PARTNERSUCHE IM SOZIALEN WANDEL - ElitePartner-Akademie
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<strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> <strong>SOZIALEN</strong> <strong>WANDEL</strong><br />
WELCHEN EINFLUSS HABEN<br />
MODERNE KOMMUNIKATIONSMEDIEN<br />
AUF DIE <strong>PARTNERSUCHE</strong>?<br />
Diplomarbeit zur Erlangung des<br />
Magistergrades der<br />
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />
eingereicht an der<br />
Universität Wien<br />
von<br />
Andrea Leidinger-Gruber<br />
Wien, November 2006
Mein Dankeschön gilt Herrn Professor Franz Kolland,<br />
der mich durch seine konstruktiven Anregungen bei dieser<br />
Arbeit enorm angespornt und motiviert hat.<br />
Mein spezieller Dank gilt meiner Tochter Jacqueline,<br />
weil sie all die Jahre akzeptiert hat, dass ihre Mutter<br />
ein doch sehr zeitaufwändiges Hobby hat,<br />
und meinem Lebensgefährten Zoltán.<br />
Nicht zu vergessen mein Dank an meine Mutter, die mir all die<br />
Jahre bei der Erziehung und Betreuung meiner Tochter<br />
unterstützt hat und meinem Vater, der mir vorgelebt hat, dass<br />
wir nie zu alt zum Lernen sein können.
Erklärung<br />
Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst habe.<br />
Ich habe keine anderen als die angegebenen<br />
Quellen und Hilfsmittel benutzt.<br />
Ich habe die Arbeit bzw. Teile davon weder im In- noch im Ausland einer<br />
Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung als Prüfungsarbeit vorgelegt.<br />
Wien, November 2006, Andrea Leidinger-Gruber<br />
„WEIL MANN UND FRAU<br />
SICH VONEINANDER UNTERSCHEIDEN,<br />
SUCHEN SIE SICH MIT LEIDENSCHAFT.“<br />
(Émile Durkheim, 1977, S. 96)
INHALTSVERZEICHNIS<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
KAPITEL 1 EINFÜHRUNG.............................................................................................6<br />
A AUFBAU DER UNTERSUCHUNG...........................................................8<br />
B FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN ......................................9<br />
C HYPOTHESEN.................................................................................10<br />
D UNTERSUCHUNGSDESIGN ...............................................................10<br />
1 DAS FRAGEBOGEN-LAYOUT.............................................................14<br />
2 UNTERSUCHUNGSVERLAUF ..............................................................14<br />
KAPITEL 2 PARTNERWAHL – VON DER ARRANGIERTEN EHE ZUR LIEBESHEIRAT .................16<br />
A TYPEN DER PARTNERWAHL .............................................................17<br />
B KRITERIEN FREIER PARTNERWAHL...................................................21<br />
C DER EINFLUSS DES BILDUNGSSYSTEMS AUF DIE PARTNERWAHL ........23<br />
D THEORIEN ZUR PARTNERWAHL........................................................25<br />
1 ÄHNLICHKEITSHYPOTHESE – GLEICH UND GLEICH GESELLT SICH GERN.........27<br />
2 KOMPLEMENTARITÄTS-HYPOTHESE – GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH AN...........27<br />
3 ST<strong>IM</strong>ULUS-WERTHALTUNGS-ROLLENTHEORIE DER PARTNERWAHL ..............28<br />
4 DIE OBJEKTWAHL NACH FREUD ........................................................30<br />
5 DIE „EHELICHE“ OBJEKTWAHL NACH LEMAIRE .....................................30<br />
6 PARTNERWAHL UND EINSPIELEN DER KOLLUSIONNACH WILLI....................31<br />
E PHYSISCHE ATTRAKTIVITÄT.............................................................32<br />
KAPITEL 3 PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT .............................33<br />
A PARTNERSCHAFT ...........................................................................34<br />
B FAMILIE .........................................................................................35<br />
1 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DER HERKUNFT ....................................35<br />
2 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DEM BERUF.........................................35<br />
KAPITEL 4 SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG............................................................48<br />
A PARTNERSCHAFT ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND ............................48<br />
B FORMEN VON ZWEIERBEZIEHUNGEN ................................................50<br />
C SINGLE..........................................................................................53<br />
KAPITEL 5 DAS LEBEN ALS SINGLE .............................................................................54<br />
KAPITEL 6 AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG .....................................................58<br />
A AUSGANGSKONSTELLATIONEN.........................................................59<br />
B ERSTBEGEGNUNGEN ......................................................................60<br />
C BEZIEHUNGSAUFBAU ALS PROZESS .................................................62<br />
D KULTURELLE GRUNDLAGEN UND SOZIALE RAHMENBEDINGUNGEN ......63<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 4 VON 123
INHALTSVERZEICHNIS<br />
KAPITEL 7 <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER .........................................................66<br />
A DIE SENDUNG „BAUER SUCHT FRAU“ ...............................................67<br />
B DER DAUERBRENNER UNTER DEN KUPPELSHOWS – „HERZBLATT“......69<br />
C „HERZFL<strong>IM</strong>MERN“ BEI RADIO ARABELLA............................................71<br />
D „LIEBESG’SCHICHTEN UND HEIRATSSACHEN“ <strong>IM</strong> ORF........................72<br />
E „NADINE TRAUT SICH“ AUF ATV .......................................................74<br />
F „SINGLE-MILIONENSHOW“ <strong>IM</strong> ORF...................................................75<br />
G „VERLIEBT IN EINE FAMILIE“ AUF ATV...............................................75<br />
H RESÜMEE ......................................................................................75<br />
KAPITEL 8 DAS INTERNET .........................................................................................77<br />
A DIE ENTWICKLUNG DES INTERNET ...................................................77<br />
KAPITEL 9 <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER ...........................................................79<br />
A ALLGEMEINES ................................................................................79<br />
B ROMANTISCHE BEZIEHUNGEN <strong>IM</strong> NETZ.............................................80<br />
C ENTWICKLUNG DER SINGLEBÖRSEN UND INTERNET-<br />
PARTNERAGENTUREN.....................................................................81<br />
1 PARSHIP......................................................................................82<br />
2 ELITEPARTNER ..............................................................................84<br />
3 VOR- UND NACHTEILE VON ONLINE-PARTNERAGENTUREN .......................85<br />
4 VOR- UND NACHTEILE VON SINGLEBÖRSEN..........................................85<br />
5 DER TEST IN DER SENDUNG „HELP-TV“..............................................86<br />
D KOMMUNIKATION <strong>IM</strong> INTERNET.........................................................87<br />
E DER RUF VON PARTNERVERMITTLUNGSINSTITUTEN...........................88<br />
F SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM TRAUMMANN / ZUR TRAUMFRAU..............89<br />
G ERLEBNISSE BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET...........................92<br />
H BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN ................................................96<br />
KAPITEL 10 ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE .............................................105<br />
KAPITEL 11 ANHANG ..............................................................................................111<br />
A. FRAGEBOGEN ..............................................................................111<br />
B. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS .....................................120<br />
C. LITERATURLISTE...........................................................................121<br />
D. LEBENSLAUF................................................................................123<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 5 VON 123
Kapitel 1<br />
EINFÜHRUNG<br />
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
„ES IST NICHT GUT, DASS DER MENSCH ALLEIN BLEIBT.“<br />
Altes Testament<br />
Warum suchen viele Menschen ihr Leben lang die Gegenwart eines anderen<br />
Menschen? Die menschliche Natur ist so entwickelt, dass wir nur dann eine<br />
Überlebenschance haben, wenn Mann und Frau sich vereinigen und für<br />
Nachkommen sorgen. Ist dies nicht der Fall, würden wir eines Tages aussterben.<br />
Fast jeder von uns braucht zu bestimmten Zeiten und aus bestimmten Gründen<br />
andere Personen um sich. Wir sind soziale Wesen und die Gegenwart anderer kann<br />
