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liberalen Kräfte gerade auf diesen Einfluss<br />

große Hoffnungen setzten.<br />

Für die allzu junge Braut gab es<br />

noch eine Wartefrist von zwei Jahren bis<br />

zu ihrem 17. Geburtstag. "Mein höchster<br />

Begriff von irdischer Glückseligkeit ist, Dir<br />

eine gute Frau sein zu können", schrieb<br />

sie an ihren Verlobten; aber andererseits<br />

fürchtete sie auch den Abschied von den<br />

Eltern und das steife Hofzeremoniell in<br />

Berlin. Die glückliche Ehe, die Vicky und<br />

Fritz 30 Jahre lang führen sollten, war in<br />

der von Mißtrauen und Ablehnung ver-<br />

gifteten Atmosphäre am preußischen Hof<br />

das emotionale Refugium für die vielfach<br />

gescholtene und verkannte Prinzessin.<br />

Am 8. Februar 1858 zog das junge<br />

Paar feierlich in Berlin ein, Vicky bei<br />

beißender Kälte tief dekolletiert im offenen<br />

Wagen. Das Publikum jubelte, doch am<br />

preußischen Hofe fürchtete man die<br />

"Engländerin", von der man nicht wusste,<br />

ob sie sich rasch in eine Preußin verwan-<br />

deln würde.<br />

Dem stand vieles entgegen.<br />

Preußen war im Vergleich mit der Welt-<br />

macht England wenig entwickelt; allein<br />

schon das Fehlen von Badezimmern im<br />

königlichen Schloss schockierte die junge<br />

Frau und begründete bei ihr die unselige<br />

Gewohnheit, die Vorzüge ihres Heimat-<br />

landes bei jeder Gelegenheit zu betonen.<br />

Sich diplomatisch zu verhalten, wider-<br />

sprach Vickys Temperament. Die häufigen<br />

Besuche der Eltern und Brüder in Berlin,<br />

die nicht abreißende Korrespondenz mit<br />

Vater und Mutter, die ihre junge Tochter<br />

nicht aus ihrer Obhut entlassen konnten<br />

und viele Anforderungen, auch politischer<br />

Art, an sie stellten, waren für Vicky nicht<br />

nur erfreulich. Sie überforderten die junge<br />

Prinzessin und brachten sie in Gegensatz<br />

zu ihrer Berliner Umgebung, die diese<br />

engen Beziehungen mit Argwohn beob-<br />

achtete.<br />

Bei ihrer Ankunft in Berlin wurde<br />

Vicky von allen Seiten bedeutet, daß eine<br />

Frau am Hofe sich niemals in die Politik<br />

einmischen dürfe. Sie aber war dazu<br />

erzogen worden, sich eine politische<br />

Meinung zu bilden und sie auch zu<br />

vertreten. Dagegen fand ihre Schwieger-<br />

mutter Augusta, - damals noch<br />

Kronprinzessin, dann Königin in Preußen<br />

und schließlich deutsche Kaiserin -, dass<br />

die junge Prinzessin recht wenig Schliff<br />

besaß und das Hofzeremoniell kaum<br />

beherrschte. Augustas Versuchen, Vicky<br />

nach ihren Vorstellungen zu formen,<br />

widersetzte sich die junge Frau aber<br />

heftig. Sie empfand die von Augusta sehr<br />

geliebten und häufig veranstalteten Di-<br />

ners, bei denen der Hofstaat nachmittags<br />

um vier Uhr in voller Abendtoilette erschei-<br />

nen mußte, und die anschließenden Bälle<br />

als "geistlos und öde", zumal sie kein<br />

Nachtmensch war und immer mit dem<br />

Einschlafen kämpfen mußte. Dazu kam,<br />

dass sie in den Jahren von 1859 bis 1872<br />

acht Kinder zur Welt brachte, was aber<br />

keineswegs bedeutete, dass sie während<br />

ihrer Schwangerschaften von den höfi-<br />

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