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Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV

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Grasfrosch<br />

Schwarzstorch<br />

Unschwer lässt sich erahnen, dass der positive E<strong>in</strong>fluss<br />

früher noch wesentlich größer gewesen se<strong>in</strong><br />

muss: Biber besiedeln Europa seit m<strong>in</strong>destens 15 Millionen<br />

Jahren, bis zum Mittelalter lebten sie wohl an<br />

allen B<strong>in</strong>nengewässern, und es gab vielfach so viele<br />

Bibergewässer wie heute. Allen anderen Gewässerbewohnern<br />

standen damit über Jahrmillionen nahezu<br />

überall <strong>in</strong> Europa Bibergräben, -tümpel, -teiche und<br />

-seen als Lebensraum zur Verfügung. Deshalb geht die<br />

Biberforschung heute davon aus, dass Biber mit- oder<br />

gar hauptverantwortlich waren für das Verbreitungsmuster<br />

vieler Gewässerbewohner.<br />

Für die Geburtshelferkröte konnte dies <strong>in</strong>zwischen<br />

belegt werden. Es liegt auch auf der Hand, dass sich<br />

Wasserbewohner während dieser langen Zeit eng an<br />

die spezifischen Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Bibergewässern<br />

evolutiv angepasst haben. Dies würde erklären,<br />

warum sie heute so schnell und massiv von der Wiedere<strong>in</strong>bürgerung<br />

des Bibers profitieren. Möglicherweise<br />

s<strong>in</strong>d manche Wasser<strong>in</strong>sekten überhaupt erst <strong>in</strong> Bibergewässern<br />

entstanden.<br />

Foto: Wimmer<br />

Staatsaufgaben – ganz unbürokratisch erledigt<br />

Jahrhundertelang wurden Gewässer begradigt und<br />

ver baut, Feuchtgebiete entwässert, Auen für Bebauung<br />

und Landwirtschaft zugänglich gemacht. Heute kosten<br />

die katastrophalen Folgen dieses historischen Fehlers<br />

Milliarden. Unter hohem Zeitdruck wird nun großer<br />

Aufwand betrieben, um die wichtigen Funktionen von<br />

Gewässern und Auen wiederherzustellen. Die bayerische<br />

Staatsregierung hat hierzu e<strong>in</strong> Hochwasserschutzprogramm<br />

aufgelegt, und auf EU-Ebene zielt die<br />

Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> diese Richtung. Sie verpflichtet<br />

die Staaten, ihre Fließgewässer bis 2015 <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en »ökologisch günstigen Zustand« zu br<strong>in</strong>gen. Wo<br />

immer Biber ihre Staudämme errichten dürfen, helfen<br />

sie bei dieser Mammutaufgabe.<br />

Biber bewirken, dass Gewässer wieder e<strong>in</strong>e natürlichere<br />

Gestalt annehmen. Durch ihre Dämme wird die<br />

Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit kle<strong>in</strong>räumig stark variiert, so<br />

dass typische Elemente wie Uferanbrüche, Kies-, Sand-<br />

und Schlammbänke neu entstehen. Biberdämme halten<br />

Wasser zurück und verteilen es <strong>in</strong> der Landschaft.<br />

Die Gewässer tiefen sich nicht weiter e<strong>in</strong>, ihr Wasserstand<br />

und auch der Grundwasserspiegel <strong>in</strong> der Aue<br />

werden vielmehr nachhaltig angehoben. Teile des<br />

Wassers verdunsten und bee<strong>in</strong>flussen das Kle<strong>in</strong>klima<br />

positiv. Von beidem profitiert <strong>in</strong> trockenen Jahren<br />

nicht nur die <strong>Natur</strong>, sondern auch die Land- und Forstwirtschaft.<br />

Oft kehren Biber die Entwässerungswirkungen<br />

von Gräben um und nutzen sie zur aktiven Wiedervernässung<br />

von wirksamen CO 2-Speichern wie Auen,<br />

Feuchtgebieten und Mooren.<br />

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Biberdämme wirken zudem wie natürliche Kläranlagen.<br />

