Mit unseren Kindernspreche ich sorbischRamona und Gunnar Schneider wohnen mit ihren dreijährigen Zwillingen Robert undJakob in Mülsen St. Jacob, im hügeligen Erzgebirgsvorland zwischen Chemnitz undZwickau. Das Besondere an ihnen ist, dass sie dort die deutsch-sorbische Zweisprachigkeitpflegen. Obwohl er aus der zweisprachigen Lausitz stammt, hat GunnarSchneider die sorbische Sprache selbst erst in der Schule erlernt. Für seine beidenSöhne ist er nun der sorbisch sprechende Partner. Wie empfindet Ramona als deutschsprechende Mutter die Zweisprachigkeit, wie erfolgreich ist der Umgang mit denbeiden Sprachen im deutschen Alltag, wofür nimmt das Paar zusätzliche Anstrengungenauf sich und welche Hürden gilt es zu meistern? Dazu befragte Anja Karich dasjunge Paar:Herr Schneider, was bewegte Sie dazu,mit Ihren Kindern sorbisch zu sprechen,obwohl Ihre Frau diese Sprache nichtbeherrscht und auch in Ihrem WohnortSorbisch eine „Fremdsprache“ ist?Ich stamme aus Großbrösern bei Bautzenund habe 10 Jahre an der PolytechnischenOberschule in Großwelka am fakultativenSorbischunterricht teilgenommen. Infrüheren Generationen meiner Familiewurde sorbisch gesprochen, was aber dannleider in meiner Elterngeneration nichtfortgeführt wurde. In den 90er Jahrenbegann ich gemeinsam mit meinem Cousinmeine Sorbischkenntnisse aufzufrischen.Den Anfang machten Zahlen und Wochentage.Während meines Studiums lernte ichmeine aus der Nähe von Königsbrück beiDresden stammende Frau kennen. Trotzdes Umstandes, dass sie in unmittelbarerNähe zur Lausitz aufwuchs, wusste siekaum etwas über die Sorben und diesorbische Sprache. Erfreulicherweise hatteaber auch sie Interesse daran, mehr überdas Sorbische zu erfahren. So besorgte ichuns sorbische Lehr- und Wörterbücher, ummit ihr gemeinsam zu lernen. Das gelanguns allerdings nicht so wie gedacht, da geeigneteGesprächspartner und damit dienotwendige Motivation fehlten.Das hat sich aber mit der Geburt IhrerZwillinge vor drei Jahren geändert?Ja, die Geburt unserer beiden Söhne gabmir völlig neue Energie. Nun beschäftigteich mich wieder ganz intensiv mit dersorbischen Sprache und fragte mich: „Wieschaffe ich es am besten, dass unsereSöhne sorbisch sprechen?“Als die Kinder vier Monate alt waren,besuchten wir meine Heimat, wo ich nachdem Gottesdienst mit Arnošt Grofa ausQuoos ins Gespräch kam. Ich erzählte ihm,dass ich es gern hätte, dass meine Kindersorbisch lernten. Der erfahrene Sorbeunterstützte mich in meiner Absicht,meinte aber ausdrücklich, dass dies nurgelingen könne, wenn ich mit meinen20 LUTKI 4 | <strong>2010</strong>
Ramona und Gunnar Schneider mit Robert. Schneiders beschäftigen sich sehr viel mit denJungen. Bücher und Gegenstände aus der Natur spielen dabei eine große Rolle.Kindern ausschließlich und sehr viel sorbischspräche. Auf der weiteren Suchenach Kontakt mit sorbisch sprechendenPersonen setzte ich mich mit Měrćin Wałdaaus Neschwitz in Verbindung, der mir ähnlichnützliche Hinweise gab und bei denersten „Gehversuchen“ mit Vokabeln half.Wie setzen Sie die Ratschläge in IhrerFamilie um?Da ja meine Frau nicht sorbisch spricht, istsie in unserer Familie der deutsch sprechendePartner für unsere Kinder. Ichunterhalte mich mit ihnen ausschließlichin sorbischer Sprache. Das bedeutet fürmich jedoch, dass ich mein Sorbisch ständigverbessern und meinen Wortschatzerweitern muss. Ich war und bin mirdessen bewusst, wie schwierig es ist, fernder Heimat und als Nichtmuttersprachlerdieses Ziel zu verwirklichen. Leicht ist esfür mich nicht. Aber es ist für mich einlohnendes Ziel und unsere Kinder habenden Vorteil, mit zwei Sprachen aufwachsenzu können. Und dann kommen dieseLUTKI 4 | <strong>2010</strong> 21