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ELAN - Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe

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Der erste Gang zum Tisch des Herrn<br />

Vor rund 100 Jahren bekamen die<br />

Konfirmanden ihre erste Abendmahlstracht<br />

Was ziehe ich nur an?<br />

Lange Röcke, breite Kragen,<br />

das Spitzentaschentuch<br />

am ersten eigenen Gesangbuch:<br />

Die Konfirmanden bestimmen selbst,<br />

was sie anziehen.<br />

Eine Diskussion um das Outfit zur<br />

Konfirmation gab es noch bis vor 100<br />

Jahren nicht. Die Mädchen und Jungen<br />

trugen Tracht. „Die Konfirmanden<br />

gingen das erste Mal zum Tisch<br />

des Herrn“, sagt Henning Dormann.<br />

Er kennt sich aus mit den Trachten in<br />

der Region, forscht dazu und pflegt<br />

das Wissen um die Trachtenkultur im<br />

<strong>Schaumburg</strong>er Land.<br />

Die Konfirmation war der Übergang<br />

vom Kind zum Erwachsenen. Für die<br />

meisten Kinder in <strong>Schaumburg</strong> endete<br />

die Schule mit der achten Klasse, sie<br />

gingen in die Lehre oder auf einem<br />

Bauernhof „in Stellung“. Das erste<br />

Abendmahl an der Konfirmation war<br />

der Grund für die erste Abendmahlstracht.<br />

Die Anschaffungskosten waren viel<br />

höher als heute. „Aber diese Anschaffung<br />

hat sich gelohnt“, sagt Dormann.<br />

Die erste Abendmahlstracht wurde<br />

danach vielfach benötigt: Außer<br />

zum Abendmahl wurde sie von Taufpaten<br />

zur Taufe getragen, und war<br />

Grundstock der Tracht zur Beerdigung.<br />

Die Eltern haben für die Ausstattung<br />

gesorgt. Paten schenkten<br />

einzelne Teile dazu. Die Jungs bekamen<br />

eine lange schwarze Hose und<br />

einen schwarzen „Kerkenrock“. Der<br />

schwarze Mantel hatte im Bückeburger<br />

Raum rote Nähte. In der Gegend<br />

um Lindhorst und Bad Nenndorf<br />

große Knöpfe. Darunter trugen sie<br />

über dem Abendmahlshemd, das mit<br />

den Initialen und dem Konfirmationsjahr<br />

bestickt war, ein schwarzes Kaput.<br />

Den Kopf bedeckten je nach Region<br />

ein Hut oder eine Fellmütze. Sobald<br />

die Männer aber die Kirche betraten,<br />

nahmen sie die Kopfbedeckung ab.<br />

Bis heute hat sich dieser Ausdruck von<br />

Ehrfurcht erhalten. Der schwarze Kerkenrock<br />

wurde ausschließlich für den<br />

Gang zum Altar getragen, sagt Dormann.<br />

Die Grundausstattung der Abendmahlstracht<br />

der Mädchen war<br />

umfangreicher: Auch sie bekamen<br />

ein Leinenhemd mit ihren Initialen<br />

und der Jahreszahl der Konfirmation,<br />

erklärt Dormann. Die Ärmel zeigten<br />

am Rand feine Spitze. Über dem<br />

blauen Unterrock lag ein schwarzer<br />

Rock, an dessen Saum ein schwarzes<br />

Band angebracht war. Im Raum<br />

Bückeburg war darauf ein Granatapfelmuster<br />

zu sehen. Im Raum Bad<br />

Nenndorf bestand das Band aus<br />

gemusterter Seide. Über dem Rock<br />

trugen die Mädchen eine schwarze<br />

Schürze. „Die Schürze passte man der<br />

Lebenssituation an. War ein Mädchen<br />

in Trauer, zeigte die Schürze schlichtes<br />

Schwarz. In Freudenzeiten banden die<br />

Mädchen in sich gemusterte Schürzen<br />

um. Die Farbe Schwarz aber blieb die<br />

einzige“, so Dormann. Den Oberkörper<br />

bedeckte im Bückeburger Raum ein<br />

Wams, im östlichen Teil des <strong>Schaumburg</strong>er<br />

Landes „Kaput un Bostdauk“.<br />

Konfirmation<br />

Als Abschluss trugen die Mädchen<br />

eine Abendmahlsmütze. Sie bestand<br />

um Bückeburg aus dem Granatapfelband,<br />

das auch am Rock verarbeitet<br />

wurde. Im „Österten“ bestand sie aus<br />

dem schwarzen Seidenband, das an<br />

Rock, Kaput un Bostdauk getragen<br />

wurde, und war zusätzlich mit schwarzer<br />

Tüllspitze verziert.<br />

Speziell zum ersten Abendmahl an<br />

der Konfirmation trugen die Mädchen<br />

eine weiße Schürze, ein Schultertuch<br />

aus weißem Tüll mit Blütenstickerei<br />

und ein doppeltes „Abendmahlshälschen“.<br />

„An den Farben hat sich bis<br />

heute nichts geändert“, so Dormann.<br />

Weiß sei die Farbe, die in der Liturgie<br />

Christus zugeordnet sei, und spiegele<br />

sich in Schürze, Schultertuch und Hälschen<br />

wieder. Mögen die Mädchen und<br />

Jungs heute, mehr als hundert Jahre<br />

Foto: Henning Dormann.<br />

In Tracht gingen die Jugendlichen, wie hier 1928 in Hohnhorst zur Konfirmation.<br />

später, ganz anders zur Konfirmation<br />

gehen, schwarz und weiß tragen sie<br />

immer noch. Hi<br />

Wer eine Original-Abendmahlstracht<br />

anschauen möchte, kann das<br />

zum Beispiel im Museum Rodenberg<br />

immer sonnabends und sonntags<br />

von 15 bis 17 Uhr. Weitere<br />

Infos dazu gibt es im Internet unter<br />

www.museum-rodenberg.de.<br />

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