herunterladen. - Bremer Frauenmuseum
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Auch dies betrieb sie mit der ihr eigenen<br />
Vehemenz, so daß sie eines Tages aus<br />
Ärger in Ohnmacht fiel, weil sie Name und<br />
Familie einer auf den Wiesen von<br />
Lichterfelde gefundenen Pflanze nicht<br />
bestimmen konnte.<br />
Leidenschaftlichkeit war Rosa<br />
Luxemburgs Wesensmerkmal; sie prägte<br />
auch ihre Beziehungen zu Kampf-<br />
genossen und politischen Gegnern, zu<br />
Freundinnen und Liebhabern. Feinde<br />
fürchteten die gnadenlose Schärfe ihres<br />
Urteils, die Verhöhnung durch ihre treff-<br />
sichere Ironie; aber auch verdiente<br />
Parteigenossen zitterten vor diesem<br />
"Hecht im Froschteich der deutschen<br />
Sozialdemokratie".<br />
Karl Kautsky beschrieb die Wirkung<br />
der jungen Frau, die 1898 mit 27 Jahren<br />
nach Berlin kam und sofort in der Partei<br />
eine Rolle zu spielen begann, folgen-<br />
dermaßen: "Meisterin des Wortes und der<br />
Feder, reich belesen, mit starkem<br />
theoretischen Sinn, scharfsinnig und<br />
schlagfertig, mit einer geradezu fabel-<br />
haften Unerschrokkenheit und Respekt-<br />
losigkeit, die sich vor niemand beugte,...<br />
erregte sie schon bei ihrem ersten<br />
Auftreten allgemeine Aufmerksamkeit und<br />
gewann die begeisterte Zustimmung, ja<br />
stellenweise geradezu schwärmerische<br />
Bewunderung derjenigen, deren Sache sie<br />
vertrat, sowie den bittersten Haß<br />
derjenigen, gegen die sie den Kampf<br />
aufnahm."<br />
Die Deutsche Sozialdemokratie<br />
galt um die Jahrhundertwende als die<br />
bedeutendste Partei der Internationale.<br />
Um sich hier ein vielversprechendes<br />
Wirkungsfeld zu eröffnen, hatte Rosa<br />
Luxemburg durch eine Scheinehe die<br />
deutsche Staatsangehörigkeit erworben.<br />
Doch sie störte sich an der Saturiertheit<br />
der Partei und der Gewerkschaften, die<br />
nach der Aufhebung des Sozialisten-<br />
gesetzes sich zu Massenorganisationen<br />
mit fester bürokratischer Struktur und<br />
wohlgefüllten Streikkassen entwickelt<br />
hatten. Die großen alten Männer an der<br />
Spitze, die wie Petrefakte aus der hero-<br />
ischen Phase der Partei im 19. Jahr-<br />
hundert in die neue Zeit hineinragten,<br />
genossen in der Welt und in den eigenen<br />
Reihen fraglose Autorität, wogegen der<br />
Feuergeist Rosa Luxemburgs aufbe-<br />
gehrte. "Man muß Bebel und die anderen<br />
Greise vorwärtsstoßen", war ihre Über-<br />
zeugung, und wenn ihr mit dem Verdikt:<br />
"Du Gelbschnabel, ich könnte Dein Groß-<br />
vater sein", der Mund verboten werden<br />
sollte, so bedeutete das für sie nur das<br />
Eingeständnis, daß besagter Großvater<br />
mit seinen logischen Gründen auf dem<br />
letzten Loch pfeife. Die alte Garde der<br />
"Parteiphilister" wußte ihre Leistungen für<br />
die SPD wohl zu schätzen. Sie war eine<br />
hinreißende Rednerin, eine erfolgreiche<br />
Agitatorin, aber auch eine viel beachtete<br />
Theoretikerin zu Fragen der National-<br />
ökonomie und der politischen Strategie<br />
und wurde als einzige Frau als Dozentin<br />
an die Parteischule berufen.<br />
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