H<strong>in</strong>ter dem Damm werden von Feldern und Wiesen<br />

abgeschwemmte Nährstoffe wie Nitrate und Phosphate<br />

gespeichert und damit dem Wasserkreislauf<br />

dauerhaft entzogen. Durch diese Filterwirkung werden<br />

Gewässer gere<strong>in</strong>igt, die Wasserqualität erhöht. Durch<br />

den dramatischen Klimawandel werden <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Starkregen zunehmen, so dass Hochwasser künftig<br />

noch häufiger und stärker ausfallen werden. Es ist also<br />

das Gebot der Stunde, den Wasserabfluss zu dämpfen<br />

und zu verzögern. Im Hochwasseraktionsprogramm<br />

2020 der Staats regierung ist verankert, dass dies bereits<br />

im E<strong>in</strong>zugsgebiet der Flüsse und Bäche beg<strong>in</strong>nen<br />

muss. Biber passen haargenau <strong>in</strong> dieses Konzept, denn<br />

ihre Dämme kappen Hochwasserspitzen und strecken<br />

ihren zeitlichen Verlauf stark – und zwar kostenlos.<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d die Wohlfahrtswirkungen der Biber<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> um e<strong>in</strong> Mehrfaches größer als die Kosten, die<br />

sie verursachen. Das E<strong>in</strong>zige, was sie für ihre Leistungen<br />

brauchen, ist mehr Platz. Behörden, Kommunen<br />

und Verbände haben viele Möglichkeiten, Pufferzonen<br />

e<strong>in</strong>zurichten: ländliche Neuordnung, Flächenankauf,<br />

Vertragsnaturschutz, Flächenstilllegung, E<strong>in</strong>griffsausgleich<br />

und <strong>Natur</strong>schutzfonds (vgl. S. 18). Wo diese<br />

Chancen genutzt werden, ergibt sich e<strong>in</strong> zusätzlicher<br />

Vorteil: Biberkonflikte entstehen erst gar nicht mehr.<br />

Uli Meßl<strong>in</strong>ger<br />

[1-10] <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> 15<br />

Rückkehrer<br />

Schwarzstorch<br />

Biber haben sich<br />

im Baltikum stark<br />

ausgebreitet und<br />

optimale Nahrungsgewässer<br />

für<br />

Schwarzstörche<br />

(Foto oben rechts)<br />

geschaffen. Diese<br />

vermehrten sich<br />

daraufh<strong>in</strong> so stark,<br />

dass sie sich nach<br />

Westen ausbreiten<br />

konnten, auch<br />

nach <strong>Bayern</strong>, wo<br />

sie im 19. Jahrhundert<br />

verschwunden<br />

waren.<br />

Neuer Lebensraum<br />

Der Biber verändert<br />

Landschaften zugunsten<br />

unzähliger<br />

Tier- und Pflanzenarten.<br />

Der Wannenbach<br />

bei Triesdorf,<br />

Landkreis<br />

Ansbach, war zum<br />

Beispiel lange Zeit<br />

e<strong>in</strong> schmaler, begradigter<br />

Bach. In<br />

Zusammenarbeit<br />

von Flurbere<strong>in</strong>igung<br />

und e<strong>in</strong>er<br />

Biberfamilie wurde<br />

er <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bis zu<br />

40 Meter breites,<br />

strukturreiches<br />

Gewässermosaik<br />

renaturiert (großes<br />

Foto).<br />

Mehr Info im Web<br />

Ausführliche Informationen<br />

zu den<br />

vielfältigen Leistungen<br />

des Bibers und<br />

Untersuchungen<br />

unseres Autors f<strong>in</strong>den<br />

Sie unter www.<br />

bund-naturschutz.<br />

de/fakten/biber/<br />

literatur-und-l<strong>in</strong>ks.

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