von entscheidender Bedeutung sein, vor allem dann, wenn wir in Notlagen mit Stress<br />
und Krankheit konfrontiert sind. Daher nehmen viele eine Ehe in Kauf, obwohl diese<br />
meist auf ein Niveau von »Freundschaft« oder »Wohngemeinschaft« gesunken ist,<br />
nur um nicht alleine zu sein. Eine gewisse »Auszeit« kann ja ganz gut tun, aber wenn<br />
Menschen zu lange alleine sind, werden die meisten oft eigensinnig und dann wird<br />
es mit der Zeit immer schwieriger mit anderen zusammenzuleben.<br />
Immer häufiger sind es Frauen, die mit der Verwirklichung ihrer Eigenständigkeit<br />
(Karriere und Beruf nehmen einen entscheidenden Platz im Leben dieser Frauen ein)<br />
aus den traditionellen Rollenmustern einer »Frau mit Ehemann und Kind(er)«<br />
ausbrechen und auf diesem Weg versuchen, einen hohen Grad an<br />
Selbstverwirklichung zu erreichen. Die Suche nach alternativen Lebensformen führt<br />
für viele zu einem Leben ohne Partner, da es vielen Männern noch immer schwer<br />
fällt, die Selbstständigkeit von Frauen zu akzeptieren, und es ist zu vermuten, dass<br />
diese Zahl in den nächsten Jahren noch ansteigen wird. Die herkömmliche Familie<br />
wird immer seltener, die Scheidungsrate ist auf einer Rekordhöhe und die<br />
Patchworkfamilie 1 wird wohl zur Familienform der Zukunft werden.<br />
1 Wenn zwei Ehepartner bereits Kinder aus früheren Beziehungen in eine Ehe mitbringen und somit<br />
die Kinder zu MEINE, DEINE und UNSERE werden.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 6 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Faktoren für diesen Trend sind neben dem Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit auch<br />
die Verbesserung der Ausbildungssysteme, die es den Frauen ermöglichen im Falle<br />
einer Scheidung auch ohne Gehalt des Ehemannes leben zu können. Die Frauen<br />
früherer Generationen hatten gar keine andere Wahl als eine Ehe, um nicht bis an ihr<br />
Lebensende von den finanziellen Zuwendungen ihrer Eltern und Brüder abhängig<br />
sein zu müssen. Dennoch ist und bleibt die Familie eine beständige Institution der<br />
Gesellschaft, an der sich das weitere Leben ausrichtet, wo der<br />
Sozialisationsprozess 2 der Kinder stattfindet, wo die Menschen – in den meisten<br />
Fällen – Wärme, Geborgenheit und Liebe erhalten. Was sich im Laufe der<br />
Jahrzehnte geändert hat ist die Form des Zusammenlebens, wobei natürlich einen<br />
nicht unbeträchtlichen Einfluss auch die beiden Weltkriege im vergangenen<br />
Jahrhundert hatten, die ganz entschieden in die Lebensplanungen einer ganzen<br />
Generation eingriffen.<br />
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Heiratsverhalten sehr stark verändert.<br />
Spielten früher Besitz und Vermögen bei der Partnersuche eine entscheidende Rolle<br />
ist dies selbst in Königshäusern und Adelsfamilien oder bei vermögenden<br />
Konzernchefs immer weniger von Bedeutung. Auch die Formen der Partnersuche<br />
und die Wahl des »passenden« Heiratskandidaten haben sich stark gewandelt.<br />
Im Zeitalter der modernen Kommunikation ergreifen die Heiratswilligen selbst die<br />
Initiative auf der Suche nach »Mr. Right« bzw »Mrs. Forever«. Und den vielfältigen<br />
Ideen sind dabei keine Grenzen gesetzt - Blind-Date-Partys, Tanzkurse und Bälle<br />
speziell für Singles, Astrosingletreffs, Platzkarten im Zug als Flirtticket 3 , Chatten 4 in<br />
Internetforen, Partnersuche in Singlebörsen und Zeitschriften sowie<br />
Partnervermittlung im Fernsehen und im Internet. Einen nicht unwesentlichen<br />
Einfluss hatte dabei sicher die Entwicklung des Internets. Wurde dieses einst<br />
2 Prozess und Ergebnis des „Sozialwerdens“, d.h. die Vermittlung eines gesellschaftlichen Normen-<br />
und Wertsystems (Kultur). Im Unterschied zur Erziehung umfasst Sozialisation alle Prozesse, die<br />
geeignet sind, das „soziale Wesen“ (handlungsfähige sozio-kulturelle Persönlichkeiten) zu<br />
schaffen. (Der große Brockhaus, Band 20)<br />
3 Leider ist über diese Aktion der ÖBB kein Datenmaterial mehr verfügbar.<br />
4 Chatrooms sind virtuelle Plauderecken im Internet, an denen gechattet wird. Per<br />
Konferenzschaltung kann mit beliebig vielen anderen Chattern live kommuniziert werden. Dass es<br />
dabei gesittet zugeht regelt die Chattiquette, das Anstandsreglement des Chats, eine Liste mit<br />
Tipps für angemessenes Benehmen beim Chatten. (vgl. Das neue Trendwörter-Lexikon, S.33)<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 7 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
entwickelt um im Falle eines Krieges die Kommunikation zu sichern ist es heute ein<br />
weltumspannendes Datennetz und ein weit verbreitetes Kommunikationsmittel<br />
geworden.<br />
A AUFBAU DER UNTERSUCHUNG<br />
Sehr viele Forscher beschäftigen sich damit, warum eine Partnerschaft, eine Ehe<br />
oder eine Beziehung scheitert und weniger damit, wie sie zustande kommt. Natürlich<br />
war die Partnerwahl früher ganz anders als heute; interessant ist jedoch, welchen<br />
Einfluss die Entwicklung der Gesellschaft auf die Partnerwahl hatte und auch heute<br />
noch immer hat.<br />
Der Fortschritt kann als eine Vermehrung von Erkenntnissen – sowohl positiv als<br />
auch negativ – angesehen werden, wie eine Leiter, auf der wir Sprosse für Sprosse<br />
nach oben steigen. Erfindungen haben uns das Leben erleichtert, z.B. Sprache,<br />
Schrift, Buchdruck, Elektrizität, Telefon und Computer. Die Sinnfrage in der<br />
Forschung stellt sich dann, wenn z.B. Unsummen für die Raumfahrt ausgegeben<br />
werden wo es auf der Welt Armut, Hunger und Elend gibt. Manche Erfindungen, die<br />
zu Beginn als großer Nutzen gesehen wurden, entpuppten sich letztendlich als<br />
großer Schaden für die Menschen, siehe Atomforschung.<br />
Das Fernsehen bringt uns die große, weite Welt ins Wohnzimmer, das heutige<br />
Massenangebot an Fernsehkanälen und Sattelitenprogrammen wird jedoch immer<br />
mehr zum Problemfall unserer Gesellschaft. War es vor Jahrzehnten schon eine<br />
Errungenschaft überhaupt einen Fernseher zu besitzen gibt es in sehr vielen<br />
Haushalten heute 20 und mehr Programme – und das meist rund um die Uhr. Die<br />
Flut an Talkshows ersetzt den Arzt, den Freund oder sonstige Gesprächspartner.<br />
Probleme werden nicht mehr im intimen Kreis diskutiert sondern in der breiten<br />
Öffentlichkeit. Selbst die sehr privaten Probleme werden in Millionen Haushalte<br />
transportiert und dabei werden intimste Einzelheiten offenbart. Kein Wunder, dass<br />
auch die Partnersuche sich diesem Trend angepasst hat und zu einer »öffentlichen«<br />
Angelegenheit wurde.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 8 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Natürlich war eine „Kupplerin“ früher auch nicht im Geheimen tätig, doch<br />
Fernsehsendungen wie „Liebesg´schichten und Heiratssachen“ haben annähernd<br />
1 Million Zuseher. Heiratsinstitute wurden meist heimlich aufgesucht, denn vielen war<br />
es peinlich, auf Hilfe bei der Partnersuche angewiesen zu sein. Das ist heute<br />
anscheinend nicht mehr der Fall – Partnersuche wurde zu einer Show.<br />
Warum verwenden Partnersuchende gerade eines dieser sehr öffentlichen Medien<br />
wie Fernsehen, Internet oder Illustrierte und nicht herkömmliche Partnerinstitute oder<br />
die sehr altmodische Form der Heiratsannonce oder vertrauen ganz einfach auf das<br />
Schicksal?<br />
In den ersten Kapiteln (Kapitel 2 bis 6) wird die Partnersuche von der Vergangenheit<br />
bis zur Gegenwart beschrieben. Dabei wurde das Thema »Partnerschaft« aus dem<br />
Blickwinkel der Soziologen, aber auch der Psychologen betrachtet.<br />
Von modernen Partnersuchformen in den Medien handelt Kapitel 7 und in den<br />
anschließenden beiden Kapiteln gilt das Augenmerk dem Internet und der<br />
Partnersuche mittels Computer.<br />
Die Schlussbetrachtung in Kapitel 10 gibt einen groben Überblick über die<br />
Untersuchungsergebnisse sowie ein Abschlussresümee.<br />
B FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN<br />
Warum ist die Partnersuche im Internet so beliebt?<br />
� die Hemmschwelle ist durch den Computer geringer, weil der Erstkontakt<br />
mittels E-Mail erfolgt<br />
� Partnersuche ist nicht zeitabhängig, die Suche im Internet kann zu jeder<br />
Tageszeit erfolgen (ideal für Stressgeplagte)<br />
� die Auswahl an potentiellen Heiratskandidaten ist im Internet größer als<br />
bei herkömmlichen Partnerinstituten oder Annoncen in der Zeitung<br />
� wer sehr oft online ist, ist auch eher bereit, sich einen Partner im Netz zu<br />
suchen<br />
� es gibt einen Unterschied gegenüber der Partnersuche im Internet<br />
zwischen den Geschlechtern<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 9 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Besteht ein Unterschied zwischen Partnerinstituten und Online-Partnervermittlungen<br />
bzw Singlebörsen?<br />
� aufgrund mancher schwarzer Schafe gelten die herkömmlichen<br />
Partnerinstitute als unseriös<br />
� Partnerinstitute sind im Vergleich zum Internet teurer<br />
