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Symposium<br />

<strong>FLUGHAFENBAU</strong><br />

Ausbau des Flughafens Frankfurt<br />

Dipl.-Ing. Horst Amann<br />

Neue Landebahn am Flughafen Frankfurt<br />

Dipl.-Ing. Claus Berndorfer<br />

26. und 27.10.2010 in Frankfurt am Main


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag<br />

Satz und Layout Christina Neuner<br />

Ausbau des Flughafens Frankfurt 3<br />

Horst Amann<br />

Neue Landebahn am Flughafen Frankfurt 14<br />

Claus Berndorfer<br />

Diese Publikation und alle in ihr enthaltenen Beiträge und<br />

Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde<br />

Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Publikation darf ohne<br />

schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form<br />

reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />

Sprache übertragen werden.<br />

Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />

Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 06 11/84 65 15<br />

Fax: 06 11/80 12 52<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Druck Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />

Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg


Ausbau des Flughafens Frankfurt<br />

Sicherung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit<br />

Flughafenbau 2010<br />

Cargo City Süd mit neuer Toranlage und Freiflächen<br />

© Fraport AG<br />

Dipl.-Ing. Horst Amann<br />

Bereichsleiter Realisierungsmanagement<br />

Flug- und<br />

Terminalbetrieb, Ausbau,<br />

Fraport AG, Frankfurt am Main<br />

Horst Amann (57) ist seit<br />

September 1997 in leitender<br />

Funktion bei der Fraport AG<br />

beschäftigt und zeichnet für<br />

den kapazitiven Ausbau<br />

verantwortlich.<br />

Einleitung<br />

Zur Sicherung der Wettbewerbs- und<br />

Zukunftsfähigkeit des Flughafens und damit<br />

auch der ganzen Region Rhein-Main hat es<br />

sich die Fraport AG zum Ziel gesetzt, den<br />

Airport Frankfurt auszubauen. Mit einem<br />

Volumen von rund vier Milliarden Euro<br />

handelt es sich bei diesem Ausbau um<br />

das umfassendste privatwirtschaftliche<br />

Konjunkturprojekt in Deutschland. Mittlerweile<br />

ist für einen Großteil der Baumaßnahmen<br />

die Halbzeit überschritten und<br />

insbesondere die Landebahn Nordwest<br />

nimmt deutlich Form an.<br />

Hoher Luftverkehrsbedarf<br />

Seit Jahren liegt die Nachfrage nach Starts<br />

und Landungen am Flughafen Frankfurt<br />

während der Spitzenzeiten ca. 15% über<br />

den aktuellen Möglichkeiten. Daran haben<br />

weder immer wieder auftretende Dämpfer<br />

in der Verkehrsentwicklung wie der Irakkrieg,<br />

SARS, der 11. September noch die<br />

weltweite Wirtschaftskrise etwas geändert.<br />

Dieser Engpass wird sich mittelfristig<br />

zudem weder durch Verkehrsverlagerung<br />

noch durch den Einsatz neuer Navigationsund<br />

Flugsicherungstechnologien lösen<br />

lassen. Der Kapazitätsausbau ist also der<br />

einzig gangbare Weg, um die Hubfunktion<br />

und die Position im internationalen Luftverkehr<br />

sowie die mehr als 70.000 Arbeitsplätze<br />

am Frankfurter Flughafen zu sichern<br />

und neue zu schaffen. 70.000 Arbeitsplätze,<br />

[3


das entspricht etwa der Einwohnerzahl<br />

von Rüsselsheim oder Hanau. In der Vergangenheit<br />

wurden die vorausberechneten<br />

Werte der langfristigen Prognosen für<br />

den Luftverkehrsbedarf nach Krisen stets<br />

mindestens erreicht, regelmäßig sogar<br />

überschritten. Das heißt, dass solche<br />

Einflüsse auf die Verkehrsentwicklung<br />

zwar den Zeitpunkt des erwarteten Verkehrsaufkommens<br />

etwas nach hinten<br />

schieben, es selbst aber nicht nachhaltig<br />

verringern.<br />

Kapazitätserweiterung heute<br />

Seit Inbetriebnahme des Flughafens Frankfurt<br />

am Main im Jahr 1936 sind Kapazitätsanpassungen<br />

aufgrund der stetig steigenden<br />

Verkehrsentwicklung immer wieder<br />

präsent. Der 1972 in Betrieb genommene<br />

Terminal 1, anfangs als viel zu groß dimensioniert<br />

kritisiert, wurde schon bald permanente<br />

Baustelle, um dem Wachstum<br />

folgen zu können. Die stark kontrovers<br />

diskutierte und von der umliegenden<br />

Bevölkerung vehement abgelehnte Startbahn<br />

18 von 1984 ist ebenfalls markanter<br />

Meilenstein dieser Entwicklung. Und<br />

bereits Ende der 1990er Jahre war der<br />

Bedarf nach einer weiteren Kapazitätssteigerung<br />

für die Zukunftssicherung<br />

deutlich erkennbar.<br />

Das bestehende Start-und-Landebahn-<br />

System war und ist an seine kapazitiven<br />

Grenzen gestoßen, und die Nachfrage der<br />

Luftverkehrsgesellschaften nach Startund<br />

Landezeiten (Slots) lässt sich nicht<br />

mehr erfüllen: Das hat auch Auswirkungen<br />

auf die Hubfunktion des Flughafens<br />

Frankfurt und unterstreicht die Notwendigkeit<br />

eines angemessenen Ausbaus.<br />

Ein Genehmigungsmarathon<br />

Im Vorfeld des für den Ausbau nötigen<br />

Planfeststellungsverfahrens wurde auf<br />

Anstoß des damaligen hessischen Ministerpräsidenten<br />

Hans Eichel die künftige Maßnahme<br />

einem Mediationsverfahren unterzogen.<br />

Ziel war es von Anfang an, das aus<br />

Sicht der Luftverkehrswirtschaft unverzichtbare<br />

Projekt, im Bewusstsein der<br />

öffentlichen Aufmerksamkeit und der politischen<br />

Brisanz, im Dialog mit der Öffentlichkeit,<br />

den umliegenden Kommunen und<br />

Anrainern zu betreiben. Die Mediationsgruppe,<br />

bestehend aus Vertretern von<br />

Kommunen, Bürgerinitiativen, Umweltverbänden<br />

sowie Vertretern der Wirtschaft<br />

und Luftverkehrswirtschaft etc., legte Anfang<br />

des Jahres 2000 ihren Bericht vor.<br />

Ein Paket aus fünf Elementen sollte Basis<br />

für den darin enthaltenen Ausbau sein:<br />

das Nachtflugverbot, die Optimierung des<br />

vorhandenen Bahnsystems, der Antilärmpakt,<br />

das Raumordnungsverfahren für<br />

den Ausbau sowie die Absplittung eines<br />

eigenen Planfeststellungsverfahrens für<br />

die Errichtung der der A380-Wartungshalle.<br />

Luftaufnahme<br />

des Flughafenareals<br />

vom Juni 2010<br />

© Fraport AG<br />

4] Flughafenbau 2010


Landebahn aus<br />

südöstlicher Sicht<br />

© Fraport AG<br />

Als Resultat der zahlreichen Varianten<br />

zeigte sich bei der Mediationsgruppe eine<br />

leichte Präferenz für einen Flughafenausbau<br />

im Nordwesten. Das jetzt folgende<br />

Raumordnungsverfahren wurde 2002 mit<br />

der »Landesplanerischen Beurteilung«<br />

abgeschlossen. Im Ergebnis wurde hier<br />

»die Vereinbarkeit der beiden Nordvarianten<br />

– Landebahn Nordwest und Landebahn<br />

Nordost – mit den Erfordernissen der<br />

Raumordnung hergestellt«. Ein Vergleich<br />

der beiden Nordvarianten ergab, dass die<br />

Landebahn Nordwest vorrangig mit den<br />

»Erfordernissen der Raumordnung in Einklang«<br />

gebracht werden konnte. Neben<br />

dem Planfeststellungsantrag für den kapazitiven<br />

Ausbau des Flughafens Frankfurt<br />

wurde Anfang des Jahres 2003 ein weiterer<br />

Planfeststellungsantrag für die Realisierung<br />

