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MISSIONSBLÄTTER - Abtei St. Otmarsberg Uznach

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Bei meinem Rundgang durch die <strong>Abtei</strong>lungen<br />

schaute ich auch in Zimmer No. 2 der Männerabteilung<br />

hinein. Es ist das Kinderzimmer mit<br />

vier Betten. Hier liegen Buben mit Verbrennungen,<br />

Arm- oder Beinbruch wegen <strong>St</strong>urz von einem<br />

Baum, Unfall beim Sport oder einer Rauferei,<br />

sowie wegen anderen Problemen.<br />

Chrysostomus, ein Bub der Oberstufe der Volksschule,<br />

liegt schon einige Zeit im Krankenhaus<br />

mit einer Beinverletzung, weil er von einem<br />

Mangobaum heruntergefallen ist. Er klagt nicht,<br />

aber er ist ziemlich schweigsam; er ist bedrückt;<br />

man kann es ihm ansehen, dass er leidet. Seine<br />

Mutter ist nur gelegentlich bei ihm anzutreffen,<br />

da sie in der Küche oder sonst wo mit einer Arbeit<br />

für ihn beschäftigt ist. Einige Tage lag sie sogar<br />

selber in der Frauenabteilung als Patientin,<br />

wegen Malaria.<br />

Im Zimmer von Chrysostomus oder im Innenhof<br />

der Männerabteilung ist gewöhnlich sein Schwesterchen<br />

anzutreffen. Es kann schon gehen, aber<br />

noch nicht sprechen.<br />

Diesmal möchte ich Ihnen zwei Geschichten erzählen,<br />

die mich trotz vieler Jahre in Afrika immer<br />

wieder von neuem betroffen machen.<br />

Zunächst die Vorgeschichte: Wir haben in Tansania<br />

seit mehr als 100 Jahren missioniert, Christus<br />

verkündet, jedoch das Heidentum sitzt noch<br />

arg tief im Volksbrauch. Es tritt vor allem in Erscheinung<br />

bei besonderen Anlässen, meist bei<br />

Krankheit und Tod. In den Händen der Alten,<br />

von Männern und Frauen, liegt das Bewahren<br />

von Sitte und Brauchtum der Urväter. Diese<br />

Traditionen werden aus der heidnischen Zeit<br />

weiter überliefert und bis heute praktiziert.<br />

Nun zur ersten Geschichte: Unsere Christin<br />

Mama Gudilla hat Zwillinge geboren. Nach einigen<br />

Monaten verstarb eines davon. Das Kind<br />

wurde beerdigt. Dann wurden die Eltern eingeschüchtert,<br />

denn man sagte ihnen: Nach Vätersitte<br />

darf die Trauer für das Kind nicht aufgeho-<br />

Volksbrauch und Heidentum<br />

Beim Betreten des Zimmers an diesem Sonntagnachmittag<br />

sehe ich das Kind, wie es neben seinem<br />

Bruder im Bett sitzt. Es ist wie immer gut<br />

gelaunt. Schon der Bub auf dem Verbindungsweg<br />

liess mich an das Sonntagsevangelium denken,<br />

erst recht diese Frohnatur. Ich sage zu dem<br />

Kind: «Du erinnerst mich an das, was Jesus heute<br />

im Evangelium gesagt hat.» Da strahlt das<br />

Kind vor Freude. Ich wiederhole: «Ja, Jesus hat<br />

gesagt: Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet<br />

lachen» (Lk 6,21). Deine Heiterkeit erinnert<br />

mich ganz an dieses Wort Jesu. Als ob es mich<br />

verstanden hätte, fängt das Kind an, mit den<br />

Händchen zu klatschen. Es verfällt in einen richtigen<br />

Freudentaumel. Sein ganzes Wesen ist Ausdruck<br />

lauter Freude, die Verkörperung der Verheissung<br />

Jesu. «Ja, genau so werdet ihr lachen»,<br />

wiederhole ich nochmals.<br />

Unbezahlbar, dieses Erlebnis!<br />

P. Basil Fetz<br />

Peramiho (Tansania)<br />

ben werden, sonst stirbt auch der zweite Zwilling.<br />

Doch die Trauer aufheben ist wichtig, um<br />

die Trauerzeit zu beenden. Das geht so vor sich:<br />

Der Priester feiert eine Messe, meist beim Haus<br />

des Verstorbenen, geht dann mit allen zum<br />

Grab, segnet es und spricht das Gebet um das<br />

«Aufheben der Trauer», segnet Haus und Kleider<br />

des Verstorbenen, damit kein Zauber und<br />

Unglück in den Kleidern des Verblichenen sind,<br />

wenn sie jetzt vererbt werden. Dann wird eine<br />

Kuh geschlachtet und für alle ein Traueressen<br />

gegeben. Das ist also nach der Sitte der Väter<br />

und den heidnischen Gebräuchen verboten, da<br />

in diesem Fall auch der zweite Zwilling sterben<br />

würde. Diese Bewahrer der alten «Vätersitte»<br />

fürchtet man, denn sie haben auch die Kraft zu<br />

verwünschen, selbst zu vergiften. Diese Alten<br />

sind sehr angesehen. Doch der Priester darf sich<br />

den heidnischen Sitten nicht beugen! So habe<br />

ich meine Christen in diesem Aussenposten<br />

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