� die Vorauswahl trifft nicht eine Person des Partnerinstituts sondern ein<br />
Computerprogramm<br />
� Singlebörsen werden hauptsächlich von jungen Leuten genutzt<br />
C HYPOTHESEN<br />
H1: „Je häufiger in einer Singlebörse gesucht wird desto größer ist die Zuversicht<br />
bei der Partnersuche im Internet einen passenden Partner zu finden oder eine<br />
Beziehung einzugehen.“<br />
In den Singlebörsen sind mehr Männer registriert als Frauen, daher beziehen sich die<br />
folgenden drei Hypothesen auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern:<br />
H2: „Männer sind eher davon überzeugt, ihre zukünftige Partnerin bzw eine<br />
Beziehung im Internet zu finden als Frauen.“<br />
H3: „Männer betreiben die Partnersuche im Internet intensiver als Frauen.“<br />
H4: „Männer sind bei der Erstellung ihrer Profile bei der Online-Partnersuche<br />
offensiver als Frauen.“<br />
Der Zugang zum Internet ist nicht an einen privaten Internetanschluss gebunden,<br />
dies ist auch in einigen öffentlichen Einrichtungen oder Internetcafes möglich:<br />
H5: „Persönliche Erfahrungen bei der Internetpartnersuche werden hauptsächlich<br />
vom privaten Internetanschluss durchgeführt.“<br />
Wenn die Partnersuche hauptsächlich vom privaten Internetanschluss durchgeführt<br />
wird und wenn angenommen wird, dass ältere Personen keinen privaten<br />
Internetzugang haben führt dies zur nächsten Hypothese:<br />
H6: „Die Partnersuche im Internet ist hauptsächlich für junge Leute.“<br />
D UNTERSUCHUNGSDESIGN<br />
Für die Beantwortung dieser Hypothesen wurde ein Fragebogen verwendet (siehe<br />
Anlage). Da der Fokus der Arbeit auf der Partnersuche im Internet lag, war von<br />
Anfang an klar, dass die Befragung auch online erfolgen sollte. Weiters wurden<br />
Gespräche mit Personen geführt, die das Internet zur Partnersuche bereits<br />
verwendet haben.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 10 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Gefunden wurden die Internetadressen für die Fragebogenversendung hauptsächlich<br />
auf der Website von www.jobcenter.at/singlebörsen, aber auch in verschiedenen<br />
Zeitschriftenartikeln zu diesem Thema und durch Eigenrecherchen.<br />
Repräsentativität ist die grundlegende Eigenschaft von Erhebungen, da sie<br />
Aussagen über eine Grundgesamtheit zulassen, somit ein "verkleinertes Abbild der<br />
Bevölkerung" darstellen. Hierfür sind die Angabe folgender Charakteristika der<br />
Stichprobentechnik und Erhebungsmethode wichtig:<br />
� Die Erhebungsmethode (telefonisch, persönlich, per Post, E-Mail, etc)<br />
� Angabe der Stichprobentechnik (das Auswahlverfahren)<br />
o Zufallstichprobe (Ausschöpfungsquote)<br />
o Quotenstichprobe (Quotenmerkmale)<br />
� Zahl der realisierten Elemente (nach Abzug von Verweigerungen)<br />
� Gewichtungsverfahren<br />
Ob eine genügende Genauigkeit erreicht worden ist, kann oft mit einem Vergleich<br />
zwischen den geschätzten und bekannten Werten beurteilt werden, z.B. ob<br />
Schätzungen von Altersstruktur, Bildungsniveau, Familienstand o.ä. den Ergebnissen<br />
amtlicher Veröffentlichungen entsprechen.<br />
Ein Vergleich der Sozialstatistik des Fragebogens mit den Daten des Mikrozensus<br />
der Statistik Austria aus dem Jahr 2005 (Quelle: Statistik Austria,<br />
http://www.statistik.at/mikrozensus/gratis.shtml, abgefragt am 5.November 2006)<br />
ergab folgendes Ergebnis:<br />
Tabelle 1 - Häufigkeit bei Frage 21: Geschlecht<br />
Gültig<br />
1 männlich<br />
2 weiblich<br />
Gesamt<br />
F21 Geschlecht<br />
Tabelle 2 – Häufigkeit Geschlecht (Mikrozensus 2005)<br />
Gültig<br />
1 Männlich<br />
2 Weiblich<br />
Gesamt<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
79 54,9 54,9 54,9<br />
65 45,1 45,1 100,0<br />
144 100,0 100,0<br />
BSEX Geschlecht<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
4841 48,6 48,6 48,6<br />
5112 51,4 51,4 100,0<br />
9953 100,0 100,0<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 11 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Den Fragebogen haben mehr Männer als Frauen ausgefüllt, für die Auswertung<br />
ergab dies ein Verhältnis von 55% Männern zu 45% Frauen. Im Vergleich dazu die<br />
Daten aus dem Mikrozensus, wo das Verhältnis 48% Männer zu 52% Frauen beträgt.<br />
Tabelle 3 – Häufigkeit bei Frage 22: Familienstand<br />
Gültig<br />
1 ledig<br />
2 verwitwet<br />
3 verheiratet<br />
4 geschieden<br />
Gesamt<br />
F22 Familienstand<br />
Tabelle 4 – Häufigkeit Familienstand (Mikrozensus 2005)<br />
Gültig<br />
1 Ledig<br />
2 Verheiratet<br />
3 Verwitwet<br />
4 Geschieden<br />
Gesamt<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
84 58,3 58,3 58,3<br />
1 ,7 ,7 59,0<br />
35 24,3 24,3 83,3<br />
24 16,7 16,7 100,0<br />
144 100,0 100,0<br />
BFST Familienstand<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
4168 41,9 41,9 41,9<br />
4565 45,9 45,9 87,7<br />
641 6,4 6,4 94,2<br />
579 5,8 5,8 100,0<br />
9953 100,0 100,0<br />
Die Daten beim Familienstand differieren ganz deutlich, was auch zu erwarten war.<br />
Da der Fragebogen die Partnersuche betraf und dies ein Thema ist, das vorwiegend<br />
Single betreiben, ist die Gruppe der Verheirateten gegenüber dem Mirkozensus klar<br />
unterrepräsentiert (24,3% zu 45,9%).<br />
Tabelle 5 – Häufigkeit bei Frage 20: Alter (kategorisiert)<br />
Gültig<br />
1 (- 29)<br />
2 (30 - 45)<br />
3 (46 +)<br />
Gesamt<br />
F20_KAT Alter kategorisiert<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
63 43,8 43,8 43,8<br />
57 39,6 39,6 83,3<br />
Tabelle 6 – Häufigkeit Alter kategorisiert (Mirkozensus 2005)<br />
Gültig<br />
1 (- 29)<br />
2 (30 - 45)<br />
3 (46 +)<br />
Gesamt<br />
24 16,7 16,7 100,0<br />
144 100,0 100,0<br />
BALT_KAT Alter kategorisiert<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
3514 35,3 35,3 35,3<br />
2591 26,0 26,0 61,3<br />
3848 38,7 38,7 100,0<br />
9953 100,0 100,0<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 12 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Auch beim Alter gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Daten des<br />
Fragebogens und den Daten des Mikrozensus. Die Gruppen der 29-Jährigen und der<br />
30 – 45-Jährigen sind deutlich überrepräsentiert, die Gruppe der über 46-Jährigen<br />
dagegen erheblich unterrepräsentiert.<br />
Tabelle 7 – Häufigkeit bei Frage 30: höchste abgeschlossene Schulbildung<br />
Gültig<br />
Fehlend<br />
Gesamt<br />
F30 höchste abgeschlossene Schulbildung<br />
2 HS<br />
3 Poly<br />
4 Lehre<br />
5 BHS<br />
6 Matura<br />
7 FH<br />
8 Uni<br />
Gesamt<br />
99 k.A.<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
4 2,8 2,8 2,8<br />
3 2,1 2,1 4,9<br />
26 18,1 18,3 23,2<br />
18 12,5 12,7 35,9<br />
61 42,4 43,0 78,9<br />
2 1,4 1,4 80,3<br />
28 19,4 19,7 100,0<br />
142 98,6 100,0<br />
2 1,4<br />
144 100,0<br />
Tabelle 8 – Häufigkeit Höchste abgeschlossene Bildung (Mikrozensus 2005)<br />
Gültig<br />
XKARTAB Höchste abgeschl. Bildung (nat. Darstellung)<br />
-3<br />
1 Pflichtschule/keine Pflichtschule<br />
2 Lehrabschluss (Berufsschule)<br />
3 Berufsbild. mittlere Schule (ohne Berufsschule)<br />
4 Allgemeinbildende höhere Schule<br />
5 Berufsbildende höhere Schule<br />
6 BHS-Abiturientenlehrgang, Kolleg<br />
7 Hochschulverw. LA, Universitätslehrgänge<br />
8 Universität, Fachhochschule<br />
Gesamt<br />
Gültige Kumulierte<br />
Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />
1771 17,8 17,8 17,8<br />
2426 24,4 24,4 42,2<br />
2896 29,1 29,1 71,3<br />
1170 11,8 11,8 83,0<br />
379 3,8 3,8 86,8<br />
531 5,3 5,3 92,2<br />
83 ,8 ,8 93,0<br />
222 2,2 2,2 95,2<br />
475 4,8 4,8 100,0<br />
9953 100,0 100,0<br />
Die Gruppe der Maturanten, Hochschul- und Universitätsabsolventen ist bei der<br />
Beantwortung des Fragebogens mit 64,1% klar überrepräsentiert im Gegensatz zum<br />
Mikrozensus mit 16,9%.<br />
Die Daten der Untersuchung entsprechen somit leider nicht den beschriebenen<br />
Kriterien der Repräsentativität und die Ergebnisse können nicht für die<br />
Grundgesamtheit geltend gemacht werden.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 13 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
1 DAS FRAGEBOGEN-LAYOUT<br />
Gestaltet wurde der Fragebogen als Word-Formular, wodurch die Interviewten den<br />
Fragebogen leicht selber ausfüllen konnten, wobei es ihnen jedoch nicht möglich war<br />
Veränderungen des Textes vorzunehmen. Gegliedert wurde er in drei Abschnitte:<br />
� Fragen zur Internet-Partnersuche<br />
� Angaben zur Person<br />
� Fragen zu Internetgewohnheiten<br />
2 UNTERSUCHUNGSVERLAUF<br />
Von den 46 Instituten, die den Fragebogen erhalten haben, haben sich lediglich vier<br />
(www.allesliebe.at; www.fastdating.at; www.flirt.landwirt.com und www.websingles.at)<br />
bereit erklärt den Fragebogen an ihre Mitglieder zu versenden bzw einen Link zu<br />
diesem Fragebogen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Sieben Agenturen haben<br />
abgelehnt, mit teilweise interessanten Argumenten:<br />
� Bedauerlicherweise kann ich Ihnen keine Zusage erteilen. Wie sie sich<br />
