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verlagdermediziner Journal für Ärztinnen und Ärzte

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ha r n w e g s I n f e k t<br />

Fortbildung<br />

dem Ergebnis der sonographischen<br />

Untersuchung <strong>und</strong> nicht zuletzt vom<br />

Krankheitsverlauf einschließlich der<br />

Laborbef<strong>und</strong>e.<br />

Das Miktionszysturethrogramm<br />

(MCU) ermöglicht die Diagnose eines<br />

vesikorenalen Refluxes. Bei Kindern<br />

unter sechs Jahren mit fieberhaftem<br />

HWI sollte unabhängig von anamnestischen,<br />

klinischen oder sonographischen<br />

Auffälligkeiten ein MCU durchgeführt<br />

werden. Bei älteren Kindern besteht<br />

keine routinemäßige Indikation <strong>für</strong> ein<br />

MCU nach febrilem HWI. Ein MCU ist<br />

allerdings indiziert bei rezidivierenden<br />

HWI, sonographischen Auffälligkeiten,<br />

positiver Familienanamnese hinsichtlich<br />

eines VRR <strong>und</strong> anamnestischem V.<br />

a. eine Blasenentleerungsstörung. Das<br />

konventionelle Röntgen-MCU bietet<br />

gegenüber Sono- <strong>und</strong> Isotopen-MCU<br />

den Vorteil einer besseren Beurteilung<br />

von Blase <strong>und</strong> Harnröhre.<br />

Eine weiterführende Diagnostik<br />

hängt von den erhobenen Bef<strong>und</strong>en<br />

ab. Eine DMSA-Szintigraphie dient<br />

zur Beurteilung der seitengetrennten<br />

Nierenfunktion <strong>und</strong> zum Ausschluss<br />

von Parenchymdefekten. Bei Verdacht<br />

auf eine Obstruktion der oberen Harnwege<br />

wird eine Diureseszintigraphie<br />

(MAG 3-Szintigraphie) durchgeführt.<br />

Computertomographie bzw. Kernspintomographie<br />

sind besonders schweren<br />

Infektionen z.B. zur Beurteilung renaler<br />

Abszesse, differentialdiagnostischen<br />

Fragestellungen oder der Abklärung<br />

komplexer Fehlbildungen vorbehalten.<br />

Die Durchführung eines intravenösen<br />

Ausscheidungsurogrammes ist heute<br />

nur noch selten bei HWI indiziert.<br />

Die Blasenfunktionsdiagnostik gewinnt<br />

bei Kindern mit rezidivierenden<br />

HWI sowie bei Nachweis eines VRR<br />

einen zunehmenden Stellenwert. Heute<br />

sollten neben Miktions-Trink-Protokoll<br />

<strong>und</strong> Stuhlanamnese auch Flow-EMG<br />

<strong>und</strong> Restharnbestimmung zur Basisdiagnostik<br />

bei toilettentrainierten Kindern<br />

gehören. Der Vier-St<strong>und</strong>en-Miktionsbeobachtungstest<br />

(„Windeltest“) kann<br />

wertvolle Informationen über das Miktionsmuster<br />

im Säuglingsalter geben.<br />

Die (Video-)Urodynamik ermöglicht<br />

eine genauere Beurteilung der Blasenfunktion<br />

<strong>und</strong> kommt vor allem bei V. a.<br />

eine neurogene Blasenentleerungsstörungen<br />

zum Einsatz.<br />

Abbildung 1 Sonographie der Blase incl. Restharnmessung, Megau<br />

donographie der blase incl. restharnmessung, Megaureter re.<br />

therapie<br />

Neben der Beseitigung der Krankheitssymptome<br />

<strong>und</strong> der Verhütung von<br />

Bakteriämie <strong>und</strong> Sepsis ist das wichtigste<br />

Ziel der Behandlung, Nierenparenchymschäden<br />

zu verhindern. Bei schwer<br />

kranken Patienten wird nach Harngewinnung<br />

<strong>für</strong> die bakteriologische Untersuchung<br />

die antibiotische Therapie<br />

eingeleitet. Dies setzt die Kenntnis des<br />

Keimspektrums <strong>und</strong> der Resistenzrate<br />

der uropathogenen Keime im Kindesalter<br />

voraus. Eine Harnkontrolle erfolgt<br />

nach 24 bis 48 St<strong>und</strong>en.<br />

Bei einem unkomplizierten afebrilen<br />

Harnwegsinfekt reicht in den meisten<br />

Fällen eine Therapie mit einem oralen<br />

Antibiotikum <strong>für</strong> 5 Tage. Im Gegensatz<br />

zu Erwachsenen besteht im Kindesalter<br />

bei kürzerer Therapiedauer ein erhöhtes<br />

Rezidivrisiko. Medikament der<br />

ersten Wahl ist Trimethoprim ggf. in<br />

Kombination mit Sulfamethoxazol. Des<br />

Weiteren kommen Oralcephalosporine<br />

(z.B. Cefaclor) <strong>und</strong> Amoxicillin zum<br />

Einsatz. Auf Trimethoprim bzw. Trimethoprim/Sulfamethoxazol<br />

sind ca. 70%<br />

der uropathogenen Keime empfindlich.<br />

Bei Neugeborenen sind Aminopenizilline<br />

vorzuziehen (physiologische Nierenunreife,<br />

Gefahr der Bilirubinenzephalopathie,<br />

Methämoglobinbildung <strong>und</strong><br />

Anämie durch Trimethoprim <strong>und</strong> Sulfonamide!).<br />

In der als Erregerreservoir<br />

geltenden Darmflora entwickeln sich<br />

Abbildung 1<br />

jedoch vermehrt Resistenzen gegen<br />

Amoxicillin. Die Resistenzrate liegt<br />

derzeit bei ca. 30% der E. coli bzw. 50%<br />

der E. coli in Krankenhäusern, sodass<br />

Amoxicillin in anderen Altersgruppen<br />

nur nach Antibiogramm z.B. bei Nachweis<br />

von Enterococcus faecalis zum<br />

Einsatz kommt.<br />

Bei unkomplizierten febrilen HWI<br />

<strong>und</strong> gutem Allgemeinzustand des Kindes<br />

kann ebenfalls eine orale antibiotische<br />

Therapie mit oben genannten<br />

Substanzen eingeleitet werden, sofern<br />

eine gute Compliance zu erwarten ist.<br />

Die Therapiedauer sollte bei Infektionen<br />

der oberen Harnwege mindestens<br />

10 Tage betragen.<br />

Bei fehlender Compliance, schlechtem<br />

Allgemeinzustand, ausbleibender<br />

Entfieberung innerhalb von 48 St<strong>und</strong>en<br />

oder bei Verdacht auf einen komplizierten<br />

HWI besteht die Indikation zu<br />

einer parenteralen Antibiotikatherapie.<br />

Auch bei Keimen, die gegen orale Medikamente<br />

resistent sind, wie z.B. Pseudomonas<br />

aeruginose, muss eine parenterale<br />

Therapie durchgeführt werden.<br />

Im frühen Säuglingsalter ist ein HWI<br />

häufig eine Organmanifestation im<br />

Rahmen einer Sepsis, sodass in dieser<br />

Patientengruppe ebenfalls die parenterale<br />

Medikation der Therapie per os<br />

vorzuziehen ist. Bei unbekannter Resistenzlage<br />

erfolgt eine Kombination von<br />

Ampicillin <strong>und</strong> Gentamicin. Alternativ<br />

seite 6 DER MEDIZINER 7-8/2012

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