MGH - FACEtten 2001 - Märkisches Gymnasium Hamm
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—————— Facette <strong>2001</strong> ————————————————————<br />
Dr. Hanns-Michael Sennewald<br />
PROFILKLASSEN ALS HER-<br />
AUSFORDERUNG<br />
Profilklassen – Ei des Kolumbus oder<br />
pädagogisches Unwort des Jahres?<br />
Oder aber so sinnvoll wie die Neuerfindung<br />
des Rades? Der Streit tobt<br />
allenthalben in Lehrerkonferenzen,<br />
auf Elternabenden und in der politischen<br />
Öffentlichkeit. Eigentlich<br />
merkwürdig, dass die Medien das<br />
ganze offenbar eher unspektakulär<br />
sehen und sich an der Diskussion<br />
herzlich wenig beteiligen. Dabei ist<br />
das Vorhaben der Landesregierung,<br />
ganze Klassen mit dem Ziel der<br />
Schulzeitverkürzung einzurichten,<br />
von einem Kulturbruch kaum zu unterscheiden.<br />
Gewiss, die Opposition verlangt die<br />
Bändigung gymnasialer Länge schon<br />
seit Jahren, als Bundes-CDU hat sie<br />
diese wie auch die Liberalen in ihr<br />
Parteiprogramm aufgenommen. Im<br />
Lande freilich wirkte die Ankündigung<br />
wie ein Blitz, ein gebändigter allerdings;<br />
denn bei näherem Hinsehen<br />
stellt man Hürden fest, die schwer zu<br />
nehmen waren:<br />
• Zustimmung der Einführung durch<br />
die Schulkonferenz<br />
• Einführungsbeschluss durch den<br />
Schulleiter<br />
• Zustimmung des Trägers<br />
• Genehmigung durch die Schulaufsicht<br />
• Einhaltung des Schulfinanzgesetzes<br />
(also des Klassenrichtwerts,<br />
mithin 28 Kinder pro Klasse)<br />
• Durchgehend gute Leistungen bei<br />
den in Frage kommenden Kindern<br />
• Antragstellung der Eltern<br />
• Genehmigung des Antrags durch<br />
die Versetzungskonferenz<br />
———— 12 ———<br />
Konsequenz: Bereits eine nur vierzügige<br />
oder eine bilinguale Schule<br />
ist in der Regel nicht imstande,<br />
selbstständig eine Profilklasse zu<br />
bilden. Wer also kann Profilklassen<br />
einrichten? Korrekte Antwort:<br />
Fünfzügige Gymnasien ohne bilingualen<br />
Zweig, bei denen Schulkonferenz<br />
und Schulleiter zum Experiment<br />
bereit sind, bei denen Träger<br />
und Aufsicht zustimmen und<br />
bei denen genügend Eltern eine<br />
solche Förderung wünschen. Ein<br />
Blitz also, der sich donnerlos als<br />
Wetterleuchten entpuppt? Sicherlich<br />
nicht, aber ein wenig mehr Mut<br />
vom Ministerium hätte man sich<br />
schon gewünscht, etwas mehr<br />
Gestaltungsspielraum, etwas mehr<br />
Abkehr von reglementierenden und<br />
damit ängstlichen Rahmenvorgaben.<br />
1. Gesellschaftlicher Zustand<br />
14 von 16 Bundesländern haben<br />
die gymnasiale Schulzeit entweder<br />
auf acht Jahre reduziert, Modelle<br />
zur Schulzeitverkürzung eingeführt<br />
oder in der Erprobung oder stehen<br />
unmittelbar vor deren Einführung.<br />
Tatsächlich ist der gesellschaftliche<br />
Druck enorm, die nur in<br />
Deutschland neun Jahre betragende<br />
Spanne bis zum Abitur deutlich<br />
zu verringern. Dabei spielen politische<br />
(s.o.) und wirtschaftliche Interessen<br />
natürlich eine Rolle. Auf<br />
Elternverbandstagungen wird allerdings<br />
ein weiterer – sicherlich<br />
wichtigerer - Faktor in den Mittelpunkt<br />
der Diskussion gerückt: Was<br />
passiert eigentlich mit den jungen<br />
Leuten, die schneller lernen oder<br />
aber leistungsbereiter oder leistungsfähiger<br />
sind als es die Lehrpläne<br />
vorsehen?<br />
Genau genommen, bislang gar<br />
nichts. Sie sind zwar die Motoren<br />
des Unterrichts, von denen man<br />
erwartet, dass sie den Lernprozess<br />
durch ihre Ideen und Leistungen