des neuen Wartungsbereichs des<br />

A380 eingereicht. Damit entsprach die<br />

Fraport AG dem Wunsch der Lufthansa,<br />

Flugzeuge eines solchen Typs in Frankfurt<br />

zu stationieren. Hintergrund für die Durchführung<br />

eines eigenständigen Verfahrens<br />

war die Tatsache, dass der Einsatz des<br />

A380 unabhängig vom Ausbau des Flughafens<br />

erfolgen würde. Die Entscheidung<br />

für die Wartungshalle war Bedingung der<br />

Lufthansa, um Frankfurt als Homebase<br />

weiter zu etablieren. Der Planfeststellungsbeschluss<br />

für die A380-Werft wurde<br />

am 26. November 2004 vom Hessischen<br />

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und<br />

Landesentwicklung erlassen, die Wartungshalle<br />

konnte frühzeitig errichtet<br />

und damit der Standort Frankfurt als<br />

Homebase für die Lufthansa langfristig<br />

gesichert werden.<br />

Flughafenbau 2010<br />

Ende des Jahres 2004 reichte die Fraport<br />

AG als Vorhabensträgerin bei der Anhörungsbehörde,<br />

dem Regierungspräsidium<br />

Darmstadt, die vervollständigten Planfeststellungsunterlagen<br />

für den Ausbau des<br />

Flughafens Frankfurt zur Auslegung ein,<br />

wobei mit der Antragstellung auch eine<br />

Umweltverträglichkeitsuntersuchung<br />

durchgeführt und sämtliche Unterlagen<br />

nach ordnungsgemäßer Bekanntmachung<br />

im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

in 51 Kommunen ausgelegt wurden.<br />

Im Ergebnis des Anhörungsverfahrens wurde<br />

von der Fraport AG im Frühjahr 2007<br />

eine Änderung der Planung und der zugehörigen<br />

Unterlagen dahingehend vorgenommen,<br />

dass die Ist-Situation auf das<br />

Jahr 2005 und der Prognosehorizont auf<br />

das Jahr 2020 aktualisiert wurden. Diese<br />

Aktualisierung der Planfeststellungsunterlagen<br />

zog eine erneute Auslegung sowie<br />

ein weiteres, ergänzendes Anhörungsverfahren<br />

nach sich, in dessen Rahmen wiederum<br />

Einwendungen eingingen. In der<br />

Folge wurden daher weitere Anhörungen<br />

veranstaltet sowie die Unterlagen nochmals<br />

ergänzt und angepasst.<br />

Am 18. Dezember 2007 wurde der Planfeststellungsbeschluss<br />

zum Ausbau des<br />

Verkehrsflughafens Frankfurt am Main vom<br />

Hessischen Ministerium für Wirtschaft,<br />

Verkehr und Landesentwicklung letztlich<br />

erlassen. Vom ersten Anstoß Ende 1997,<br />

Anfang 1998 vergingen somit etwa zehn<br />

Jahre: ein Zeitraum für die erforderlichen<br />

Genehmigungsverfahren, der vor dem<br />

Hintergrund der Vielschichtigkeit und der<br />

enormen Anforderungen der Behörden<br />

insbesondere im Umweltbereich zu ähnlichen<br />

Infrastrukturgroßprojekten eher kurz<br />

ausgefallen ist.<br />

Ausgleich, Ersatz und Kohärenz<br />

Im Rahmen des Ausbaus wurden und werden<br />

umfangreiche Vermeidungs-, Verminderungs-<br />

und Schutzmaßnahmen durchgeführt.<br />

Bereits im Vorfeld der Bauarbeiten<br />

wurden tausende geschützte Tiere wie die<br />

Zauneidechse oder der Hirschkäfer (rund<br />

250 mit Hirschkäferlarven besetzte Baumwurzelstöcke)<br />

umgesiedelt und mehrere<br />

hundert künstliche Baumhöhlen gebohrt,<br />

um nur einige wenige Beispiele zu nennen.<br />

Ebenso einzigartig ist die Errichtung eines<br />

300 m langen und ca. 10 m hohen Schutzvorhangs<br />

am Mönchwaldsee, der in<br />

direkter Nähe zur neuen Landebahn liegt,<br />

um Wasservögel vor Irritationen zu bewahren.<br />

[5


6]<br />

Insgesamt wird der Eingriff in die Natur<br />

durch den Flughafenausbau auf 2312,44 ha<br />

kompensiert. Darin enthalten sind unter<br />

anderem Ersatzaufforstungen nach dem<br />

Forstgesetz auf einer Fläche von 288,36 ha<br />

für den Verlust von 281,67 ha Wald: Neuanlage<br />

von Wald auf 13 zuvor intensiv<br />

landwirtschaftlich genutzten Teilflächen<br />

im Rhein-Main-Gebiet. Angrenzend an die<br />

Ersatzaufforstungen erfolgen zudem aufwertende<br />

Maßnahmen auf 28,29 ha, die<br />

rein naturschutzrechtlich bilanziert werden,<br />

wie zum Beispiel die Neuanlage von<br />

Streuobstwiesen.<br />

Landebahn Nordwest<br />

im Oktober 2011<br />

© Fraport AG<br />

Aber auch die Renaturierung des ehemaligen,<br />

102,91 ha umfassenden Munitionsdepots<br />

bei Mörfelden-Walldorf mit einem<br />

Rückbau der noch existierenden Bunker<br />

und Gebäude, dem Abbruch des Zaunes,<br />

der Umwidmung der dort vorherrschenden<br />

naturfernen Waldbestände in naturnahen<br />

Laubwald und die Aufwertung eines<br />

Amphibiengewässers gehört zu den Ausgleichsmaßnahmen,<br />

die von der Fraport<br />

AG geleistet werden. Ziel sind die Öffnung<br />

und Gestaltung des Geländes für die Erholungsnutzung.<br />

Einmalig ist darüber hinaus das Einbringen<br />

von stehendem und liegendem Totholz in<br />

die umliegenden Wälder zur Förderung des<br />

Habitatangebotes vor allem für (totholzbewohnende)<br />

Käfer und Spechte zur Stärkung<br />

des Ökosystems. Diese Vorkehrungen<br />

erfüllen zum Teil gleichzeitig die Kriterien<br />

als »Kohärenzmaßnahmen« zur Sicherung<br />

des kohärenten europäischen Schutzgebietsnetzes<br />

Natura 2000, die aufgrund<br />

der durch den Flughafenausbau verursachten<br />

Beeinträchtigungen der Flora-<br />

Fauna-Habitat-Gebiete »Kelsterbacher<br />

Wald« sowie »Mark- und Gundwald«<br />

erforderlich werden. Für alle Ökomaßnahmen<br />

zusammen investiert die Fraport AG<br />

ca. 160 Millionen Euro.<br />

Neue Landebahn als Kernstück<br />

Zwischen dem Startschuss für den tatsächlichen<br />

Beginn der Bauarbeiten und<br />

dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses<br />

lag über ein Jahr. Erst am 20. Januar<br />

2009 begann die Fraport AG mit den ersten<br />

Rodungsarbeiten zum Bau der Landebahn<br />

Nordwest und damit genau fünf Tage,<br />

nachdem die Eilanträge gegen den Ausbau<br />

des Flughafens durch den Verwaltungsgerichtshof<br />

in Kassel abgelehnt worden<br />

waren. Bis dahin hatte sich die Fraport AG<br />

aus Respekt vor der Unabhängigkeit des<br />

Gerichtes und als Beitrag zur Versachlichung<br />

der Diskussion an die eigene Selbst-<br />

erklärung gehalten, bis zur Entscheidung<br />

des Verwaltungsgerichtshofes keine unumkehrbaren<br />

Tatsachen zu schaffen. In<br />

dieser Zeit wurden mit Hochdruck die Ausführungsplanung<br />

vorangetrieben und die<br />

Bauvergaben vorbereitet – immer noch<br />

mit der Erschwernis, dass die künftige<br />

Baufläche nicht betreten werden konnte,<br />

was gerade für die Fragen der Gründungen,<br />

der Vermessung und des Bodenmanagements<br />

nicht unerheblich war.<br />

Das war auch der ausschlaggebende<br />

Grund, weshalb sämtliche Vorhaben im<br />

Rahmen des Ausbaus, von ganz wenigen<br />

Ausnahmen abgesehen, in verschiedenen<br />

Projekten geordnet und mittels klassischer<br />

Einzelvergabeverfahren beauftragt wurden.<br />

Flughafenbau 2010


Das Gelände für den Bau der Landebahn<br />

Nordwest ist 220 ha groß – das entspricht<br />

etwa 300 Fußballfeldern. Die gesamte<br />

Fläche war, wie fast das gesamte Umland<br />

des Flughafens Frankfurt, Wald, die folglich<br />

