SYMPOSIUM - MixedMedia-Konzepts
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Ausgabe 2• 2009<br />
ISSN 1867-643X<br />
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Engineering<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
� Brücke am S-Bahn-Halt Leuchtenbergring<br />
München<br />
� Max-Eyth-See-Brücke<br />
Stuttgart<br />
� Museumsbrücke<br />
München<br />
� Speicherstadt-Passerelle<br />
Hamburg<br />
� Trias-Brücke<br />
München<br />
� Fallersleber Torbrücke<br />
Braunschweig<br />
� Brücke am Berliner Ring<br />
Michendorf<br />
� Brücke über die Traun<br />
Traunstein<br />
� Brücke im Medienhafen<br />
Düsseldorf<br />
Symposium<br />
Bau von Geh- und Radwegbrücken
3<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
Zum Bau von Geh- und Radwegbrücken<br />
Lösungen statt (lauter) Landmarken<br />
� � � von Michael Wiederspahn<br />
Trotz einiger durchaus erkennbarer<br />
Fortschritte und der Bemühungen vieler<br />
Beteiligter um weitere Verbesserungen<br />
in qualitativer wie quantitativer Hinsicht<br />
werden Brücken noch immer oder zumindest<br />
überwiegend als reine Funktionsbauwerke<br />
erachtet, die nur einen Zweck<br />
zu erfüllen haben und infolgedessen besonders<br />
kostengünstig zu errichten sein<br />
müss(t)en. Dass sie ganz im Gegensatz zu<br />
den meisten Gebäuden, deren Halbwertszeit<br />
in der Regel nach 10–20 Jahren endet,<br />
wesentlich länger an ihrem Standort<br />
verweilen, sie also das Bild von Stadt und<br />
Landschaft nicht selten über mehrere<br />
Dekaden prägen, und zwar ohne in den<br />
Genuss von irgendwelchen Fassadenauf-<br />
und -verhübschungen kommen zu können,<br />
wird dabei aber leider oft und gerne<br />
unterschlagen.<br />
Ein zweites (ähnlich) ärgerliches und in<br />
dem Zusammenhang kaum zu ignorierendes<br />
Phänomen ist der Wunsch mancher<br />
Bauherren nach einem Wahrzeichen,<br />
einer sogenannten Landmarke, die sich<br />
kommerziell nutzen lässt, ihnen zu einem<br />
touristischen Anziehungspunkt verhilft<br />
oder wenigstens für ein bisschen Glanz<br />
inmitten ihrer ansonsten womöglich arg<br />
trist anmutenden Verkehrsinfrastruktur<br />
sorgt. Bedauerlicherweise stoßen derartige<br />
Intentionen hie und da auf größte<br />
Gegenliebe, gerade bei jenen berühmten<br />
(Hochbau-)Gestaltern, deren Nach- oder<br />
Büroname erstaunlich häufi g mit A, B<br />
oder C beginnt und die, global tätig, ihre<br />
spektakulären Entwürfe stets aus dem<br />
Hut zu zaubern scheinen, sich offenbar<br />
eher mit dem Alphabet als mit Fragen der<br />
Konstruktion oder des Kontextes beschäftigen<br />
und daher fast zwangsläufi g keine<br />
schlüssigen, auf Herausforderung wie<br />
Umfeld angemessen reagierenden Konzepte<br />
abzuliefern vermögen.<br />
E D I T O R I A L<br />
Sicherlich, es gab und gibt Ausnahmen<br />
und seit kurzem zudem einen Deutschen<br />
Brückenpreis als Versuch einer Würdigung<br />
ebensolcher Beispiele, außerdem wächst<br />
inzwischen die Zahl der Ingenieurwettbewerbe<br />
und hat die Deutsche Bahn einen<br />
Brückenbeirat berufen, ja sogar einen von<br />
ihm erarbeiteten Leitfaden mit dem Titel<br />
»Gestalten von Eisenbahnbrücken« vorgelegt,<br />
denn sie will (künftig), wie er auf<br />
Seite 11 verheißt, »Brücken bauen, die den<br />
ehrenvollen Titel ›Baukultur‹ verdienen,<br />
zum Wohle von Mensch und Natur«. Das<br />
(alles) sind zweifellos höchst erfreuliche<br />
Signale, die Hoffnung wecken, zugleich<br />
jedoch einer genauso kompetenten wie<br />
konsequenten Begleitung bedürfen,<br />
damit sich die bisher üblichen Standards<br />
auch tatsächlich ändern.<br />
Und exakt diesen Anspruch erfüllt nun<br />
die Tagung »Bau von Geh- und Radwegbrücken«,<br />
die am 12. September 2009 in<br />
München stattfi ndet – und deren Vorträge<br />
Thema wie Umfang von Ausgabe<br />
2·2009 des BRÜCKENBAU bestimmen:<br />
Wiederum die schriftlichen Fassungen<br />
sämtlicher Referate beinhaltend, soll und<br />
kann sie veranschaulichen, wann und wo<br />
sich überzeugende Lösungen entwickeln,<br />
was dazu notwendig ist und warum<br />
intensive Recherchen und eine detaillierte,<br />
eine individuelle und die per se unterschiedlichsten<br />
Aspekte einschließende<br />
Auseinandersetzung letztlich unabdingbar<br />
bleiben (müssen).<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
5<br />
Editorial<br />
3 Lösungen statt (lauter) Landmarken<br />
Michael Wiederspahn<br />
Symposium<br />
6 Brücken und Brückenbau in München<br />
Michael Götschl<br />
11 Fußgängerbrücken: Strukturen im Raum<br />
Andreas Keil<br />
17 Mehr als die Verbindung zweier Ufer<br />
Dietmar Feichtinger<br />
22 Bauwerke der Landesgartenschau Rosenheim 2010<br />
Joachim Swillus, Johann Pravida<br />
26 Eine Brücke aus Granit in Rosenheim<br />
Markus Hennecke<br />
30 Zur Erschließung von Versammlungsstätten<br />
Peter Radl, Thomas Götzinger<br />
35 Form fi nden, gerade bei Fußgängerbrücken<br />
Bernhard Schäpertöns<br />
39 Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur<br />
Helmut C. Schulitz<br />
43 Die neue Havenbrücke in Bremerhaven<br />
Ulrich Jäppelt, Arne Kopp<br />
47 Zwei Stege mit viel Schwung<br />
Karl Kleinhanß, Tina Wend<br />
50 Neue Brücken über Isar und Traun<br />
Richard J. Dietrich<br />
54 Hohe Kunst des Stahlbaus<br />
Oliver Schreiber<br />
56 Die Brücke im Düsseldorfer Medienhafen<br />
Claus Raab<br />
58 Brücken im nächtlichen Stadtbild<br />
Stephanie Ramsauer<br />
Aktuell<br />
59 Brückenbau mit Tradition und Perspektive<br />
Bernhard K. Heck<br />
63 Produkte und Projekte<br />
70 Software und IT<br />
72 Nachrichten und Termine<br />
77 Impressum<br />
I N H A L T<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Geschichte und Planungen in neuerer Zeit<br />
Brücken und Brückenbau in München<br />
� � � von Michael Götschl<br />
1 Stadtansicht aus dem Jahr 1493<br />
© Landeshauptstadt München/Stadtarchiv<br />
Mit Fokus auf den Brückenbau<br />
spannt dieser Beitrag einen historischen<br />
Bogen von der Stadtgründung<br />
Münchens über die Epochen der<br />
Stadtentwicklung bis in die heutige<br />
Zeit: Mit Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
wird die funktionale und<br />
konstruktive Trennung zwischen<br />
Straßen- sowie Fuß- und Radwegbrücken<br />
erkennbar vollzogen. Beispielhaft<br />
werden hier neuere Münchener<br />
Fuß- und Radwegbrücken<br />
vorgestellt und Besonderheiten bei<br />
deren Konzeption und Realisierung<br />
aus der Sicht des Bauherrn erläutert.<br />
Ein Ausblick auf zukünftige Planungen<br />
schließt die nachfolgenden Ausführungen<br />
ab.<br />
2 Neubau der St.-Emmeram-Brücke<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Historie von Stadt und Brücken<br />
1.1 Die Stadtgründung<br />
Im vergangenen Jahr feierte die Landeshauptstadt<br />
München ihren 850. Stadtgeburtstag<br />
unter dem Motto »Brücken<br />
Bauen« unter anderem mit einem großen<br />
Brückenfest. Die Stadtgründung hängt<br />
der Sage nach eng mit einem Brückenschlag<br />
zusammen: Kern der Stadtgründungslegende<br />
Münchens – der Name<br />
kommt von »Munichen« für »zu den Mönchen«<br />
– ist die Zerstörung eines Isarüberganges<br />
bei Oberföhring am nördlichen<br />
Münchner Stadtrand im Jahre 1158. Der<br />
Brückenstandort wurde ca. 6 km fl ussaufwärts<br />
verlegt und eine neue Isarbrücke<br />
am Ort der heutigen Ludwigsbrücke am<br />
Eingang in die Altstadt erstellt; dieser<br />
Gewaltakt wird Herzog Heinrich dem Löwen,<br />
einem Neffen von Kaiser Friedrich I.<br />
Barbarossa, zugeschrieben. Für München<br />
bedeutete der herzogliche Brückenschlag<br />
im Zuge des Handelsweges, auf dem das<br />
»Weiße Gold« aus Reichenhall von nun<br />
an in München über die Isar (»Die Reißende«)<br />
transportiert wurde, Sicherheit und<br />
wachsenden Wohlstand.<br />
In Oberföhring wurde erst im Jahre 1978<br />
wieder eine Brücke realisiert, die 2002<br />
nochmals einer Brandstiftung zum Opfer<br />
fi el. Das Ersatzbauwerk wurde auf den<br />
Fundamenten und Pfeilern des alten<br />
Überbaues im Jahre 2004 errichtet, wobei<br />
nach dem Wunsch des Stadtrates, dem<br />
historischen Ursprung entsprechend,<br />
eine überdachte Holzstruktur<br />
geplant werden sollte. Wesentliche Konstruktionselemente<br />
des ca. 100 m langen<br />
Bauwerkes sind daher Rundhölzer aus<br />
verleimtem Lärchenholz, ergänzt durch<br />
diagonal verspannte Stahlzugstäbe, die<br />
über gusseiserne Kreisringscheiben zu<br />
einem Fachwerk verbunden sind. Als<br />
Witterungsschutz erhielt die Brücke eine<br />
hölzerne Dachkonstruktion mit Titanzinkverblechung.<br />
An der neuen Brücke fallen<br />
die Leichtigkeit, Helle und Transparenz ins<br />
Auge, wegen ihrer Schwingungsanfälligkeit<br />
mussten inmitten des Hauptfeldes<br />
aber zwei Dämpfer nachgerüstet werden.<br />
Das Bauwerk mit ca. 340 m² Nutzfl äche<br />
wurde in einer (Bau-)Saison hergestellt,<br />
die Projektkosten betrugen 1,20 Mio. €.<br />
1.2 Im Mittelalter<br />
Die Gegend um München war schon<br />
im frühen Mittelalter von alten Wegen,<br />
zum Teil aus römischer Zeit, durchzogen.<br />
Die Isar als alpiner Wildfl uss mit ihren<br />
zahlreichen, sich ständig umlagernden<br />
Flussarmen und Kiesinseln, stellte ein unbequemes<br />
Hindernis dar; außerdem war<br />
der Fluss in der Lage, rasch seinen Wasserstand<br />
zu ändern. Seit dem Mittelalter<br />
liegt der engere Stadtkern Münchens<br />
auf dem westlichen Hochufer und damit<br />
hochwassergeschützt.<br />
Bis in die Zeit der Renaissance dienten<br />
Brücken unter anderem zur Überquerung<br />
des Wehrgrabens und als Zugang zur<br />
Kernstadt, die mit Mauern geschützt war<br />
und nur durch eine Handvoll Stadttore<br />
erreicht werden konnte. Gegen Ende des<br />
15. Jahrhunderts zählte das Brückenverzeichnis<br />
Münchens ca. 80 Brücken und<br />
Stege, die überwiegend noch aus Holz<br />
errichtet worden waren.<br />
Außerhalb der Kernstadt lebten und<br />
arbeiteten im ausgehenden Mittelalter<br />
Handwerker und Kleinbürger in den nah<br />
am Fluss gelegenen hochwassergefährdeten<br />
Vorstadtvierteln. Sie nutzten die<br />
6
7<br />
3 Isar bei München im 18. Jahrhundert<br />
© Landeshauptstadt München/Stadtarchiv<br />
kleineren Isar-Flussarme und bauten diese<br />
zu Bachläufen aus, an denen Mühlen<br />
betrieben wurden. Auch in diesen Bereichen<br />
gab es zahlreiche einfache Stege.<br />
1.3 Residenzstadt und Übergang<br />
in die Neuzeit<br />
Mit dem Aufstieg Münchens zur Residenzstadt<br />
im 17. Jahrhundert wuchs<br />
auch das Bedürfnis nach mehr architektonischer<br />
Repräsentanz: Ein entsprechendes<br />
Entree in die Stadt in Form von massiven<br />
Brücken sollte geschaffen werden. So<br />
entstanden die ersten steinernen Isar-<br />
5 Kabelsteg vor und nach der Instandsetzung<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
brücken im 18. Jahrhundert, nach 1750<br />
insgesamt ca. 30 gewölbte Steinbrücken.<br />
In dieser Epoche erfolgten zudem die Anlage<br />
des Englischen Gartens und die der<br />
Parkanlagen für die barocken Schlösser<br />
Nymphenburg und Schleißheim, für deren<br />
Erschließung und Wegenetz ebenfalls<br />
eine Reihe von Brücken erstellt wurde.<br />
Dem rasanten Wachstum Münchens<br />
im 19. Jahrhundert fi elen das natürliche<br />
Flussbett der Isar, die Wehrmauern und<br />
die allermeisten Flussarme und Verzweigungen<br />
der Isar inklusive der ihrer<br />
Nebenbäche zum Opfer; ein Relikt des<br />
ehemaligen Wildfl usses ist der Flaucher<br />
mit dem sogenannten Flauchersteg. Die<br />
Isar wurde kanalartig ausgebaut, die<br />
Wehrmauern und -gräben geschliffen<br />
und die Bäche mit Straßen und Häusern<br />
überbaut bzw. aufgelassen und verfüllt.<br />
Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr<br />
rückgängig machen, obwohl durch den<br />
Isar-Plan wieder mehr Naturnähe in den<br />
Isarauen erreicht wurde und an der einen<br />
oder anderen Stelle Wiederöffnungen<br />
und Renaturierungen von Stadtbächen<br />
durchgeführt werden konnten.<br />
S Y M P O S I U M<br />
4 Steinerne Isarbrücke um 1800<br />
© Landeshauptstadt Münchner/Stadtmuseum<br />
6 Braunauer Eisenbahnbrücke im Bau<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
In jener Zeit hat man überdies neue Brücken<br />
aus Stein und Eisen, gegen Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts sogar die ersten<br />
Eisenbetonbrücken realisiert, wobei die<br />
im Rahmen des Ausbaues der Bahnlinien<br />
fetiggestellten Eisenbrücken als technische<br />
und ästhetische Meisterwerke<br />
gefeiert wurden. Ein Beispiel dafür ist die<br />
gründerzeitliche Braunauer Eisenbahnbrücke,<br />
die nach den Plänen Heinrich<br />
Gerbers 1871 errichtet wurde – und bis<br />
in die 1950er Jahre im Zuge der Bahnlinie<br />
München–Braunau in Betrieb war.<br />
1.4 Das 20. Jahrhundert<br />
Das 20. Jahrhundert wird durch ein großes<br />
Hochwasserereignis eingeleitet, dem<br />
zwei Isarbrücken, eine davon gerade erst<br />
neu erbaut, zum Opfer fallen. Nach dem<br />
Hochwasser vom 13. September 1899 beschließt<br />
der Magistrat der Stadt München<br />
am 18. Juli 1901 ein gewaltiges Brückenbauprogramm<br />
mit insgesamt fünf neuen<br />
steinernen Isarbrücken.<br />
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
ist infolge der Weltkriege dann eine Zeit<br />
erheblichen Mangels. Die Stadt ist stark<br />
zerstört, die Schäden an den Münchner<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
7 8 Brückenneubauprogramm für München zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
Brücken sind hingegen eher gering: Die<br />
wichtigen Isarbrücken sind zwar beschädigt,<br />
aber benutzbar.<br />
Es schließen sich nun der Wiederaufbau<br />
und die Zeit des Wirtschaftswunders an.<br />
Im Zuge großer Straßenausbaumaßnahmen<br />
mit Anlage von Mittlerem Ring und<br />
Altstadtring werden nach 1950 neue Straßenbrücken<br />
für den Schwerlastverkehr<br />
hergestellt – in Spannbetonbauweise, die<br />
bis heute diese starken Dauerbelastungen<br />
bis 100.000 Kfz/d ausgesetzten funktionalen<br />
Konstruktionen prägt.<br />
2 Neuere Fuß- und Radwegbrücken<br />
2.1 Allgemeines<br />
Ins 20. Jahrhundert fällt auch die Ausrichtung<br />
auf eigene Brückenkonstruktionen<br />
für den Fuß- und Radverkehr infolge des<br />
anwachsenden Straßenverkehrs, der<br />
Anlage separater Fuß- und Radwege und<br />
der unterschiedlichen Anforderungen an<br />
die dazugehörigen Bauwerke.<br />
9 10 Brücken im Olympiapark<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
2.2 Neubau von Grünanlagen<br />
In München entstehen zusätzlich zu den<br />
bereits vorhandenen Grünanlagen, wie<br />
dem Englischen Garten und den Isarauen,<br />
neue »Grünzonen«. Prominenteste<br />
Beispiele sind der Olympiapark für die<br />
Olympiade 1972, der Westpark für die<br />
Internationale Gartenschau 1983 und<br />
zuletzt zur Bundesgartenschau 2006 der<br />
Landschaftspark in Riem. Für jede von ihnen<br />
wurden eigene Brückenfamilien mit<br />
charakteristischen Konstruktions- und<br />
Gestaltungsmerkmalen geplant. Planungstragender<br />
Gedanke für die Brücken<br />
im Olympiapark sind beispielsweise die<br />
extrem großen Querschnitte der Stahlbetonplatten,<br />
welche die Großzügigkeit<br />
der Landschaftsgestaltung nicht durch<br />
einschnürende Bauwerke beeinträchtigen<br />
sollen.<br />
Seit Anfang der 1990er Jahre werden in<br />
der Folge großer städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen<br />
in München neue Fuß-<br />
und Radwegbrücken errichtet. Brücken<br />
früheren Datums waren teilweise nur mit<br />
Treppenanlagen ausgestattet und somit<br />
nicht barrierefrei. Die Barrierefreiheit<br />
spielt nun aber eine wesentliche Rolle bei<br />
Neubauten, wobei die entsprechenden<br />
Anforderungen kontinuierlich gesteigert<br />
wurden. Derzeit sollen Rampensteigungen<br />
nicht mehr als 3 % bzw. alternativ<br />
6 % mit Zwischenpodesten betragen. Die<br />
Integration der hierzu nötigen großen<br />
Aufgangsbauwerke mit Rampenlängen<br />
über 100 m in die Umgebung ist immer<br />
schwierig: Wie damit in München umgegangen<br />
wurde, sollen einige Beispiele<br />
verdeutlichen.<br />
2.3 Parkstadt Schwabing<br />
Das durch die Autobahn München–Nürnberg<br />
begrenzte Entwicklungsgebiet Parkstadt<br />
Schwabing sollte an die bestehende<br />
Bebauung angeschlossen werden, wofür<br />
auch eine Brücke über die Autobahn<br />
errichtet werden musste. Zwei mehrfach<br />
unterspannte Fachwerkträger tragen hier<br />
die Gehbahnplatte aus Stahlbeton, Edelstahl,<br />
Sichtbeton, und die weiß beschichteten<br />
Stahlbauteile sind charakteristisch<br />
für diese leichte Konstruktion. Wegen<br />
der grundsätzlichen Entscheidung, auf<br />
unbewachten Flächen auf Aufzüge zu<br />
verzichten, waren die erforderlichen<br />
Höhen über den Autobahnquerschnitt<br />
aber mit behindertengerechten Rampen<br />
zu bewältigen, die sich nun je Seite in<br />
drei Windungen mit 6 % Steigung und<br />
Zwischenpodesten nach oben ziehen. Um<br />
die Gefahr eines Lkw-Anpralls am unterspannten<br />
Tragwerk zu meistern, wurde<br />
ein vergrößertes Lichtraumprofi l eingeplant<br />
sowie Zugstäbe und Gehbahnplatte<br />
so aneinandergekoppelt, dass sich bei<br />
Anprall und Durchreißen eines Zugstabes<br />
die Konstruktion auf die Gehbahnplatte<br />
stützt. Eine weitere Besonderheit besteht<br />
in der erstmaligen Beleuchtung einer<br />
Münchner Brücke mit LEDs. Die Brücke<br />
wurde innerhalb eines Jahres, der Überbau<br />
dabei in einer nächtlichen Sperrpause<br />
der Autobahn eingehoben. Die Projektkosten<br />
der Brücke mit Rampen beliefen<br />
sich auf ca. 1,40 Mio. €.<br />
2.4 Westend<br />
Mit den Baulichkeiten für das Europäische<br />
Patentamt zu beiden Seiten der Bayerstraße<br />
wurde auch ein Brückenbauwerk<br />
von einem privaten Investor realisiert und<br />
in die städtische Baulast übergeben. Die<br />
Planungen erfolgten in enger fachlicher<br />
Abstimmung mit der Stadt, ein zentra-<br />
8
9<br />
11 Brücke über den Mittleren Ring<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
les Thema war dabei die barrierefreie<br />
Überwindung des Geländesprunges<br />
zwischen dem nördlichen und südlichen<br />
Gelände – einer eiszeitlichen Hangkante<br />
von ca. 4 m Höhe. Die Lösung bestand in<br />
der Führung der öffentlichen Fuß- und<br />
Radwegbeziehung von Norden her aus<br />
der bereits vorhandenen Passage über die<br />
Brücke auf einen »Stadtbalkon«. Dieser<br />
wirkt als Gestaltungselement im Sinne<br />
einer modernen Loggia, die öffentlich<br />
benutzbar ist, und wird für Passanten<br />
dank der Höhenunterschiede an der<br />
Isar-Hangkante besonders erlebbar. Der<br />
Abgang ist als fl ach geneigte Treppenanlage<br />
mit Fahrradfurt konzipiert und per se<br />
noch nicht behindertengerecht. Deshalb<br />
wurde hier ein öffentlicher Aufzug in das<br />
überwachte Gebäude des Europäischen<br />
Patentamts integriert, der die Zuwegung<br />
für Behinderte gewährleistet. Ein besonderes<br />
Merkmal der Brücke ist das Tragwerk<br />
aus hochfestem Stahl mit seinem<br />
kurzen Bogenstich: Randbedingungen<br />
waren die Anbindungshöhe des Überbaues<br />
an die vorhandene Passage und das<br />
erforderliche Lichtraumprofi l der unter<br />
ihr verlaufenden Trambahn sowie eine<br />
barrierefreie Steigung der Brücke, deren<br />
Schlankheit heute durch ein in Edelstahl<br />
gefasstes Glasgeländer unterstrichen<br />
wird. Um die Schwingungen der Konstruktion<br />
zu begrenzen, wurden in bereits<br />
bauseits vorgesehenen Aussparungen der<br />
Stahlbetonplatte in den Drittelpunkten<br />
und im Scheitel Dämpfer integriert.<br />
2.5 Theresienhöhe<br />
Der Umzug der Messe nach Riem schuf<br />
die Voraussetzungen für die Neugestaltung<br />
ihres ehemaligen Geländes auf der<br />
Theresienhöhe. Das Planungskonzept sah<br />
auch eine neue Fuß- und Radwegbrücke<br />
vor: Neben einer attraktiven Anbindung<br />
der neuen Wohngebiete an den Westpark<br />
sorgt diese barrierefreie Brücke als Teil<br />
12 Brücke über die Autobahn<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
13 14 Brücke beim Europäischen<br />
Patentamt<br />
© Landeshauptstadt München/<br />
Baureferat<br />
einer Fahrradhauptroute für eine direkte<br />
Verknüpfung über die Theresienwiese<br />
bis in die Innenstadt. Für die Brückenkonzeption<br />
war eine möglichst harmonische<br />
Integration in die gewachsene Umgebung<br />
von großer Bedeutung. Und so<br />
überspannt jetzt ein Stahlbetonbauwerk<br />
die Ganghoferstraße über drei Felder und<br />
schließt monolithisch an eine Rampen-<br />
mit Treppenanlage an. Außenliegende<br />
Pendelstützen tragen die Rampenplatte,<br />
so dass eine Unterbauung mit Künstlerateliers<br />
möglich wurde. Die gesamte<br />
Maßnahme wurde bei Projektkosten von<br />
ca. 1,74 Mio. € in einer Bausaison im Jahre<br />
2005 realisiert.<br />
15 Brücke zum Westpark<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
S Y M P O S I U M<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
2.5 Ackermannbogen<br />
Nach 200 Jahren militärischer Funktion<br />
wurde die in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zum Olympiapark gelegene<br />
Waldmann-Stetten-Kaserne einer städtebaulichen<br />
Nutzung zugeführt. Auch<br />
hier war ein wichtiger Bestandteil des<br />
Planungskonzeptes die Anbindung für<br />
Fußgänger und Radfahrer aus dem neuen<br />
Stadtquartier an den Olympiapark. In<br />
einem Realisierungswettbewerb mit 110<br />
eingereichten Arbeiten siegte der Entwurf<br />
für ein schlankes Stahlbetonbauwerk aus<br />
Hochleistungsbeton auf Rundstützen.<br />
Organische Formen und die »Einheit« von<br />
Architektur und Landschaft geben dem<br />
olympischen Gelände seinen Charakter,<br />
dem das Brückenbauwerk Rechung<br />
trägt – durch einen geschwungenen<br />
Verlauf, die Schlankheit des Überbaues<br />
und ein transparentes Geländer. Zum<br />
ersten Mal für eine Münchner Brücke kam<br />
zudem Hochleistungsbeton zum Einsatz,<br />
Ziel war die Minimierung der Plattenstärke<br />
des Überbaues. Die Projektkosten für<br />
die 2005 fertiggestellte Brücke beliefen<br />
sich auf ca. 2,90 Mio. €.<br />
3 Künftige Planungen<br />
3.1 Allgemeines<br />
Ein Ziel der Münchner Verkehrspolitik<br />
ist die kontinuierliche Verbesserung der<br />
Nahmobilität für die Münchnerinnen<br />
und Münchner, insbesondere auch die<br />
Erhöhung des Fahrradanteils am Individualverkehr.<br />
Dieser Entwicklung wird unter<br />
anderem durch neue Planungen von Fuß-<br />
und Radwegbrücken Rechnung getragen,<br />
wie die beiden nachfolgenden Beispiele<br />
dokumentieren.<br />
18 Zentrale Bahnfl ächen<br />
© Vivico Real Estate GmbH<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
16 17 Brücke zum Olympiapark<br />
© Landeshauptstadt München/Baureferat<br />
3.2 Zentrale Bahnfl ächen<br />
Ein großes Entwicklungsgebiet sind die<br />
zentralen Bahnfl ächen zwischen dem<br />
Münchener Hauptbahnhof und Pasing.<br />
Hier gibt es nach dem Wunsch des<br />
Stadtrates einen neuen Brückenstandort<br />
zwischen der Hackerbrücke und der Donnersbergerbrücke:<br />
Es soll zur Anbindung<br />
des (neuen) Stadtteiles Arnulfpark an<br />
das Westend und zum Anschluss an den<br />
S-Bahn-Haltepunkt Donnersbergerbrücke<br />
eine Fuß-/Radwegbrücke über die<br />
Bahnanlagen geplant werden. Auch für<br />
dieses Vorhaben gibt es viele Rahmenbedingungen,<br />
wie die bereits per Bebauungsplanung<br />
festgelegten »Fenster«<br />
der Abgangsbauwerke und vor allem die<br />
extrem dichte Nutzung im Bereich der<br />
Bahnanlagen. Insgesamt sind im Bereich<br />
der zentralen Bahnfl ächen mehrere auch<br />
bahnparallele Brückenbauten durch die<br />
Fahrradrouten vorgesehen, die entlang<br />
der Bahnachse für die Durchgängigkeit<br />
der Fuß- und Radfahrverbindungen sorgen<br />
sollen.<br />
19 Brücke am S-Bahn-Halt Leuchtenbergring<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
3.3 Rund um den Ostbahnhof<br />
Am Standort der Telekom im Münchner<br />
Osten befi ndet sich gemäß Stadtratsbeschluss<br />
eine neue Brücke in Planung, die<br />
eine barrierefreie Erschließung des S-<br />
Bahn-Haltes Leuchtenbergring und eine<br />
Stadtteilverbindung gewährleisten soll.<br />
Sie ist in das Planfeststellungsverfahren<br />
für die zweite S-Bahn-Stammstrecke<br />
Münchens integriert und soll als stählerne<br />
Fachwerkkonstruktion die Bahnanlage<br />
queren; Rampen und Treppen als Aufgangsbauwerke<br />
bzw. Aufzüge und Treppen<br />
als Zugänge zu den Bahnsteigen sind<br />
wichtige Bestandteile des Vorhabens.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. (univ.) Michael Götschl<br />
Regierungsbaumeister<br />
Baureferat, Ingenieurbau<br />
Landeshauptstadt München<br />
10
11<br />
Anforderungen, Möglichkeiten und Beispiele<br />
Fußgängerbrücken: Strukturen im Raum<br />
� � � von Andreas Keil<br />
Fußgängerbrücken unterscheiden<br />
sich deutlich von den großen Brücken<br />
für Straße und Schiene, denn<br />
an sie werden weniger restriktive<br />
Anforderungen gestellt. Das ermöglicht<br />
Grundrissverläufe, die sich aus<br />
der geometrischen Forderung nach<br />
einer harmonischeren Anbindung<br />
an bestehende Wegenetze und nach<br />
fl üssigeren Verkehrsführungen ergeben.<br />
Sie können auch gekrümmt<br />
sein, und insbesondere bei größeren,<br />
für Seiltragwerke prädestinierten<br />
Spannweiten ist es möglich, diese<br />
Krümmung für effi ziente Tragstrukturen<br />
zu nutzen, ohne auf die Leichtigkeit<br />
und Transparenz von Seilbrücken<br />
verzichten zu müssen. Interessante<br />
und spannende Tragwerke<br />
sind möglich, und mit der dritten<br />
Dimension erhalten solche Brücken<br />
eine eigene, räumliche Dynamik.<br />
1 Allgemeines<br />
Vor dem Entwurf einer Fußgängerbrücke<br />
muss die genaue Auseinandersetzung<br />
mit den Randbedingungen stehen. Neben<br />
den funktionellen Anforderungen an das<br />
Bauwerk selbst, wie Lasten, Breite und<br />
Steigungen, sind es die städtebaulichen<br />
Vorgaben und die Integration in eine vorhandene<br />
Infrastruktur, die den Entwurf<br />
beeinfl ussen. Es macht einen entscheidenden<br />
Unterschied, in welchem Umfeld<br />
die Brücke gebaut wird: Innerstädtische<br />
oder urbane Brücken sind in ihren Anforderungen<br />
an die Gebrauchsfähigkeit<br />
anders zu behandeln als Brücken, die in<br />
Parklandschaften oder gar in einsamen<br />
Gegenden errichtet werden.<br />
Ein oft vernachlässigter Punkt sind die<br />
visuelle Wahrnehmung einer Brückenstruktur<br />
und die damit verbundene<br />
Erwartungshaltung der Fußgänger. Eine<br />
Studie hat veranschaulicht, dass es von<br />
Benutzern viel unangenehmer empfunden<br />
wird, wenn sich eine schwer wirkende<br />
Konstruktion bewegt, als wenn dies eine<br />
leichte Konstruktion tut. Das zeigt, dass<br />
man viel weniger beunruhigt oder gestört<br />
ist, wenn man das spürt und fühlt, was<br />
man erwartet.<br />
Selbstverständlich ist, dass jede Brücke<br />
standsicher sein muss. Extreme, in den<br />
Normen vorgeschriebene Belastungen<br />
müssen abgetragen werden können. Und<br />
das gilt nicht nur für die Statik, sondern<br />
auch für die Dynamik. Wie bei der statischen<br />
Betrachtung ist bei der dynamischen<br />
Untersuchung darauf zu achten,<br />
dass bei extremen (eventuell auch mutwilligen)<br />
Belastungen oder Anregungen<br />
die Standsicherheit der Brücke nicht gefährdet<br />
ist, und zwar unabhängig von den<br />
auftretenden Amplituden und Beschleunigungen.<br />
Anders als beim Bruchzustand,<br />
für den die Frage zu beantworten bleibt,<br />
welche extremsten Einwirkungen es gibt<br />
und welche Querschnitte man braucht,<br />
um die Lasten sicher abzutragen, geht es<br />
beim Gebrauchszustand um die häufi gen<br />
und realistischen Ein- und die daraus<br />
resultierenden (erträglichen) Auswirkungen<br />
für die Nutzung und Benutzer.<br />
2 Details der Max-Eyth-See-Brücke<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
Abhängig vom Standort und vom Entwurf<br />
selbst sollte also eine sensible und<br />
differenzierte Formfi ndung erfolgen.<br />
Zu pauschale Betrachtungen können<br />
zu übertriebenen, aufwendigen und<br />
oft plump wirkenden Dämpfungsmaßnahmen<br />
führen – die teuer sind und nur<br />
selten in das gestalterische Gesamtkonzept<br />
passen.<br />
2 Entwurfskriterien<br />
2.1 Detaillierung<br />
Die Wahrnehmung einer Brücke geschieht<br />
zum einen über das Gesamtbild<br />
des Tragwerks, den Eindruck von weitem,<br />
zum anderen sind es die Details, die der<br />
Benutzer beim langsamen Begehen der<br />
Brücke erfahren und erleben kann. Diese<br />
Details müssen, die richtigen Proportionen<br />
haben, und sie müssen die »gestalterische«<br />
Sprache der gesamten Konstruktion<br />
widerspiegeln.<br />
1 Gesamtansicht der<br />
Max-Eyth-See-Brücke<br />
© Schlaich Bergermann<br />
und Partner<br />
Gerade was die dynamischen Aspekte<br />
betrifft – und die spielen bei seilgestützten<br />
Brücken fast immer eine Rolle –,<br />
scheint hier die Findung einer pauschalen<br />
Regelung schwierig zu sein, da die Frage<br />
nach den Einwirkungen durch Standort<br />
und Nutzung bestimmt wird. Innerstädtische<br />
Brücken haben oft ganz andere<br />
Beanspruchungen und Belastungen, als<br />
dies bei Stegen in Parklandschaften der<br />
Fall ist. Ähnlich verhält es sich mit der<br />
Akzeptanz der Auswirkungen: Sie ist subjektiv,<br />
wird aber auch, wie schon erwähnt,<br />
von der Assoziation »schwer–steif« und<br />
»leicht–weich« und der damit verbundenen<br />
Erwartungshaltung des Einzelnen<br />
beeinfl usst.<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Leichte, offene und transparente Strukturen<br />
mit ansehnlichen Details laden viel<br />
eher zum Verweilen und Ausruhen ein,<br />
als dies schwere und bedrohlich wirkende<br />
Lösungen tun. Wer sich auf der Brücke<br />
wohlfühlt, wird sich mehr Zeit für sie nehmen,<br />
wird sich mit ihr auseinandersetzen<br />
und versuchen, sie zu begreifen und zu<br />
verstehen.<br />
2.2 Trassierung<br />
Brücken für das Straßen- und Eisenbahnnetz<br />
werden in übergeordnete Verkehrsplanungen<br />
integriert, sie werden<br />
in ihrem Verlauf unter Einhaltung aller<br />
verkehrsrelevanten Parameter frühzeitig<br />
festgelegt und diese der Brückenplanung<br />
vorgegeben. Bei Fußgängerbrücken ist<br />
das anders: An sie werden nicht die hohen<br />
Anforderungen wie an Großbrücken<br />
gestellt. Sie können im Grundriss fast<br />
beliebig geformt und trassiert werden,<br />
können sich bestehenden Wegenetzen<br />
anpassen, sich verzweigen, aufweiten<br />
oder verengen und ermöglichen dadurch<br />
eine ganz andere Vielfalt.<br />
Oft haben Fußgängerbrücken aber das<br />
Problem, dass bei Einhaltung von behinderten-<br />
und fahrradgerechten Steigungen<br />
sehr lange Rampen notwendig<br />
werden, um die notwendige Höhe zur<br />
Überquerung zu erreichen.<br />
Für die Überquerung selbst ist der zum<br />
Hindernis rechtwinklige Weg der kürzeste<br />
und damit der kostengünstigste, weshalb<br />
beim Entwurf von Fußgängerstegen oft<br />
versucht wird, genau diese Orientierung<br />
zu wählen. Sofern die anbindenden Wege<br />
in Verlängerung der Brückenachse angeordnet<br />
sind, ist eine solche Linienführung<br />
logisch, klar und einfach.<br />
Wenn die Anbindungen in Richtung und<br />
Lage jedoch nicht zum geraden Verlauf<br />
der Brücke passen und sich auch nicht<br />
anpassen lassen, hat die Trassierung der<br />
Brücke darauf zu reagieren.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
4 Beispiel: Grundrissverläufe<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
5 Fußgängerbrücke in Pforzheim<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
6 Fußgängerbrücke in Minden<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
3 Beispiel: Rampen<br />
© Schlaich Bergermann<br />
und Partner<br />
Eine Lösung des Problems ist die entkoppelte<br />
Betrachtung von Brücke und<br />
Rampe. Rampen bringen den Benutzer<br />
auf die nötige Höhe, und die Brücke überquert<br />
dann geradlinig und möglichst<br />
rechtwinklig das Hindernis. Abhängig<br />
vom möglichen Platzangebot und der<br />
Topographie müssen solche Rampen sehr<br />
unterschiedlich ausgebildet werden:<br />
entweder als einfache Rampe oder in<br />
Zickzack- bzw. Spiralform. Hierbei sind die<br />
fl üssigen, stetig gekrümmten Verläufe<br />
denen mit abruptem Richtungswechsel<br />
vorzuziehen. Mit einem durchlaufenden<br />
Stegquerschnitt und einer einheitlichen<br />
konstruktiven Sprache gelingt es, trotz<br />
der »entkoppelten« Betrachtung durchgängige<br />
und ansprechende Lösungen zu<br />
fi nden – freilich immer mit dem Nachteil,<br />
dass sich die Tragstruktur in einen Rampen-<br />
und einen Brückenteil trennt.<br />
Ein anderer Weg ist die gekoppelte Betrachtung.<br />
Wenn man sich von dem Entwurfsziel,<br />
Brücke und Rampe geometrisch<br />
