Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Besser, billiger, Biber<br />
Unerklärliches geschieht <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>s Tälern: In großer Zahl umschwirren<br />
Libellen über Nacht entstandene Tümpel und Teiche,<br />
Frösche vermehren sich rasant, der Chor der Vögel wird immer<br />
bunter und vielstimmiger. E<strong>in</strong>ziger H<strong>in</strong>weis für rätselnde Biologen:<br />
An jedem Tatort ist der nächste Biberdamm nicht weit.<br />
Sollte tatsächlich der nach <strong>Bayern</strong> zurückgekehrte<br />
Nager für das Aufblühen von Flora und Fauna verantwortlich<br />
se<strong>in</strong>? Immerh<strong>in</strong> ist er neben dem Menschen<br />
e<strong>in</strong>e der wenigen Tierarten, die Gewässer grundlegend<br />
verändern können. Wo ihnen die Gewässer zu<br />
seicht s<strong>in</strong>d, bauen Biber Dämme. Ganze Ketten flacher<br />
Biberseen können so entstehen. Natürlich werden<br />
diese Seen von unterschiedlichsten aquatischen Insekten<br />
wie Wasserkäfern, Köcherfliegen und Libellen besiedelt.<br />
In mittelfränkischen Bibergewässern wurden<br />
so viele Libellenarten gefunden, wie sonst nur <strong>in</strong> mehrfach<br />
so großen <strong>Natur</strong>schutzgebieten.<br />
Wenn Biber im dichten Uferwald aktiv werden,<br />
kommt Licht <strong>in</strong>s Dunkel. Der bessere Lichte<strong>in</strong>fall begünstigt<br />
e<strong>in</strong>e artenreiche Krautschicht, von der viele<br />
Tiere profitieren. Die »Biberlichtungen« s<strong>in</strong>d der natürliche<br />
Lebensraum von Schmetterl<strong>in</strong>gen feuchter<br />
Wälder wie den Schillerfaltern oder Eisvögeln. Eidechsen<br />
und Schlangen f<strong>in</strong>den auf gefällten Baumstämmen<br />
Sonnplätze. Und lichtliebende Bäume wie Birken, Weiden<br />
und Pappeln breiten sich aus. Auf diese Weise wird<br />
der Wald vielfältiger und natürlicher.<br />
Fische freuen sich besonders<br />
Amphibien haben auf die Wiederansiedlung des Bibers<br />
regelrecht »gewartet«. Von den 20 Arten, die <strong>in</strong><br />
Deutschland Stillgewässer zur Fortpflanzung aufsuchen,<br />
wurden bereits 16 <strong>in</strong> Biberteichen nachgewiesen,<br />
darunter so anspruchsvolle wie Feuersalamander,<br />
Kammmolch, Gelbbauchunke und Moorfrosch. Der<br />
Grasfrosch (Foto) fand zum Beispiel am mittelfränkischen<br />
Fl<strong>in</strong>sbach ke<strong>in</strong>e Laichgewässer – bis der Biber<br />
e<strong>in</strong>traf. Nach wenigen Jahren zählte man e<strong>in</strong>e Population<br />
von mehreren 1000 Tieren!<br />
Die vielleicht größten »Biberfans« s<strong>in</strong>d Fische. H<strong>in</strong>ter<br />
jedem Biberdamm lagern sich Nährstoffe ab, die ihr<br />
Nahrungsangebot erhöhen. Forellen etwa werden so<br />
zahlreicher und auch deutlich größer als im frei fließenden<br />
Bach. Durch die Struktur- und Strömungsvielfalt<br />
steigt auch die Zahl der Fischarten deutlich an. So<br />
leben etwa <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bach bei Freis<strong>in</strong>g nach der Umgestaltung<br />
durch die Biber doppelt so viele Fischarten<br />
wie zuvor.<br />
Wo Biber die Landschaft gestalten, f<strong>in</strong>den sich Wasser-,<br />
Sumpf- und Röhrichtvögel schnell e<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>er<br />
Foto: privat Größerer Artenreichtum, Schutz vor Hochwasser<br />
Der Autor<br />
Der Biologe Uli<br />
Meßl<strong>in</strong>ger ist freiberuflich<br />
<strong>in</strong> der<br />
<strong>Natur</strong>schutzforschung<br />
tätig und<br />
engagiert sich im<br />
BN-Arbeitskreis<br />
Artenschutz.<br />
14 <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> [1-10]<br />
Foto: Meßl<strong>in</strong>ger Fotos: Willner<br />
Fischotter Grüne Keiljungfer<br />
Fotos: Willner<br />
Weiße Seerose<br />
Studie aus Mittelfranken wurden <strong>in</strong> acht Biberrevieren<br />
seit 1999 <strong>in</strong>sgesamt 105 Vogelarten registriert, darunter<br />
49 seltene wie Wasserralle, Eisvogel und Blaukehlchen<br />
und elf hochgradig gefährdete bayerische Brutvogelarten<br />
wie Bekass<strong>in</strong>e, Krickente und Rohrdommel.<br />
Meister Bockert hat den Schlüssel<br />
E<strong>in</strong> Paradebeispiel ist der Eisvogel: Das Wirken der<br />
Biber vermehrt se<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>fischnahrung massiv, die<br />
Äste der gefällten Bäume und Büsche liefern Sitzwarten,<br />
und se<strong>in</strong>e Brutröhren kann er <strong>in</strong> Uferabbrüchen<br />
anlegen, die entstehen, wenn Biber Dynamik <strong>in</strong> die<br />
Bäche br<strong>in</strong>gen. Besonders wichtig ist der Biber für den<br />
seltenen Fischotter (Foto), der sogar <strong>in</strong> Biberburgen<br />
mit e<strong>in</strong>zieht. Vor allem aber verbessern Biberteiche das<br />
Angebot an Fischen und Fröschen als Otternahrung<br />
um e<strong>in</strong> Vielfaches.<br />
E<strong>in</strong>deutiges Fazit der bisherigen Studien: Der Biber<br />
wirkt als »Schlüssel-Art« für die Biodiversität. Wo er<br />
tätig wird, entsteht Lebensraum auch für e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
anderer Tiere und Pflanzen – kostenlos, unbürokratisch<br />
und nachhaltig.