Seumes Nachleben - bei Johann Gottfried Seume
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<strong>bei</strong> der sogenannten „Kreuzkirche“ und verdankt sich der Initiative der seinerzeit sehr<br />
bekannten Charlotte Elisabeth Konstanze (Elisa) von der Recke (1754 – 1833).<br />
1859, <strong>bei</strong> der Enthüllung des <strong>Seume</strong>-Denkmals hielt Dr. August Sauer, damals<br />
Professor an der Deutschen Universität in Prag, die Festrede und würdigte darin<br />
<strong>Seume</strong> sowohl als Wanderer, als auch als Repräsentanten des deutschen<br />
Volkstums: „Als ein Vorläufer des Turnwesens, ein Gesinnungsgenosse von Jahn<br />
(Anm. KWB: dem nationalistisch gesinnten „Turnvater“) u.a. zählt der rüstige<br />
Wanderer zu den Erneuerern unseres Volkstums.“ 25 Mit derartigen Interpretationen<br />
seines Werkes rückt <strong>Seume</strong> bereits in die Nähe des sogenannten Dritten Reichs.<br />
Und man hat ihn auch in diesem Sinne instrumentalisiert. 26<br />
Nun sind Regeln (hier: die vaterländisch-nationalistische bis wilhelminische<br />
Interpretation des seumischen Werks), nur an seinen Ausnahmen als Regeln<br />
erkennbar. Eine Ausnahme bildet das <strong>Seume</strong>-Denkmal in Bremen 27 . Es ist<br />
ursprünglich 1864 eingeweiht und nach dem zweiten Weltkrieg an fast der gleichen<br />
Stelle wieder errichtet worden. Es zeigt das Portrait unseres bemerkenswerten<br />
Sachsen und trägt die Inschrift: „1783 wurde der Dichter auf seiner Flucht von<br />
Bremer Bürgern gerettet“. Gedacht wird also des Deserteurs <strong>Seume</strong>.<br />
Der Mann, dem wir den Bremer „Denkstein“ verdanken, war Hermann Allmers (1821-<br />
1902). Ein reicher niedersächsischer Bauer, Dichter, Heimatforscher, Kunstmäzen<br />
und in seiner Jugend aktiver Streiter für ein demokratisches, geeintes Deutschland,<br />
das bekanntlich 1848 in der Frankfurter Paulskirche greifbar nahe schien. Angesichts<br />
der Baustelle der „unvollendeten Kattenburg“ des Kurfürsten Wilhelm I von Hessen-<br />
Kassel, war Allmers der Gedanke gekommen: „Für das Schand- und Blutgeld der<br />
verkauften zwölftausend Landeskinder sollte dieser riesige Palast gebaut werden –<br />
davon ein Würfelquader, das wäre der rechte Denkstein für <strong>Seume</strong>“ 28 . In diesem<br />
Sinn, wenn auch aus anderem Material erbaut, gibt das Denkmal noch heute zu<br />
denken. Dass Allmers später selber ziemlich „wilhelminisch“ dachte und sein<br />
Biograph Theodor Siebs ein Erz-Nazi war, sei nicht verschwiegen.