., Skanska BS a.s., Slowakei<br />
7 Ausblick<br />
Die Praktizierbarkeit der Bauweise »extradosed«<br />
wurde im internationalen<br />
Brückenbau mehrfach nachgewiesen. Die<br />
Brücken der ersten Generation in Japan<br />
können Anfangserfahrungswerte hin-<br />
SH Verfahrensanweisung HV-Schrauben<br />
DIN 18800-7 Abs. 8.6<br />
Geprüfter Versuchsbericht / Geprüfte Verfahrensanweisung<br />
Verfahrensanweisungen zum Anziehen von<br />
HV-Schrauben am Schraubenkopf<br />
Normschraube FK 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />
Verfahrensanweisung: VA HV-02<br />
Anziehen von HV-Schrauben am Kopf bei Verwendung<br />
einer in Baustahl geschnittenen Mutter<br />
· HV-Normschraube 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />
· HV-Normschraube 300 nach DIN EN 14399-6,<br />
nur unter dem Schraubenkopf<br />
· Muttergewinde, in Baustahl S355 geschnitten<br />
S Y M P O S I U M<br />
sichtlich der Erhaltung dieser Bauwerke<br />
liefern. Für die Anwendung in Deutschland<br />
sind hingegen Bemessungsempfehlungen,<br />
aber auch die Defi nition von<br />
Anforderungskriterien für die Spannglieder<br />
erforderlich.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Christian Gläser<br />
CEO Europe Post-Tensioning<br />
Dywidag-Systems International GmbH,<br />
Unterschleißheim<br />
Literatur<br />
[1] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und<br />
Wohnungswesen: Richtlinie für Betonbrücken<br />
mit externen Spanngliedern. August 1999.<br />
[2] Zilch, K.; Weber, J. und Gläser, Ch.: Vorspannkonzepte;<br />
in: Zilch, K.: Sonderpublikation<br />
»Massivbau 2001. Forschung, Entwicklungen<br />
und Anwendungen«. Berlin 2001.<br />
[3] Mathivat, J.: Recent developments in prestressed<br />
concrete bridges; in: FIP-Notes, Nr. 2,<br />
1988, S. 15–21.<br />
[4] Meiss, K.: Anwendung von Strukturoptimierungsmethoden<br />
auf den Entwurf mehrfeldriger<br />
Schrägseilbrücken und Extradosed Bridges.<br />
Dissertation, Universität Stuttgart, 2007.<br />
SH Fahrbahnübergang<br />
WSG 2 PLUS - WSG 15 PLUS<br />
mit Regelprüfung nach TL / TP-FÜ<br />
Zulässiger Gesamtdehnweg:<br />
190 bis 1425 mm<br />
ALTERNATIVE:<br />
Elastomerbeschichtete Lärmschutzplatten<br />
RW Sollinger Hütte GmbH · D-37170 Uslar · Auschnippe 52 · Tel. 0 55 71-3 05-0 · Fax 0 55 71-3 05-20 · www.rwsh.de · info@rwsh.de<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Generalerneuerung und Tragwerkshebung<br />
Brücke über den Sinichbach in Italien<br />
� � � von Anton Obholzer, Alois Neulichedl<br />
Die in den Jahren 1980–1982 errichtete<br />
Brücke auf der Landesstraße<br />
Nr. 98 von Meran auf die Hochebene<br />
von Hafl ing überwindet die tiefe und<br />
steile Talmulde, in der das Gerinne<br />
des Sinichbaches verläuft. Infolge<br />
der Topologie mit der tiefen Schlucht<br />
wurde ein fl acher Dreigelenkbogen<br />
in Spannbetonbauweise mit einer<br />
Stützweite von 125 m gewählt. Bereits<br />
unmittelbar nach seiner Fertigstellung<br />
kam es zu einem sichtbaren<br />
Verlust der Stichhöhe, der später<br />
zugenommen hat. Dieser Umstand<br />
und die damit verbundene Einbuße<br />
an Tragkraft veranlassten die Baubehörde<br />
im Jahre 2005, einen Firmenwettbewerb<br />
mit Konstruktionsideen<br />
auszuschreiben, der den Umbau<br />
bzw. Neubau des Tragwerkes<br />
beinhaltet.<br />
1 Bestandstragwerk<br />
Die bestehende Brückenstruktur ist ein<br />
von den Widerlagern aus im Freivorbau<br />
hergestelltes Spannbetontragwerk, das<br />
im Endzustand als Dreigelenksbogen mit<br />
einer Spannweite von 125 m geschlossen<br />
wurde. Die Gesamtlänge der Brücke<br />
ist 157 m, die Breite 8,20 m. Für den im<br />
Freivorbau errichteten Mittelbereich von<br />
114,20 m wurde Leichtbeton mit einer<br />
Wichte von 19 kN/m³ eingesetzt, für die<br />
Widerlager mit dem Lagerpunkt an seiner<br />
tiefsten Stelle hingegen Normalbeton.<br />
Wie den vorliegenden Berichten und Untersuchungen<br />
zu entnehmen war, kam es<br />
beim Bau und in den folgenden Jahren zu<br />
ungewöhnlich großen Durchbiegungen<br />
und einer Absenkung des Gelenkpunktes<br />
von ca. 0,50 m. Dieser auf mögliche Überhöhungsfehler<br />
im Freivorbau und erhöhte<br />
Schwind- und Kriechwerte beim Leichtbeton<br />
zurückzuführende Gradientenfehler<br />
bewirkt neben der negativen Optik auch<br />
die Verkleinerung des Bogenstiches und<br />
damit eine Verkleinerung der Traglast.<br />
Zusätzlich wurde die Reduktion des Bo-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 2 Bestehende Brücke<br />
© Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
genstichs im Ausmaß von rund 1 m infolge<br />
der Wannenausrundung der Gradiente<br />
(R = 2.000 m) im Brückenbereich in der<br />
ursprünglichen Statik nicht berücksichtigt<br />
und somit die Traglast überschätzt.<br />
Im Jahre 1989 wurde ein Projekt ausgearbeitet,<br />
das die Hebung des Tragwerkes<br />
durch Anbringen eines Horizontalschubes<br />
im Gelenkpunkt in Brückenmitte<br />
bezweckte. Die Querträger beidseitig<br />
des Gelenkpunktes wurden verstärkt,<br />
die Tragwerkshebung ist jedoch nicht<br />
gelungen. Anhand der vorgefundenen<br />
Bestandsunterlagen, Gutachten und Expertisen<br />
wurden nun die für die weiteren<br />
Untersuchungen der Rückbauzustände<br />
notwendigen Materialkennwerte gesammelt<br />
und aufgelistet.<br />
Betongüten:<br />
– Fundierungen: R’bk ≥ 300 kg/cm²<br />
entspricht C25/30<br />
– Tragwerk Normalbeton:<br />
R’bk ≥ 350 kg/cm² entspricht C25/30<br />
(Widerlagerbereich)<br />
– Tragwerk Leichtbeton:<br />
R’bk ≥ 380 kg/cm² entspricht C30/37<br />
(Freivorbaubereich)<br />
Spannstahl:<br />
– Spannstahl Litzen: Rak>18.000 kg/cm²;<br />
Raks ≥ 16.000 kg/cm² entspricht<br />
St 1570/1770<br />
– Einzelspannstähle: Rak>10.500 kg/cm²;<br />
Raks ≥ 8.500 kg/cm² entspricht<br />
St 850/1050<br />
Schlaffe Bewehrung:<br />
– Betonstahl Fe B 44k mit<br />
fyk = 430 N/mm²<br />
Eine Einstufung der Betongüte auf<br />
C25/30, Normalbeton, und C30/37,<br />
Leichtbeton, erfolgte auf Basis der umfangreichen<br />
Versuche und Materialproben<br />
am Bestandstragwerk. Dabei wurde<br />
berücksichtigt, dass örtliche geringfügige<br />
Unterschreitungen unbedenklich sind,<br />
wenn in den einzelnen Querschnittsteilen,<br />
insbesondere in der Bodenplatte und<br />
den Stegen, im Mittel die Mindestwerte<br />
der Betonfestigkeit erreicht werden.<br />
84
85<br />
3 Hammerkopf in Normal-, Freivorbauabschnitte in Leichtbeton<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
Im Inneren des Hohlkastenquerschnittes<br />
wurde eine Anzahl von Wasserschäden<br />
ersichtlich, wohl auch deshalb, weil<br />
sich die Einstiege in Tragwerksmitte in<br />
unmittelbarer Nähe des Gelenkspunkts<br />
befanden und dies einen Tiefpunkt in der<br />
Gradiente des verformten Tragwerkes<br />
darstellte.<br />
Die vorhandene Brücke wurde auf Basis<br />
der damals (1979) anzusetzenden<br />
Nutzlasten bemessen: Gleichlasten aus<br />
einer Kolonne von Militärfahrzeugen à<br />
320 kN/7,80 m mit dynamischem Beiwert<br />
und Gleichlasten auf dem Gehweg von<br />
5 kN/m²; das entspricht einer Linienlast<br />
von ca. q = 51,10 kN/m. Diese Einwirkungen<br />
erfüllen aber nicht mehr die heutigen<br />
Anforderungen, für den Neubau wurden<br />
sie daher auf Grundlage des gültigen<br />
Ministerialdekretes vom 4. Mai 1990<br />
wesentlich erhöht.<br />
2 Wettbewerbsverfahren<br />
Zur Vergabe der Sanierung bzw. eines Brückenneubaus<br />
wurde seitens der Landesbauverwaltung<br />
in Bozen ein Unternehmer-Ideenwettbewerb<br />
durchgeführt, der<br />
es ermöglichte, innovative Bauverfahren<br />
vorzuschlagen und zu vergleichen. Kriterien<br />
waren hier im Wesentlichen:<br />
– Querschnitt neu mit einer Breite von<br />
10,75 m,<br />
– Einwirkungen nach derzeit gültigen<br />
italienischen Normen (in etwa dem<br />
Eurocodes-Niveau),<br />
– Aufrechterhaltung des Verkehrs während<br />
der Bauzeit,<br />
– bei der Neuerrichtung Rückbau des<br />
bestehenden Tragwerkes.<br />
Abzugeben war neben einem vollständig<br />
ausgearbeiteten Projekt auch das Angebot<br />
für die Baumaßnahmen.<br />
Trotz unterschiedlicher Lösungsvarianten<br />
wurde keine generelle Neuerrichtung<br />
vorgeschlagen. Dies wohl deshalb, da<br />
ein Rückbau des Spannbetontragwerkes<br />
gegen die ursprüngliche Baurichtung<br />
als »umgekehrter Freivorbau« erfolgen<br />
müsste und die Verkehrsführung über<br />
Behelfsbrücken durch die schwierigen<br />
Einbindungen in die anschließende Straße<br />
mit dem im kurzen Abstand folgenden<br />
Tunnel nicht bzw. nur schwer möglich<br />
wäre.<br />
Die Projekte ab dem dritten Platz sehen<br />
im Fels abgestützte Bögen und Sprengwerke<br />
vor, um das Gewicht aus dem<br />
bestehenden »Dreigelenksystem« umzulagern,<br />
die Frage der Tragwerkshebung<br />
jedoch nicht bzw. nicht schlüssig beantwortend.<br />
Das siegreiche Konzept und der<br />
auf dem zweiten Rang liegende Entwurf<br />
nutzen hingegen die Tragwirkung des Bestandsystems,<br />
wobei Letzterer aber keine<br />
Tragwerkshebung beinhaltet.<br />
5 Erster Preis: Ertüchtigung<br />
der vorhandenen Brücke<br />
© Bilfi nger Berger AG/<br />
Chembau GmbH/ Raffl<br />
Stahlbau GmbH<br />
4 Hohlkasten des Bestandtragwerks<br />
© Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
3 Tragwerksumbau<br />
3.1 Ziel und Kriterien<br />
Ziel des Umbaues war es, ein den heutigen<br />
Anforderungen entsprechendes,<br />
funktionales und ästhetisches, zugleich<br />
aber schlichtes Bauwerk zu schaffen,<br />
denn die Umgebung des Standortes<br />
braucht kein markantes neues Wahrzeichen.<br />
Grundkonzept ist die Weiterverwendung<br />
der vorhandenen Betonstruktur.<br />
Das ist möglich, wenn folgende Punkte<br />
gewährleistet sind:<br />
1. Die aus der Verbreiterung des Tragwerkes<br />
auftretenden höheren ständigen<br />
Lasten und die neuen, größeren Verkehrslasten<br />
sollen durch zusätzliche,<br />
möglichst einfach zu gestaltende<br />
Konstruktionselemente übertragen<br />
werden.<br />
2. Die vorhandenen Tragwerksteile aus<br />
Stahlbeton und Spannbeton sollen<br />
nicht über die bereits derzeit vorhandenen<br />
Kräfte und Spannungen hinaus<br />
beansprucht werden.<br />
3. Vor dem eigentlichen Umbau des Tragwerkes<br />
soll die planmäßige Höhenlage<br />
der Brücke wiederhergestellt werden.<br />
Diese Forderungen werden durch den Einbau<br />
einer Unterspannung aus externen<br />
doppelt extrudierten Vorspannkabeln mit<br />
V-förmigen Abstützungen aus Stahl erfüllt.<br />
Die Verankerungspunkte der Unterspannung<br />
befi nden sich im Widerlagerbereich<br />
des Bestandes, weitere Einbauten<br />
und Ankerpunkte direkt in die Felsfl anken<br />
des Tales sind nicht erforderlich.<br />
Das Konzept bietet wesentliche Vorteile<br />
gegenüber Neubauten:<br />
1. kostengünstigste Methode für die<br />
Aufrüstung des Tragwerkes,<br />
2. kein schwieriger und teurer Rückbau<br />
des Bestands,<br />
3. keine großen Zusatzmaßnahmen für<br />
die Verkehrsführung, denn durch die<br />
Weiterverwendung des vorhandenen<br />
Tragwerkes kann in den einzelnen Bauphasen<br />
eine durchgehende Verkehrsführung<br />
aufrechterhalten werden.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
6 Prinzipieller Lösungsvorschlag<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
7 Tragwerk nach Hebung und Herstellung<br />
der Nivelette mit Unterspannung<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
3.2 Einwirkungen und Materialien<br />
Die Einwirkungen entsprechen den Anforderungen<br />
laut Ministerialdekret vom<br />
4. Mai 1990 für die Brückenklasse I, die<br />
Verkehrsbelastung wurde folgendermaßen<br />
angesetzt:<br />
Erste Kolonne:<br />
– Linienlast: q = 30 kN/m<br />
– Regelfahrzeug 60 t Dreiachser:<br />
Q = 600 kN je Achse: Q 1 = 200 kN<br />
Zweite Kolonne:<br />
– Linienlast 50%: q = 15 kN/m<br />
– Regelfahrzeug 60 t Dreiachser 50%:<br />
Q = 300 kN je Achse: Q 1 = 100 kN<br />
– Gehwege Gleichlast: q = 4 kN/m²<br />
Neben der Erhöhung der Nutzlasten kam<br />
es auch zu einer wesentlichen Erhöhung<br />
der ständigen Aufl asten durch die (Tragwerks-)Verbreiterung<br />
um ca. 75 kN/m<br />
Tragwerk.<br />
Als Betongüten wurden für die Fundierungen<br />
C25/30 und für das Tragwerk Normalbeton<br />
C30/37 und C35/45 gewählt.<br />
Der verwendete Spannstahl gliedert sich<br />
folgendermaßen auf:<br />
– Litzen (externe Unterspannung):<br />
St 1570/1770<br />
– Einzelspannstähle: St 1080/1230<br />
– Felsanker: St 670/800 Gewi-Plus<br />
Darüber hinaus kamen Betonstahl Fe<br />
B 44k mit fyk = 430 N/mm² als schlaffe<br />
Bewehrung sowie Profi lstahl und Bleche<br />
S235 J0 bis S355 J2 als Stahlbauteile zum<br />
Einsatz.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
