April 2011 - Anwalt Aktuell
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FiNaNZiERuNGSMittEL<br />
Finanztransaktionssteuer.<br />
Am 08. März dieses Jahres setzt das Europäische Parlament einen<br />
weiteren klaren und wichtigen Schritt in Richtung Einführung einer<br />
Steuer auf finanzgeschäfte.<br />
Bei der Plenarabstimmung<br />
des Parlaments<br />
wurde ein Initiativbericht<br />
über „Innovative<br />
finanzierungsmittel auf<br />
europäischer und globaler<br />
Ebene“ mit breiter Mehrheit<br />
angenommen. die Abgeordneten<br />
forderten damit fraktionsübergreifend<br />
die Europäische<br />
Kommission auf, so<br />
schnell wie möglich einen<br />
entsprechenden legislativvorschlag<br />
zu präsentieren.<br />
die Verantwortung liegt nun<br />
sowohl bei der Europäischen<br />
Kommission, die rasch die<br />
noch offenen fragen zu klären<br />
und einen konkreten Vorschlag<br />
zu präsentieren hat –<br />
sowie bei den Staats- und<br />
Regierungschefs der Europäischen<br />
union und den 27<br />
finanzministern, in deren Zuständigkeit<br />
Steuerfragen fallen.<br />
Schon seit langem fordert das<br />
Europäische Parlament die<br />
Einführung einer finanztransaktionssteuer<br />
(fTS), die Europäische<br />
Kommission zeigt<br />
sich jedoch nach wie vor zögerlich.<br />
So hat sich beispielsweise<br />
der für Steuerfragen<br />
zuständige Eu-Kommissar<br />
Semeta im Anschluss an das<br />
eindeutige Votum des Parlaments<br />
erneut kritisch zur Einführung<br />
einer fTS geäußert.<br />
Aber auch die Regierungen<br />
der Mitgliedstaaten im Rat<br />
sind gespalten.<br />
16<br />
AnwAlt<strong>Aktuell</strong> 03/11<br />
die der debatte zu Grunde<br />
liegende Idee ist die Besteuerung<br />
von Transaktionen auf<br />
finanzmärkten. dabei soll jede<br />
Transaktion entsprechend<br />
ihrem Wert besteuert werden.<br />
Sämtliche Geschäfte und Produkte<br />
auf den finanzmärkten<br />
– von Aktien über devisen,<br />
Anleihen, festverzinsliche<br />
Wertpapiere und Rohstoffe bis<br />
hin zu derivaten – sollen einer<br />
Minimalsteuer unterliegen.<br />
Bei einer Veranschlagung von<br />
nur 0,01 bis 0,04 Prozent des<br />
Geschäftswertes könnten die<br />
zu lukrierenden Einnahmen<br />
jährlich zwischen 60 und ca.<br />
200 Mrd Euro betragen. Bereits<br />
eine Abgabe im Promille-<br />
Bereich würde also ausreichen,<br />
um enorme Beträge ins<br />
Eu-Budget fließen zu lassen,<br />
die Mitgliedstaaten zeitgleich<br />
budgetär in ihrem eigenen<br />
Eu-Beitrag zu entlasten sowie<br />
eine neue und transparente<br />
Eu-Eigenmittelquelle zu erschließen.<br />
das Parlament steht der Einführung<br />
einer Steuer auf finanzgeschäfte<br />
ganz klar positiv<br />
gegenüber. die von mir<br />
seit Jahren vertretene Strategie<br />
ist: die Abgabe auf finanztransaktionen<br />
sollte in einem<br />
ersten Ansatz weltweit und<br />
gleichzeitig eingeführt werden.<br />
Zweitens fordere ich:<br />
Wenn dies nicht, oder noch<br />
nicht, möglich ist, so muss<br />
Europa eine Vorreiterrolle ein-<br />
nehmen und den ersten<br />
Schritt setzen. Meine dritte<br />