und konstruktiv zu trennen, löst, ergeben<br />
sich direktere und fl üssigere Alternativen<br />
der Linienführung. Dies hat aber grundsätzliche<br />
Auswirkungen auf die Wahl<br />
des Tragwerks. Während die geraden<br />
Überbauten ohne Beeinträchtigung mit<br />
außenliegenden Hänger- oder Schrägseilen<br />
gestützt werden können, ragen<br />
bei gekrümmten Brücken die Seile in das<br />
Lichtraumprofi l hinein.<br />
Sofern dies kritisch wird, lässt sich das<br />
Problem durch seitliches Verschieben der<br />
Seilverankerungspunkte am Mast oder<br />
durch Nachaußenschieben der Verankerungspunkte<br />
am Überbau zwar entschärfen<br />
oder lösen, das hat aber geometrisch<br />
Grenzen, und bei größeren Krümmungen<br />
kann nur noch einseitig aufgehängt<br />
werden.<br />
12
13<br />
Mit jener Konsequenz stellt sich zuerst<br />
die Frage, auf welcher Seite die Aufhängung<br />
angeordnet wird. Innen oder<br />
außen? Beides ist denkbar, hat jedoch<br />
neben den städtebaulichen Aspekten wie<br />
Maststandort und »visueller« Orientierung<br />
auch Auswirkungen auf das primäre<br />
Seiltragwerk. Während es bei der inneren<br />
Anordnung möglich ist, den Mast bzw.<br />
die Maste in der Nähe des Schwerpunkts<br />
bzw. in den Schwerpunkten des Kreisringträgers<br />
zu platzieren und damit auf<br />
Abspannungen verzichten zu können,<br />
muss bei einer Anordnung außen das<br />
Gleichgewicht über Rückhalteseile des<br />
Masts hergestellt werden.<br />
Lage, Neigung und Höhe des Masts bzw.<br />
der Maste lassen sich hierbei frei wählen,<br />
beeinfl ussen aber zusammen mit der<br />
dann formgefundenen Geometrie des<br />
Seiltragwerks die Schnittkräfte in der<br />
gesamten Konstruktion. Dies betrifft<br />
ebenso die Hängerneigungen, die die<br />
horizontalen Kräfte auf das Brückendeck<br />
bestimmen. Mit einer geschickten Wahl<br />
des Hängerangriffspunktes am Brückenquerschnitt<br />
können diese Horizontalkomponenten<br />
positiv zur Verringerung<br />
der auftretenden Momente eingesetzt<br />
werden.<br />
7 Anordnung des Seiltragwerks<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
2.3 Querschnitt<br />
Betrachtet man zuerst eine rein vertikale<br />
Aufhängung des Querschnitts, so entsteht<br />
mit der einseitigen Aufhängung ein<br />
Krempelmoment.<br />
Betrachtet man hingegen einen kontinuierlich<br />
gestützten Ausschnitt des<br />
gekrümmten Überbaus, so zeigt sich, dass<br />
man dieses auftretende Krempelmoment<br />
nicht nur über Torsion, sondern auch über<br />
zusätzliche Längsbiegung abtragen kann.<br />
Bei einer meist vorhandenen, engen und<br />
steifen Stützung des Überbaus durch<br />
das Seiltragwerk bleiben die »normalen«<br />
Biegemomente gering und beeinfl ussen<br />
die gesamte Längsbiegebeanspruchung<br />
nur wenig, so dass die Längsbiegung aus<br />
dem Krempelmoment dominiert und die<br />
8 Aufl agerreaktionen<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
9 Torsion und Biegung<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
10 Kräftezerlegung am Querschnitt<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
11 Ringseil<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
Auslegung des Querschnitts im Wesentlichen<br />
nach diesen Beanspruchungen<br />
erfolgen kann.<br />
Die Umwandlung der Torsion in Biegung<br />
lässt sich über eine gekoppelte Betrachtung<br />
Querschnitt–Grundriss veranschaulichen;<br />
am Querschnitt ergibt sich:<br />
H 1 = |H 2 | = P × e/h<br />
Unter Berücksichtigung der Grundrisskrümmung<br />
lassen sich die Horizontalkräfte<br />
Z und D mit einem »liegenden« Ringseil<br />
oder Druckbogen, der rein axial mit der<br />
Normalkraft S bzw. D belastet wird, »einfangen«:<br />
– S = H 1 × R (Zug)<br />
– D = H 2 × R (Druck)<br />
Auf den ersten Blick scheint es hierbei<br />
für den Querschnitt unwesentlich, ob<br />
die Brücke innen oder außen gestützt<br />
wird. Theoretisch betrachtet, ist dies nur<br />
ein Vorzeichenwechsel bei den Kräften,<br />
praktisch jedoch ein entscheidendes Kriterium<br />
für die Ausbildung des Überbaus.<br />
Gleiches gilt für die Frage, in welcher<br />
Höhe bei einem aufgelösten Querschnitt<br />
die beiden Gurte angeordnet werden.<br />
Davon ausgehend, dass ein Gurt immer<br />
in Höhe der steifen Gehplatte zum Liegen<br />
kommt, ergeben sich bei einem zweiten<br />
Gurt unter der Deckbrücke die umgekehrten<br />
Verhältnisse wie bei einem Gurt über<br />
der Trogbrücke.<br />
Wie ersichtlich, wird die Kraft in den<br />
horizontalen Traggliedern durch die<br />
Krümmung bestimmt: Unter der Annahme<br />
konstanter Krümmungen (R = konst.)<br />
verfügt man über gleichbleibende Kräfte,<br />
aus Krümmungsänderungen resultieren<br />
hingegen auch unterschiedliche Seilkräfte.<br />
Wenn man darauf nicht mit einer Anpassung<br />
der Bauhöhe reagiert, bedeutet<br />
dies eine tangentiale Differenzkraft, die<br />
mit dem korrespondierenden Gurt ausgeglichen<br />
werden muss. Konstruktiv kann<br />
das über eine »schubfeste« Auskreuzung<br />
der beiden Gurte erfolgen.<br />
12 Deckbrücke und Trogbrücke<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Die Krümmung ist so zu wählen, dass<br />
die Kräfte nicht zu groß werden und mit<br />
vertretbaren Querschnitten aufgenommen<br />
werden können. Sofern ausreichend,<br />
bietet eine im Grundriss parallele Lage der<br />
beiden Gurte die konstruktiv einfachste<br />
Lösung. Während die steife Brückenplatte<br />
bei größeren Krümmungen noch gut<br />
funktioniert, ist es bei zugbeanspruchten<br />
Untergurten mitunter sinnvoll, die Kräfte<br />
durch eine Reduktion der Krümmung zu<br />
verringern. Entwürfe für die Stege Roth<br />
und Kehl zeigen dieses Prinzip.<br />
Bei der Wahl des Querschnitts spielen<br />
aber nicht nur statische Gesichtspunkte<br />
eine wichtige Rolle. Aufgelöste Querschnitte<br />
wirken bisweilen unruhig und<br />
vermögen – obwohl gut gemeint – den<br />
(Gesamt-)Eindruck einer Fußgängerbrücke<br />
zu überfrachten und zu beeinträchtigen.<br />
So wurde nach intensiver Auseinandersetzung<br />
mit dem Gesamterscheinungsbild<br />
und der städtebaulichen Situation<br />
bei den Brücken in Sassnitz und Gelsenkirchen<br />
bewusst darauf verzichtet,<br />
den Brückenquerschnitt in Druck und<br />
Zugelemente aufzulösen – und stattdessen<br />
eine kompakte, in sich geschlossene<br />
14 15 Museumsbrücke in München: Übersicht und Detail<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
Form gewählt, mit der es gelingt, einen<br />
sehr ruhigen, den Schwung betonenden<br />
Überbau zu entwickeln. Da ein solcher<br />
Überbauquerschnitt auch für Biege- und<br />
Torsionsmomente sehr widerstandsfähig<br />
und steif ist, lässt sich hier der erhöhte<br />
Materialaufwand gegenüber den aufgelösten<br />
Querschnitten durchaus rechtfertigen.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
3 Projekte und Entwürfe<br />
3.1 Einleitung<br />
Unter Berücksichtigung dieser Entwurfsprinzipien<br />
entstand im Büro Schlaich<br />
Bergermann und Partner eine große Zahl<br />
gekrümmter, seilgestützter Brücken, die<br />
nicht nur die Vielfalt, sondern auch die<br />
Entwicklung aufzeigen können.<br />
3.2 Kelheim, München, Bochum<br />
Die erste einseitig gestützte und 1988 in<br />
Kelheim über den Rhein-Main-Donau-Kanal<br />
realisierte Brücke hat einen massiven<br />
Querschnitt, bei dem »nur« die Lage der<br />
im Beton versteckten Spannglieder etwas<br />
über ihre Funktionsweise verraten könnte.<br />
Während die Verankerungspunkte des<br />
Seiltragwerks im Schwerpunkt der Konstruktion<br />
liegen, mussten die Maste – um<br />
Störungen im Bereich des Schifffahrtskanals<br />
zu verhindern – »außerhalb des<br />
Kreisringträgers« aufgestellt und abgespannt<br />
werden.<br />
Während bei Kelheim alles noch im Betonquerschnitt<br />
»versteckt« ist, zeigt die<br />
Brücke im Deutschen Museum deutlich,<br />
wie sie funktioniert: Mit einem Mast, der<br />
exakt im Schwerpunkt steht – damit er<br />
keine Abspannung braucht –, mit einer inneren<br />
Aufhängung, mit einem aufgelösten<br />
Querschnitt aus Zugseilen und einem<br />
Druckrohr wird hier das Spiel mit dem<br />
Kräftegleichgewicht demonstriert. Der<br />
transparente Glasbelag erlaubt auch dem<br />
13 Brücke in Kelheim<br />
© Schlaich Bergermann<br />
und Partner<br />
16 Fußgängerbrücke in Bochum<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
Besucher auf der Brücke, Zug- und Druckgurt<br />
des Brückendecks zu sehen und die<br />
Funktionsweise nachzuvollziehen.<br />
Fügt man zwei solcher Systeme entgegengesetzt<br />
zusammen, erhält man einen<br />
S-förmigen Brückenverlauf, der sich für<br />
die Verbindung zweier Parkbereiche in<br />
Bochum anbot. Während der Untergurt<br />
ebenfalls als markant rotgestrichenes<br />
Druckrohr ausgebildet ist, wurde auf<br />
einen separaten Obergurt in Form von<br />
Zugseilen verzichtet und wird die Zugkraft<br />
mit Bewehrung in der 10 cm dicken<br />
14
15<br />
17 Cité-Steg in Baden-Baden<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
Betonplatte aufgenommen. Diagonalen<br />
zwischen Untergurt und Betonplatte erhöhen<br />
die Biegesteifi gkeit und verbessern<br />
das dynamische Verhalten bei vertikalen<br />
Anregungen.<br />
3.3 Baden-Baden und Roth<br />
Im Unterschied zu den zuvor beschriebenen<br />
Deckbrücken musste beim Entwurf<br />
für den Cité-Steg in Baden-Baden eine<br />
Trogbrücke gewählt werden, da der Lichtraum<br />
und die anbindenden Rampen keine<br />
größeren Bauhöhen zuließen. Aufgrund<br />
der starken Krümmung bleiben die Kräfte<br />
klein, und die Integration des Obergurts<br />
in die Geländerkonstruktion ist möglich,<br />
ohne dass der einhüftige Rahmen mit<br />
seinem obenliegenden Zugglied die<br />
Transparenz der Gesamtstruktur stark<br />
beeinträchtigt.<br />
Während bei dem Brückenentwurf in<br />
Baden-Baden der günstige Effekt einer<br />
Druckkraft in der Gehplatte, die als Betonplatte<br />
sehr drucksteif ist, dadurch<br />
erreicht wird, dass die beiden Gurtebenen<br />
verschoben werden und so eine einhüftige<br />
Trogbrücke entsteht, lässt sich dies bei<br />
Deckbrücken durch eine veränderte Lagerung<br />
erzielen: Beim Entwurf für die Stieberbrücke<br />
in Roth wird die Brückenplatte<br />
außen gestützt und erhält derart eine<br />
günstige Druckkraft; als Untergurt dienen<br />
drei vollverschlossene Seile. Zur Reduzierung<br />
der Kräfte wird die Krümmung der<br />
Ringseile vergrößert, und sie schwingen<br />
vom inneren Rand der Widerlager zum<br />
äußeren Rand in Brückenmitte. Mit einer<br />
in Druck- und Zugstäben aufgelösten Verankerung<br />
des Zuggurts am Überbau wird<br />
der Schwung des Ringseils unterstrichen<br />
und die Transparenz der Brücke zusätzlich<br />
erhöht.<br />
18 Fußgängerbrücke in Roth<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
3.3 Kehl und Sassnitz<br />
Einer noch kleineren Krümmung kann nur<br />
mit einem selbständigen horizontalen<br />
Aussteifungskonzept begegnet werden,<br />
wie es beim Entwurf der Rheinbrücke in<br />
Kehl vorgesehen war. Das zur Stabilisierung<br />
des Überbaus angeordnete Unterspannsystem<br />
wird in analoger Weise zur<br />
Haupttragstruktur über der Brücke detailliert,<br />
das heißt, die Unterspannseile werden<br />
wie die Haupttragseile über Sättel zu<br />
den Widerlagern geführt. Zur Verringerung<br />
der Krempelmomente und der damit<br />
verbundenen Seilkraft im horizontalen<br />
Ringseil wurde der Verankerungspunkt<br />
des Hängerseils am Querschnitt zudem<br />
hochgesetzt: Der Schnittpunkt zwischen<br />
horizontaler Kraft und Hängerkraft wandert<br />
in Richtung Schwerpunkt des Stegs,<br />
und der Hebelarm zwischen einwirkender<br />
und stützender Kraft wird reduziert. Der<br />
einhüftige Rahmen unterstützt hierbei<br />
die Asymmetrie und die gewünschte<br />
Ausrichtung der Brücke fl ussabwärts.<br />
Erstmalig umgesetzt wurde diese Art der<br />
Verankerung bei der 2007 fertiggestellten<br />
Fußgängerbrücke in Sassnitz, mit deren<br />
Anwendung sich ein extrem schlanker<br />
Überbau ausführen ließ. Die deutlich<br />
erlebbare asymmetrische Ausbildung des<br />
Querschnitts öffnet die Brücke zur Ostsee<br />
hin und unterstreicht zugleich den balkonähnlichen<br />
Charakter ihrer Struktur.<br />
19 20 Rheinbrücke in Kehl: Übersicht und Querschnitt<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
3.4 Greenville und Gelsenkirchen<br />
Die erste realisierte Brücke mit einer<br />
außenliegenden Aufhängung und einem<br />
parallel zu ihr verlaufenden unteren<br />
Zuggurt wurde für die Überquerung eines<br />
Wasserfalls in South Carolina, USA, entworfen.<br />
Das Tragseil wird hier über zwei<br />
nach hinten abgespannte Maste geführt<br />
und in den Widerlagern verankert. Drei<br />
vollverschlossene Ringseile bilden dabei<br />
den Zuggurt und sind ebenfalls an den<br />
Widerlagern verankert, wo sie sich mit<br />
den Druckkräften des Überbaus kurzschließen.<br />
Die Versteifung des Überbaus<br />
wurde wie bei der Brücke in Bochum<br />
durch die Anordnung von Diagonalen<br />
zwischen den Gurten erreicht.<br />
Bei der ebenfalls außen aufgehängten,<br />
2009 errichteten Fußgängerbrücke am<br />
Hafen Grimberg in Gelsenkirchen wurde<br />
ähnlich der Brücke in Sassnitz ein trapezförmiger<br />
Querschnitt gewählt. Mit einer<br />
Spannweite von 140 m ist sie zugleich<br />
eine der weitgespanntesten gekrümmten<br />
Fußgängerbrücken, die bisher verwirklicht<br />
wurden.<br />
Durch die Grundrisskrümmung konnte<br />
die Brücke als integrales Tragwerk ausgebildet<br />
und der Überbau fest mit den Widerlagern<br />
verbunden werden. Nur so war<br />
es erstmalig möglich, den Überbau ohne<br />
Zwischenunterstützung an der Seilverankerung<br />
auszuführen und die Aufhängung<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
21 Fußgängerbrücke in Sassnitz<br />
© Jürgen Schmidt<br />
an lediglich einem Mast zu realisieren.<br />
Um eine ausgeglichene Beanspruchung<br />
des Überbaus zu erhalten und so dessen<br />
extrem schlanke Form zu verwirklichen,<br />
wurden dem Hohlkasten während der<br />
Montage Eigenspannungen eingeprägt,<br />
was der Berechnung und Herstellung ein<br />
Höchstmaß an Präzision abverlangte.<br />
3.5 Ausblick<br />
Im Wesentlichen wurden an dieser Stelle<br />
nur »überspannte« Systeme behandelt,<br />
während es noch eine Vielzahl anderer<br />
(Trag-)Strukturen gibt. Ob zusammengesetzt,<br />
wie auf Usedom, oder in Kombination<br />
mit anderen Tragwerksformen, das<br />
Entwicklungspotential ist vielfältig und<br />
bisher sicher nicht ausgeschöpft.<br />
Darüber hinaus sind natürlich gekrümmte,<br />
in sich geschlossene Systeme möglich.<br />
Zu dem Krempelmoment kommt das<br />
globale Torsionsmoment eines Kreisringträgers<br />
dazu, und es ergeben sich dadurch<br />
ganz andere Anforderungen an die konstruktive<br />
Ausbildung. Bei der Fußgängerbrücke<br />
La Défense im Finanzviertel von<br />
Paris wurde die räumliche Lastabtragung<br />
zum Beispiel konsequent in ein aufgelöstes<br />
Tragwerk umgesetzt. Neben der<br />
fachwerkähnlichen Überspannung, die zu<br />
den Aufl agern hin an Höhe zunimmt und<br />
damit, ähnlich einem Kragträger, dem<br />
Beanspruchungsverlauf folgt, wirken drei<br />
Ringseile, die unter der Brücke mit unterschiedlichen<br />
Krümmungen angeordnet<br />
sind, dem globalen Torsionsmoment<br />
entgegen.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
4 Zusammenfassung<br />
Wie die Projekte und Entwürfe zeigen,<br />
steckt in den gekrümmten Brücken<br />
ein hohes Potential an realisierbaren<br />
Tragstrukturen. Durch die Krümmung verbessern<br />
sich nicht nur der Verkehrsfl uss<br />
und die Anbindungsalternativen, sondern<br />
sie ermöglicht auch die Entwicklung<br />
interessanter räumlicher und dabei logischer<br />
Konstruktionen.<br />
Die Entwurfsarbeit an solchen räumlichen<br />
(Trag-)Systemen setzt aber ein profundes<br />
Verständnis des Tragverhaltens<br />
voraus. Denn ohne dieses Verständnis<br />
und das permanente sowie systematische<br />
Hinterfragen der Funktionsweise<br />
kann der entwerfende Ingenieur nur<br />
schwer zu logischen Tragwerksformen<br />
fi nden.<br />
24 Hafen-Grimberg-Brücke in Gelsenkirchen<br />
© Schlaich Bergermann und Partner/Michael Zimmermann<br />
25 Fußgängerbrücke auf Usedom<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
Schlussendlich ist dies die Basis für die<br />
Ingenieurkreativität, mit der wir uns von<br />
anderen Brückendesignern unterscheiden<br />
und die es uns erlaubt, rational nach<br />
klaren, nachvollziehbaren, technisch<br />
sauberen und vernünftigen Strukturen<br />
zu suchen, die durch ihre Prägnanz und<br />
Einmaligkeit überzeugen.<br />
22 23 Fußgängerbrücke in Greenville,<br />
South Carolina<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
26 Brücke La Défense in Paris<br />
© Schlaich Bergermann und Partner/<br />
Michael Zimmermann<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Andreas Keil<br />
Schlaich Bergermann und Partner<br />
Beratende Ingenieure im Bauwesen,<br />
Stuttgart<br />
16
17<br />
Zu Form und Gestaltung von Fußgängerbrücken<br />
Mehr als die Verbindung zweier Ufer<br />
� � � von Dietmar Feichtinger<br />
Die Gestalt einer Fußgängerbrücke<br />
ist das Ergebnis eines willkürlichen<br />
Prozesses. Der Eingriff in das städtische<br />
Umfeld oder in die Naturlandschaft<br />
stellt eine Herausforderung<br />
dar: Das Bauwerk sucht die Harmonie<br />
oder den Kontrast, schmiegt sich<br />
an oder hebt sich ab. Die Übereinstimmung<br />
des gestalterischen <strong>Konzepts</strong><br />
mit seiner konstruktiven Umsetzung<br />
ist die Voraussetzung für ein<br />
kohärentes Ergebnis. Brücken sind<br />
sentimentale Orte, Orte der Verbindung<br />
und der Begegnung. Sie sind<br />
Teil der kollektiven Wahrnehmung.<br />
1 Ein willkürlicher Gestaltungsprozess<br />
Eine Fußgängerbrücke ist mehr als die<br />
Verbindung zweier Orte. Als Verlängerung<br />
von Fuß- und Fahrradwegen führen sie oft<br />
über das Wasser. Ein Ort wird erreichbar,<br />
neue Perspektiven eröffnen sich. Die Weite<br />
der Landschaft oder die urbane Struktur<br />
wird aus einer unbekannten Sicht<br />
lesbar. Das Queren wird zum Erlebnis. Die<br />
Brückenmitte wird zum Belvedere.<br />
Brücken sind strukturierende Elemente.<br />
Sie sind aus der Weite sichtbar, verschmelzen<br />
mit der Landschaft oder heben<br />
sich ab und werden zum Monument.<br />
Fußgängerbrücken sind tendenziell<br />
leichte, transparente Bauwerke. Die eingeschränkte<br />
technische Beanspruchung<br />
erlaubt eine relativ freie Gestaltung. Die<br />
konstruktive Form ist der Gestaltung<br />
untergeordnet. Die Gestalt einer Fußgängerbrücke<br />
ist das Ergebnis eines willkürlichen<br />
Prozesses. In diesem Prozess werden<br />
gestalterische Überlegungen defi niert:<br />
Es handelt sich um technische Bauwerke,<br />
die mit modernen Mitteln umgesetzt<br />
werden. Der Eingriff in das städtische<br />
Umfeld oder in die Naturlandschaft stellt<br />
eine Herausforderung dar. Das Bauwerk<br />
sucht die Harmonie oder den Kontrast,<br />
schmiegt sich an oder hebt sich ab.<br />
Die Übereinstimmung des gestalterischen<br />
<strong>Konzepts</strong> mit seiner konstruktiven<br />
Umsetzung ist die Voraussetzung für ein<br />
kohärentes Ergebnis.<br />
Brücken sind auch sentimentale Orte,<br />
Orte der Verbindung und der Begegnung.<br />
Sie sind Teil der kollektiven Wahrnehmung.<br />
Fußgängerbrücken im städtischen Raum<br />
sind meist zusätzliche Verbindungen, die<br />
nicht zwingend notwendig erscheinen.<br />
Sie erlauben die Trennung der Fußgänger<br />
und Radfahrer vom übrigen Verkehr. Die<br />
Benutzer der Brücken können sich frei<br />
bewegen, und ohne Gefahr, dem Lärm<br />
und den Abgasen des Autoverkehrs ausgesetzt<br />
zu sein. Sie sind ein Phänomen<br />
unserer Zeit, ein zusätzliches Element, das<br />
die Stadt bereichert.<br />
Brücken sind nackte Bauwerke. Die Struktur<br />
ist sichtbar und erlebbar. Sie wird zum<br />
integrativen Teil des Gestaltungskonzepts.<br />
Es handelt sich um das Skelett, das<br />
die Form bestimmt.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Fußgängerbrücken passen sich an die<br />
Umgebung an. Sie suchen das Ufer, die<br />
Verankerung. Schwere Autobrücken<br />
beeinfl ussen die Topographie der unmittelbaren<br />
Umgebung stark. Sie erzwingen<br />
eine Veränderung des Niveaus der Zubringerstraßen<br />
und damit der Ufergestaltung.<br />
Fußgängerbrücken sind formbar,<br />
gestaltbar, anpassungsfähig. Wie ein<br />
Insekt strecken sie ihre Beine und Fühler<br />
aus. Es handelt sich um komplexe Organismen,<br />
angepasst an ihre Umgebung.<br />
Fußgängerbrücken sind nicht wiederholbar.<br />
Jede Brücke ist in sich ein Prototyp, ein<br />
Einzelbauwerk.<br />
Es gibt Verwandtschaften unter den<br />
Brücken, Familien oder Typologien. Diese<br />
werden mit dem Ort in Beziehung gebracht<br />
und neu defi niert.<br />
Die Wiederholung von Überbrückungsschemas,<br />
die oft entlang von Autobahnen<br />
zu beobachten ist, ignoriert die sich verändernde<br />
Landschaft und führt zu einer<br />
Verarmung der Wahrnehmung.<br />
Brücken sind Chancen, Orte zu defi nieren.<br />
Sie bestimmen den symbolischen Charakter<br />
einer Brücke.<br />
Brücken sind Ausdruck von Werten. Sie<br />
können den Respekt der Natur und der<br />
gebauten Umwelt vermitteln.<br />
Anders als die meisten Bauwerke wirken<br />
Brücken übergeordnet. Sie betreffen die<br />
Bewohner einer ganzen Stadt und deren<br />
Besucher. Ihre exponierte Lage über Freiräumen<br />
gibt ihnen eine Sichtbarkeit.<br />
Fußgängerbrücken verlangen eine sorgfältige<br />
Ausbildung. Die Struktur ist aus<br />
der Nähe erlebbar und ablesbar. Brücken<br />
erzählen die Geschichte ihrer Entstehung,<br />
des Bauprozesses. Konstruktive Details<br />
sind gestalterische Aussagen.<br />
Ich werde diese Prinzipien anhand von<br />
drei ausgewählten von mir entworfenen<br />
Fußgängerbrücken darstellen.<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
1 Blick von oben<br />
© Jo Pesendorfer<br />
2 Drei Brücken in Straßburg<br />
Die drei Fußgängerbrücken in Straßburg<br />
stellen die Assoziation mit Organismen<br />
her, welche sich mit ihren Beinen am Ufer<br />
verspreizen.<br />
Die Herausforderung liegt in der Verbindung<br />
der verschiedenen Niveaus der<br />
Ufer des Kanals. Die Höhendifferenz der<br />
beiden Ufer beträgt ca. 3 m: Die Rampen<br />
für Rollstuhlfahrer und Radfahrer werden<br />
zum integrierten Bestandteil des Gesamtkonzepts.<br />
So teilt sich die von einem gebogenen<br />
Kastenträger bestimmte Brücke, je<br />
näher sie dem Ufer kommt, in zwei Wege<br />
auf. Der eine Weg folgt der Geometrie<br />
des Trägers und bildet eine Treppe aus,<br />
während der andere als fl ache Rampe<br />
seitlich das Ufer begleitet und sich schräg<br />
nach unten in die Böschung abspreizt. Die<br />
Rampe führt auf das Wasser, die Verschwenkung<br />
der Rampe zum Wasser hin<br />
öffnet den Blick auf das Wasser.<br />
Die dem Bogen entlang geführten, im<br />
September 2008 eröffneten Brücken sind<br />
ähnlich konstruiert und deklinieren sich<br />
entsprechend ihrer spezifi schen Position.<br />
Sie werden miteinander erlebt und bilden<br />
die Kontinuität der Wege zwischen<br />
den Ufern in der Stadt und dem Ufer der<br />
Halbinsel.<br />
Bauherr<br />
Communauté Urbaine de Strasbourg<br />
Direction des Projets des Espaces Publics<br />
Architekten<br />
Dietmar Feichtinger Architectes, Paris, Wien<br />
Tragwerksplanung<br />
Werkraum Wien<br />
Ausführung<br />
Bilfi nger Berger Freiburg GmbH<br />
Viry SA, Remiremont<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
2 Trennung der Wege<br />
© Jo Pesendorfer<br />
4 Längsschnitt<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
5 Gesamtansicht<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
6 Lageplan<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
3 Zugang zur Mole<br />
© Jo Pesendorfer<br />
18
19<br />
3 Die Fußgängerbrücke Valmy<br />
Die im Juni 2008 fertiggestellte Fußgängerbrücke<br />
verbindet den westlichen,<br />
hinter dem Grande Arche gelegenen Teil<br />
von La Défense, Paris, mit dem Hochhaus<br />
»Granite« in Nanterre.<br />
Mehr als eine Überbrückung ist Granite–La<br />
Défense eine Promenade von 90 m<br />
Länge. Es handelt sich um eine urbane<br />
Wegverbindung zwischen La Défense und<br />
Nanterre, die das Gebäude der Société<br />
Générale umschreibt.<br />
Im Grundriss nimmt die Geometrie der<br />
Brücke die gekrümmte Fassade des Bürohauses<br />
auf, hält jedoch einen möglichst<br />
großen Abstand. Der so belassene Freiraum<br />
zwischen Promenade und Gebäude<br />
sowie die nach außen gelegte Tragkonstruktion<br />
ermöglichen die Erhaltung der<br />
guten natürlichen Belichtung der Büros<br />
und der Cafeteria. Die Brücke schließt<br />
tangential an den Vorplatz des Turmes<br />
»Granite« im ersten Obergeschoß an,<br />
Rolltreppen und Aufzüge verbinden den<br />
Vorplatz mit dem Straßenniveau.<br />
Hauptmerkmal der Konstruktion sind<br />
die Stützelemente, die die Promenade in<br />
Form von »Wirbeln« im Abstand von 10 m<br />
begleiten und die man schon von weitem<br />
wahrnimmt: Die Wirbel rhythmisieren<br />
den Weg.<br />
Das Rückgrat der Konstruktion bildet ein<br />
Hohlkastenträger aus verschweißten<br />
Stahlblechen. Die ausgreifenden »Wirbel«<br />
sind durch Zugstäbe miteinander gekoppelt,<br />
die vertikalen Kräfte werden über<br />
ein System von Kragträgern abgeleitet.<br />
Ein unter dem Brückendeck angebrachtes<br />
Zugband, das mit den Wirbeln verbunden<br />
ist und dem Kreissegment folgt, dient der<br />
Aufnahme der Torsion.<br />
Als Windschutz fungieren 1,80 m hohe<br />
an der Außenkurve eingespannte Glasgeländer.<br />
Nachts unterstreichen in das<br />
Brückendeck eingelassene Beleuchtungskörper<br />
den Rhythmus der Masten.<br />
12 Längsschnitt<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
7 Gesamtansicht in Richtung La Défense<br />
© Antonin Chaix<br />
10 Grundriss<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
S Y M P O S I U M<br />
8 »Ausschnitt«<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
9 Anschlussdetail<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
11 Querschnitt<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
Bauherr<br />
EPA Seine Arche, Paris<br />
Architekten<br />
Dietmar Feichtinger Architectes, Paris, Wien<br />
Tragwerksplanung<br />
Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart<br />
Ausführung<br />
GTM, Paris<br />
Viry SA, Remiremont<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
3 Eine Fußgängerbrücke in Hamburg<br />
Die Passerelle in der Speicherstadt nimmt<br />
zwei bestehende Straßenrichtungen auf:<br />
die Achse der Durchquerung des Kaispeichers<br />
B und die Kante des Kais im Norden.<br />
Die Brücke, im Juni 2007 fertiggestellt,<br />
verbindet den Speicher und im weiteren<br />
Sinne die Hafencity mit der öffentlichen<br />
Fläche, einem Park, im Norden. Ein sich zu<br />
den beiden Aufl agern entsprechend dem<br />
Kräfteverlauf hin verjüngender Stahlkasten<br />
stemmt sich gegen die beiden Ufer.<br />
Dieser Ausdruck wird durch die Steigung<br />
des Gehweges zur Mitte hin unterstrichen.<br />
14 Brücke von oben<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
Der kräftige Körper der Brücke erinnert<br />
an einen Schiffsrumpf und stellt somit<br />
die inhaltliche Beziehung zum Museum<br />
des Kaispeichers B her. Er ist aus ebenen<br />
Blechen verschweißt.<br />
Im Grundriss weitet sich der Weg zur Mitte<br />
und bildet am Knickpunkt der Brücke<br />
einen Platz. Die Richtungsänderung über<br />
dem Wasser markiert die technische Herausforderung:<br />
Der Knick in Brückenmitte<br />
erzeugt ein Drehmoment, das am festen<br />
Aufl ager an der Parkseite aufgenommen<br />
wird.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1<br />
4<br />
3<br />
13 Gesamtansicht<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
15 »Knickpunkt«<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
9<br />
5 6 8<br />
8 6<br />
3<br />
2<br />
7<br />
16 Schifffahrtsmuseum...<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
10 11 7<br />
17 Längsschnitt<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
2<br />
12<br />
13<br />
20
21<br />
18 Querschnitt<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
19 Lageplan<br />
© Dietmar Feichtinger Architectes<br />
Bauherr<br />
Stadt Hamburg<br />
Architekten<br />
Dietmar Feichtinger Architectes, Paris, Wien<br />
Tragwerksplanung<br />
WTM Engineers GmbH, Hamburg<br />
Ausführung<br />
NE Sander Eisenbau GmbH, Sande<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Dietmar Feichtinger<br />
Dietmar Feichtinger Architectes, Paris, Wien<br />
Brückensicherheit:<br />
Auffangnetze aus Edelstahl<br />
S Y M P O S I U M<br />
Jakob GmbH, Friedrichstrasse BRÜCKENBAU | 65, September 73760 2009 Ostfi ldern<br />
Tel. 0711 45 99 98 60, eMail: inox@jakob-inoxline.de
S Y M P O S I U M<br />
Brücken und Stege an Inn, Mangfall und Hammerbach<br />
Bauwerke der Landesgartenschau Rosenheim 2010<br />
� � � von Joachim Swillus, Johann Pravida<br />
Das Konzept des im Jahr 2005 gewonnenen<br />
Wettbewerbes für die<br />
Landesgartenschau Rosenheim 2010<br />
sah vor, die Innenstadt im Zuge ihrer<br />
städtebaulichen Entwicklung zum<br />
Wasser stark mit den Flussräumen<br />
von Inn, Mangfall, Hammerbach und<br />
Mühlbach zu verknüpfen: Der neu<br />
geschaffene Park an Inn und Mangfall<br />
wird durch drei stegartige Bauwerke<br />
an die Altstadt angebunden<br />
und erschlossen. Das Bild des Steges<br />
wird zur Metapher für die Wege<br />
zum Wasser; Promenadensteg,<br />
Mangfallsteg und Nicklwiesensteg<br />
verbinden den aus schmalen Landzungen<br />
bestehenden Park zu einer<br />
Gesamtanlage. Die Stege sind hybride<br />
architektonische Landschaften,<br />
sie sind Brücke, Promenade, Rampe,<br />
Aussichtspunkt, Sitz- und Liegemöglichkeit<br />
in einem Element.<br />
1 Einleitung<br />
Bestandteile der drei Stege (Promenadensteg,<br />
Mangfallsteg, Nicklwiesensteg) sind<br />
die Brückenbauwerke Mangfall 1, 2 und<br />
3 sowie Hammerbach 1, 2 und 4. Die drei<br />
Brücken über die Mangfall wurden zur<br />
Stärkung des Profi ls Rosenheims als Holzstadt<br />
als Holzkonstruktionen ausgeführt,<br />
die Errichtung aller anderen erfolgte in<br />
Stahlbauweise. Die übergeordnet gleiche<br />
Gestaltung des Geländers, des Gehbelages<br />
und des Randabschlusses der Brücken<br />
und Stege macht diese zu einem architektonischen<br />
Objekt. Nachfolgend werden<br />
die Brückenbauwerke beschrieben, ohne<br />
näher auf die Stegkonstruktionen einzugehen.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Promenadensteg mit Brücken Mangfall 1 und Hammerbach 1<br />
© a24_landschaft<br />
2 Ansicht des Promenadenstegs<br />
© a24_landschaft<br />
3 Brücke Mangfall 1<br />
© a24_landschaft<br />
2 Promenadensteg<br />
2.1 Brücke Mangfall 1<br />
Die Brücke Mangfall 1 ist der ungewöhnliche<br />
Endpunkt des Promenadensteges,<br />
sie überragt den Inndeich im Mündungsbereich<br />
von Mangfall und Inn um 23 m.<br />
Die Inszenierung des Weges aus der Stadt<br />
über die Stege in die Flussräume erreicht<br />
hier ihren Höhepunkt. Von der Brücke<br />
bietet sich ein herrlicher Ausblick über die<br />
Flussmündung in die weiten Flussräume<br />
von Inn und Mangfall bis zu den Alpen.<br />
Das Geländer mit asymmetrischen X-förmigen<br />
Pfosten und einem transparenten<br />
Edelstahlspanndrahtgewebe unterstützt<br />
die Bewegungsdynamik zum Wasser.<br />
Die Farbgebung des Holzträgers ist eine<br />
weißliche Lasur, die die Struktur des<br />
Holzes erkennen lässt und den Charakter<br />
des hellen frisch geschnittenen Holzes<br />
konserviert.<br />
Unterhalb und seitlich der Brücke liegende<br />
Sitzterrassen am Inn erforderten die<br />
hohe möbelartige Qualität der Brückenuntersicht.<br />
2.2 Tragwerk Mangfall 1<br />
Der Überbau der Brücke besteht aus<br />
blockverleimten Brettschichtholzträgern<br />
mit dem statischen System eines Einfeldträgers<br />
mit angehängtem Kragarm.<br />
Er hat eine Gesamtlänge von 15,70 m,<br />
die Kragarmlänge misst 7,30 m. Darüber<br />
liegen zwei Abdichtungsebenen und der<br />
Gehbelag aus Lärchenholzbohlen. Die<br />
Anfangsbreite der Brücke ist 2,80 m, die<br />
Endbreite 2,40 m.<br />
Die Geländerkonstruktion ist auf Stahlkonsolen<br />
verschraubt, die wiederum<br />
über Stahlbleche an den Brückenträger<br />
geschraubt sind und seitlich auskragen.<br />
Da die Abdichtungsebenen über die<br />
Konsolen hinweg bis zum Randabschluss<br />
geführt sind, wird für den blockverleimten<br />
Träger ein optimaler konstruktiver<br />
22
23<br />
4 Aussicht »auf« Mangfall 1<br />
© a24_landschaft<br />
Holzschutz erreicht. Im Sinne der DIN<br />
1074 (09/2006) stellt der Brückenträger<br />
ein geschütztes Tragwerk dar, weshalb<br />
auf einen chemischen Holzschutz vollständig<br />
verzichtet werden kann.<br />