8 Querschnitt vor und nach dem Umbau<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/Raffl Stahlbau GmbH<br />
3.3 Tragverhalten und Berechnung<br />
Um das Tragverhalten im Umbau zu<br />
ermitteln, wurden die statischen Einfl üsse<br />
am Bestandssystem untersucht und<br />
später bei der Berechnung und Bemessung<br />
mit berücksichtigt. Ziel war es, die<br />
örtlichen Einwirkungen nicht über das<br />
bisherige Niveau zu heben. Aus der Nachrechnung<br />
ergaben sich im derzeitigen<br />
Zustand mit verformtem Tragwerk und<br />
wahrscheinlichem Spannkraftverlauf<br />
(Spannkraftverlust ca. 18 %, Spannstahlspannung<br />
ca. 1.000 N/mm²) die<br />
Maximalwerte der Betonspannung in der<br />
Bodenplatte mit<br />
– σ c min = -16,20 N/mm² und<br />
– σ c max = +1,60 N/mm².<br />
Nach dem Umbau des Tragwerkes sowie<br />
dem Einbau und Anspannen der Unterspannung<br />
stellen sich Kräfte und Einwirkungen<br />
ein, die nicht über den bereits<br />
vorher eingeleiteten Werten liegen, was<br />
auf der Vergrößerung des Bogenstiches<br />
als Folge der Unterspannung beruht: Der<br />
existierende Bogenstich von derzeit ca.<br />
9,70 m wird im Umbau auf ca. 20,00 m<br />
vergrößert, also etwa verdoppelt. Die<br />
Maximalwerte der Betonspannung bei<br />
den Nachweisen der Gebrauchstauglichkeit<br />
im Bestandsüberbau sind bei einer<br />
mittleren, wahrscheinlichen Vorspannkraft<br />
in den vorhandenen Spanngliedern<br />
mit jenen des Bestands identisch. Bei<br />
einer Variation der Spannkraft im Bestand<br />
zwischen 80 % und 105 % ergeben sich<br />
hingegen Betonspannungen mit σ c min =<br />
-16,70 N/mm² und σ c max = +1,80 N/mm².<br />
Dieser Abfall auf 80 % entspricht ca.<br />
65–70 % der ursprünglichen Spannkraft<br />
vor Schwinden und Kriechen. Aber auch<br />
bei einer so extremen Grenzwertüberlegung<br />
sind die aus der statischen Berechnung<br />
resultierenden Spannungen bei<br />
allen Nachweisen im zulässigen Bereich.<br />
Die maximalen Lagerkräfte am Bestand<br />
ergeben sich für die Vertikalkräfte aus<br />
dem Bauzustand »Freivorbau« und für die<br />
Horizontalkräfte aus dem Bogenschub;<br />
sie werden am umgebauten Tragwerk,<br />
ebenfalls als Folge der Unterspannung,<br />
nicht erreicht.<br />
4 Ausführungsmaßnahmen<br />
4.1 Prinzipieller Ablauf<br />
Für die Wiederherstellung und Verbreiterung<br />
des Tragwerkes sind in drei Phasen<br />
gegliederte Baumaßnahmen erforderlich,<br />
die hier in chronologischer Reihenfolge,<br />
aber ohne Berücksichtigung der jeweiligen<br />
Verkehrsführung beschrieben<br />
werden.<br />
86
87<br />
4.2 Phase I<br />
Phase I dient zur Vorbereitung des Bestandtragwerks<br />
für die (Tragwerks-)Hebung<br />
und umfasst folgende Schritte:<br />
Herstellen eines seitlichen Zuganges im<br />
Bereich jeweils eines Stegs der Widerlager:<br />
Zur Herstellung der Verankerung<br />
der Unterspannung muss dieser Zugang<br />
geschaffen werden.<br />
Herstellen des Verankerungsbalkens im<br />
Widerlager und der Rückspannungen<br />
zum Aufl agerquerschott: Sanierung der<br />
Bodenplatte des Bestandes, Steg und<br />
Fahrbahnplatte können später ertüchtigt<br />
werden.<br />
Herstellen der V-förmigen Abstützungen<br />
für die Unterspannung: Die Lagerung<br />
erfolgt jeweils unter den Stegen des<br />
Tragwerkshohlkastens, die Fixierung über<br />
eine Durchankerung im Steg von außen.<br />
Am untersten Punkt befi nden sich die<br />
Kabelsättel der externen Spannkabel.<br />
Die untere Spitze der Abstützung wird<br />
über ein Spiraldrahtseil, das im Bereich<br />
der Ankerbalken im Widerlagerbereich<br />
verstellbar fi xiert wird, über Seilklemmen<br />
festgehalten.<br />
Vorbereiten der Widerlager für die Tragwerkshebung:<br />
– Freiräumen und Abtrag der Betonbauteile<br />
unter den äußeren Widerlagerbereichen,<br />
Herstellen eines Freiraums von<br />
mindestens 15 cm zur Ermöglichung<br />
der Widerlagerverdrehung beim Hebevorgang;<br />
die Außenkante des Widerlagers<br />
bewegt sich dabei nach unten.<br />
– Herstellen horizontaler Führungslager<br />
mit über Felsanker niedergehängten<br />
10 Prinzipieller Bauablauf<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/Raffl Stahlbau GmbH<br />
können und diese samt Fahrbahnübergängen<br />
für Inspektionen zugänglich zu<br />
haben; der Verkehr wird mittels provisorischer<br />
Stahlbehelfsbrücken über die<br />
Baugrube geführt.<br />
Einziehen der externen Vorspannkabel.<br />
Vorbereiten der Gelenkfuge zur Tragwerkshebung:<br />
Fugenbereich und Querträger<br />
wurden bereits nach den Planunterlagen<br />
von 1989 für den damaligen<br />
Hebungsversuch umgebaut. Zur Sicherung<br />
der Tragwerkslage während des<br />
Hebevorganges wurden nun zusätzlich<br />
vier Dywidag-Spannanker (d = 63,50 mm)<br />
und ein Sicherungsdorn im Mannloch<br />
(Rohr 403,40 × 35) angeordnet. Anschließend<br />
erfolgte der Einbau der Pressen für<br />
den Hebevorgang (7 × 400-t-Hydraulikzylinder).<br />
9 Schema der Unterspannung<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
seitlichen Konsolen zur Stabilisierung<br />
des Tragwerkes bei Lagerwechsel und<br />
Tragwerkshebung; die Längs- und<br />
Querbeweglichkeit der Lager muss<br />
gegeben sein.<br />
– Abbruch der bestehenden und Errichtung<br />
der neuen Kammerwand mit<br />
angeschlossener Schleppplatte in einem<br />
Abstand von 50 cm zum Tragwerk,<br />
um die Betonsanierungsarbeiten an<br />
den Brückenstirnseiten ausführen zu<br />
4.3 Phase II<br />
Die Tragwerkshebung und der spätere<br />
Lagerwechsel erfolgten bei minimalen<br />
ständigen Lasten, also nach weitestgehender<br />
Freiräumung der Fahrbahn<br />
und durch schrittweises Anspannen der<br />
Unterspannung mit Längsausrichten der<br />
Lage mit geklemmtem Spiraldrahtseil<br />
und anschließendem Auseinanderpressen<br />
der Gelenkfuge.<br />
S Y M P O S I U M<br />
11 Umbau des Widerlagers<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
12 Verankerung im Widerlager<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
Das Tragwerk muss, um auch die spätere<br />
Durchbiegung aus dem Eigengewicht der<br />
Verbreiterung zu kompensieren, um ca.<br />
78 cm im Gelenkpunkt gehoben werden.<br />
In einer detaillierten Arbeitsanweisung<br />
wurde der Hebevorgang beschrieben,<br />
Zwangspunkte wie ein kleiner verbleibender<br />
Horizontalschub im Widerlager beim<br />
Anspannen der Unterspannung waren<br />
einzuhalten. Die Tragwerkshebung erfolgte<br />
zu ca. 75 % aus dem Auseinander-<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
13 Spannglieder und Umlenksattel<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
14 Horizontale Führungslager<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
drücken der Gelenkfuge und zu 25 % aus<br />
der Verformung infolge Unterspannung.<br />
Da sich die beiden Tragwerksteile beim<br />
Pressen in der Gelenkfuge frei verdrehen,<br />
wurde die Mittelstütze mit der Unterspannung<br />
als Doppellager ausgebildet<br />
und so eine gleichmäßige Hebung erzwungen.<br />
Anschließend wurden neue Lager in der<br />
Gelenkfuge sowie neue Betonsockel<br />
angebracht.<br />
4.4 Phase III<br />
Phase III beinhaltet die Verbreiterung des<br />
Tragwerks und die Lagerwechsel, beginnend<br />
mit dem einseitigen Rückbau von<br />
Belag sowie Kappen und der Vorbereitung<br />
der Tragwerksoberseite für die neue Fahrbahnplatte.<br />
Danach erfolgte der Lagerwechsel<br />
bei den Widerlagern: Eingesetzt<br />
wurden Kalottenlager der Firma Maurer<br />
und Söhne, München. Deren Radien sind<br />
so gewählt, dass Vertikal- und zugehöriges<br />
Horizontallager einen gemeinsamen<br />
Drehmittelpunkt aufweisen und somit<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
15 Prinzip der Tragwerkshebung<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
gemeinsam ein exaktes Kugelgelenk bilden.<br />
Dies hat gegenüber den im Bestand<br />
verwendeten längsverschieblichen Topflagern<br />
den großen Vorteil, dass wartungsarme,<br />
feste Lager mit großer Lebensdauer<br />
Verwendung fi nden konnten.<br />
Beim Einbau wurden spezielle Schablonen<br />
zur Fixierung ihrer Geometrie<br />
genutzt. Die direkt am Lager anschließenden<br />
Betonquerschnitte am Tragwerk und<br />
bei den Lagerbänken waren auf Spaltzugeinwirkung<br />
ausreichend dimensioniert,<br />
weil im ursprünglichen Bauzustand<br />
»Freivorbau« durch die Einspannung<br />
im Fels sehr hohe vertikale Lagerkräfte<br />
auftraten. Es ergaben sich daher folgende<br />
Lagerkräfte:<br />
– Horizontallager: Es war eine nur geringe<br />
Pressenkraft von ca. 3 MN je Lager<br />
erforderlich. Der Horizontalschub ist<br />
durch die horizontale Komponente der<br />
Unterspannung relativ klein.<br />
– Vertikallager: In diesem Bauzustand<br />
treten die kleinsten vertikalen Lagerkräfte<br />
von ca. 12 MN je Lager auf. Es<br />
werden die Lager mit Hydraulikpressen<br />
freigesetzt und dann ersetzt, wobei das<br />
allseitig bewegliche Lager zuerst ausgetauscht<br />
wird; die Lagerkraft im Endzustand<br />
beträgt 21 MN je Vertikallager.<br />
16 Kalottenlager in Gelenkfuge<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
17 Kalottenlager mit abgestimmten Radien<br />
© Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH<br />
18 Verbreiterter Überbau<br />
mit neuer Fahrbahn<br />
© Ingenieurbüro<br />
Dr.-Ing. Alois Neulichedl/<br />
Baumann +Obholzer<br />
ZT-GmbH<br />
88
89<br />
Diese Phase endete mit der einseitigen<br />
Herstellung der neuen verbreiterten Fahrbahn<br />
in zwei Bauabschnitten mit einseitigem<br />
Verkehr sowie der Realisierung von<br />
Brückenentwässerungen, Fahrbahnabdichtungen,<br />
Fahrbahnübergängen, Kappen,<br />
Belag, Leiteinrichtung und Geländer.<br />
5 Betonsanierung<br />
Abschließend wurden am gesamten<br />
Tragwerk die Betonoberfl ächen instandgesetzt.<br />
Die durch das eingedrungene<br />
Tagwasser besonders in Mitleidenschaft<br />
gezogene Bodenplatte des Hohlkastenquerschnittes<br />
wurde an der Oberfl äche<br />
rückgebaut und durch einen mittragenden<br />
verdübelten Aufbeton ergänzt. Diese<br />
Verstärkungsmaßnahmen wurden zum<br />
Großteil vor der Tragwerkshebung durchgeführt.<br />
6 Probebelastung<br />
Entsprechend den italienischen Vorschriften<br />
wurde das Tragwerk einer Belastungsprobe<br />
unterzogen, wozu beladene Lkw-<br />
Gruppen von 7 × 33 t und 8 × 42 t Verwendung<br />
fanden; die aufgebrachten Lasten<br />
entsprachen den maximal angesetzten<br />
Einwirkungen in der statischen Berechnung.<br />
Da sämtliche Berechnungen nach<br />
Eurocode bzw. DIN-Fachberichten erstellt<br />
wurden, führte diese Maximallast zu Diskussionen<br />
über die Rissweitenbeschränkung:<br />
Einerseits muss das vorhandene<br />
Tragwerk ohne rissverteilende Bewehrungen<br />
weitergenutzt werden können, andererseits<br />
ist für die Anforderungsklasse C<br />
die häufi ge Lastfallkombination bei den<br />
Nachweisen zu wählen. Nach erfolgter<br />
Belastungsprobe sind allerdings keine<br />
Schädigungen aufgetreten.<br />
7 Schlussbemerkung<br />
Die ertüchtigte Brücke über den Sinichbach<br />
wurde für die technische Ausführung<br />
und ihre gestalterische Qualität<br />
beim sogenannten Premio Architettura<br />
Citta Di Oderza 11/2009 im April 2009 in<br />
der Sparte Infrastrukturbauwerke ausgezeichnet.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Dr. Anton Obholzer<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH,<br />
Innsbruck, Österreich<br />
Dr.-Ing. Alois Neulichedl<br />
Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl,<br />
Meran, Italien<br />
19 Belastungsprobe mit Lkw-Gruppen<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
21 »Neue« Brücke über den Sinichbach<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/ Raffl Stahlbau GmbH<br />
Bauherr<br />
Autonome Provinz Bozen, Italien<br />
Entwurf und Tragwerksplanung<br />
Ingenieurbüro Dr.-Ing. Alois Neulichedl,<br />
Meran, Italien<br />
Baumann + Obholzer ZT-GmbH,<br />
Innsbruck, Österreich<br />
Sicherheitskoordination<br />
Ingenieurbüro dott. Ing. Giovanni Carlini,<br />
Bozen, Italien<br />
Bauausführung<br />
Bilfi nger Berger AG, Brixen, Italien<br />
Chembau GmbH, Mils, Österreich<br />
Raffl Stahlbau GmbH, Steinach, Österreich<br />
S Y M P O S I U M<br />
20 Fertiggestellter Tragwerksumbau<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
22 Detail der Unterspannung<br />
© Bilfi nger Berger AG/Chembau GmbH/<br />
Raffl Stahlbau GmbH<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Einsatz von Erdwärme zur Eisfreihaltung der Fahrbahn<br />
Geothermische Brücke in Berkenthin als Pilotprojekt<br />
� � � von Thomas Hanschke, Jens-Uwe Kühl, Roland Freund, Volker Richter, Klaus-Ulrich Mackert<br />
In der kleinen schleswig-holsteinischen<br />
Ortschaft Berkenthin kreuzt<br />
die Bundesstraße B 208 den Elbe-<br />
