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MISSIONSBLÄTTER - Abtei St. Otmarsberg Uznach

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Den Armen die Frohbotschaft verkünden (Lk 4,18)<br />

Lektüre für Patienten<br />

Während meiner längeren Abwesenheit von Peramiho<br />

ist im Krankenhaus die Verteilung von<br />

Schriften an die Patienten praktisch zum <strong>St</strong>illstand<br />

gekommen. Der einheimische Priester, der<br />

mich in dieser Zeit vertreten hat, und meine Mitarbeiterin,<br />

eine afrikanische Ordensschwester,<br />

klagen, dass die Schriften immer wieder verschwinden.<br />

Die Patienten nehmen sie bei der<br />

Entlassung nach Hause mit; vielleicht sind es<br />

auch Betreuer und Besucher, die diese Schriften<br />

mitlaufen lassen. Besonders begehrt ist das<br />

Chuo cha Sala, eine Kurzfassung des Gebetbuchs,<br />

das mit dem Rosenkranz zur «Ausrüstung»<br />

der Erstkommunikanten gehört.Also:Am<br />

besten keine Schriften mehr verteilen!<br />

Um aber nicht den Eindruck zu erwecken, dass<br />

alle Afrikaner lange Finger haben, möchte ich<br />

eigens zwei löbliche Beispiele erwähnen. Mag<br />

sein, dass sie, in Sachen Schriftenklau im Krankenhaus,<br />

die Ausnahme sind, die die Regel bestätigen.<br />

Als ich mich einmal nach den Krankenbesuchen<br />

beeilte, rechtzeitig zum Chorgebet<br />

in die <strong>Abtei</strong> zurückzukehren, hörte ich, wie jemand<br />

hinter mir herlief und mich rief. Ich drehte<br />

mich um und sah eine Frau auf mich zukommen.<br />

Sie reichte mir eine Schrift, die sie bei der<br />

Entlassung aus dem Krankenhaus in der Eile<br />

mitgenommen hatte. Ich überliess ihr die Schrift<br />

und lobte sie ob ihrer Ehrlichkeit; sie möge weiterhin<br />

in ihrem Leben so ehrlich sein. Ein andermal<br />

überbrachte mir jemand aus einer entfernten<br />

Ortschaft eine Schrift. Ihre Nachbarin<br />

habe sie aus Versehen mitgenommen und bat<br />

sie, mir die Schrift zurückzugeben. Bravo!<br />

Zurück zur Feststellung, dass die Verteilung von<br />

Schriften an die Kranken während meiner Abwesenheit<br />

aus der Übung gekommen ist. Die<br />

Begründung meiner Mitarbeiter mag stimmen,<br />

aber sie sagt nicht alles. Ich glaube, die Afrikaner<br />

erachten die Lektüre für die Patienten nicht<br />

als wichtig. Die afrikanische Kultur ist eine<br />

mündliche; eine Lesekultur muss erst entstehen.<br />

Der äussere Beweis für diese These ist die ra-<br />

Bringt P. Basil ein Paket Schriften ins Spital?<br />

sante Verbreitung des Mobiltelefons in Tansania,<br />

während unser Buchladen es mit der Absetzung<br />

von Schriften nicht so leicht hat.<br />

Bei einem Besuch in der TB-<strong>Abtei</strong>lung traf ich<br />

einmal eine Gruppe von Patienten auf dem<br />

Mäuerchen am Zugang zu dieser <strong>Abtei</strong>lung. Einer<br />

von ihnen bat mich um Lektüre. Da sagte ich<br />

ihm offen: «Ich kann euch keine Schriften mehr<br />

geben, denn ihr nehmt sie beim Austritt aus dem<br />

Krankenhaus einfach mit. Bei euch hat das 7.<br />

Gebot keine Geltung mehr.» Dann fügte ich mit<br />

einem Augenzwinkern hinzu: «Wenn ich wüsste,<br />

wer von euch ein Dieb ist und wer nicht, dann<br />

könnte ich jenen, die nicht stehlen, eine Schrift<br />

austeilen. Aber leider ist die Sache nicht so einfach.<br />

Ihr alle schaut gleich freundlich drein.» Bei<br />

dieser Feststellung schmunzelten alle Anwesenden.<br />

Wenige Tage zuvor sah ich in der TB-<strong>Abtei</strong>lung<br />

bei einem Patienten ein Skandalblättchen mit<br />

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