Der Unterbau besteht aus einer skulpturalen<br />
Stahlstütze mit einem kurzen<br />
Riegel, so dass sich das System eines<br />
einhüftigen Rahmens ergibt. Durch die<br />
Rahmenwirkung der Stahlstütze wird der<br />
auskragende Teil des Brückenüberbaus<br />
versteift, wodurch die Biegeverformungen<br />
am Kragende erheblich reduziert<br />
werden.<br />
Die Widerlagerwand aus Sichtbeton liegt<br />
bündig in der Uferwand, das Stützenwiderlager<br />
führt die Stützengeometrie fort;<br />
die Widerlager sind auf Gewi-Pfählen<br />
gegründet.<br />
2.3 Brücke Hammerbach 1<br />
Als Teil des Promenadensteges überquert<br />
die Brücke den Hammerbach. Von hier<br />
bietet sich ein schöner Blick über die rauschende<br />
Mündung des Mühlbachs in den<br />
Hammerbach und die Bachgärten. Die an<br />
gleicher Stelle gelegene ehemalige Betonbrücke<br />
als Zufahrt des Baubetriebshofes<br />
wurde teilweise abgebrochen und auf<br />
die Stegbreite zurückgebaut. Ihr verbliebener<br />
Teil dient nun als Unterbau für die<br />
Errichtung des neuen Brückenüberbaus<br />
als Stahlkonstruktion mit Längs- und<br />
Querträgern.<br />
Der charakteristische Lärchenholzbohlenbelag<br />
und das Geländer mit kreuzförmigen<br />
Pfosten binden die Brücke zu einer<br />
gestalterischen Einheit mit den Stegabschnitten<br />
zusammen.<br />
3 Mangfallsteg<br />
3.1 Brücke Mangfall 2<br />
Als Teil des Mangfallsteges spannt die<br />
Brücke über die Mangfall und verbindet<br />
die schmale Landzunge des Innspitzes<br />
mit dem Mangfallpark Nord. Die landschaftlich<br />
besondere Lage im Auwald der<br />
Mangfall mit seinem Großbaumbestand<br />
verdeutlicht ihre Funktion als linearer<br />
Aussichtspunkt.<br />
3.2 Tragwerk Mangfall 2<br />
Der Überbau der Brücke besteht aus<br />
blockverleimten Brettschichtholzträgern<br />
mit dem statischen System eines Durchlaufträgers<br />
über vier Felder. Die Brücke<br />
hat eine Gesamtlänge von 78 m, eine<br />
Anfangsbreite von 4,46 m und eine Endbreite<br />
von 3,28 m. Die Einzelstützweiten<br />
messen 16 m, 16 m, 30 m und 16 m, bei<br />
einer Höhe von 40 cm am Brückenanfang<br />
und 85 cm in der -mitte.<br />
5 Mangfallsteg mit Brücken Mangfall 2 und Hammerbach 2<br />
© a24_landschaft<br />
6 Ansicht des Mangfallstegs<br />
© a24_landschaft<br />
8 Brücke Hammerbach 2<br />
© a24_landschaft<br />
S Y M P O S I U M<br />
Die Details der Abdichtungsebenen und<br />
des Gehbahnbelages sowie die Gestaltung<br />
von Geländer und Farbgebung des<br />
Holzträgers sind identisch mit jener der<br />
Brücken Mangfall 1 und 3.<br />
Der Unterbau umfasst drei X-förmige<br />
Stahlstützen, deren Schenkel sich zu den<br />
Enden verjüngen. Die Flussstützen sind in<br />
Brückenlängsrichtung geneigt und bilden<br />
zusammen mit dem Überbau ein Trapezsprengwerk:<br />
Die Geometrie von Querträgern<br />
und Stützenwiderlagern setzt die<br />
der Stützen fort. Die Endwiderlager lagern<br />
bündig im Deichbauwerk, die Flügelwände<br />
verschwenken unter den Überbau, um<br />
die Widerlageröffnungen klein zu halten<br />
und den Eindruck zu verstärken, dass die<br />
Brücke sich unmittelbar aus der Böschung<br />
entwickelt; alle Widerlager sind auf Gewi-<br />
Pfählen gegründet.<br />
7 Brücke Mangfall 2<br />
© a24_landschaft<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
3.3 Brücke Hammerbach 2<br />
Als Eingangsbrücke und Teil des Mangfallsteges<br />
überquert sie den Hammerbach,<br />
sie verknüpft die Eingangssituation und<br />
den Staudengarten an der Schönfeldstraße<br />
mit dem Mangfallpark Nord. Die<br />
Brücke ist als Auftakt für den Park in den<br />
Altbaumbestand eingebettet und bietet<br />
einen guten Überblick über die angrenzenden<br />
Bachgärten.<br />
Der Brückenüberbau besteht aus einer<br />
Stahlkonstruktion aus Längs- und Querträgern,<br />
die von vier Stahlstützen als<br />
Sprengwerk getragen wird. Der charakteristische<br />
Lärchenholzbohlenbelag und<br />
das Geländer mit X-förmigen Pfosten<br />
binden die Brücke zu einer gestalterischen<br />
Einheit mit den Stegabschnitten<br />
zusammen.<br />
4 Nicklwiesensteg<br />
4.1 Brücke Mangfall 3<br />
Als Teil des Nicklwiesensteges spannt<br />
die Brücke über die Mangfall mit Blickbeziehung<br />
zu den Alpen. Sie verbindet die<br />
städtischen Bildungs- und Erholungseinrichtungen<br />
östlich und westlich der<br />
Mangfall barriere- und autofrei, so dass<br />
ein zusammenhängender Bereich entsteht<br />
– erweitert um das Freizeitangebot<br />
des neu erstellten Mangfallparks Süd.<br />
4.2 Tragwerk Mangfall 3<br />
Der Überbau der Brücke besteht aus<br />
blockverleimten Brettschichtholzträgern<br />
mit dem statischen System eines Durchlaufträgers<br />
über drei Felder. Sie weist eine<br />
Gesamtlänge von 64 m auf, die Anfangsbreite<br />
der Brücke ist 5,24 m, die Endbreite<br />
3,65 m. Die Einzelstützweiten messen<br />
20 m, 29,50 m und 14,50 m, bei einer<br />
Trägerhöhe von 45 cm am Brückenanfang<br />
und 75 cm in der -mitte. Den Unterbau<br />
bilden zwei X-förmige Stahlstützen, deren<br />
Schenkel sich zu den Enden verjüngen. Sie<br />
sind in Brückenlängsrichtung geneigt und<br />
formen zusammen mit dem Brückenträger<br />
ein Trapezsprengwerk.<br />
Die Gestaltung von Geländer, Bohlenbelag<br />
und Farbgebung des Holzträgers ist<br />
identisch mit jener der Brücken Mangfall<br />
1 und 2.<br />
4.3 Brücke Hammerbach 4<br />
Als Teil des Nicklwiesensteges überquert<br />
die Brücke den Hammerbach. Sie bindet<br />
den Spielbereich auf der linken Bachseite<br />
mit den Wiesen und Spielfl ächen entlang<br />
dem rechten Ufer zusammen. Von ihr<br />
aus bietet sich ein Überblick auf den neu<br />
gestalteten Hammerbach mit der dort<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
9 Nicklwiesensteg mit Brücken Mangfall 3 und Hammerbach 4<br />
© a24_landschaft<br />
10 Ansicht des Nicklwiesenstegs<br />
© a24_landschaft<br />
11 Brücke Mangfall 3<br />
© a24_landschaft<br />
gelegenen Kajakstrecke für Kinder.<br />
In ihrer gestalterischen und konstruktiven<br />
Ausbildung entspricht sie der Brücke<br />
Hammerbach 2.<br />
5 Besonderheiten der Holzbrücken<br />
5.1 Statisches System<br />
Mangfall 2 und 3 stellen die größten<br />
Brückenneubauten auf dem Landesgartenschaugelände<br />
dar. Das statische<br />
System des Trapezsprengwerks verringert<br />
hier die Stützweite des Flussfeldes. Allerdings<br />
ergeben sich daraus erhebliche<br />
Längskräfte im Brückenträger, die am<br />
unverschieblichen Widerlager und in den<br />
Anschlussknoten zu den Stützen ein- bzw.<br />
ausgeleitet werden müssen.<br />
Aufgrund der großen Biegeschlankheit<br />
des Hauptträgers ist die Durchlaufwirkung<br />
über die Brückenfelder hinweg für<br />
die Beschränkung der Biegeverformung<br />
von besonderer Bedeutung. Als Konsequenz<br />
waren alle Montagestöße als biegesteife<br />
Stöße auszulegen, was für einen<br />
blockverleimten Träger mit einer Breite<br />
bis zu 4,10 m und einer Höhe bis zu 85 cm<br />
eine außergewöhnliche Herausforderung<br />
bedeutet.<br />
12 Nicklwiesensteg mit Brücke<br />
Hammerbach 4 im Bau<br />
© a24_landschaft<br />
13 Biegesteifer Montagestoß<br />
des Brückenträgers<br />
© Sailer Stepan und Partner GmbH<br />
24
25<br />
5.2 Knotenpunkte<br />
Die Lastüberleitung vom Stahl in das Holz<br />
wurde an allen Knotenpunkten nach dem<br />
gleichen Konzept geplant: An den entsprechenden<br />
Stellen werden im blockverleimten<br />
Träger in jeder zweiten Blockfuge<br />
vertikale Schlitzbleche eingebracht und<br />
über Stabdübel mit dem Holzquerschnitt<br />
verbunden. Am Endwiderlager leiten die<br />
Schlitzbleche die Lagerlasten dann über<br />
angeschweißte Stahlankerplatten und<br />
Augenstabverbindungen in die Widerlagerwand.<br />
Am Anschlussknoten des Brückenträgers<br />
zur Stütze sind die Schlitzbleche an<br />
der Unterseite mit Stahlknaggen verschweißt,<br />
welche die Horizontalkräfte aus<br />
den Schrägstützen aufnehmen können.<br />
Beim Montagestoß sind die Schlitzbleche<br />
an einem Trägerende mit Fahnenblechen<br />
und am gegenüberliegenden Trägerende<br />
mit Zangenblechen angeschlossen. Die<br />
Stoßverbindung selbst lässt damit als<br />
geschraubte Stahlbauverbindung ausführen.<br />
5.3 Dynamik<br />
Im Rahmen der rechnerischen Nachweise<br />
im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit<br />
muss das Schwingungsverhalten der<br />
Brücken besonders betrachtet werden. Da<br />
die niedrigste Eigenfrequenz mit vertikaler<br />
Eigenschwingungsform rechnerisch<br />
bei rund 2 Hz liegt, wurden in den Brückenträgern<br />
Aussparungen vorgesehen,<br />
in die später bei Bedarf Schwingungsdämpfer<br />
eingebaut werden können.<br />
Erste Messungen zeigen jedoch, dass ein<br />
Einbau der Dämpfer nicht erforderlich<br />
14 Endwiderlager mit Gründungskörper<br />
© Sailer Stepan und Partner GmbH<br />
16 Dynamische Untersuchung unter<br />
Berücksichtigung der optionalen<br />
Schwingungsdämpfer<br />
© Sailer Stepan und Partner GmbH<br />
wird. Dieser positive Umstand ist auf die<br />
mittragende sowie dämpfende Wirkung<br />
der Abdichtungs- und Belagsebenen<br />
zurückzuführen.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Joachim Swillus<br />
Büro a24_landschaft, Robel Swillus und Partner,<br />
Architekten und Landschaftsarchitekten, Berlin<br />
Prof. Dr.-Ing. Johann Pravida<br />
Sailer Stepan und Partner GmbH,<br />
Beratende Ingenieure für Bauwesen VBI, München<br />
���������������������������<br />
Staffenbrücke Kössen - Brückenklasse I, Spannweite 50,40 m<br />
Grossmann Bau GmbH & Co. KG<br />
Äußere Münchener Straße 20 - 83026 Rosenheim<br />
Telefon: 0 80 31 / 44 01 – 51 Telefax: 0 80 31 / 44 01 – 93<br />
holzleimbau@grossmann-bau.de<br />
www.grossmann-bau.de<br />
S Y M P O S I U M<br />
15 Stützenanschluss an Brückenträger<br />
© Sailer Stepan und Partner GmbH<br />
Bauherr<br />
Landesgartenschau Rosenheim 2010 GmbH<br />
Entwurf<br />
a24_landschaft, Robel Swillus und Partner,<br />
Architekten und Landschaftsarchitekten, Berlin<br />
Tragwerksplanung<br />
Sailer Stepan und Partner GmbH<br />
Beratende Ingenieure für Bauwesen VBI, München<br />
Wasserbau und Geotechnik<br />
Aquasoli GmbH & Co. KG, Deisenhofen<br />
Prüfi ngenieure<br />
Prof. Dr.-Ing. Heinrich Kreuzinger, München<br />
Dr.-Ing. Johann Köppl, Rosenheim<br />
Ausführung<br />
Grossmann Bau GmbH & Co. KG, Rosenheim<br />
GLS Bau und Montage GmbH, Perg, Österreich<br />
UNSERE LEISTUNGEN:<br />
- INGENIEURHOLZBAU<br />
- BRÜCKENBAU<br />
- ELEMENTBAU<br />
- HALLENBAU<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Neuer Einsatz eines traditionellen Werkstoffs<br />
Eine Brücke aus Granit in Rosenheim<br />
� � � von Markus Hennecke<br />
Für einen Ingenieur ist es eine<br />
schöne Aufgabe, wenn sich ihm die<br />
Möglichkeit bietet, eingeführte,<br />
genormte Wege zu verlassen und<br />
neue Werkstoffe oder Bauweisen zu<br />
erproben. Es können Innovationen<br />
sein, bei denen ganz neue Materialien<br />
entwickelt und angewendet<br />
oder aber alte, bewährte Materialien<br />
in veränderte Zusammenhänge<br />
gebracht werden. Ein Beispiel dafür<br />
ist eine kleine Fußgängerbrücke in<br />
Rosenheim, die aus vorgespanntem<br />
Granit erstellt wurde. Dieser uralte<br />
Baustoff und moderne Monolitzen<br />
wurden hier als Konstruktionselemente<br />
eingesetzt, die aus dem<br />
Spannbeton bekannt sind. Wesentliche<br />
Voraussetzungen für solche<br />
Entwicklungen sind aufgeschlossene<br />
Partner im Projekt. Für Rosenheim<br />
ergab sich diese Konstellation zwischen<br />
Bauherrn, Prüfi ngenieur, Granithersteller<br />
und Planer.<br />
1 Aufgabenstellung<br />
Das Architekturbüro SEP Baur & Deby,<br />
Architekten und Stadtplaner, hatten den<br />
2004 von der Stadt Rosenheim ausgeschriebenen<br />
Wettbewerb zur Aufwertung<br />
des Gebietes Altstadt Ost und In den<br />
Schmucken gewonnen, wo sich auch der<br />
Ludwigsplatz befi ndet: Im Ausblick auf<br />
die Landesgartenschau 2010 wurde 2007<br />
mit der Umgestaltung dieses zentralen<br />
Platzes begonnen. Auf seiner östlichen<br />
Seite verläuft der Mühlbach, der im Rahmen<br />
einer früheren Verkehrsplanung<br />
komplett für den Straßenverkehr überbaut<br />
wurde. Als ein Element der Aufwertung<br />
ist beabsichtigt, die Verkehrsführung<br />
in jenem Areal zu ändern und einen<br />
Teil des Baches wieder wahrnehmbar zu<br />
machen. Dazu soll im Gehwegsbereich<br />
die vorhandene Brücke zurückgebaut und<br />
durch einen Steg ersetzt werden.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
Fast schon zwangsläufi g sind hier zahlreiche<br />
Sparten angeordnet, die wie der<br />
Gehweg den Mühlbach queren; der<br />
Mühlbach selbst ist in einem zweiteiligen<br />
Betongerinne untergebracht. Aus den<br />
geometrischen Gegebenheiten stand<br />
eine maximale Bauhöhe von 25 cm zur<br />
Verfügung, während die Spannweite<br />
der Brücke 8,80 m betragen musste. Ihre<br />
Oberfl äche sollte sich zudem in die (Oberfl<br />
ächen-)Gestaltung des Gesamtplatzes<br />
einfügen. Eine konventionelle Deckbrücke<br />
mit Granitbelag war aber geometrisch<br />
und konstruktiv nicht möglich, so dass<br />
die Idee geboren wurde, den Granit nicht<br />
nur als Oberfl ächenmaterial, sondern<br />
zugleich als Konstruktionsmaterial zu<br />
verwenden.<br />
2 Lösung<br />
Granit ist seit Jahrhunderten für Baumeister<br />
ein sehr vertrauter Baustoff. Er<br />
zeichnet sich durch hohe Dauerhaftigkeit<br />
und große Druckfestigkeit aus, ähnlich<br />
dem Beton sind die Zugfestigkeiten<br />
hingegen vergleichsweise gering. Brückenbauer<br />
früherer Zeiten haben seine<br />
Materialeigenschaften berücksichtigt,<br />
indem sie Bogenbrücken errichtet haben,<br />
um die Lasten über Druckkräfte abzuleiten.<br />
Im modernen Brückenbau wird diese<br />
Konstruktionsidee mit der Spannbetonbauweise<br />
umgesetzt.<br />
3 Konstruktion<br />
Die Brücke ist in Längsrichtung aus einzelnen<br />
Blöcken mit Längen zwischen<br />
1,00 m und 1,25 m zusammengesetzt. Die<br />
Breite der Platte beträgt 3,10 m, ihre Dicke<br />
0,25 m.<br />
1 Granitbrücke am<br />
Ludwigsplatz<br />
© Kusser Aicha<br />
Granitwerke<br />
2 3 Querschnitte der Brücke<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/<br />
Kusser Aicha Granitwerke<br />
4 Längsschnittdetail<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/<br />
Kusser Aicha Granitwerke<br />
Die Herstellung aus einzelnen Blöcken,<br />
die durch die Vorspannung zusammengehalten<br />
werden, entspricht der Konstruktion<br />
einer Segmentbrücke, wobei<br />
sich die Aufteilung in Segmente durch<br />
die Fertigung des Granits begründet. Die<br />
Spannglieder werden durch Bohrungen<br />
und Nuten parabelförmig über die Brückenlängsrichtung<br />
geführt und insge-<br />
26
27<br />
samt 13 Spannglieder nebeneinander<br />
angeordnet. Aus konstruktiven Gründen<br />
werden Querfugen zur Egalisierung mit<br />
Epoxydharz verklebt.<br />
Granitoberfl ächen widerstehen ohne<br />
weitere Schutzmaßnahmen mechanischen<br />
und klimatischen Belastungen.<br />
Damit kann der gesamte verfügbare<br />
Querschnitt als statisch wirksam angesetzt<br />
werden. Die Granitbrücke wird auf<br />
Elastomerelager auf einem verformungsarm<br />
gegründeten Widerlager gelagert.<br />
4 Bemessung<br />
Die Einwirkungen auf die Brücke sind im<br />
DIN-Fachbericht 101 mit den Angaben<br />
für Geh- und Radwegbrücken geregelt,<br />
das heißt, in ihm sind eine fl ächenhafte<br />
Belastung von 5,00 kN/m² sowie ein<br />
Dienstfahrzeug mit einer Ersatzlast von<br />
50 kN defi niert. Weitere für den Überbau<br />
relevante (veränderliche) Einwirkungen<br />
sind über die Bauhöhe veränderliche<br />
Temperaturen.<br />
Für die Bemessung der Tragfähigkeit<br />
stehen hingegen keine Vorschriften zur<br />
Verfügung. Die Aufgabe war daher, neue<br />
Bemessungsregeln zu defi nieren, die sich<br />
am eingeführten Sicherheitskonzept<br />
orientieren. Die Grundlage hierfür ist der<br />
DIN-Fachbericht 102 »Betonbrücken«,<br />
der durch die Empfehlung für Segmentbrücken<br />
ergänzt wird: Die Bemessungs-<br />
Für die Vorspannung wurden eine Monolitze<br />
des Spannverfahrens B+B Lo1S der<br />
Bilfi nger + Berger Vorspanntechnik mit<br />
186 kN zulässiger Vorspannkraft eingesetzt.<br />
Das Spannverfahren hat eine allgemeine<br />
bauaufsichtliche Zulassung für die<br />
Anwendung im Betonbau, so dass seine<br />
wesentlichen Elemente geregelt waren.<br />
Die großen Abweichungen stellen sich im<br />
Bereich der Krafteinleitung dar, denn die<br />
geregelten Bewehrungselemente Wendel<br />
und Zusatzbewehrung konnten nicht<br />
eingebaut werden. Aus diesen Abweichungen<br />
ergab sich die Notwendigkeit,<br />
Versuche zur Einleitung der Vorspannkräfte<br />
durchzuführen, die analog der ETAG<br />
013 am Materialprüfungsamt der Technischen<br />
Universität München realisiert<br />
wurden. Die Abmessungen der Probekörper<br />
wurden dazu so gewählt, dass sie<br />
dem Krafteinleitungsbereich im Überbau<br />
entsprachen. Bei Lasteinleitungsversuchen<br />
werden je Versuchskörper 11 Lastwechsel<br />
aufgebracht und abschließend<br />
die einwirkende Kraft bis zum Versagen<br />
gesteigert. Diese Bruchkraft wird zu der<br />
Kraft ins Verhältnis gesetzt, die durch die<br />
Vorspannung aufgebracht werden soll.<br />
Der Faktor betrug bei den beiden Versuchskörpern<br />
3,80.<br />
Druckfestigkeit<br />
Mittelwert<br />
Unterer Erwartungswert<br />
218 Mpa<br />
214 Mpa<br />
Druckfestigkeit nach 48-F-T-W mit 2%<br />
NaCl-Kochsalzlösung<br />
Mittelwert 177 Mpa<br />
Rohdichte Mittelwert 2.660 kg/m³<br />
Biegezugfestigkeit Mittelwert 13,6 Mpa<br />
Unterer Erwartungswert 12,2 Mpa<br />
Biegezugfestigkeit nach 48-F-T-w Mittelwert 11,6 Mpa<br />
7 Mechanische Kennwerte des Granits<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/Kusser Aicha Granitwerke<br />
ansätze umfassen die Grenzzustände für<br />
Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit.<br />
Die mechanischen Eigenschaften des<br />
Werkstoffes Granit sind durch die Eigenüberwachung<br />
des Herstellers sehr gut<br />
beschrieben und in der nachfolgenden<br />
Tabelle angegeben; zur Verwendung kam<br />
ein Granit aus Tittling im Bayerischen<br />
Wald.<br />
5 Herstellung<br />
Der Granit wurde in einem Steinbruch der<br />
Kusser Aicha Granitwerke gewonnen und<br />
im Werk Aicha vorm Wald verarbeitet: Aus<br />
den Rohblöcken werden die Segmente<br />
präzise herausgeschnitten, die Bohrungen<br />
und Nuten für die Spanngliedführung<br />
ausgeführt und die Oberfl ächen<br />
sandgestrahlt. Die weiteren Arbeitsschritte<br />
bestehen im Verkleben der Segmente<br />
und Vorspannen der Brücke.<br />
S Y M P O S I U M<br />
5 6 Ansicht und Schnitt des Widerlagers<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/<br />
Kusser Aicha Granitwerke<br />
Nach dem Vorspannen erfolgten Belastungsversuche<br />
im Werk. Diese Versuche<br />
gehörten nicht zum Genehmigungsprozess,<br />
sondern wurden durch den Hersteller<br />
selbst veranlasst, um das Tragverhalten<br />
zu überprüfen. Im Versuch wurden<br />
schrittweise Sandsäcke bis zum Erreichen<br />
der angesetzten Flächenlast aufgebracht.<br />
Die Fugen blieben geschlossen und die<br />
Verformungen bewegten sich im Bereich<br />
des Erwarteten. Insgesamt wurde der<br />
Versuch dreimal wiederholt.<br />
8 Querschnitt der Granitplatte<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/<br />
Kusser Aicha Granitwerke<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
9 10 11 Belastungsversuche<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH<br />
6 Einbau<br />
Die gesamte Brücke wurde auf einen<br />
Schwertransporter verladen und aus<br />
Aicha vorm Wald nach Rosenheim transportiert<br />
und dort innerhalb eines Tages<br />
mit einem Mobilkran auf den vorbereiteten<br />
Lagern versetzt. Im Nachgang erfolgte<br />
die Montage des Geländers.<br />
7 Genehmigung<br />
Die Anwendung des Granits in einer<br />
vorgespannten Brücke und die Anwendung<br />
des Spannverfahrens im Granit sind<br />
bauaufsichtlich nicht geregelt, für die Bemessungskriterien<br />
und das Spannverfahren<br />
sind also Zustimmungen im Einzelfall<br />
erforderlich. Da der Brückenbau nicht<br />
über die Landesbauordnungen geregelt<br />
ist, lag die Zustimmung für den Bau hier<br />
auch nicht bei den Bauaufsichtsbehörden,<br />
sondern beim Tiefbauamt selbst.<br />
12 Einhubvorgang<br />
© Zilch + Müller Ingenieure GmbH/<br />
Kusser Aicha Granitwerke<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
8 Zusammenfassung<br />
Die schöne ingenieurtechnische Aufgabe<br />
konnte durch die partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit aller Beteiligten<br />
termingerecht bis Dezember 2007<br />
umgesetzt werden. Dank einer präzisen<br />
Fertigungsmöglichkeit ist ein qualitativ<br />
hochwertiges – und durch den Einsatz des<br />
sehr dauerhaften Baustoffes Granit und<br />
Monolitzen mit werksmäßigem Korrosionsschutz<br />
ein bleibendes – Tragwerk<br />
entstanden, das sich elegant in die örtliche<br />
Situation einfügt.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Markus Hennecke<br />
Zilch + Müller Ingenieure GmbH, München<br />
13 Fertiggestellte Brücke<br />
© Kusser Aicha Granitwerke<br />
Bauherr<br />
Stadt Rosenheim, Tiefbauamt<br />
Entwurf<br />
Dipl.-Ing. Architekt Jochen Baur, München<br />
Tragwerkplanung<br />
Zilch + Müller Ingenieure GmbH, München<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dr.-Ing. Helmut Kirmair, Bad Aibling<br />
Prüfi nstitut für Spannverfahren<br />
Technische Universität München,<br />
Materialprüfungsamt Bau<br />
Ausführung<br />
Kusser Aicha Granitwerke, Aicha vorm Wald<br />
28
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Engineering<br />
29<br />
S Y M P O S I U M<br />
Einladung zum Abonnement …ist die neue und damit dritte Baufachzeitschrift der<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN.<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
65187 Wiesbaden<br />
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Tel.: 0611/84 65 15<br />
Fax: 0611/80 12 52<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.brueckenbau-info.com<br />
ISSN 1867-643X<br />
Das gesamte Spektrum des Brückenbaus thematisierend, wird sie<br />
viermal pro Jahr erscheinen – vorwiegend anlässlich ausgewählter<br />
Veranstaltungen.<br />
Die Vorträge des 9. Symposiums BRÜCKENBAU in Leipzig bilden<br />
daher auch den Schwerpunkt der Erstausgabe.<br />
Heft 2.2009 hat Geh- und Radwegbrücken zum Thema und ist zugleich<br />
Tagungsband dieses ersten Symposiums am 12.9.2009 im Baureferat<br />
der Landeshauptstadt München.<br />
Zögern Sie also nicht und bestellen Sie ein Probeabonnement<br />
zum Vorzugspreis.<br />
Ja, ich nehme das Angebot an und bestelle ein Probeabonnement:<br />
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� 42,00 inkl. Porto und MwSt.<br />
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Straße/Hausnummer<br />
Postleitzahl/Stadt<br />
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Datum Unterschrift<br />
Wenn Sie den BRÜCKENBAU nach Ablauf des Probeabonnements nicht weiterbeziehen<br />
möchten, genügt eine formlose schriftliche Mitteilung an den Verlag innerhalb von<br />
14 Tagen nach Erhalt der letzten Ausgabe. Andernfalls erhalten Sie diese Zeitschrift<br />
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Abonnementpreis sind verbindlich im Impressum jeder Ausgabe aufgeführt.<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Neue Geh- und Radwegbrücken in Augsburg und München<br />
Zur Erschließung von Versammlungsstätten<br />
� � � von Peter Radl, Thomas Götzinger<br />
Anhand zweier verschiedener Aufgabenstellungen<br />
wird die Erschließung<br />
von Versammlungsstätten für Fußgänger<br />
und Radfahrer aufgezeigt.<br />
In beiden Fällen waren Bauwerke zu<br />
entwerfen, die in unterschiedlichem<br />
Kontext zur Architektur des eigentlichen<br />
Gebäudes stehen. Für die<br />
Verknüpfung eines neuen Straßenbahnhaltepunktes<br />
mit der impuls<br />
arena, Augsburgs neuem Fußballstadion,<br />
wurden drei Geh- und Radwegbrücken<br />
über städtische Straßen<br />
erforderlich, für deren Planung die<br />
Stadt Augsburg einen Wettbewerb<br />
ausgeschrieben hat. SSF Ingenieure<br />
GmbH und Architekten Lang Hugger<br />
Rampp GmbH überzeugten mit<br />
ihrem Konzept, organisch geformte,<br />
schlanke und nicht zu dominante<br />
Spannbetonrahmenbrücken mit<br />
Wiedererkennungswert in das Umfeld<br />
einzupassen. Für die Verbindung<br />
der aus der Feder der Architekten<br />
Coop Himmelb(l)au, Wien, stammenden<br />
BMW-Welt in München,<br />
einer kombinierten Ausstellungs-,<br />
Auslieferungs-, Erlebnis-, Museums-<br />
und Eventstätte, mit dem BMW-<br />
Museum und dem BMW-Hochhaus<br />
wurde eine Fußgängerbrücke über<br />
die Lerchenauer Straße erforderlich,<br />
die auch der Erschließung des<br />
östlich angrenzenden Münchener<br />
Stadtbezirks dient. Im Team mit den<br />
Architekten Coop Himmelb(l)au entwickelten<br />
SSF Ingenieure GmbH eine<br />
modern anmutende Stahlbrücke, die<br />
die Freifl ächenarchitektur der BMW-<br />
Welt konsequent fortsetzt.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Lage der Brücken (rot) und der ausgeschriebenen Zuwegung (gelb)<br />
© SSF Ingenieure GmbH/Lang Hugger Rampp GmbH<br />
1 impuls arena, Augsburg<br />
1.1 Aufgabenstellung<br />
In der impuls arena, im Süden Augsburgs,<br />
wurde am 26. Juli 2009 der Spielbetrieb<br />
des FC Augsburg aufgenommen. Nordöstlich<br />
des Fußballstadions, durch zwei<br />
Straßenzüge getrennt, wurde für die<br />
Erschließung durch den öffentlichen Personennahverkehr<br />
eine Straßenbahnhaltestelle<br />
gebaut. Die leistungsstarke Anbindung<br />
an das Stadion mit bis zu 10.000<br />
Besuchern pro Stunde und die westliche<br />
Anbindung an die Bürgermeister-Ulrich-<br />
Straße erforderten die Herstellung von<br />
drei Geh- und Radwegbrücken und einem<br />
Unterführungsbauwerk.<br />
Die Stadt Augsburg forderte Mitte Dezember<br />
2007 vier Planungsgemeinschaften<br />
aus je einem Ingenieur- und einem<br />
Architekturbüro auf, ein Plangutachten<br />
für diese Brücken zu erstellen – mit der<br />
Vorgabe, den Sieger des Wettbewerbs<br />
umgehend mit der weiteren Planung zu<br />
beauftragen. Die Herstellung der Brücken<br />
sollte innerhalb der Zeitspanne von Juni<br />
2008 bis April 2009 erfolgen.<br />
1.2 Konzeption<br />
Für die drei Überführungsbauwerke wurde<br />
eine unverwechselbare gleichartige<br />
Gestaltung, eine Brückenfamilie, angestrebt,<br />
die mit dem Besuch des Stadions<br />
assoziiert wird. Um zugleich einen für<br />
das Wegenetz idealen und durchgehend<br />
fl üssigen Wegverlauf zu erlangen, wurden<br />
die Brücken in einer geschwungenen<br />
Grundrissform konzipiert: Im Übergang<br />
vom Damm auf die einzelnen Bauwerke<br />
sollten Fußgänger und Radfahrer keinerlei<br />
Zäsur erfahren. Es wurden Spannbe-<br />
2 3 Visualisierung eines Spannbetonrahmens und der Unterführung<br />
© SSF Ingenieure GmbH/Lang Hugger Rampp GmbH<br />
30
31<br />
4 Asymmetrischer Querschnitt<br />
© SSF Ingenieure GmbH/Lang Hugger Rampp GmbH<br />
ton-Rahmenbauwerke gewählt, die der<br />
angestrebten organischen Formgebung<br />
gerecht werden und aufgrund ihrer fi ligranen<br />
Bauweise bestechen. Sie sollten<br />
eher ruhig und unaufdringlich wirken und<br />
sich nicht zu sehr vor der Architektur des<br />
Stadions in Szene setzen.<br />
Die Überbauten spannen in ihrer unteren<br />
Begrenzung daher bogenförmig, in<br />
der allseits vertrauten Urform des Brückenschlages,<br />
über die Verkehrsräume<br />
und gehen orthogonal ohne sichtbare<br />
Widerlager in die begrünten Böschungen<br />
über. In Richtung der Rahmenecken<br />
ergeben sich dabei statisch optimal wirkende<br />
Anvoutungen, die die schlanken<br />
Feldbereiche entlasten. Die Dynamik der<br />
Konstruktionen wurde zusätzlich mit der<br />
Wahl kompakter asymmetrischer Querschnitte<br />
verstärkt. Entsprechend einer<br />
fi ktiven Fliehkraft liegen der Tief- und der<br />
Schwerpunkt in einer Faser im äußeren<br />
Querschnittsdrittel.<br />
Das Zurücksetzen der Widerlager bis hinter<br />
die Böschungsebenen erzeugt für den<br />
Autofahrer großzügige Öffnungen mit<br />
maximaler Transparenz. Im Bauwerksbereich<br />
überwiegt bei diesen Konstruktionen<br />
der Anteil an begrünten Böschungsfl<br />
ächen, Betonfl ächen reduzieren sich auf<br />
die »lebendig« geschalten Überbauten.<br />
Die Mehrkosten, die sich aus der größeren<br />
Spannweite der Brücken gegenüber konventionellen<br />
Bauwerken kurzer Spannweite<br />
ergeben, wurden durch Einsparungen<br />
bei den relativ kleinen Widerlagerblöcken,<br />
die in Großbohrpfähle einspannen,<br />
mehr als kompensiert.<br />
Für die Brücken wurden Sondergeländer<br />
aus einfachen, aneinandergereihten<br />
Streckmetall-Rahmen entworfen, die sehr<br />
transparent und leicht wirken und damit<br />
die Brücken aufwerten.<br />
6 Einbau der Spannglieder<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
5 Defi nition der Spanngliedverläufe innerhalb der variablen Querschnitte<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
7 Im Rohbau fertiggestellter Rahmen<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
8 Bauwerk 03 am Tag der Verkehrsfreigabe<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
9 Heutiges Erscheinungsbild von Bauwerk 03<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure GmbH<br />
1.3 Umsetzung<br />
SSF Ingenieure GmbH und Lang Hugger<br />
Rampp GmbH konnten mit ihrem Konzept<br />
überzeugen und wurden Anfang<br />
März 2008 mit Entwurf und Ausschreibung<br />
der Bauwerke betraut. Zeitgleich<br />
liefen Statik und Ausführungsplanung<br />
der bis zu 44 m weit spannenden und<br />
4,00 m bzw. 7,00 m breiten Brücken. Die<br />
Planbearbeitung mit einer 3D-Software<br />
erleichterte dabei die exakte Defi nition<br />
der räumlichen Spanngliedverläufe und<br />
der komplizierten Schal- und Bewehrungsformen:<br />
Der Baufi rma, die bereits<br />
Mitte Juni 2008 beauftragt wurde, konnten<br />
in beliebigen Schnitten die Koordinaten<br />
der Spanngliedachslagen innerhalb<br />
der stets variablen Querschnitte übergeben<br />
werden.<br />
Die Errichtung der Bauwerke erfolgte zeitlich<br />
versetzt auf Lehrgerüsten. So konnten<br />
der anvisierte Fertigstellungstermin im<br />
April 2009 eingehalten und die Brücken<br />
rechtzeitig vor Aufnahme des Spielbetriebes<br />
am 6. Juli 2009 der Öffentlichkeit<br />
übergeben werden.<br />
Die im Wettbewerb kalkulierten Herstellungskosten<br />
für die drei Spannbetonbrücken<br />
und eine zusätzliche Fuß- und Radwegunterführung<br />
von 1,50 Mio. € wurden<br />
ebenfalls eingehalten.<br />
Bauherr<br />
Stadt Augsburg, Tiefbauamt<br />
Entwurf<br />
Planungsgemeinschaft<br />
SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Lang Hugger Rampp GmbH, München<br />
Tragwerksplanung<br />
SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dr.-Ing. Reinhard Mang, München<br />
Ausführung<br />
Glass Bauunternehmung GmbH, Mindelheim<br />
Grimmbacher Georg GmbH & Co. KG Bauunternehmen,<br />
Münsterhausen<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
2 BMW-Welt, München<br />
2.1 Entwurf<br />
Mit einer Länge von knapp 93 m führt<br />
die sogenannte Trias-Brücke in München<br />
über die Lerchenauer Straße und verbindet<br />
die BMW-Welt mit dem gegenüberliegenden<br />
BMW-Museum und dem BMW-<br />
Hochhaus. Gestaltung und Materialisierung<br />
der Trias-Brücke sind direkt aus dem<br />
Entwurf der BMW-Welt abgeleitet, denn<br />
die Brücke ist Teil des architektonischen<br />
Gesamtkonzepts des Architekturbüros<br />
Coop Himmelb(l)au aus Wien: Der Entwurf<br />
sieht eine elegant geschwungene<br />
Fußgängerbrücke mit laufend variierender<br />
Querschnittsgeometrie vor.<br />
Hauptbestandteil der Entwurfsplanung<br />
von Coop Himmelb(l)au war ein 3D-<br />
Gesamtmodell der Brücke, welches mit<br />
der CAD-Software Rhino erstellt wurde.<br />
Dieses 3D-Modell gab die Außenhülle der<br />
Brücke mit dem genauen Verlauf der Fugenführung<br />
in der Blechverkleidung vor:<br />
Trotz der komplexen räumlichen Struktur<br />
mit dem unsymmetrischen Querschnitt<br />
konnte es 1:1 umgesetzt und verwirklicht<br />
werden. Aus der variierenden Querschnittshöhe<br />
und -breite resultierten<br />
für jede Blechtafel aber unterschiedliche<br />
Abmessungen, so dass kein Blechelement<br />
dem anderen gleicht.<br />
2.2 Tragwerk<br />
Die Spannweiten der Stahlbrücke betragen<br />
20 m, 43 m und 30 m mit Gehwegbreiten<br />
zwischen 3,70 m und 6,30 m.<br />
Durch die im Grundriss stark gekrümmte<br />
Form unterliegt die Brücke ausgeprägten<br />
Torsionskräften. Als Tragsystem wurde<br />
daher ein dicht geschweißter, geschlossener<br />
Stahlhohlkasten gewählt, der sich gut<br />
13 Unverkleideter Stahlkasten bei der Montage<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