vorstellen können, bekommen wir wöchentlich mehrere Anfragen dieser<br />
Art. Diese alle zuzulassen würde für Flirtbörsennutzer eine ständige<br />
Abfragerei bedeuten. Und wenn wir manche zulassen und andere nicht,<br />
wäre dies kein fairer Zug von uns.<br />
� Leider können wir Ihrer Bitte zurzeit jedoch nicht nachkommen. Wir haben<br />
bereits mit mehreren Universitäten und Doktoranden zusammengearbeitet<br />
und diese bei ihren Arbeiten unterstützt und sind interessiert an dieser Art<br />
der Forschung. Eine Befragung unserer User jedoch ist sehr<br />
arbeitsintensiv und kommt daher für uns leider nicht in Frage.<br />
� Leider muss ich ihnen eine negative Rückmeldung überbringen, wir waren<br />
zwar bemüht und haben zuerst vier Kunden angerufen, um sich ein Bild zu<br />
machen, wie die Leute reagieren, aber leider sind wir dabei auf keine<br />
Gegenliebe gestossen - sie müssen sich vorstellen, Partnersuchende<br />
welche unsere Dienstleistung in Anspruch nehmen, wollen dies äusserst<br />
diskret gehandhabt wissen.<br />
� An User schicken wir generell keine Unterlagen raus. Wir können Ihnen<br />
gerne ein paar Fragen beantworten, wenn Ihnen das weiterhilft. Allerdings<br />
brauchen wir für Auskünfte dieser Art immer ein Bestätigungsschreiben<br />
der Uni, dass es sich um eine Dipl.-Arbeit handelt.<br />
Der Fragebogen wurde zusätzlich im Freundes- bzw Kollegenkreis (an ca. 2.000<br />
Mailadressen) im Schneeballsystem per E-Mail verschickt. Dies auch deshalb um zu<br />
erfahren, wie die Einstellung zur Internetpartnersuche von jenen ist, die sich noch<br />
nicht intensiver damit beschäftigt haben und auch noch nicht registriert sind. Weiters<br />
habe ich den Fragebogen auf meiner Homepage abgespeichert und den Link in<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 14 VON 123
KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />
Chattforen hinterlegt. Da jedoch keine exakten Zahlen darüber existieren, wie viele<br />
E-Mail-Adressen der Fragebogen erreicht hat, können auch keine Angaben über die<br />
Rücklaufquote gemacht werden. Für die Auswertungen standen 144 ausgefüllte<br />
Fragebogen zur Verfügung. Ein Grund für den relativ geringen Rücklauf könnten die<br />
sehr persönlichen Fragen sein aber auch die Flut an E-Mails, die die Singlebörsen<br />
erhalten und weiterleiten sollen.<br />
Durchgeführt wurde die Untersuchung im Mai 2006. Aufgrund der sehr lange<br />
dauernden Rückantworten der Online-Partnerinstitute wurde der Fragebogen bzw<br />
der Link zum Fragebogen im Juni 2006 noch einmal ausgesendet, wodurch die<br />
Anzahl der ausgefüllten Fragebögen noch einmal gesteigert werden konnte. Die<br />
Gesamtdauer der Untersuchung erstreckte sich somit auf zwei Monate (Mai und<br />
Juni 2006). Die Probanden sind Internetuser, die entweder bei einer Partnerbörse<br />
registriert sind, den Link mittels E-Mail oder Newsletter erhalten haben bzw dem Link<br />
in einem Internetforum gefolgt sind. Grundsätzlich wurden auch jene Fragebögen in<br />
die Auswertung mitaufgenommen, die einige Fragen nicht ausreichend beantwortet<br />
haben und dementsprechend kodiert wurden.<br />
Für die Auswertungen wurden 25 Fragen herangezogen. Aufgrund der sehr geringen<br />
Anzahl an Registrierten in Partnervermittlungsbörsen (13,7% der Probanden sind in<br />
Partnervermittlungsinstituten und 86,3% in Singlebörsen registriert) war ein Vergleich<br />
von Usern beider Partnersuchbörsen leider nicht sinnvoll interpretierbar und wurde<br />
daher nicht durchgeführt.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 15 VON 123
Kapitel 2<br />
PARTNERWAHL –<br />
VON DER ARRANGIERTEN EHE ZUR LIEBESHEIRAT<br />
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
„LIEBER SCHLESIEN VERLOREN ALS DEN GEHEIRATET!“<br />
Maria Theresia (1717-1780),<br />
österreichische Kaiserin und ungarische Königin<br />
In der Vergangenheit und auch heute gibt es Situationen, in denen Menschen von<br />
der Existenz des Anderen überwältigt sind, „so dass sie nichts sehnlicher wünschten,<br />
als ihr Leben in der Körperzone des anderen zu leben“ (Dux, 1994, S.18). Die<br />
Annahme, dass es Liebe zu allen Zeiten gegeben habe wird nachdrücklich in Abrede<br />
gestellt. Es entspricht einer in der Literatur auch heute noch weit verbreiteten<br />
Vorstellung, dass die Menschen in der Frühzeit der Geschichte, zum Teil noch in den<br />
Sammler- und Jägergesellschaften, promisk 5 gelebt hätten (vgl. Dux, 1994, S.17f).<br />
Sie lebten in Gruppen und paarten sich mit dem, den sie gerade trafen und nach<br />
dem ihnen der Sinn stand. In einer anderen Vorstellung lebten sie in Gruppen als<br />
Brüder und Schwestern und teilten sich die PartnerInnen (vgl. Dux, 1994, S.158f).<br />
Die Annahme, die Frühzeit der menschlichen Gattung sei eine Zeit ausschweifender<br />
Promiskuität, ist ein Mythos und wie alle Mythen beruht sie auf den vorgefundenen<br />
Funden der Vergangenheit, von der wir keine Zeugnisse haben. Nirgends gibt es<br />
empirische Belege für diese Lebensform.<br />
Die Partnerwahl hat sich in den letzten Jahrhunderten sehr entscheidend verändert.<br />
Früher waren Beziehungen stark von den – meist autoritären – Vorschriften der<br />
Eltern oder der Gesellschaft geprägt. Moralische, religiöse, sittliche und<br />
wirtschaftliche Tabus und Zwänge engten die Wahl ein und eine »Liebesheirat« war<br />
unvorstellbar. Die Heiratskandidaten wurden innerhalb der Gesellschaftsschicht<br />
ausgewählt, wobei meist die Eltern des Mannes bei der Familie der zukünftigen<br />
Gattin um die Hand anhielten. Die Frau konnte diese Wahl ablehnen oder<br />
annehmen, aber sie hatte keine Chance, sich selber einen Kandidaten zu wählen.<br />
5 Promiskuität (lat.) allgemeiner ungeregelter Geschlechtsverkehr, ohne gegenseitige Bindung auf<br />
längere Zeit. (Das moderne Lexikon, Lexikothek Verlag GmbH, Gütersloh, 1972, Band 15, S. 112)<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 16 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Die Partnerwahl war keine Privatangelegenheit zweier Menschen sondern erfolgte<br />
unter Einbeziehung von ökonomischen und politischen Komponenten.<br />
Historisch gesehen war Landbesitz die erste Quelle des Reichtums. Die Herrscher im<br />
frühen Mittelalter mussten noch ohne der heutigen Technologie wie Handy und<br />
Computer auskommen und sie setzten für die Kontrolle ihrer erbeuteten, weit entfernt<br />
gelegenen, Ländereien Vertrauensleute treuhändisch ein – in Form von Lehen. Im<br />
Laufe der Generationen verleibten sich diese »Lehensherren« diese Grundstücke als<br />
persönliches Eigentum ein. Die Partnerwahl war und ist bis heute ein zentrales<br />
Element der „Reproduktion von Strukturen sozialer Ungleichheit und<br />
gesellschaftlicher Macht über den Wechsel der Generationen.“ (Gestrich, 2003,<br />
S.484). Besonders in der Oberschicht bietet die Heirat die Möglichkeit Macht, Geld<br />
und Ansehen über Generationen zu erhalten. Aber auch in anderen Gesellschaften<br />
versuchen Eltern und Verwandte die Partnerwahl der nachwachsenden Generation<br />
in Bezug auf soziale und wirtschaftliche Aspekte zu beeinflussen.<br />
A TYPEN DER PARTNERWAHL<br />
Der Soziologe William Goode erarbeitete fünf Typen der Partnerwahl (vgl. Gestrich,<br />
2003, S.484f):<br />
VERHEIRATUNG VON PERSONEN <strong>IM</strong> KINDESALTER<br />
Dies ist die wohl radikalste Form, die jeder selbstständigen Partnerwahl keine<br />
Chance bietet. Kaum vorstellbar, aber dies ist in vielen Gesellschaften noch immer<br />
eine akzeptierte Vorgehensweise.<br />
VERHEIRATUNG INNERHALB DER VERWANDTSCHAFT<br />
Ist der vorhergehenden Form sehr ähnlich, jedoch wird der jeweilige Partner<br />
innerhalb einer bestimmten Gruppe (weitere Verwandtschaft, Clan) ausgewählt.<br />
Diese Form der »Clanendogamie« 6 wurde seit dem Mittelalter durch die christliche<br />
Kirche bekämpft und war im europäischen Kontext nicht üblich.<br />
6 Endogamie: die Heirat innerhalb eines Stammes oder einer hinduistischen Kaste<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 17 VON 123
SEGREGATION DER GESCHLECHTSREIFEN JUGENDLICHEN<br />
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Die geschlechtsreifen Jugendlichen werden von potentiellen Heiratspartnern<br />
getrennt, entweder durch räumliche Trennung (z.B. Mädchenpensionat) oder durch<br />
die Begrenzung der Ehepartner auf Personen außerhalb des eigenen Dorfes bzw<br />
des weiteren Umfeldes der Jugendlichen. Die Ehepartner werden von den Eltern<br />
ausgewählt oder es wird eine Kontaktmöglichkeit für die Wahl arrangiert, die sich nur<br />
auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt.<br />
ÜBERWACHTE JUGENDLICHE<br />
Die Jugendlichen werden überwacht, aber nicht strikt voneinander getrennt und<br />
haben generell freie Partnerwahl. Die Entfaltung emotionaler Beziehungen ist<br />
erwünscht, wobei sexueller Kontakt strikt verboten bleibt, damit die Jungfräulichkeit<br />
der Braut gewahrt ist.<br />
FREIE PARTNERWAHL<br />
Dieser Typ beruht allein auf der Entfaltung emotionaler Bindungen zwischen den<br />