zuerst gerodet werden musste. Wie bereits<br />

beschrieben, hat die Fraport AG die Eilentscheidung<br />

des Verwaltungsgerichtshofes<br />

Kassel abgewartet. Danach galt aber ein<br />

äußerst ambitionierter Zeitplan, ohne dessen<br />

Einhaltung die vorgesehene Inbetriebnahme<br />

der Landebahn Nordwest zum<br />

Winterflugplan 2011 von Anfang an in<br />

Frage gestanden hätte. Als Erstes wurde<br />

daher das Betretungsrecht für die Baufläche<br />

geschaffen, indem dem Verwaltungsgerichtshof<br />

die Absicht angezeigt<br />

wurde, bei Vorliegen seiner Entscheidung<br />

in den Eilverfahren mit der Rodung und den<br />

Baumaßnahmen zu beginnen: Den Zugang<br />

sicherte auf entsprechenden Antrag beim<br />

Regierungspräsidium Darmstadt eine »Vorzeitige<br />

Besitzeinweisung« für bestimmte,<br />

dem Verwaltungsgerichtshof vorher angezeigte<br />

Maßnahmen. Am 20. Januar 2008<br />

konnte dann mit der Rodung begonnen<br />

werden. Doch der zeitliche Rahmen war<br />

sehr begrenzt, denn bereits ab dem 1. März<br />

mussten die Baumfällarbeiten wegen der<br />

beginnenden Vegetationsperiode, gleichzusetzen<br />

mit den Brutaktivitäten der Waldfauna,<br />

wieder eingestellt werden. Deshalb<br />

erfolgte die Einteilung in zwei Phasen:<br />

Flughafenbau 2010<br />

So ließ sich erreichen, dass zumindest<br />

die Flächen für die dringendsten Baumaßnahmen,<br />

die Erdverlegung von Starkstromleitungen<br />

und die Verlagerung eines noch<br />

in Betrieb befindlichen Umspannwerks,<br />

sowie der Abschnitt für den Bau des Straßentunnels<br />

unter der Landebahn Nordwest<br />

tatsächlich bis zum 1. März 2008 gerodet<br />

und somit baureif waren.<br />

Ausbauthema: Massetransporte<br />

© Fraport AG<br />

Für die Herstellung der Landebahn selbst<br />

wurden über 2.500.000 m³ Erde bewegt, um<br />

440.000 m² befestigte Fläche aus Beton für<br />

die Roll-, Abroll- und Taxiwege sowie aus<br />

Asphalt für die befestigten Schultern,<br />

Straßen und Wege im Baufeld der Landebahn<br />

zu errichten und die dazwischenliegenden<br />

Areale zu modellieren. Hierbei<br />

war es ein Ziel, so wenig wie möglich<br />

Abfuhr von für den Bau nicht brauchbaren<br />

und Zufuhr geeigneter Bodenmassen zu<br />

erzielen. Dies war vor dem Hintergrund,<br />

dass mangels Betretungsrechts bis zur<br />

Vergabe der ersten Maßnahmen eine<br />

terrestrische Vermessung nicht stattgefunden<br />

hatte, keine einfache Aufgabe. Doch<br />

mit dem Überschreiten von mehr als der<br />

Hälfte der Bauzeit, zeigt sich, dass das<br />

Bodenmassenkonzept mit nur sehr geringen<br />

Abweichungen aufgegangen ist.<br />

[7


8]<br />

Brücken für die Flugzeuge<br />

Die Anbindung an das vorhandene Flughafengelände<br />

erfolgt über zwei Rollwege,<br />

in deren Zuge fünf einzelne Brückenbauwerke<br />

entstehen. Die beiden größten und<br />

anspruchsvollsten sind die Rollbrücken Ost<br />

1 und West 1: Über beide werden die Flug-<br />

Rollbrücke West 1 mit Leitungsbrücke<br />

© Fraport AG<br />

zeuge die Bundesautobahn A3 und die<br />

ICE-Strecke Köln–Frankfurt am Main überqueren.<br />

Hinzu kommen die Brückenbauwerke<br />

West 2 und Ost 2, die über den<br />

Airportring führen, sowie die Brücke Ost 3,<br />

die sich auf dem jetzigen Flughafengelände<br />

Rollbrücke West 1 nach Fertigstellung<br />

© Fraport AG<br />

Querschnitt der<br />

Rollbrücke Ost 1<br />

© Fraport AG<br />

Rollbrücke Ost 1 im Bau<br />

© Fraport AG<br />

befindet. Die Rollbrücke West 1 wird in<br />

Rollbahnachse mehr als 90 m lang und bis<br />

zu 117 m breit, die Rollbrücke Ost 1 mehr<br />

als 200 m lang und bis zu 220 m breit; Baubeginn<br />

für beide Rollbrücken war im September<br />

2009.<br />

Flughafenbau 2010


Flughafenbau 2010<br />

(Künftige)<br />

Rollbrücke West 2<br />

am Airportring<br />

© Fraport AG<br />

Sowohl bei der Rollbrücke Ost 1 als auch<br />

bei der Rollbrücke West 1 handelt es sich<br />

um vorgespannte Dreifeldrahmentragwerke<br />

in Fertigteilbauweise, wobei im Rollbahnbereich<br />

Schleppplatten angeordnet<br />

sind. Mitentscheidend für die Wahl dieser<br />

Konstruktionen war, dass die extrem belastete<br />

Bundesautobahn A3 nur in wenigen,<br />

knapp bemessenen Zeiträumen voll gesperrt<br />

werden konnte, was für das Auflegen<br />

der Fertigteile reicht. Jede andere<br />

Alternative, zum Beispiel in Ortbeton, hätte<br />

wesentlich größere Behinderungen des<br />

Verkehrs verursacht und wäre daher aus<br />

Sicht des Straßenbaulastträgers kaum<br />

genehmigungsfähig gewesen.<br />

Insgesamt wurden in drei zeitlichen Blöcken<br />

bei jeweiliger, meist nächtlicher Vollsperrung<br />

einer Fahrtrichtung der Autobahn<br />

275 Fertigteile mit Spannweiten zwischen<br />

26 m und knapp 33 m aufgelegt, die zuvor<br />

im Werk hergestellt und dann per Bahn<br />

in die Cargo City Süd des Flughafens gebracht<br />

wurden. Hier bestand die Möglichkeit<br />

eines entsprechend großen Zwischenlagers,<br />

so dass sich das Beifahren der<br />

Fertigteile in den jeweiligen Sperrpausen<br />

logistisch optimal organisieren ließ.<br />

Beide Großbrücken gründen auf Bohrpfählen<br />

mit einem Durchmesser von 1,20 m<br />

in einem Abstand von 3 m, die bis zu 18 m<br />

lang sind und bis unterhalb des Grundwasserspiegels<br />

reichen; insgesamt wurden<br />

409 Bohrpfähle abgetäuft. Nach vollständiger<br />

Auflage aller Fertigteile wurde eine<br />

Ortbetonergänzung auf den Brücken aufgebracht,<br />

um schließlich die 25 cm dicke<br />

Stahlbetonfahrbahn zu realisieren.<br />

Auflegen der Fertigteile<br />

© Fraport AG<br />

Bei der in den Abmessungen kleineren<br />

Rollbrücke Ost 2 handelt es sich um einen<br />

vorgespannten Einfeldrahmen in Fertigteilbauweise,<br />

während für die Rollbrücken<br />

West 2 und Ost 3 Ein- bzw. Zweifeldrahmentragwerke<br />

in Ortbetonbauweise<br />

gewählt wurden.<br />

[9


10]<br />

Zusätzliches Tunnelbauwerk<br />

Nahezu fertiggestellt ist ein Bauwerk –<br />

seine offizielle Freigabe für den Verkehr<br />

findet am 15. November 2010 statt –, das<br />

die Okrifteler Straße unter der Landebahn<br />

hindurchführt: ein 576,80 m langer Tunnel,<br />

ergänzt durch Trogstrecken mit einer<br />

Gesamtlänge von ca. 450 m. Seine Breite<br />

ergibt sich aus den beiden 3,50 m breiten<br />

Querschnitt des Tunnels<br />

© Fraport AG<br />

Fahrstreifen, je zwei Randstreifen à 0,50 m<br />

und zwei 1 m breiten Notgehwegen. Hinzu<br />

kommen ein 3 m breiter Rad- und Gehweg<br />

sowie der auf der östlichen Seite angeordnete<br />

Rettungsweg. Einschließlich der Tunnelwände<br />

bedeutet das eine Gesamtbreite<br />

von gut 18 m; die lichte Höhe des Fahrraumes<br />

beträgt 4,50 m.<br />

Mönchwaldtunnel<br />

unter der Landebahn<br />

© Fraport AG<br />

Die Okrifteler Straße verbindet die Städte<br />

Kelsterbach und Mörfelden-Walldorf. Sie<br />

befindet sich nordwestlich des Flughafens,<br />

von der Bundesstraße B43 kommend, im<br />

Kelsterbacher Wald und überquert die<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln–Rhein-<br />

