herunterladen. - Bremer Frauenmuseum
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Maries Mutter starb im Dezember 1839,<br />
kurz darauf der Vater. Hätte er als Witwer<br />
noch länger gelebt, so wäre es Maries<br />
Aufgabe gewesen, für den Vater zu<br />
sorgen. So aber blieb sie mit 32 Jahren als<br />
nicht ganz mittellose, ungebundene Frau<br />
allein zurück. Kühn lehnte sie die<br />
Möglichkeit ab, den Gesellen des Vaters<br />
zu heiraten, ihm den Betrieb und den<br />
Meistertitel zu übertragen, wozu sie<br />
berechtigt war, und so ihre Existenz durch<br />
die Ehe abzusichern.<br />
Statt dessen zog sie mit ihrer<br />
Freundin Caroline Lacroix zusammen. Die<br />
beiden Frauen blieben bis zu Maries Tode<br />
in einer "Freundschaftsehe" verbunden. In<br />
den Revolutionsjahren begannen sie, sich<br />
für die demokratische Sache zu enga-<br />
gieren. Marie Mindermann beschrieb den<br />
Vorgang ihrer Politisierung so: .“Ich lebe<br />
mit einer Freundin sehr...abgeschieden;<br />
wir sind vorzüglich auf Lectüre ange-<br />
wiesen... Diese Lectüre war früher bell-<br />
etristisch. Seit dem Jahre 1848 aber lesen<br />
wir regelmäßig die Zeitungen, die uns vor<br />
dem angegebenen Zeitpunkte nur theil-<br />
weise ein Interesse abgewinnen konnten...<br />
Die Freiheitsbestrebungen des deutschen<br />
Volkes zogen uns unwiderstehlich an. Mit<br />
dem größten Interesse verfolgten wir<br />
jeden Aufschwung. Wir lebten geistig<br />
mitten im Volke und nahmen Theil an<br />
allem, was das Volk betraf.".<br />
Es ist eine Eigentümlichkeit der<br />
<strong>Bremer</strong> Geschichte, dass Glaubensfragen<br />
stets ein reges öffentliches Interesse<br />
fanden und in allen Schichten diskutiert<br />
wurden. So auch in der Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts. Als die neue Verfassung<br />
von 1848 glücklich in Kraft gesetzt war,<br />
wendete sich die allgemeine Aufmerk-<br />
samkeit von der großen Politik einem rein<br />
innerstädtischen Problem zu, dem sog.<br />
"<strong>Bremer</strong> Kirchenstreit" zwischen dem<br />
freireligiösen Pastor Dulon und dem streng<br />
bibelgläubigen Pastor Wimmer. Im Bereich<br />
der Religion fühlten sich die <strong>Bremer</strong>innen<br />
besonders heimisch. Als Minderjährige<br />
oder Ehefrauen waren sie in allen<br />
öffentlichen Angelegenheiten der Vor-<br />
mundschaft des Vaters oder Ehemannes<br />
unterworfen, der sog. Kuratel; aber in der<br />
Frage des religiösen Bekenntnisses waren<br />
sie frei und selbstverantwortlich. So lag es<br />
nahe, dass MM ihre ersten politischen<br />
Angriffe aus dem vertrauten kirchlichen<br />
Raum heraus führte, sich in den<br />
Gottesdiensten umhörte und Notizen<br />
machte, die sie nachher veröffentlichte,<br />
allerdings ohne ihren Namen zu nennen..<br />
Anonym zu schreiben war damals<br />
durchaus üblich, und in der <strong>Bremer</strong> Ge-<br />
sellschaft muss es ein amüsantes Rät-<br />
selraten gewesen sein, wer da wohl mit<br />
mehr als spitzer Feder so manches<br />
wunderliche Kanzelwort aufgespießt und<br />
dem Spott preisgegeben hatte. Aber der<br />
unbekannte Autor schien sich auch in der<br />
Bibel und im Kirchenrecht gut auszu-<br />
kennen, so dass die Streitschrift nicht nur<br />
nach einem Scherz aussah. MM war zu<br />
einer glühenden Anhängerin des frei-<br />
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