Partnern. Die Wahl wird durch die Eltern indirekt gesteuert, indem der<br />
Bekanntenkreis sozial und regional eingeschränkt wird. Die voreheliche sexuelle<br />
Annäherung wird nicht ausgeschlossen, da die erotische Anziehung als wichtiger Teil<br />
der späteren Partnerbeziehung anerkannt wird. Diese Form der Partnerwahl gilt<br />
heute zumindest in der westlichen Welt, aber nicht in allen Teilen Europas, als<br />
Normalform.<br />
Diese fünf Typen könnten auch als Skala gesehen werden: an einem Ende steht die<br />
arrangierte Ehe, wo Liebe als „lächerliche oder tragische Verwirrung angesehen wird“<br />
(Gestrich, 2003, S.485) und am anderen Ende gilt es als beschämend jemand zu<br />
heiraten, für den keine Liebe empfunden wird. Für das neuzeitliche Europa wurden<br />
Goodes Beobachtungen aufgegriffen und daraus drei Modelle der Partnerwahl<br />
entwickelt (vgl. Gestrich, 2003, S.488-504):<br />
DAS AUTORITÄRE MODELL: DIE ARRANGIERTE EHE<br />
Bei dieser Form haben die Eltern und die Verwandtschaft den größten Einfluss auf<br />
die Partnerwahl. Die Ehen werden meist frühzeitig von den Familien arrangiert. In<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 18 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
verschiedenen Regionen Nordafrikas, Chinas, Indiens und Japans sind diese Ehen<br />
auch heute noch anzutreffen, wenngleich sich in den städtischen Bereichen die freie<br />
Partnerwahl durchgesetzt hat. In Europa waren nach dem kanonischen Kirchenrecht<br />
und nach der protestantischen Kirchenordnung arrangierte Ehen ohne freie<br />
Zustimmung der Partner nicht rechtmäßig. Daher war auch die Verheiratung<br />
unmündiger Kinder verboten. Besonders weit verbreitet war das Arrangieren der<br />
Ehen im europäischen Hochadel, diese »Staatsheiraten« waren Bestandteil der<br />
großen Diplomatie. Aber auch im niederen Adel wurden meist politische Ehen<br />
geschlossen und die Kinder sehr früh verlobt und verheiratet. Gewöhnlich wurde<br />
allerdings in diesen Fällen jahrelang auf den Vollzug der Ehe verzichtet – der junge<br />
Ehemann ging seiner Ausbildung nach, die junge Frau lebte weiterhin bei ihren<br />
Eltern. In England war dies bei minderjährigen, verwaisten Adeligen oft die einzige<br />
Möglichkeit, die Übergabe des Eigentums unter die Verwaltung und Nutzung durch<br />
die Krone zu verhindern, da mit der Heirat auch die Mündigkeit und somit die<br />
Besitzübertragung verbunden waren.<br />
Aber nicht nur beim Adel gab es die Zwangsverheiratung unmündiger Kinder, auch in<br />
anderen gesellschaftlichen Ständen und Schichten wurden in Europa bis weit in das<br />
19.Jahrhundert Ehen arrangiert, allerdings wurden diese meist durch<br />
Heiratsvermittler angebahnt – entweder Verwandte oder Freunde, aber auch<br />
Familienfremde. Die Verhandlungen über die künftigen Rechte und Pflichten wurden<br />
ohne die Eheleute geführt, meist durch Vater und/oder Bruder, trotzdem konnte<br />
gegen den Willen der zukünftigen Ehepartner keine Ehe geschlossen werden. Diese<br />
autoritäre Form der Partnerwahl blieb vor allem im bäuerlichen Bereich bis ins<br />
20.Jahrhundert eine besondere Form der familiären Solidarität, da die Familie ein<br />
Anrecht darauf hatte, eine schlechte Versorgung der Töchter und Schwestern zu<br />
vermeiden.<br />
DAS GEMEINDE- ODER MILIEUZENTRIERTE MODELL<br />
Neben der Form der arrangierten Ehe existierte – häufig zeitlich und räumlich<br />
parallel – auch die Möglichkeit, innerhalb des engen Rahmens der Ehegesetzgebung<br />
(auch bei Mündigkeit war bis weit ins 19.Jahrhundert in der Regel die Zustimmung<br />
der Eltern bei der Eheschließung erforderlich) einen größeren Spielraum bei der<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 19 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Partnersuche zu erreichen. Die Phase des Kennen lernens fand unter zusätzlicher<br />
Kontrolle der Gemeinden statt und war in den ländlichen Gebieten Europas weit<br />
verbreitet. Die männliche Jugend schloss sich zu Burschenschaften oder<br />
wohnbezirks- oder milieugebundenen Jugendorganisationen zusammen, um die dort<br />
wohnenden heiratsfähigen Mädchen zu kontrollieren. Die Burschenschaften waren<br />
zuständig für eine kollektiv organisierte Annäherung (auf Dorftänzen, in Lichtstuben 7 ,<br />
beim Fensterln in Bayern und Österreich, bei Sparziergängen, beim Nachtfreien und<br />
bei Kiltgängen 8 ) zwischen Burschen und Mädchen und versuchten Freier aus<br />
anderen Orten abzudrängen.<br />
Die dörfliche Jugend stellte dieses System der jugendautonomen Partnersuche nicht<br />
in Frage, verband es mit größeren Freiräumen für das Kennen lernen und die ersten<br />
sexuellen Annäherungen. Die Jugendgruppen in den Städten trugen durch ihre<br />
Kontrolle und Abwehr fremder Jugendlicher zur Beschränkung der Partnerwahl bei.<br />
Durch die Aktivitäten der Jugendlichen kam es zu einer relativen Bevorzugung von<br />
Gleichaltrigen. Früher bestand ein erheblicher Altersunterschied zwischen den<br />
Ehepartnern, vorwiegend durch das wesentlich höhere Alter des Mannes. Dies war<br />
eine nicht unwesentliche Voraussetzung für eine gewisse Gleichberechtigung der<br />
Ehefrauen. Weiters konnten die Jugendlichen verhindern, dass Mitglieder ihrer<br />
Generation mit Witwen oder Witwern verheiratet wurden.<br />
DAS „LIBERALE“ MODELL DER PARTNERWAHL<br />
Bei dieser Form der Partnerwahl wird die Suche nicht durch gezielte Eingriffe oder<br />
durch Aufsicht von außen gesteuert. Das bedeutet jedoch nicht, dass<br />
Standeszugehörigkeit, soziale Schicht oder Konfession auf die Partnerwahl keinen<br />
Einfluss mehr hatten. Ganz im Gegenteil – die inneren Werte des Partners oder der<br />
7 Orte der ländlichen Arbeitsgeselligkeit; dort trafen sich während der Wintermonate die Frauen und<br />
Mädchen zur gemeinsamen Arbeit, angeblich um Licht zu sparen (Gestrich, 2003, S.495f)<br />
8 Der nächtliche Besuch von jungen Männern bei ihren Geliebten war eine weit verbreitete und meist<br />
brauchmäßig regulierte und kontrollierte Form der Eheanbahnung (vor allem im Alpenraum und in<br />
Skandinavien). Mit 16 durften die Jungen bei den Mädchen in voller Montur auf der Bettdecke<br />
liegen, mit 17 durften sie dabei die Jacke ausziehen, mit 18 angezogen unter der Bettdecke liegen<br />
usw. Übertreter wurden streng bestraft. Solche Bräuche sind nicht gleichzusetzen mit sexueller<br />
Promiskuität, denn die Erlaubnis zum Beischlaf war in der Regel an das Eheversprechen<br />
gebunden. (Gestrich, 2003, S.496f)<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 20 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Partnerin, die Schicht- oder Klassenzugehörigkeit sowie die Bildungs- und<br />
Umgangsformen beeinflussten gerade diese Form der Wahl ganz besonders. Es gab<br />
auch ganz klare Erwartungshaltungen auf Seiten der jeweiligen Familie, die sich<br />
jedoch nicht so bemerkbar machten wie bei den arrangierten Ehen.<br />
Seit dem ausgehenden 18.Jahrhundert – vorerst in der Fabriksarbeiterschaft –<br />
nahmen sich Jugendliche die Freiheit einer autonomen Partnerwahl, die nicht vom<br />
Erbe der Eltern abhängig war. In der großstädtischen Anonymität entwickelten sich<br />
eheähnliche Lebensverhältnisse, mit denen die rechtlichen, wirtschaftlichen oder<br />
sozialen Anforderungen für eine Eheschließung unterlaufen wurden. In<br />
Großbritannien konnte sich aufgrund dieser Voraussetzungen eine sehr liberale<br />
Kultur der Partnerwahl etablieren. Für eine Frau aus der städtischen Unterschicht<br />
war es durchaus kein moralischer Makel ein uneheliches Kind zu bekommen; für<br />
einen Mann nur dann, wenn er nicht bereit war, für den Unterhalt dieses Kindes zu<br />
bezahlen. Viele Frauen bevorzugten sogar die Form der Alimente, da sie so keine<br />
rechtlichen und sozialen Einschränkungen wie in einer Ehe auf sich zu nehmen<br />
hatten. Auch in Frankreich entwickelte sich im 19.Jahrhundert eine unverheiratete Art<br />
des Zusammenlebens unter den Arbeitern, die »concubinage«, eine Art Ehe auf<br />
Probe. Solche Beziehungen wurden erst bei der Geburt eines Kindes legalisiert oder<br />
wenn genug Vermögen vorhanden war, sodass der Mann die Familie ohne<br />
Einkommen der Frau ernähren konnte.<br />
B KRITERIEN FREIER PARTNERWAHL<br />
War im 18.Jahrhundert in den bürgerlichen Kreisen die religiöse Übereinstimmung<br />
der künftigen Ehepartner von Bedeutung so wurde die Liebesheirat europaweit ein<br />
zentrales Thema in der Literatur, allerdings noch keine »romantische« sondern eine<br />
»vernünftige« Liebe. Kriterien der Partnerwahl sollten nicht Besitztümer sondern<br />
moralische Qualitäten der Partner sein. Erst seit der Wende zum 19.Jahrhundert<br />
entwickelte sich – vorerst literarisch – die Erotik in der Liebe. Durch die Freigabe der<br />
Sexualität als Teil der Partnersuche bei den Jugendlichen im ausgehenden<br />
20.Jahrhundert wurde die erotische Dimension zu einem entscheidenden Kriterium<br />
bei der Partnerwahl. Voreheliches Zusammenleben vor der Ehe ist heute in allen<br />