Lübeck-Kanal. Die erforderliche<br />
Erneuerung der Brücke wird nun<br />
genutzt, um im Rahmen eines deutschen<br />
Pilotprojektes Erdwärme zur<br />
Eisfreihaltung der Fahrbahn einzusetzen.<br />
Dadurch können bei diesem<br />
Bauwerk in exponierter Lage bei<br />
kritischen Grenztemperaturen Streueinsätze<br />
vermieden werden.<br />
1 Situation und Ziel<br />
Viele Brücken in Deutschland, vor allem<br />
jene, die Gewässer überspannen, haben<br />
aufgrund der klimatischen Bedingungen<br />
und wegen ihres geringen Wärmespeichervermögens<br />
im Vergleich zu bodengebundenen<br />
Fahrbahnen das Problem<br />
der vorzeitigen Glättebildung. Gerade in<br />
den ersten Frosttagen des Spätherbstes<br />
rechnen die Verkehrsteilnehmer nicht mit<br />
einer vereisten Fahrbahn (Blitzeis) auf den<br />
Bauwerken, da die Brückenanbindungen<br />
durch das Wärmespeichervermögen des<br />
Untergrundes noch eisfrei sind. So kann<br />
es zu glättebedingten, teilweise schwerwiegenden<br />
Unfällen kommen, wie bei<br />
dem blitzeisbedingten Absturz eines Lkws<br />
von der Talbrücke Triwalker Graben der<br />
Bundesautobahn A 20 bei Wismar im Jahr<br />
2007.<br />
Mit dem Ziel der Vermeidung glättebedingter<br />
Unfälle wurde nun in Schleswig-Holstein<br />
ein neues Konzept der<br />
geothermischen Temperierung einer<br />
Brückenfahrbahn mittels Heizregister<br />
entwickelt. Hierbei soll vorausschauend<br />
die Glättebildung auf der Fahrbahn durch<br />
Wärmezufuhr in den Brückenbelag verhindert<br />
werden. Darüber hinaus kann<br />
der Brückenbelag im Sommer durch<br />
Wärmeabführung gekühlt werden, was<br />
die Spurrinnenbildung vermeiden hilft.<br />
Damit sich die neue Technik dauerhaft<br />
wirtschaftlich und umweltfreundlich<br />
betreiben lässt, wurde von Anfang an auf<br />
die Nutzung des Untergrundes zur Bereitstellung<br />
von gleichmäßig temperiertem<br />
Wasser gesetzt.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Die geothermische Kanalbrücke in Berkenthin<br />
wird in den Jahren 2009–2010 als<br />
deutsches Pilotprojekt errichtet. Federführend<br />
ist der Landesbetrieb Straßenbau<br />
und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV-SH),<br />
die fachtechnische Begleitung erfolgt<br />
durch die Bundesanstalt für Straßenwesen<br />
(BASt).<br />
1 Lageplan<br />
© Landesbetrieb Straßenbau<br />
und Verkehr Schleswig-Holstein<br />
2 Bestehende Brücke<br />
© Landesbetrieb Straßenbau<br />
und Verkehr Schleswig-Holstein<br />
3 Künftige Kanalquerung<br />
© Sven Mainzer<br />
2 Anlass des Pilotprojekts<br />
Die bestehende, im Jahr 1900 errichtete<br />
Stahlbrücke über den Elbe-Lübeck-Kanal<br />
im Verlauf der Bundesstraße B 208 in der<br />
Ortslage Berkenthin muss erneuert werden,<br />
da sie das Ende ihrer Lebensdauer<br />
erreicht hat. Außerdem genügte sie in der<br />
noch vorhandenen Tragfähigkeit sowie<br />
in ihren Abmessungen nicht mehr den<br />
Anforderungen sowohl des Straßen- als<br />
auch des Schiffsverkehrs.<br />
90
91<br />
Bei dem neuen Bauwerk handelt es sich<br />
um eine Stahlverbund-Stabbogenbrücke<br />
mit aufgelösten, tiefgegründeten Widerlagern.<br />
Die Stützweite beträgt 59 m, die<br />
Breite zwischen den Geländern 13,85 m.<br />
Damit sich der Neubau harmonisch in<br />
das Ortsbild der Gemeinde Berkenthin<br />
einfügt, soll der Bogen bewusst fl ach<br />
gehalten und die Widerlager ortstypisch<br />
verblendet werden.<br />
Die reinen Baukosten in Höhe von ca.<br />
6,90 Mio. € teilen sich die Bundesfernstraßenverwaltung<br />
und die Wasser- und<br />
Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />
jeweils zur Hälfte. Die zusätzlichen<br />
Aufwendungen für die geothermischen<br />
Einrichtungen werden vollständig von der<br />
Bundesfernstraßenverwaltung übernommen,<br />
da sie ausschließlich dem Straßenverkehr<br />
dienen.<br />
Gründe für die geothermische Projektierung<br />
sind die hier auftretenden besonderen<br />
klimatischen Verhältnisse: Der Elbe-<br />
Lübeck-Kanal verläuft annähernd in Nord-<br />
Süd-Richtung innerhalb der eiszeitlichen<br />
Schmelzwasserrinne der Stecknitzniederung.<br />
Die mikroklimatische Situation ist<br />
daher geprägt von Kaltluftströmungen<br />
sowie hoher Luftfeuchtigkeit und daraus<br />
resultierender häufi ger Nebelbildung.<br />
Durch Lufttemperaturen oftmals um den<br />
Gefrierpunkt ist die Zahl der Frost-Tau-<br />
Wechsel, vor allem in frühen Morgen- und<br />
Abendstunden von Herbsttagen, relativ<br />
groß. Dadurch besteht bei niedrigen<br />
Temperaturen die Gefahr eines erhöhten<br />
Unfallrisikos durch frühzeitige Raureif-<br />
und Glättebildung auf dem Bauwerk im<br />
Unterschied zur bodengebunden Fahrbahnstrecke.<br />
Verstärkt wird dieses Phänomen noch<br />
durch die Gradiente der B 208, die im<br />
Bereich der Kanalquerung im Vergleich<br />
zu den angrenzenden Strecken um bis<br />
zu 10 m abfällt, sich aber kurz vor der<br />
Kanalkreuzung in Dammlage befi ndet.<br />
Die Rampendämme wiederum wirken in<br />
der Stecknitzniederung als Barriere für die<br />
Luftströmungen, die infolgedessen im Bereich<br />
der Brückenöffnung kanalisiert und<br />
verstärkt werden. Das fördert zusätzlich<br />
die Abkühlung der Fahrbahntafel.<br />
Überlegungen hinsichtlich einer geothermischen<br />
Aktivierung der Brückenfahrbahn<br />
erfolgten bereits in der frühen Konzeptionsphase.<br />
Im Verlauf des weiteren<br />
Planungsprozesses wurde der Neubau<br />
der Brücke als Pilotprojekt zur deutschlandweit<br />
ersten Erprobung einer Temperierung<br />
der Fahrbahntafel mit oberfl ächennaher<br />
Geothermie vorgesehen.<br />
4 Ansicht des neuen Bauwerkes<br />
© Böger + Jäckle<br />
Brückenkörper<br />
(Stahlbeton)<br />
Fahrbahnaufbau<br />
5 Prinzip der Geothermie<br />
© H.S.W. GmbH<br />
Asphaltschicht mit<br />
Rohrleitungen (Register)<br />
6 Fahrbahnaufbau mit Temperierungsregister<br />
© H.S.W. GmbH<br />
3 Stand der Technik und Umsetzung<br />
Das Beheizen von Fahrbahnen, Brücken,<br />
Bahnsteigen und Infrastrukturfl ächen<br />
mittels Geothermie ist bereits Stand der<br />
Technik. Weltweit existieren Beispiele<br />
dafür, wie mit umweltfreundlicher Erdwärme<br />
verschiedene Bauwerke eis- und<br />
schneefrei gehalten bzw. erfolgreich<br />
Glätte vermieden werden kann. Die verschiedenen<br />
Systeme differieren teilweise<br />
in der Zielsetzung (Glättevermeidung,<br />
ganzjährige Schneefreihaltung, Kühlung<br />
etc.), der Bauart mit Energierohren aus<br />
Edelstahl, PE oder PE-Xa sowie in Art bzw.<br />
Steuerung der geothermischen Anlage,<br />
beispielsweise eine direkte Beheizung mit<br />
Thermalwasser, das Heizen und Kühlen<br />
mit Untergrundspeicher etc. umfassend.<br />
Ursprünglich war durch den LBV-SH lediglich<br />
eine Glatteiswarnanlage für den Neubau<br />
der Kanalbrücke erwogen worden.<br />
Brunnen<br />
S Y M P O S I U M<br />
Fahrbahnbeheizung<br />
(Temperierung)<br />
Kanal<br />
Wasserspiegel<br />
bei Betrieb<br />
Grundwasserleiter (in ca. 75 m<br />
unter der Oberfläche)<br />
mit ca. 12° C<br />
Technikraum mit<br />
Geoenergiezentrale<br />
7 Schema der Temperaturerfassung<br />
© igf Ingenieurbüro für Geothermie<br />
Abschlagen des<br />
durchgeleiteten Wassers<br />
in den Kanal<br />
Aufgrund der aktuellen Ergebnisse des<br />
Forschungsvorhabens der BASt »Vermeidung<br />
von Glatteisbildung auf Brücken«<br />
entschied man sich jedoch, die Möglichkeiten<br />
einer geothermischen Aktivierung<br />
des Brückenneubaus zu prüfen. Eine<br />
Studie kam zu dem Ergebnis, dass mit der<br />
thermischen Grundwassernutzung eine<br />
wirtschaftliche Erschließung der oberfl ächennahen<br />
Erdwärme zur Temperierung<br />
der Brückenfahrbahn realisierbar wäre.<br />
Daraufhin wurde die geothermische<br />
Aktivierung der neuen Kanalbrücke Berkenthin<br />
detailliert ausgearbeitet.<br />
Neuartig ist der vorgesehene Heißeinbau<br />
der »Energierohre« aus aluminiumummanteltem<br />
PE-Xa-Material in den<br />
Gussasphalt, der durch die Universität<br />
der Bundeswehr München entwickelt<br />
und erfolgreich getestet wurde. Damit<br />
ist es möglich, den Asphalt nach Ende<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
der Nutzungsdauer mit herkömmlicher<br />
Technik aufzunehmen und vollständig zu<br />
recyceln. Zusätzliche Innovationen stellen<br />
der Einsatz von besonderer Sensortechnik<br />
und eine intelligente Steuerung der Geoenergiezentrale<br />
mittels Mess-, Steuer-<br />
und Regelsystem (MSR) dar.<br />
Als geothermische Quellenanlage dient<br />
ein Brunnen, der bis in ca. 100 m Tiefe<br />
abgeteuft wurde. Die thermische Energie<br />
wird über eine in der Widerlagerkammer<br />
installierte Wärmeübertragerstation<br />
direkt in das Fahrbahn-Temperierungs-<br />
Register (FTR) eingespeist. Die mit einem<br />
Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch<br />
gefüllten Energierohre haben eine Gesamtlänge<br />
von ca. 6.000 m und sind mit<br />
46 Registerleitungen auf vier regelbare<br />
Hauptkreise aufgeteilt, was eine individuelle<br />
und bedarfsgeführte Temperierung<br />
einzelner Brückenabschnitte gewährleistet.<br />
Bei Erfordernis besonders kurzer Reaktionszeiten<br />
und maximalem Wärmebedarf<br />
wird zur Erhöhung der thermischen<br />
Leistung des FTR eine Wärmepumpe<br />
eingesetzt.<br />
4 Mess-, Steuer- und Regelkonzept<br />
Zur Gewährleistung einer optimalen<br />
Anlageneffi zienz soll die Temperierung<br />
der Brückenfahrbahn (Wärmezufuhr<br />
oder Kühlung) durch die Geoenergiezentrale<br />
und FTR mittels Mess-, Steuer- und<br />
Regel-(MSR-)System bestimmt werden.<br />
Die »intelligente« Geothermiezentrale<br />
muss hier also nur so lange arbeiten, wie<br />
es entsprechend den klimatischen Verhältnissen<br />
erforderlich und wirtschaftlich<br />
sinnvoll ist. Als Messgrößen werden dazu<br />
ausgewählte lokale meteorologische<br />
Parameter, wie Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit,<br />
Niederschlag etc., durch<br />
eine eigens vor Ort eingerichtete Klimamessstation<br />
erfasst. Zusätzlich gehen<br />
Temperaturmessungen in der Fahrbahn<br />
bzw. im Fluidstrom des FTR in das MSR-<br />
Konzept ein. Dabei kommt erstmals für<br />
derartige Anwendungen eine aus der<br />
Wehrtechnik stammende spezielle Infrarotmesstechnik<br />
zum Einsatz, die zur<br />
großfl ächigen Erfassung der Fahrbahnoberfl<br />
ächentemperatur geeignet ist.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
8 Gründungspfähle eines Widerlagers<br />
© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />
Schleswig-Holstein<br />
10 Montage des Stabbogens<br />
© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein<br />
11 Baustelle im Dezember 2009<br />
© Echterhoff Bau GmbH<br />
Die während des Betriebes gemessenen<br />
und aufgezeichneten Daten werden<br />
systematisch ausgewertet und zur<br />
weiteren Präzisierung des intelligenten<br />
MSR-Systems herangezogen. Dadurch<br />
kann eine vorausschauende Steuerung<br />
der Geothermiezentrale erreicht und die<br />
Glättebildung noch effi zienter vermieden<br />
werden.<br />
9 Bewehrung des Kastenwiderlagers<br />
© Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />
Schleswig-Holstein<br />
5 Realisierung des Neubaus<br />
Mit dem Neubau der Kanalbrücke Berkenthin<br />
wurde im Januar 2009 begonnen,<br />
mittlerweile sind die Widerlager<br />
betoniert. Der Einschub des stählernen<br />
Überbaus, der auf der Ostseite des Kanals<br />
montiert wurde, soll im Frühjahr 2010<br />
stattfi nden. Danach wird die Fahrbahnplatte<br />
betoniert und der Endausbau<br />
vorgenommen. Die Verkehrsfreigabe der<br />
neuen Brücke ist für den Sommer 2010<br />
vorgesehen.<br />
92
93<br />
Die Inbetriebnahme der geothermischen<br />
Gesamtanlage erfolgt unter anderem<br />
unter Zuhilfenahme von Messdaten,<br />
die zurzeit über Sensoren auf der alten<br />
Brücke und der angrenzenden Straße<br />
gewonnen werden. Der erste Einsatz der<br />
Temperierung ist für den Sommer 2010<br />
mit der Kühlung des Fahrbahnbelages<br />
geplant. Im Rahmen eines zweijährigen<br />
Monitorings soll die geothermische Anlage<br />
kontinuierlich überwacht und auch<br />
auf der Grundlage von ermittelten Betriebserfahrungen<br />
optimiert werden.<br />
6 Ausblick<br />
Was ursprünglich als Idee im LBV-SH<br />
begann, hat sich mittlerweile zu einem<br />
deutschlandweit beachteten Pilotprojekt<br />
entwickelt. Sofern sich die innovative<br />
Technik in der Realisierung und im späteren<br />
Praxiseinsatz auch unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten bewährt, steht<br />
ihrer weiteren Verbreitung nichts im<br />
Wege.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Thomas Hanschke<br />
Dipl.-Ing. Jens-Uwe Kühl<br />
H.S.W. GmbH, Rostock<br />
Dipl.-Ing. (FH) Roland Freund<br />
igf Ingenieurbüro für Geothermie, Rostock<br />
