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Globales Lernen in Österreich - Paulo Freire Zentrum

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10E<strong>in</strong>e Schule wird als e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung beschrieben, <strong>in</strong>der die heranwachsende Generation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vomAlltag abgegrenzten Lebensraum durch professionelleKräfte zu Lernprozessen angeregt werden soll. Damitwird davon ausgegangen, e<strong>in</strong>e Basis für den Erhalt unddie Weiterentwicklung von Gesellschaft schaffen zukönnen (Lang-Wojtasik 2009b; Lang-Wojtasik 2008).In diesem Verständnis von Schule stecken verschiedeneAnnahmen und Hoffnungen, die an die Schuleals Institution, Organisation, Interaktionsort und <strong>in</strong>ternationalesPhänomen im nationalen Rahmen gestelltwerden. Im Folgenden seien daher die zentralenAspekte von Schultheorie mit e<strong>in</strong>em Schwerpunktim deutschsprachigen Raum skizziert.Die Schule ist e<strong>in</strong>e (zeitlich) Institution im sozialenWandel, <strong>in</strong> der der Erhalt und die Weiterentwicklungvon Gesellschaft und Kultur (Re-Produktion) erhofftwerden. Angenommen wird auch, dass über schulischeKulturalisation und Sozialisation (Scolarisation)e<strong>in</strong>e Persönlichkeitswerdung ermöglicht und so e<strong>in</strong>eIntegration <strong>in</strong> Gesellschaft wahrsche<strong>in</strong>lich wird.Gleichzeitig ist anerkannt, dass Selektion stattf<strong>in</strong>det,die sich <strong>in</strong> der Spannung anzustrebender Chancengleichheitund praktizierter Auslese ereignet. Dies iste<strong>in</strong> zentraler Aspekt, an dem Schulkritik und Forderungennach Reformen von Schule ansetzen (Lang-Wojtasik 2008, S. 131 – 143).Die Schule ist e<strong>in</strong>e (sachlich) Organisation, die e<strong>in</strong>enUmgang mit Wissen und Entscheidung ermöglichensoll. Durch Lernorganisation wird e<strong>in</strong> Wissenszuwachsfür Qualifikation erhofft, um an die Gesellschaft anschlussfähigzu werden. Durch Verwaltungsorganisationwird e<strong>in</strong>e spezifische formelle Struktur angestrebt,<strong>in</strong> der zweckrationale Entscheidungen prägend s<strong>in</strong>d,die z.B. die Mitgliedschaft <strong>in</strong> dieser Organisation regeln(Schüler/<strong>in</strong>nen und Lehrkräfte). Die Unterrichtsorganisationist durch Standardisierung und Homogenisierungstendenzengeprägt, um die Gleichheit allerangesichts ihrer Heterogenität durchsetzen zu können.ÄußereSchulentwicklung lässt sich auf die Formel ‚lernendeOrganisation‘ zuspitzen, womit e<strong>in</strong>e Veränderungder organisatorischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>zu mehr Autonomie geme<strong>in</strong>t ist (ebd., S. 120 – 131).Die Schule ist e<strong>in</strong> (sozial) Interaktionsort, <strong>in</strong> dem dieBildungundMündigkeit aller <strong>Lernen</strong>den im konkretenTun gefördert werden soll. Dies wird als möglich angesehen,weil die Schule als Schutz-undSchonraum betrachtetwird; Abschottung gegen das ‚wirkliche Leben‘und reduzierte Integration dieses Lebens <strong>in</strong>pädagogischem S<strong>in</strong>ne. Damit wird e<strong>in</strong> Rahmen geschaffen,<strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e Zertifizierung von Lernzuwächsenund e<strong>in</strong>e Zuteilung ‚kulturellen Kapitals‘ trotz Heterogenitätder <strong>Lernen</strong>den möglich ist. InnereSchulentwicklung konzentriert sich auf diese Aspektevon Schule. Zentral ist hier z.B. die Forderung nach e<strong>in</strong>er‚neuen Lernkultur‘ (ebd., S. 143 – 152).Die Schule ist darüber h<strong>in</strong>aus (räumlich) mit Internationalisierungstendenzenkonfrontiert, die als Herausforderungan das nationale Bildungswesen gestelltwerden (ebd., S. 94 – 120). Zunächst ist offensichtlich,dass sich die Idee e<strong>in</strong>er Allgeme<strong>in</strong>bildenden Schuleweltweit ideengeschichtlich verbreitet hat (Universalisierungder Schule <strong>in</strong> der Moderne). Gleichzeitig istauch erkennbar, dass die Verbreitung von Schulensich realgeschichtlich regional sehr unterschiedlichdarstellt (Adick 1992; Lenhart 2000; Meyer/Ramirez2005). Im UNESCO-Education-For-All-Bericht von2010 ist zu lesen, dass auch im Jahr 2015 56 MillionenK<strong>in</strong>der ke<strong>in</strong>en Zugang zur Schule haben werden,759 Millionen Erwachsene nicht werden lesen undschreiben können und zwei von drei erwachsenenAnalphabetInnen Frauen se<strong>in</strong> werden (UNESCO 2010;Datta/Lang-Wojtasik 2010). Mit der ideengeschicht -lichen Verbreitung der Schule geht auch e<strong>in</strong>eGeneralisierungderBildungssemantikund-theorie e<strong>in</strong>her,wie sie im Delors-Bericht (Deutsche UNESCO-Kommission 1997) oder den <strong>in</strong>ternationalen Schulleistungsvergleichsuntersuchungenprom<strong>in</strong>ent s<strong>in</strong>d(stellvertretend für andere: Klieme et al 2010). Dierealgeschichtliche Verbreitung der Massenbildungwird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ExpansiondermodernenSchule deutlich,die <strong>in</strong> Deutschland ab den 1970er Jahren massiv wirksamwird (Baumert/Cort<strong>in</strong>a/ Lesch<strong>in</strong>ksy 2008, S. 76ff).Im deutschsprachigen Kontext wird die Frage desZusammenhanges von nationalerSchuleundMigrationspätestens ab den 1960er/1970er Jahren wahrnehmbar,als die K<strong>in</strong>der der ArbeitsmigrantInnen v. a.aus den 1950er Jahren <strong>in</strong> den deutschen Schulenauftauchten (Schmidtke 2005). Zudem gibt es Tendenzen,dass die alte sozialreformerische Forderungnach Bildung für alle – zuletzt bestärkt <strong>in</strong> Jomtien(1990) und Dakar (2000) zunehmend auch ökonomisch<strong>in</strong>terpretiert wird, um das ‚Humankapital‘

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