Gesellschaftsschichten zur Normalität geworden (vgl. Gestrich, 2003, S.502).<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Dass bei der bürgerlichen Oberschicht im 19.Jahrhundert trotz der Entwicklung der<br />
romantischen Liebe bei der Partnerwahl noch immer auf die materiellen Umstände<br />
geachtet wurde zeigen die Heiratsannoncen jener Zeit deutlich. Die Personen<br />
suchten zwar nach Liebe, dennoch hielten sie nach Partnern Ausschau, deren<br />
Einkommen und Besitz die soziale Stellung festigen konnte. Ein Mann gab in seiner<br />
Annonce ganz ungeniert sein Einkommen an und erwartete im Gegenzug eine<br />
großzügige Mitgift der Braut. Dazu ein Beispiel aus einem weit verbreiteten<br />
Briefsteller 9 des 19.Jahrhunderts:<br />
„Ein Mann von 45 Jahren, fester Gesundheit, angenehmem Äußern und<br />
einem jährlichen Einkommen von 1500 Mark, wünscht eine Lebensgefährtin<br />
von gutem Ruf, gefälligem Äußern, Sinn für Häuslichkeit und einer Bildung,<br />
wie sie in dem Bürgerstand größerer Städte zu finden ist. Einiges Vermögen<br />
wäre dabei erwünscht, ist jedoch nicht unumgänglich nötig, sofern nur eine<br />
gute Ausstattung 10 vorhanden ist. Das Alter dürfte nicht über 30 Jahre sein.“<br />
(Gestrich, 2003, S.503)<br />
Im 20.Jahrhundert änderte sich daran grundsätzlich wenig, ganz im Gegenteil.<br />
Speziell für Frauen, die traditionell leichter über ihre Herkunftsschicht heiraten<br />
konnten, nahm in den letzten Jahrzehnten die soziale Heiratsmobilität sogar ab.<br />
Ganz besonders die Bildung (kulturelles Kapital; siehe S.66) führte im 20.Jahrhundert<br />
zu einer Begrenzung der Heiratskreise. Der erworbene Status der Frau und das<br />
damit verbundene Einkommen wurde immer mehr zur Mitgift, die ebenfalls<br />
einzubringen war. Die Männer waren eher bereit, ökonomisch weniger potente<br />
Frauen als Ehepartnerinnen zu akzeptieren. Eine Heiratsannonce, die<br />
Symbolcharakter für beide Geschlechter haben würde, könnte zu jener Zeit diesen<br />
Text haben:<br />
„Selbständiger sucht kulturelles Kapital zwecks Einheirat in die gehobenen<br />
Stände und bietet Bildungsbürgerin solventen Hausstand zur Verwirklichung<br />
ihrer vielfältigen musischen Interessen“. (Gestrich 2003, S.504)<br />
9 Deutscher Reichs-Universal-Briefsteller oder Musterbuch zur Abfassung aller in den allgemeinen<br />
und freundschaftlichen Lebensverhältnissen sowie im Geschäftsleben vorkommenden Briefe,<br />
Dokumente und Aufsätze. Ein Hand- und Hilfsbuch für Personen jedes Standes von H.Th.Traut,<br />
Leipzig, aus dem Jahre 1886.<br />
10 Mitgift<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 22 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
C DER EINFLUSS DES BILDUNGSSYSTEMS AUF DIE<br />
PARTNERWAHL<br />
Die Antwort auf die Frage „Wer heiratet wen“ ist meist eine Reproduktion der<br />
sozialen Ungleichheit einer Gesellschaft. Von einer homogamen Ehe wird dann<br />
gesprochen, wenn die Partner die gleichen oder ähnlichen Ressourcen in Bezug auf<br />
Bildung und Berufsposition haben. Heterogame Ehen sind dadurch gekennzeichnet,<br />
dass durch die Heirat ein bedeutsamer Ausgleich für einen der Partner in Bezug auf<br />
bisher erfahrene Benachteiligungen in der Gesellschaft erfolgt.<br />
Wenn diese Bildungshomogamie im historischen Verlauf noch weiter zunimmt, führt<br />
dies zwangsläufig nicht nur zu einer Verstärkung sozialer Ungleichheiten zwischen<br />
Ehepaaren, sondern auch zu einer wachsenden Differenzierung sozialer Chancen<br />
der jeweils nächsten Generation. Die wichtigste Erkenntnis der Studie von Blossfeld<br />
und Timm zeigt eine starke positive Korrelation 11 zwischen den Merkmalen »soziale<br />
Herkunft« und »Bildungsniveau« der Heiratspartner. Daher lässt sich auch vermuten,<br />
dass es auch in modernen Gesellschaften Kräfte gibt, die soziale Ungleichheit<br />
reproduziert und somit die Wahl der Ehepartner beeinflusst.<br />
Da sowohl Frauen als auch Männer heutzutage zur Heirat nicht mehr gezwungen<br />
werden, stellt sich die Frage, welche Mechanismen Einfluss darauf haben, dass noch<br />
immer eine weitgehende Reproduktion sozialer Ungleichheiten durch eine Heirat<br />
erfolgt bzw umgekehrt formuliert warum es einer nicht unbedeutenden Zahl von<br />
Männern und Frauen dennoch gelingt, diesen Kräften der sozialen Reproduktion zu<br />
entkommen und Partner zu heiraten, die ihrem Herkunftsstatus und ihrem<br />
Bildungsniveau nicht entsprechen.<br />
Unter Verwendung einer 4-stufigen Bildungsklassifikation (Stufe 1 = Volksschul-<br />
/Hauptschulabschluss oder mittlere Reife ohne Beraufsausbildung; Stufe 2 =<br />
Volksschul-/Hauptschulabschluss oder mittlere Reife mit Berufsausbildung oder<br />
Abitur mit und ohne Berufsausbildung; Stufe 3 = Fachhochschulabschluss und<br />
11 Es gibt positive und negative Korrelationen. Ein Beispiel für eine positive Korrelation (je mehr,<br />
desto mehr) ist: Je mehr Futter, desto dickere Kühe. Ein Beispiel für eine negative Korrelation (je<br />
mehr, desto weniger) ist: Je mehr Verkauf von Regenschirmen, desto weniger Verkauf von<br />
Sonnencreme.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 23 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Stufe 4 = Hochschulabschluss) wurden für Ehefrauen und –männer eine empirische<br />
Entwicklung der Aufwärts-, Abwärts- und homogamen Eheschließungen über<br />
Geburtskohorten 12 dargestellt. Zusätzlich wurde die theoretische Entwicklung dieser<br />
Heiratsmuster unter der Bedingung statistischer Unabhängigkeit 13 berechnet.<br />
Folgende Ergebnisse dieser empirischen Entwicklung sind dabei bemerkenswert<br />
(siehe dazu Tabelle 9, Blossfeld und Timm, 2001, S.443ff):<br />
1 Der Anteil bildungshomogamer Ehen hat sich von den älteren Kohorten zu den<br />
jüngeren fast kontinuierlich von etwa 44% (43,9% bei den Frauen und 44,8%<br />
bei den Männern) auf etwas über 70% (70,0% bei den Frauen und 71,5% bei<br />
den Männern) stark erhöht. Die Unterschiede für Ehemänner und Ehefrauen in<br />
den verschiedenen Geburtskohorten sind darauf zurückzuführen, dass sich das<br />
Lebensalter der Ehepartner zum Heiratszeitpunkt häufig unterscheidet und die<br />
Männer und Frauen deswegen zum Teil unterschiedlichen Geburtskohorten<br />
angehören. (Nicht beachtet wurden die Randkohorten zwischen 1900 – 1918<br />
und 1964 – 1978, da diese schwer zu interpretieren waren).<br />
2 Die Tabelle zeigt deutlich, dass der Anteil der aufwärtsheiratenden Frauen und<br />
gegengleich der abwärtsheiratenden Männer bei den älteren Kohorten<br />
außerordentlich hoch ist. Ein Grund dafür ist sicher die bei den älteren Kohorten<br />
wirksame soziale Norm, nach der die Frauen weniger Wert auf eine eigene<br />
Bildung legten und mehr darauf achteten einen Mann zu heiraten, der höher<br />
qualifiziert war oder zumindest das gleiche Bildungsniveau hatte, da die<br />
Ehemänner für die lebenslange Erwerbsarbeit zuständig waren.<br />
3 Diese traditionelle Ehe verliert in den folgenden Jahren deutlich an Boden, z.B.<br />
betrug der Anteil bei den 1929 – 1933 geborenen Frauen 54,4% und war bei<br />
der Kohorte 1959 – 1963 auf einen Anteil von 21,6% gesunken.<br />
4 Trotz allem gab es immer einen kleinen Prozentsatz von Frauen und Männern,<br />
die diese traditionelle Heiratsnorm nicht befolgten. Dieser Anteil blieb über den<br />
Verlauf der Kohorten immer auf einem relativ stabilen Niveau von 4,0 – 8,4%<br />
bei den abwärtsheiratenden Frauen bzw 5,9 – 7,7% bei den<br />
aufwärtsheiratenden Männern.<br />
12 Häufig sind Studien als Kohortenuntersuchungen angelegt. Durch den Vergleich der Lebensläufe<br />
von verschiedenen Jahrgängen (Geburtskohorten) erschließt sich oft erst das Ausmaß sozialen<br />
Wandels. Die Zugehörigkeit zu einer Geburtskohorte wird z.B. durch das Geburtsjahr (z.B. 1950)<br />
oder eine Zeitspanne (z.B. zwischen 1950 bis 1955) festgelegt, in die die Geburt fällt. (Diekmann,<br />
1995, S. 279).<br />
13 Sind zwei Variablen X (unabhängige Variable) und Y (abhängige Variable) statistisch völlig<br />
unabhängig, so sind die bedingten relativen Häufigkeiten f'(Yi|Xj) bei gegebenem i für alle Xj gleich,<br />
da bei Unabhängigkeit der Variablen die Ausprägungen der unabhängigen Variablen eben keinen<br />
Einfluss auf die Ausprägungen der „abhängigen“ Variablen haben.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 24 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Kohorte Aufwärtsheirat Homogame Heirat Abwärtsheirat<br />
Ehefrauen Ehemänner Ehefrauen Ehemänner Ehefrauen Ehemänner<br />
1919-1923 52,1% 5,8% 43,9% 44,8% 4,0% 49,4%<br />
1924-1928 46,7% 4,6% 49,3% 42,5% 4,0% 52,9%<br />
1929-1933 54,4% 5,9% 40,8% 45,6% 4,8% 48,5%<br />
1934-1938 37,8% 5,8% 56,0% 57,5% 6,2% 36,7%<br />
1939-1943 36,9% 5,1% 58,1% 61,6% 5,0% 33,3%<br />
1944-1948 26,7% 5,4% 65,5% 66,8% 7,8% 27,8%<br />
1949-1953 27,0% 6,3% 68,8% 70,7% 4,2% 23,0%<br />
1954-1958 23,9% 3,8% 70,6% 73,7% 5,5% 22,5%<br />
1959-1963 21,6% 7,7% 70,0% 71,5% 8,4% 20,8%<br />
Tabelle 9 - Verteilung der Aufwärts-, Abwärts- und homogamen Heiraten bezüglich des<br />