forderung lautet: die fTS<br />
soll nicht dazu dienen, leere<br />
Staatskassen wieder aufzufüllen.<br />
die Einnahmen aus einer<br />
fTS sollten in die Eu-Töpfe<br />
fließen. In erster linie sollten<br />
die Einnahmen für Wachstums-<br />
und Beschäftigungsinitiativen<br />
und europäische Projekte<br />
im Sinne der Wettbewerbssteigerung<br />
und Integration<br />
eingesetzt werden. Kurzfristig<br />
wäre auch zu über-<br />
legen, ob man diese Gelder<br />
für den Ausbau des Eurorettungsschirm<br />
einsetzt.<br />
die langfristigen Vorteile einer<br />
fTS sind offensichtlich:<br />
der finanzsektor würde – als<br />
Mitverursacher der finanzkrise<br />
– seinen fairen Beitrag zum<br />
Wiederaufschwung leisten.<br />
Bislang war der finanzsektor<br />
der Eu von einer Mehrwertsteuer<br />
ausgenommen. die<br />
Steuerzahler dürfen aber nicht<br />
alleine die Kosten tragen. des<br />
Weiteren soll die fTS den finanzmarkt<br />
stabilisieren. Sehr<br />
kurzfristige und spekulative<br />
Geschäfte werden durch die<br />
Einführung einer fTS unattraktiver.<br />
Je kurzfristiger die<br />
Spekulation, umso wirkungsvoller<br />
sollte die Steuer greifen.<br />
dadurch wird die Gefahr von<br />
Spekulationsblasen reduziert.<br />
drittens hat die fTS einen<br />
lenkungseffekt: längerfristige<br />
Anlageformen werden attraktiver.<br />
die Besteuerung von finanzgeschäften<br />
wäre im Zuge<br />
der aktuell diskutierten Regulierungen<br />
für finanzgeschäfte<br />
– das heißt als ergänzende<br />
Maßnahmen zur finanzsektorregulierung<br />
– ein logischer<br />
Schritt. Viertens: die erzielten<br />
Einnahmen können als innovative<br />
Mittel zur finanzierung<br />
von europäischen Zukunftsprojekten<br />
dienen und<br />
in einen permanenten Stabilitätsmechanismus<br />
fließen.<br />
Mag. Othmar Karas M.B.L.-HSG,<br />
Abgeordneter zum Europaparlament,<br />
Vizepräsident der<br />
EVP-Fraktion im Europaparlament,<br />
EVP-Sprecher<br />
im Sonderausschuss zur<br />
Finanz-, Wirtschafts- und<br />
Sozialkrise (CRIS), Mitglied<br />
im Ausschuss für Wirtschaft<br />
und Währung (ECON),<br />
Mitglied im Ausschuss für<br />
den Binnenmarkt und<br />
Verbraucherschutz (IMCO),<br />
Mitglied im Ausschuss zu<br />
den politischen Herausforderungen<br />
(SURE), Mitglied<br />
der GEBI Gruppe – fordert<br />
die Einführung einer<br />
Finanztransaktionssteuer<br />
auf globaler und europäischer<br />
Ebene.<br />
Europa kann und sollte, wie<br />
bereits bei im Kampf gegen<br />
den globalen Klimawandel,<br />
eine Vorreiterrolle einnehmen.<br />
Im Ergebnis stärkt die fTS<br />
Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum<br />
und Beschäftigung und<br />
die europäische Vorgehensweise<br />
könnte richtungsweisend<br />
für die internationale<br />
Ebene sein.<br />
Klares Bekenntnis zur<br />
Finanztransaktionssteuer!<br />
die Einführung einer fTS darf<br />
daher auf keinen fall scheitern.<br />
das Parlament – als einzig<br />
demokratisch gewähltes<br />
legislativorgan der Eu – ist<br />
sich seiner Verantwortung bewusst<br />
und fordert entsprechende<br />
Schritte von Kommission<br />
und Rat.