Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Fotos: BfN Foto: Planungsbüro Koenzen<br />
Mitteleuropas artenreichste Lebensräume<br />
weitgehend zerstört<br />
Au weh!<br />
Intakte Fluss-Auen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e moderne Arche Noah – und <strong>in</strong><br />
Deutschland und <strong>Bayern</strong> e<strong>in</strong>e Rarität. Es besteht dr<strong>in</strong>gender<br />
Handlungsbedarf, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und<br />
den ökologischen Zustand der Auen zu verbessern.<br />
Die Autoren<br />
Dr. Thomas Ehlert<br />
und Dr. Sandra<br />
Balzer s<strong>in</strong>d wissenschaftlicheMitarbeiter<br />
beim <strong>Bund</strong>esamt<br />
für <strong>Natur</strong>schutz,<br />
Bonn, mit<br />
den Arbeitsschwerpunktenbundesweiter<br />
Auenschutz<br />
(Ehlert) und ZoologischerArtenschutz<br />
(Balzer).<br />
Auen s<strong>in</strong>d die natürlichen Überflutungsgebiete entlang<br />
unserer Fließgewässer und somit unverzichtbar<br />
für den vorsorgenden Hochwasserschutz. Sie sorgen<br />
für sauberes Tr<strong>in</strong>kwasser, s<strong>in</strong>d wichtige Erholungsräume<br />
für den Menschen sowie länderübergreifende<br />
Achsen für den Biotopverbund und damit Lebensraum<br />
für e<strong>in</strong>e Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere.<br />
Wie es um den Zustand der Fluss-Auen <strong>in</strong> Deutschland<br />
bestellt ist, hat das <strong>Bund</strong>esamt für <strong>Natur</strong>schutz (BfN)<br />
nun erstmalig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Auenzustandsbericht dargelegt.<br />
Mit der Studie, die die Auen von 79 Flüssen auf<br />
e<strong>in</strong>er Länge von rund 10 000 Flusskilometer mit e<strong>in</strong>er<br />
Gesamtfläche von rund 15 000 Quadratkilometer umfasst,<br />
wird nicht nur der besorgniserregende Zu stand<br />
der Auen dokumentiert, sondern es wird damit gleichzeitig<br />
e<strong>in</strong>e bundesweit e<strong>in</strong>heitliche Messlatte für den<br />
Erfolg der Schutzbemühungen geschaffen.<br />
Zwei Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen<br />
an den Flüssen <strong>in</strong> Deutschland können bei Hochwasser<br />
nicht mehr überflutet werden. An den großen<br />
Flüssen wie Rhe<strong>in</strong>, Elbe und Donau s<strong>in</strong>d durch den<br />
Bau von Hochwasserschutzdeichen an vielen Abschnitten<br />
sogar über 80 Prozent der ehemaligen Auen verloren<br />
gegangen. Auch die von <strong>Natur</strong> aus bis zu fünf Kilometer<br />
breiten Auen im Unterlauf von Iller, Lech und<br />
Isar s<strong>in</strong>d auf schmale Säume von wenigen hundert<br />
Meter e<strong>in</strong>geengt worden.<br />
Nur zehn Prozent s<strong>in</strong>d naturnah<br />
Verantwortlich für das Überwiegen stark veränderter<br />
Fluss-Auen s<strong>in</strong>d neben dem dramatischen Flächenver-<br />
16 <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> [1-10]<br />
Foto: Dr. Ehlert<br />
Mehr Raum für Fluss, Au und Biber<br />
<strong>Natur</strong>nahe Auen (Bild unten, Isar) s<strong>in</strong>d die<br />
Ausnahmen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>. Meist wird bis an die Ufer<br />
gebaut und geackert, wie hier an der Donau<br />
(l<strong>in</strong>ks).<br />
lust vor allem die <strong>in</strong>tensive Nutzung der Auen, das Ausbleiben<br />
von Überflutungen <strong>in</strong>folge flussnaher Deiche<br />
und künstlicher E<strong>in</strong>tiefung der Gewässer, der Gewässerausbau<br />
und die weitreichende Staubee<strong>in</strong>flussung.<br />
Von den verbliebenen Überschwemmungs-Auen be -<br />
f<strong>in</strong>den sich deutschlandweit lediglich circa zehn Prozent<br />
noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em naturnahen Zustand, <strong>in</strong> dem sie<br />
ihre ökologischen Funktionen annähernd vollständig<br />
wahrnehmen können.<br />
Zu den bundesweit herausragenden Gebieten gehören<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> unter anderem die Isar- und Donau-<br />
Auen im Bereich der Isarmündung sowie Wildflusslandschaften<br />
wie die Puppl<strong>in</strong>ger Au und die Aschold<strong>in</strong>ger<br />
Au an der Isar südlich von München. Die hier noch<br />
großflächig vorkommenden Auwälder und Schotterfluren<br />
gehören europaweit zu den am stärksten gefährdeten<br />
Lebensräumen. Daneben gibt es zahlreiche<br />
Auen mit e<strong>in</strong>em großen Entwicklungspotenzial. Dazu<br />
zählen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> zum Beispiel die Aue der frei fließenden<br />
Donau zwischen Straub<strong>in</strong>g und Vilshofen mit<br />
ihren vergleichsweise naturnahen Wasserstandsschwankungen<br />
und die großen, heute weitgehend vom<br />
Fluss abgekoppelten Auwälder an der Donau zwischen<br />
Neuburg und Ingolstadt sowie im Schwäbischen Donautal.<br />
Der Zustand dieser Wälder soll künftig durch<br />
ökologische Flutungen wieder verbessert werden.<br />
Biber braucht Au, Au braucht Biber<br />
Mit dem Verlust an ökologisch <strong>in</strong>takten Auen ist e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>zigartiger Lebensraum <strong>in</strong> Gefahr. Ke<strong>in</strong> anderes<br />
Ökosystem <strong>in</strong> Mitteleuropa beherbergt e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />
Arten- und Lebensraumvielfalt. Ob die national<br />
und <strong>in</strong>ternational gesteckten Ziele zum Erhalt der biologischen<br />
Vielfalt erreicht werden, hängt daher nicht<br />
zuletzt von unserem Umgang mit den Fluss-Auen ab.