Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Er habe vom Biber die Körperform übernommen<br />
und die Fähigkeit, gegen W<strong>in</strong>terkälte e<strong>in</strong> Unterhautfettgewebe<br />
anzusetzen, beschreibt sich Gerhard<br />
Schwab, 49, selbst. Es ist auch ke<strong>in</strong> Wunder, dass sich<br />
die beiden immer ähnlicher werden. Schon seit zwei<br />
Jahrzehnten beschäftigt sich der aus Holzheim bei Dill<strong>in</strong>gen<br />
an der Donau stammende Wildbiologe mit dem<br />
Tier. Deshalb zeichnet ihn jedoch mehr als alles andere<br />
e<strong>in</strong> breites Kreuz aus. Immerh<strong>in</strong><br />
handelt es sich beim Biber um die<br />
Reizfigur Nummer e<strong>in</strong>s im bayerischen<br />
<strong>Natur</strong>schutz. Schwab,<br />
e<strong>in</strong>er der beiden Bibermanager<br />
des <strong>Bund</strong>es <strong>Natur</strong>schutz, muss all<br />
das aushalten, was dem Biber zum<strong>in</strong>dest<br />
im südlichen <strong>Bayern</strong> zur<br />
Last gelegt wird – und will sich<br />
darüber gar nicht beschweren.<br />
Denn so wirkungsvoll die Aktivitäten<br />
des »Baumeisters der<br />
Wildnis« für Gewässerqualität<br />
und Hochwasserschutz, für Landschaft<br />
und Biodiversität s<strong>in</strong>d, so<br />
konfliktträchtig können sie se<strong>in</strong>.<br />
»Biber fressen auch mal Feldfrüchte,<br />
fällen Bäume, unterm<strong>in</strong>ieren<br />
gewässernahe Nutzflächen<br />
oder Dämme und besiedeln<br />
Kläranlagen oder Gartenteiche«,<br />
weiß Schwab zu berichten.<br />
Der Biber und ich<br />
Doch nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Drittel der 3500 bayerischen Biberreviere<br />
treten nach se<strong>in</strong>er Erfahrung Probleme auf.<br />
Dann gilt es zunächst, die Gemüter zu beruhigen und<br />
Verständnis für »Meister Bockert« zu vermitteln. Oft<br />
lassen sich die Ursachen schon mit e<strong>in</strong>fachen Mitteln<br />
aus der Welt schaffen. Mitunter aber entwickeln sich<br />
die Verhandlungen am »Tatort« zu e<strong>in</strong>em harten Stück<br />
Arbeit. Längst nicht alles, was dem Biber angelastet<br />
wird, ist auch wirklich se<strong>in</strong> Werk. Wenn er aber nur als<br />
Sündenbock dient, zeigt sich Schwab von se<strong>in</strong>er sturen<br />
Seite. »Nicht selten rührt der Unmut doch daher, dass<br />
der fleißige Nager und perfekte Dammbauer uns Sünden<br />
vorführt, die wir selbst an der Landschaft begehen«,<br />
begründet er se<strong>in</strong>e Haltung.<br />
In e<strong>in</strong>em solchen Fall hilft dem bärtigen Biologen,<br />
der zuerst über die Jagd und Fischerei, dann über se<strong>in</strong><br />
Studium <strong>in</strong> Regensburg und den USA zum Wildtiermanagement<br />
fand, dass er nicht nur kenntnisreicher<br />
<strong>Natur</strong>schützer, sondern auch geduldiger Konfliktmanager<br />
ist. Um den Biber oder besser gesagt das Biberproblem<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> zu bändigen, bedarf es nämlich<br />
weniger der Fähigkeit e<strong>in</strong>es Dompteurs als der e<strong>in</strong>es<br />
Psychologen. »Der Biber braucht ke<strong>in</strong>e Hilfe, um sich<br />
se<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> der Landschaft zurückzuerobern. Umgekehrt<br />
helfen unsere Managementpläne aber den<br />
Menschen, wieder mit e<strong>in</strong>em Wildtier zurechtzukommen«,<br />
schildert Schwab die eigentliche Aufgabe der<br />
BN- Biberberatung.<br />
Foto: Mader<br />
Inzwischen wird dieses Konzept <strong>in</strong> anderen <strong>Bund</strong>esländern<br />