Main sowie die BAB A3 und verläuft dann<br />

entlang der westlichen und südwestlichen<br />

Flughafengrenze in Richtung Walldorf.<br />

Besondere Herausforderung für die Ingenieure:<br />

Der Tunnel liegt bis zu 6 m tief im<br />

Grundwasser. Zunächst musste daher mit<br />

Spundbohlen und Unterwasserbeton eine<br />

wasserdichte Baugrube entstehen. Die<br />

gewählte Bauweise minimierte die abzuleitende<br />

Grundwassermenge und verhinderte,<br />

dass der Pegel absank. Das abgepumpte<br />

Wasser wurde nach Reinigung in<br />

bauzeitlichen Becken zudem wieder versickert.<br />

Rund 330.000 m³ waren für die<br />

Straßenverlegung und den Tunnel zu<br />

bewegen, wobei insgesamt 48.000 m³<br />

Stahlbeton und 6.500 t Stahl eingebracht<br />

wurden.<br />

Flughafenbau 2010


Erst nach Fertigstellung des Tunnels kann<br />

dieses Teilstück mit der Landebahn überbaut<br />

werden. Doch nicht nur in seiner<br />

Dimensionierung ist der Tunnel ein beeindruckendes<br />

Bauwerk, auch die Sicherheitsausstattung<br />

kann sich sehen lassen,<br />

denn sie genügt höchsten Standards: sieben,<br />

in einem Abstand von ca. 70 m angeordnete<br />

Fluchttüren, Notrufstationen mit<br />

Sprechstelle, Brandmelder und Handfeuerlöschern.<br />

Eine lückenlose Videoüberwachung<br />

wird mittels 25 Kameras gewährleistet,<br />

komplettiert durch Tunnel- und<br />

Verkehrsfunk sowie eine Lautsprecheranlage.<br />

Zusätzlich verfügt der Tunnel sowohl<br />

in seiner gesamten Länge als auch im<br />

Rettungsweg über installierte lineare<br />

Temperaturfühler zur automatischen<br />

Brandmeldung, eine Löschwasserversorgung<br />

mit sieben Löschwasserentnahmestellen<br />

im Innern und zwei an den Portalen.<br />

Flughafenbau 2010<br />

Längsschnitt des Tunnelbauwerks<br />

© Fraport AG<br />

Und schließlich gibt es eine kombinierte<br />

Fluchtwegkennzeichnung und Orientierungsbeleuchtung<br />

im Abstand von 25 m<br />

sowie Markierungsknöpfe im Abstand von<br />

1 m, die sich zwischen der durchgehenden<br />

Doppellinie, die die Fahrstreifen voneinander<br />

trennt, befinden.<br />

Tunnelbaugrube mit Wasser<br />

© Fraport AG<br />

[11


12]<br />

60 km Entwässerungskanäle<br />

Auch Grundwasserschutz und ortsnahe<br />

Versickerung von Niederschlagswasser<br />

sind ein wichtiges Thema: Für die Entwässerung<br />

der Landebahn Nordwest entstehen<br />

zwei Speicherbecken, acht Bodenfilter,<br />

acht Mess- und Regelschächte, zwei<br />

Ablaufpumpwerke sowie zwei Rigolenbecken<br />

– einschließlich der zugehörigen<br />

Leitungsverbindungen. Alle diese Anlagen<br />

dienen der qualifizierten Abführung des auf<br />

der Landebahn Nordwest anfallenden Niederschlagswassers.<br />

Das ist insbesondere<br />

für die Wintermonate dringend erforderlich,<br />

dann ist das Wasser nämlich mit Enteisungsmitteln<br />

behaftet.<br />

Speicherbecken an der Landebahn<br />

© Fraport AG<br />

Ergänzung der Rollwege<br />

Wenngleich die neue Landebahn das Kernstück<br />

des gesamten Ausbaus des Frankfurter<br />

Flughafens und die Voraussetzung für<br />

die Herstellung der notwendigen Kapazitäten<br />

für die Zukunft bildet, braucht es weitere<br />

umfangreiche Baumaßnahmen für<br />

seine Erweiterung, insbesondere um die<br />

Zuführung der Flugzeuge zu den Passagierund<br />

Frachtabfertigungsanlagen zu sichern.<br />

So entstehen für die Anbindung der Landebahn<br />

Nordwest an den vorhandenen Flughafen<br />

rund 9 km Abroll- und Rollwege<br />

sowie im bereits existierenden Rollbahnsystem<br />

eine Erweiterung um fast 18 km in<br />

Form eines parallelen Ringschlusses um<br />

den gesamten Flughafen und zahlreicher<br />

Schnellabroll-, Abroll- und Zurollwege zu<br />

den Start- und Landebahnen. Sie gewährleisten,<br />

dass das Mehr an Verkehr auch<br />

in der entsprechend kurzen Zeit von der<br />

Landung zu den Abfertigungsanlagen und<br />

danach wieder zu den Startpositionen<br />

geführt werden kann. Damit einhergehend<br />

sind natürlich Vorkehrungen zur Befeuerung<br />

der Rollwege und weitere technische<br />

Ausstattungen zu realisieren: Zur Führung<br />

und Orientierung der Flugzeuge werden<br />

die Rollbahnen mit einer sogenannten Rollbahnmittellinienbefeuerung<br />

ausgerüstet.<br />

Hierbei handelt es sich um in den Rollbahnbelag<br />

integrierte, überrollfähige, in<br />

beide Richtungen mit grünem Licht strahlende<br />

Leuchten, von denen ca. 2.000 installiert<br />

werden. Weiterhin werden die Rollbahnen<br />

am rechten und linken Rand eine<br />

Rollbahnrandbefeuerung aufweisen, also<br />

blau leuchtende Feuer, die jeweils im Abstand<br />

von ca. 60 m angeordnet sind. Zur<br />

Bewältigung der künftigen Betriebsvorgänge<br />

auf dem Frankfurter Flughafen wird<br />

es zudem erforderlich, zusätzlich Nachenteisungsflächen,<br />

sogenannte Deicing Pads<br />

vorzusehen, damit die Flugzeuge entweder<br />

unmittelbar vor dem Start oder, wenn sie<br />

bereits an der Abfertigungsposition enteist<br />

wurden, nach entsprechender Rollzeit zur<br />

Startposition noch einmal enteist werden<br />

können, um für problemfreie Startvorgänge<br />

zu sorgen.<br />

Flughafenbau 2010


Terminal 3<br />

Der Terminal 3 ist für 50 Gebäude- und 25<br />

Vorfeldpositionen und eine Abfertigungskapazität<br />

von 18,40 Millionen Passagieren<br />

via Land- sowie 34,50 Millionen via Luftseite<br />

konzipiert worden, wobei das Frachtund<br />

Passagiervorfeld eine Fläche von<br />

1.400.000 m² einnehmen sollen. Die architektonische<br />

Gestaltung des Bauwerks<br />

stammt von Professor Christoph Mäckler<br />

aus Frankfurt am Main, dem Sohn des<br />

Architekten von Terminal 1 und dem alten<br />

Empfangsgebäude Ost, an dessen Stelle<br />

mittlerweile der Terminal 2 errichtet wurde.<br />

Die Zufahrt über die Autobahn BAB A5<br />

wird neu dimensioniert und mit 9.800<br />

öffentlichen Parkplätzen am Terminal 3<br />

ergänzt, so dass für eine optimale Erreichbarkeit<br />

mit dem Pkw gesorgt sein wird.<br />

Was die zeitliche Realisierung betrifft,<br />

bleibt zu berücksichtigen, dass der Bedarf<br />

am Frankfurter Flughafen hinsichtlich der<br />

Kapazitätserweiterung sehr unterschiedlich<br />

ausfällt: Ebenso unverzichtbar wie die<br />

schnellstmögliche Erweiterung der Landekapazitäten<br />

ist die der Abstellflächen für<br />

Flugzeuge, und zwar für die Abfertigung<br />

wie für reine Abstellvorgänge. Demzufolge<br />

werden bereits mit Hochdruck die künftigen<br />

Vorfeldflächen im Bereich des Terminals<br />

3 gebaut, so dass ab Sommer 2011 mit<br />