10 Freifl ächenarchitektur: Trias-Brücke vor der BMW-Welt<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure GmbH<br />
zur Aufnahme der Torsionskräfte eignet<br />
und sich auch den laufend ändernden<br />
Querschnittsformen und -höhen optimal<br />
anpassen kann.<br />
Zur Beulsicherung der Stahlbleche mit<br />
Dicken von meist nur 10 mm wurden<br />
Längsrippen mit Trapezprofi l eingezogen.<br />
In Abständen von knapp 3,00 m befi nden<br />
sich darüber hinaus Querschotte,<br />
welche mit umlaufendem T-Profi l oder<br />
als geschlossenes Blech im Bereich mit<br />
geringen Querschnittshöhen ausgebildet<br />
wurden. Das untere Stahlblech ist mit<br />
außenliegenden durchgehenden L-Rippen<br />
verstärkt, die zugleich als Unterkonstruktion<br />
der Edelstahlblechverkleidung<br />
dienen.<br />
Auf der Oberseite des Stahlhohlkastens<br />
wurde eine Betonplatte mit d = 14 cm<br />
als Gehwegplatte auf einer zweilagigen<br />
Abdichtung vorgesehen. Durch diese<br />
»schwere« Betonplatte wird das dynamische<br />
Verhalten der Brücke bei Fußgängeranregung<br />
verbessert, das heißt, die<br />
modale Masse und damit die Massenträgheit<br />
wurden hier erhöht.<br />
Das Tragwerk liegt auf Elastomerlagern<br />
auf, die innerhalb der Edelstahlblechverkleidung<br />
angeordnet sind, so dass sie für<br />
den Betrachter nicht sichtbar sind. Als<br />
Unterbauten dienen zwei ansprechend<br />
geformte Stahlbetonstützen und ein<br />
Treppenwiderlager aus Stahlbeton, in<br />
die die Brücke mittels eines massiven<br />
Einbauteils mit einem Gewicht von 2,20 t<br />
eingespannt wurde, um ein schlankes<br />
und wirtschaftliches Tragwerk zu ermöglichen.<br />
11 12 Brücke mit »fl ießenden« Querschnitten:<br />
vor dem BMW- Hochhaus,<br />
vor der BMW-Welt<br />
© Florian Schreiber/<br />
SSF Ingenieure GmbH<br />
Die Brücke schließt mit einer Bewegungsfuge<br />
mit elastischer Mitteleinlage an die<br />
Innenbrücke der BMW-Welt an, wobei auf<br />
Seite des BMW-Museums eine 5 m hohe,<br />
überhängende und zum Teil aus Dreiecksfl<br />
ächen bestehende Winkelstützwand<br />
als Brückenaufl ager fungiert; die Winkelstützwand<br />
wurde mit einer ankerlosen<br />
Schalung und sehr fl ießfähigem F6- Beton<br />
mit Sichtbetonanforderung hergestellt.<br />
32
33<br />
14 Brückenmontage<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
2.3 Fertigung und Montage<br />
Fertigung und Zusammenbau des Stahlhohlkastens<br />
erfolgte in den Werkstätten<br />
der Stahlbaufi rmen Raffl und Wito aus<br />
Osttirol in Österreich.<br />
Aufgrund der räumlich komplexen<br />
Struktur war eine aufwendige Arbeitsvorbereitung<br />
notwendig, um die Genauigkeitsanforderungen<br />
zu erfüllen. Zunächst<br />
erfolgte der Zuschnitt der Stahlbleche,<br />
danach wurden die Querschotte aufgesetzt<br />
und angeschweißt; damit war die<br />
Form der Brücke vorgegeben. Nach Schließen<br />
des Hohlkastens und Abschluss aller<br />
Schweißarbeiten erhielt die Stahlkonstruktion<br />
eine außenliegende Korrosionsschutzbeschichtung.<br />
Die einzelnen Brückenschüsse mit<br />
Gewichten bis zu 32 t wurden mittels<br />
Schwerlasttransportern aus Osttirol zur<br />
Baustelle in München befördert und dort<br />
(jeweils) nachts montiert. Durch das<br />
schnelle und reibungslose Einheben der<br />
Brückenschüsse musste der Verkehr auf<br />
der Lerchenauer Straße jeweils nur kurz<br />
gesperrt werden.<br />
Zur Montage der Brücke wurde eine<br />
Hilfsstütze mit zugehörigem Fundament<br />
in Stahlfaserbeton auf der Verkehrsinsel<br />
der Lerchenauer Straße angeordnet. Die<br />
Brückenschüsse wurden überwiegend<br />
am Boden zusammengebaut und verschweißt<br />
und danach mit einem Autokran<br />
in die exakte Höhenlage befördert.<br />
Die Edelstahl-Blechverkleidung der Trias-<br />
Brücke besteht aus einer hinterlüfteten<br />
Fassade mit glasperlgestrahlten Edelstahlblechen<br />
von 3 mm Dicke. Der Verlauf<br />
der Fugen war durch die Architektur exakt<br />
vorgegeben und unterstreicht die dynamisch<br />
wirkende Geometrie der<br />
Fußgängerbrücke.<br />
Die Brückenentwässerung gewährleisten<br />
zwei seitliche Abfl ussrinnen, welche<br />
jeweils mit einem Blech abgedeckt<br />
S Y M P O S I U M<br />
Dialog ist der Anfang von allem<br />
SSF Ingenieure ist eine beratende Ingenieurgesellschaft,<br />
die ihren Kunden ein interdisziplinäres und breit<br />
gefächertes Netz hochwertiger Lösungen auf nahezu<br />
allen Gebieten des Bauingenieurwesens bietet.<br />
Wir entwickeln intelligente und kreative Lösungen<br />
für effizientes Bauen, funktionale Bauwerke und<br />
leistungsfähige Infrastrukturanlagen, unter anderem<br />
elegante Brücken auf höchstem technischen Niveau.<br />
www.ssf-ing.de<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
15 Statisches Modell<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
sind und auf Seite des BMW-Museums<br />
zusammengeführt werden; die Entwässerungsrinnen<br />
und die lastverteilende<br />
Betonplatte enthalten eine eingebaute<br />
Heizung. Auf der Oberseite der Betonplatte<br />
wurde zudem eine risseüberbrückende,<br />
abriebfeste und witterungsbeständige<br />
Beschichtung (Sikafl oor) aufgebracht.<br />
Die statische Berechnung der Brücke<br />
erfolgte an einem räumlichen Gesamtsystem<br />
mittels der Finiten-Element-Methode,<br />
das Stahlbeton-Treppenwiderlager<br />
wurde hingegen mit Stabwerksmodellen<br />
bemessen.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
16 Trias-Brücke mit BMW-Welt und Olympiaturm<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure GmbH<br />
Trotz der beengten Baustellensituation<br />
und der straffen Terminkette konnte die<br />
Brücke im Oktober 2007 und damit rechtzeitig<br />
vor der Eröffnung der BMW-Welt<br />
fertiggestellt werden.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Peter Radl<br />
Dipl.-Ing. Thomas Götzinger<br />
SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Bauherr<br />
Bayerische Motorenwerke AG, München<br />
Entwurf<br />
Coop Himmelb(l)au, Wien<br />
Tragwerksplanung<br />
SSF Ingenieure GmbH, München<br />
Prüfi ngenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Konrad Zilch, München<br />
Ausführung<br />
Frener & Reifer Metallbau GmbH, Brixen<br />
Krämmel GmbH & Co. Bauunternehmung KG,<br />
München<br />
Wito Konstruktionen GmbH, Linz<br />
34
35<br />
Anforderungen und Beispiele aus Wolfsburg und München<br />
Form fi nden, gerade bei Fußgängerbrücken<br />
� � � von Bernhard Schäpertöns<br />
Die meist kleine Bauaufgabe »Fußgängerbrücke«<br />
erhält ihren besonderen<br />
Reiz dadurch, dass deren Struktur<br />
durch den Menschen sehr unmittelbar<br />
erfahren wird, sei es, weil<br />
er sie als Fußgänger oder Radfahrer<br />
auf seinem Weg nutzt, sei es, dass<br />
sie für ihn Aussichts- oder Treffpunkt<br />
ist oder sie ihm, wenn von weitem<br />
wahrnehmbar, den Weg weist. Eine<br />
Fußgängerbrücke kann den Stadt-<br />
oder Landschaftsraum prägen, sie<br />
kann sich in ihrer Schlichtheit unterordnen,<br />
mit ihrer Auffälligkeit<br />
Zeichen und sogar Wahrzeichen<br />
sein. Sie kann durch ihre Einbindung<br />
in das Wegenetz aber auch lenken,<br />
auf Ziele aufmerksam machen. Wie<br />
solche Bauwerke entworfen werden<br />
(können), zeigen nun die nachfolgenden<br />
Ausführungen.<br />
2 Ansicht der Brücke<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
3 Draufsicht des Bauwerks<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
1 Lage zwischen Parkplätzen und VW-Arena<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
S Y M P O S I U M<br />
1 Form fi nden<br />
1.1 Herausforderung<br />
Die Ansprüche an Fußgängerbrücken<br />
durch die Nutzer haben sich im Laufe der<br />
Zeit nur unwesentlich geändert: Für die<br />
Auslegung maßgebend sind nach wie vor<br />
der stehende, gehende, laufende oder<br />
springende Mensch, der Radfahrer, der<br />
Rollstuhlfahrer, das Wartungsfahrzeug.<br />
Dennoch wird der entwerfende Bauingenieur<br />
in besonderer Weise gefordert,<br />
durch Spannweiten oder den Einsatz<br />
innovativer Baustoffe und Bauteile. Und<br />
dann agieren in seiner Königsdisziplin,<br />
dem Brückenbau, beim speziellen Sujet<br />
»Fußgängerbrücken« neben ihm Architekten,<br />
bisweilen Landschaftsplaner.<br />
Bei manchen »alleingelassenen« Architekten<br />
besteht aber die Gefahr, dass sie<br />
4 Draufsicht auf Treppen und Rampen<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
5 Längsschnitt der Plazabrücke<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
in ihrem Wunsch, Zeichen zu setzen oder<br />
Ikonen zu schaffen, über das Ziel hinausschießen:<br />
Man schaue nur auf die hochstilisierten<br />
und teuren, sogenannten Millenniumsbrücken.<br />
Oder dass sie wie aus<br />
Versatzstücken ihnen geläufi ger Brücken<br />
neue Bauwerke zusammenfügen oder<br />
Bauteile dekorieren. Die Zusammenarbeit<br />
zwischen Bauingenieur und Architekt ist<br />
trotzdem wichtig, oft bleibt eine Brückenkonstruktion<br />
sonst ungeschliffen, roh.<br />
Die Architektenkollegen sind hier gefragt,<br />
wenn es um den Einsatz von Licht, von<br />
Farbe und die Haptik des Materials geht.<br />
Oft wird es bei gutem Verständnis zwischen<br />
Ingenieur und Architekt zugunsten<br />
des Bau-Kunst-Werks »Fußgängerbrücke«<br />
unwichtig, wer welche Rolle gespielt hat,<br />
mitunter lässt sich auch gar nicht mehr<br />
nachvollziehen, wer wann welche Impulse<br />
gegeben hat. Wesentlich ist stets das<br />
Resultat, die »richtige« Brücke.<br />
1.2 Kriterien<br />
Was sind nun die Kriterien für die richtige<br />
Gestalt, die Form einer Fußgängerbrücke?<br />
Ist es das »ehrliche« Tragwerk, die »vernünftige«<br />
Konstruktion? Diese ethischen<br />
Begriffe ermöglichen sicherlich keine<br />
objektive Bewertung der Form, der Gestalt.<br />
Genügen ästhetische Kriterien wie<br />
Schönheit oder Harmonie, wie wirkt die<br />
Brücke bei Tag, wie wirkt sie bei Nacht?<br />
Muss der Kraftfl uss erkannt werden,<br />
ablesbar sein – und wenn ja, für wen, für<br />
den Laien, dem archetypische Formen am<br />
meisten gefallen, oder für den Fachmann,<br />
der Filigranität mit Schönheit gleichsetzt<br />
oder dem eventuell der technische<br />
Sachverstand den Blick verstellt? Bei<br />
Musik reicht es, dass man sie gerne hört.<br />
Niemand erwartet, dass wir sie verstehen.<br />
Nicht jede Brücke muss schön sein.<br />
Sie muss (und kann) sich nicht immer<br />
harmonisch in die Landschaft einfügen,<br />
vielmehr interagiert sie mit ihr und ergänzt<br />
sie so: Es bildet sich etwas Neues.<br />
Eine Brücke muss die Randbedingungen<br />
erfüllen, nicht mehr, nicht weniger.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
Eine Brücke soll also alle Randbedingungen<br />
(möglichst) optimal erfüllen. Ich<br />
möchte hier nicht die drei Grundsätze<br />
des Vitruv herunterbeten, sondern sie<br />
stattdessen um moderne Eigenschaften,<br />
wie pfl egeleicht, wartungsarm, langlebig<br />
und damit robust, ergänzen. Auch der<br />
wohlbedachte Einsatz fi nanzieller Mittel<br />
kann eine wesentliche Forderung sein.<br />
Der Wunsch, eine Großform, eine Skulptur<br />
zu schaffen, eine Form zu setzen, kann<br />
ebenfalls wichtig sein. Doch meist sollten<br />
Maßstäblichkeit, die Orientierung am<br />
Menschen und der Umgebung Kriterium<br />
bei der Gestaltfi ndung sein. Was sind die<br />
Bedürfnisse des Menschen? Wie lange<br />
mag er über eine Brücke gehen. Wie lang<br />
sind die (natürlich behindertengerechten)<br />
Rampen, bis man die notwendige<br />
Höhe erreicht hat, um das Hindernis, die<br />
Straße, den Fluss zu überwinden. Darf<br />
man Sitzplätze auf der Brücke anbieten,<br />
will ich mich auf der Brücke aufhalten, auf<br />
ihr verweilen? Was sehe ich, wenn ich die<br />
Brücke verlasse. Welche Lichträume sind<br />
unter der Brücke zu beachten, wo kann ich<br />
Stützen anordnen? Schwingungen beeinträchtigen<br />
Passanten deutlich früher<br />
als die Standfestigkeit der Brücke, ist die<br />
Lösung unter Umständen zu fi ligran?<br />
8 Plazabrücke von Nordosten<br />
© Jens Willebrand<br />
6 Details des Pylonen<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
7 Geländer der Plazabrücke<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
36
37<br />
Daraus entwickelt sich die Form, erfolgt<br />
die Wahl des Tragwerks, so wird die Form<br />
gefunden. Dies geschieht durchaus<br />
nicht zwangsläufi g, vielmehr führt die<br />
Gewichtung der Randbedingungen zu<br />
unterschiedlichen, ja mitunter sogar zu<br />
willkürlich erscheinenden Lösungen.<br />
Werden aber alle Randbedingungen im<br />
Sinne einer Optimierung bedacht, hat<br />
man die richtige Form, die richtige Gestalt<br />
gefunden.<br />
Der junge Saint-Exupéry hat 1912 in einem<br />
Gedicht geschrieben: »Sie war nicht<br />
prächtig und schön, meine hübsche, kleine,<br />
schlichte Brücke. Sie war nicht kunstvoll<br />
gemacht, aber irgendein Geheimnis<br />
ließ sie über dem Wasser erstrahlen.«<br />
2 Plazabrücke, Wolfsburg<br />
2.1 Situation und Aufgabenstellung<br />
Die Aller, die sich, von Bäumen und<br />
Buschwerk gesäumt, durch eine fl ache<br />
Auenlandschaft dem Wolfsburger Schloss<br />
entgegenschlängelt, trennt die nördlich<br />
angeordneten Parkplätze von der Fußballarena<br />
und der vorgelagerten Erlebniswelt<br />
»Allerpark«, bestehend aus einer<br />
Anzahl von Spiel- und Sporthallen, einem<br />
Spaßbad und einem künstlichen See, auf<br />
dem auch Wasserski gefahren werden<br />
kann. Stadion und Erlebniswelt diesseits,<br />
ein Platz als Scharnier – die Plaza, ein<br />
halbes Rondell mit terrassierten Sitzrängen<br />
– und Parkplätze jenseits der Aller gilt<br />
es mit einer Brücke zu verbinden.<br />
Die Trasse muss angehoben werden, um<br />
für einen die Aller begleitenden Versorgungsweg<br />
ein ausreichendes Lichtraumprofi<br />
l sicherzustellen. Eine behindertengerechte<br />
Ausbildung bedingt zudem<br />
Rampenanlagen. Ist sie dann auch noch<br />
von weitem sichtbar, kann sie Zeichen,<br />
Landmarke und Wegweiser für die zwischen<br />
den Sportstätten und den Beförderungsmitteln<br />
oszillierenden Massen sein.<br />
2.2 Entwurf und Konstruktion<br />
Eine einhüftige Schrägseilbrücke erfüllt<br />
diese beiden Aufgaben in idealer Weise:<br />
Ein Pylon markiert weithin erkennbar den<br />
Ort, wo in dieser fl achen niedersächsischen<br />
Landschaft die Flussquerung stattfi<br />
ndet. Sein Standort betont die Uferseite,<br />
auf der die Veranstaltungen stattfi nden.<br />
Der Überbau kann schlank gehalten<br />
werden, Steigungen und Rampenlängen<br />
werden minimiert. Auf der Parkplatzseite<br />
fängt eine weit ausladende Treppenanlage<br />
mit seitlich angeordneten Rampen die<br />
Massen ein und schleust sie über die Aller,<br />
Fußgänger und Fußballfans werden danach<br />
geradlinig auf die Plaza hingeführt.<br />
9 Treppen(aufgang)<br />
© Jens Willebrand<br />
10 Plazabrücke von Westen<br />
© Jens Willebrand<br />
11 Nächtliches Erscheinungsbild<br />
© Jens Willebrand<br />
Der um 20 ° aus der Senkrechten geneigte<br />
Pylon durchstößt das Brückendeck mittig<br />
und hält den Überbau mit drei in dessen<br />
Mittelachse angeordneten Seilen, je<br />
zwei zu beiden Seiten gespreizte Seile<br />
verankern den 40 m hohen Pylonen am<br />
südlichen Widerlager. Die Verteilung der<br />
vollverschlossenen Seile bestimmt die<br />
S Y M P O S I U M<br />
Form des Pylonen, der über ein schiffartiges<br />
Profi l verfügt. Auf der südlichen Seite<br />
ist der Überbau in ein schweres, glatt<br />
geschaltes Widerlager eingespannt, die<br />
Seile enden hier in Betonbastionen, während<br />
er auf der anderen Seite lediglich<br />
auf der Lagerbank aufl iegt. Die Rampen,<br />
fl usswärts mit leichten Stahlgeländern<br />
ausgestattet, sind in Richtung Parkplätze<br />
mit einer massiven Betonbrüstung versehen.<br />
Das Stahldeck der Brücke ist 7,80 m breit.<br />
Darunter befi ndet sich ein dreizelliger<br />
Kastenquerschnitt, der die nötige Torsionssteifi<br />
gkeit aufweist, dazu 2,00 m<br />
auskragende Querträger. Die mittlere<br />
Zelle des Kastens ist leicht abgesenkt und<br />
nimmt Kabelzugrohre auf. Darüber verläuft<br />
über die gesamte Brückenlänge ein<br />
Streifen mit Holzbohlenbelag. Sitzbänke<br />
zwischen den Seilabhängungen laden<br />
darüber hinaus zum Verweilen ein. In der<br />
Seitenansicht wirkt der Überbau sehr<br />
schlank, seine Konstruktionshöhe beträgt<br />
nur 76 cm, die nach außen orientierte<br />
Querneigung unterstreicht diese Wirkung<br />
noch. Beidseitig angeordnete Glasgeländer<br />
betonen das grazil anmutende Profi l<br />
der Brücke.<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
12 Brückendeck …<br />
© Jens Willebrand<br />
Nachts sind während der regulären<br />
Nutzung nur die Handläufe und Bänke<br />
illuminiert. Dann liegt ein fast waagrechter<br />
Lichtbalken über der still und schwarz<br />
dahinfl ießenden Aller. Bei Stadionbetrieb<br />
erfolgt zusätzlich eine Beleuchtung aus<br />
dem Pylonen des im Oktober 2006 fertiggestellten<br />
Bauwerks.<br />
Bauherr<br />
Stadt Wolfsburg<br />
Planung<br />
BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner, München<br />
mit Bünemann & Collegen GmbH, Hannover<br />
Prüfi ngenieur<br />
Prof. Dr. Udo Peil, Braunschweig<br />
Ausführung<br />
LB Lorenz GmbH, Stendal<br />
Temme Stahl- und Industriebau GmbH, Schafstädt<br />
14 Ansicht<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
15 Querschnitt<br />
© BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
3 Grabbewegbrücke, München<br />
3.1 Lage und Planungsparameter<br />
Die Untertunnelung des Mittleren Ringes<br />
im Südwesten von München reicht<br />
vom Anschluss der A 96 im Norden über<br />
den Luise-Kiesselbach-Platz mit dem<br />
Anschluss der A 95 und die Heckenstallerstraße<br />
bis zur Passauerstraße im Osten<br />
der Landeshauptstadt. In der Heckenstallerstraße<br />
wird der Mittlere Ring offen auf<br />
Tunnelniveau geführt: Durch die Tiefl age<br />
lässt sich der Mittlere Ring nach der<br />
Errichtung der Fuß- und Radwegbrücke<br />
am Grabbeweg (künftig) ebenerdig überqueren.<br />
In direkter Nachbarschaft der<br />
Geschoßwohnungsbauten fahren dann<br />
keine Autos mehr – und es entsteht der<br />
570 m lange Heckenstallerpark, der ohne<br />
Beeinträchtigung durch Lärm und Abgase<br />
für Spiel, Freizeit und Erholung genutzt<br />
werden kann.<br />
13 Lageplan<br />
© Landeshauptstadt München<br />
Der Lichtraum des Mittleren Ringes, die<br />
Höhe des angrenzenden Geländes und<br />
die Wahrnehmbarkeit sind die zentralen<br />
Randbedingungen für die neue Grabbewegbrücke,<br />
für die eine nutzbare Breite<br />
von 5 m vorgesehen ist. Um die Rampenlängen<br />
klein zu halten, kam nur ein obenliegendes<br />
Tragwerk in Frage.<br />
3.2 Lösungsvorschlag<br />
Gewählt wurde ein Einfeldträger aus<br />
übermannshohem Stahlfachwerk mit einer<br />
Gehbahn aus Stahlbeton; die Spannweite<br />
beträgt 25 m. Die Brücke liegt auf<br />
beiden Seiten auf den Stützwänden des<br />
Troges, die große Trägerhöhe ermöglicht<br />
fi ligrane Zugdiagonalen und schlanke<br />
Druckgurte.<br />
Mit der Fachwerkröhre erhält die bis 2014<br />
fertigzustellende Grabbewegbrücke eine<br />
Form, die für den Nutzer einen abstrakten<br />
Raum schafft und ihn so auch symbolisch<br />
vor den Gefahren wie den schädlichen<br />
Einwirkungen des Autoverkehrs auf dem<br />
Mittleren Ring schützt. Eine ähnliche Lösung<br />
wurde schon bei der Fußgängerbrücke<br />
zwischen Park-and-ride-Anlage und<br />
BMW-Gebrauchtwagenzentrum unweit<br />
der Allianz-Arena als die richtige gefunden.<br />
Und für die Geh- und Radwegbrücke<br />
über die Wotanstraße im Zuge des südlichen<br />
Expressradweges parallel zur Bahnachse<br />
Hauptbahnhof–Laim–-Pasing ist<br />
ebenfalls eine Fachwerkröhre vorgesehen,<br />
wenn sie denn realisiert werden wird.<br />
Bauherr<br />
Landeshauptstadt München<br />
Planung<br />
BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner, München<br />
mit Schultz-Brauns & Reinhart Architekten, München<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Bernhard Schäpertöns<br />
BPR Dr. Bernhard Schäpertöns & Partner, München<br />
38
39<br />
Qualitätvolle Brücken als Resultat eines Miteinanders<br />
Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur<br />
� � � von Helmut C. Schulitz<br />
Verkehrsbauten gelten als Ingenieurbauten.<br />
Selbst unsere von Fassaden<br />
und Dach umschlossene Fußgängerbrücke,<br />
der 340 m lange Skywalk<br />
in Hannover, wurde so bezeichnet.<br />
Unserem »verti kalen Verkehrsbau«,<br />
dem Panoramaaufzug in Königstein,<br />
wurde nachgesagt, für Architektur<br />
fehle ihm die Masse. So stellt niemand<br />
in Frage, dass eine Brücke ein<br />
Ingenieurbauwerk ist und dass eine<br />
gute Brücke der Ingenieurbaukunst<br />
zugerechnet wird. Erst wenn man<br />
fragt, was denn »Ingenieurbaukunst«<br />
bedeutet und ob es auch eine<br />
»Architektbaukunst« gibt, wird die<br />
Fragwürdigkeit der Begriffe deutlich,<br />
denn die Baukunst ist unteilbar!<br />
1 Form und Konstruktion<br />
1.1 »Interesselose« Architekten<br />
Schon vor 50 Jahren hat Pier Luigi Nervi<br />
gesagt, veröffentlicht in Heft 21 der Bauwelt,<br />
1959: »Dass es eine Unterscheidung<br />
zwischen Ingenieuren und Architekten<br />
gibt, ist nichts anderes als die Manifestation<br />
einer unvollkommenen Vorbildung<br />
und eines Mangels an Fähigkeiten der<br />
einen und der anderen; das führt dazu,<br />
dass es nicht selten Architekten gibt, die<br />
außerstande sind, die technischen, statischen<br />
und konstruktiven Probleme zu<br />
lösen, die sich bei der Verwirklichung der<br />
Planung stellen, und andererseits Ingenieure,<br />
die nicht die nötige Vorbildung und<br />
jenes Empfi ndungsvermö gen haben, das<br />
für die ästhetische Erscheinung und den<br />
architektonischen Ausdruck des Ganzen<br />
und der Einzelheiten seines Werkes unerlässlich<br />
ist.«<br />
Diese Aussage Nervis gilt für alles Bauen,<br />
auch für Brücken, und sie gilt heute mehr<br />
denn je, denn bei den fast grenzenlosen<br />
technischen Möglichkeiten, die alles<br />
machbar erscheinen lassen, ist nicht nur<br />
der Mangel an Fähigkeiten zu beklagen,<br />
sondern zugleich das sinkende Interesse<br />
bei Architekten, sich mit der Bautechnik<br />
überhaupt noch zu befassen. So tut sich<br />
eine Diskrepanz auf zwischen Formwillen<br />
und Realisieren: Nie in der Baugeschichte<br />
hat man so unbekümmert so viele absurde<br />
(Bau-)Formen ohne Rücksicht auf Ma-<br />
1 Skywalk in Hannover<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
2 Panoramaaufzug der Feste Königstein<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
terialverbrauch und Statik verwirklicht,<br />
nur weil eben alles bau bar geworden zu<br />
sein scheint. Computergestützt kann<br />
man komplexe räumliche Visionen selbst<br />
ohne genügende Kenntnisse in<br />
Baukonstruktion und -statik so darstellen,<br />
als seien sie schon errichtet. Kein Wunder,<br />
dass Architekten sich immer mehr auf<br />
das Erfi nden von interessanten Formen<br />
konzentrieren und diverse Bereiche, für<br />
die sie sich früher verantwortlich fühlten,<br />
an andere Berufsgruppen delegieren. Das<br />
Entwerfen mit selektiven Kriterien schreitet<br />
voran und damit nimmt die Spezialisierung<br />
am Bau zu.<br />
1.2 Stunde der Ingenieure<br />
So scheint nun die Stunde der Ingenieure<br />
gekommen zu sein. Sie haben jetzt die<br />
Chance, die Lücke, die die Architekten<br />
S Y M P O S I U M<br />
hinterlassen, zu füllen und so einen entscheidenden<br />
Einfl uss auf die Entwick lung<br />
der architektonischen Form auszuüben.<br />
Auf diese Weise könnten die Defi zite auf<br />
Seiten der Architekten, die Nervi beklagte,<br />
durch Ingenieure wettgemacht werden.<br />
Auch durch die gestiegenen technischen<br />
Möglichkeiten des Bauens ist zu erwarten,<br />
dass eine neue Zeit der Ingenieure<br />
anbricht.<br />
So sollten Ingenieure heute Architekten,<br />
die sich mit absurden Formen zu profi -<br />
lieren suchen, in die Schranken weisen,<br />
aber leider scheinen Ingeni eure ihre<br />
Chance nicht zu erkennen. Im Laufe der<br />
Geschichte haben sie sich so sehr an<br />
ihre Rolle als Erfüllungsgehilfe des Architekten<br />
gewöhnt, dass viele von ihnen<br />
nun den Ehrgeiz entwickeln, selbst die<br />
absurdesten ihnen vorgegebenen Formen<br />
realisierbar zu machen – koste es, was es<br />
wolle. Gefördert wird dieser Ehrgeiz nicht<br />
zuletzt dadurch, dass eine Nachfrage<br />
besteht, denn Menschen, durch optische<br />
Überreizung abgestumpft, verspüren<br />
einen Drang nach Sensation und noch nie<br />
da Gewesenem. Bei Gebäuden kann man<br />
das seit langem verfolgen, mittlerweile<br />
hat jenes Phänomen sogar den Brückenbau<br />
erfasst.<br />
1.3 Aufgabe: Brückenbau<br />
Im Brückenbau hatten sich früher Formen<br />
immer innerhalb einer Typologie<br />
logischer tragwerkspla nerischer Varianten<br />
entwickelt. Plötzlich werden jedoch<br />
auch hier neue plakative Gestaltungen<br />
nur durch das Ausblenden wesentlicher<br />
Kriterien möglich. Das Argument, man<br />
habe zwar durch kompliziertere Formen<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
und höheren Materialverbrauch die Kosten<br />
erheblich überschritten, dafür freilich<br />
etwas Einmaliges geschaffen, ist zwar oft<br />
zu hören, bleibt aber dennoch ein sehr<br />
fragwürdiges Argument.<br />
Einmaliges, das zugleich im Sinne einer<br />
Baukultur Bestand hat, kann nur durch<br />
den Bezug auf die besonderen Bedingungen<br />
des jeweiligen Ortes entstehen –<br />
wenn sich die Fähigkeiten der Architekten<br />
und Ingenieure in ihrem Zusammenwirken<br />
ergänzen und die komplexen<br />
formbeeinfl ussen den Kräfte erkannt und<br />
genutzt werden. Es geht eben bei Brücken<br />
weder um die einfachste ingenieurmäßige<br />
Verbindung von A nach B noch um ein<br />
architektonisch einprägsames Zeichen,<br />
sondern um mehr. Nur in dem Bemühen<br />
um dieses Mehr lassen sich einprägsame<br />
Lösungen verwirklichen.<br />
In unserem Büro bemühen wir uns in<br />
enger Zusammenarbeit mit Ingenieuren<br />
nicht um Spektakuläres, sondern um<br />
dieses Mehr, einzig und allein durch die<br />
Umsetzung der jeweiligen Bedingungen<br />
und Forderungen vor Ort.<br />
2 Beispiele<br />
2.1 Petritor-Brücke, Braunschweig<br />
In Braunschweig musste die Brücke einer<br />
Hauptzufahrtsstraße in die Innenstadt<br />
abgebrochen und neu errichtet werden.<br />
Für Fußgänger war ein temporärer Steg<br />
während der Bauzeit vorgesehen, der Kfz-<br />
Verkehr hatte umgeleitet zu werden. Ein<br />
europaweiter Wettbewerb für Architekten<br />
und Ingenieure sollte nun Vorschläge<br />
für eine neue Brücke mit sehr vielseitigen<br />
Bedingungen bringen:<br />
– Eine Brücke, die sich in der Zukunft um<br />
einen Gleiskörper für die Straßenbahn<br />
erweitern lässt.<br />
– Eine Brücke, die die bisher kaum spürbare<br />
Stadtzufahrt über den Fluss erkennbar<br />
werden lässt.<br />
– Eine Brücke, die den durch die frühere<br />
Bogen brücke verstellten Wanderweg<br />
am Fluss unter der Brücke fortsetzt.<br />
– Eine Brücke, die aufgrund der Bedeutung<br />
der Zufahrtsstraße eine kurze<br />
Bauzeit hat.<br />
– Eine Brücke, die das vorgegebene Kostenbudget<br />
einhält.<br />
Die vielseitigen Forderungen führten in<br />
Zusammenarbeit mit RFR Ingenieure<br />
zu einem Entwurf, der die Erweiterung<br />
nicht in einer Verbreiterung der gesamten<br />
Brücke vorsieht, sondern in einer Trennung<br />
der Fußgänger und Kraftfahrzeuge<br />
und damit in drei separate Bauwerke.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
3 Fertiggestelltes Gesamtbauwerk<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
4 Ansicht<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
5 Einheben der zweiten Fußgängerbrücke<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
Die Zwischenräume ermöglichen so die<br />
Erweiterung um zwei Fahrbahnen, wobei<br />
sie dann auf jeweils eine Lichtfuge reduziert<br />
werden. Dieses Konzept brachte<br />
den weiteren Vorteil, dass bereits vor<br />
dem Abbruch der alten Überführung<br />
die Errichtung einer der Fußgänger- und<br />
Radfahrerbrücken vorgezogen und infolgedessen<br />
der geplante temporäre Steg<br />
eingespart werden konnte.<br />
Die Fußgängerbrücken erfüllen als einfache<br />
(zugbeanspruchte) Schrägseilstrukturen<br />
die Aufgabe, den Stadteingang sichtbar<br />
zu machen, während die Autobrücke<br />
als druckbeanspruchte Konstruktion und<br />
damit in Umkehrung des zugbeanspruchten<br />
Systems ihr Tragwerk vom Fluss her<br />
erleb bar macht.<br />
Die Qualität des Entwurfs liegt in der<br />
Klarheit dieser komplementären Ausbildung<br />
und in der des lichten Raums unter<br />
der Brücke, durch den sich der zuvor verstellte<br />
Wanderweg fortsetzen kann. Auch<br />
das Erlebnis des Flussübergangs ist durch<br />
die Teilung der Brücke in drei Einheiten<br />
gestiegen.<br />
Zeitliche und fi nanzielle Vorteile ergaben<br />
sich zudem aus der Wahl einer leichten<br />
Fußgängerbrücke in Stahl und einer Autobrücke<br />
in Stahlverbundbauweise, die<br />
eine synchrone Fertigung der Stahlüberbauten<br />
im Werk und der Betonwiderlager<br />
vor Ort ermöglichte. Die Verkürzung der<br />
Bauzeit erwies sich für die zwischen 2000<br />
und 2003 realisierte Stadtzufahrt als<br />
besonders wichtig.<br />
Bauherr<br />
Stadt Braunschweig<br />
Planung<br />
Schulitz + Partner, Architekten BDA + Ingenieure,<br />
Braunschweig<br />
RFR Ingenieure GmbH, Stuttgart<br />
Peter und Lochner, Beratende Ingenieure für<br />
Bauwesen GmbH, Stuttgart<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dipl.-Ing. Hansjörk Lyszio, Braunschweig<br />
Ausführung<br />
Friedrich Carl Schramm Industriebau KG, Einbeck<br />
NE Sander Eisenbau GmbH, Sande<br />
40
41<br />
2.2 Fallersleber Torbrücke,<br />
Braunschweig<br />
Einige Jahre später folgte ein weiterer<br />
Wettbewerb für eine andere Zufahrt in<br />
die Braunschweiger Innenstadt, an dem<br />
wir mit dem Ingenieurbüro Peil teilnahmen<br />
und bei dem wir ebenfalls mit einem<br />
ersten Preis ausgezeichnet wurden.<br />
Und auch hier gab es eine große Zahl<br />
von Forderungen, die für die Gestal tung<br />
ausschlaggebend wurden: Das Flussbett<br />
sollte verbreitert werden, und die marode<br />
Pfahlgrün dung der vorhandenen Widerlager<br />
machte den Abbruch der unter<br />
Denkmalschutz stehenden, 100 Jahre<br />
alten fi schbauchförmigen Eisenbrücke<br />
notwendig.<br />
Diesmal war das Ziel unseres Entwurfes,<br />
die Form der historischen Hängegurtträger<br />
sowie die ursprüngliche Tragwerkshöhe<br />
trotz der vergrößerten Spannweite<br />
nachzuzeichnen, was durch die Wahl<br />
eines Sprengwerks möglich wurde. Da die<br />
Brücke (wieder) für Passanten erlebbar<br />
sein sollte, haben wir die Fußgängerbereiche<br />
in Umkehrung der Fischbauchträger<br />
als eine leichte, von einem Bogen abgehängte<br />
Stahlkonstruktion entwickelt,<br />
die in nenseitig am Fahrbahntragwerk<br />
gehalten wird. So entsteht erneut eine<br />
Brücke aus der Umkehrung von zwei<br />
komplementären statischen Systemen.<br />
Eine gitterrostgedeckte Lichtöffnung<br />
markiert deren Trennung und dient dabei<br />
zur Sichtbarma chung des Überbaus<br />
und zur Ausleuchtung des Raumes unter<br />
der 2007 geplanten, bisher jedoch nicht<br />
errichteten Brücke.<br />
Diese wichtige Zufahrt zur Innen stadt<br />
bedingte wiederum eine kurze Bauzeit,<br />
gewährleistet durch eine parallele<br />
werkseitige Vorfertigung in Stahl und<br />
eine bauseitige Ausführung in Beton.<br />
Bauherr<br />
Stadt Braunschweig<br />
Planung<br />
Schulitz + Partner, Architekten BDA + Ingenieure,<br />
Braunschweig<br />
Ingenieursozietät Peil, Ummenhofer und Partner,<br />
Braunschweig<br />
8 Brückenbauwerk im Tal<br />
© Schulitz + Partner/BBI<br />
7 Modell des geplanten Bauwerks<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
2.3 Brücke Fruerlundmühle, Flensburg<br />
In Flensburg musste die hölzerne, baufällige<br />
Brü cke über das Lautrupsbachtal<br />
als wichtige Verbindung zwischen den<br />
Stadtteilen ersetzt werden. Da bei war<br />
zu berücksichtigen, dass das Tal als landschaftliches<br />
Erholungsgebiet auch eine<br />
klimatische Bedeutung hat, da es der Ventilation<br />
und dem Kaltluftabfl uss dient, der<br />
nicht durch mas sive Konstruktionen verstellt<br />
werden durfte. Neben diesen ökologischen<br />
Gesichtspunkten sollte der Bau<br />
auch ein Erlebnis für die Passanten bieten,<br />
in seiner Maßstäblichkeit und Detaillierung<br />
dem Ort aber angemessen sein.<br />
Aufgrund der Grün dungsverhältnisse in<br />
den Böschungen erschienen Konstruktionen<br />
mit großen Aufl agerreaktionen, wie<br />
zum Beispiel weitgespannte Hängeseilbrücken,<br />
wenig sinnvoll, zumal nicht ein<br />
Fluss überspannt wird, sondern lediglich<br />
ein Tal.<br />
Zusammen mit dem Ingenieurbüro BBI<br />