Bildungsniveaus nach Geburtskohorten (höchstes Bildungsniveau der Partner zum Heiratszeitpunkt)<br />
Quelle: Blossfeld und Timm, 2001, S.445<br />
Sowohl für die Ehefrauen als auch für die Ehemänner ergibt die Zeilensumme jeweils 100%.<br />
Lesebeispiel: 52,1% der Ehefrauen bzw 5,8% der Ehemänner haben in den Jahren<br />
1919 – 1923 „aufwärts“ geheiratet.<br />
D THEORIEN ZUR PARTNERWAHL<br />
Natürlich führen gescheiterte Ehen und Beziehungen zu einem Umdenken in der<br />
Partnerwahl. Aufgrund der Erfahrung werden beim nächsten Partner oft Abstriche<br />
gemacht und es wird versucht frühere Fehler in der nächsten Partnerschaft zu<br />
vermeiden. Ein Grund für eine starke und dauerhafte Liebe kann aber auch das<br />
Wissen darüber sein, wie es funktionieren könnte, z.B. weil die Ehepartner in<br />
glücklichen Familien aufgewachsen sind und somit ihre Eltern als Vorbilder haben.<br />
Es wird jedoch immer schwieriger auf solche Erfahrungen zurückzugreifen, da die<br />
Scheidungsfamilien immer mehr im Zunehmen sind.<br />
Die Möglichkeiten, den Wunschpartner zu finden haben sich in den letzten<br />
Jahrzehnten um neue Formen erweitert. Alain Girard 14 (in: Vögelin, 1989, S.3) hat<br />
14 Girard, Alain. Le coix du conjoint. Une enquête psycho-sociologique en France. Rééd. 2.Paris:<br />
Presses universitaires de France, 1974.(In: Vögelin, 1989, S.3)<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
1959 in Frankreich eine Studie gemacht um herauszufinden wer wen heiratet. Das<br />
Problem liegt seiner Meinung nicht darin, »sich zu wählen«, sondern vorerst einmal<br />
darin »sich zu finden«. Die Gelegenheiten, bei denen sich die Paare dieser Studie<br />
begegneten, wurden mit dem Ergebnis des Fragebogens 2006 verglichen:<br />
Ort des Kennen lernens 2006 1959<br />
1 öffentliche und private Tanzveranstaltungen, Parties, etc. 19% 17%<br />
2 Begegnungen auf der Strasse, der Bahn, im Restaurant, im Geschäft 6% 15%<br />
3 am Arbeitsplatz, gleiche Universität 10% 13%<br />
4 gleiche Schule, Freundeskreis der Eltern 4% 11%<br />
5 gleicher Wohnort 0% 11%<br />
6 durch Bekanntschaft des Bruders, der Schwester oder der Verwandtschaft 0% 11%<br />
7 Freunde/Bekannte 24% *)<br />
8 Begegnungen in den Ferien, auf Reisen, im Kino 2% 10%<br />
9 Gruppentreffen, in politischen, religiösen, beruflichen oder sportlichen Vereinen 1% 6%<br />
10 auf Taufen, Hochzeiten, Erstkommunion 0% 6%<br />
11 Annoncen und Briefwechsel 0% 0%<br />
12 Internet 25% *)<br />
13 sonstiges 8% *)<br />
*) Diese Kategorien gab es bei der Untersuchung 1959 nicht.<br />
Die Daten aus dem Jahr 2006 stammen aus der Beantwortung der Frage 25 „Wo haben Sie Ihren<br />
Partner kennen gelernt“ bzw der Frage 27 „Wenn Sie derzeit Single sind und bereits eine Beziehung<br />
hinter sich haben, wo haben Sie ihren Ex-Partner/Ihre Ex-Partnerin kennen gelernt“. N = 119; jene, die<br />
noch keine Beziehung hatten bzw bei Mehrfachantworten wurden mit „keine Antwort“ kodiert.<br />
Kaum Veränderungen gibt es bei Kategorie 1 von 17% auf 19%. Halbiert haben sich<br />
die Begegnungen auf der Straße, etc. von 15% (1959) auf 6% (2006). Der gleiche<br />
Wohnort hat anscheinend keinen Einfluss mehr auf das Kennen lernen, hier gab es<br />
2006 keine Nennungen. Taufen und Hochzeiten erhielten 2006 ebenfalls keine<br />
Nennung gegenüber 6% im Jahr 1959. Genau ein Viertel der Befragten antworteten<br />
mit „Internet“, womit dies 2006 die stärkste Kategorie darstellt (da die Daten aus dem<br />
Jahr 2006 nicht repräsentativ sind, trifft das Ergebnis nur auf den Personenkreis der<br />
Befragung zu und kann nicht generalisiert werden).<br />
Doch nicht nur das Bildungsniveau hat einen Einfluss auf die Eheschließung, wie in<br />
Punkt C beschrieben, es gibt in der Diskussion der Partnersuche noch weitere<br />
Faktoren, die entscheidend sein können, ob wir uns zu einer Person hingezogen<br />
fühlen, die uns ähnlich ist (die Ähnlichkeits-Hypothese) oder die uns gegensätzlich ist<br />
(die Komplementaritäts-Hypothese) (vgl. Lenz, 1990, S.64):<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
1 ÄHNLICHKEITSHYPOTHESE – GLEICH UND GLEICH GESELLT SICH GERN<br />
Wir bevorzugen bei der Partnerwahl jene Personen, die uns am Ähnlichsten sind,<br />
das kann sich auf soziale Merkmale wie Gesellschaftsschicht und<br />
Religionszugehörigkeit, Alter, sozialen Status, finanzielle Lage, politische Neigung,<br />
aber auch auf Einstellungen beziehen (Homogamie).<br />
In den USA gibt es eine Fülle von Arbeiten, die eine hohe Übereinstimmung bei den<br />
sozialen Merkmalen in der Partnerwahl festgestellt haben; die meisten Personen<br />
heiraten innerhalb der sozialen Schicht und mit ähnlichem Bildungsstand.<br />
(vgl. Lenz, 1990, S.64). Besonders bei Frauen war das »Hinauf-Heiraten« (z.B.<br />
Bürgerliche heiratet in Adel ein, Akademiker heiratet Hilfsarbeiterin) weit verbreitet,<br />
heute aufgrund der Angleichung der Bildungsabschlüsse bei beiden Geschlechtern<br />
nicht mehr im gleichen Ausmaß. In Europa sind die Rassenunterschiede nicht so von<br />
Belang wie die Staatszugehörigkeit der Partner, obwohl hier eine Steigerung der<br />
binationalen Eheschließungen zu verzeichnen ist.<br />
2 KOMPLEMENTARITÄTS-HYPOTHESE – GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH AN<br />
Es kann natürlich auch vorkommen, dass wir uns zu Personen hingezogen fühlen,<br />
die uns nicht ähnlich sind (Heterogamie); das Individuum sucht in der Partnerwahl<br />
eine Person, die eine maximale Bedürfnisbefriedigung gewährleistet und zu den<br />
eigenen komplementär ist (vgl. Lenz, 1990, S.66). Diese Studie über die<br />
Komplementarität von Winch 15 wurde weitestgehend nur von ihm vertreten und war<br />
auch nach seiner späteren Revision nicht haltbar:<br />
a) eine Komplementarität, die dadurch entsteht, dass das gleiche Bedürfnis bei<br />
einem Paar unterschiedlich ausgeprägt ist (z.B. hohe vs. niedrige Dominanz)<br />
b) eine Komplementarität, die auf unterschiedlichen Bedürfnissen der<br />
Beziehungspersonen beruhen (z.B. Dominanz vs. Unterordnung)<br />
15 Der englische Philosoph Peter Guy Winch (* 1926, † 1997) ist durch die Kritik am logischen<br />
Positivismus in den Sozialwissenschaft bekannt geworden, die er in seinem Werk „The Idea of a<br />
Social Science (1958)“ liefert. Auf der Grundlage von Wittgensteins Untersuchungen zu Begriffen<br />
wie Verstehen, Regel und Lebensform vertritt er die Ansicht, dass gesellschaftswissenschaftliche<br />
Erklärungen prinzipiell von naturwissenschaftlichen Erklärungen zu unterscheiden sind.<br />
Handlungen, zwischenmenschliche Beziehungen und gesellschaftliche Institutionen sind von<br />
Regeln und nicht von Naturgesetzen gesteuert. Deshalb können gesellschaftliche Phänomene nur<br />
durch eine Klärung der Regelsysteme verstanden werden, nicht aber durch kausale Erklärungen.<br />
(http://www.philosophenlexikon.de/winch.htm, abgefragt am 2.4.2006)<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Diese gegensätzlichen Lehrmeinungen beweisen, dass beide Formen der Beziehung<br />
existieren. Die Unähnlichkeit, aber auch die Ähnlichkeit, kann eine Ursache<br />
gegenseitiger Anziehung sein.<br />
„Die Verschwender suchen nicht die Gesellschaft der Geizhälse, genauso<br />
wenig wie aufrechte Charaktere die Gesellschaft von Heuchlern und<br />
Duckmäusern suchen. Liebenswerte und sanfte Geister fühlen sich nicht zu<br />
harten und missgünstigen Charakteren hingezogen.“<br />
(Zitat nach Durkheim, 1977, S.95).<br />
Nur Unterschiede einer bestimmten Art fühlen sich voneinander angezogen –<br />
diejenigen, die sich gegenseitig ergänzen, statt sich auszuschließen. Ähnlichkeiten<br />
der Partner sind hilfreich, aber sicher keine Garantie für dauerhaftes Glück. Selbst<br />
wenn die Übereinstimmungen zwischen dem Paar sehr hoch sind können sie sich<br />
über die restliche Nicht-Übereinstimmung »gehörig in die Haare geraten«. Genauso<br />
gibt es Paare die gegensätzlicher nicht sein könnten, aber vielleicht funktioniert die<br />
Beziehung, weil sie sich ihre Gemeinsamkeiten erst »erarbeiten« müssen. Ein<br />
Geheimnis für eine glückliche Partnerschaft könnten ihre gemeinsamen Ziele sein.<br />
3 ST<strong>IM</strong>ULUS-WERTHALTUNGS-ROLLENTHEORIE DER PARTNERWAHL<br />
Murstein 16 meint, dass sich die meisten Paarbildungen mit beiden Theorien erklären<br />
lassen, jedoch findet keine der beiden viel empirische Unterstützung. Die SVR-<br />
Theorie (stimulus-value-role theory) geht in der zwischenmenschlichen Beziehung<br />
von drei Variablen aus (vgl. Vögelin, 1989, S.6):<br />
S = Stimulus<br />
V = Werthaltungsvergleich<br />
R = Rolle<br />
Diese Variablen wirken sich während des Verlaufes einer Beziehung – je nach<br />
Entwicklungsstufe – verschieden intensiv aus. In diesem Ansatz wird behauptet, dass<br />
jedes Individuum seine sozialen Interaktionen so einträglich und profitabel wie<br />
möglich gestalten möchte. Der Profit ist die Differenz zwischen den Belohnungen<br />
(Freuden, Vorteile, Befriedigungen) und den Kosten (diese verunmöglichen eine<br />
