ELAN - Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe
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12<br />
Adventszeit<br />
Politik<br />
vom Pfarrhaus in die Politik<br />
Karrieren wie die von Joachim<br />
Gauck<br />
Vom ersten Bundespräsidenten<br />
Theodor Heuss über Gustav<br />
Heinemann, Karl Carstens,<br />
Richard von Weizsäcker, Roman<br />
Herzog und Johannes Rau bis zu Horst<br />
Köhler waren die Staatsoberhäupter<br />
der Bundesrepublik erkennbar christlich,<br />
meist protestantisch geprägt.<br />
Ähnliches trifft für die Bundeskanzler<br />
zu: Deren Liste reicht vom rheinischkatholischen<br />
Gründungskanzler Konrad<br />
Adenauer über den hanseatischen<br />
<strong>Luth</strong>eraner Helmut Schmidt und<br />
pfälzischen Katholiken Helmut Kohl<br />
bis zur ostdeutschen Pastorentochter<br />
Angela Merkel. Doch Geistliche<br />
in leitenden politischen Ämtern<br />
blieben zunächst die Ausnahme.<br />
Die evangelische Pastorin Antje Vollmer,<br />
eine Wortführerin der ersten<br />
Generation der Grünen im Bundestag,<br />
war von 1994 bis 2005 Vizepräsidentin<br />
des Parlaments. Vereinzelt gab es<br />
auch in den Reihen der SPD-Fraktion<br />
Theologen, wie etwa die beiden pfälzischen<br />
Pfarrer Rudolf Kaffka und Horst<br />
Sielaf sowie Udo Fiebig aus dem westfälischen<br />
Lünen. Dass es mittlerweile<br />
neben Juristen, Lehrern, Beamten und<br />
Landwirten unter den Volksvertretern<br />
mehr Pfarrer gibt, ist vor allem ein<br />
Ergebnis der friedlichen Revolution in<br />
der DDR.<br />
An den Runden Tischen und in der<br />
ersten frei gewählten Volkskammer<br />
spielten ostdeutsche Pfarrer eine herausgehobene<br />
Rolle. „Die Kirche war<br />
der einzige demokratische Sektor in<br />
der DDR“, erklärt der SPD-Politiker<br />
und profilierte Kirchenmann Jürgen<br />
Schmude das politische Engagement<br />
evangelischer Christen. Im ersten<br />
gesamtdeutschen Bundestag saßen<br />
zwölf Theologen, darunter acht aus<br />
den neuen Ländern. Richard Schröder,<br />
Markus Meckel, Christel Hanewinckel,<br />
Edelbert Richter, Rainer Eppelmann,<br />
Michael Stübgen und Wolfgang Ull-<br />
mann gehörten zu den evangelischen<br />
Pfarrern, die in die Politik wechselten<br />
und sich in CDU, SPD oder bei<br />
den Bündnisgrünen engagierten.<br />
Inzwischen finden sich selbst unter<br />
den Mandatsträgern von Linkspartei<br />
und Freidemokraten Pfarrer. Jürgen<br />
Klute zog für die Linkspartei ins EU-<br />
Parlament, Pascal Kober sitzt für die<br />
FDP im Bundestag. Seit 22 Jahren ist<br />
Peter Hintze Bundestagsmitglied. Der<br />
CDU-Politiker war vor seiner politischen<br />
Karriere Pfarrer in Königswinter<br />
bei Bonn. Wie kein anderer Kollege<br />
aus dem geistlichen Stand sah sich<br />
Hintze immer wieder dem Spott politischer<br />
Gegner ausgesetzt, die ihn mit<br />
polemischem Unterton als „Pfarrer<br />
Hintze“ titulieren - obwohl er schon<br />
schiedene Posten inne, bevor sie<br />
2009 Ministerpräsidentin wurde. Der<br />
jüngste Wechsel eines Pfarrers in die<br />
Politik liegt ein Jahr zurück. Der Beauftragte<br />
der evangelischen Kirche in der<br />
<strong>Luth</strong>erstadt Wittenberg, Stephan Dorgerloh,<br />
übernahm in Sachsen-Anhalt<br />
das Kulturressort. Katholische Geistliche<br />
bleiben der Politik indes fern.<br />
Ihnen ist es nach dem Gesetzbuch<br />
der katholischen Kirche ausdrücklich<br />
untersagt, „öffentliche Ämter anzunehmen,<br />
die eine Teilhabe an der<br />
weltlichen Gewalt mit sich bringen“.<br />
Mit der Wahl von Joachim Gauck zum<br />
Bundespräsidenten dürfte erstmals<br />
ein Theologe das höchste Staatsamt<br />
übernehmen. Einen Kleriker als<br />
Früher Pfarrer jetzt Bundespräsident Joachim Gauck<br />
vor Jahrzehnten aus dem Pfarrdienst<br />
ausgeschieden ist. Auch in der Landespolitik<br />
machen ehemalige Pastoren<br />
Karriere: Der SPD-Politiker Steffen<br />
Reiche war über zehn Jahre Minister<br />
des Landes Brandenburg. Christine<br />
Lieberknecht von der CDU hatte in<br />
der thüringischen Landespolitik ver-<br />
Foto: epd<br />
Staatspräsidenten kennt sonst nur<br />
noch das südamerikanische Paraguay.<br />
Dort ist seit 2008 Fernando Lugo,<br />
ein ehemaliger katholischer Bischof,<br />
Staatsoberhaupt. (epd)