Flensburg untersuchten wir als Entscheidungshilfe<br />
insgesamt 18 Entwurfsvarianten.<br />
Durch die Wahl einer Schrägseilstruktur<br />
mit zwei Zwischenaufl agern<br />
im Talbereich wird die Brücke mit ihren<br />
Pylonen und Abspannungen wahrgenommen,<br />
ohne sich großmaßstäblich<br />
aufzudrängen; die geringen Eingriffe in<br />
die Landschaft erfüllen zudem die ökologischen<br />
Aufl agen.<br />
Die 43 m lange Brücke wurde als vorgefertigter<br />
Stahlbau mit einem Holzbohlenbelag<br />
quer zur Fahrtrichtung konzipiert.<br />
Holz wurde jedoch im Genehmigungs-<br />
S Y M P O S I U M<br />
6 Überlagerung der Systeme<br />
© Schulitz + Partner/RFR<br />
verfahren aus Sicherheitsgründen<br />
durch Beton ersetzt. Das machte nicht<br />
nur eine neue Dimensionierung der gesamten,<br />
2009 errichteten Konstruktion<br />
notwendig, sondern erforderte auch ein<br />
Überdenken der Farbgestaltung, die jetzt<br />
eine kräftige Farbe für den Belag und eine<br />
neutrale für das Tragwerk vorsieht.<br />
Bauherr<br />
Stadt Flensburg<br />
Planung<br />
Schulitz + Partner, Architekten BDA + Ingenieure,<br />
Braunschweig<br />
BBI Bergmann Bauingenieure, Flensburg<br />
Ausführung<br />
Davids GmbH, Medelby<br />
FR Holst GmbH & Co. KG, Hamburg<br />
2.4 Benno-Ohnesorg-Brücke, Hannover<br />
Als letztes Beispiel möchte ich ein Wettbewerbsprojekt<br />
vorstellen, das auf den<br />
Ausgangspunkt meiner Ausführungen<br />
zurückkommt und die öffentliche Wahrnehmung<br />
der Rollenverteilung zwischen<br />
Architekt und Ingenieur beleuchtet. Der<br />
Wettbewerb stellte die Aufgabe, einen<br />
fertigen ingenieurmäßigen Entwurf nur<br />
noch architektonisch zu gestalten.<br />
Da für uns Gestaltung aber mehr ist als<br />
eine Zugabe, erarbeiteten wir mit dem<br />
Ingenieurbüro Peil ein neues Brückenkonzept,<br />
das zwar die ursprüngliche<br />
Tragwerksstruktur beibehält, diese jedoch<br />
in ein prägnantes wellenförmiges Erscheinungsbild<br />
verwandelt, das sich aus<br />
ihrer Momentenlinie heraus entwickelt:<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
9 Form und Farbgestaltung<br />
© Schulitz + Partner/BBI<br />
In den Randzonen wird die Wellenform<br />
durch die sich aus den Konstruktionshöhen<br />
ergebenden Diagonalen des Fußgängerbereiches<br />
auch in die Grundrissebene<br />
übertragen und erlebbar gemacht. Und<br />
durch die geschwungene Linie der Geländer<br />
wird der sonst geradlinige Straßenverlauf<br />
bei der Überquerung des Flusses<br />
optisch so verändert, dass Fußgänger ein<br />
abwechslungsreiches Spiel von Enge und<br />
Weite erfahren und zum Verweilen über<br />
dem Fluss angeregt werden. Vom Grünzug<br />
aus, der den Fluss begleitet, erleben<br />
Spaziergänger die wellenförmige Brücke<br />
aus der Untersicht. Die acht nach dem<br />
Momentenverlauf optimierten Balkenträger<br />
und der leichte, von einer fi ligranen<br />
Stahlstruktur getragene, geschwungene<br />
Fußweg verdeutlichen dem Betrachter die<br />
Konstruktion und wecken Assoziationen<br />
zu Bewegung und Wasser.<br />
Die Zweifeld-Verbundbrücke ist inzwischen<br />
im Bau und wird in Zusammenarbeit<br />
mit dem Büro grbv bis 2010 realisiert;<br />
ihre Stützweiten betragen 46 m und<br />
23 m. Da eine Totalsperrung der Straße<br />
nicht möglich war, wird sie in zwei Phasen<br />
realisiert: Bis zur Fertigstellung der ersten<br />
bleibt eine Hälfte der alten Brücke erhalten,<br />
sie verfügt daher über zwei vonein-<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
10 Visualisierung der Brücke<br />
© Schulitz + Partner/IPU<br />
ander unabhängige Überbauten. Jeder<br />
Überbau besteht aus 2 × 2 Hauptträgern<br />
aus luftdicht verschweißten Stahlhohlkästen,<br />
die über Kopfbolzendübel mit der<br />
schlaff bewehrten Betonfahrbahnplatte<br />
zum Verbundsystem gekoppelt werden.<br />
Die Mittelstützung der Brücke, die aus<br />
vier Lagerwänden gebildet wird, erlaubt<br />
mit den Zäsuren zwischen den Aufl agerwänden<br />
nicht nur den freien Blick aufs<br />
Wasser, sondern erleichtert auch die zwei<br />
getrennten Bauphasen. Die parallele<br />
Fertigung der Stahlteile im Werk und<br />
der Betonelemente vor Ort ermöglicht<br />
wiederum eine kurze Errichtungszeit für<br />
diese Stahlhohlkastenbrücke in Verbundbauweise.<br />
IhrPartnerfürdenanspruchsvollenStahlbau<br />
11 Bauwerksansicht<br />
© Schulitz + Partner/IPU<br />
Bauherr<br />
Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Tiefbau<br />
Planung<br />
Schulitz + Partner, Architekten BDA + Ingenieure,<br />
Braunschweig<br />
Ingenieursozietät Peil, Ummenhofer und Partner,<br />
Braunschweig<br />
grbv Ingenieure im Bauwesen GmbH & Co. KG,<br />
Hannover<br />
Prüfi ngenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Udo Peil, Braunschweig<br />
Ausführung<br />
Bilfi nger Berger AG, Niederlassung Schwerin<br />
Zwickauer Sonderstahlbau GmbH, Zwickau<br />
Autor:<br />
Prof. Helmut C. Schulitz<br />
Schulitz + Partner, Architekten BDA + Ingenieure,<br />
Braunschweig<br />
12 Überbaudetail<br />
© Schulitz +<br />
Partner/IPU<br />
Brauereistraße 45<br />
08064 Zwickau<br />
Tel.: 0375/6796-0<br />
Fax: 0375/6796-202<br />
e-Mail: info@zsb-sonderstahlbau.de<br />
Internet: www.zsb-sonderstahlbau.de<br />
42
43<br />
Errichtung einer gläsernen Fußgänger-Drehbrücke<br />
Die neue Havenbrücke in Bremerhaven<br />
� � � von Ulrich Jäppelt , Arne Kopp<br />
1 Neue Brücke über dem Alten Hafen<br />
© Daniel Sumesgutner<br />
Die neue Fußgängerbrücke über den<br />
Alten Hafen in Bremerhaven ist die<br />
zentrale Verbindung zwischen zwei<br />
publikums trächtigen Zentren: dem<br />
Columbus-Center mit der Hafenpassage<br />
im Osten und dem neuen<br />
Klimahaus Bremerhaven 8° Ost sowie<br />
dem Mediterraneo im Westen.<br />
Als wettergeschützte Querung ist sie<br />
nun die neue pulsierende Verkehrsader<br />
zwischen der Fußgängerzone<br />
und den Sehenswürdigkeiten am<br />
Alten Hafen – in Erinnerung an die<br />
historischen Drehbrücken des Hafens<br />
als gläserne, drehbare Konstruktion<br />
errichtet.<br />
1. Planungsgrundlagen<br />
Für die Brückenplanung wurde im Jahr<br />
2003 ein VOF-Wettbewerb durch die<br />
BEAN (Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft<br />
Alter/Neuer Hafen mbH & Co.<br />
KG), vertreten durch die BIS (Bremerhavener<br />
Gesellschaft für Investitionsförderung<br />
und Stadtentwicklung mbH), ausgeschrieben,<br />
aus dem der Entwurf von WTM<br />
Engineers GmbH, Hamburg, siegreich<br />
hervorging.<br />
Um dem großen Publikumsverkehr<br />
gerecht zu werden, war gemäß den Auslobungsbestimmungen<br />
eine 5 m breite,<br />
wettergeschützte Fußgängerbrücke<br />
zu konzipieren. Darüber hinaus war die<br />
Durchfahrt von Schiffen mit hohen Aufbauten,<br />
also überwiegend von<br />
Museumsschiffen, auf einer Breite von ca.<br />
13 m zu ermöglichen. Über der dreispurigen<br />
Columbusstraße durfte die erforderliche<br />
Lichtraum profi l höhe ≥ 4,50 m durch<br />
das Brücken bauwerk nicht einge schränkt<br />
werden und im Bereich der Westkaje war<br />
für den Anlieferungsverkehr eine lichte<br />
Durchfahrtshöhe von > 4,20 m freizuhalten.<br />
2 Bauwerksbeschreibung<br />
2.1 Abmessungen und Bauweise<br />
Um den Anforderungen für den Schiffsverkehr<br />
gerecht zu werden, wurde der<br />
hafenquerende Abschnitt als Dreh brücke<br />
2 Gesamtansicht des Bauwerks<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
3 Querschnitte<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
mit vertikaler Drehachse geplant: Zum<br />
Öffnen wird ihr beweglicher Teil im<br />
Grundriss um bis zu 90° gedreht und gibt<br />
dadurch eine Fahrrinne mit einer lichten<br />
Durchfahrtsbreite von ca. 13,60 m und<br />
unbegrenzter Höhe frei.<br />
Den Wetterschutz für die Passanten gewährleistet<br />
eine punktgehaltene Glaseinhausung.<br />
Zur Brücke gehört außerdem<br />
ein Aufgangsbauwerk, eine gewendelte<br />
Treppe und einen innen liegenden verglasten<br />
Aufzugsturm umfassend, um<br />
eine fußläufi ge Anbindung zu den neu<br />
geschaffenen Bushalte plätzen an der<br />
Columbus straße zu ermöglichen; dort<br />
schützen zwei fi ligrane Glasvordächer mit<br />
farbigen Glasboxen wartende Fahrgäste<br />
vor Wind und Wetter.<br />
Der ca. 100 m lange, stählerne Brückenzug<br />
gliedert sich in insgesamt drei Einzelbauwerke:<br />
die Stegbrücke West mit einer<br />
Länge von 42,60 m, die Drehbrücke mit einer<br />
Länge von 40,90 m und die Stegbrücke<br />
Ost mit einer Bauwerkslänge von 17,20 m.<br />
Der Überbauquerschnitt besteht aus<br />
einer orthotropen Gehwegtafel und einer<br />
»aufge setzten« ellipsenförmigen Stahlkonstruktion,<br />
die gemeinsam als Röhrentragwerk<br />
wirken. Bei den festen Stegbrücken<br />
hat er eine Konstruktionsbreite von<br />
6,18 m und eine nutzbare Gehwegbreite<br />
von 5,00 m zwischen den Geländern. Zum<br />
Drehpfeiler des beweglichen Brückentei-<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
les hin weitet sich das Röhrentragwerk<br />
dann auf eine Breite von ca. 8 m und eine<br />
nutzbare Gehwegbreite von 6,50 m auf.<br />
Die orthotrope Gehwegtafel mit einer<br />
Konstruktionshöhe von 500 mm verfügt<br />
über fünf Längsträger, die im Abstand von<br />
3,50 m durch ellipsenförmige Spanten<br />
biegesteif verbunden sind. Im beweglichen<br />
Brückenteil sind die Längsträger<br />
gevoutet und erreichen eine maximale<br />
Bauhöhe von 2.000 mm am Drehpfeiler.<br />
Die Fugen zwischen den feststehenden<br />
Stegbrücken und der Drehbrücke wurden<br />
in einem Winkel von 10° zur (Brücken-)<br />
Querachse ausgeführt, um eine kollisionsfreie<br />
Drehbewegung sicherzustellen.<br />
In Längsrichtung sind die Spanten des<br />
Oberbaus über Stahlrohre mit einem<br />
Durchmesser von 101,60 mm ausgesteift,<br />
die zugleich als Unterkonstruktion<br />
für die punkt gehaltene Ver glasung der<br />
Einhausung dienen. Die fachwerkartige<br />
Ausfachung des Oberbaus erfolgt hingegen<br />
mit Zug stäben aus Feinkornbaustahl,<br />
wobei sie in ihrer jeweiligen Orientierung<br />
den Querkraftverlauf im Haupttragwerk<br />
widerspiegeln. Sämtliche Stahlprofi le<br />
wurden hinsichtlich der Ausnutzungsgrade<br />
so optimiert, dass die komplette<br />
Brücke ein Stahlnettogewicht von nur<br />
320 t aufweist.<br />
Die stählernen Stützen der Stegbrücken<br />
sind mit bis zu 30 m langen Stahl rammpfählen,<br />
der Drehpfeiler hingegen mit<br />
einem Monopile (d = 2.000 mm) bis in<br />
die tragfähigen Sande tiefgegründet.<br />
Der Drehpfeiler besteht zudem aus einem<br />
Stahlrohr mit außen aufgesetzten<br />
Blechrippen, der Überbau ist am Pfeilerkopf<br />
über eine Kugeldrehverbindung angeschlossen,<br />
während der Rohrkopf von<br />
Schrägpfählen zur Horizontalaussteifung<br />
gehalten wird.<br />
2.2 Veränderliches Trag system<br />
Das Brückenbauwerk gliedert sich in die<br />
zwei feststehenden Stegbrücken Ost und<br />
West sowie in die bewegliche Drehbrücke,<br />
die im geöffneten Zustand vom Gesamtsystem<br />
entkoppelt ist; im geschlossenen<br />
Zustand sind die drei Einzeltragwerke<br />
durch hydraulische Verriegelungsbolzen<br />
gelenkig miteinander verbunden.<br />
Im ersten Fall besteht der Brückenzug<br />
aus drei Teilsystemen: einem Zweifeldträger<br />
mit Stützweiten von 2 × 21,30 m,<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
4 Innenraumperspektive<br />
© Daniel Sumesgutner<br />
einem eingespannten Waagebalken mit<br />
Kragweiten von 2 × 20,50 m und einem<br />
Einfeld träger mit einer Stützweite von<br />
17 m. Sobald der Brückenzug geschlossen<br />
ist, wirkt er hingegen für Verkehrs lasten<br />
als Durchlaufträger über fünf Felder mit<br />
Momentengelenken in den Drehfugen.<br />
Sämtliche Stahlunterbauten sind biegesteif<br />
über Schraubver bindungen an den<br />
Überbauten befestigt, in den Übergangsfugen<br />
zu den Anschluss bauwerken lagert<br />
das Brücken bauwerk auf Elastomerlagern<br />
– und demzufolge handelt es sich um<br />
ein semiintegrales Tragwerk, dessen<br />
planmäßige Überbaubewegungen aus<br />
Wind, Temperatur etc. über Stützenverformungen<br />
aufgenommen werden.<br />
2.3 Glaseinhausung<br />
Mit der Glaseinhausung ist ein hoher<br />
Komfort für die neue Wegeverbindung<br />
geschaffen worden: Wind-, Wetter- und<br />
Sonnenschutz bei maximaler Transparenz.<br />
Da alle Einbauten für Beleuchtung,<br />
Piktogramme, Geländer, Lautsprecher<br />
etc. im Innern installiert sind, ist eine<br />
optimierte Lebensdauer aller Elemente<br />
und des Korrosionsschutzes der Stahlkonstruktion<br />
gewährleistet.<br />
Die ebenfl ächige Verglasung folgt dem<br />
Spanten profi l und ist mit einer Sieb-<br />
5 Detail der Verglasung<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
bedruckung ausge stattet, deren Punktraster<br />
sich stufenweise zum Mittelpunkt<br />
hin verdichtet. Dieses Verlaufsraster dient<br />
dem Sonnenschutz und ist, orientiert am<br />
Sonnenverlauf, asymmetrisch auf dem<br />
Profi l angelegt.<br />
Die Verglasung besteht aus VSG (2 ×<br />
12 mm TVG) mit Scheiben abmessungen<br />
von ca. 1,10 m × 3,50 m, wobei die ca.<br />
330 Einzelscheiben jeweils über sechs<br />
Punkthalter an der stählernen Trag konstruktion<br />
befestigt sind; in den 20 mm<br />
breiten Silikonfugen können die Überbauverformungen<br />
aus Wind, Verkehr und<br />
Temperatur etc. auf ge nommen werden.<br />
2.4 Maschinentechnik<br />
Der stählerne Drehpfeiler mit einem<br />
Innendurchmesser von 1.970 mm ist<br />
über eine Kugeldrehverbindung an dem<br />
verglasten Überbau angeschlossen.<br />
Die Erzeugung der Drehbewegung um<br />
die vertikale Achse erfolgt also über die<br />
Kugeldrehverbindung mit Innenverzahnung,<br />
die mit zwei Planetengetrieben<br />
und redundanten Hydraulik mo toren<br />
angetrieben wird. Zur Verriegelung der<br />
Drehbrücke mit den Stegbrücken dienen<br />
insgesamt sechs hydraulische Riegel, vier<br />
vertikale und zwei horizontale, wobei<br />
die Fugen hier mit klappbaren Edel stahlschleppblechen<br />
verschieblich abgedeckt<br />
sind: Für den Drehvorgang werden diese<br />
mittels Hydraulikzylindern in eine senkrechte<br />
Position gefahren.<br />
6 Hydraulikriegel<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
44
45<br />
2.5 Brückenausstattung<br />
Für die natürliche Belüftung des Glaskörpers<br />
sorgen gläserne Zuluftlamellen, die<br />
beidseitig im Geländerschatten platziert<br />
sind; die Abluft wird über Wärmeabzugsfl<br />
ügel im First gesteuert. Diese Flügel<br />
gewährleisten gleichzeitig die Entrauchung<br />
im Brandfall, sie können ebenso<br />
wie die Zuluftlamellen witterungsabhängig<br />
geöffnet und geschlossen werden.<br />
In der Entwurfsplanung sind die Behaglichkeitsszenarien<br />
durch thermische Simulationen<br />
geprüft worden. Für die Auslegung<br />
der Lüftungsquerschnitte wurde<br />
eine operative (empfundene) Temperatur<br />
von ca. 5 K über der Außenlufttemperatur<br />
als Komfortkriterium zugrunde gelegt.<br />
Die Gehwegtafel hat auf einer Breite von<br />
3,24 m einen 4 cm dicken Gussasphaltbelag,<br />
der aus gestalterischen Aspekten mit<br />
einer roten Beschichtung versehen wurde.<br />
Die Randbereiche zwischen Asphalt<br />
und Geländern bestehen aus begehbaren<br />
dreilagigen VSG-Glasscheiben auf klappbaren<br />
Stahlrahmen, die sich für Inspektionszwecke<br />
öffnen lassen.<br />
Auf eine Entwässerung der Gehwegplatte<br />
konnte aufgrund der Glas einhausung<br />
verzichtet werden. Die unterführten Verkehrsfl<br />
ächen sind aber lokal mit Heizbändern<br />
ausge rüstet, um Eiszapfenbildung<br />
während der Frostperiode zu verhindern.<br />
Die Beleuchtung der Brücke erfolgt durch<br />
die unterseitige Anstrahlung der mattierten<br />
Bodenverglasung, die nachts als lineare<br />
Lichtbänder den Weg markieren. Um<br />
eine spätere Blendwirkung für Passanten<br />
auszuschließen, wurden beim Leuchtenhersteller<br />
Versuche an Aus schnittsmodellen<br />
im Maßstab 1:1 gefahren: Die<br />
Brücke wird nachts als selbstleuchtender<br />
Körper erlebt, der Drehpfeiler hingegen<br />
mit Up-Lights inszeniert.<br />
Für den Drehvorgang werden die Brückenzugänge<br />
mit Automatik schiebtüren und<br />
Geländerdrehtoren für den Fußgängerverkehr<br />
abgesperrt; zur Überwachung<br />
wurden Videokameras installiert.<br />
2.6 Gestaltungskonzept<br />
Bereits in der frühen Wettbewerbsphase<br />
wurde ein Gestaltungsprinzip in Zusammenarbeit<br />
mit dem Architekturbüro nps<br />
tchoban voss GmbH entwickelt, das bis<br />
zur Ausführung beibehalten werden<br />
konnte.<br />
7 Nächtliches Erscheinungsbild<br />
© Daniel Sumesgutner<br />
Die Attraktion der Brücke sind einerseits<br />
ihre Beweglichkeit, die Drehfunktion, die<br />
das Passieren der Schiffe durch den westlichen<br />
Wasserbereich zulässt, und andererseits<br />
die Zeichenhaftigkeit der Glasröhre,<br />
deren skulpturale Aufweitung mit dem<br />
Drehpfeiler im Hafenbecken die Mitte<br />
der Konstruktion betont. Diese räumliche<br />
Aufweitung markiert im geschlossenen<br />
Zustand die Drehachse, wobei durch die<br />
transparente Glasein hausung die Sichtverbindung<br />
mit der maritimen Umgebung<br />
gewährleistet bleibt.<br />
Der Brückenquerschnitt selbst ist aus einer<br />
dekupierten Ellipse hergeleitet. In der<br />
Drehachse ermöglicht ein Glasdeckel den<br />
Einstieg in die Technik des (Dreh-)Kranzes<br />
und vermittelt so dem Passanten in einfacher<br />
Weise die Funktion der Drehbrücke.<br />
Als Bodenbelag zieht sich Asphalt wie ein<br />
roter Teppich als schlankes Band durch<br />
die Brücke, deren Röhre auf der gesamten<br />
Länge künstlich beleuchtet wird, wodurch<br />
neben einer tageslichtunabhängigen<br />
Nutzung ihre Wirkung unterstrichen wird.<br />
9 Werkstattfertigung<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
8 Wettbewerbsskizze<br />
© nps tchoban voss GmbH<br />
3. Bauausführung<br />
3.1 Werkstattfertigung<br />
Die drei Stahlüberbauten konnten in unmittelbarer<br />
Nähe zum Brückenstandort in<br />
einem Bremer havener Werk mit Wasserzugang<br />
auf überhöhten Schweißlehren<br />
parallel gefertigt werden, so dass keine<br />
Baustellenstöße notwendig wurden.<br />
Um für die Lastabtragung des Stahleigengewichts<br />
den gesamten Röhrenquerschnitt<br />
zu aktivieren, wurden die Zugstäbe<br />
bereits in der spannungslosen Werkstattform<br />
eingebaut. Eine besondere<br />
Herausforderung bedeutete dabei die<br />
Einhaltung der zulässigen Stahlbautoleranzen,<br />
da sich Maßabweichungen<br />
mit der umhüllenden Glaskonstruktion<br />
nur begrenzt ausgleichen lassen: Zur<br />
Sicherstellung der Scheibenpassgenauigkeit<br />
wurden die Glasschneideskizzen<br />
auf Grundlage einer 3D-Vermessung am<br />
montierten Bauwerk vor Ort erstellt.<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
10 Montage der Stegbrücke Ost<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
3.2 Montage<br />
Stegbrücke West und Drehbrücke wurden<br />
mit Schwimm pontons zur Baustelle<br />
verbracht, die Stegbrücke Ost konnte<br />
aufgrund der geringen Abmessungen mit<br />
einem Tiefl ader antransportiert werden.<br />
Beide Stegbrücken wurden danach<br />
mit Autokränen auf die vorbereiteten<br />
Stahlstützen aufgesetzt und biegesteif<br />
verschraubt.<br />
Für den Einhub der Drehbrücke wurde<br />
hingegen der Einsatz eines Schwimmkrans<br />
erforderlich, wegen der begrenzten<br />
Hafen zufahrtsbreite sogar ein besonders<br />
schmaler Schwimm kran aus den Niederlanden.<br />
Nach dem Verschrauben der<br />
Kugeldrehverbindung konnte dann mit<br />
der Ausrichtung der Überbauten begonnen<br />
werden, für die anschließenden<br />
Glas bauarbeiten wurde der Brücken zug<br />
komplett eingerüstet.<br />
Die Verkehrsübergabe erfolgte im Oktober<br />
2008.<br />
Autoren:<br />
Dr.-Ing. Ulrich Jäppelt<br />
Dipl.-Ing. Arne Kopp<br />
WTM Engineers GmbH, Hamburg<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
11 Montage der Drehbrücke<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
13 Brücke und Klimahaus<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
Auslober und Bauherr<br />
BEAN (Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft<br />
Alter/Neuer Hafen mbH & Co. KG)<br />
vertreten durch die<br />
BIS (Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung<br />
und Stadtentwicklung mbH)<br />
Generalplaner<br />
WTM Engineers GmbH, Hamburg<br />
12 Eingerüstetes Bauwerk<br />
© WTM Engineers GmbH<br />
Architektonische Beratung<br />
nps tchoban voss GmbH, Hamburg<br />
Prüfi ngenieur<br />
Dipl.-Ing. Bernhard Jeschke<br />
KSF GmbH & Co. KG, Bremerhaven<br />
Ausführung<br />
F+Z Baugesellschaft mbH, Hamburg<br />
B. Wübben + Co. Baugesellschaft GmbH, Loxstedt<br />
Gustav W. Rogge GmbH & Co. KG, Bremerhaven<br />
46
47<br />
Bauwerke in Sachsen und Brandenburg<br />
Zwei Stege mit viel Schwung<br />
� � � von Karl Kleinhanß, Tina Wend<br />
Stege für Fußgänger und Radfahrer<br />
zeichnen sich in aller Regel wegen<br />
ihrer relativ geringen Belastungen<br />
durch Schlankheit und Leichtigkeit<br />
aus. Dennoch oder gerade deshalb<br />
bieten sie dem auf gestalterische Belange<br />
bedachten Bauherrn und seinen<br />
Planern sehr wohl einen breiten<br />
Spielraum für architektonisch und<br />
ingenieurtechnisch anspruchsvolle<br />
Entwürfe, welche im Idealfall als<br />
ästhetische Skulpturen erscheinen.<br />
1 Stege mit baukulturellem Anspruch<br />
Besonders bei Überführungen im städtischen<br />
Umfeld, welche stets im optischen<br />
Kontext mit der angrenzenden Bebauung<br />
zu beurteilen sind, sollten die verantwortlichen<br />
Projektträger ihrer Verpfl ichtung<br />
zur angemessenen Aufwertung des<br />
Stadtbildes nachkommen und die Chance<br />
nutzen, durch Kreativität und Einfallsreichtum<br />
diesen Bauwerken ein unverwechselbares<br />
Gesicht zu geben.<br />
Selbstverständlich muss der erforderliche<br />
Aufwand für Errichtung und Erhaltung<br />
ein angemessenes Verhältnis zur Wirkung<br />
aufweisen, einfacher gesagt: Das Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis muss stimmen.<br />
Dabei steht der gestaltungsbedingte<br />
Mehraufwand in Höhe der über das Mindestmaß<br />
eines standsicheren, dauerhaften<br />
und funktionsgerechten Bauwerkes<br />
hinausgehenden Herstellungskosten<br />
dessen ästhetischem Mehrwert gegenüber.<br />
Dieser Mehrwert ergibt sich aus der<br />
»Erlebensqualität« sämtlicher Nutzer, das<br />
sind die Fußgänger und Radfahrer selbst,<br />
aber auch die zahlreichen Autofahrer,<br />
welche sich tagaus, tagein an ästhetischen<br />
Bauwerken erfreuen.<br />
Sicher ist es schwierig, einen baukulturellen<br />
bzw. ästhetischen Mehrwert in Geld<br />
zu messen; doch für verantwortungsvolle<br />
Bauherren und Planer sollte es selbstverständliche<br />
Pfl icht sein, solchen Bauwerken<br />
mit Blick auf ihre stimmungsbeeinfl<br />
ussende Wirkung gebührendes Augenmerk<br />
zu schenken. Dabei empfi ehlt es<br />
sich, den komplexen Gestaltungsprozess<br />
gerade für die im Fokus vieler Betrachter<br />
befi ndlichen Fuß- und Radwegbrücken in<br />
denselben vier Schritten durchzuführen,<br />
die sich bereits beim Entwurf großer Tal-<br />
und städtischer Brücken bewährt haben.<br />
1.1 Die Implantierung<br />
In dieser schöpferischen Phase ist am<br />
jeweiligen Standort die richtige Brückengestalt<br />
zu fi nden, welche aus der dem<br />
Ingenieur verfügbaren Palette der Bauweisen<br />
bestmöglich zur Umgebung passt<br />
und im Kontext zum Umfeld ein stimmiges<br />
Ensemble erzeugt.<br />
Die standortspezifi sch richtige Brücke<br />
zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich<br />
hier nahtlos integriert und auf den Betrachter<br />
wirkt, als hätte der Standort<br />
geradezu auf sie gewartet. Eine solche<br />
Vision zu fi nden erfordert sowohl die<br />
ganze Erfahrung des Brückenbauingenieurs<br />
als auch Einfühlungsvermögen für<br />
die grundsätzliche Entscheidung, ob aus<br />
der Gesamtheit der funktionalen, technischen<br />
und architektonischen Rahmenbedingungen<br />
ein eher unauffälliges oder ein<br />
mehr prägendes Bauwerk als Implantat<br />
angemessen ist.<br />
1.2 Die Strukturierung<br />
Bei dieser dem statisch-konstruktiv<br />
gebildeten Bauingenieur zustehenden<br />
Aufgabe geht es um die Gestaltung der<br />
Tragstrukturen des Überbaus im Zusammenwirken<br />
mit den Unterbauten. Bei der<br />
Festlegung der Spannweiten, der Dimensionen<br />
und der Formen sind die statisch<br />
erforderlichen Bauteilabmessungen auf<br />
ihre optische Wirkung in den Ansichten<br />
aus allen Blickwinkeln zu beurteilen.<br />
1.3 Die Proportionierung<br />
Brückenbauwerke sollen beim Betrachter<br />
den Eindruck von Harmonie und<br />
ausgewogenen Formen vermitteln. Das<br />
kann durch parallele Linienführungen,<br />
durch Symmetrien, durch gleichartige<br />
Strukturelemente und durch sorgfältig<br />
S Y M P O S I U M<br />
1 Standortaufwertung durch<br />
Brückenbaukunst<br />
© DEGES GmbH<br />
aufeinander abgestimmte Proportionen<br />
der Bauteile erreicht werden. Diese Verfeinerungsphase<br />
im Entwurfsprozess ist<br />
unverzichtbar für die optimale Qualität<br />
baukulturell hochwertiger Tragkonstruktionen.<br />
Besondere Aufmerksamkeit verdienen<br />
dabei neben dem primär prägenden<br />
Überbau auch die Unterbauten. Sie sollten<br />
Formelemente aus dem Überbau<br />
aufnehmen und in ihren Proportionen,<br />
ihren Konturen und in ihren Querschnitten<br />
widerspiegeln. Ästhetisch gelungene<br />
Brücken zeichnen sich durch eine augenfällige<br />
Harmonie der Proportionen aus.<br />
1.4 Die Detaillierung<br />
Die Ausformung und die konstruktive<br />
Durchbildung der Detailpunkte bis zur<br />
Farbgebung sind das letzte wichtige Glied<br />
in der Kette der Gestaltungsphasen. Keinesfalls<br />
kann mit noch so schönen Einzelelementen<br />
eine in den Hauptstrukturen<br />
misslungene Brücke »gerettet« werden.<br />
Vielmehr sollten sich die Details in das<br />
Gesamtbild gleichwertig einpassen,<br />
ohne aufgesetzt zu wirken: Betonung der<br />
Struktur ja, bloße Verzierung nein!<br />
Die Gestaltungsqualität wird entscheidend<br />
von der handwerklichen Präzision<br />
der Flächenbearbeitung bestimmt. Diese<br />
ist abhängig von den herstellungsbedingten<br />
Toleranzen für Schalungs- und<br />
Montagestöße wegen der schattener-<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
zeugenden Abweichungen von der Idealfl<br />
äche. Deshalb empfehlen sich Bemusterungen<br />
in Originalgröße zur Vorgabe<br />
von Referenz- und Kontrollfl ächen sowie<br />
daraus abgeleitete Arbeitsanweisungen<br />
als Richtschnur für die handwerkliche<br />
Durchführung.<br />
2 Fußgängerbrücke in Flöha<br />
Der Geh- und Radweg wird, vom Stadtzentrum<br />
kommend, über eine Rampe an<br />
das Bauwerk herangeführt. Die Trassierung<br />
der S-förmig gekrümmten, dreifeldrigen<br />
Brücke wird im Wesentlichen durch<br />
Radien von jeweils 60 m beschrieben.<br />
Daran schließen Zwischenradien bzw.<br />
-geraden an, mit denen die Anbindung an<br />
die beiden Anschlusspunkte der Brücke<br />
hergestellt wird. An den Kreisbogenaußenseiten<br />
wird der Überbau durch einseitige<br />
oben liegende Vouten verstärkt,<br />
2 Draufsicht<br />
© DEGES GmbH<br />
das Gehwegdeck ist in die Widerlager<br />
eingespannt und wird an den Pfeilern<br />
exzentrisch gelagert. Aufgrund der erforderlichen<br />
Höhenentwicklung der Brücke<br />
zur Querung der B 173 n (lichte Höhe<br />
≥ 4,70 m), die im Bauwerksbereich auf einem<br />
Damm liegt, steigt die Gradiente auf<br />
der Stadtseite zunächst mit bis maximal<br />
9,00 % an und fl acht dann ab auf 0,50 %<br />
am Widerlager Achse 40. Der Kuppenhalbmesser<br />
beläuft sich auf R = 500 m,<br />
über dem Bahngleis ergibt sich eine lichte<br />
Höhe von ca. 7,30 m, und der Kreuzungswinkel<br />
zwischen der Brückenachse und<br />
der Achse der B 173 n beträgt ca. 42 gon.<br />
Die Hauptabmessungen der Brücken<br />
sehen folgendermaßen aus:<br />
– Einzelstützweiten:<br />
30,05 m, 53,50 m, 27,05 m<br />
– Gesamtstützweite: 110,60 m<br />
– Nutzbreite: 3,00 m<br />
– Gesamtbreite: 3,85 m<br />
– Konstruktionshöhe: 0,80 m<br />
– Brückenfl äche: 332 m²<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
2.1 Die Implantierung<br />
Untersucht wurden zwei Varianten mit<br />
jeweils gleicher Stützweite und unterschiedlichem<br />
Primärtragwerk: Zügelgurt<br />
und »sanfte Welle«.<br />
In der Abwägung aller Kriterien erweist<br />
sich die »sanfte Welle« als angemessene<br />
Lösung mit Ausnutzung der Geländehöhe<br />
für das optisch bewusst unauffällige<br />
Primärtragwerk.<br />
2.2 Die Strukturierung<br />
Die »Voute« auf der Außenseite des Bogens<br />
bringt in Verbindung mit dem torsionssteifen<br />
Hohlkastenquerschnitt des<br />
Regelträgers ausreichende Steifi gkeit.<br />
2.3 Die Proportionierung<br />
Der sanfte Schwung der außenliegenden<br />
Vouten nach oben nimmt die S-förmige<br />
Trassierung harmonisch auf.<br />
3 Zügelgurt<br />
© DEGES GmbH<br />
4 Sanfte Welle<br />
© DEGES GmbH<br />
5 Querschnitt im Feld<br />
© DEGES GmbH<br />
2.4 Die Detaillierung<br />
Die Integration einer zurückhaltenden,<br />
hauptsächlich der Orientierung aller den<br />
Steg nutzenden Fußgänger und Radfahrer<br />
dienenden, indirekten Beleuchtung im<br />
Handlauf des Geländers folgt dem Gesamteindruck<br />
des Bauwerkes.<br />
3 Brücke bei Michendorf<br />
Die neue Brücke überführt östlich des bisherigen<br />
Steges einen Geh- und Radweg<br />
zwischen den Gemeinden Michendorf<br />
und Neuseddin bei Bau-km 92+056,600<br />
über die Bundesautobahn A10, den »Berliner<br />
Ring«.<br />
Das neue Bauwerk wird in ausreichendem<br />
Abstand zur Eisenbahnüberführung<br />
angeordnet, da eine Kopplung mit dieser<br />
als Kragkonstruktion aus funktionalen<br />
Gründen nicht möglich ist.<br />
Im Zuge einer Variantenuntersuchung<br />
wurde als Vorzugslösung ein Durchlaufträger<br />
mit zwei Diagonalbögen, die über<br />
den beiden Richtungsfahrbahnen mit<br />
jeweils vier Fahrstreifen angeordnet sind,<br />
festgelegt. Das gewählte Tragwerk nimmt<br />
6 Querschnitt über der Stütze<br />
© DEGES GmbH<br />
48
49<br />
Bezug auf die besonderen Randbedingungen<br />
im Planungsabschnitt, welche durch<br />
die unmittelbar angrenzenden Bahnbrücken,<br />
den überbreiten Mittelstreifen und<br />
die benachbarte Raststätte Michendorf<br />
gekennzeichnet sind.<br />
Das Gehwegdeck und die Bögen sind als<br />
Ganzstahlkonstruktion konzipiert; die<br />
Konstruktionshöhe des Decks beträgt<br />
ca. 85 cm. Die Höhe der parabelförmigen<br />
Bögen über dem Fahrbahndeck erreicht<br />
ca. 8,60 m, so dass diese sowohl für den<br />
Autofahrer als auch für den Brückennutzer<br />
weithin sichtbar die beiden Richtungsfahrbahnen<br />
markieren. Den Übergang<br />
zum Gelände bilden deutlich in die<br />
Einschnittsböschungen zurückgesetzte<br />
Widerlager. Als Hauptabmessungen sind<br />
vorgesehen:<br />
– Einzelstützweiten:<br />
17,15 m, 24,20 m, 34,30 m, 24,20 m,<br />
12,65 m<br />
(in Achse Überbau)<br />
– Gesamtstützweite: 112,50 m<br />
– Nutzbreite: 3,00 m<br />
– Gesamtbreite: 4,00 m<br />
– Konstruktionshöhe: 0,85 m<br />
– Brückenfl äche: 337,50 m²<br />
3.1 Die Implantierung<br />
Im Gesamtbild wird durch die Anordnung<br />
des bewusst in die Höhe entwickelten<br />
Primärtragwerkes für die täglich über<br />
100.000 die Parabelbögen passierenden<br />
Autofahrer eine stimmungsfördernde<br />
und zudem der Fahrsicherheit dienende<br />
Wirkung erzielt. Auch die Fußgänger und<br />
Radfahrer »erleben« auf ihrem Weg die<br />
Struktur der Brücke, indem sie den kreuzenden<br />
Bögen folgen.<br />
7 Draufsicht<br />
© DEGES GmbH<br />
8 Gesamtbauwerk<br />
© DEGES GmbH<br />
9 Brückenansicht<br />
© DEGES GmbH<br />
3.2 Die Strukturierung<br />
Die parabelförmigen Stützbögen bilden<br />
zusammen mit dem biegesteif verbundenen<br />
Steg eine räumlich ausgesteifte<br />
»semiintegrale« Tragstruktur, welche<br />
die Torsionssteifi gkeit des Stegträgers<br />
ausnutzt und dadurch besonders schlank<br />
und leicht wirkt.<br />
10 Gehwegdeck<br />
© DEGES GmbH<br />
S Y M P O S I U M<br />
3.3 Die Proportionierung<br />
Die beiden Bögen sind harmonisch proportioniert<br />
und korrespondieren mit der<br />
Trassierung im Grundriss.<br />
3.4 Die Detaillierung<br />
Durch geschickte Ausformung der tragenden<br />
Struktur bis hin zur Farbgebung und<br />
einer vorgesehenen Beleuchtung wird<br />
dieser Doppelbogen vielen Nutzern und<br />
Autofahrern – im Verlauf der Standzeit<br />
von ca. 80 Jahren werden dies mehr als<br />
eine Milliarde Menschen sein – sowohl<br />
Orientierung auf ihrem Weg als auch<br />
Verständnis für die baukulturelle Bedeutung<br />
von leichten Ingenieurtragwerken<br />
im Verkehrswegebau wecken.<br />
Autoren:<br />
Dr.-Ing. Karl Kleinhanß<br />
Dipl.- Ing. Tina Wend<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Drei Beispiele für Bauwerke mit Anspruch<br />