Dipl.-Ing. Volker Richter<br />
Dipl.-Ing. Klaus-Ulrich Mackert<br />
Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-<br />
Holstein, Kiel<br />
Baulastträger<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
vertreten durch die<br />
Bundeswasserstraßenverwaltung<br />
(Kostenbeteiligte: Bundesfernstraßenverwaltung)<br />
Vergabedienststelle<br />
Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />
Schleswig-Holstein, Niederlassung Lübeck<br />
Entwurf und Ausschreibung<br />
Böger + Jäckle Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure GmbH & Co. KG, Henstedt-Ulzburg<br />
Ausführungsunterlagen<br />
Osning Planungsgesellschaft mbH,<br />
Georgsmarienhütte<br />
Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft mbH,<br />
Chemnitz<br />
Dynamisch & innovativ<br />
S Y M P O S I U M<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dipl.-Ing. Harald P. Hartmann, Henstedt-Ulzburg<br />
Fachplanung Geothermie<br />
H.S.W. GmbH, Rostock<br />
Fachplanung MSR-Technik<br />
igf Ingenieurbüro für Geothermie, Rostock<br />
Geothermische Aktivierung<br />
Gebr. Wachs GmbH, Rostock-Warnemünde<br />
Bauausführung<br />
Echterhoff Bau GmbH, Niederlassung Hamburg<br />
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BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
Anforderungen und Lösungen<br />
Sicherheit von Großbrücken<br />
� � � von Bernard Hodac<br />
Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />
basiert auf der Berücksichtigung<br />
vorzeitiger Verhaltensmerkmale<br />
bzw. Strukturauswirkungen. Die<br />
Aufzeichnung aller Ereignisse garantiert<br />
dabei die Nachvollziehbarkeit<br />
und somit eine rational objektivierte<br />
Evaluierung.<br />
1 Szenario vor Casting<br />
Dass Großbrücken wie alle Ingenieurbauwerke<br />
mit »prototypischem« Charakter<br />
und im weitesten Sinne alle »atypischen«<br />
Strukturen nicht nur nach den Maßstäben<br />
der Normen und Regelwerke evaluiert<br />
werden dürfen, sondern eine permanente<br />
nachvollziehbare Bestätigung<br />
ihrer Nutzungstauglichkeit benötigen,<br />
wird heutzutage gar nicht mehr in Frage<br />
gestellt.<br />
An Messtechniken und an Software aller<br />
Art mangelt es keineswegs. Behörden,<br />
Bauherren und Tragwerkplaner sind aber<br />
mit einer Vielzahl von Systemen konfrontiert<br />
und glauben daher des Öfteren<br />
zwischen verschiedenen »Instrumenten«<br />
aus dem Marktangebot eine Wahl treffen<br />
zu müssen. Diese Wahl wird nicht selten<br />
unter Berücksichtigung rein wirtschaftlicher<br />
Aspekte vorgenommen, die eher für<br />
gängiges Baumaterial gelten, und zwar<br />
nach dem Prinzip: ein Maximum an Messstellen<br />
für ein Minimum an Budget. Wie<br />
soll es jedoch erfolgreich gehen?<br />
Ein guter Film entsteht nicht in erster<br />
Linie durch gute Schauspieler, sondern<br />
vorwiegend durch ein gutes Drehbuch,<br />
ein solides Skript und eine ziel- bzw. wirkungsorientierte<br />
Regie. Casting ist dann<br />
effektiv, wenn solche Voraussetzungen<br />
erfüllt sind.<br />
Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />
soll genauso durchdacht werden. Es<br />
muss zuerst ein Szenario geschrieben<br />
bzw. erstellt werden. In diesem Szenario<br />
werden Kriterien formuliert, die sich auf<br />
die frühestmöglichen Effekte stützen, das<br />
heißt auf jene, die vorzeitige von späteren<br />
Strukturverhaltensmerkmalen unterscheiden.<br />
Der Gegenstand der Überwachung besteht<br />
primär in der Gewährleistung der<br />
Sicherheit von Menschen sowie der, durch<br />
Echtzeit-Erfassung, des Alterungsverhaltens,<br />
dem Großbrücken<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
unterliegen. Gezielte Lösungen in Verbund<br />
mit einer hierfür speziell entwickelten<br />
Technologie ermöglichen es, diesen<br />
Anforderungen zu genügen.<br />
2 Vorzeitig versus spät<br />
Eine effi ziente Bauwerksüberwachung<br />
bedingt die Berücksichtigung von Strukturauswirkungen,<br />
die sich in drei Kategorien<br />
einteilen lassen.<br />
Kriterien erster Ordnung sind quantifi -<br />
zierbar und vorzeitig: Diese frühzeitigen<br />
Auswirkungen werden Kriterien erster<br />
Ordnung genannt, weil sie sich als Erste<br />
zeigen und dem tatsächlichen Ist-Zustand<br />
der Struktur am nächsten liegen.<br />
Ein Beispiel hierfür ist die Überwachung<br />
der Spannungskonzentrationen bzw.<br />
Verformungsänderung der zu dimensionierenden<br />
Stellen einer Struktur bzw.<br />
eines Bauteils.<br />
1 Organisation der Prioritäten<br />
© Osmos Group<br />
Kriterien zweiter Ordnung sind quantifi<br />
zierbar und verzögert: Die verzögerten<br />
Strukturauswirkungen heißen Kriterien<br />
zweiter Ordnung, weil sie später gemeldet<br />
werden. Sie sind die Folge der Effekte<br />
erster Ordnung, wie unter anderem Risse,<br />
Setzungen, Neigungen etc., oder sie messen<br />
einen indirekten Parameter des Strukturverhaltens.<br />
Ein Beispiel hierfür ist die<br />
Überwachung der natürlichen Frequenz.<br />
Kriterien dritter Ordnung sind unquantifi -<br />
zierbar und verzögert: Diese verzögerten<br />
und unquantifi zierbaren Auswirkungen<br />
heißen Kriterien dritter Ordnung, weil<br />
sie in einem fortgeschrittenen Alterungszustand<br />
der überwachten Struktur<br />
gemeldet werden und darüber hinaus zu<br />
keiner quantifi zierbaren Größe führen.<br />
Ein Beispiel hierfür ist die Überwachung<br />
von Geräuschen, also von akustischen<br />
Emissionen.<br />
94
95<br />
Alle diese Kriterien haben eine Rolle zu<br />
spielen, eine »Hauptrolle« darf dabei aber<br />
nicht mit einer »Nebenrolle« verwechselt<br />
werden. Die Aussagen zweiter bzw. dritter<br />
Ordnung sind selbstverständlich für<br />
die Korrelation und Untermauerung von<br />
Annahmen von großer Bedeutung.<br />
3 Szenarien versus Improvisation<br />
Drei Hauptüberwachungsszenarien<br />
decken die meisten Sicherheitsanforderungen<br />
der Bauherren bzw. Brückenbetreiber<br />
ab:<br />
1. Präventive Sicherheit: Zerstreuung von<br />
Zweifeln über isolierte Phänomene;<br />
2. erweiterte Sicherheit: Charakterisierung<br />
eines als normal zu betrachtenden<br />
Verhaltens;<br />
3. absolute Sicherheit: absolute Beibehaltung<br />
zuvor festgelegter Kriterien.<br />
4 Anforderungen<br />
4.1 Drei Bereiche<br />
Der Begriff »Sicherheit« bezieht sich<br />
primär auf technische Sicherheit. Diese<br />
ist in drei Bereiche unterteilbar, die für die<br />
Betreiber von Großbauwerken von Interesse<br />
sind.<br />
4.2 Eigensicherheit<br />
Ein Bauwerk kann als »eigensicher« gelten,<br />
wenn es so gebaut, betrieben und instand<br />
gehalten wird, dass ein allgemeiner<br />
oder nur eine Komponente betreffender<br />
Defekt keine weitergehenden Schäden<br />
oder sonstigen Folgen zu bewirken vermag,<br />
von denen eine größere Gefahr als<br />
von dem intakten Bauwerk ausgehen<br />
würde.<br />
Beispiel: Bei der Manhattan-Brücke in<br />
New York City ließ sich mit Hilfe eines<br />
entsprechenden Überwachungssystems<br />
nachweisen, ob und in welchem Umfang<br />
die Ertüchtigungsarbeiten zu einer besseren<br />
Diensttauglichkeit des Bauwerkes<br />
beigetragen haben. Das dort eingerichtete<br />
System wurde so konzipiert, dass es<br />
als Beobachtungsmedium und damit als<br />
Element der Eigensicherheit mitwirkt.<br />
4.3 Gesteuerte Sicherheit<br />
Von der »gesteuerten Sicherheit« eines<br />
Bauwerks gegenüber bestimmten Ausfallrisiken<br />
kann man sprechen, wenn die<br />
Möglichkeit eines dadurch bedingten<br />
katastrophalen Versagens durch ein eigenständiges<br />
System eingeschränkt wird,<br />
das solche Defekte erfasst und ihre Wirkung<br />
entsprechend begrenzt, beispielsweise<br />
durch Auslösung eines Voralarms,<br />
Reduzierung der Betriebsbeanspruchung,<br />
Stillsetzung etc.<br />
Beispiel: Der Gefahr von Spanngliedversagen<br />
in den 50–52 m langen Feldern der<br />
Champlain-Brücke in Montreal, Kanada,<br />
wird durch »gesteuerte Sicherheit« des<br />
auf jedem der Außenträgerbalken angebrachten<br />
Systems entgegengewirkt.<br />
Als letztes Glied fungiert jedoch auch hier<br />
die »Eigensicherheit«, da das System in<br />
den vergangenen fünf Jahren alle Soll-<br />
Lastfallkombinationen stets bestätigt hat<br />
und somit die sogenannte Intaktheit des<br />
Bauwerkes kontinuierlich dokumentiert.<br />
4.4 Probabilistische Sicherheit<br />
Eine »probabilistische Sicherheit« eines<br />
Bauwerks liegt vor, wenn sich nachweisen<br />
lässt, dass die Wahrscheinlichkeit eines<br />
Ausfalls unterhalb eines vorher defi nierten,<br />
für die Sicherheit als hinreichend<br />
erachteten Grenzwerts liegt.<br />
Beispiel: Die Drehbrücke in Bremerhaven<br />
wurde für drei Jahre auf der Basis bestimmter<br />
Wahrscheinlichkeiten als sicher<br />
eingestuft. Zu dieser Stahlbrücke sind<br />
wenige Unterlagen verfügbar, aus denen<br />
die ursprünglich zugrunde gelegten<br />
Lastannahmen ersichtlich wären.<br />
Die Ist-Beanspruchungen wurden auf<br />
der Basis des Osmos-Monitoringsystems<br />
2006 neu berechnet und, ausgehend von<br />
den Monitoringdaten, eine probabilistische<br />
Sicherheitsaussage getroffen. Eine<br />
Datenbank, aus der sich ein Wahrscheinlichkeitsmodell<br />
ableiten lässt, wurde<br />
ebenfalls erstellt.<br />
Autor:<br />
Bernard Hodac<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Osmos Group, Courbevoie, Frankreich<br />
Schwingungen sind<br />
beherrschbar S Y M P O S – I wo U Mimmer<br />
sie auftreten<br />
*<br />
* Millennium-Brücke, London –<br />
Schwingungsschutz durch Vertikal- und Horizontaltilger<br />
Unsere Leistungen<br />
- Schwingungsmessungen<br />
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der GERB-Schwingungstilger<br />
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Tribünen,<br />
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www.gerb.com<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010<br />
design: www.sijades.de
S Y M P O S I U M<br />
Entwurf und Realisierung<br />
Brücke über das Berounka-Tal bei Prag<br />
� � � von Roman Lenner, Milan Šístek<br />
Derzeit befi nden sich die Lose 512,<br />
513 und 514 des neuen Umgehungsstraßennetzes<br />
um Prag im<br />
Bau, mit deren Inbetriebnahme in<br />
diesem Jahr der südwestliche Abschnitt<br />
des Außenringes fertiggestellt<br />
sein wird. Der Ring wird nicht<br />
nur eine Verteilung des innerstädtischen<br />
Verkehrs in die einzelnen<br />
Stadtteile ermöglichen, er wird auch<br />
mit der Verbindung der Autobahnen<br />
D1 und D5 spürbar den Transitverkehr<br />
verlagern. Das Los 514 hat eine<br />
Länge von ca. 6 km und beinhaltet<br />
die Errichtung der Brücke über das<br />
Berounka-Tal, deren Länge 2 km beträgt.<br />
2 Anschluss Ring–Schnellstraße<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
3 Längsschnitt<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
1 Baulos 514<br />
Die Überquerung des Berounka-Tales mit<br />
der Gesamtlänge von 2.035 m als Los 514<br />
auf dem Prager Stadtring umfasst fünf<br />
Bauabschnitte, die mit verschiedenen<br />
Verfahren hergestellt werden. Ein Brückenabschnitt<br />
wird in Freivorbauweise<br />
realisiert, wobei sich der Freivorbau über<br />
559 m erstreckt; die vier weiteren ent-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
1 Schnellstraßennetz um Prag<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
standen jeweils in Massivbauweise auf<br />
Lehrgerüsten – mit oben und unten laufender<br />
Vorschubrüstung und Festgerüsten.<br />
Der in der Freivorbauweise errichtete<br />
Abschnitt wird nachfolgend beschrieben:<br />
Das Tragwerk ist hier ein durchlaufender<br />
Rahmenträger mit sechs Feldern, getrennt<br />
für jede Verkehrsrichtung.<br />
2 Brückenentwurf<br />
Der Entwurf der Konstruktion basiert<br />
auf der Bauwerksvorgabe und den Gestaltungsrichtlinien<br />
für die gesamte<br />
Hochstraßenbrücke. Die Grundform des<br />
Unterbaus und die Tragwerksform wurden<br />
also übernommen, die Hauptabmessungen<br />
aber modifi ziert. Der Unterbau<br />
ist auf 12–18 m langen Bohrpfählen mit<br />
d = 1,20 m bzw. d = 1,50 m gegründet, die<br />
Mittelspannweiten betragen 72 m, 84 m,<br />
101 m, 2 × 114 m, 72 m. Der Unterbau hat<br />
schlanke Innenstützen mit einer Höhe<br />
von 26,50–35,60 m, die in Querrichtung<br />
eine variable Form aufweisen, sich nach<br />
oben verengen und vor der Einspannung<br />
wieder breiter werden: Diese Lösung<br />
ist aus architektonischen Gründen und<br />
in statischer Hinsicht sehr günstig. Der<br />
Überbau ist ein Hohlkasten mit Schrägwänden<br />
von 3,00 m Höhe in den Feldmitten<br />
bis 6,50 m Höhe oberhalb der Stützen.<br />
Betoniert wurde er im Waagebalken-<br />
System symmetrisch in 5-m-Abschritten,<br />
die Brückenrandfelder wurden auf dem<br />
Traggerüst nachbetoniert.<br />
