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ELAN - Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe

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Geistliches Wort<br />

Ostern – die Botschaft unter der Schale<br />

Zu Ostern gehen große und<br />

kleine Kinder wieder auf Eiersuche!<br />

Im Garten, bei schlechtem<br />

Wetter im Wohnzimmer, werden<br />

von Erwachsenen Eier versteckt, die<br />

dann von Kindern am Ostermorgen<br />

gesucht werden. Eine schöne Sitte!<br />

Wenn meine inzwischen erwachsenen<br />

Kinder zu Ostern kommen, bestehen<br />

sie darauf, dass sie auch in ihrem<br />

fortgeschrittenen Alter auf Eiersuche<br />

gehen dürfen. Ostereier, die die Kinder<br />

im Garten oder erst recht in der<br />

Wohnung einige Wochen nach Ostern<br />

immer noch nicht gefunden haben,<br />

streicht man für gewöhnlich vom<br />

Speiseplan – sie muss man nicht mehr<br />

suchen. Die verlorenen Eier machen<br />

schon von sich aus aufmerksam. Sie<br />

stinken! Denn sie gehen langsam in<br />

einen anderen Zustand über, in den<br />

der Verwesung. Alles Lebende hat<br />

diesen Gang vor sich. Die von Hühnern<br />

gelegten Eier signalisieren: Es<br />

gibt neben dieser „kleinen“ Welt noch<br />

eine andere; und in die gelangen wir<br />

so oder so. Das ist bei Schokoladeneiern,<br />

die am Ostermorgen nicht gefunden<br />

werden und dann zu Pfingsten<br />

oder zu Weihnachten beim Aufräumen<br />

in ihren wohlgehüteten Verstekken<br />

entdeckt werden, nicht anders.<br />

Genießbar sind sie nicht mehr!<br />

Entweder es geht dem Leben wie<br />

einem jungen Frühlingsküken in der<br />

Eierschale, das vermutlich von der<br />

großen abgebrühten Außenwelt vorgeburtlich<br />

ein paar Geräusche wahrnimmt<br />

und sonst nichts und das dann<br />

beim Anblick der großen weiten Welt,<br />

nachdem es aus dem Ei geschlüpft<br />

ist, aus dem Staunen nicht herauskommt.<br />

Oder aber das Leben hat uns<br />

längst weichgekocht und abgekocht,<br />

uns vielleicht bunt bemalt und die<br />

Haarfarbe verändert – und doch dann<br />

irgendwie vor der Zeit vergessen und<br />

frühzeitig zur Ruhe gebracht. Und es<br />

bleibt nur noch die Verwesung – so<br />

oder so! Vermutlich haben die Missionare<br />

aus Irland, die das Christentum<br />

zu den Germanen gebracht haben,<br />

so oder ähnlich gesprochen. Denn<br />

die Sitte, im Frühjahr Eier zu bemalen<br />

und zu verstecken, haben unsere Vorfahren,<br />

die alten Germanen, schon<br />

gepflegt, als sie die Botschaft von<br />

der Auferstehung Jesu Christi noch<br />

gar nicht gekannt haben. Im Symbol<br />

des Eies entdeckten sie den Gang<br />

des Lebens: Fruchtbarkeit siegt über<br />

Unfruchtbarkeit, das Leben über das<br />

Verwesen, das Leben über den Tod.<br />

Das war bei den Germanen und bei<br />

anderen Religionen offenbar ganz<br />

irdisch gemeint. Von der Wirklichkeit<br />

der Auferstehung des gekreuzigten<br />

Christus war da noch gar nicht die<br />

Rede. Die alten Ägypter kannten übrigens<br />

den Brauch, ihren Toten Eier mit<br />

auf die Reise zu geben, und das taten<br />

sie natürlich nicht, damit die Toten<br />

etwas zu essen hätten. Der Tote isst<br />

Foto: kd<br />

Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke<br />

nicht viel, das wussten auch die Ägypter.<br />

Die Beigabe für die Toten weist<br />

auf etwas anderes hin: Die Eier signalisieren<br />

den Sterbenden und eben<br />

Gestorbenen einen wichtigen Wunsch<br />

der Angehörigen: Fürchte dich nicht!<br />

Wir sind an deiner Seite – du gehst<br />

momentan durch eine schwere Zeit –<br />

der Weg in den Tod ist eng, aber dann<br />

wird es weit! Wie das Küken sich aus<br />

den Eierschalen und der Enge befreit,<br />

so gehst du momentan, der du uns<br />

vertraut und lieb gewesen bist, in<br />

einen anderen Zustand über! Hinter<br />

dieser Welt liegt eine andere, ganz<br />

andere.<br />

Auf dieses Wissen, im Kreislauf<br />

der Natur die Kraft des Lebens zu<br />

beschwören, trafen die christlichen<br />

Missionare. Und sie redeten den Germanen<br />

die Sitte mit dem Verstecken<br />

und Suchen der Ostereier nicht aus,<br />

sondern sie deuteten sie um – durch<br />

den Hinweis auf die Auferstehung des<br />

gekreuzigten Jesus von Nazareth. Sein<br />

Weg weist nicht nur auf einen Wandel<br />

in der Natur, in dem das Leben<br />

wahrlich gewaltige Kräfte gegen den<br />

Tod entwickeln kann. Der Weg Jesu<br />

von Nazareth durchbricht ein ewiges<br />

Werden und Vergehen, wie wir es an<br />

der Natur beobachten können, wo<br />

nach einem langen Winter mit einem<br />

Mal in kaum mehr vermuteter Kraft<br />

die Zweige ausschlagen. Im Weg Jesu<br />

von Nazareth wird die Leben stiftende<br />

Kraft Gottes sichtbar, der den Tod ein<br />

für allemal überwinden will – und zum<br />

Gespött erklärt.<br />

Für die ersten Christen war klar, was<br />

zwischen Ostern und Himmelfahrt für<br />

Erfahrungen gemacht werden können:<br />

Lieber sich unter die Flügel des<br />

unendlichen Gottes begeben, der in<br />

Jesus Christus der Welt den Weg ins<br />

Leben gewiesen hat, einen Weg, der<br />

unumkehrbar ist. Lieber sich unter<br />

die Flügel dieses barmherzigen Gottes<br />

begeben, sich wärmen lassen und<br />

sich anstecken lassen in der Freude<br />

über den Anbruch einer neuen Wirklichkeit,<br />

die mit Jesu Auferstehung nur<br />

beginnt – und die auch auf uns und die<br />

uns Vorausgegangen, die wir schon zu<br />

Grabe gebracht haben, wartet! Lieber<br />

so sich von der Osterfreude anstecken<br />

zu lassen, als nur abgebrüht und bisweilen<br />

grell bemalt auf den Tod und<br />

die Verwesung zu warten.<br />

Frohe Ostern!<br />

In diesem Sinne bin ich mit<br />

herzlichen Grüßen Ihr<br />

Dr. Karl-Hinrich Manzke, Landesbischof<br />

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