Neue Brücken über Isar und Traun<br />
� � � Richard J. Dietrich<br />
Dass Brücken und hier vor allem<br />
Bauwerke für Fußgänger und Radfahrer<br />
hohe Ansprüche erfüllen<br />
können, sollen die drei nachfolgend<br />
beschriebenen Beispiele verdeutlichen:<br />
Über eine schlüssige<br />
Tragstruktur verfügend und sorgfältig<br />
detailliert, wurden sie aus Holz<br />
und Stahl errichtet – und es wurde<br />
der jeweils vorgegebene Kostenrahmen<br />
dennoch stets eingehalten. Es<br />
bedarf also keiner standardisierten<br />
Betonlösungen, um angemessene,<br />
ebenso ästhetische wie kostengünstige<br />
Lösungen zu realisieren.<br />
1 München-Oberföhring<br />
In der Nacht zum 3. September 2002<br />
brannte die 1978 erbaute St.-Emmerams-<br />
Brücke über die Isar in München-Oberföhring<br />
ab, eine der üblichen überdachten<br />
Holzstrukturen in Fachwerkbauweise,<br />
sehr massiv und fast vollständig verschalt,<br />
mehr Haus als Brücke.<br />
2003 beschloss der Münchner Stadtrat,<br />
an gleicher Stelle eine neue Überführung<br />
zu errichten: im Kontext des Englischen<br />
Gartens wieder aus Holz und überdacht,<br />
aber zeitgemäß gestaltet. Andererseits<br />
war mit der Versicherungssumme der<br />
Kostenrahmen auf 700.000 € begrenzt.<br />
Wir hatten Glück und kamen mit unserem<br />
Vorschlag gegen allerhand Konkurrenz<br />
zum Zug.<br />
Der Entwurf für die neue Brücke sah eine<br />
wesentlich fi ligranere Fachwerkkonstruktion<br />
mit Gurten und Pfosten aus Holz vor,<br />
die aussteifenden Diagonalen hingegen<br />
sollten aus Stahlzugankern bestehen, um<br />
das Bauwerk so transparent wie möglich<br />
zu halten. Pfeiler und Widerlager der<br />
alten Brücke konnten zum Teil erhalten<br />
werden und der neue Überbau wurde<br />
darauf abgestimmt. Nach Abbruch eines<br />
Vorlandpfeilers ergaben sich folgende<br />
Stützweiten: 10 m, 52 m und 34 m.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
Die alte Brücke verfügte über ein überdachtes<br />
Hauptfeld mit 62 m Länge und<br />
52 m Spannweite sowie einseitig über<br />
eine offene Vorlandbrücke mit 2 × 17 m<br />
Spannweite. Der neue Entwurf ging dagegen<br />
von einem Durchlaufsystem über<br />
die ganze Länge von 96 m aus. Das erste<br />
Feld mit nur 10 m Spannweite zwischen<br />
Pfeiler und Widerlager war jedoch so kurz,<br />
dass hier durch eine Abspannung ein<br />
Gegengewicht geschaffen werden musste.<br />
Der Überbau mit 4 m Gehbahnbreite<br />
3 Ansicht, Grundriss, Schnitt<br />
© Richard J. Dietrich<br />
war zudem für schwerere Fahrzeuge der<br />
Parkverwaltung auszulegen.<br />
Um das ambitionierte Konzept mit seinen<br />
anspruchsvollen Details im vorgegebenen<br />
Kostenrahmen realisieren zu können,<br />
wurde das Tragwerk auf ein 4 m × 4 m-<br />
Achsraster abgestimmt und eine serielle<br />
Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad<br />
und geringem Baustellenaufwand entwickelt.<br />
2 Bauwerkseinweihung …<br />
© Richard J. Dietrich<br />
1 St.-Emmerams-Brücke<br />
von Oberstrom<br />
© Richard J. Dietrich<br />
Die neue Fachwerkkonstruktion besteht<br />
aus rund gefrästen und standardisierten<br />
Leimholzstäben als Fachwerkgurte und<br />
Pfosten, die diagonalen Ausfachungen<br />
aus Standardstahlankern. Alle Holzstäbe<br />
wurden mit speziell geformten Stabköpfen<br />
aus Stahlguss ausgestattet und<br />
über Kreisringscheiben, wiederum aus<br />
Stahlguss, mittels Bolzen aneinandergekoppelt,<br />
ebenso die Ankerstäbe mit ihren<br />
50
51<br />
4 Detail: Stabkopf<br />
© Richard J. Dietrich<br />
Gabelköpfen. Diese Knotenausbildung<br />
erweist sich als sinnvoll in den Brennpunkten<br />
der Kräfte und vorteilhaft für den<br />
konstruktiven Holzschutz, da keine Staunässe<br />
aufkommen kann wie bei anderen<br />
Holzverbindungen.<br />
Neuartig ist auch die Befestigung der<br />
Stabköpfe an den runden Leimholzstäben:<br />
Ein Rohrstück wird anstelle der üblichen<br />
Schlitzbleche in eine ringförmige<br />
Bohrung eingebracht, dann werden die<br />
Löcher für die Stabdübel radial gleichzeitig<br />
durch Holz und Stahl gebohrt. Die<br />
Stabdübel sind spiralig angeordnet und<br />
damit auf kurzem Raum.<br />
Runde Fachwerkstäbe entsprechen der<br />
Urform Baumstamm und hier zugleich<br />
der statischen Funktion, nämlich nur<br />
Normalkräfte und keine Biegung zu<br />
übertragen. Die Stabköpfe aus Gussstahl<br />
decken mit einer Epoxydharz-Zwischenlage<br />
zudem das sehr empfi ndliche Hirnholz<br />
ab, ebenfalls ein Vorteil für den konstruktiven<br />
Holzschutz; auf den runden Stäben<br />
sammelt sich darüber hinaus kein Wasser.<br />
Diese Detailausbildung des Fachwerks<br />
erlaubte es, auf seitliche Wetterschutzverkleidungen<br />
zu verzichten.<br />
Auf die Weise ist eine besonders leichte<br />
und transparente Holzbrücke entstanden,<br />
von der aus sich die Park- und Flusslandschaft<br />
des Englischen Gartens ungehindert<br />
erleben lässt. Außerdem vermittelt<br />
die fi ligrane Konstruktion ein Schwebegefühl<br />
über dem Wasser. Das Budget wurde<br />
eingehalten.<br />
5 Fachwerkknoten<br />
© Richard J. Dietrich<br />
Bauherr<br />
Landeshauptstadt München<br />
Objekt- und Tragwerksplanung<br />
Dipl.-Ing. Richard J. Dietrich, Büro für<br />
Ingenieur-Architektur, Bergwiesen<br />
Statik<br />
Suess Staller Schmitt Ingenieure GmbH, München<br />
Prüfstatik<br />
Dipl.-Ing. Rolf Sennewald, München<br />
Ausführung<br />
Pletschacher Holzbau GmbH, Dasing<br />
6 Pertensteiner Brücke von Oberstrom<br />
© Richard J. Dietrich<br />
S Y M P O S I U M<br />
2 Schloss Pertenstein<br />
Die Erfahrungen mit der Brücke über die<br />
Isar in München-Oberföhring wurden für<br />
eine weitere Holzbrücke mit ähnlicher<br />
Konstruktion genutzt, diesmal über die<br />
Traun bei Schloss Pertenstein in Traunreut.<br />
Hier war eine ältere Holzbrücke mit<br />
einer einfachen, traditionellen Balkenkonstruktion<br />
zu ersetzen, da baufällig und<br />
über mehrere Pfeiler gestützt, ein Hindernis<br />
im Hochwasserfall. Die neue Brücke<br />
sollte daher die Traun in einem Schritt mit<br />
50 m Spannweite und einer Bahnbreite<br />
von 3 m überwinden: Der besondere<br />
Kontext mit dem alten Schloss der Grafen<br />
Törring und der idyllischen Flussaue an<br />
der Traun haben Stadtbaumeister, Stadtrat<br />
und Bürgermeister bewegt, an diesem<br />
historischen Ort eine besondere Lösung<br />
zu realisieren.<br />
Abweichend von der Oberföhringer<br />
Struktur wurde für die neue Pertensteiner<br />
Brücke ein reines Holzfachwerk mit horizontalen<br />
Gurten und diagonalen Streben<br />
ausgeführt. Und anders als in München<br />
mussten mittels eines Einfeldträgers<br />
50 m überquert werden. Um nun zu<br />
wuchtige Dimensionen zu vermeiden und<br />
das System zu entlasten, wurden Abspan-<br />
7 Widerlager mit Portalrahmen<br />
© Richard J. Dietrich<br />
8 Ansicht, Grundriss, Schnitt<br />
© Richard J. Dietrich<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
nungen auf die Widerlager vorgesehen.<br />
Wieder wurden die Fachwerkstäbe aus<br />
Fichten-Leimholz rund gefräst und als<br />
standardisierte Elemente mit stählernen<br />
Stabköpfen ausgestattet, aus Kostengründen<br />
allerdings nicht in Stahlguss,<br />
sondern aus geschweißten Blechen<br />
hergestellt. Als Konsequenz aus dieser<br />
Ausführung bestehen auch die Querträger<br />
zwischen den Fachwerken aus<br />
Stahlrohren. Letzteres war notwendig,<br />
weil die Nutzung durch landwirtschaftliche<br />
Fahrzeuge sehr große Verkehrslasten<br />
bedeutet.<br />
Die Bauelemente wurden im Werk komplett<br />
vorgefertigt und nach Pertenstein<br />
geliefert, um am Ufer als Baukastensystem<br />
zum endgültigen Tragwerk zusammengefügt<br />
zu werden. Das vormontierte<br />
Tragwerk wurde dann als Ganzes zwischen<br />
die bereits vorher errichteten Widerlager<br />
eingehoben, genau wie in Oberföhring.<br />
Durch die präzise Vorfabrikation<br />
der Stäbe in Lehren konnte eine praktisch<br />
toleranzlose Endmontage gewährleistet<br />
werden: Beim Einheben wurde durch eine<br />
entsprechende Aufhängung des Systems<br />
für die vorgesehene Gradiente gesorgt,<br />
es traten also keine montagebedingten<br />
Verformungen auf.<br />
Abweichend vom Querschnitt der<br />
Münchner Brücke sind die Fachwerkwände<br />
jetzt aber schräg nach außen geneigt,<br />
um einen noch besseren Wetterschutz<br />
zu gewährleisten. Sorgsam durchdetailliert,<br />
war das Ergebnis für alle Beteiligten<br />
befriedigend.<br />
Bauherr<br />
Stadt Traunreut<br />
Objekt- und Tragwerksplanung<br />
Dipl.-Ing. Richard J. Dietrich, Büro für<br />
Ingenieur-Architektur, Bergwiesen<br />
Statik<br />
Köppl Ingenieure, Planung und Beratung im<br />
Bauwesen GmbH, Rosenheim<br />
Prüfstatik<br />
Dipl.-Ing. Heinrich Riesemann<br />
Landesgewerbeanstalt Bayern,<br />
Außenstelle Traunstein<br />
Ausführung<br />
Schaffi tzel Holzindustrie GmbH + Co. KG,<br />
Schwäbisch Hall<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
9 Knotenausbildung<br />
© Richard J. Dietrich<br />
10 »Halbtotale«<br />
© Richard J. Dietrich<br />
3 Traunstein<br />
Gleichzeitig mit dem Steg in Pertenstein<br />
wurde in Traunstein eine weitere Fußgängerbrücke<br />
über die Traun verwirklicht,<br />
diesmal aber in Stahlkonstruktion.<br />
Im Jahr 2000 hatten wir eine große, 235 m<br />
lange Straßenbrücke am selben Standort<br />
errichtet, die sogenannte Südbrücke,<br />
11 Ensemble aus Straßen- und Fußgängerbrücke<br />
© Richard J. Dietrich<br />
die sich wegen ihrer ungewöhnlichen<br />
Bauweise großer Beliebtheit bei den<br />
Traunsteinern erfreut. Ihr Tragwerk weist<br />
baumartige Stützen aus Stahlrohren auf,<br />
die ein äußerst schlankes Stahl-Beton-<br />
Verbunddeck tragen. Der Entwurf hatte<br />
sich seinerzeit gegen eine bereits fertig-<br />
geplante, übliche Spannbeton-Hohlkasten-Lösung<br />
durchgesetzt. Bürgermeister<br />
und Stadtrat hatten sich dafür entschieden,<br />
darauf vertrauend, dass eine solche<br />
Stahlstruktur zum gleichen Preis zu realisieren<br />
sei wie die Betonbrücke, was dann<br />
auch gelungen ist.<br />
Nach den guten Erfahrungen mit der<br />
Südbrücke beschloss der Traunsteiner<br />
Stadtrat 2006, den neben der großen Straßenbrücke<br />
auf Uferniveau erforderlichen<br />
Fußgängersteg ebenfalls von uns planen<br />
zu lassen. Im Zuge der Hochwasserfreilegung<br />
musste der am Standort vorhandene<br />
Steg weichen, da er mit zwei Flusspfeilern<br />
und einer zu tief angeordneten Brückentafel<br />
ein Abfl usshindernis darstellte.<br />
Die zu entwerfende Brücke sollte nun den<br />
Fluss mit 40 m Spannweite überqueren<br />
und über einem erhöhten Freibord angeordnet<br />
sein. Letzteres bedeutete, unter<br />
der Brückentafel blieb kein Raum für<br />
ein Tragwerk, so dass ein obenliegendes<br />
konzipiert wurde. Dabei wurde das Konstruktionsprinzip<br />
der nahen Straßenbrücke<br />
übernommen und variiert – und auf<br />
die Weise ein Ensemble geschaffen, weil<br />
ja beide Brücken zueinander gehören und<br />
einander ergänzen.<br />
Das Baumstützen-Fachwerk bildet bei<br />
der kleineren Brücke ein obenliegendes<br />
Haupttragwerk mit einem Knotenraster<br />
von 5 m, von dem das Nebentragwerk<br />
der Gehbahntafel abgehängt ist. Wie<br />
bei der Straßenbrücke ist auch hier die<br />
gesamte Struktur aus Stahlrundrohren<br />
konstruiert, die (hier) allerdings Rohr an<br />
Rohr geschweißt und nicht wie dort mit<br />
Stahlgussknoten verbunden sind. Das<br />
Tragwerk wurde in großen, noch transportablen<br />
Teilen im Werk vorgefertigt, dann<br />
am Ufer zusammengefügt und anschließend<br />
als Ganzes in Position gehoben. Der<br />
52
53<br />
hohe Rahmen des Haupttragwerkes bot<br />
die Möglichkeit, eine Überdachung aufzulegen,<br />
die wie die eigentliche Gehbahn in<br />
Holzkonstruktion ausgeführt wurde.<br />
In beiden Fällen wurden also verschiedene<br />
Materialen kombiniert und ihrem<br />
Zweck entsprechend eingesetzt. Während<br />
bei der Straßenbrücke die Betonfahrbahn<br />
Lärm und plötzliches Glatteis vermindert,<br />
schafft die Holzausstattung des Fußgängerstegs<br />
eine angenehme Atmosphäre<br />
für die Benutzer. Und in beiden Fällen<br />
bewährt sich das Konstruktionsprinzip,<br />
13 Ansicht, Grundriss, Schnitt<br />
© Richard J. Dietrich<br />
14 Portalstruktur<br />
© Richard J. Dietrich<br />
die Kräfte auf direktem Weg in die Unterbauten<br />
abzutragen. Der Stahlbau kommt<br />
deshalb mit relativ geringen Massen aus<br />
und das Ganze bleibt im Kostenrahmen.<br />
Charakteristisch ist für die zwei Brücken<br />
zudem, dass das Tragwerk zur Stabilisierung<br />
in Querrichtung schräg geneigt ist,<br />
was auch als gestalterischer Effekt<br />
wirkt.<br />
Die neue Fußgängerbrücke fi ndet ebenfalls<br />
Zustimmung bei der Bevölkerung. Ein<br />
Bürger stiftete sogar vor lauter Begeisterung<br />
eine fast lebensgroße Skulptur des<br />
Brückenheiligen Johannes Nepomuk, die<br />
an dem Bauwerk aufgestellt wurde.<br />
12 Neuer Steg von Oberstrom<br />
© Richard J. Dietrich<br />
■ Entwurfsplanung<br />
Ingenieurbauwerke<br />
■ Tragwerksplanung<br />
■ Instandsetzungsplanung<br />
Bauunterhaltung<br />
■ Bauoberleitung<br />
Bauüberwachung<br />
EHS<br />
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Dr.-Ing. Schmidt-Hurtienne · Dr.-Ing. Osteroth GmbH<br />
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S Y M P O S I U M<br />
Bauherren<br />
Freistaat Bayern<br />
Wasserwirtschaftsamt Traunstein<br />
Stadt Traunstein<br />
Objekt- und Tragwerksplanung<br />
Dipl.-Ing. Richard J. Dietrich, Büro für<br />
Ingenieur-Architektur, Bergwiesen<br />
Statik<br />
Köppl Ingenieure, Planung und Beratung im<br />
Bauwesen GmbH, Rosenheim<br />
Prüfstatik<br />
Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Weiden<br />
Ausführung<br />
Mühlbauer Stahl- und Metallbau GmbH,<br />
Furth im Wald<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Richard J. Dietrich<br />
Büro für Ingenieur-Architektur, Bergwiesen<br />
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BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Die Museumsbrücken in Bozen<br />
Hohe Kunst des Stahlbaus<br />
� � � von Oliver Schreiber<br />
Es ist ein Sammelbecken für Kunstobjekte<br />
und zugleich internationale<br />
Kunstwerkstatt mit interdisziplinärer<br />
Ausrichtung: das Museion.<br />
Erschlossen wird es unter anderem<br />
durch zwei (Museums-)Brücken von<br />
skulpturaler Ausformung.<br />
1 Zwei Kurven<br />
Wesentlicher Bestandteil des kubischen<br />
Bauwerks, das vom Architekturbüro<br />
Krüger Schuberth Vandreike aus Berlin<br />
entworfen wurde, sind die beiden Museumsbrücken<br />
über den Fluss Talfer auf<br />
der Südseite des Museion. Sie machen<br />
die Museumsanlage für Fußgänger<br />
und Radfahrer zugänglich und wirken<br />
zugleich als gestaltendes Bauelement.<br />
Konzipiert sind die Brücken aus Stahl und<br />
Glasgeländern als Raumskulptur aus<br />
zwei miteinander korrespondierenden<br />
schwingenden Kurven. Im Gegensatz<br />
zum städtischen Museumskubus, dessen<br />
transparente Stirnseiten das historische<br />
Zentrum Bozens mit der Neustadt und<br />
dem Talfergrün verbinden, signalisieren<br />
die schwingenden Formen so einen anderen<br />
spielerischen Umgang mit der Landschaft.<br />
Rad- und Fußweg werden getrennt<br />
geführt.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Brücken und Museion<br />
© Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH<br />
2 Dynamisches Profi l<br />
Dem Profi l eines Schiffsrumpfes oder einer<br />
Flugzeugtragfl äche ähnlich, überqueren<br />
die Brücken mit einem in der Mitte<br />
fl acher werdenden Profi l stützenfrei den<br />
Wildbach Talfer. Möglich wird dies durch<br />
die tragende metallische Außenhaut des<br />
Brückenkörpers im Zusammenspiel mit<br />
den durchlaufenden Metallstegen im<br />
Inneren. Das Geländer besteht aus einer<br />
Edelstahlkonstruktion mit Glasbrüstungen.<br />
Leuchtstoffröhren im Handlauf<br />
sowie Scheinwerfer setzen die Brücken<br />
nachts stimmungsvoll in Szene und lassen<br />
sie aus der Ferne wie zwei versetzte,<br />
gegeneinander schwingende Lichtlinien<br />
wirken.<br />
Gegründet wurden die über 60 m spannenden<br />
Brückenbauwerke auf Großbohrpfählen.<br />
Wegen der geometrisch<br />
verursachten Torsion im Bereich der<br />
Lager ließ sich die übliche Ausbildung<br />
eines verschieblichen (Brücken-)Lagers<br />
nicht verwirklichen. Stattdessen sind<br />
die Brückenkörper beidseitig in die Widerlagerfundamente<br />
eingespannt. Die<br />
Schweißnähte der zweifach gekrümmten<br />
Brückenfahrbahn- und Seitenbleche<br />
wurden oberfl ächenmäßig verschliffen.<br />
Im Zusammenspiel mit der gekrümmt<br />
ausgeführten Blechführung entstand<br />
so die knickfreie monolithische Erscheinungsform.<br />
3 Pfi ffi ge Brückenmontage<br />
Transportiert wurden die im Stahlbauwerk<br />
in Sengenthal hergestellten<br />
vier Brückensegmente mithilfe von<br />
Vierachsschwerlastzug-Maschinen mit<br />
Vierachsnachläufern. Jedes Bauteil war<br />
30,50 m lang, 4,40 m breit und 2,20 m<br />
hoch und wog 46 t. Der Transport der<br />
Brückenbauteile führte nicht über den<br />
Brenner, sondern über Wels, Graz, Udine,<br />
Vicenza und Trento nach Bozen. Für die<br />
1.200 km lange Strecke benötigten die<br />
Schwerlastzüge nur dreieinhalb Tage,<br />
trotz Tunnelsperren in Österreich bzw.<br />
Bau- und Mautstellen in Italien. Vor Ort<br />
wurden die vier Brückenschüsse, zwei<br />
je Überbau, in speziell konstruierte und<br />
gefertigte Hilfskonstruktionen aus Stahl<br />
gehoben. Diese stabilisierten die Bauteile<br />
bis zur Fertigstellung des Schweißstoßes<br />
in Brückenmitte sowie bis zur Betonage<br />
der Betonwiderlager.<br />
54
55<br />
2 Querung des Talfer<br />
© Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH<br />
Verantwortlich für den Neubau des 1,50-<br />
Millionen-Euro-Bauwerkes war eine<br />
Bietergemeinschaft unter Federführung<br />
von Max Bögl: Max Bögl Bau/Costruzione,<br />
Brixen, die Partnerfi rma Goller aus Kastelruth<br />
und das Ingenieurbüro Bergmeister,<br />
Brixen, konnten sich im Rahmen einer<br />
öffentlichen Ausschreibung im Sommer<br />
2007 gegenüber mehreren Mitbewerbern<br />
durchsetzen.<br />
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Trotz der äußerst knappen Bauzeit von<br />
nur fünf Monaten vermochte sich die Firmengruppe<br />
Max Bögl erfolgreich vor Ort<br />
zu behaupten und ihr ganzes Wissen und<br />
Können bei schwierigen Bauaufgaben<br />
unter Beweis zu stellen.<br />
S Y M P O S I U M<br />
Autor:<br />
Dipl.- Ing. Oliver Schreiber<br />
Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH,<br />
Neumarkt<br />
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BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Ein leuchtendes Beispiel zur Stadtentwicklung<br />
Die Brücke im Düsseldorfer Medienhafen<br />
� � � Claus Raab<br />
Die Fuß- und Radwegbrücke im<br />
Düsseldorfer Medienhafen ist knapp<br />
150 m lang und 11,60 m breit, behindertengerecht<br />
ausgebildet und<br />
verfügt über eine schlank gehaltene<br />
Konstruktion, deren Höhe von den<br />
Endaufl agern bis zur Brückenmitte<br />
zwischen 0,89 m und 1,50 m liegt.<br />
Ihre besondere Ausstrahlung resultiert<br />
aus einer Beleuchtungslösung,<br />
die als Teil des städtebaulichen Gesamtkonzepts<br />
zur Aufwertung und<br />
Neugestaltung des Hafengebiets<br />
beitragen soll.<br />
1 Lichtkonzept<br />
Bei ihrer Eröffnung als »Living Bridge«<br />
bezeichnet, hat diese Brücke eine Doppelfunktion:<br />
Verkehrsweg zum einen,<br />
gleichzeitig kommunikativer Freiraum<br />
mit Aufenthaltsqualität. Auf dem mit<br />
FSC-zertifi ziertem Tropenholz belegten<br />
Steg lässt sich daher zwischen Lichtkuben<br />
fl anieren, die sich rechts und links entlang<br />
den sitzfreundlichen Holzbohlen über<br />
das gesamte Bauwerk erstrecken. Die<br />
Lichtkuben sind zudem als (Licht-)Möbel<br />
gestaltet, man kann sich also auf ihnen<br />
niederlassen.<br />
2 Brücke mit Lichtkuben<br />
© Lichtwerk GmbH<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Hafen und Hafenquerung bei Nacht<br />
© Lichtwerk GmbH<br />
In das Lichtkonzept einbezogen wurde<br />
darüber hinaus die direkte Treppenanbindung<br />
zur Inselfl äche auf dem Rhein,<br />
auf der sich auch das »Brückenhaus« mit<br />
Gastronomie befi ndet: Die im Kontext der<br />
Lichtkuben für die Treppe und den Ponton<br />
entwickelten individuellen Stufen- und<br />
Podestleuchten mit LED-Technik sind Teil<br />
des Gesamtentwurfs von Brücke wie Brückenbeleuchtung<br />
und wurden in enger<br />
Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer<br />
Planungsamt, dem Amt für Verkehrsmanagement<br />
und JSK Architekten von der<br />
Lichtwerk GmbH speziell für das Düsseldorfer<br />
Projekt realisiert.<br />
3 Treppenanbindung und Inselfl äche<br />
© Lichtwerk GmbH<br />
2 Lichttechnik<br />
Die 62 Lichtkuben mit Abmessungen<br />
von 72 cm × 52 cm × 26 cm wurden mit<br />
einer speziellen Verschweißungstechnik<br />
gefertigt, weisen dadurch eine erkennbare<br />
Plastizität auf und bieten sich so<br />
als Sitzgelegenheit an. Ihre Umsetzung<br />
bedeutete eine Herausforderung, da sie<br />
erhebliche Anforderungen hinsichtlich<br />
Lichttechnik, Stabilität und Sicherheit<br />
erfüllen mussten. Aus einem Hochleistungsspezialacryl<br />
hergestellt, das für<br />
die homogene Lichtwirkung weiß opal<br />
durchgefärbt wurde, sind sie mit zwei<br />
Rohrleuchten IP 65 mit jeweils einer<br />
56
57<br />
4 Stufen mit Sonderleuchten<br />
© Lichtwerk GmbH<br />
Entwerfen und Gestalten<br />
Planen<br />
Überwachen<br />
Begutachten<br />
Prüfen<br />
13-W-TC-DEL-Lampe der Farbtemperatur<br />
von 6.500 K bestückt. Der 12 cm tief im<br />
Boden versenkte Sockel gewährleistet<br />
dabei den Installationsraum für den Kabelübergangskasten,<br />
die Abzweigdosen<br />
und sogar für die LED-Betriebs geräte der<br />
neben den Kuben verlaufenden zusätzlichen<br />
Lichtlinien. Und: Optisch scheinen<br />
die Kuben durch diese Befestigung direkt<br />
aus dem Holz zu wachsen.<br />
Für jede der insgesamt 96 Stufenleuchten<br />
von 28 cm × 5 cm × 12 cm wurde ein<br />
Edelstahlgehäuse angeordnet, das mit je<br />
einem 4-W-LED-Element, versehen mit<br />
weißen LEDs, ausgestattet wurde.<br />
Die sechs 148 cm × 5 cm × 12 cm messenden<br />
Podestleuchten weisen hingegen<br />
jeweils zwölf LED-Streifen à 2 W auf und<br />
bestehen aus Grundplatte und Edelstahlgehäuse<br />
mit Spezialkunststoffscheibe.<br />
Das Gehäuse erhielt durch Perl-Strahlung<br />
eine gleichmäßig mattierte Oberfl äche,<br />
die nicht nur ein ansprechendes Erscheinungsbild<br />
gewährleistet, sondern auch<br />
unempfi ndlicher gegenüber Verschmutzung<br />
ist; die LED-Leuchten haben eine<br />
Farbtemperatur von 6.500 K.<br />
Berlin ı Dresden ı Düsseldorf ı Frankfurt / Main ı Hamburg ı Leipzig ı München ı Stuttgart ı Würzburg<br />
S Y M P O S I U M<br />
Dank LED-Technik war es möglich, die<br />
hohen lichttechnischen Ansprüche in<br />
Kombination mit den vorgegebenen<br />
geringen Abmessungen zu erreichen. Ihre<br />
Langlebigkeit und Haltbarkeit sind darüber<br />
hinaus Vorzüge, die die Kommunalfi -<br />
nanzen schonen helfen, und zwar ebenso<br />
wie ihre Stabilität bei Erschütterungen.<br />
Für einen sicheren Betrieb sind die mit<br />
Schutzkleinspannung betriebenen Leuchten<br />
an Versorgungsgeräte angeschlossen,<br />
die sich auf der Brücke befi nden. Um die<br />
einzelnen LED-Elemente vor Feuchtigkeit<br />
zu schützen, wurden sie im Übrigen in<br />
einem transparenten Quadratrohr angeordnet.<br />
Autor:<br />
Claus Raab<br />
Lichtwerk GmbH, Königsberg<br />
Bauherr<br />
Landeshauptstadt Düsseldorf,<br />
Amt für Verkehrsmanagement<br />
Planung<br />
Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />
Düsseldorf<br />
J•S•K Architekten, Düsseldorf<br />
Lichtplanung<br />
Lichtwerk GmbH,<br />
Königsberg<br />
CBP<br />
Ingenieurbau GmbH<br />
Georg-Muche-Straße 1<br />
80807 München<br />
Tel. + 49 89 28633-245<br />
Fax. + 49 89 28633-212<br />
info@cbp.de ı www.cbp.de<br />
Ihre Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. - Ing. Jürgen Feix<br />
Dr. - Ing. Ralf Schneider<br />
Dr. - Ing. Stephan Görtz<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S Y M P O S I U M<br />
Beleuchtung als Gestaltungselement<br />
Brücken im nächtlichen Stadtbild<br />
� � � von Stephanie Ramsauer<br />
Für Städte an einem Fluss haben<br />
Brücken schon von jeher eine elementare<br />
Bedeutung. Tagsüber sind<br />
sie Elemente, die das pulsierende<br />
Leben dies- und jenseits der Ufer<br />
arteriengleich miteinander zu verbinden<br />
scheinen. Bei Dunkelheit verlieren<br />
sie aber meist ihre prägende<br />
Bedeutung als typische, städtebauliche<br />
Komponente und verkümmern<br />
visuell zu reinen Verkehrswegen, deren<br />
Wahrnehmung sich im Wesentlichen<br />
auf die Straßenbeleuchtung<br />
beschränkt. Das muss nicht sein.<br />
Mit Licht können sie passiv aus dem<br />
Dunkel herausgelöst werden.<br />
1 Anforderungen und Ziele<br />
Die Anforderungen an eine Brückenbeleuchtung<br />
sind komplex, gilt es hier doch,<br />
sicherheitstechnische und gestalterische<br />
Elemente miteinander zu verknüpfen;<br />
neben der normgerechten Fahrbahn- und<br />
Wegeausleuchtung darf die »aufwertende«<br />
Anstrahlung zur Inszenierung im<br />
Stadtraum die Überquerenden beispielsweise<br />
nicht blenden.<br />
Die Illumination von Brücken soll aber<br />
nicht nur deren sogenannte Formensprache,<br />
sondern auch die Kunst der Ingenieure<br />
betonen: Konstruktionsdetails, die<br />
am Tag kaum wahrgenommen werden,<br />
lassen sich mit Licht effektvoll hervorheben.<br />
Dazu steht eine ganze Reihe unterschiedlicher<br />
Lampen und Leuchten zur<br />
Verfügung, mit denen man Oberfl ächen,<br />
Materialien und charakteristische Merkmale<br />
von (Brücken-)Bauwerken angemessen<br />
darstellen kann.<br />
2 Gestaltung und Technik<br />
Die gezielte Lichtgestaltung von Brücken<br />
und anderen Bauwerken trägt dazu bei,<br />
den öffentlichen Raum in der Nacht für<br />
die Bewegung und den Aufenthalt besser<br />
zu qualifi zieren, die Stadt und ihre Quartiere<br />
unverwechselbar zu erhalten, neu<br />
anzulegen oder gar aufzuwerten. Dazu<br />
sind die technischen, energetischen und<br />
ökonomischen Voraussetzungen heute<br />
besser als jemals zuvor und wachsen<br />
zudem ökologisches Bewusstsein wie<br />
planerische Freiheitsgrade. Die Beleuch-<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
1 Ignaz-Bubis-Brücke und Untermainbrücke,<br />
Frankfurt am Main<br />
© Frank Rümmele/Philips GmbH<br />
2 Tower Bridge in London<br />
© Philips GmbH<br />
3 … Eiffelturm in Paris<br />
© Philips GmbH<br />
4 Nanjing-Brücke in Beijing<br />
© Philips GmbH<br />
tung, nicht als notwendiger Fremdkörper,<br />
sondern als integrales »Akzentuierungselement«,<br />
wird daher ein immer wichtigerer<br />
Faktor bei ganzheitlichen Entwurfskonzepten.<br />
Die richtige Kombination von<br />
zweckmäßiger und dekorativer Beleuchtung<br />
ist hier jedoch entscheidend, denn<br />
erst sie ermöglicht, durch den Einsatz<br />
moderner Lichttechnik einerseits Geld<br />
einzusparen, das dann andererseits für<br />
Stadtverschönerungsaufgaben zur Verfügung<br />
steht. Eine solche Chance bieten<br />
nicht zuletzt die inzwischen entwickelten,<br />
hochwertigen (Beleuchtungs-)Anlagen,<br />
mit denen sich die Energie intelligenter<br />
nutzen lässt und die damit helfen, die<br />
Betriebskosten deutlich zu reduzieren.<br />
Und so sind an die Stelle von Hochdruck-<br />
Metallhalogen-, -Natriumdampfl ampen<br />
oder faseroptischen Lichtsystemen<br />
mittlerweile oft Lösungen auf Basis von<br />
Leuchtdioden (LED) getreten, die energieeffi<br />
zient und regelbar sind, kräftige Farben<br />
haben und dank ihrer Langlebigkeit<br />
einen häufi gen Lampenwechsel überfl üssig<br />
machen.<br />
5 … in Glasgow<br />
© Philips GmbH<br />
Autor:<br />
Stephanie Ramsauer<br />
Philips GmbH, Hamburg<br />
58
59<br />
Neuntes Symposium »Brückenbau« in Leipzig<br />
Brückenbau mit Tradition und Perspektive<br />
� � � Bernhard K. Heck<br />
Insbesondere neue Verfahren und<br />
durch Wettbewerbe erzielte Gestaltungsvielfalt<br />
standen beim neunten<br />
Brückenbau-Symposium der<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit<br />
<strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong> am 10. und<br />
11. Februar 2009 im West In Hotel in<br />
Leipzig auf der Agenda. Und so traf<br />
sich hier wiederum das Who-is-Who<br />
der Brückenbauer, also Ausführende,<br />
Planer, Auftraggeber und Wissenschaftler,<br />
um sich zu informieren,<br />
sich auszutauschen und derart mannigfaltige<br />
Anregungen zu gewinnen.<br />
Die Zahlen, rund 200 Teilnehmer<br />
und 20 Referenten, zeigten eindrucksvoll,<br />
welche Relevanz Thema<br />
wie Veranstaltung haben – und wie<br />
groß die Akzeptanz dieses Symposiums<br />
ist.<br />
»Heimische« Baukultur<br />
Moderiert von Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn,<br />
der seit ihrer Premiere durch diese<br />
Veranstaltung führt, wurde sie auch 2009<br />
ihrem Ruf gerecht, sämtliche Themen und<br />
Aspekte von allen Seiten zu beleuchten<br />
und infolgedessen Bauwerkserläuterungen<br />
zu bieten, die Kriterien des Entwurfs<br />
und deren Planungsmodalitäten anhand<br />
von Beispielen charakterisieren, wobei<br />
Fragen der Finanzierung und Besonderheiten<br />
von Konstruktion wie Montage das<br />
Programm schon von jeher abrunden.<br />
Den Reigen der Referenten eröffnete<br />
Dr.-Ing. Karl Kleinhanß, DEGES GmbH,<br />
mit »Der Weg zur Brückenkultur«, den er<br />
entlang der A20 von Stralsund bis Wittenberge<br />
nachzuzeichnen wusste. Ltd.<br />
Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kleiner<br />
und Baudirektor Dipl.-Ing. Rudolf Drick<br />
von der Autobahndirektion Nordbayern<br />
brachten mit ihren Vorträgen über die<br />
Gestaltung von Ingenieurbauwerken die<br />
Zuhörer dann auf »Augenhöhe«: Günther<br />
Kleiner betonte, »dass bei Einzelbauwerken,<br />
ohne besonderen Anspruch, sich<br />
die Einschaltung eines Architekten zur<br />
Erarbeitung des Entwurfs anbietet, was<br />
im Regelfall zu einem geringen zeitlichen<br />
und fi nanziellen Aufwand führt«, während<br />
Rudolf Drick, noch bewegt von den<br />
damals aktuellen Ereignissen um den<br />
schlingernden Lkw-Sattelzug auf dem<br />
rückgebauten Brückenabschnitt Randersacker,<br />
die Mainquerung bei Würzburg<br />
näher beleuchtete.<br />
Mit seinen Einblicken in die Erfahrungen<br />
bei der Vorkopfbauweise als neuem<br />
Bauverfahren bei der Realisierung der<br />
Saale-Elstertal-Bahnbrücke bei Halle beeindruckte<br />
danach Dr.-Ing. Walter Streit,<br />
Büchting + Streit GmbH, indem er in einer<br />
gelungenen Animation die sieben Phasen<br />
der Errichtung eines Regelfeldes mit ihren<br />
Abfolgen erläuterte und zugleich die<br />
wichtigsten Unterschiede zu konventionellen<br />
Lösungen erörterte. Anschließend<br />
sprach Dipl.-Ing. Wolfgang Maier vom<br />
Staatlichen Bauamt Aschaffenburg über<br />
die Verwirklichung der zweiten Fahrbahn<br />
der Ebertbrücke in Aschaffenburg, deren<br />
Signifi kanz nicht zuletzt aus einem<br />
überzeugenden Beleuchtungskonzept<br />
resultiert.<br />
Nach der Mittagspause präsentierte Ltd.<br />
Baudirektor Dipl.-Ing. Michael Gersteuer,<br />
Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />
Schleswig-Holstein, Entwurf und geplante<br />
Konstruktion für die neue Störbrücke<br />
in Itzehoe, die als Ersatzneubau das<br />
zentrale Bindeglied im Streckenabschnitt<br />
zwischen den Anschlussstellen Itzehoe-<br />
Süd und -Nord sein wird: je Fahrtrichtung<br />
eine Stabbogenbrücke in Stahlverbundbauweise<br />
über den Fluss, kombiniert mit<br />
Vorlandbrücken als Durchlaufträger aus<br />
einem einzelligen Hohlkasten, ebenfalls<br />
in Stahlverbundbauweise. Dipl.-Ing. Uwe<br />
Heiland, Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
GmbH, veranschaulichte hingegen<br />
die Widrigkeiten bei der Erneuerung<br />
der historischen Stahlstruktur der Bonner<br />
Kennedybrücke unter belastetem<br />
Verkehr. 1949 eingeweiht, war sie mit<br />
einem Stahlgewicht von ca. 4.550 t zu<br />
jenem Zeitpunkt die weitestgespannte<br />
Vollwand-Balkenbrücke über den Rhein<br />
und ist heute eine dreifeldrige, gevoutete<br />
Deckbrücke in Ganzstahlausführung mit<br />
Stützweiten von 99,21 m in den Seitenöffnungen<br />
und 195,86 m über dem Strom.<br />
� Strelasundquerung bei Rügen<br />
© DEGES GmbH<br />
A K T U E L L<br />
� Ebertbrücke in Aschaffenburg<br />
© Staatliches Bauamt Aschaffenburg<br />
� TaminaBogen bei Pfäfers als Visualisierung<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
� Thimphuchubrücke in Bhutan mit Gerüst<br />
© Schlaich Bergermann und Partner<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
A K T U E L L<br />