Die Vorspannung wurde mit Kabeln<br />
aus 19 Litzen, Qualität 1860/1620 MPa,<br />
ausgeführt, wobei vor Herstellung der<br />
monolitischen Verbindung die einzelnen<br />
Überbauten mittels Pressen berichtigt<br />
wurden, um die Einfl üsse aus Schwinden,<br />
Kriechen und elastischer Verkürzung zu<br />
eliminieren.<br />
96
97<br />
Während der Errichtung wurde eine Reihe<br />
von Messungen der Brückengeometrie,<br />
der Pfeilersetzung, der Spannung in gewählten<br />
Pfeilern und Teilen des Tragwerkes,<br />
der Temperatur in den Stützen und im<br />
Tragwerk etc. vorgenommen.<br />
3 Bauablauf<br />
Der Bauablauf der Brücke war ziemlich<br />
kompliziert und wurde während der Planung<br />
und noch während ihrer Errichtung<br />
mehrmals modifi ziert. Jede Brückenhälfte<br />
wurde letztlich von der jeweils anderen<br />
Seite, in Abhängigkeit von der Bereitschaft<br />
der Baustelle und mit Rücksicht auf<br />
die Verlegung der Ingenieurnetze in der<br />
Nähe des Gesamtbauwerks gefertigt.<br />
Im Jahre 2008 erfolgten die Herstellung<br />
des ersten von im Ganzen zehn Waagebalken<br />
auf der rechten Brücke sowie einiger<br />
Pfeiler, alle restlichen Maßnahmen<br />
wurden im Jahre 2009 ausgeführt. Mit<br />
dem Ziel der Ausbaubeschleunigung war<br />
es nötig, während bestimmter Zeiten vier<br />
Paare von Schalungswagen zu verwenden.<br />
Da jeder von ihnen aber eine andere<br />
Verankerungsweise im Tragwerk verlangte,<br />
wurden die Planungsleistungen<br />
sehr aufwendig. Aus diesen Tatsachen<br />
resultierten erhebliche Ansprüche an die<br />
Arbeitsabläufe sowohl bei Baufi rmen<br />
als auch den beteiligten Ingenieurbüros,<br />
zumal sich das hohe Arbeitstempo bis hin<br />
zur Realisierung der Brückenausstattung<br />
fortgesetzt hat. An die Fertigstellung<br />
der Tragwerke schlossen sich dann die<br />
6 Freivorbau an Pfeiler 36<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
Oberfl ächengestaltung der Fahrbahn, das<br />
Betonieren der Innenleitschutzwände<br />
und das Anbringen der Außengesimsfertigteile<br />
an.<br />
5 Pfeiler 38<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
7 Errichtung der Brücke<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
4 Zusammenarbeit<br />
Die Bewältigung der oben erwähnten<br />
Maßnahmen war nur möglich durch die<br />
aktive Zusammenarbeit des Planers mit<br />
der Baufi rma während der gesamten<br />
Planungs- und Errichtungsperiode. Das<br />
Ausbautempo war bespielsweise so hoch,<br />
S Y M P O S I U M<br />
4 Querschnitt<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
dass der Planer praktisch nach der Vermessung<br />
der Geometrie einer Lamelle die<br />
Überhöhung für die nächste übergeben<br />
musste, wobei er zugleich die Dehnung<br />
der Vorspannkabel zu überprüfen hatte.<br />
Dazu kamen noch die aktuelle Beurteilung<br />
der Spreizung der bereits fertigen<br />
Waagebalken, die Kontrolle der senkrechten<br />
Position der Pfeiler, die Bewehrungsabnahme<br />
etc. Darüber hinaus war es<br />
erforderlich, eine ganze Reihe von technologischen<br />
Fragen zu lösen, wie unter<br />
anderem das Verfahren des Traggerüsts<br />
am Brückenrand: Hauptsächlich an dem<br />
oberen Widerlager wurde die letzte Randfeldlamelle<br />
auf das Traggerüst, auf dem<br />
Stahlschnabel aufgehängt, betoniert.<br />
Die kontinuierliche Zusammenarbeit von<br />
Auftraggeber, Auftragnehmer und Planer<br />
über die gesamte Bauzeit von ca. 18 Monaten<br />
war also die Basis für eine erfolgreiche<br />
Herstellung solch einer komplizierten<br />
Brückenkonstruktion. Und so kann der<br />
Prager Ring als Verbindung der Autobahnen<br />
D1 und D 5 in diesem Jahr in Betrieb<br />
genommen werden.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
S Y M P O S I U M<br />
8 Mittleres Hauptfeld<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
9 Pfeilerausbildung<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
10 Gesamtes Bauwerk<br />
© Novák & Partner s.r.o.<br />
Antoren:<br />
Ing. Roman Lenner<br />
Valbeck s.r.o., Liberec,<br />
Tschechische Republik<br />
Ing. Milan Šístek<br />
Novák & Partner s.r.o., Prag,<br />
Tschechische Republik<br />
Bauherr<br />
Direktion der Straßen und Autobahnen<br />
der Tschechischen Republik, Prag<br />
Planung<br />
Valbeck s.r.o., Liberec, Tschechische Republik<br />
Novák & Partner s.r.o., Prag, Tschechische Republik<br />
Ausführung<br />
Bögl a Krýsel k.s., Dobrany-Plzen, Tschechische Republik<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.stahlbau-nachrichten.de<br />
Ihre Infoportals rund<br />
ums Planen und Bauen<br />
www.mixedmedia-konzepts.de<br />
Veranstaltungen und Events<br />
rund ums Planen und Bauen<br />
98
99<br />
Symposium »Composites in Architecture« in Weimar<br />
Faserverbundkunststoffe im modernen Brückenbau?<br />
� � � von Pamela Voigt, Elke Genzel<br />
Im Dezember vergangenen Jahres<br />
lud das Süddeutsche Kunststoffzentrum<br />
zum zweiten Mal zur »Composites<br />
in Architecture« ein, die<br />
diesmal unter dem Thema »Bridges<br />
and Structures« stand. Die Liste der<br />
Referenten war nicht nur auserlesen,<br />
sondern ließ, da es sich um Vertreter<br />
des Brückenbaus aller Materialien<br />
handelte, darauf schließen und<br />
hoffen, dass hier von einer anderen<br />
Seite des Tellerrandes geschaut würde,<br />
die Frage beantwortend: Braucht<br />
der moderne Brückenbau Faserverbundwerkstoffe?<br />
Vorbilder aus Stahl<br />
Wie, wenn nicht vom Standpunkt unserer<br />
heutigen Brückenbaukultur, kann man<br />
das beantworten. Die wunderbar eleganten<br />
Konstruktionen eines Jiri Strasky<br />
wirkten fast wie eine Provokation auf die<br />
Frage, aber auch als State of the Art des<br />
Brückenbaus, an dem sich vieles messen<br />
lassen muss. Strasky zeigte neben seinen<br />
klassischen Spannbandbrücken, deren<br />
Leichtigkeit und Anpassungsfähigkeit<br />
an die Landschaft stets mit großen Horizontalkräften<br />
am Aufl ager teuer zu<br />
bezahlen sind, die von ihm in jüngster<br />
Zeit untersuchten und errichteten bogenunterstützten<br />
Spannbandstrukturen.<br />
Dazu gehören beispielsweise die Fußgängerbrücken<br />
über den Radbuza River bei<br />
Plzen mit 77 m Spannweite, bei Olomuc<br />
mit 83 m und über den Svratka River bei<br />
Brno mit 51,60 m sowie die McLoughlin<br />
Boulevard Pedestrian Bride in Portland,<br />
Oregon, mit 93 m Länge. Bei diesem System<br />
komplettiert ein Bogen das Spannband<br />
in der Weise, dass die vom Seil wie<br />
vom Bogen produzierten Horizontalkräfte<br />
gleich groß sind und sich aufheben, also<br />
nur noch vertikale Aufl agerkräfte entstehen;<br />
die Verankerung gegen die großen<br />
Horizontallasten entfällt. Hier stecken<br />
nach Meinung Straskys ein erhebliches<br />
Potential und weit größere Anwendungsmöglichkeiten<br />
als mit klassischen<br />
Spannbandbrücken. Strasky entwickelte<br />
seine Ideen vor dem Hintergrund, das<br />
Spannband sei aus Stahl. Das System<br />
lässt sich jedoch hervorragend mit Faser-<br />
verbundwerkstoffen denken: Dank ihrer<br />
außerordentlich hohen Zugfestigkeit bei<br />
gleichzeitig hohem E-Modul und einem<br />
Temperaturausdehnungskoeffi zienten,<br />
der gegen null geht, sind Bänder aus Kohlenfaserstoffen<br />
die idealen Tragelemente<br />
für Spannbandbrücken. Die Schwierigkeit<br />
aber ist, die Kräfte am Ende des Bandes zu<br />
fassen, abzuleiten.<br />
Vision und Realisierungsschritte<br />
Wo der moderne Brückenbau die Faserverbundwerkstoffe<br />
benötigt, wird durch<br />
die Ausführungen von Urs Meier deutlich,<br />
und Meier beantwortet aufs Eindrücklichste,<br />
wo der Werkstoff unersetzlich ist.<br />
Es begann in den 1980er Jahren mit einer<br />
A K T U E L L<br />
Stefan Polonyi:<br />
Bogenbrücke aus Stahl<br />
über den Rhein-Herne-Kanal<br />
© Stadt Gelsenkirchen<br />
Jiri Strasky:<br />
Bogenbrücke über den<br />
Vltava River in Ceske Budejovice<br />
© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />
Jiri Strasky:<br />
Bogenunterstützte Spannbandstruktur<br />
über die R 35 bei Olomouc<br />
© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />
verrückten Idee, einer Vision: der Querung<br />
der Straße von Gibraltar. Wollte man<br />
dort eine Brücke errichten, eine Schrägseilbrücke,<br />
deren Haupttragelemente<br />
aus Stahl seien, so bräuchte man in der<br />
Meerenge mindestens einen Pylonen,<br />
der zu gründen sei, was angesichts von<br />
1.000 m Meerestiefe ausgeschlossen<br />
werden muss. Dem Ganzen liegt eine<br />
zutiefst einfache Weisheit zugrunde: das<br />
Verhältnis von Eigenlast zu aufnehmbaren<br />
Verkehrslasten, welches anzeigt, wo<br />
die Leistungsfähigkeit eines Werkstoffes<br />
endet. Für Stahl liegt dieser Quotient,<br />
diese Grenzspannweite bei 7,70 km, für<br />
CFRP bei 37,50 km. In jener Zahl liegen<br />
alles Geheimnis, alle Inspiration und alle<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
A K T U E L L<br />
Schwierigkeit begraben. Denn die Problematik<br />
beginnt da, wo man eine solche<br />
Konstruktion herstellen muss, und endet<br />
dort, wie bereits gesagt, wo man die in<br />
ihr auftretenden Kräfte »anzufassen«<br />
und abzuleiten hat. Seit Mitte der 1980er<br />
Jahre kreist um die zwei Fragen alles, und<br />
heute, 20 Jahre später, können wir beide<br />
positiv beantworten. Wir sind in der Lage,<br />
aus CFRP kilometerlange Spannkabel<br />
im Pultrusionsverfahren zu fertigen,<br />
die unseren Sicherheitsanforderungen<br />
und -bedürfnissen genügen. Wir sind in<br />
der Lage, die Parallelbündel mit einem<br />
BBR-High-Am-System, einer verpressten<br />
Hülse, zu fassen. Und wir sind in der Lage,<br />
solche Spannkabel sowie -bänder über<br />
einen Sattel oder ein Rolle umzulenken<br />
ohne Versagen. Die Storck-Brücke in Winterthur,<br />
zwar noch keinen Kilometer lang,<br />
doch als Schrägkabelbrücke mit 124 m<br />
Spannweite und 12 MN Spannkraft im<br />
Seil gebaut, veranschaulicht das genauso<br />
wie die Verstärkung eines hölzernen<br />
gotischen Dachstuhles in Meißen mit<br />
CFRP-Bändern, die über Schlaufen verankert<br />
werden.<br />
Standardisierung und Technologien<br />
Deutlich weiterentwickelt sind heute<br />
auch Lamellen aus Kohlenfaserstoff, die<br />
nicht allein zur Verstärkung von Brückentragwerken<br />
dienen können, sondern als<br />
Haupttragelement fungieren. Das von<br />
allen Teilnehmern beklagte Hauptmanko<br />
solcher Systeme liegt vor allem in der<br />
Unterschiedlichkeit der verschiedenen<br />
Harzsysteme, die von Hersteller zu Hersteller<br />
um ganze Größenordnungen<br />
abweichen – und die infolgedessen gefragt<br />
sind, einer Qualitätskontrolle und<br />
Standardisierung zuzuarbeiten und den<br />
Werkstoff kalkulierbar für den Anwender<br />
zu machen. Standardisierte Materialien<br />
anzubieten, deren Eigenschaften allge-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Jiri Strasky: Klassische Spannbandbrücke über den Rogue River, Oregon<br />
© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />
Eberhard Pelke und Peter Thorning: Straßenbrücke in Friedberg, Hessen<br />
© Fiberline Composites A/S<br />
mein anerkannt und gewährleistet sind,<br />
ist das Ziel. Hans-Peter Andrä zeigt dies<br />
in einer beeindruckenden Vorführung<br />
auf und lässt am Ende, nach jahrelanger<br />
Forschung und zahlreichen Tests, keinen<br />
Zweifel daran, dass die Systeme zum Bau<br />
einer Spannbandbrücke mit CFRP-Lammellen<br />
für eine Realisierung reif seien,<br />
gewissermaßen in der Schublade liegen<br />
würden.<br />
Bei Lightweight Structure aus Delft<br />
kommt die Technologie der Vakuum-Infusion<br />
zur Anwendung, die es ermöglicht,<br />
große Strukturen mit geringen Investitionskosten<br />
bei guter Oberfl ächenbeschaffenheit<br />
herzustellen. Vor allem im Bootsbau<br />
werden seit Jahren Erfahrungen mit<br />
der Vakuumtechnik gesammelt, die 1:1<br />
auf Brückenbauten übertragbar sind.<br />
Unter Ausnutzung dieser Erfahrungswerte<br />
gelingt es der Firma denn auch, ihre<br />
Hohlkastenbrücken effektiv errichten und<br />
Mike Schlaich: Kohlenstofffaserbrücke<br />
mit 15 m Spannweite<br />
und 1 mm Bauhöhe<br />
© Technische Universität<br />
Berlin<br />
mit ihnen Geld zu verdienen. Was neben<br />
den sonstigen Vorteilen, angefangen bei<br />
den kurzen Transport- und Aufbauzeiten<br />
und endend mit den geringen Unterhaltskosten,<br />
nicht zu verachten ist und zudem<br />
der einzige Weg scheint, am Markt konkurrenzfähig<br />
zu sein.<br />
Lebenszykluskosten und Nachhaltigkeit<br />
Die Lebenszykluskosten und die Nachhaltigkeit<br />
sind bei allen Brückenbauten<br />
mit Faserverbundwerkstoffen ein schlagendes<br />
Argument. Sämtliche Untersuchungen<br />
und vergleichende Analysen<br />