ersten verfügbaren neuen Positionen zu<br />

rechnen ist. Die Passagierabfertigungskapazitäten<br />

in den Terminals dagegen sind<br />

noch nicht gänzlich ausgeschöpft, doch für<br />

die zukünftige Passagierentwicklung müssen<br />

auch hier Kapazitäten geschaffen werden.<br />

Das geschieht zum einen innerhalb<br />

des Bestands – derzeit werden Vorhaben<br />

Flughafenbau 2010<br />

im Nordbereich des Flughafens mit dem<br />

neuen Pier »A-Plus« als Erweiterung des<br />

Terminals 1 als markantestem Punkt realisiert<br />

–, und zum anderen ist der Hochbau<br />

für das künftige Terminal 3 im Süden zeitlich<br />

so geplant ist, dass ein erster Bauabschnitt<br />

zum Jahresende 2016 in Betrieb<br />

gehen wird. Die hierfür erforderlichen Planungsleistungen<br />

sind bereits angestoßen,<br />

das Projekt läuft deshalb ebenfalls mit<br />

Hochdruck. Die Inbetriebnahme des ersten<br />

Abschnitts erfolgt jedoch aus kapazitiver<br />

Sicht vertretbar mit etwas zeitlichem Verzug<br />

zur Inbetriebnahme der Landebahn<br />

und der Vorfeldflächen.<br />

Frachtbereich Süd<br />

Derzeit verfügt der Flughafen Frankfurt<br />

am Main über ca. 73,50 ha ausgewiesene<br />

Frachtflächen, auf denen 2005 ein Frachtaufkommen<br />

von 2.675.000 t einschließlich<br />

Trucking und Transit abgefertigt wurde. Im<br />

Jahr 2020 wird das Frachtaufkommen aber<br />

laut Prognose auf ca. 4.600.000 t anwachsen,<br />

wodurch unter Berücksichtigung<br />

einer um ca. 10% zu steigernden Flächenproduktivität<br />

in den bestehenden Anlagen<br />

der Cargo City Süd ein Mehrbedarf von<br />

ca. 22 ha gedeckt werden muss. Dazu<br />

werden neue Frachtvorfeldflächen im<br />

Süden, auf einer Fläche von 92.600 m²,<br />

geschaffen.<br />

Fazit<br />

Mit dem derzeitigen Ausbau ist die Entwicklung<br />

des Flughafens noch lange nicht<br />

abgeschlossen. In den nächsten Jahren<br />

wachsen mit dem sogenannten Mönchhofgelände<br />

und den »Gateway Gardens« ganz<br />

neue Stadtteile heran mit speziell zugeschnittenen<br />

Angeboten für Transport-<br />

und Logistikunternehmen. Bereits kurz vor<br />

der Vollendung steht das gläserne Airrail-<br />

Center »The Squaire« direkt über dem<br />

Fernbahnhof. Doch es sind der Bau und die<br />

Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest<br />

im Oktober 2011, die den Grundstein für<br />

den kapazitiven Ausbau und somit eine<br />

zukunftsfähige Entwicklung des Flughafens<br />

Frankfurt gelegt haben.<br />

Fraport – Fit for Future!<br />

Dipl.-Ing. Horst Amann<br />

Bereichsleiter<br />

Realisierungsmanagement Flugund<br />

Terminalbetrieb, Ausbau<br />

Fraport AG,<br />

Frankfurt am Main<br />

[13


14]<br />

Gesamtes Flughafengelände<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Einleitung<br />

Dem Airport Frankfurt kommt von jeher<br />

eine überragende Bedeutung als Drehscheibe<br />

im internationalen Luftverkehr<br />

zu. Für das Rhein-Main-Gebiet, in dessen<br />

Dipl.-Ing. Claus Berndorfer<br />

Bereichsleiter Infrastruktur<br />

Nordbayern und Hessen,<br />

Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG, Neumarkt<br />

Neue Landebahn am Flughafen Frankfurt<br />

Bau der Rollbrücken über die Bundesautobahn A 3<br />

Herzen er liegt, stellt er das Fundament<br />

für die wirtschaftliche Entwicklung und<br />

die Prosperität der Bevölkerung dar. Um<br />

seine Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft<br />

sichern zu können, wird derzeit ein umfangreiches<br />

Ausbauprogramm realisiert, mit<br />

dem die Kapazität des Airports auf mehr<br />

als 700.000 Flugbewegungen pro Jahr<br />

erweitert werden soll.<br />

Ein wichtiger Baustein dieses Ausbauprogramms<br />

ist die Herstellung einer 2.800 m<br />

langen Landebahn nördlich seines derzeitigen<br />

Areals. Zwischen neuer Landebahn<br />

und bisherigem Flughafengelände verlaufen<br />

mit der Bundesautobahn A3 und der<br />

ICE-Strecke Köln–Rhein-Main aber zwei<br />

der wichtigsten Magistralen im innereuropäischen<br />

Verkehr. Ihr Anschluss an die<br />

vorhandenen Betriebsflächen erfolgt deshalb<br />

über zwei Rollbrücken, die sowohl<br />

die Bundesautobahn als auch die ICE-<br />

Strecke überspannen.<br />

An der Ausschreibung zur Errichtung der<br />

beiden Rollbrücken beteiligte sich nun<br />

die Firmengruppe Max Bögl. Die Unternehmensbereiche<br />

Ingenieurbau, Straßen- und<br />

Tiefbau, Spezialtiefbau, Fertigteilbau, Verkehrssicherung<br />

und Transport und Geräte<br />

entwickelten in gemeinsamer enger Zusammenarbeit<br />

ein Konzept, das hinsichtlich<br />

Qualität, Logistik und Baubetrieb eine<br />

optimale Abwicklung der Maßnahme vorsah.<br />

Es überzeugte nicht nur unter ökonomischen<br />

Aspekten, so dass der Auftrag<br />

von der Fraport AG im August 2009 entgegengenommen<br />

werden konnte. Die<br />

Arbeiten, die kurz nach Auftragserteilung<br />

begonnen wurden, sind derzeit noch im<br />

vollen Gange.<br />

Flughafenbau 2010


Vorstellung des Bauentwurfs<br />

Hauptgegenstand des Bauvertrages ist die<br />

Erstellung von zwei Rollbrücken über die<br />

Fahrspuren der Bundesautobahn (BAB) A3<br />

und die Gleise der ICE-Trasse Köln–Rhein-<br />

Main. Daneben gehört noch die Errichtung<br />

einer Leitungs- und einer Straßenbrücke<br />

mit zum vertraglichen Umfang, was hier<br />

nur ergänzend zu erwähnen ist. Der Bauwerksentwurf<br />

wurde vom Auftraggeber<br />

vorgegeben.<br />

Rollbrücke Ost: Schnitt<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Flughafenbau 2010<br />

Die beiden Rollbrücken unterscheiden sich<br />

lediglich in ihren Hauptabmessungen voneinander.<br />

Beide folgen jedoch annähernd<br />

identischen Konzeptionen.<br />

Hauptabmessungen:<br />

Die unterschiedlichen Hauptabmessungen<br />

resultieren weniger aus der Lage der zu<br />

überspannenden Magistralen als vielmehr<br />

aus unterschiedlichen Kreuzungswinkeln.<br />

Während die Rollbahn West die Autobahn<br />

und die ICE-Trasse in einem Kreuzungswinkel<br />

von ca. 70° überwindet, findet bei der<br />

Rollbrücke Ost mit ca. 32° eine spitzwinklige<br />

Überquerung statt. Aufgrund dieser<br />

geometrischen Randbedingungen ergeben<br />

sich folgende Hauptabmessungen:<br />

– Rollbrücke West<br />

Einzelstützenweiten:<br />

ca. 25 m + ca. 25 m + ca. 30 m = ca. 80 m<br />

Brückenbreite: ca. 82 m<br />

– Rollbrücke Ost<br />

Einzelstützweiten:<br />

ca. 33 m + ca. 28 m + ca. 28 m = ca. 89 m<br />

Brückenbreite: ca. 207 m<br />

Rollbrücke Ost: Draufsicht<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Bauwerksentwurf:<br />

