Elegie von einem polnischen Jungen - Kirchenmusik-Online.de
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Wir aber leben und dürfen nicht<br />
die Tage versäumen.<br />
Wir tragen geduldig das schwere Gewicht<br />
zu Deinen Träumen.<br />
O Herr, die Leben<strong>de</strong>n kommen zu Dir.<br />
Die wir geliebt, sind allein.<br />
Wir fin<strong>de</strong>n sie nicht.<br />
Du aber wirst die Erleuchtung sein.<br />
Du Licht.<br />
Georg Kafka (1943 in Theresienstadt geschrieben)<br />
Schlaflied für Daniel - Siegfried Einstein<br />
Siegfried Einstein: *30.11.1919, Laupheim (Württ.) Bereits in <strong>de</strong>r Schule als<br />
Ju<strong>de</strong> verpönt. Emigrierte 1934 in die Schweiz. Dort war er <strong>von</strong> 1940-45 in<br />
Arbeitslagern. Kehrte 1953 nach Deutschland zurück. Zunächst lebte er in<br />
Lampertheim, wo er erneut antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt war. Er<br />
sie<strong>de</strong>lte nach Mannheim. 1964 Tucholsky-Preis. Einstein starb 1983. Das<br />
Gedicht “Schlaflied für Daniel” stammt aus <strong>de</strong>m Jahr 1945 und ist im Band<br />
“Das Wolkenschiff” (Zürich 1950) abgedruckt.<br />
(Quelle: http://www.lyrikwelt.<strong>de</strong>/autoren/einstein.htm)<br />
In „Schlaflied für Daniel“ beschreibt das Bild einer Mutter, die<br />
zusammen mit ihrem Kind nachts im Zug durch das zerstörte<br />
Deutschland fährt. Das Kind soll schlafen, o<strong>de</strong>r es schläft schon. Die<br />
Mutter spricht <strong>von</strong> <strong>de</strong>n „Toten <strong>von</strong> Auschwitz“, angesichts <strong>de</strong>rer<br />
eigentlich niemand schlafen kann, soll, darf. Die letzten Zeilen „Die<br />
Toten klagen im Wind - und niemand ist aufgewacht...“ spricht <strong>von</strong> <strong>de</strong>m<br />
Verdrängen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Nichtwahrnehmenwollen <strong>de</strong>s schrecklichen<br />
Geschehens um <strong>de</strong>n Holocaust.<br />
Das Fahren und Rattern <strong>de</strong>s Zuges ist musikalisch durch scheinbar<br />
endlos auf und ab steigen<strong>de</strong> Tonleitern <strong>de</strong>r Streicher zusammen mit <strong>de</strong>r<br />
Bassklarinette ausgedrückt. Beim Überfahren <strong>von</strong> Weichen rattert die<br />
kleine Trommel. Der Satz schwankt zwischen f-moll und e-moll, die<br />
musikalische Struktur ist sehr monoton, wie das einschläfern<strong>de</strong> Fahren<br />
im Zug bei Nacht.