hinsichtlich ökonomischer und ökologischer<br />
Bilanz, betrachtet über die Lebensdauer<br />
des Bauwerks, führten zu dem<br />
Schluss, dass Brückenbauten bzw. -decks<br />
aus Faserverbundwerkstoffen stets mit<br />
Bestnoten ausgezeichnet werden. Hinzu<br />
kommen die schnelle Montage solcher<br />
Konstruktionen aus FVK aufgrund ihres<br />
geringen Eigengewichts und die somit<br />
aufs Kürzeste begrenzte Beeinträchtigung<br />
des Verkehrs.<br />
Diese Überlegungen mündeten in den<br />
Bau der Straßenbrücke in Friedberg, einer<br />
Verbundstruktur aus Stahlträgern und<br />
GFK-Fahrbahnplatte mit 27 m Spannweite.<br />
Im Gegensatz zu bislang realisierten<br />
Tragwerken wurde hier erstmals die<br />
Verbundwirkung zwischen Platte und<br />
Träger, gewährleistet durch eine Klebefuge,<br />
angesetzt und rechnerisch wie expe-<br />
100
101<br />
rimentell nachgewiesen. Das gesamte<br />
Brückentragwerk wurde vorgefertigt,<br />
in einer Nacht antransportiert und am<br />
folgenden Vormittag eingehoben.<br />
Für die Zulassungsversuche konnten<br />
zahlreiche Materialkennwerte aus anderen<br />
Verfahren mit Asset-Decks verwendet<br />
werden, so dass die Zulassung im Einzelfall<br />
in einer relativ kurzen Zeit von weniger<br />
als zwei Jahren erwirkt wurde. Eberhard<br />
Pelke, der das Projekt als Bauherr für die<br />
Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />
betreute, lässt keinen Zweifel daran,<br />
dass es neben allen unübersehbaren<br />
Vorteilen einer solchen Konstruktion vor<br />
allem eines braucht: die deutliche Befürwortung<br />
eines Bauherrn im öffentlichen<br />
Dienst, also eines Bauherrn, der eine<br />
Brücke mit FVK tatsächlich will.<br />
Der Gedanke, eine große Zahl von Entscheidern,<br />
von Bauherren und ausführenden<br />
Firmen in die Lage zu versetzen, eine<br />
Brücke mit FVK wirklich zu wollen, weil<br />
man ihr Potential erkannt hat, weil man<br />
mit den Besonderheiten umgehen kann,<br />
weil man sich nicht fürchten muss vor Unwägbarkeiten<br />
und den Hürden der Zulassung<br />
– das war der Ansatz der Tagung in<br />
Weimar. Wir können viel mehr, als wir zu<br />
hoffen wagten, allein die Skepsis im »vom<br />
Kunststoff nicht infi zierten« Bauwesen<br />
ist immer noch riesig, was die fast familiär<br />
anmutende Teilnehmerzahl belegte.<br />
Inhalt, Aktualität und die materialübergreifende<br />
Konzeption hätten einige hundert<br />
Leute inspiriert zurückgelassen. Eine<br />
Fortsetzung wurde von allen Teilnehmern<br />
ausdrücklich gewünscht. In drei Jahren<br />
ist es so weit, wird die »Composites in<br />
Architecture« wieder den Brückenbau<br />
fokussieren.<br />
Autoren:<br />
Dr. phil. Pamela Voigt<br />
Dr.-Ing. Elke Genzel<br />
SKZ Süddeutsches Kunststoffzentrum,<br />
Halle<br />
D PERI/10.028<br />
Talbrücke Liessow, Deutschland<br />
Neu: VARIOKIT<br />
Gesimskappenbahn<br />
Oben frei zugänglich –<br />
unten verfahrbar<br />
Schalung<br />
Gerüst<br />
Engineering<br />
www.peri.de<br />
A K T U E L L<br />
Claudius Klemann, Bauleiter:<br />
„Das PERI VARIOKIT Baukasten sys -<br />
tem bietet uns Vorteile hinsichtlich<br />
Flexi bi lität und Variabilität. Durch die<br />
ausschließliche Verwendung von Systembautei<br />
len erhalten wir wirtschaftliche<br />
Lösungen und können eigenes<br />
mit projektbezogen hinzu ge mietetem<br />
Material jederzeit kombinieren.“<br />
Besuchen Sie uns auf der bauma<br />
vom 19.bis 25.April, in München.<br />
Sie finden uns am Stand N 712.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Anpassungsfähiges Gerüst von Peri<br />
Bogenbrücken-Sanierung in Portugal<br />
Querung des Rio Tua in Trás-os-Montes<br />
© Peri GmbH<br />
Eine Stahlbeton-Bogenbrücke aus dem<br />
Jahr 1940, die den Rio Tua in der portugiesischen<br />
Provinz Trás-os-Montes<br />
überquert, wird derzeit umfassend saniert.<br />
Zugänge und Arbeitsplattformen<br />
für die Instandsetzung bietet ein Gerüst<br />
auf Basis des Systems Peri Up Rosett<br />
Flex, dessen modulare Struktur eine<br />
optimale Anpassung an die komplizierte<br />
Brückengeometrie erlaubt. Schnell und<br />
problemfrei zu errichten, sorgt es für eine<br />
hohe Sicherheit während der Nutzung, so<br />
dass die veranschlagte Bauzeit von sieben<br />
Monaten unterschritten werden kann.<br />
Die Brücke ist 120 m und 8 m breit,<br />
wobei ein 80 m weiter und 20 m hoher<br />
Betonbogen das Flusstal überspannt:<br />
Fahrbahndecke und Plattenbalkenkonstruktion<br />
werden verstärkt, Beton und<br />
19 m hohe Gerüsttreppe<br />
© Peri GmbH<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
korrodierende Bewehrung ertüchtigt,<br />
vorhandene Risse durch Injektion verfüllt,<br />
Gehwege und Geländer erneuert sowie<br />
abschließend die Oberfl ächen wieder beschichtet.<br />
Ein Gerüst aus Peri-Up-Rosett-<br />
Flex-Komponenten erfüllt hier sämtliche<br />
Anforderungen, verbindet es doch die<br />
Montagevorteile eines Systemgerüsts mit<br />
der Flexibilität aufwendig zu errichtender<br />
Rohr-Kupplungsgerüste. Das 25-cm-Raster<br />
erlaubt beispielsweise Angleichungen<br />
an verschiedenste Bauteilgeometrien,<br />
Riegel und Beläge lassen sich aufeinander<br />
abstimmen und für jedes Gerüstfeld sind<br />
Systembeläge zu verwenden.<br />
Das realisierte Gerüst hat eine maximale<br />
Höhe von 20 m und in der obersten<br />
Lage eine Breite von 11,75 m sowie eine<br />
Aufstandsfl äche von ca. 7 m, seitliche<br />
Sichere und belastbare Arbeitsebenen<br />
© Peri GmbH<br />
Systemdiagonalen ohne Ergänzungsbauteile<br />
© Peri GmbH<br />
Auskragungen und Überbrückungen<br />
zwischen den äußeren (Brücken-)Pfeilern<br />
mit Systemdiagonalen ohne zusätzliche<br />
Ergänzungsbauteile herstellend. Trotz der<br />
besonderen Form des Bogens und unterschiedlicher<br />
Abmessungen der Pfeiler<br />
vermochte man daher jedes Element<br />
mit minimalem Abstand umzubauen,<br />
zumal die Peri-Logik Anordnung und<br />
Ausführung eines Gerüsts vereinfacht<br />
und beschleunigt. Das geringe Gewicht<br />
der einzelnen Systemteile, die zudem<br />
von nur einer Person bestens handhabbar<br />
sind, fördert dabei das schnelle und<br />
kraftsparende Arbeiten, während die<br />
Stabilität des Peri-Up-Riegelanschlusses<br />
die Aussteifungsebenen ebenso reduziert<br />
wie die Anzahl notwendiger Diagonalen.<br />
Umlaufende Geländer und Bordbleche in<br />
jeder Ebene der Konstruktion und deren<br />
hohe Tragfähigkeit, ausreichend auch<br />
erforderliches Gerät, komplettieren die in<br />
Portugal verwirklichte Lösung.<br />
Alle Peri-Up-Komponenten sind natürlich<br />
untereinander kompatibel. Als Hauptzugang<br />
dient in diesem Fall ein Treppenturm<br />
mit 75 cm Laufbreite und komfortablem<br />
Steigungsverhältnis, um die 19 m Höhenunterschied<br />
wirtschaftlich zu überbrücken<br />
– und zügig zu »begehen«; zwischen<br />
den Brückenpfeilern sind außerdem<br />
Leitergänge integriert, die die Arbeitsebenen<br />
direkt miteinander verbinden.<br />
www.peri.de<br />
102
103<br />
Neue Kalottenlager von Maurer Söhne<br />
Gleitlegierung mit hoher Korrosionsbeständigkeit<br />
»Ausgangspunkt für die Neuentwicklung<br />
war eigentlich ein logistisches Problem«,<br />
berichtet Dr. Christian Braun, Geschäftsführer<br />
Bauwerkschutzsysteme bei Maurer<br />
Söhne München, denn das Verchromen<br />
der bisher üblichen Stahlkalotten<br />
erfolgte extern und erforderte lange<br />
Bearbeitungszeiten sowie aufwendige<br />
Hin- und Rücktransporte der sensiblen<br />
Elemente. Ergebnis der Bemühungen ist<br />
nun eine spezielle Metalllegierung mit<br />
besonderer Oberfl ächenbehandlung, die<br />
unter dem eingetragenen Markennamen<br />
MSA®, für Maurer Sliding Alloy (Maurer<br />
Gleitlegierung), die Zulassung erhielt. Gegenüber<br />
den verchromten Stahl- sind die<br />
hochglänzenden MSA®-Kalotten sehr viel<br />
korrosionsbeständiger, außerdem ist die<br />
neue Gleitlegierung resistent gegen Fluorionen<br />
und Chlorionen in saurer Lösung.<br />
Und auch das ursprüngliche Anliegen<br />
wurde erreicht: Herstellung und Oberfl ächenbehandlung<br />
sind im eigenen Werk<br />
angesiedelt, was Vorteile bei Produktionszeit<br />
und Wirtschaftlichkeit bringt.<br />
Zusammen mit dem 2003 neu eingeführten<br />
Gleitwerkstoff MSM® garantiert<br />
MSA® eine Lebensdauer von mindestens<br />
50 Jahren. Das bedeutet, dass selbst<br />
unter schwierigen Umweltbedingungen<br />
(Feuchtigkeit, Überfl utung, Industrieluft)<br />
in der Regel kein vorzeitiges und kostenintensives<br />
Auswechseln der glänzenden<br />
Kalotte nötig wird. Deren Eigenschaften<br />
wurden in einem amtlich anerkannten<br />
Prüfl abor getestet, wobei MSA® seine<br />
Dauerhaftigkeit in Langzeit-Gleitreibungsversuchen<br />
bei einem aufaddierten<br />
Gleitweg von 10.000 m, einer Gleitgeschwindigkeit<br />
von 15 mm/s und einer<br />
Pressung von 60 N/mm² bewies: Es gab<br />
weder einen nennenswerten Verschleiß<br />
Wo werben?<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Lager mit MSM® und Kalotte aus MSA®<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co.KG<br />
noch einen Anstieg des Reibungswiderstands,<br />
Letzterer liegt sogar unterhalb der<br />
für polierten Edelstahl oder Hartchrom<br />
geforderten Werte. Zusammensetzung<br />
und Oberfl ächenbehandlung von MSA®<br />
sind beim Deutschen Institut für Bautechnik<br />
und bei der Materialprüfanstalt<br />
Stuttgart vertraulich hinterlegt, die europäische<br />
Zulassung ist beantragt.<br />
Weitere Änderungen in der Zulassung:<br />
Der Einsatz von MSM® war in der europäischen<br />
Zulassung ETA bisher auf den<br />
Temperaturbereich von -50 bis +48 °C<br />
beschränkt, der nun auf bis zu +70 °C<br />
ausgedehnt wurde. Das erweitert die Einsatzfähigkeit<br />
von MSM® auf praktisch alle<br />
klimatischen Einsatzgebiete weltweit.<br />
Neu aufgenommen in die Allgemeine<br />
bauaufsichtliche Zulassung Z-16.4-436<br />
wurden Zylinderlager. Ein Zylinder anstelle<br />
einer Kalotte ermöglicht nur Verdrehungen<br />
um die Zylinderachse. Wenn die<br />
bauliche Situation eine solche Einschränkung<br />
erlaubt oder bedingt, ergeben sich<br />
beispielsweise bei der Auswechslung<br />
von Rollenlagern oder bestimmten (Bau-<br />
Glanz dank MSA®<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co.KG<br />
werks-)Abmessungen geometrische Vorteile,<br />
da diese Lager im Grundriss rechteckig<br />
und die Seitenverhältnisse nahezu<br />
beliebig wählbar sind. Ausgesprochen<br />
vorteilhaft ist der Einsatz von Zylinderlagern<br />
als Gleitpendellager zur Erdbebensicherung<br />
oder »elastischen« Lagerung,<br />
wenn die Pendelbewegung nur in einer<br />
Richtung oder bei Einsatz sich kreuzender<br />
Pendellager in den beiden Richtungen<br />
unterschiedlich erfolgen soll.<br />
www.maurer-soehne.de<br />
Ganz einfach!<br />
Unsere Mediadaten<br />
können Sie als PDF unter<br />
www.umrisse.de<br />
downloaden.<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Neues Abdichtungssystem von StoCretec<br />
Dauerhafter Schutz für Stahlbeton-Brücken<br />
Der kontinuierlich steigende Schwerlastverkehr<br />
macht Brücken zunehmend schadenanfälliger,<br />
Tausalze nagen am Be wehrungsstahl<br />
der Betonkonstruktionen. Um<br />
sie vor diesen Belastungen nun dauerhaft<br />
zu schützen, hat StoCretec ein neues, geprüftes<br />
und zudem alterungsbeständiges<br />
Abdichtungssystem entwickelt: StoPox<br />
BV 100 und StoMonofl exbahn 100. Dichtungsschicht<br />
und Grundierung unter dem<br />
Fahrbahnbelag umfassend, eignet es sich<br />
für Neubau und Sanierung.<br />
Insbe sondere die Instandsetzung von<br />
Brückenfahrbahnen stellt we gen der<br />
kurzen Sperrzeiten und oft ungünstiger<br />
Witterungsbedin gungen erhebliche<br />
Anforderungen an Ausführende und Produkte,<br />
weshalb sich auch die Grundierung<br />
StoPox BV 100 durch eine schnelle Erhärtung,<br />
kurze Überarbeitungsintervalle und<br />
gute Frühwasserbeständigkeit auszeichnet,<br />
selbst auf noch jungem Beton.<br />
Beim Einbau der Schweißbahn und der<br />
Verlegung des Gussasphaltes weicht<br />
die innovative Epoxidharzformulierung<br />
den dabei auftretenden Temperatur-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Grundierung mit Thermoindikator<br />
© StoCretec GmbH<br />
Bewährter Korrosionsschutz durch Stückverzinken<br />
Flexible Schutzplanken aus Stahl für (alle) Straßen<br />
Schutzplanken an Straßen, insbesondere<br />
Bundesautobahnen sollen Unfallfolgen<br />
auf ein Minimum reduzieren, den Durchbruch<br />
von Fahrzeugen verhindern und das<br />
Verletzungsrisiko beim Aufprall für deren<br />
Insassen möglichst klein halten.<br />
Stückverzinkte Stahlschutzplanken haben<br />
sich hier seit Jahrzehnten bestens<br />
bewährt, denn ähnlich wie Knautschzonen<br />
können sie Energie absorbieren.<br />