Die Konzeption des Bauwerksentwurfs<br />

sah die Ausführung beider Brücken als<br />

Ein- bis Dreifeldrahmen in integraler Bauweise<br />

mit Schleppplatten hinter den<br />

Widerlagern vor.<br />

Gründung:<br />

Die Gründung der Pfeiler- und Widerlagerwände<br />

erfolgte mittels einer Bohrpfahlreihe<br />

je Auflagerachse. Bohrpfähle mit einem<br />

Durchmesser von 120 cm kamen mit einem<br />

Regelabstand von 3 m in der jeweiligen<br />

Achse zur Ausführung.<br />

[15


16]<br />

Rückansicht der Fertigteile<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Unterbauten:<br />

Auf die Bohrpfähle wurden Pfahlkopfbalken<br />

mit Querschnittsmaßen von b/h =<br />

180/120 cm angeordnet. Aus Platzgründen<br />

kamen diese zwischen den Richtungsfahrbahnen<br />

auf der BAB A3 im Schutze von<br />

temporären Spundwandverbauten zur Ausführung.<br />

Die eigentlichen Rahmenwände<br />

wurden als fugenlose Wände mit Dicken<br />

von 120 cm realisiert, im Bereich der Köpfe<br />

erfolgte jedoch eine Aufweitung auf 170 cm<br />

bei den Zwischen- bzw. auf 185 cm bei<br />

den Widerlagerwänden. Die aus der fugenlosen<br />

Bauweise resultierenden Zwangsspannungen<br />

wurden durch Einlegen entsprechender<br />

Bewehrungen abgetragen –<br />

mit der Konsequenz von unüblich hohen<br />

Bewehrungsgraden.<br />

Fertigteil mit Auflagerkonsolen<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Überbaukonstruktion:<br />

Bei der Konzeption der Überbaukonstruktionen<br />

waren folgende Randbedingungen<br />

zu berücksichtigen:<br />

– Bedingt durch das einzuhaltende<br />

Lichtraumprofil über der BAB A3 und<br />

ICE-Trasse bei gleichzeitiger Berücksichtigung<br />

der Rollbahngradiente<br />

verblieb eine zur Verfügung stehende<br />

konstruktive Bauhöhe von ca. 200 cm.<br />

– Der Abstand zwischen Unterkante<br />

Überbau und Oberkante Lichtraumprofil<br />

ließ keinen Platz für eine Rüstungskonstruktion.<br />

Damit schied eine<br />

Ortbetonlösung für den Überbau aus.<br />

– Der Bahnbetrieb auf der ICE-Trasse<br />

Köln–Rhein-Main durfte durch die<br />

Maßnahme nicht beeinträchtigt werden.<br />

Arbeiten im bzw. über der Gleisanlage<br />

konnten nur innerhalb der<br />

regulären Betriebsruhe zwischen<br />

0:30 Uhr und 4:30 Uhr erfolgen.<br />

– Vollsperrungen der BAB A3 durften<br />

nur innerhalb nächtlicher Sperrpausen<br />

außerhalb der Ferienzeiten und an<br />

Wochenenden erfolgen.<br />

Die beschriebenen Randbedingungen führten<br />

dazu, dass man sich für eine Tragkonstruktion<br />

aus vorgespannten Fertigteilen<br />

entschied, die außerhalb des Baubereichs<br />

gefertigt und während der genannten<br />

Sperrpausen montiert wurden. Die Spannbetonfertigteile<br />

wurden als T-Träger konzipiert<br />

mit Flanschbreiten von 223 cm,<br />

Bauhöhen von 140 cm und Balkenbreiten<br />

von 55 cm. Zu den Auflagern hin erfolgte<br />

ihre Aufweitung auf Bauhöhen von 160 cm<br />

und Balkenbreiten von 126 cm. Sie erhielten<br />

eine werkseitig aufgebrachte Vorspannung<br />

mit nachträglichem Verbund.<br />

Zur Herstellung der durchlaufenden Kontinuitätsspannglieder<br />

wurden Hüllrohre<br />

als Leerrohre schon im Werk vorgesehen.<br />

Zur Auflagerung der Fertigteile auf den<br />

Widerlager- und Pfeilerwänden dienten<br />

Konsolen an den Bauteilenden, auf Rüstungskonstruktionen<br />

für Montage konnte<br />

deshalb gänzlich verzichtet werden. Die<br />

Überbaukonstruktion wurde komplettiert<br />

mit einer im Mittel 45 cm dicken Ortbetonplatte,<br />

die nach Herstellung der Rahmentragwirkung<br />

realisiert wurde.<br />

Flughafenbau 2010


Herstellung der Rahmentragwirkung:<br />

Nach Auflegen der Fertigteile auf die<br />

Widerlager- und Pfeilerwände und vor<br />

Aufbringen der Ortbetonplatte war eine<br />

Rahmentragwirkung der Gesamtstruktur<br />

zu realisieren. Zur Erzeugung des Rahmenschlusses<br />

wurde der Bereich über den<br />

Stützwänden und zwischen den Fertigteilen,<br />

den sogenannten Plomben, vorab<br />

bewehrt und betoniert. Die Hüllrohre der<br />

Kontinuitätsspannglieder wurden zuvor<br />

im Plombenbereich ergänzt. Die erforderliche<br />

Tragfähigkeit der biegesteifen Rahmenecken<br />

im Plombenbereich wurde dann<br />

durch den Einbau einer starken Rahmenbewehrung<br />

gewährleistet. Im Bereich<br />

der Plomben mussten die auskragenden<br />

Anschlussbewehrungen aus den gegenüberliegenden<br />

Fertigteilen mit denen aus<br />

den Wandköpfen in Einklang gebracht<br />

Bewehrungsführung und ...<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Flughafenbau 2010<br />

Querschnitt des Plombenbereichs<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

werden, wobei ausschließlich Stabdurchmesser<br />

von 28 mm Verwendung fanden. Es<br />

war lediglich ein Toleranzmaß von 20 mm<br />

zwischen einzelnen Bewehrungsstäben<br />

vorgesehen, was allerhöchste Anforderungen<br />

an die Qualität der Bauausführung<br />

»Bewehrungsverlauf« im Plombenbereich<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

bedeutete. Erst nach Fertigstellung der<br />

Plomben und Erzeugung der Rahmentragwirkung<br />

konnten schließlich die Überbauplatte<br />

bewehrt und betoniert und danach<br />

die Kontinuitätsspannglieder eingeschossen<br />

und gespannt werden.<br />

[17


18]<br />

Schleppplatten:<br />

Auch ein integrales Rahmenbauwerk mit<br />

einer Gesamtlänge von ca. 90 m erfährt<br />

temperaturabhängige Ausdehnungen und<br />

Verkürzungen. Um diese unschädlich für<br />

die anschließende Fahrbahn und das<br />

Gesamtbauwerk zuzulassen, wurden hinter<br />

den Widerlagerachsen Schleppplatten<br />

angeordnet, die auf den Widerlagerwänden<br />

verschieblich aufgelagert sind und<br />

eine zwängungsfreie Verformung der Rahmenecke<br />

gewährleisten. Der auftretende<br />

Spalt zwischen Schleppplatte und Rahmenbauwerk<br />

wird dabei über eine Dehnfuge<br />

kompensiert.<br />

Schnitt durch die Schleppplatte<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Abdichtung und Belag:<br />