� Golden Ears Bridge bei Vancouver im Bau<br />
© Bilfi nger Berger Ingenieurbau GmbH<br />
Nicht minder interessant waren die Ausführungen<br />
von Dipl.-Ing. Eberhard Pelke,<br />
Hessisches Landesamt für Straßen- und<br />
Verkehrswesen, Wiesbaden, widmete<br />
er sich doch dem Wettbewerb für die<br />
Schiersteiner Brücke und begründete<br />
die Wahl des ersten Preis, eine schlanke<br />
Balkenbrücke, die sich trotz der vorgesehenen<br />
sechs Fahrspuren sensibel in die<br />
fl ache Flusslandschaft einfügt und ab<br />
2017 daher den Rhein zwischen Mainz<br />
und Wiesbaden überspannen wird.<br />
Internationale Projekte<br />
Den Auftakt machte hier Dipl.-Ing. Wolfgang<br />
Eilzer vom Büro Leonhardt, Andrä<br />
und Partner, der Inhalt und Ergebnis des<br />
Wettbewerbsverfahrens für die sogenannte<br />
Taminabrücke im schweizerischen<br />
Pfäfers, also auch »seinen« Stahlbetonbogen<br />
mit einer Stützweite von 265 m<br />
präsentierte. »Was diesen Wettbewerb so<br />
einmalig machte, waren die klaren Vorgaben<br />
und die höheren Honorarsätze für die<br />
Entwürfe bei den Eidgenossen«, so Eilzer,<br />
von dessen Entwurf sich die Zuhörer<br />
begeistert zeigten.<br />
Aus den vorhandenen Kontakten im indischen<br />
Raum ergab sich für Dr.-Ing. Matthias<br />
Weißbach vom Büro Schlaich Bergermann<br />
und Partner zusammen mit einem<br />
indischen und bhutanischen Partner<br />
Ende 2002 die Möglichkeit zur Planung einer<br />
vierspurigen Straßenbrücke über den<br />
Fluss Thimphuchu im Königreich Bhutan.<br />
Druk Yul, das »Land des Donnerdrachens«,<br />
wie die Bhutaner ihr Königreich nennen,<br />
befi ndet sich an der Südseite der Himalajakette<br />
und grenzt an China und Indien.<br />
Weißbach veranschaulichte in eindrucksvollen<br />
Bildern die Einfachheit der Brücke<br />
und einen Herstellungsprozess, der durch<br />
die bhutanischen Arbeiter mit teilweise<br />
primitivsten Mitteln hervorragend ausgeführt<br />
wurde.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
� Brücke über den Dnepr in Saporozhje<br />
© Mostobud AG<br />
Von einer neuen Schrägseilbrücke, der<br />
Golden Ears Bridge über den Fraser River,<br />
berichtete anschließend Dr.-Ing. Oliver<br />
Fischer, Bilfi nger Berger Ingenieurbau<br />
GmbH, und damit von einem Bauwerk,<br />
das als Kernstück einer großen Infrastrukturmaßnahme<br />
bei Vancouver gilt.<br />
Planung, Bau, Finanzierung sowie über<br />
einen Zeitraum von 32 Jahren Betrieb und<br />
Instandhaltung einer mehr als 14 km langen<br />
Straßenverbindung umfassend, erfolgt<br />
die Vergütung bei diesem Public-Private-Partnership-Projekt<br />
auf Basis eines<br />
Verfügbarkeitsmodells durch ein festes<br />
regelmäßiges Entgelt. Fischer erläuterte<br />
zudem die kurze Zeitspanne für Entwurf,<br />
Planung und Ausführung der sich über<br />
knapp 1 km erstreckenden Flussquerung<br />
und der zugehörigen, 1.330 m messenden<br />
Vorlandbrücken, die im Rahmen des<br />
Gesamtvorhabens weitere Ingenieurbauwerke<br />
mit einer Gesamtlänge von etwa<br />
3.300 m notwendig machten.<br />
Mit durchaus gigantisch anmutenden<br />
Brücken in China setzten sich die Referenten<br />
Dipl.-Ing. Dietrich Hommel<br />
von Cowi A/S und Prof. Dr.-Ing. Michael<br />
Raupach, RWTH Aachen, auseinander.<br />
Dietrich Hommel widmete sich der 2010<br />
in Shanghai stattfi ndenden Weltausstellung,<br />
vor allem aber den dafür geplanten<br />
und vollendeten Projekten in der Millionenstadt.<br />
Am 8. Juni 2003 begann zum<br />
Beispiel die Errichtung der Hangzhou Bay<br />
Bridge im Süden der Stadt, die dank ihrer<br />
36 km die längste Brücke der Welt werden<br />
dürfte und ein Investitionsvolumen<br />
von umgerechnet immerhin 1,42 Mrd. $<br />
bedingte, während die seit 2005 fertiggestellte<br />
32,50 km lange Brücke Donghai<br />
Daqiao den derzeitigen Hafen Luchao an<br />
der Shanghaier Küste mit dem auf der<br />
Insel Yang-shan befi ndlichen neuen Tiefwasserhafen<br />
in der Bucht von Hangzhou<br />
verbindet.<br />
Die passende Ergänzung bot Prof. Dr.-Ing.<br />
Michael Raupach, der die Korrosionsgefahr<br />
bei der Bewehrung solcher »überdimensionierter«<br />
Brücken untersuchte: Der<br />
Tidenhub zählt dort zu den drei höchsten<br />
der Erde, so dass sich starke Wasserströmungen<br />
mit Geschwindigkeiten bis zu<br />
5 m/s entwickeln, die ihre Richtung bisweilen<br />
schnell ändern. Sein Augenmerk<br />
galt daher der Mindestbetondeckung<br />
der Pfeiler und des Überbaus. Das heißt,<br />
er hat mit den Betonmischungen umfangreiche<br />
Eignungstests durchgeführt<br />
und zur Ermittlung des tatsächlichen<br />
Bauwerksverhaltens wie zur Verifi zierung<br />
der Planungsannahmen ein Korrosions-<br />
Monitoring-System zur Frühwarnung<br />
integriert, das mittels Sensoren die notwendigen<br />
Kontrollen gewährleistet.<br />
Die »Rückkehr« nach Europa läutete zum<br />
Ende des ersten Veranstaltungstages<br />
Dipl.-Ing. Günther Dorrer von MCE Stahl-<br />
und Maschinenbau ein, der den Einschub<br />
der Freudenauer Winterhafenbrücke<br />
in Wien, ein futuristisch erscheinendes<br />
Bauwerk und der Lückenschluss zwischen<br />
Donaugelände- und Donauuferbahn,<br />
nachdrücklich zu beschreiben und ihn<br />
damit als Meilenstein im Rahmen des<br />
Projektes »Umbau Terminal Freudenau«<br />
zu verdeutlichen vermochte.<br />
Danach standen Busse bereit, um zum<br />
Abendessen in den Leipziger Zoo zu fahren:<br />
Mit Fackeln wurden die Teilnehmer in<br />
die dortige Kiwara Lodge begleitet, wo sie<br />
sich an einem zum Teil exotischen Menü<br />
und exzellenten Weinen erfreuen und in<br />
Gesprächen diverse Fragen und Aspekte<br />
vertiefen konnten.<br />
Am nächsten Morgen eröffnete Dipl.-<br />
Ing. Christopher Lottersberger vom<br />
renommierten Architekturbüro Albert<br />
Wimmer ZT-GmbH den Reigen mit einem<br />
Vortrag über den Neubau einer Straßenbrücke<br />
und eines Fußgängersteges am<br />
Hauptbahnhof Wien: Die wesentlichen<br />
Gestaltungselemente des Arsenalstegs<br />
60
61<br />
(für Autos!) sind die fl achen zueinander<br />
geneigten Bogenträger, deren Neigungswinkel<br />
sich in den Geländern und den<br />
Stirnseiten der Widerlager wiederholen.<br />
Neue Pilotvorhaben<br />
In einem interessanten Vortrag thematisierte<br />
Prof. Dr.-Ing. Hans Bulicek, Prof.<br />
Dr.-Ing. Bulicek + Ingenieure, »Interne<br />
Vorspannung ohne und mit nachträglichem<br />
Verbund im direkten Vergleich« am<br />
Beispiel der Talbrücke Schallermühle im<br />
Zuge der Bundesautobahn A 3 Nürnberg–<br />
Regensburg: Der Überbau Nord wird nur<br />
mit interner Vorspannung ohne Verbund<br />
verwirklicht, der südliche hingegen mit<br />
Vorspannung mit nachträglichem Verbund,<br />
um beide Alternativen qualitativ<br />
und quantitativ sowie längerfristig<br />
vergleichen zu können. Gepaart waren<br />
seine Ausführungen zudem mit jüngsten<br />
Erkenntnissen über lange, abschnittsweise<br />
herzustellende Plattenbalkenbrücken<br />
unter Verwendung interner Längsspannglieder<br />
ohne Verbund in einer gesteigerten<br />
Produktqualität.<br />
SH Verfahrensanweisung HV-Schrauben<br />
DIN 18800-7 Abs. 8.6<br />
Geprüfter Versuchsbericht / Geprüfte Verfahrensanweisung<br />
Verfahrensanweisungen zum Anziehen von<br />
HV-Schrauben am Schraubenkopf<br />
Normschraube FK 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />
Verfahrensanweisung: VA HV-02<br />
Anziehen von HV-Schrauben am Kopf bei Verwendung<br />
einer in Baustahl geschnittenen Mutter<br />
· HV-Normschraube 10.9 nach DIN EN 14399-4<br />
· HV-Normschraube 300 nach DIN EN 14399-6,<br />
nur unter dem Schraubenkopf<br />
· Muttergewinde, in Baustahl S355 geschnitten<br />
In den nächsten Referaten wurden einzelne<br />
Projekte aus München, Lichtenfels und<br />
der Ukraine vorgestellt. Zur Anbindung<br />
eines neuen Stadtquartiers in München<br />
erfolgt die Erschließung durch eine<br />
Schrägseilbrücke über den Mittleren Ring<br />
und dessen bereits errichtete Glaseinhausung,<br />
wobei man sich für die Kombination<br />
von Straßenbahn, Geh- und Radweg<br />
auf nur einem gemeinsamen Tragwerk<br />
entschied. Und dies sei eben weltweit<br />
einzigartig, so Dipl.-Ing. Hubert Busler<br />
von Mayr Ludescher Partner.<br />
Mit Einblicken in den Brückenbau in der<br />
Ukraine wurden die internationalen<br />
Aspekte anschließend nochmals betont.<br />
Von Peter Kreidl, Maurer Söhne GmbH &<br />
Co. KG, simultan gedolmetscht, erläuterte<br />
Dr.-Ing. Mykhailo Korniev, Leiter des Planungsbüros<br />
der Mostobud AG, Kiew, die<br />
seit 2004 im Bau befi ndlichen und bereits<br />
realisierten Auto- und Bahnbrücken über<br />
den Dnepr in Kiew, deren (Trag-)Struktur<br />
relativ groß ist: Die Gesamtlänge der<br />
Vorlandbrücken beträgt 1.450 m, die der<br />
doppelstöckigen Hochstraßen 2.360 m<br />
SH Fahrbahnübergang<br />
WSG 2 PLUS - WSG 15 PLUS<br />
mit Regelprüfung nach TL / TP-FÜ<br />
Zulässiger Gesamtdehnweg:<br />
190 bis 1425 mm<br />
ALTERNATIVE:<br />
Elastomerbeschichtete Lärmschutzplatten<br />
A K T U E L L<br />
und die der Stahlbrücken 1.388 m. Die anspruchsvollste<br />
Konstruktion repräsentiert<br />
hier aber zweifellos die Bogenbrücke über<br />
den Dnepr mit einer lichten Weite von<br />
344 m, in der Lichtanimation leuchtend<br />
blau, deren Einweihung 2011 erfolgen<br />
dürfte. Die zweite außerordentlich wichtige<br />
Baumaßnahme wird in Saporozhje<br />
im Süden der Ukraine umgesetzt: eine<br />
Brücke inmitten einer malerischen Landschaft,<br />
das Schutzgebiet der Insel Hortiza<br />
überspannend. Insgesamt machte Dr.<br />
Korniev deutlich, dass der Brückenbau<br />
in der Ukraine einen hohen Stellenwert<br />
besitzt, was er durch die eindrucksvollen<br />
Bilder von weiteren Projekten unterstrich.<br />
Dass auch Wirtschaftswegüberführungen<br />
einen erheblichen Reiz ausüben, ja<br />
einen nicht zu unterschätzenden Beitrag<br />
zur Baukultur leisten, zeigte Baudirektor<br />
Dipl.-Ing. Georg Falk, Autobahndirektion<br />
Nordbayern, am Fall einer Autobahnquerung<br />
bei Lichtenfels und damit in einem<br />
RW Sollinger Hütte GmbH · D-37170 Uslar · Auschnippe 52 · Tel. 0 55 71-3 05-0 · Fax 0 55 71-3 05-20 · www.rwsh.de · info@rwsh.de<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
A K T U E L L<br />
� Autobahnüberführung bei Lichtenfels<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
� Gebäudekomplex in Leipzig mit Startschacht<br />
© Arbeitsgemeinschaft City-Tunnel Leipzig<br />
Ausgabe 1 • 2009<br />
ISSN 1867-643X<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
� Rügenbrücke<br />
Stralsund<br />
� Podolskij-Brücke<br />
Kiew<br />
� Taminabrücke<br />
Pfäfers<br />
� Mainbrücke<br />
Randersacker<br />
9. Symposium<br />
BRÜCKENBAU Brückenbau<br />
in Leipzig<br />
Construction & Engineering<br />
� Störbrücke<br />
Itzehoe<br />
� Yamuna-Brücke<br />
Delhi<br />
� Golden Ears Bridge<br />
Vancouver<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
37 km langen Streckenabschnitt, in dem<br />
überwiegend bogenförmige Spannbetonrahmen<br />
oder gevoutete Stahlverbundbrücken<br />
mit bis zu 60 m Stützweite<br />
ohne Zwischenunterstützung, Lager und<br />
mechanische Übergangskonstruktionen<br />
zur Anwendung kamen.<br />
Über ganz ähnliche Aufgaben ließ sich<br />
Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier vom Büro<br />
Leonhardt, Andrä und Partner aus, der<br />
seine Erfahrungen in Konstruktion und<br />
Herstellung von (semi)integralen Überführungsbauwerken<br />
der Messe Stuttgart,<br />
diversen Wirtschaftsweg- und vielen<br />
anderen, die Autobahn überspannenden<br />
Brücken hier einbrachte. Beispielsweise<br />
wurde im Zuge der neuen Anschlussstelle<br />
Göppingen-Mitte ein Bauwerk erforderlich,<br />
das die vierspurige Bundesstraße<br />
B 10 zu überqueren hilft. Volkhard Angelmaier<br />
erläuterte nun, dass sogar in einer<br />
solchen Rahmensituation das Resultat<br />
in einer auch rational nachvollziehbaren<br />
Art überzeugen kann – in diesem Fall als<br />
räumliche Brückenplastik aus Beton, am<br />
Rande des technisch Machbaren und mit<br />
hoher gestalterischer Ausdruckskraft.<br />
Wie dünn das Eis ist, auf dem sich die<br />
Ingenieure mitunter bewegen, bewies<br />
das Tunnelunglück am Waidmarkt beim<br />
U-Bahn-Bau der Kölner Nord-Süd-Stadtbahn,<br />
deren Vortrieb sich des »Schutzes«<br />
einer Tertiärwasserhaltung bediente.<br />
Das Thema Sicherheit hat jedoch nicht<br />
nur deshalb beim Bau des City-Tunnels<br />
Leipzig oberste Priorität, was Dr.-Ing.<br />
Stefan Franz, DEGES GmbH, betonte, der<br />
anhand von dokumentarischen Fotos<br />
aus jeder (Bau-)Phase erörterte, wie aufwendig<br />
man innerhalb eines Abschnitts<br />
an vier verschiedenen Stellen Baugrundvereisungsmaßnahmen<br />
durchführte.<br />
Besonders erwähnenswert, so Dr. Franz,<br />
»sind die ausgeprägten Kriecheigenschaften<br />
von Eis und seinem gefrorenem<br />
Baugrund«, denn dieses zeitabhängige<br />
Verformungsverhalten defi niere in der<br />
Regel die zulässigen (elastischen) Spannungen<br />
im Eiskörper: »Wir haben für die<br />
Sicherheit und die geforderten Standards<br />
fast ein Drittel des gesamten Stickstoffbedarfs<br />
Deutschlands in die Erde eingeführt.«<br />
Resümee<br />
Das diesjährige und damit inzwischen<br />
neunte Brückenbau-Symposium hatte<br />
– und das vor dem großen zehnjährigen<br />
Jubiläum im kommenden Jahr – einen<br />
ganz besonderen Charakter und viel Flair,<br />
fand wie immer in einem sehr angenehmen<br />
Rahmen statt und bot wiederum<br />
zahlreiche Gelegenheiten zur intensiven<br />
Kontaktpfl ege. Die kompetenten Referenten<br />
sorgten dabei für umfassenden Erkenntnisgewinn<br />
und mannigfaltige Informationen,<br />
Kriterien des Entwurfs und der<br />
Planung, Spezifi ka bei Detaillierung und<br />
Finanzierung sowie Charakteristika von<br />
Konstruktion und Montage beinhaltend.<br />
Das Symposium wurde seinem hohen<br />
Anspruch also einmal mehr gerecht.<br />
Die schriftlichen Ausarbeitungen aller<br />
Vorträge sind in einem Tagungsband<br />
nachzulesen, der zugleich als Ausgabe<br />
1·2009 des Fachtitels BRÜCKENBAU erschienen<br />
ist.<br />
Autor:<br />
Bernhard K. Heck<br />
Freier Journalist, Dresden<br />
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Engineering<br />
Der neue Fachtitel aus dem Hause<br />
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62
63<br />
Wartungsfreie Tragwerke von Peter Maier Leichtbau<br />
Geh- und Radwegbrücken aus Aluminium<br />
� Wuppertaler Straße in Solingen<br />
© Peter Maier Leichtbau GmbH<br />
Immer mehr Städte und Gemeinden<br />
entscheiden sich für Fußgängerbrücken<br />
aus Aluminium von Peter Maier Leichtbau<br />
GmbH (pml), einem Unternehmen mit<br />
Sitz im baden-württembergischen Singen,<br />
das sich auf deren Herstellung und<br />
Montage spezialisiert und inzwischen<br />
weltweit mehr als 130 solcher Bauwerke<br />
realisiert hat, davon allein in Deutschland<br />
rund 60 »Stück«.<br />
Der Grund: Sie helfen Kosten sparen.<br />
Diverse Studien der Technischen Universitäten<br />
in München und Darmstadt<br />
belegen, dass Aluminiumbrücken langfristig<br />
deutlich billiger als vergleichbare<br />
Konstruktionen aus Stahl, Stahlbeton<br />
oder Holz sein können. pml-Überführungen<br />
für Fußgänger und Fahrradfahrer<br />
stehen daher außer in Deutschland unter<br />
anderem in Frankreich, Italien, Ungarn,<br />
England, Polen, der Schweiz und sogar in<br />
Australien und China.<br />
Erst vor kurzem wurden in Peking vier<br />
Tragstrukturen gebaut, und zwar mitten<br />
im touristischen Zentrum entlang der<br />
North Xidan Avenue, einer viel befahrenen<br />
Prachtstraße und nur ca. 500 m vom<br />
Haupteingang der verbotenen Stadt. Und<br />
bereits zuvor hatte pml in der Millionenmetropole<br />
Hangzhou die ersten beiden<br />
Aluminiumbrücken Asiens verwirklicht.<br />
In Australien konnten ebenfalls erste<br />
Projekte umgesetzt werden, so in Yanchep<br />
im Westen des Landes ein 140 m langer<br />
Boardwalk, der hier zum Schutz der Dünenlandschaft<br />
dient.<br />
Sosehr sie im Ausland gefragt sind, in<br />
Deutschland entscheiden sich noch<br />
viele Bauträger für Lösungen aus Stahl,<br />
Stahlbeton oder Holz. In vielen städte-<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
baulichen Richtlinien werde sogar von der<br />
Verwendung von Aluminium abgeraten,<br />
so Prof. Kosteas, Technische Universität<br />
München, der kritisiert: »Das Argument,<br />
dass Brücken aus Aluminium teurer sind<br />
als aus anderen Werkstoffen wie Stahl,<br />
Stahlbeton oder Holz, stimmt nicht«,<br />
denn nur in den wenigsten Rathäusern<br />
würden auch die sogenannten Lebenszykluskosten<br />
beachtet und damit jene ca. 5 %<br />
der Baukosten, die bei einer Stahlbrücke<br />
pro Jahr für die Wartung anfallen. Dagegen<br />
sei eine Aluminiumbrücke nahezu<br />
wartungsfrei. Ein Indiz: Die Stadt Singen<br />
errichtete 1997 eine Aluminiumbrücke<br />
über die Ach und ist bis heute sehr zufrieden<br />
mit dem Bauwerk, wie Oberbürgermeister<br />
Oliver Ehrent sagt: »Unsere<br />
Unterhaltskosten begrenzen sich auf die<br />
Säuberung des Belags auf den Lauffl ächen.«<br />
www.pml.de<br />
� Boardwalk in Yanchep, Australien<br />
© Peter Maier Leichtbau GmbH<br />
� Dünenlandschaft mit Fußgängerbrücke<br />
© Peter Maier Leichtbau GmbH<br />
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BRÜCKENBAU | September 2009
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Perfekte Hydraulik-Huboperation dank Enerpac<br />
Holzbrücke bei Sneek in den Niederlanden<br />
Die neue Brücke über die A 7 in Höhe von<br />
Akkerwinde bei Sneek in den Niederlanden<br />
besteht aus einer Stahlfahrbahndecke<br />
und zwei vertikalen, aus Accoya®-Holz<br />
gefertigten Bögen mit einer Länge von<br />
32 m und einer Höhe von 16 m, die durch<br />
Bolzenverbindungen und Zugstangen<br />
gekoppelt sind. Entworfen von OAK<br />
architecten, einem Zusammenschluss<br />
von Ingenieursbureau Oranjewoud,<br />
Heerenveen, Achterbosch Architectuur,<br />
Leeuwarden, und Onix, Groningen, erfolgte<br />
ihre Errichtung durch die Schaffi tzel<br />
Holzindustrie GmbH + Co. KG aus Schwäbisch<br />
Hall.<br />
Brückendeck und -bögen wurden auf<br />
einem Montageplatz in ca. 1,50 km<br />
Entfernung zu ihrem späteren Standort<br />
zusammengefügt und dann auf die für<br />
� Anheben der Brücke<br />
© Enerpac BV<br />
die letztendliche Positionierung erforderliche<br />
Höhe von ca. 5 m angehoben, und<br />
zwar mit Hilfe des computergesteuerten,<br />
hydraulischen Synchronhubsystems von<br />
Enerpac, das als Kombination aus digitaler<br />
Steuerung, Schaltung und Überwachung<br />
ein äußerst exaktes Anheben (und<br />
Senken) sogar von schwersten Lasten<br />
mit einer kontrollierten Genauigkeit von<br />
1 mm ermöglicht.<br />
Und so wurden hier auch nur vier Hubpunkte<br />
mit doppeltwirkenden Zylindern<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
� Fertiggestelltes Bauwerk<br />
© Enerpac BV<br />
� Exaktes Positionieren<br />
© Enerpac BV<br />
benötigt, das heißt unter jeder Ecke der<br />
Brücke lediglich einer. Diese BLS-Zylinder<br />
werden zusammen mit dem »Lift<br />
and Crib«-System verwendet und mit<br />
integrierten Stützplatten versehen, um<br />
das Unterlegen von Füllmaterial zu vereinfachen.<br />
Eine gemeinsame Hubkraft<br />
von 1.000 t aufweisend, wurden sie auf<br />
schicht- und kreuzweise gestapelten<br />
Hartholzbalken platziert, so dass die<br />
Brücke mit einer Geschwindigkeit von ca.<br />
0,50 m/h angehoben werden konnte.<br />
� Stufenheber …<br />
© Enerpac BV<br />
Jeder Zylinder verfügte dabei über eine<br />
eigene computergesteuerte Hydraulikpumpeneinheit<br />
mit direkt neben den<br />
Hubzylindern angeordneten Sensoren,<br />
seine Bewegungen ließen sich also durch<br />
das Computerprogramm steuern oder<br />
auch korrigieren.<br />
www.enerpac.com<br />
64
65<br />
Wirtschaftliche Schalungssysteme von Peri<br />
Autobahnbrücke bei Oparno in Tschechien<br />
In 50 m Höhe überspannt eine 258 m<br />
lange Tragstruktur das böhmische Oparno-Tal,<br />
und zwar in Form einer 13-feldrigen<br />
Bogenbrücke aus Stahlbeton von<br />
135 m Spannweite: Peri entwickelte hier<br />
in kooperativer Zusammenarbeit mit dem<br />
Prager Bauunternehmen Metrostav eine<br />
wirtschaftliche Komplettlösung zu ihrer<br />
Verwirklichung.<br />
Die Bögen werden mit Hilfe zweier Schalungs-<br />
und Rüsteinheiten im Freivorbau<br />
errichtet, um die Frischbetonlasten der<br />
jeweils 5–6 m langen Abschnitte zuverlässig<br />
in die zuvor fertiggestellten Felder<br />
abzuleiten. Hydraulikaggregate sorgen<br />
beim Verfahren für den notwendigen<br />
Vortrieb, so dass bei jeder Witterung und<br />
weitgehend ohne Kranunterstützung<br />
gearbeitet werden kann.<br />
Standardisierte Systemelemente des Peri-<br />
Ingenieurbaukastens bilden zudem die<br />
Grundlage zur feldweisen Realisierung<br />
der zweistegigen Plattenbalkenquerschnitte,<br />
die 53 m messende Vorschubrüstung<br />
und das Schalsystem sind dabei<br />
optimal aufeinander abgestimmt.<br />
Das RCS-Schienenklettersystem wiederum<br />
dient zu Erstellung der Pfeiler in Betoniertakthöhen<br />
von 3,10–3,60 m, wobei es<br />
während des gesamten Klettervorgangs<br />
über (Kletter-)Schuhe mit dem Bauwerk<br />
verbunden bleibt.<br />
� Plattenbalken<br />
und Schalwagen<br />
© Peri GmbH<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
� Abklappbare<br />
Bodenschalung<br />
© Peri GmbH<br />
Und ein Peri-Up-Rosett-Modulgerüst<br />
»hilft« bei der Realisierung von Treppen-<br />
wie Leiterzustiegen und fungiert zugleich<br />
als Arbeitsplattform für die Montage der<br />
temporären Abspannungen des Bogentragwerks,<br />
während ein durch das Tal<br />
verlaufendes Bahngleis von einer Schutzdachkonstruktion<br />
abgeschirmt wird, um<br />
jedwede Beeinträchtigung des Zugver-<br />
GESTEUERTE<br />
HYDRAULISCHE<br />
BEWEGUNG<br />
Komplette Hydraulische Systemlösungen<br />
Enerpac ist der Spezialist auf dem Gebiet der Hochdruck-Hydraulik und der Konstruktion hydraulischer<br />
Systeme zur gesteuerten und kontrollierten Bewegung besonders großer und schwerer Objekte. In<br />
Zusammenarbeit mit unseren Ingenieuren entwickeln wir fortschrittliche Konzepte und Techniken für<br />
die gesteuerte hydraulische Bewegung schwerer Lasten wie Brücken, Tunnel und Gebäude.<br />
� Bogenkonstruktion<br />
mit Hilfsabspannungen<br />
© Peri GmbH<br />
� »Erklettern« eines Pfeilers<br />
© Peri GmbH<br />
kehrs auszuschließen.<br />
Die als A 17 auf deutscher und als D8 auf<br />
tschechischer Seite bezeichnete Autobahn<br />
verbindet Dresden und Prag – und<br />
ist Bestandteil des Paneuropäischen Korridors<br />
über Budapest bis nach Istanbul.<br />
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Ein Litzenhubsystem zum<br />
absenken der Betonteile für<br />
eine Bogenbrücken.<br />
Die hydraulische Vorschubbewegung<br />
sowie das hydraulisch<br />
unterstützte Stahlgerüst werden<br />
über eine kabellose SPS-<br />
Steuerung kontrolliert.<br />
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BRÜCKENBAU | September 2009
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Außergewöhnliche Druck-Zug-Kalottenlager von Maurer Söhne<br />
Zwei Eisenbahnüberführungen vor dem Hamburger Hauptbahnhof<br />
Die Eisenbahnüberführungen Amsinckstraße<br />
und Oberhafen liegen nur 200 m<br />
voneinander entfernt kurz vor dem Hamburger<br />
Hauptbahnhof. Sie wurden 2007<br />
neu errichtet, allerdings auf dem alten<br />
Unterbau – mit Ausnahme der Lager.<br />
Denn für beide Brücken gab es den Sonderfall,<br />
dass bei Überfahren abhebende<br />
Kräfte auftreten: Nur ihre komplette<br />
Neukonstruktion hätte diesen ungewöhnlichen<br />
Lastfall beheben können, was<br />
aber nicht vorgesehen war.<br />
Die Maurer Söhne GmbH & Co. KG, München,<br />
erhielt für beide Hamburger Brücken<br />
den Auftrag, diese Herausforderung<br />
zu lösen; Kompetenzhintergrund ist der<br />
erfolgreiche Einbau von Druck-Zug-Lagern<br />
beim Lehrter Bahnhof in Berlin 2001.<br />
Die Konstruktion eines Druck-Zug-Kalottenlagers<br />
unterscheidet sich von einem<br />
normalen Kalottenlager dadurch, dass in<br />
die Kalotte oben eine zweite eingebettet<br />
und diese kleine (Zug-)Kalotte durch die<br />
Hauptkalotte hindurch mit dem Lagerunterteil<br />
verbunden ist, und zwar mittels<br />
fünf HV-Schrauben M 36 der Festigkeitsklasse<br />
10.9; die Hauptkalotte ist zudem<br />
durch seitliche Klammern mit der Gleitplatte<br />
verbunden. Wirken Zugkräfte auf<br />
ein Lager ein, wird die Kraft über die seitlichen<br />
Klammern auf die Hauptkalotte und<br />
von dort über die eingebettete Kalotte in<br />
den Lagerunterbau geleitet. Ein solch aufwendiger<br />
Lastableitungsweg ist notwendig,<br />
weil gleichzeitig mit Druck oder Zug<br />
auch Verdrehungen und Verschiebungen<br />
auftreten können.<br />
Als Gleitwerkstoff kam erstmals in Zug-<br />
Druck-Lagern MSM® zum Einsatz, womit<br />
erneut bewiesen wurde, dass er eine hohe<br />
Leistungsbandbreite hat: Er kann hohe<br />
Pressungen, Gleitwege und Verschiebegeschwindigkeiten<br />
aufnehmen, ist<br />
verformbar und hat dennoch eine lange<br />
Lebensdauer.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
� Druck-Zug-Lager im Bau<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Obwohl Amsinckstraße und Oberhafen<br />
im Zusammenhang mit den Lagern<br />
ständig in einem Atemzug genannt<br />
werden, unterscheiden sich die Brücken<br />
grundsätzlich: Oberhafen ist eine große<br />
Fachwerkbrücke über Wasser plus zwei<br />
Vorlandbrücken mit hohen Aufl asten, so<br />
dass sieben Druck-Zug- und 21 normale<br />
� Eisenbahnüberführung<br />
Oberhafen in Hamburg<br />
© Eiffel Deutschland<br />
Stahltechnologie GmbH<br />
Kalottenlager erforderlich waren; außerdem<br />
mussten zwei Druck-Zug-Lager<br />
besonders niedrig sonderangefertigt<br />
werden, weil die Horizontalkräfte sonst<br />
nicht abtragbar gewesen wären. Die<br />
Balkenbrücke über die Amsinckstraße<br />
steht hingegen auf vielen Pfeilern und<br />
erforderte insgesamt 48 Lager, 42 davon<br />
als Druck-Zug-Lager.<br />
Und: Der Bau und der Einbau der Lager<br />
� Untersuchungen zum<br />
Verformungsverhalten<br />
© Maurer Söhne GmbH &<br />
Co. KG<br />
erfolgten unter besonderen Dokumentations-<br />
und Kontrollbedingungen. Für<br />
jedes Lager gab es sehr aufwendige<br />
Arbeitsanweisungen schon in der Werkstatt,<br />
beim Einbau vor Ort war überdies<br />
ein MPA-Gutachter dabei.<br />
www.maurer-soehne.de<br />
66
67<br />
Dauerhafter Korrosionsschutz durch Feuerverzinken<br />
Neues Leben für historische Bailey-Brücken<br />
� Einsatz als Straßenquerung<br />
© Institut Feuerverzinken GmbH<br />
Nicht jede Stahlkonstruktion hat das<br />
Glück, feuerverzinkt zu werden, und<br />
damit die Chance auf ein rostfreies Leben.<br />
Doch es gibt Ausnahmen, wie das<br />
Beispiel von Bailey-Brücken zeigt. Als<br />
transportable, aus vormontierten Einzelteilen<br />
zusammenfügbare Not- oder Behelfsstrukturen,<br />
auch unter dem Namen<br />
Brückengerät oder Pionierbrückengerät<br />
bekannt, wurden sie ursprünglich für<br />
militärische Einsatzzwecke im Zweiten<br />
Weltkrieg konzipiert. Aus konstruktiver<br />
Sicht zählen sie zu den Trogbrücken, bei<br />
denen die Fahrbahnplatte zwischen den<br />
Hauptträgern liegt. Dank ihres einfachen<br />
Bausystems können sie sogar von ungelernten<br />
Kräften unter Anleitung montiert<br />
werden, zumal sich alle Elemente ohne<br />
Kran von Hand bewegen und per Lkw<br />
transportieren lassen.<br />
Die meisten der heute verwendeten<br />
Bailey-Brücken sind also schon mehrere<br />
Jahrzehnte alt, wurden häufi g umgesetzt<br />
und waren infolgedessen starken Beanspruchungen<br />
unterworfen: ein großes<br />
Problem für den Korrosionsschutz, da sie<br />
überwiegend beschichtet sind und daher<br />
regelmäßig gewartet werden müssen.<br />
Und genau deshalb hat sich die Stadt Bad<br />
Mergentheim entschlossen, ihre alten<br />
Bailey-Brücken sukzessive durch Feuerverzinken<br />
dauerhaft gegen Korrosion zu<br />
� Bauwerk in Bad Mergentheim<br />
© Institut Feuerverzinken GmbH<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
schützen. Das heißt, Schritt für Schritt<br />
wurden nun die Stahlteile thermisch<br />
entlackt sowie gesandstrahlt und dann<br />
durch Feuerverzinken konserviert – was<br />
beweist, dass es für beschichteten Stahl<br />
durchaus eine zweite Chance auf langfristige<br />
und zugleich wartungsfreie Nutzungsdauer<br />
gibt.<br />
www.feuerverzinken.com<br />
� Brücke im Zinkbad<br />
© Institut Feuerverzinken GmbH<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Demontable Fertigteile als System von DiZwo<br />
Brückenkappen ohne kostenintensive Schalungsarbeiten<br />
� Herkömmliche Kappenherstellung<br />
© DiZwo GmbH<br />
� Neubau einer Straßenbrücke ...<br />
© DiZwo GmbH<br />
Brückenkappen oder »Randbalken«<br />
gehören zur Standardausrüstung jeder<br />
Straßenbrücke, dienen sie doch zur Befestigung<br />
von Schutzplanken, Geländern<br />
und auch Lärmschutzwänden; außerdem<br />
können sie als Fußgänger- oder Fahrradweg<br />
genutzt werden.<br />
Die Beanspruchungen bei den üblicherweise<br />
langgezogenen Ortbetonkonstruktionen<br />
führen zu widersprüchlichen Anforderungen.<br />
Zum einen ist mit starkem<br />
Frost-Tausalz-Angriff zu rechnen, was eine<br />
hohe Betongüte erforderlich macht, und<br />
zum anderen muss die Betonsteifi gkeit,<br />
also der Elastizitätsmodul, möglichst<br />
klein sein, um eine große Duktilität<br />
gegenüber Zwängungen aus den unterschiedlichen<br />
Temperaturdehnungen und<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
� Instandsetzung einer Bachquerung<br />
© DiZwo GmbH<br />
� Realisierte Überführung in Schramberg<br />
© DiZwo GmbH<br />
dem Schwindverhalten zu erreichen. Prinzipiell<br />
als Verschleißteil konzipiert, stellen<br />
sie insbesondere bei ihrer Herstellung<br />
und bei Inspektionsarbeiten einen kostenintensiven<br />
Faktor dar und ist, wenn sie<br />
entfernt werden müssen, der eingegossene<br />
Stahlanschluss über den stirnseitigen<br />
Bewehrungsschlaufen in aufwendigen<br />
Abspitzarbeiten freizulegen.<br />
Zur Gewährleistung der Frostbeständigkeit<br />
ist zudem der Einsatz von Luftporenbildnern<br />
als Betonzusatzmittel unabdingbar,<br />
für den wiederum die drei Kriterien<br />
– Porengröße (> 1 μm),<br />
– Porenabstand (nur wenige<br />
Zehntelmillimeter),<br />
– Porenwassergehalt (nicht<br />
wassergesättigt)<br />
gelten.<br />
Nur selten lassen sich aber bei der Herstellung<br />
vor Ort alle Bedingungen erfüllen,<br />
zumal ein Abdecken der Kappen nach<br />
dem Betonieren nicht möglich ist, da dies<br />
die mit dem Besenstrich aufgebrachte<br />
Oberfl ächenstruktur zerstören würde.<br />
Und so werden sie oft vorsorglich mit<br />
Beschichtungen überzogen, die nicht nur<br />
teuer, sondern in ihrer langzeitigen Funktionalität<br />
auch sehr umstritten sind.<br />
Mit Fertigteil-Brückenkappen werden<br />
hingegen solche Nachteile vermieden, die<br />
Werksfertigung unter immer gleichbleibenden,<br />
idealen Bedingungen garantiert<br />
den geforderten erhöhten Widerstand<br />
gegen Frost-Tausalz-Angriffe, und zwar<br />
ohne nachträgliches Beschichten. Darüber<br />
hinaus bieten sie folgende Vorzüge:<br />
– deutliche Bauzeitverkürzungen und<br />
damit erhebliche Kosteneinsparungen,<br />
– Errichtung ohne aufwendige Schalungs-<br />
und Rüstarbeiten,<br />
– eine witterungsunabhängige Herstellung<br />
und Montage,<br />
– die Demontage und erneute Montage<br />
ohne Beschädigungen,<br />
– die Möglichkeit zum Verkauf von<br />
Wartungsverträgen,<br />
– eine hohe Betondruckfestigkeit ohne<br />
Rissempfi ndlichkeit,<br />
– eine optimale Sichtbetonqualität,<br />
– diverse Gestaltungsalternativen durch<br />
Einfärbung und in der Oberfl ächenstruktur.<br />
Die Fertigteilkappen wurden bereits<br />
an mehreren Brücken ausgeführt – bei<br />
Neubauten wie im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen<br />
und mit durchweg<br />
äußerst positiver Akzeptanz der Bauherren.<br />
www.dizwo.de<br />
68
69<br />
Spezieller Spritzmörtel von StoCretec<br />
Zur Sanierung von Betonbauten<br />
Die Sanierung von Betonbauten verlangt<br />
neben der Wiederherstellung der Standsicherheit<br />
oft auch den Brandschutz zu<br />
verbessern. Optimal ist dann ein Produkt,<br />
das beiden Aspekten gerecht wird.<br />
Der einkomponentige, mineralische Trockenspritzmörtel<br />
StoCrete TS 100 erfüllt<br />
die Beanspruchungsklasse M3 und darf<br />
als »statisch mitwirkend« angerechnet<br />
werden, mit seiner Hilfe ist das Erzielen<br />
der erforderlichen Standsicherheit also<br />
möglich. Und im Brandschutz erreicht der<br />
kunststoffmodifi zierte, nicht brennbare<br />
und der Baustoffklasse A1 zugeordnete<br />
Mörtel die Feuerwiderstandsklasse F90<br />
nach DIN 1504-3 – sogar beim verschärften<br />