Als fl exible Rückhaltesysteme bieten sie<br />
aufgrund ihres enormen Verformungsvermögens<br />
also einen hohen Insassenschutz,<br />
da Stahl in der Lage ist, bis zu<br />
50% der Anprallenergie eines Fahrzeuges<br />
aufzunehmen, so dass im Fall der Fälle<br />
nur geringe bis mittlere Belastungen für<br />
deren Insassen auftreten. Und: Moderne<br />
Lösungen wie die sogenannte Super-Rail<br />
gewährleisten eine maximale Sicherheit,<br />
indem sie selbst 38 t schweren Sattelzügen<br />
widerstehen.<br />
Schutzplanken aus Stahl, die stückverzinkt<br />
sind, sind daher überall dort zu<br />
empfehlen, wo ein dauerhafter Schutz<br />
gefragt ist – und infolgedessen an sämtlichen<br />
Straßen.<br />
www.feuerverzinken.com<br />
spannungen aus, wobei sich die korrekte<br />
Brennerführung optisch mit Hilfe eines<br />
Thermoindikators kontrollieren lässt: Sto-<br />
Pox BV 100 verändert seinen Farbton, das<br />
heißt, die gelblasierende Grundierung,<br />
die man ebenso zur Versiegelung und<br />
Kratzspachtelung verwenden kann, wird<br />
bei richtiger Einbautemperatur rot.<br />
Die einlagige Elastomerbitumen-Abdichtung<br />
Sto Monofl exbahn 100 mit<br />
hochliegender Polyestervlies-Einlage<br />
dichtet den Beton hingegen unter dem<br />
Gussasphaltbelag ab, dank ihrer niedrigen<br />
Schmelztem peratur einen günstigen<br />
Schmelzfl uss gewährleistend, was die<br />
Verarbeitung wiederum erleichtert und<br />
darüber hinaus den Gasverbrauch senkt.<br />
Durch das ver besserte Kaltbiegeverhalten<br />
ist die Bahn außerdem extrem langlebig.<br />
»Unter dem Strich ergibt dies ein wirtschaftliches,<br />
schnell ver arbeitetes System<br />
mit optimalem Schutz für Brücken vor<br />
witterungs- und nutzungsbedingten<br />
Schäden«, stellt StoCretec-Produktmanager<br />
Hagen Lehmann fest.<br />
www.stocretec.de<br />
Zeitlose Sicherheit<br />
© Institut Feuerverzinken GmbH<br />
104
105<br />
Errichtung dank RöRo Traggerüstsysteme<br />
Stahlbogenbrücke zwischen Essen und Oberhausen<br />
Seit 2003 ist die direkte Brückenverbindung<br />
zwischen dem Essener Stadtteil<br />
Dellwig und Oberhausen-Borbeck über<br />
die Ripshorster Straße wegen Baufälligkeit<br />
unterbrochen. Das hat sich im<br />
Frühjahr 2009 mit Inbetriebnahme einer<br />
neuen Struktur geändert, eines knapp<br />
124 m langen Tragwerks aus insgesamt<br />
fünf sinuskurvenartig verlaufenden<br />
Stahlbögen, die in fünf Feldern sechs aktive<br />
Gleise und das Gelände eines ehemaligen<br />
Sammelbahnhofs überspannen. Der<br />
17,50 m breite Überbau aus Fahrbahn,<br />
Geh- und Radwegen bildet hier sozusagen<br />
die x-Koordinate der Sinuskurve und<br />
ist dementsprechend in drei Feldern in<br />
die Bogenkonstruktion eingehängt, in<br />
zwei hingegen aufgeständert. Das Bild<br />
von der Sinuskurve passt allerdings nicht<br />
ganz, denn die Brücke besitzt wegen der<br />
zu überquerenden Gleisstrecke einen<br />
größeren und vier identische, kleinere<br />
Bögen, deren Spannweite 30 m und 4 ×<br />
19 m messen.<br />
Um den Überbau betonieren zu können,<br />
aber auch als Arbeitsplattform zur<br />
Montage der Stahlbögen brauchte die<br />
bauausführende Echterhoff GmbH &<br />
Ausgabe 1 • 2009<br />
ISSN 1867-643X<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
� Rügenbrücke<br />
Stralsund<br />
� Podolskij-Brücke<br />
Kiew<br />
� Taminabrücke<br />
Pfäfers<br />
� Mainbrücke<br />
Randersacker<br />
9. Symposium<br />
BRÜCKENBAU Brückenbau<br />
in Leipzig<br />
Construction & Engineering<br />
� Störbrücke<br />
Itzehoe<br />
� Yamuna-Brücke<br />
Delhi<br />
� Golden Ears Bridge<br />
Vancouver<br />
Herstellung des Überbaus<br />
© RöRo Traggerüstsysteme<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Co. KG aus Westerkappeln eine Lösung,<br />
die den permanenten Betrieb der sechs<br />
Bahngleise unterhalb des 30-m-Bogens<br />
sicherte. Solche Aufgabenstellungen sind<br />
das Spezialgebiet der RöRo Traggerüstsysteme<br />
aus Wuppertal: Sie haben nicht nur<br />
das Traggerüst zur Betonage der im Mittel<br />
50 cm starken Fahrbahnplatte entwickelt,<br />
sondern der ganzen Konstruktion auch<br />
hydraulische Beweglichkeit verliehen, um<br />
den fertigen Überbau mit einem Gewicht<br />
von 165 kN/m als komplette Einheit in seine<br />
20 cm tiefere Endposition absenken zu<br />
können. So ließ sich während des gesamten<br />
Brückenbaus das von der Bahn vorgeschriebene<br />
Lichtraumprofi l einhalten.<br />
Insgesamt sechsmal treffen sich Fahrbahn<br />
und Stahlbogen – und an diesem<br />
Punkt wurden Schwerlastjoche aus S250-<br />
Stützen mit einer Einzeltragfähigkeit bis<br />
zu 2.600 kN angeordnet: Genau hier wurden<br />
die einzelnen Brückenbögen von ihrer<br />
Montage aufgelagert. Später dienten<br />
sie als Ansatzpunkte zum hydraulischen<br />
Absenken des Überbaus und waren dazu<br />
mit hydraulischen Fußstücken ausgestattet.<br />
Integriert in ein bis zu 7 m hohes,<br />
fl ächiges Traggerüst, das als Arbeitsplattform<br />
wie als Schalgerüst fungierte,<br />
ermöglichten sie zudem die Herstellung<br />
des Überbaus.<br />
www.roerotraggeruestsysteme.de<br />
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Engineering<br />
Der neue Fachtitel aus dem Hause<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />
mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />
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BRÜCKENBAU | Februar 2010
S O F T W A R E U N D I T<br />
Leistungsstarke Systemkomponenten von LG<br />
Verknüpfung von Darstellung und Speicherung<br />
Die Anfertigung einer Broschüre, eines<br />
Flyers oder einer Visualisierung bedarf<br />
einer großen Fülle an Bildmaterialien und<br />
feiner graphischer Bearbeitungen. Durch<br />
das Zusammenspiel eines Monitors der<br />
jüngsten Generation mit dem entsprechenden<br />
NAS-System bietet LG hier eine<br />
stimmige Lösung für kleine bis mittlere<br />
Unternehmen, denn längst sind kurze<br />
Reaktionszeiten, hohe Aufl ösung oder<br />
langfristige Speicherung Eigenschaften,<br />
die kaum einer mehr zu missen mag.<br />
Der S-IPS-Monitor W2420R im 16:10-<br />
Breitbildformat mit RGB-LED-Backlights<br />
hat daher alles, was Experten benötigen,<br />
unter anderem ein blickwinkelstabiles<br />
Panel in 10-Bit-Farbtiefe und internem<br />
16-Bit-Farbprozessing, das feinste<br />
Grauabstufungen und genaueste Farbdetailtreue<br />
garantiert. Dank der hohen<br />
Aufl ösung können zudem zwei DIN-A4-<br />
Seiten gleichzeitig am Rechner bearbeitet<br />
oder das Display mit Hilfe der Pivotsoftware<br />
um 90° gedreht werden, und zwar<br />
dank LG-Kalibrator und Lichtschutzhaube<br />
ohne Fremd(licht)einfl üsse.<br />
Neues Notebook von Acturion<br />
Hardware für Baustelleneinsätze<br />
Dass man auf Baustellen ebenso stabile<br />
wie leistungsfähige Hilfsmittel benötigt,<br />
weiß jeder, der dort für längere oder<br />
kürzere Zeit tätig ist. Und genau diese<br />
Zielgruppe hat das bayerische Systemhaus<br />
Acturion für sein neues, gehärtetes<br />
semi-ruggedized Notebook Durios S14MT<br />
Pro im Blick, handelt es sich doch um ein<br />
Gerät, das robuste Hardware mit moderner<br />
Technik und umfangreicher Ausstattung<br />
vereint.<br />
Stoß- und Spritzwasserschutz bietend,<br />
widersteht es beispielsweise Stürzen aus<br />
75 cm Höhe und erfüllt die Schutzklassen<br />
IP31 sowie MIL-STD 810F: Ein verstärktes<br />
Leichtmetallgehäuse mit Magnesiumlegierung<br />
und Gummipolsterung der<br />
Ecken bildet den unempfi ndlichen Mantel<br />
des fast uneingeschränkt aufrüstbaren<br />
Basismodells, das dank spezieller Anti-<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Monitor und …<br />
© LG Electronics Deutschland GmbH<br />
Die erstellten Daten lassen sich dann<br />
mit dem NAS N4B1 ebenso einfach wie<br />
professionell sichern, also ohne explizites<br />
Know-how, dafür aber auf vier Festplatten<br />
mit bis zu 4 TB. Darüber hinaus besteht<br />
durch den integrierten Blu-ray-Brenner<br />
die Möglichkeit, alle Informationen zusätzlich<br />
in Form eines zweiten Backups<br />
Robustes Arbeitsgerät<br />
© Acturion Datasys GmbH<br />
glare-Displaybeschichtung des 14,10-<br />
Zoll-Monitors ein problemfreies Arbeiten<br />
sogar bei widrigen Lichtverhältnissen<br />
erlaubt; als erstes Produkt der S-Reihe<br />
verfügt es zudem über einen VGA- sowie<br />
einen HDMI-Ausgang für den Anschluss<br />
an externe Monitore.<br />
NAS-System<br />
© LG Electronics Deutschland GmbH<br />
zu sichern. So tragen auch Betriebe mit<br />
eingeschränkten personellen oder fi nanziellen<br />
Ressourcen den aktuellen gesetzlichen<br />
Datensicherungsbestimmungen<br />
Rechnung.<br />
www.lge.com<br />
Mit nur 3 kg Gewicht nicht schwerer als<br />
herkömmliche Laptops, überzeugt aber<br />
auch sein Innenleben mit Intels Dual-<br />
Core -T4200-Prozessor mit 2 GHz und<br />
dem Graphik-Chipsatz GM45, der aufwendige<br />
3D-Anwendungen ermöglicht,<br />
komplettiert durch 2-GB-RAM, eine 160-<br />
GB-Festplatte, WLAN, DVD-Laufwerk,<br />
1,30-Megapixel-Kamera, Fingerabdruckscanner<br />
und alle gängigen Schnittstellen<br />
sowie vorbereitet für Touchscreen, GPS-<br />
oder UMTS-Modul und Free-Fall-Sensor<br />
oder Solid State Drives.<br />
Sofort versandbereit, liefert Acturion den<br />
Durios S14MT Pro mit den Betriebssystemen<br />
Windows 7, Windows XP oder Linux<br />
aus, wobei der Einstiegspreis bei 1.499 €<br />
liegt.<br />
www.acturion.com<br />
106
107<br />
Spezieller »Kugelschreiber« von Neusta<br />
Sicherung handschriftlicher Dokumente<br />
In Bauunternehmen und manchen<br />
(größeren) Ingenieurbüros gehören das<br />
Ausfüllen und Verwalten von Stundenzetteln<br />
oder Serviceformularen zum Alltag.<br />
Das Bremer Softwarehaus Neusta GmbH<br />
bietet mit dem speziellen Kugelschreiber<br />
namens Digital Pen nun die Möglichkeit,<br />
zukunftsorientierte und herkömmliche<br />
Formen der Datenerfassung zu kombinieren,<br />
denn bereits während des Notierens<br />
scannt dieser elektronische Stift ohne<br />
Mehraufwand die von Hand erstellten<br />
Informationen und leitet sie umgehend<br />
an die webbasierte Neusta-Software<br />
»Parallele« Datenerfassung<br />
© Neusta GmbH<br />
S O F T W A R E U N D I T<br />
Forum<br />
| Bau | Spezial<br />
Brückenbau<br />
1. Internationale Holzbrückentage IHB 2010<br />
Entscheidungskriterien | Bemessung | Unterhalt<br />
Kongresszentrum, DE-Bad Wörishofen<br />
25./26. März 2010<br />
www.forum-holzbruecken.com<br />
www.forum-holzbau.com<br />
www.forum-holzkarriere.com<br />
project2web weiter, wo sie dank präziser<br />
Schriftenerkennung in computerlesbare<br />
Dateien umgewandelt werden. Statt auf<br />
irgendwelche Papierdokumente warten<br />
zu müssen, kann der entsprechende<br />
Sachbearbeiter jetzt also alle direkt übermittelten<br />
Arbeitszeiten, Ersatzteillisten,<br />
Auftragsbeschreibungen oder andere<br />
Texte sofort und damit quasi simultan<br />
verwenden. Und: Neben der deutlichen<br />
Zeitersparnis entfallen derart auch die bei<br />
manueller Dokumentenübergabe entstehenden<br />
Fehler.<br />
www.neusta.de<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Veränderungen bei Eiffel Deutschland<br />
Uwe Heiland alleiniger Geschäftsführer<br />
Dipl.-Ing. Uwe Heiland ist seit Januar<br />
2009 als Geschäftsführer bestellt – und<br />
nun seit Januar 2010 alleiniger Geschäftsführer<br />
der Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
GmbH. Uwe Heiland ist 48 Jahre<br />
alt und hat nach seinem Studium der<br />
Architektur und des Bauwesens an der<br />
Universität Weimar in verschiedenen<br />
Funktionen und Aufgabengebieten des<br />
Unternehmens gearbeitet.<br />
Mit einem Gesamtumsatz von ca.<br />
100 Mio. € und 190 Mitarbeitern ist die<br />
Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
GmbH neben dem Stahlhochbau im<br />
Stahlbrückenbau, dem Stahlwasserbau,<br />
der Fördertechnik und dem Kraftwerksbau<br />
tätig.<br />
Hohes Investitionsniveau in Bayern<br />
Ausbau der Verkehrsinfrastruktur<br />
»Letztes Jahr ist die Rekordsumme von<br />
1,70 Mrd. € in das bayerische Netz der<br />
Autobahnen, Bundesstraßen und Staatsstraßen<br />
gefl ossen. Davon konnten wir<br />
1,17 Mrd. € für bauliche Investitionen verwenden«,<br />
sagte Innenminister Joachim<br />
Herrmann anlässlich des 20-jährigen Bestehens<br />
der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau<br />
in München. »Und wir haben die<br />
Weichen für die nächsten Jahre gestellt:<br />
Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, die<br />
Investitionen in die Straßeninfrastruktur<br />
auf hohem Niveau zu halten. Auch 2010<br />
rechnen wir wieder mit 1 Mrd. €, die wir in<br />
»Wachstum« bei der DEGES<br />
Bremen als weiterer Gesellschafter<br />
Am 11. Dezember 2009 ist die Freie Hansestadt<br />