Die gesamte Brückenfläche wird mit<br />

einer Spritzabdichtung in Anlehnung an<br />

die ZTV-Ing. Teil 7.3 versehen. Sie lässt<br />

sich in folgende Einzelabschnitte einteilen:<br />

– Seitenflächen: Mit den Seitenflächen<br />

werden die überführten Verkehrsflächen<br />

vor dem Jet-Stream geschützt.<br />

Die Abdichtung auf den Seitenflächen<br />

wird mittels einer Betonschutzschicht<br />

geschützt.<br />

– Seitenfahrbahnen: Die Seitenfahrbahnen,<br />

die ausschließlich für den<br />

Betriebsverkehr genutzt werden, erhalten<br />

einen aus Schutz- und Deckschicht<br />

bestehenden Gussasphaltbelag.<br />

– Rollbahn: Der Belag im Bereich der<br />

eigentlichen Rollbahn besteht aus<br />

bewehrten Betonplatten mit einer<br />

Plattengröße von 7,50 m auf 7,50 m<br />

und einer Dicke von 25 cm. Die Längsfugen<br />

werden als Press-, die Querfugen<br />

als Scheinfugen ausgeführt. In<br />

den Fugenkreuzen werden Aussparungen<br />

für die Befeuerung angeordnet.<br />

Die Stromzuführung zu den Feuern<br />

erfolgt über Leerrohre, die in die<br />

Betonplatten mit einbetoniert werden.<br />

– Zwischen den vorgenannten Abschnitten<br />

verlaufen Kappen, in die umfangreiche<br />

Kabelkanäle integriert sind.<br />

Technische Ausrüstung:<br />

Aus Sicht des Flughafenbetriebs sind die<br />

Rollbrücken Ost und West Brückenbauwerke.<br />

Aufgrund ihrer großen Breite nimmt<br />

der Verkehrsteilnehmer auf der Bundesautobahn<br />

sie aber als Tunnel wahr. Und tatsächlich<br />

handelt es sich bei beiden Rollbrücken<br />

aus verkehrsrechtlichen Aspekten<br />

um Tunnelbauwerke, die entsprechend<br />

auszurüsten sind. Aus diesem Grund waren<br />

bei ihrer Konzeption die Vorgaben der<br />

ZTV-Ing. Teil 5 und der RAB-T zu berücksichtigen.<br />

Beide »Tunnel« mussten daher<br />

unter Einhaltung der vorgenannten Vorschriften<br />

entsprechend technisch ausgestattet<br />

werden. Von einem Tunnel konnte<br />

im verkehrsrechtlichen Sinne erst gesprochen<br />

werden, wenn eine gewisse Anzahl<br />

von Fertigteilen montiert war. Insofern<br />

hatte die gesamte technische Ausrüstung<br />

begleitend zur Fertigteilmontage zu erfolgen<br />

und war nach Ende einer jeweiligen<br />

Sperrpause vor der Verkehrsfreigabe in<br />

Betrieb zu nehmen.<br />

Flughafenbau 2010


Besonderheiten<br />

der Rahmenwände<br />

Die Widerlager- und Pfeilerwände wurden<br />

auf eine Länge von ca. 220 m bei der Rollbrücke<br />

Ost und ca. 90 m bei der Rollbrücke<br />

West als fugenlose Wände errichtet. Auf<br />

die gewohnte Anordnung von Raumfugen<br />

in Abschnitten von maximal 10 m wurde<br />

verzichtet.<br />

Die Wände wurden daher in 15-m-Einzelabschnitten<br />

mit Arbeitsfugen, das heißt<br />

zur Reduzierung von Schwindbeanspruchungen<br />

im Pilgerschrittverfahren hergestellt.<br />

Bei der Wahl der Betonrezeptur<br />

wurde auf eine möglichst langsame<br />

Hydratation Wert gelegt. Die dennoch<br />

auftretenden Spannungen aus Zwängung<br />

wurden durch Einlegen einer entsprechenden<br />

Armierung aufgenommen, was<br />

zu sehr hohen Bewehrungsgehalten bis<br />

zu 230 kg/m 3 führte.<br />

Die horizontale Bewehrung bestand im<br />

Regelfall aus 14 m langen Einzelstäben, die<br />

gestaffelt gestoßen wurden. Daraus resultierte,<br />

dass an den Arbeitsfugen nicht nur<br />

die üblichen Übergreifungslängen, sondern<br />

oftmals ein Großteil der Einzelstäbe herausragten.<br />

Für die praktische Ausführung<br />

bedeutete dies, dass die Wandbewehrung<br />

freistehend bzw. lediglich punktuell seitlich<br />

unterstützt über mehrere Blöcke hinweg<br />

vorgeflochten und die blockweise Herstellung<br />

der Wände im Pilgerschrittverfahren<br />

mit Schalungsaufbau und Betoneinbau<br />

dann nachgezogen wurde.<br />

Flughafenbau 2010<br />

Besonders sorgfältig musste beim Einbau<br />

der massiven Anschlussbewehrung an den<br />

Pfeilerköpfen vorgegangen werden. Die<br />

einzelnen Anschlussbügel mit Stabdurchmessern<br />

von 28 mm waren exakt einzu-<br />

Anschlussbewehrung am Pfeilerkopf mit Lehre<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Vorgeflochtene<br />

Bewehrung mit gestaffelten Stößen<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

richten, um Kollisionen mit den aus Fertigteilen<br />

herausragenden Bügeln, ebenfalls<br />

im Durchmesser 28 mm, zu verhindern. Da<br />

die Achsen der Fertigteile nicht orthogonal<br />

auf die Wandachsen trafen, war ein wiederum<br />

unüblich hoher Vermessungsaufwand<br />

erforderlich. Die Lagersicherheit der<br />

Anschlussbewehrung wurde durch fest<br />

mit der Schalungskonstruktion verbundene<br />

Lehren gewährleistet.<br />

[19


20]<br />

Das Konstruktionsprinzip der Wände stand<br />

in mehrfacher Hinsicht im Widerspruch zu<br />

den terminlichen Erfordernissen. Einerseits<br />

bedingt die fugenlose Wanderstellung<br />

einen eher langsamen Baufortschritt aufgrund<br />

des Einsatzes von »langsamen«<br />

Betonen, durch den erhöhten Bewehrungsgehalt,<br />

die Erschwernisse bei deren Einbau<br />

sowie durch die besondere Sorgfalt<br />

beim Einrichten der Anschlussbewehrung<br />

am Wandkopf. Andererseits sah der Terminplan<br />

eher einen zügigen Baufortschritt<br />

vor. Der Widerspruch wurde aufgelöst<br />

durch einen massiven Einsatz von Bauhilfsstoffen<br />

und Personal. Zur Einhaltung<br />

Vorgeflochtener Bewehrungskorb<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Wandherstellung bei der Rollbrücke Ost<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

der Vertragstermine wurde in allen Wandachsen<br />

mit mehreren Schalsätzen parallel<br />

gearbeitet, wobei pro Wand im Mittel<br />

sechs Arbeitstage benötigt wurden.<br />

Herstellung der<br />

Spannbetonfertigteile<br />

Zur Errichtung der Rollbrücken Ost und<br />

West sowie der Leitungs- und Straßenbrücke<br />

wurden insgesamt 409 Spannbetonfertigteile<br />

mit einem Einzelgewicht<br />

bis zu 95 t benötigt. Die Anschlussbewehrung<br />

an den Fertigteilköpfen musste aus<br />

vorgenannten Gründen mit der gleichen<br />

Sorgfalt eingebaut werden wie die an den<br />

Wandköpfen. Die aus den Fertigteilflanschen<br />

herausragenden Anschlussbügel<br />

nahmen schon die Kontur der späteren<br />

Fahrbahnoberfläche auf und waren daher<br />

gestaffelt einzubringen. Das bedingte,<br />

dass jedes Fertigteil für sich ein Unikat<br />

war, das einer eindeutigen Einbaustelle<br />

zugeordnet wurde. Die Herstellung der<br />

Fertigteile erfolgte im Stammwerk der<br />

Firma Max Bögl in Sengenthal, wobei im<br />

Schnitt vier »Stücke« täglich produziert<br />

wurden.<br />

Flughafenbau 2010


Flughafenbau 2010<br />

Zwischenlagerfläche auf der Air-Base<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Logistikkonzept für die Fertigteile<br />

Die Herstellung der Fertigteile basierte auf<br />

einem detailliert geplanten Logistikkonzept:<br />

Ausgangspunkt für alle Überlegungen<br />

waren die Randbedingungen bei der Montage,<br />

denn sie musste innerhalb einer<br />

begrenzten Anzahl von Sperrungen der<br />

Richtungsfahrbahnen der BAB A3 sowie<br />

innerhalb der nächtlichen Betriebsruhezeiten<br />

der ICE-Strecke zeitgleich bei beiden<br />

Rollbrücken erfolgen. Die Sperrungen<br />

der Richtungsfahrbahnen der BAB A3<br />

waren Monate vorher punktuell zu fixieren,<br />

und zur Einhaltung der begrenzten Sperrungen<br />

war die Montage von 30 Fertigteilen<br />

pro Einzelsperrung erforderlich.<br />

Zwischenlagerung auf der Air-Base:<br />

Die Berücksichtigung dieser Randbedingungen<br />

untersagte eine »Just-in-time-<br />

Versorgung« per Lkw, da die angestrebte<br />

Anlieferung von 30 Fertigteilen pro Tag<br />

über eine Distanz von 280 km auf der<br />

vielbefahrenen BAB A3 mit erheblichen<br />

terminlichen Risiken einhergegangen<br />

wäre. Man entschied sich für einen vorzeitigen<br />

Antransport der Fertigteile in Bauwerksnähe<br />

und eine entsprechende Zwischenlagerung.<br />

Als Zwischenlagerfläche<br />

wurde von der Fraport AG das Gelände der<br />

ehemaligen Air-Base zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Bahntransport der Fertigteile<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Umschlag der Fertigteile<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Transport von Sengenthal zur Air-Base:<br />