Brandszenario der Hydrocarbon-Kurve.<br />
Darüber hinaus bietet der Einsatz des<br />
StoSilos einen logistischen Vorteil, denn<br />
die direkt angeschlossene Spritzmaschine<br />
mit integrierter Fördertechnik<br />
gewährleistet ein sauberes und schnelles<br />
Zulassung für ThyssenKrupp Steel<br />
Material für Leitplanken<br />
Agozal DoubleDip ® , das zweifach feuerverzinkte<br />
Stahlband von ThyssenKrupp<br />
Steel, ist als Material für Leitplanken zugelassen.<br />
Nach fünf Jahren Langzeittest<br />
bei der Bundesanstalt für Straßenwesen<br />
(BASt) und weiteren Untersuchungen bei<br />
der Bundesanstalt für Materialforschung<br />
und -prüfung (BAM) ist es jetzt amtlich:<br />
Schutzplankenholme, so der Fachbegriff,<br />
aus Agozal DoubleDip ® erfüllen ihren<br />
Zweck genauso gut wie stückverzinkte<br />
Planken. Nicht durch die beiden Bundesbehörden<br />
getestet, aber leicht nachzuweisen<br />
ist außerdem: Leitplanken aus<br />
Agozal DoubleDip ® sind deutlich kostengünstiger<br />
als stückverzinkte Holme.<br />
Schutzplankenholm-Hersteller arbeiten<br />
bislang mit warmgewalztem Stahlband,<br />
dem sie durch Profi lieren eine leitplankengemäße<br />
Form verleihen, bevor sie jedes<br />
fertige Bauteil in ein Zinkbad tauchen.<br />
Mit Agozal DoubleDip ® ist jetzt aber ein<br />
Material zugelassen, das eine mindestens<br />
ebenso gute Korrosionsbeständigkeit<br />
mitbringt, und zwar direkt ab Werk. Es<br />
muss also nur noch profi liert werden und<br />
ist dann für den Einsatz als Schutzplan-<br />
� Spritzmaschine mit Fördertechnik<br />
© StoCretec GmbH<br />
P R O D U K T E EINE U N D INNOVATION<br />
P R O J E K T E<br />
Ergebnis. Wird zudem die Vorbefeuchtungstechnologie<br />
angewandt, entsteht<br />
kaum noch Staub. Und: Die Verarbeitung<br />
von StoCrete TS 100 aus dem Silo hat die<br />
Zulassung gemäß ZTV-ING.<br />
www.stocretec.de<br />
� Leitplanke an der A 4 bei Köln<br />
© ThyssenKrupp Steel AG<br />
kenholm bereit. Der gesamte logistische<br />
Aufwand für das Stückverzinken und die<br />
damit verbundenen Kosten entfallen.<br />
Hergestellt wird das zweifach verzinkte<br />
Stahlband am Standort Neuwied der<br />
ThyssenKrupp Steel AG. Dort betreibt der<br />
Stahlhersteller eine weltweit einmalige<br />
Feuerverzinkungslinie, in der Stahl wahlweise<br />
durch ein oder zwei Zinkbäder geleitet<br />
werden kann. Durchläuft das Band<br />
zwei Zinkbäder, entsteht Agozal Double-<br />
Dip ® . Die erste Schicht besteht aus reinem<br />
Zink, danach wird eine Mischung aus 95 %<br />
Zink und 5 % Aluminium aufgetragen.<br />
www.thyssenkrupp-steel.de<br />
DIE SICH FÜR SIE BEZAHLT MACHT<br />
Demontable<br />
Brückenkappen-<br />
Fertigteile<br />
Patentrechtlich geschützte<br />
Ausführung, Anker mit<br />
europäischer Zulassung (ETA)<br />
VORTEILE<br />
Erhebliche Bauzeitverkürzung<br />
und die damit verbundenen<br />
Kosteneinsparungen<br />
Keine aufwändigen<br />
Schalungs- und Rüstarbeiten<br />
Witterungsunabhängige<br />
Herstellung und Montage<br />
Demontage und erneute Montage<br />
ohne Beschädigungen<br />
Wartungsverträge sind möglich<br />
Höchste Betonqualitäten<br />
ohne Rissempfindlichkeit<br />
Leichte Gestaltungsmöglichkeiten<br />
(Einfärbung, Oberflächenstruktur)<br />
Mit oder ohne Granit-Bordstein<br />
PATENTE LÖSUNGEN FÜR INGENIEURBAUWERKE<br />
Geißhaldenstraße 49 (Bau 50)<br />
D-78713 Schramberg<br />
Tel. +49 (0)7422/244461<br />
Fax +49 (0)7422/244462<br />
info@dizwo.de . www.dizwo.de<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
S O F T W A R E U N D I T<br />
Geplante Erweiterungen von Adobe<br />
Acrobat als Onlineservice<br />
Die Onlineservices Acrobat.com von<br />
Adobe haben die Beta-Phase erfolgreich<br />
abgeschlossen und verfügen seit ihrer<br />
Einführung im Juni 2008 weltweit über<br />
fünf Millionen User. Mit dem Angebot,<br />
das inzwischen auch zwei kostenpfl ichtige<br />
Hosted Services mit höheren Kapazitäten<br />
und zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten<br />
beinhaltet, präsentiert Adobe seine<br />
Vision des Zusammenwirkens im Internet.<br />
Geplante Ergänzungen sind daher<br />
gemeinsame Arbeitsbereiche für ganze<br />
Teams, der Smartphone-Zugriff sowie<br />
Hilfreicher Onlineservice des DIN<br />
Portal zur Normungsmitwirkung<br />
Das neue Portal des DIN ist ab sofort<br />
verfügbar – und bietet einen kostenfreien<br />
Onlinezugang zu aktuellen Norm-<br />
Entwürfen sowie die Möglichkeit, zu<br />
diesen unverzüglich Stellungnahmen zu<br />
formulieren. Für alle Experten, die hier<br />
mitgestalten möchten, ist das also ein<br />
(fast) direkter Weg, um Kommentare und<br />
Änderungsvorschläge einzubringen.<br />
Die Norm-Entwürfe werden hier abschnittsweise<br />
wiedergegeben und sind<br />
für die Darstellung im Internet optimiert,<br />
Hochtechnologieprojekt von RIB und Max Bögl<br />
Digitales Baumanagement als Ziel<br />
Durchgängige Projektprozesse nach<br />
dem Vorbild der digitalen Fabrik in der<br />
Automobilindustrie sind das Ziel, das<br />
sich Entwickler und Koordinatoren des<br />
Forschungsvorhabens »Mefi sto« gesetzt<br />
haben. Gefördert vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung, soll es<br />
der Bauindustrie genau diesen Schritt<br />
ermöglichen helfen. Die Leitung auf Forschungsseite<br />
obliegt hier der Technischen<br />
Universität Dresden, als renommierte<br />
(Bau-)Unternehmung beteiligt sich unter<br />
anderem die Max Bögl Bauservice GmbH<br />
& Co. KG aus Neumarkt, und die verwendeten<br />
Softwaresysteme stammen von der<br />
RIB-Gruppe, Stuttgart.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
ein Tabellenkalkulationsprogramm. Die<br />
weiterhin kostenlosen Basisdienste umfassen<br />
hingegen das Textverarbeitungsprogramm<br />
Buzzword, einen Onlinespeicher<br />
bis 5 GB, die Option, fünf Dokumente<br />
in pdf-Dateien zu konvertieren, sowie<br />
ConnectNow Web, eine Plattform für<br />
Webmeetings mit bis zu drei Personen.<br />
Acrobat.com Tables als bereits eingeführte<br />
Neuerung ermöglicht nun eine vereinfachte<br />
Form der Zusammenarbeit bei Dokumenten<br />
mit hohem Datenaufkommen,<br />
wie Aufgabenlisten, Plänen, Kontaktüber-<br />
so dass die interaktive Nutzung der Inhalte<br />
durchaus machbar erscheint.<br />
Als Service im Rahmen einer ganzen Reihe<br />
von Maßnahmen zu interpretieren, die<br />
dazu beitragen sollen, kleinen und mittleren<br />
Unternehmen den Zugang zu Normen<br />
und die Teilnahme an der Normungsarbeit<br />
zu erleichtern, umfasst er ebenso<br />
– die kostenneutrale Onlinebereitstellung<br />
von Inhaltsverzeichnissen der<br />
Normen,<br />
Bei Mefi sto werden (Projekt-)Prozesse<br />
umfassender Bauprojekte live innerhalb<br />
eines digitalen Modells zusammengeführt.<br />
Jede Partei, ob Baufi rma oder Projektentwickler,<br />
soll dabei kontinuierlich auf die<br />
für sie relevanten Informationen zugreifen<br />
können. »Für den Bauausführer ist ein<br />
sehr detailliertes Controlling aller beteiligten<br />
Subunternehmer verschiedener<br />
Gewerke unabdingbar«, erklärt H.-Dieter<br />
Muntzinger, Projektleiter bei RIB. Das digitale<br />
Modell ist freilich nicht auf das kontinuierliche<br />
Controlling sowie die Prognose<br />
von Mengen und Kosten auf Planungsseite<br />
beschränkt, denn: »Es sollen auch<br />
sichten, Budgets und Verkaufszahlen, die<br />
üblicherweise in Tabellenkalkulationsprogrammen<br />
erstellt werden: Verschiedene<br />
Personen können gleichzeitig an derselben<br />
Tabelle arbeiten, ohne sich Gedanken<br />
über die Aktualisierung ihrer Version<br />
machen oder die Tabellen via E-Mail hin-<br />
und hersenden zu müssen. Da die jeweilige<br />
Tabelle online bereitsteht, vermag<br />
jeder beteiligte Mitarbeiter unabhängig<br />
von seinem Standort via Webbrowser<br />
auf die Daten zuzugreifen und diese zu<br />
bearbeiten.<br />
www.adobe.de<br />
– Fachportale für KMU in Zusammenarbeit<br />
mit Verbänden,<br />
– individuelle Produkte für den Mittelstand,<br />
– eine bessere Recherchierbarkeit der<br />
87 bundesweiten DIN-Auslegestellen<br />
sowie<br />
– das Angebot zur (virtuellen) Teilnahme<br />
an Normungssitzungen vom Arbeitsplatz<br />
aus.<br />
www.entwuerfe.din.de<br />
www.din.de<br />
umfassende Bauausführungsprozesse,<br />
wie etwa die Interaktion von Baukränen<br />
auf der Baustelle, visualisiert werden«, so<br />
Prof. Raimar J. Scherer, Technische Universität<br />
Dresden.<br />
www.rib-software.com<br />
www.max-boegl.de<br />
70
71<br />
Neue Version von Ing.-Software Dlubal<br />
Berücksichtigung von nichtlinearen Materialgesetzen<br />
Bei fi niten Elementberechnungen im<br />
Stahlbau treten häufi g örtlich begrenzte<br />
hohe Materialbeanspruchungen auf.<br />
Der Werkstoff Stahl plastiziert an diesen<br />
Stellen und lagert die Spannungen auf die<br />
benachbarten Bereiche um. Mit linearen<br />
Berechnungen kann ein solches plastisches<br />
Materialverhalten nicht abgebildet<br />
werden.<br />
In RFEM 4 gibt es nun die neue Möglichkeit,<br />
das Materialverhalten für Flächenelemente<br />
in Arbeitsdiagrammen oder<br />
über plastische Grenzspannungen zu<br />
defi nieren. Dadurch eröffnen sich viele<br />
Anwendungsgebiete, bei denen eine<br />
wirtschaftliche Bemessung nur über<br />
plastische Berechnungen realisierbar ist.<br />
Um die neue Option nutzen zu können,<br />
benötigt man das Modul RF-MAT NL, das<br />
übliche Arbeitsdiagramme für typische<br />
Stähle bereits mitliefert und zudem einfach<br />
in der Bedienung ist.<br />
Die Berechnung erfolgt in mehreren Laststufen,<br />
wobei das Programm nach jeder<br />
Iteration jedes Element auf die Einhaltung<br />
der Grenzspannung überprüft. Ist<br />
sie überschritten, wird die Steifi gkeit für<br />
den nächsten Iterationsschritt entsprechend<br />
angepasst. Dieser Vorgang wird so<br />
lange wiederholt, bis in allen Elementen<br />
keine Überschreitungen der Grenz-<br />
� Spannungs-Dehnungs-Diagramm<br />
für Baustahl<br />
© Ing.-Software Dlubal GmbH<br />
spannungen mehr auftreten: Durch die<br />
Variation der Steifi gkeiten lagern sich die<br />
Kräfte in den Flächenelementen um.<br />
Durch die iterative Berechnung bei der<br />
Verwendung plastischen Materialverhaltens<br />
steigt der Rechenaufwand je<br />
nach vorliegendem System aber zum Teil<br />
beträchtlich. Einen weiteren wesentlichen<br />
Vorteil stellt daher der neue 64-Bit-<br />
Rechenkern dar, denn dadurch lässt sich<br />
der nutzbare Hauptspeicher erheblich<br />
vergrößern, und die Anwendung des<br />
schnelleren direkten Gleichungslösers ist<br />
auch für größere Systeme noch möglich;<br />
durch die automatische Nutzung von<br />
S O F T W A R E U N D I T<br />
� Beispiel: Radlasteinleitung<br />
bei Kranbahnträgern<br />
© Ing.-Software Dlubal GmbH<br />
mehreren Prozessoren wird die Lösung<br />
des Gleichungssystems hier zusätzlich<br />
beschleunigt.<br />
RFEM 4 bietet darüber hinaus weitere<br />
neue Tools und Verbesserungen, wie z. B.<br />
eine Schnittstelle zu Open Offi ce Calc,<br />
Funktionen zum Extrudieren von Flächen<br />
oder Volumen aus Linien oder die Unterstützung<br />
von 3D-Mäusen.<br />
Eine ausführliche Beschreibung der Features<br />
und sämtlicher Innovationen fi ndet<br />
sich im Internet.<br />
www.dlubal.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.stahlbau-nachrichten.de<br />
Ihre Infoportals rund<br />
ums Planen und Bauen<br />
www.mixedmedia-konzepts.de<br />
Veranstaltungen und Events<br />
rund ums Planen und Bauen<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Obermeyer und Cowi als Planungsteam<br />
Großes europäisches Infrastrukturvorhaben<br />
Das Münchner Ingenieurbüro Obermeyer<br />
wird zusammen mit dem dänischen Partner<br />
Cowi A/S eine Brückenlösung für die<br />
feste Verbindung zwischen Deutschland<br />
und Dänemark über den Fehmarnbelt<br />
ausarbeiten. Im April wurden die Verträge<br />
zwischen dem Auftraggeber, der dänischen<br />
Femern Belt A/S, und dem Konsortium<br />
Cowi A/S–Obermeyer geschlossen.<br />
Der Fehmarnbelt ist eine ca. 19 km breite<br />
Wasserstraße zwischen der süddänischen<br />
Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn,<br />
in der westlichen Ostsee gelegen.<br />
Im Juni 2007 haben die Regierungen von<br />
Deutschland und Dänemark ein gemeinsames<br />
Projekt zur Überquerung des Fehmarnbelts<br />
beschlossen. Der größte Teil<br />
der Kosten des Projekts wird vom dänischen<br />
Staat getragen. Auftraggeber ist die<br />
Femern Belt A/S, eine zu 100 % staatliche<br />
Gesellschaft im Geschäftsbereich des<br />
dänischen Verkehrsministeriums.<br />
Die Verbindung soll aus einer zweigleisigen<br />
elektrifi zierten Eisenbahnstrecke und<br />
einer vierstreifi gen Straßenverbindung<br />
bestehen. Neben der Vorzugslösung,<br />
einer 19 km langen Schrägseil- oder<br />
Hängebrücke, soll auch die Möglichkeit<br />
eines Absenktunnels untersucht werden.<br />
Abgesehen von der technischen Machbarkeit<br />
und der Wirtschaftlichkeit ist man<br />
sich sicher, auf die Weise die umweltrele-<br />
Rekordverdächtige Realisierung durch Vinci<br />
Frankreichs erste »Ökoautobahn«<br />
Anfang Juni wurde die erste französische<br />
»Ökoautobahn« eingeweiht, die<br />
101 km lange A 19 zwischen Artenay und<br />
Courtenay, die als neue (Autobahn-)Generation<br />
für mehr Verantwortlichkeit in<br />
Bezug auf Umweltschutz und Kundenorientierung,<br />
Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer<br />
und die Mitarbeiter der Autobahnmeistereien,<br />
Annehmlichkeit mit<br />
Rücksicht auf die durchquerten Gebiete<br />
und Betreuung der Nutzer auf der gesamten<br />
Strecke stehen soll.<br />
Verantwortlichkeit bedeutet hier eine<br />
hervorragende Ökoperformance hinsichtlich<br />
Wasserschutz und Biodiversität<br />
mit 107 Regenwasserbehandlungsbe-<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
vanten Vor- und Nachteile der Lösungen<br />
bewerten und vergleichen zu können.<br />
Die Arbeitsgemeinschaft Cowi A/S und<br />
Obermeyer wurde aus sieben internationalen<br />
Teams ausgewählt, die sich<br />
beworben hatten – vier davon für eine<br />
Brückenlösung. Für die Tunnelvariante<br />
wurde ein weiteres Joint Venture aus drei<br />
international operierenden Ingenieurbüros<br />
benannt.<br />
Aufgrund der Komplexität der Aufgabe<br />
wird das Team Cowi A/S und Obermeyer<br />
von weiteren Beratern unterstützt, zu<br />
denen die renommierten Ingenieurbüros<br />
Leonhardt, Andrä und Partner, Flint &<br />
Neill Partnership und Dissing + Weitling<br />
A/S gehören. Ihnen stehen drei Jahre mit<br />
anspruchsvollen Planungen und Untersuchungen<br />
bevor. Dann wird entschieden,<br />
welche Lösung umgesetzt werden soll.<br />
Nach ihrer Fertigstellung wird die Fehmarnbeltquerung<br />
eine der größten festen<br />
Gewässerquerungen weltweit darstellen.<br />
www.opb.de<br />
www.cowi.com<br />
cken, also mehr als einem pro Kilometer,<br />
Wildtierpassagen sowie 200.000 neu<br />
gepfl anzten Bäumen entlang der Strecke.<br />
Als Autobahn der Sicherheit wird auf der<br />
A 19 als Premiere in Frankreich zudem<br />
der durchgehende Haltestreifen erprobt,<br />
wie er bereits in anderen europäischen<br />
Ländern praktiziert wird. Und die Annehmlichkeit<br />
äußert sich nicht zuletzt<br />
im »Ökodesign« der Parkplätze und der<br />
Raststätten sowie in den laufenden Verkehrsnachrichten<br />
und Tipps für Pkw- und<br />
Lkw-Lenker auf Autoroute FM 107.7, dem<br />
bedeutendsten Autobahnverkehrssender<br />
Frankreichs.<br />
� Kartenausschnitt mit Fehmarnbeltquerung<br />
© Obermeyer Planen + Beraten GmbH<br />
� Schrägseilbrücke als Vorzugslösung<br />
© Cowi A/S<br />
Dieser Abschnitt bildet den Lückenschluss<br />
zwischen der A 10, der A 6 und der A 77 zur<br />
großräumigen Südumfahrung des Pariser<br />
Raums, sorgt damit für die durchgehende<br />
Ost-West-Verbindung Nantes–Straßburg<br />
und markiert mit seiner Inbetriebnahme<br />
zugleich den Abschluss der größten Autobahnbaustelle<br />
Frankreichs. Das in der Rekordzeit<br />
von knapp vier Jahren komplett<br />
ausgeführte Projekt zeugt infolgedessen<br />
auch von der Solidität und Effi zienz des<br />
integrierten Konzessions-, Planungs- und<br />
Baukonzepts von Vinci.<br />
www.vinci.com<br />
72
73<br />
Auszeichnung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern<br />
Verleihung der Leo-von-Klenze-Medaille in Würzburg<br />
Der bayerische Innenminister Joachim<br />
Herrmann verlieh am 25. Juni 2009 in<br />
Würzburg die Leo-von-Klenze-Medaille<br />
als Auszeichnung für herausragende Leistungen<br />
in der Architektur, im Wohnungs-<br />
und Städtebau und im Ingenieurbau.<br />
Die (diesjährigen) Preisträger sind Prof.<br />
Dr.-Ing. Gert Albrecht, Prof. Dr.-Ing. Otto<br />
Meitinger, Prof. Dr.-Ing. Winfried Nerdinger<br />
und Prof. Karljosef Schattner. »Mit<br />
der Verleihung möchten wir unsere hohe<br />
Anerkennung und unseren herzlichen<br />
Dank für die Verdienste um die Baukultur<br />
zum Ausdruck bringen«, so Herrmann.<br />
Mit der Gründung der Obersten Baubehörde<br />
unter König Ludwig I. im Jahr 1830<br />
wurden alle Bereiche des staatlichen<br />
Bauens im Bayerischen Innenministerium<br />
zusammengefasst. Als ersten Leiter der<br />
Obersten Baubehörde bestimmte der<br />
König seinen Baumeister Leo von Klenze.<br />
»Das von Klenze entwickelte Konzept für<br />
die bayerische Bauverwaltung hat sich<br />
bis heute bewährt. Die Oberste Baubehörde<br />
hat einige Umstrukturierungen<br />
und Reformen erlebt, konnte im Wandel<br />
der Zeit jedoch stets ihre Flexibilität unter<br />
Beweis stellen. Sie präsentiert sich heute<br />
als moderne und effi ziente Verwaltung,<br />
die für die Herausforderungen der Gegenwart<br />
und Zukunft bestens gerüstet is.«,<br />
so Herrmann, der zudem ausführte: »Im<br />
Spannungsfeld von Tradition und Innovation<br />
ist die Baukultur das Bindeglied zu<br />
unserer Vergangenheit. Mit ihr wahren<br />
Komplette Vorlesungsunterlagen von Cidect<br />
Konstruieren mit Stahl-Hohlprofi len<br />
Cidect, eine internationale Vereinigung<br />
der Hohlprofi lhersteller zur Forschung<br />
und Entwicklung von (Hohlprofi l-)Konstruktionen,<br />
hat eine wahrlich umfassende<br />
Dokumentation erarbeitet, enthält<br />
ihr Kompendium doch komplette Vorlesungsunterlagen<br />
einschließlich Powerpointfolien<br />
und Begleittext: In insgesamt<br />
21 Blöcken wird hier der gesamte Bereich<br />
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
wir unsere Identität. Mit der Verleihung<br />
der Leo-vom-Klenze-Medaille wollen wir<br />
den hohen Stellenwert der Baukultur in<br />
Bayern dokumentieren« – wofür die Preisträger<br />
leuchtende Vorbilder seien.<br />
Prof. Dr.-Ing. Gert Albrecht ist als Ingenieur<br />
und Lehrender weit über die Grenzen<br />
Bayerns hinaus bekannt. »Im Jahre 1992<br />
folgten Sie dem Ruf als Ordinarius auf den<br />
Lehrstuhl für Stahlbau an der Technischen<br />
Universität München. Ihre Studenten waren<br />
begeistert von Ihrer lebendigen Art zu<br />
lehren und von Ihrer ausgeprägten Fähigkeit,<br />
selbst komplizierte technische Sachverhalte<br />
anschaulich zu präsentieren«,<br />
so Innenstaatssekretär Bernd Weiß als<br />
Laudator. Auf dem Gebiet der Forschung<br />
widmete sich Albrecht den vielfältigen<br />
Fragestellungen des Brückenbaus und<br />
den komplexen Problemen im Bereich der<br />
Werkstoffermüdung. Neben seiner Tätigkeit<br />
an der Universität hat er weiterhin die<br />
Nähe zur Praxis des Brückenbaus gesucht,<br />
war er beispielsweise Prüfi ngenieur beim<br />
Bau der größten Verbundbrücke Deutschlands,<br />
der Innbrücke Neuötting im Zuge<br />
der A 94, sowie für den Stadionbau der<br />
Münchener Allianz-Arena.<br />
Prof. Dr.-Ing. Otto Meitinger wird hoch<br />
geschätzt als Architekt, Denkmalpfl eger<br />
sowie als langjähriger Präsident der<br />
Technischen Universität München, deren<br />
Spitzenstellung in Lehre und Forschung er<br />
unter anderem durch die Berufung erstklassiger<br />
Professoren zu sichern half.<br />
der Hohlprofi lkonstruktionen abgedeckt,<br />
und zwar von einer Einführung der Eurocodes<br />
über die Bauteil- und Knotenbemessung<br />
bis hin zum Brandschutz und zu<br />
ausgeführten Beispielen.<br />
In englischer Sprache verliegend, werden<br />
diese Unterlagen Hochschullehrern und<br />
Dozenten an Universitäten, Hoch- und<br />
Fachhoch- sowie Technikerschulen<br />
Prof. Dr.-Ing. Winfried Nerdinger ist seit<br />
1986 Professor für Architekturgeschichte<br />
an der Technischen Universität München<br />
und seit 1989 Leiter des dortigen Architekturmuseums:<br />
»Um diese Einrichtung<br />
haben Sie sich wahrlich verdient gemacht.<br />
Jahrelang haben Sie sich um Ausstellungsräume<br />
für die größte Sammlung<br />
für Architektur in Deutschland mit über<br />
einer halben Million Zeichnungen und<br />
über 500 Modellen, Abgüssen und Skulpturen<br />
bemüht«, betonte Bernd Weiß.<br />
Der Name von Karljosef Schattner ist<br />
untrennbar mit der Entwicklung von Eichstätt<br />
verbunden. Als Diözesanbaumeister<br />
und Leiter des Universitätsbauamtes hat<br />
er das heutige architektonische Bild der<br />
traditionsreichen Bischofsstadt maßgeblich<br />
geprägt. Zu seinen Aufgaben gehören<br />
einige Neuerrichtungen für die Hochschule,<br />
etwa die Staats- und Seminarbibliothek<br />
oder das Studentenzentrum der<br />
katholischen Hochschulgemeinde und<br />
die Mensa, sowie der Umbau der ehemaligen<br />
fürstbischöfl ichen Sommerresidenz<br />
zu einem Verwaltungsgebäude der Hochschule<br />
Eichstätt.<br />
www.stmi.bayern.de<br />
kostenlos zur Verfügung gestellt, um<br />
die bestmögliche Ausbildung des Nachwuchses<br />
zu gewährleisten. Interessenten<br />
können die Cidect-Materialien ebenso<br />
einfach wie schnell über die Internetseite<br />
der Vereinigung abrufen, auf der auch<br />
weitere Details zu fi nden sind.<br />
www.cidect.de<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Bürgervotum für den Entwurf von ipv Delft<br />
Beliebtestes Brückenbauwerk in Venlo<br />
� Ausgewählte Visualisierung<br />
© ipv Delft ingenieursbureau voor productvormgeving bv<br />
Die Einwohner von Venlo haben sich im<br />
April mit großer Mehrheit entschieden:<br />
Der beliebteste Brückenentwurf für<br />
»ihren« Maasboulevard stammt von ipv<br />
Delft, bekam dieser doch 70 % der Stimmen.<br />
Resultierend aus einem im vergangenen<br />
Jahr ausgelobten Wettbewerb, legte die<br />
Stadtverwaltung nach einem umfassenden<br />
Auswahlverfahren der Bevölkerung<br />
letztlich zwei Vorschläge vor, die dann für<br />
eine moderne und schlanke, zugleich aber<br />
die römische Geschichte des Standortes<br />
»refl ektierende« Struktur votierte. Ins-<br />
»Mit dem sechsspurigen Ausbau der<br />
Bundesautobahn zwischen München<br />
und Augsburg und weiter bis nach Ulm<br />
übernimmt Bayern bundesweit eine Vorreiterrolle<br />
bei Public-Private-Partnership<br />
(PPP)-Projekten«, sagte Innenminister<br />
Joachim Herrmann Ende Juli bei der Verkehrsfreigabe<br />
der A 8 zwischen Palsweis<br />
und Sulzemoos. »Die Erwartungen, die<br />
wir in das Betreibermodell gesetzt haben,<br />
wurden bisher gut erfüllt. Die Arbeiten<br />
laufen termingerecht und die Qualität<br />
der Bauausführung stimmt.« Weitere<br />
Verkehrsfreigaben seien noch 2009 vorgesehen,<br />
die Fertigstellung des Gesamtabschnitts<br />
München–Augsburg soll Ende<br />
2010 erfolgen.<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
� Künftige Flussquerung<br />
© ipv Delft ingenieursbureau voor productvormgeving bv<br />
besondere Form und Details der Stützen<br />
erinnern daher wohl an historische Vorbilder,<br />
zumal auch die Anschlüsse der Pfeiler<br />
so konzipiert sind, dass sie wie Stütz- und<br />
Scheitelsteine aus römischer Zeit wirken.<br />
Die als Verlängerung des sich gerade im<br />
Bau befi ndlichen Maasboulevards geplante<br />
Brücke von ca. 5 m Breite soll zum<br />
Verweilen einladen, was sich wiederum<br />
an den Oberfl ächen von Geh- wie Radweg<br />
und den verhältnismäßig niedrigen, leicht<br />
versetzt zueinander angeordneten Lichtmasten<br />
erkennen lässt.<br />
Zielorientierte Vorreiterrolle des Freistaats Bayern<br />
Verkehrsfreigabe eines Public-Private-Partnership-Projekts<br />
»Der Ausbau der A 8 ist dringend erforderlich.<br />
Die Vorkriegsautobahn mit nur<br />
vier Fahrspuren und ohne Standstreifen<br />
ist nicht mehr in der Lage, den enormen<br />
Verkehr aufzunehmen. Für das Jahr 2020<br />
werden bis zu 100.000 Kfz/d auf der A 8<br />
prognostiziert. Da die bayerische Straßenbauverwaltung<br />
von Anfang an offen<br />
war für neue Wege der Finanzierung und<br />
Vertragsgestaltung, haben wir frühzeitig<br />
Interesse an einem PPP-Modell für die A 8<br />
bekundet. Da für PPP-Modelle bis dahin<br />
keinerlei Erfahrungen bei Ausschreibung<br />
und Vergabe vorhanden waren, hat der<br />
Freistaat Bayern zusammen mit dem<br />
Bund Pionierarbeit geleistet«, so Minister<br />
Herrmann.<br />
Eine der wesentlichen Anforderungen<br />
war zudem die möglichst geringe Belastung<br />
der Umwelt, also ein geringer<br />
Materialverbrauch, die Verwendung<br />
unbedenklicher oder überwiegend recycelbarer<br />
Baustoffe und eine Beleuchtungstechnik,<br />
die sehr energiesparend ist.<br />
www.ipvdelft.nl<br />
www.ueberbruecken.eu<br />
Auch der Ausbau zwischen Augsburg und<br />
Ulm werde im Rahmen eines PPP-Modells<br />
erfolgen, so Herrmann. Das Vergabeverfahren<br />
laufe bereits. »Unser Ziel ist es, bis<br />
Ende 2010 die Vergabe der Konzession<br />
unter Dach und Fach zu bringen und 2011<br />
mit den Bauarbeiten zu beginnen. Bis<br />
spätestens Ende 2014 soll die A 8 auch<br />
zwischen Augsburg und dem Autobahnkreuz<br />
Ulm-Elchingen sechsspurig ausgebaut<br />
sein.«<br />
www.stmi.bayern.de<br />
74
75<br />
Bestens besuchter Projekttag von SSF<br />
Dialog als Anfang von allem ...<br />
� 600 Gäste ...<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
Es hätte keinen geeigneteren Ort geben<br />
können: In der BMW-Welt in München<br />
fand am 17. Februar der Projekttag 2009<br />
der SSF Ingenieure GmbH statt – in jenem<br />
Gebäude also, das vom Wiener Architekturbüro<br />
Coop Himmelb(l)au entworfen<br />
wurde und bei dem SSF Ingenieure die<br />
komplette Ausführungsplanung und Bauleitung<br />
für alle Gewerke innehatte. Und<br />
so waren auch mehr als 600 Gäste der<br />
Einladung gefolgt, um sich über aktuelle<br />
Bau- und Forschungsvorhaben des weltweit<br />
tätigen Planungsbüros mit Hauptsitz<br />
in München zu informieren.<br />
»Wir verkaufen als Planer keine fertigen<br />
Produkte, sondern bieten unseren Kunden<br />
Beratungen, Planungen, Ideen und<br />
vor allen Dingen individuelle Lösungen<br />
für den Bausektor an«, sagte Geschäftsführer<br />
Victor Schmitt bei der Begrüßung.<br />
Entscheide sich ein Bauherr für SSF, so<br />
gebe er einen immensen Vertrauensvorschuss.<br />
Diesen nicht nur zu rechtfertigen,<br />
sondern zu übertreffen sei die<br />
tägliche Aufgabe und der Anspruch der<br />
Planungsteams. Die Anwesenheit zahlreicher<br />
Auftraggeber beim Projekttag zeigte,<br />
dass jenes Urteil offensichtlich zu deren<br />
großer Zufriedenheit erreicht werde, so<br />
Schmitt weiter.<br />
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Und Schmitt ist sich sicher: »Auch in<br />
Zukunft gibt es für gut qualifi zierte Ingenieure<br />
genügend Arbeit. Unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter sind bestens<br />
ausgebildet, überaus erfahren und hoch<br />
motiviert. Unser Büro ist innovativer und<br />
beweglicher geworden, um auf alle Anforderungen<br />
fl exibel reagieren zu können.<br />
Wir blicken selbstbewusst und optimistisch<br />
in die Zukunft.«<br />
In neun kurzen Werkberichten präsentierten<br />
danach die verantwortlichen Mitarbeiter<br />
aktuelle Projekte von SSF, wie zum<br />
Beispiel den Bau des Highspeed Railway<br />
in China oder den von Metrostationen in<br />
Algier. Kleinere und dennoch hochinteressante<br />
Planungsaufgaben wurden hier<br />
aber nicht minder thematisiert, veranschaulicht<br />
durch Berichte zu drei Fußgängerbrücken<br />
in Augsburg oder der Entwicklung<br />
neuer Bauverfahren und -teile durch<br />
den SSF-eigenen Fachbereich »Forschung<br />
und Entwicklung«. Durch das Programm<br />
führten die Geschäftsführer Helmut Wolf<br />
und Christian Schmitt, die zugleich in<br />
kurzen Porträts die Projektleiter und die<br />
jeweiligen Planungs- und Bauaufgaben<br />
vorstellten – und im Anschluss zum »Get<br />
together« baten.<br />
www.ssf-ing.de<br />
� Victor Schmitt<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
� Helmut Wolf<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
� Präsentation von Projekten<br />
© SSF Ingenieure GmbH<br />
BRÜCKENBAU | September 2009
N A C H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Kontinuität im Sinne des Bürogründers<br />
Frank Büchting zum 80. Geburtstag<br />
� Jubilar<br />
© Büchting + Streit GmbH<br />
September 2009 | BRÜCKENBAU<br />
Dipl.-Ing. Frank Büchting, Beratender Ingenieur<br />
und Gesellschafter der Büchting<br />
+ Streit GmbH, B +S Beratende Ingenieure<br />
VBI, feierte Ende 2008 seinen 80. Geburtstag.<br />
Nach dem Studium an der<br />
Technischen Universität Karlsruhe und<br />
ersten berufl ichen Erfahrungen gründete<br />
er 1962 das Ingenieurbüro Büchting. Seit<br />
1969 bis zum altersbedingten Auslaufen<br />
seiner Lizenz war er als Prüfi ngenieur<br />
für Baustatik tätig und 1992–95 zudem<br />
Vorsitzender des Ausschusses Wettbewerbswesen<br />
der Bayerischen Ingenieurkammer<br />
Bau. Im Jahre 1999 entstand<br />
dann zusammen mit den geschäftsführenden<br />
Gesellschaftern Dr.-Ing. Walter<br />
Streit, Dr.-Ing. Reinhard Mang und Dipl.-<br />
Ing. Stephan Sonnabend die Büchting +<br />
Streit GmbH, so dass sich Frank Büchting<br />
aus dem operativen Geschäft weitgehend<br />
zurückziehen konnte.<br />
Neues Programm der Technischen Universität Dortmund<br />
Umfassende Weiterbildung für Hochschulabsolventen<br />
Die Fakultät Bauwesen und das Zentrum<br />
für Weiterbildung (ZfW) der Technischen<br />
Universität Dortmund bieten ab sofort<br />
ein Weiterbildungsprogramm an, das sich<br />
aus drei unterschiedlichen Bausteinen<br />
zusammensetzt: Zertifi katskursen mit<br />
den alternativ wählbaren Vertiefungen<br />
Immobilienwirtschaft, Facility-Management<br />
oder Baurecht, aktuellen eintägigen<br />
Veranstaltungen aus den Bereichen<br />
Bauwirtschaft, Baubetrieb und Baurecht<br />
sowie einem Lehrgang zur Sicherheits-<br />
und Gesundheitsschutzkoordination auf<br />
Baustellen (SiGeKo-Kurse); die wissenschaftliche<br />
Leitung obliegt den Professoren<br />
Mike Gralla, Lehrstuhl Baubetrieb und<br />
Bauprozessmanagement der Technischen<br />
Universität, und Jörg Becker, Lehrgebiet<br />
Baubetrieb und Bauwirtschaft der Fachhochschule<br />
Dortmund.<br />
Zielgruppe sind hier Hochschulabsolventen<br />
der Architektur, des Bauingenieurwesens<br />
und verwandter Studiengänge des<br />
Bauwesens, die mit einer Teilnahme auch<br />
in den »Genuss« der entsprechenden<br />
(Weiterbildungs-)Punkte der Architekten-<br />
sowie der Ingenieurkammer Nordrhein-Westfalen<br />
kommen, zumal für die<br />
Durchführung der Seminare renommierte<br />
Experten aus Wissenschaft und Praxis<br />
gewonnen werden konnten.<br />
www.bauweiterbildung.tu-dortmund.de<br />
Schon früh legte Frank Büchting sein besonderes<br />
Augenmerk auf den technisch<br />
anspruchsvollen Ingenieurbau und hier<br />
insbesondere auf den Brückenbau. An der<br />
Entwicklung der Spannbetonfertigteil-,<br />
vor allem aber der Ferderplattenbauweise<br />
hatte er maßgeblichen Anteil, was seine<br />
entsprechenden Veröffentlichungen mit<br />
dem zugehörigen Bemessungskonzept<br />
beweisen, die bis heute als Leitfaden<br />
dienen. Mit der Aufnahme von Dr.-Ing.<br />
Andreas Jähring zum geschäftsführenden<br />
und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Mensinger<br />
zum weiteren Gesellschafter wurden<br />
2005 und 2008 wiederum markante Zeichen<br />
für eine langfristige und erfolgreiche<br />
Fortführung des Ingenieurbüros im Sinne<br />
seines Gründers gesetzt.<br />
www.buechting-streit.de<br />
76
77<br />
BRÜCKENBAU<br />
ISSN 1867-643X<br />
1. Jahrgang<br />
Ausgabe 2•2009<br />
Herausgeber und Verlag<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit <strong>MixedMedia</strong> <strong>Konzepts</strong><br />
Biebricher Allee 11 b<br />
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Redaktion<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
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Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2009.<br />
Satz und Layout<br />
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Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />
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BRÜCKENBAU | Semptember 2009
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