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Kultur<br />

Schafft Deutsch sich ab?<br />

Uptodate als Feind des Adjektivs<br />

Auf der letzten Seite seiner Verteidigung<br />

der guten „alten“<br />

deutschen Sprache im Buch<br />

„Wer kann noch was verstehen?<br />

Verlottertes Deutsch führt zu Krisen<br />

und verstört das Denken“, ermuntert<br />

Autor Rolf Breitenstein die Freunde<br />

deutscher Sprache zur Komplizenschaft<br />

beim tollkühnen Unternehmen,<br />

der Verlotterung Einhalt zu gebieten<br />

und sich zu fragen: Wie wäre es, wenn<br />

wir die Sprache als unser wichtigstes<br />

Kommunikationsmittel nähmen, nicht<br />

Handy, Laptop und andere Geräte?<br />

.. wenn wir statt toll zum Beispiel auch<br />

mal gut, prächtig, gelungen, wunderbar,<br />

amüsant, erfreulich, spaßig gebrauchten?<br />

… wenn wir Scheiße nur einmal täglich<br />

gebrauchten und nicht für Menschen,<br />

Essen, Trinken, Arbeit und Schule?<br />

… wenn wir auf total und absolut<br />

verzichten würden, denn sie blockieren<br />

Dialoge, laden Totalitarismus und<br />

Absolutismus ein?<br />

54 | <strong>Kabinett</strong><br />

Dies sind vier von acht dort formulierten<br />

Gelöbnissen. Jemand, der dieses<br />

mit Beispielen gespickte, beispielhafte<br />

Buch gelesen hat, wird sich den Fragen<br />

kaum entziehen können.<br />

Breitenstein, der seit seinem wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Werk „Das<br />

Kartoffel-Theorem“ zu seinen zahlreichen<br />

Lesern auch mich als Liebhaber<br />

seiner diversen Brüche addieren konnte,<br />

ist mit dem Neuen ein treffsicherer<br />

Wurf gelungen. Wie er die philosophischen<br />

und soziologischen Aspekte<br />

der Sprache in Beziehung setzt zu<br />

unseren alltäglichen Erfahrungen und<br />

unerhörten Beispielen – einfach meisterhaft.<br />

Der Autor bedauert, dass uns die richtigen<br />

Worte abhanden gekommen sind.<br />

Er liefert eine Fülle literarischer Belege<br />

für das Phänomen der Ausdünnung<br />

von Sprache, die Ersetzung der Vielfalt<br />

durch Einfalt.<br />

Er listet den geradezu inflationären<br />

Verfall vielsagender Adjektive auf, die<br />

durch „absolut toll“ und „total super“<br />

ersetzt worden sind. Wie Wörter<br />

zur S&S-Sprache verklumpen, zeigt<br />

Breitenstein an SUPER und SCHEISSE<br />

mit jeweils 28 Begriffen.<br />

Von Top und Topper, absolut lecker,<br />

total, Jobs statt Arbeit, nachhaltig bis<br />

zur Frage „Soll Oma cool sein?“, werden<br />

die andere Adjektive verzehrenden<br />

Wörter an den Pranger gestellt. Da es<br />

unmöglich ist, das gesamte Repertoire<br />

angemessen zu würdigen, begnügen<br />

wir uns mit einem Unwort: alternativlos.<br />

Es wurde unlängst zum Unwort<br />

des Jahres gekürt. In dieser Zeitschrift<br />

wurde es schon zuvor als hirnrissig<br />

abgetan. In Breitensteins Buch steht<br />

dazu u.a.: „Mit einer solchen Erklärung<br />

wird… die demokratische Form außer<br />

Kraft gesetzt… Eine kategorische und<br />

fast routinemäßige Verneinung von<br />

Alternativen würde beiseite wischen,<br />

was wir seit Sokrates über die Vorgänge<br />

des Dialogs und neuerdings<br />

über Diskursethik und die<br />

Herstellung von Wirklichkeit<br />

im Diskurs gelernt haben.“<br />

Signum Verlag, 2010 · ISBN: 9783854364191 · EUR 19,95 Dr. Rolf Breitenstein, Autor<br />

Mit seinem neuesten Buch<br />

ist Rolf Breitenstein etwas<br />

gelungen, was toll und super<br />

durchaus noch toppt.<br />

Kurz & gut: Das hat was in sich.<br />

Karl Garbe

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