Die Firma Max Bögl verfügt im Fertigteilwerk<br />

in Sengenthal bei Neumarkt über<br />

einen Gleisanschluss, Gleiches gilt für<br />

das Gelände der ehemaligen Air-Base<br />

am Flughafen Frankfurt. Aufgrund dieser<br />

außerordentlich günstigen logistischen<br />

Voraussetzungen lag es auf der Hand, die<br />

409 Fertigteile nicht auf der Straße, sondern<br />

per Bahntransport nach Frankfurt zu verbringen.<br />

In Sengenthal wurden tagsüber<br />

Langzüge mit jeweils zwölf Fertigteilen<br />

beladen, die dann in darauffolgenden<br />

Nächten als Regelzüge ins Rhein-Main-<br />

Gebiet fuhren. Am Gleisschluss der Air-<br />

Base wurden die Fertigteile dann auf Lkws<br />

umgeschlagen, zur Zwischenlagerfläche<br />

gefahren und dort abgeladen.<br />

[21


22]<br />

Transport zum Einbauort:<br />

Vorbereitend auf die nachfolgenden Sperrpausen<br />

wurden auf der Zwischenlagerfläche<br />

die jeweils benötigten Fertigteile auf<br />

Lkws verladen und kurz vor der Sperrpause<br />

zum nahe gelegenen Einbauort gefahren.<br />

Die Lkws kehrten danach zur abermaligen<br />

Beladung zur Zwischenlagerfläche<br />

zurück, so dass ein Umlaufbetrieb realisiert<br />

werden konnte. Auf die Weise ließen sich<br />

während einer Sperrpause bis zu 40 Fertigteile<br />

auf die Baustelle bringen.<br />

Anfahrt zum Montageort<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Hubmontage der Fertigteile:<br />

Die Hubmontage der Fertigteile erfolgte<br />

mittels geeigneter Mobilkräne, die auf<br />

den gesperrten Fahrspuren der BAB A3<br />

verkehrten, wobei ihre Tragleistung so<br />

bemessen war, das zeitintensive Umsetzvorgänge<br />

minimiert werden konnten.<br />

Hubmontage<br />

der Fertigteile<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Einfädeln der<br />

Anschlussbewehrung<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Begleitende<br />

»Tunnelausrüstung«<br />

© Max Bögl Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG<br />

Um die erforderliche Verlegeleistung zu<br />

realisieren, wurden bei der größeren Rollbrücke<br />

Ost zwei Mobilkräne und bei der<br />

kleineren Rollbrücke West ein Mobilkran<br />

verwendet. Die bei der Herstellung der<br />

Wände und der Fertigteile praktizierte<br />

besondere Sorgfalt beim Einbau der massiven<br />

Anschlussbewehrungen zahlte sich<br />

aus, da es im Zuge der Montage zu keinen<br />

Kollisionen der Bewehrungen kam: Das<br />

Einfädeln der Fertigteile in die Anschlussbewehrung<br />

der Wände erfolgte problemlos.<br />

Mit dem beschriebenen Logistikkonzept<br />

ließen sich bis zu 40 Fertigteile in<br />

einer Sperrpause montieren.<br />

Bedingt durch die nicht alltäglichen Sperrpausen<br />

auf der BAB A3 und die daraus<br />

resultierenden Folgen für die breite Öffentlichkeit<br />

stand die Maßnahme sehr stark im<br />

Fokus der öffentlichen Medien, die durchweg<br />

positiv darüber berichteten. Sowohl<br />

das Konzept als auch die Arbeit unserer<br />

Mitarbeiter fanden eine breite öffentliche<br />

Anerkennung, was heute leider nicht mehr<br />

selbstverständlich ist.<br />

Einbau des Ortbetons<br />

Nach dem Herstellen der sogenannten<br />

Plomben und dem Erzielen einer Rahmentragwirkung<br />

wurde der Ortbeton auf die<br />

Fertigteile aufgebracht: Bei der Rollbrücke<br />

Ost mussten auf einer Fläche von<br />

ca. 19.800 m 2 – das entspricht drei Fußballfeldern<br />

– insgesamt 10.200 m 3 Beton<br />

eingebaut werden. Zuvor waren auf den<br />

Fertigteilen insgesamt 2.350 t Betonstahl<br />

verlegt worden, woraus ein hoher Bewehrungsgrad<br />

von ca. 230 kg/m³ resultiert.<br />

Bei der Rollbrücke West mit ihrer Fläche<br />

von ca. 7.000 m² handelte es sich um<br />

3.500 m³ Beton, bei dem wiederum zuvor<br />

verlegten Betonstahl um 680 t, so dass<br />

der Bewehrungsgrad hier ca. 195 kg/m 3<br />

erreicht.<br />

Flughafenbau 2010


Beim Einbau des Ortbetons galt es statische<br />

Vorgaben zu berücksichtigen. Auf<br />

den Mehrfeldrahmen des Zwischenzustandes<br />

waren vorrangig der Bereich über<br />

den Stielen und nachrangig die Feldbereiche<br />

mit Frischbeton zu belasten. Gleichzeitig<br />

war die Kontur der Oberfläche, die<br />

in keiner geometrischen Abhängigkeit zur<br />

Haupttragrichtung des Systems stand,<br />

höhen- und lagegerecht auszubilden. Diesen<br />

Kriterien folgend wurde die Fläche in<br />

6,75 m breite Betonierstreifen eingeteilt,<br />

die sich an der Tragrichtung der Fertigteile<br />

orientierten. Mit Ausnahme der Einfeldrahmenbereiche<br />

wurde in jedem Streifen<br />

gleichzeitig mit zwei Kolonnen Beton eingebracht.<br />

Insgesamt kamen vier Einbaukolonnen<br />

zum Einsatz, um zwei Streifen<br />

jeweils gleichzeitig zu betonieren. Die Einbaugeschwindigkeit<br />

und die Verzögerungsdauer<br />

des Betons wurden dabei so aufeinander<br />

abgestimmt, dass in den Streifenflanken<br />

jeweils »frisch in frisch« eingebaut<br />

werden konnte.<br />

Betoneinbau bei der Rollbrücke Ost<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

Flughafenbau 2010<br />

Konzept für den Ortbetoneinbau<br />

© Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG<br />

In einer Grundsatzentscheidung wurde<br />

festgelegt, den Aufbeton ohne Arbeitsfugen<br />

in einem Großeinsatz je Rollbrücke<br />

einzubauen. Pro Kolonne wurde hier eine<br />

Leistung von 50 m³/h angesetzt, was bei<br />

vier gleichzeitig arbeitenden Kolonnen<br />

insgesamt 200 m³/h bedeutete. Der Beton<br />

wurde mittels an fünf Standorten positionierter<br />

Betonpumpen zur Einbaustelle<br />

gepumpt, wobei der Einbau im Schichtbetrieb<br />

an je einem Wochenende pro<br />

Rollbrücke erfolgte.<br />

Ausblick<br />

Das Aufbringen des Ortbetons auf den Fertigteilplatten<br />

konnte Mitte September 2010<br />

abgeschlossen werden. Derzeit werden<br />

die Abdichtungsarbeiten vorgenommen<br />

und die Bauwerkskappen ausgeführt. Mit<br />

der Realisierung der Schleppplatten und<br />

der Fugenkonstruktionen wird kurz nach<br />

Fertigstellung der Hinterfüllung begonnen,<br />

die nicht vertragsgegenständlich ist. Mit<br />

dem Einbau des Rollbahnbetons im Frühjahr<br />

2011 wird die Gesamtmaßnahme dann<br />

beendet sein.<br />

Dipl.-Ing. Claus Berndorfer<br />

Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />

Neumarkt<br />

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