Bremen der Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH<br />
(DEGES) beigetreten. Nach der Freien<br />
und Hansestadt Hamburg und dem Land<br />
Schleswig-Holstein ist Bremen dritter<br />
Gesellschafter aus den westlichen Bundesländern,<br />
so dass neben dem Bund<br />
nunmehr acht Länder Gesellschafter der<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
Dipl.-Ing. Uwe Heiland<br />
© Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />
Bayerns Straßen investieren können.« Um<br />
die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu<br />
stabilisieren, setze Bayern also weiterhin<br />
konsequent auf zusätzliche Investitionen<br />
in die Infrastruktur.<br />
Die Mittelsituation im staatlichen Baubereich<br />
sei 2009 nicht zuletzt dank der Konjunkturpakete<br />
durchaus positiv gewesen<br />
und habe starke Impulse zur Stabilisierung<br />
der heimischen Wirtschaft gesetzt.<br />
Dieser Trend solle auch nach Auslaufen<br />
der Konjunkturpakete fortgesetzt werden,<br />
wobei: »Ohne leistungsfähige und<br />
kompetente Ingenieure und Architekten<br />
DEGES sind. Bundesverkehrsminister Dr.<br />
Peter Ramsauer: »Ich begrüße, dass ein<br />
weiterer Gesellschafter die Dienstleistungen<br />
der DEGES in Anspruch nimmt. Das<br />
stärkt die Gesellschaft und belegt, wie<br />
erfolgreich ihre Arbeit ist. Kompetente<br />
Partner im Straßenbau sind wichtig, damit<br />
unser Verkehrsnetz auch weiter den<br />
höchsten Ansprüchen genügt.«<br />
Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
GmbH wurde beispielsweise im Januar<br />
2009 mit der Erstellung des Daches des<br />
Terminalgebäudes für den neuen Berliner<br />
Großfl ughafen »Berlin Brandenburg<br />
International« mit einer Gesamttonnage<br />
von 10.000 t Stahlkonstruktion<br />
und einem Auftragswert von mehr als<br />
50 Mio. € betraut. Dieses Projekt ist nach<br />
der Errichtung der sieben (Messe-)Hallen<br />
der Landesmesse Stuttgart eine nächste<br />
volumenstarke Bestätigung für die<br />
Kompetenzen des Unternehmens bei der<br />
Realisierung technisch und architektonisch<br />
anspruchsvoller sowie terminlich<br />
eng getakteter Bauvorhaben.<br />
www.eiffel.de<br />
könnten wir das jährliche Bauvolumen<br />
der Staatsbauverwaltung von 3 Mrd. € gar<br />
nicht umsetzen. Denn wir vergeben zunehmend<br />
Planungs- und Bauleitungsaufgaben<br />
an freiberufl ich Tätige – vor allem<br />
an Architektur- und Ingenieurbüros.«<br />
www.stmi.bayern.de<br />
Die DEGES plant und baut als Projektmanagementgesellschaft<br />
Straßen- und<br />
Brückenbauvorhaben der öffentlichen<br />
Hand. Ein Schwerpunkt sind jene des<br />
Bundes sowie Landesprojekte im Auftrag<br />
der Gesellschafter.<br />
www.deges.de<br />
www.bmvbs.de<br />
108
109<br />
Auftrag für Vinci<br />
Hubbrücke in Bordeaux<br />
Der Kommunalverband Bordeaux hat<br />
Vinci Construction France als Leiterin eines<br />
Design-and-Build-Konsortiums Ende<br />
2009 offi ziell grünes Licht erteilt, um mit<br />
der Ausführung des Planungs- und Bauauftrags<br />
für eine Hubbrücke in Bordeaux<br />
zu beginnen.<br />
Die als Stadtboulevard konzipierte Verbindung<br />
der (Stadt-)Viertel Bacalan am<br />
linken und Bastide am rechten Ufer quert<br />
die Garonne 2 km fl ussabwärts von Bor-<br />
Verkehrsfreigabe des Bundesministers<br />
Freie Fahrt von Göttingen bis Halle<br />
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer<br />
hat Ende Dezember 2009 die letzte Lücke<br />
auf der A 38 für den Verkehr freigegeben.<br />
An den Feierlichkeiten nahmen auch die<br />
Thüringer Ministerpräsidentin Christine<br />
Lieberknecht sowie die Landesverkehrsminister<br />
Karl-Heinz Daehre, Sachsen-Anhalt,<br />
und Jörg Bode, Niedersachsen, teil. In<br />
Breitenworbis sagte Ramsauer: »Ab heute<br />
haben die Autofahrer auf der gesamten<br />
A 38 von Göttingen bis Halle freie Fahrt.<br />
Diese Autobahn ist ein sichtbarer Erfolg<br />
des Aufbaus Ost. 14 Jahre wurde an dieser<br />
wichtigen West-Ost-Magistrale in der<br />
Mitte Deutschlands gebaut. Der Bund hat<br />
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
deaux‘ Zentrum. Sie wird von mehreren<br />
Verkehrsträgern genutzt werden und<br />
beinhaltet daher zweispurige Richtungsfahrbahnen<br />
für Pkws und Lkws, ÖPNV auf<br />
je eigener Fahrspur in beiden Richtungen,<br />
Radwege und Bürgersteige.<br />
Das 433 m lange und 45 m breite Bauwerk<br />
umfasst ein 3.500 t schweres Mittelfeld<br />
mit 117 m Länge, das entlang den vier<br />
80 m hohen Pfeilern angehoben wird, um<br />
106 m lichte Weite und 53 m lichte Höhe<br />
dafür insgesamt 1,30 Mrd. € investiert.<br />
Für die Anwohner, aber auch den überregionalen<br />
Verkehr werden sich die Fahrzeiten<br />
nun deutlich verkürzen.«<br />
Die Bundesautobahn A 38 verbindet auf<br />
einer Länge von rund 187 km die Großräume<br />
Göttingen/Kassel im Westen und Halle/Leipzig<br />
im Osten. Insgesamt wurden<br />
200 Brücken und 25 Auffahrten gebaut,<br />
für den letzten, jetzt eingeweihten Abschnitt<br />
von Breitenworbis und Bleicherode<br />
hat der Bund 165 Mio. € aufgewendet.<br />
Ramsauer kündigte an, dass der Bund<br />
auch in Zukunft hohe Beträge in die<br />
ostdeutschen Bundesfernstraßen in-<br />
für den Schiffsverkehr freizulassen; die<br />
Übergabe soll Ende 2012 erfolgen, der<br />
Gesamtauftragswert beträgt 125 Mio. €.<br />
Für das Engineering zeichnet EGIS-JMI<br />
verantwortlich, die mit 33 Monaten angesetzten<br />
Bauarbeiten werden von GTM<br />
Sud-Quest und GTM Sud, Töchtern von<br />
Vinci Construction France, und der Metallkonstruktionsfi<br />
rma Cimolaï ausgeführt.<br />
www.vinci.com<br />
vestieren wird: »Die weit überwiegende<br />
Zahl der Großprojekte in den neuen<br />
Bundesländern ist bereits fertig oder im<br />
Bau«, so der Minister. »Aber natürlich<br />
werden wir das Netz der Autobahnen und<br />
Bundesstraßen weiter ausbauen. Sobald<br />
wir Baurecht haben, nehmen wir auch<br />
die Westumfahrung von Halle in Angriff.<br />
Ich rechne damit im Jahr 2011. Danach<br />
können wir auch das Verkehrsprojekt<br />
Deutsche Einheit Nr. 13, zu dem die heute<br />
fertig gewordene A 38 gehört, endgültig<br />
abschließen.«<br />
www.bmvbs.de<br />
Maßnahme der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />
Abbruch und Erneuerung einer Autobahnbrücke bei Viernheim<br />
Die Brücke im Zuge der Landstraße L 631<br />
über die Bundesautobahn A 659 bei<br />
Viernheim wird 2010 durch das Amt für<br />
Straßen- und Verkehrswesen Bensheim<br />
erneuert; das Bauwerk stammt aus dem<br />
Jahr 1967, so dass eine Instandsetzung<br />
der schadhaften Teile nicht mehr wirtschaftlich<br />
wäre.<br />
Vorgesehen ist, die Verkehrssicherung auf<br />
der Landstraße bis Mitte Januar durchzuführen.<br />
Danach werden vorbereitende<br />
Arbeiten, wie das Abtragen der Asphalt-<br />
schichten auf der Brücke, die Demontage<br />
von Schutzplanken und der Abbau der<br />
Lichtzeichenanlagen an der Anschlussstelle<br />
Viernheim-Mitte realisiert. Der Abriss<br />
der Brücke erfolgt im Anschluss und<br />
bedingt einer Vollsperrung der A 659 über<br />
ein Wochenende. Damit herabfallende<br />
Brückenteile die Fahrbahn nicht beschädigen,<br />
wird zunächst ein Erdbett auf die<br />
Autobahn geschüttet. Mehrere Bagger<br />
»zerlegen« das Bauwerk dann Stück für<br />
Stück. Das Abbruchmaterial wird mit hy-<br />
draulischen Zangen zerkleinert, auf Lkws<br />
geladen, abtransportiert und ordnungsgemäß<br />
entsorgt.<br />
Wenn alles planmäßig verläuft, wird der<br />
zwischen Viernheim und Heddesheim<br />
pendelnde Verkehr ab Dezember 2010<br />
über die neue Autobahnbrücke rollen<br />
können. Rund 2 Mio. € investiert der Bund<br />
als Baulastträger der Autobahn in das<br />
neue Bauwerk.<br />
www.hsvv.hessen.de<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
B R A N C H E N K O M P A S S<br />
BAUUNTERNEHMEN<br />
Hier könnte in der nächsten<br />
Ausgabe Ihr Firmeneintrag<br />
stehen!<br />
In unserer Internetausgabe<br />
verlinken wir den Eintrag zu<br />
Ihrer Homepage!<br />
BRÜCKENAUSRÜSTUNGEN<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Ring 193<br />
D-80807 München<br />
Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />
Fax: 0 89/3 23 94-329<br />
www. maurer-soehne.de<br />
BRÜCKENBAU<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Ring 193<br />
D-80807 München<br />
Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />
Fax: 0 89/3 23 94-329<br />
www. maurer-soehne.de<br />
BRÜCKENLAGER<br />
RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />
Auschnippe 52<br />
D - 37170 USLAR<br />
Tel.:05571/305-0<br />
Fax:05571/305-26<br />
www.rwsh.de<br />
Februar 2010 | BRÜCKENBAU<br />
BRÜCKENSANIERUNG<br />
BT Bautechnik GmbH<br />
Lemsahler Weg 23<br />
D-22851 Norderstedt<br />
Tel.: 0 40/52 98 33 90<br />
Fax: 0 40/52 98 33 94<br />
info@bt-bautechnik-gmbh.de<br />
www.bt-bautechnik-gmbh.de<br />
RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />
Auschnippe 52<br />
D - 37170 USLAR<br />
Tel.:05571/305--0<br />
Fax:05571/305-26<br />
www.rwsh.de<br />
FACHLITERATUR<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />
Biebricher Allee 11B<br />
D-65187 Wiesbaden<br />
Tel.: 06 11/84 65 15<br />
Fax: 06 11/80 12 52<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
FAHRBAHNÜBERGÄNGE<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Ring 193<br />
D-80807 München<br />
Tel.: 0 89/3 23 94-0<br />
Fax: 0 89/3 23 94-329<br />
www. maurer-soehne.de<br />
RW SOLLINGER HÜTTE GmbH<br />
Auschnippe 52<br />
D - 37170 USLAR<br />
Tel.:05571/305-0<br />
Fax:05571/305-26<br />
www.rwsh.de<br />
INGENIEURBÜROS<br />
Hier könnte in der nächsten<br />
Ausgabe Ihr Firmeneintrag<br />
stehen!<br />
In unserer Internetausgabe<br />
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LÄRMSCHUTZWÄNDE<br />
SEILE<br />
Jakob GmbH<br />
Friedrichstraße 65<br />
D-73760 Ostfi ldern<br />
Tel.: 07 11/45 99 98 60<br />
Fax: 07 11/45 99 98 70<br />
www.jakob-inoxline.de<br />
Geländerseile, Abspannungen,<br />
Netze aus Edelstahl<br />
110
111<br />
BRÜCKENBAU<br />
ISSN 1867-643X<br />
2. Jahrgang<br />
Ausgabe 4•2009/1•2010<br />
Herausgeber und Verlag<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />
Biebricher Allee 11 b<br />
D-65187 Wiesbaden<br />
Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />
Fax: +49 (0)6 11/80 12 52<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Redaktion<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Anzeigen<br />
Ulla Leitner<br />
Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2010.<br />
Satz und Layout<br />
Birgit Siegel<br />
Druck<br />
Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />
Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg<br />
Erscheinungsweise und Bezugspreise<br />
Einzelheft: 14 Euro<br />
Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 52 Euro<br />
Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />
Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr.<br />
Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn es nicht sechs Wochen<br />
vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraumes schriftlich gekündigt wird.<br />
Copyright<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen<br />
sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.<br />
Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in<br />
irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />
Sprache übertragen werden.<br />
Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne<br />
Einwilligung des Verlags strafbar.<br />
Beilagen:<br />
Die Gesamtaufl age beinhaltet eine Beilage der<br />
Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau HSB, Biel.<br />
I M P R E S S U M<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010
Glänzender Gleiter<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Ring 193, 80807 München<br />
Telefon (089)32394–0<br />
Telefax (089)32394–306<br />
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www.maurer-soehne.de<br />
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für Kalottenlager!<br />
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Neue Metall-Gleitlegierung MSA ® ,<br />
speziell für Kalotten in Brücken- und<br />
Hochbaugleitlagern entwickelt.<br />
■ Glänzend: Spezielle Oberflächenbehandlung<br />
für geringeren Gleitwiderstand<br />
und Verschleiß<br />
■ Beständig gegen Industrieluft,<br />
insbesondere gegen Fluor und<br />
Chlorionen<br />
■ Höhere Korrosionsbeständigkeit<br />
■ Bessere Wirtschaftlichkeit<br />
■ Längere Lebensdauer<br />
■ Allgemein bauaufsichtlich zugelassen<br />
(AbZ Z-16.4-436)<br />
Unsere Produktpalette<br />
■ MAURER Dehnfugen<br />
■ MAURER Bauwerkslager<br />
■ MAURER Erdbebenvorrichtungen<br />
■ MAURER Schwingungsdämpfer<br />
■ MAURER Bauwerksmonitoring