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Elegie von einem polnischen Jungen - Kirchenmusik-Online.de

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8<br />

weise als "feindlicher Auslän<strong>de</strong>r" in De<strong>von</strong> und auf <strong>de</strong>r Isle of Man interniert<br />

war. Nach <strong>de</strong>r Entlassung arbeitete Thoor in Heimarbeit für einen Londoner<br />

Goldschmied. Thoor kehrte nur noch für zwei kurze Besuche nach<br />

Deutschland zurück; er starb 1952 bei einer Bergtour in Tirol.<br />

Das “Sonett <strong>von</strong> <strong>de</strong>r endgültigen Frage” stammt aus <strong>de</strong>m Band “Sonette und<br />

Lie<strong>de</strong>r”. (Quelle: http://www.biologie.<strong>de</strong>/biowiki/Jesse_Thoor)<br />

Im „Sonett <strong>von</strong> <strong>de</strong>r endgültigen Frage“ spricht uns eine Person an, die in<br />

musikalischer Hinsicht auf zweierlei Weise dargestellt wird. Zuerst<br />

beschreibt die Person in Gestalt <strong>de</strong>s Chores eine Idylle: die Schönheit <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong>, die wogen<strong>de</strong>n, fruchtbaren Fel<strong>de</strong>r, die süßen Früchte an <strong>de</strong>n Ästen.<br />

Diese Idylle wird jäh zerstört: Die Person in Gestalt <strong>de</strong>r Sopranistin<br />

schreit die eigentliche Wahrheit hinaus. Sie erzählt <strong>von</strong> <strong>einem</strong><br />

Gehängten, <strong>de</strong>r „vom Win<strong>de</strong> bewegt“ in <strong>de</strong>n Ästen einer Lin<strong>de</strong> baumelt.<br />

Der Chor stellt <strong>de</strong>m Zuhörer die „endgültige Frage“: „He – was sagt ihr<br />

nun?“<br />

Sonett <strong>von</strong> <strong>de</strong>r endgültigen Frage<br />

Ihr sagt, daß unermeßlich reich und voller Schönheit diese Er<strong>de</strong> ist.<br />

Es wogt und drängt bis hin zum Horizont <strong>de</strong>s Kornes Last.<br />

Und wo beglückt <strong>de</strong>r Sonne heller Strahlenkranz zerfließt,<br />

neigt sich <strong>von</strong> süßer Frucht behangen je<strong>de</strong>r Ast.<br />

Ich aber will euch sagen, was ich mit eigenen Augen sah.<br />

(Wohl wahr, in segensreicher Fülle breitet sich das weite Land.)<br />

Oh, einen Menschen sah ich nur, als ich an <strong>einem</strong> Morgen stand,<br />

dort, wo die Stadt beginnt und oft schon ähnliches geschah.<br />

Vom Win<strong>de</strong> bewegt, so hing er hoch, ganz hoch in einer Lin<strong>de</strong>.<br />

Ein Auge zu, in<strong>de</strong>ssen noch das andre starr <strong>de</strong>n Himmel sucht.<br />

Und aufgerissen war <strong>de</strong>r Mund, als brüllte er: Verflucht!<br />

Der Hals jedoch war fest verschnürt in einer grauen Bin<strong>de</strong>.<br />

Und blutig hing das rohe Fleisch aus <strong>de</strong>n zerfetzten Schuh'n.<br />

Was sagt ihr - meine Menschenkin<strong>de</strong>r - he, was sagt ihr nun?<br />

Jesse Thoor (vor 1939)

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