und europäischen Staaten kopiert. Denn es<br />
ergeht den Verantwortlichen <strong>in</strong> der Eifel, <strong>in</strong> Tirol oder<br />
Schottland heute nicht anders als dem BN, als der<br />
Biber vor Jahren wieder nach <strong>Bayern</strong> zurückkehrte:<br />
Das Tier war jahrhundertelang ausgestorben und zudem<br />
aus der Erfahrungswelt der Menschen verschwunden.<br />
Deshalb gibt es Fälle, <strong>in</strong> denen gutes Zureden al-<br />
Gerhard Schwab<br />
Der Biberbändiger<br />
<strong>Natur</strong>schutz lebt vom Ausgleich der Interessen,<br />
weiß Gerhard Schwab. Er ist e<strong>in</strong>er von<br />
zwei Biberberatern des <strong>Bund</strong>es <strong>Natur</strong>schutz<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, die für e<strong>in</strong> friedliches Mite<strong>in</strong>ander<br />
von Mensch und Wildtier sorgen. Nicht zuletzt<br />
die <strong>in</strong>ternationale Nachfrage nach dem<br />
Know-how der Biberexperten zeugt vom<br />
Erfolg ihres ökologischen Konfliktmanagements.<br />
Von Christoph Markl-Meider<br />
le<strong>in</strong> nicht weiterhilft. Dann muss der Biberberater für<br />
langfristige Lösungen oder e<strong>in</strong>e unbürokratische Entschädigung<br />
sorgen. Dafür hat das bayerische <strong>Umwelt</strong>m<strong>in</strong>isterium<br />
seit 2008 e<strong>in</strong>en Ausgleichsstock e<strong>in</strong>gerichtet,<br />
der den vorher vom BN bereitgestellten Biberfonds<br />
ablöste.<br />
<strong>Natur</strong>schutz als Exportschlager<br />
Sollten allerd<strong>in</strong>gs sämtliche Präventivmaßnahmen<br />
scheitern, kommt es <strong>in</strong> Biberrevieren mit gravierendem<br />
Schadensrisiko, etwa <strong>in</strong> Kläranlagen, Mühlkanälen<br />
oder Fischzuchtanlagen, zum Fang der Tiere. Über<br />
900 Biber konnte der erfahrene Experte so für die Wiedere<strong>in</strong>bürgerung<br />
<strong>in</strong> andere Länder vermitteln. Wegen<br />
des Erfolges dieser Projekte gibt es aber kaum noch<br />
Nachfrage. Deshalb muss er jetzt <strong>in</strong> von den <strong>Natur</strong>schutzbehörden<br />
genehmigten E<strong>in</strong>zelfällen sogar zur<br />
Waffe greifen.<br />
Viel eher wünscht sich Gerhard Schwab e<strong>in</strong>en Umgang<br />
mit dem »Untier«, wie ihn die Donaugeme<strong>in</strong>de<br />
Pförr<strong>in</strong>g pflegt. Die hatte vor Jahren selbst noch schwer<br />
mit dem Biber zu kämpfen. Heute ist der Nager jedoch<br />
»normaler« Geme<strong>in</strong>debürger, Pförr<strong>in</strong>g hat sogar e<strong>in</strong>en<br />
am Biber mit ausgerichteten Gewässerentwicklungsplan.<br />
Und wenn Schwab Gästen aus dem Ausland das<br />
bayerische Bibermanagement zeigt, gibt’s <strong>in</strong> Pförr<strong>in</strong>g<br />
e<strong>in</strong> Biberfest – mit Biberbrot und Biberbier unter dem<br />
selbstbewussten Motto »Pförr<strong>in</strong>g: Barock, Bier und<br />
Biber«.<br />
[1-10] <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> 7<br />
Im Biotop<br />
des Bibers<br />
Ob zu Wasser oder<br />
zu Lande – seit<br />
zwanzig Jahren ist<br />
Gerhard Schwab<br />
wie e<strong>in</strong> Trapper<br />
dem Biber auf der<br />
Spur, um dessen<br />
Bestand <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
langfristig zu<br />
sichern.<br />
Förderung<br />
Das landesweite<br />
Biberberaterprojekt<br />
des <strong>Bund</strong>es <strong>Natur</strong>schutz<br />
wird durch<br />
den Bayerischen<br />
<strong>Natur</strong>schutzfonds<br />
und vom Europäischen<br />
Sozialfonds<br />
gefördert.