bestimmte Handlung). Verhaltensweisen und Eigenschaften, die einen<br />
16 Murstein, Bernard J. Sympathie, Freundschaft und Ehe: Psychologische Grundlagen<br />
zwischenmenschlicher Beziehungen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 28 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Belohnungscharakter haben, werden als Vorzüge definiert und jene, die einen<br />
negativen Charakter haben als Nachteile. Alle diese Faktoren spielen in diesem<br />
Austauschmodell eine wichtige Rolle. In der SVR-Theorie geht es um<br />
Ausgewogenheit (equity), welche sich auf ein gleiches Belohnungsvermögen bezieht,<br />
z.B. eine schöne, aber arme Frau und ein hässlicher, reicher Mann – obwohl beide<br />
unähnlich sind, besteht eine ausgewogene Balance von Schönheit und Wohlstand.<br />
Um nun den Verlauf einer Beziehung als zweiten maßgeblichen Aspekt dieser<br />
Theorie zu verstehen, unterscheidet Murstein eine Begegnung in »offenes Feld«<br />
(Mann und Frau kennen sich oberflächlich, als Stimulus-Attribute werden physische<br />
Attraktivität, Status, Ausgeglichenheit, Stimme und ähnliches bezeichnet) und<br />
»begrenztes Feld« (die Partner sind aufgrund ihrer Rollen gezwungen, miteinander in<br />
Kontakt zu treten, beide Individuen können das Verhalten des anderen kennen<br />
lernen und nach einem eigenen Wertsystem einstufen).<br />
Wenn nun die Summe der Stimulus-Merkmale bei beiden Individuen ungefähr gleich<br />
ist, treten beide in ein Stadium eines Werthaltungsvergleiches. Die Dauer der Abfolge<br />
ist von Paar zu Paar verschieden. Zu diesem Zeitpunkt sammelt das Paar<br />
Informationen infolge von verbalen Interaktionen. In guten Partnerschaften wird meist<br />
eine Übereinstimmung der für die Beziehung wichtigen Werthaltungen erreicht, wobei<br />
dies wichtig ist, da diese Werthaltungen im Selbstbild 17 aufgenommen werden.<br />
Während dieser Zeit des Werthaltungsstadiums fängt auch die Erprobung der<br />
Rollenverträglichkeit an, welche oft der Zeitpunkt einer Heirat sein kann.<br />
Lt. Murstein wird ein mit sich selbst zufriedener Mensch (hohe Korrelation zwischen<br />
Selbstbild und Ideal-Selbstbild) danach trachten, einen Partner zu finden, der<br />
Werthaltungen und Bedürfnisse ähnlich wahrnimmt wie er selbst. Derjenige, der<br />
Unzufrieden ist, wird auch einen Partner wollen der einem Idealbild entspricht. Da<br />
aber das Selbstbild nicht übereinstimmt, gibt es auch keine Übereinstimmung mit<br />
dem Bild des Partners. Aus diesen Tatsachen formulierte er folgende Hypothese:<br />
17 Das Selbstbild bestimmt alles, was ich sage, wie ich mich gebe, woran ich glaube, so wie ich mich<br />
selber sehe; Selbstbild und Erfolg funktionieren nach dem Prinzip der „self fulfilling prophecy“ (der<br />
selbst erfüllenden Prophezeiung). Das Gegenteil dazu ist das Fremdbild, so wie andere mich<br />
sehen.<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
„Personen mit großer Selbstzufriedenheit sehen eine signifikant größere<br />
Ähnlichkeit zwischen sich selbst und dem Partner, als Personen mit geringer<br />
Selbstzufriedenheit.“ (Vögelin, 1989, S.9)<br />
4 DIE OBJEKTWAHL NACH FREUD<br />
Bei Freud 18 ist die Objektwahl die Suche nach dem Liebesobjekt und die Mutter<br />
(oder die Pflegeperson, die mit seiner Ernährung, Pflege und seinem Schutz zu tun<br />
hat) ist das erste und stärkste Liebesobjekt und somit Vorbild für alle späteren<br />
Liebesbeziehungen bei beiden Geschlechtern. Freud geht in seiner Theorie weiter<br />
davon aus, dass die Objektwahl in zwei Schüben erfolgt. Der erste Schub ist im Alter<br />
zwischen drei und fünf Jahren (später korrigierte er den Beginn auf das zweite<br />
Lebensjahr). Später lernt das Kind, dass andere Menschen auch seine Bedürfnisse<br />
befriedigen können. Mit dem Eintreten der Pubertät erfolgt der zweite Schub<br />
(vgl. Vögelin, 1989, S.10). Der junge Mann bleibt im »Normalfall« an der Frau<br />
orientiert, während das Mädchen das Geschlecht des Sexualobjektes im Falle einer<br />
heterosexuellen Partnerwahl wechseln muss. Da die Liebe zum Elternteil aufgrund<br />
der Inzestschranke unmöglich erscheint wird die Objektwahl von diesen Personen<br />
weg auf zunächst ähnliche unerreichbare Personen gerichtet, d.h. sie verlieben sich<br />
in Popstars, Filmschauspieler, Politiker etc. Diese "Liebe" hat in der Regel<br />
schwärmerischen Charakter, eine Partnerschaft wird nicht wirklich angestrebt.<br />
5 DIE „EHELICHE“ OBJEKTWAHL NACH LEMAIRE<br />
Auch Lemaire 19 weist aufgrund seiner Untersuchungen darauf hin, dass junge<br />
Menschen stark durch Erziehung, sozio-kulturelle 20 und örtlich-wirtschaftliche<br />
Verhältnisse geprägt sind. Diese Prämissen engen die Möglichkeiten und<br />
Gelegenheiten ein. Weiteren Einfluss auf die Partnerwahl haben natürlich die<br />
Familienmitglieder – „oft sehr subtil und indirekt durch Ermutigung, Rat, Ermahnung<br />
oder Einwände.“ (Vögelin, 1989, S.12). Die Partner müssen sich zuerst suchen und<br />
18 Freud, Siegmund. Psychologie des Unbewussten. Bd. 3 und Sexualleben. Bd. 5. Studienausgabe.<br />
Zürich: Ex-Libris, 1976 (Original 1905). (In: Vögelin, 1989, S. 10-12)<br />
19 Lemaire, Jean G. Leben als Paar: Strukturen, Krisen, Therapeutische Hilfen. Olten: Walter 1980.<br />
In: Vögelin S.12-15<br />
20 Die Wortverbindung „sozio-kulturell“ bezeichnet den engen Zusammenhang zwischen sozialen und<br />
kulturellen Aspekten gesellschaftlicher Gruppen und ihren Wertesystemen.<br />
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
finden, bevor sie sich erwählen können. Besonders schwer ist diese Suche für<br />
Menschen, die in großer Abhängigkeit gehalten werden, die in ländlichen oder<br />
kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwachsen oder Behinderte.<br />
So kann es passieren, dass sich Partner mit ähnlich schwacher Ich-Struktur wählen,<br />
weil beide – unbewusst – Angst vor einer zu starken Bindung inklusive emotionalem<br />
Gehalt haben; andererseits fühlen sie sich zu schwach und zu gefährdet, ihr Leben<br />
alleine zu meistern. Andere wählen aus ähnlichen Gründen einen Partner, mit dem<br />
sie nur einige Seiten des Lebens teilen und so den nötigen Abstand wahren. Dies<br />
kann ein Motiv für häufigen Partnerwechsel sein. Die Partnerwahl ist weiters<br />
abhängig von der bisherigen Lebensgeschichte. Dabei spielen Erfahrungen ebenso<br />
eine Rolle wie das Elternbild – „der Partner wird oft in direktem Bezug zum Bild des<br />
gegengeschlechtlichen Elternteils gewählt.“ (Vögelin, 1989, S.14).<br />
6 PARTNERWAHL UND EINSPIELEN DER KOLLUSION NACH WILLI<br />
Willi ist der Meinung, dass es zuerst um die Frage geht, „ob sich bei der Partnerwahl<br />
eher gleichartige oder gegensätzliche Persönlichkeitsstrukturen anziehen“ (Zitat nach<br />
Willi, 1975, S.179). Dennoch findet er, dass die Gleichartigkeit der Partner in Bezug<br />
auf Klasse, Rasse, Religion, Weltanschauung, Werthaltung, Einstellung, Gewohnheit<br />
und Interesse durch mehrere Studien als gesichert gilt (siehe auch Homogamie und<br />
Heterogamie Seite 27). Was vor allem dadurch begründet werden kann, dass die<br />
Chance, einen Partner kennen zu lernen, der der gleichen sozialen oder beruflichen<br />
Schicht angehört wesentlich größer ist. Schwieriger ist die Partnerwahl unter<br />
Berücksichtigung von Persönlichkeitsmerkmalen und hier sind auch die Ergebnisse<br />
der Untersuchungen sehr konträr, denn die emotionalen Faktoren wie Ängste, Triebe<br />
und Bedürfnisse sind schwer überprüfbar.<br />
Was passiert tatsächlich in der Phase des Kennen lernens? Willi beschreibt dies als<br />
einen intensiven Anpassungsvorgang, in dem die neue Umgebung abgetastet wird.<br />
Am wohlsten werden wir uns dort fühlen, wo wir so gesehen und akzeptiert werden,<br />
wie wir uns selbst sehen oder gerne sehen würden. Wenn sich zwei Partner erstmals<br />
treffen, setzt ein intensiver Prozess gegenseitiger Selbstdefinition ein. Meist spüren<br />
wir schon „auf den ersten Blick“ ob eine nähere Begegnung überhaupt einen Sinn<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 31 VON 123
KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
macht. Dieses gegenseitige Abtasten findet in großer Dichte statt, auch wenn<br />
scheinbar über Belanglosigkeiten gesprochen wird, wie z.B. über das Wetter oder<br />
Äußerlichkeiten. Für Willi sind diese Belanglosigkeiten nur Vorwand, um die verbalen<br />
und non-verbalen ICH-DU-Definitionen auszutauschen. Eine Partnerwahl darf nicht<br />
als „Schlüssel-Schloss-Phänomen“ (Zitat nach Willi, 1975, S.184) gesehen werden,<br />
bei dem die beiden Persönlichkeiten perfekt zueinander passen. Vielmehr ist die<br />
Paarbildung ein Anpassungsprozess, der bei beiden zu einer Sichtung von latenten<br />
und manifesten Persönlichkeitsmerkmalen führen kann.<br />
Besonders wichtig ist für Willi, ob sich die Partner in ihrer Selbstdefinition akzeptiert<br />
und bestärkt fühlen, die den eigenen Idealen nahe kommt. Die Anpassung und<br />
gegenseitige Faszination kann jedoch nur so weit gehen, wie sie sich auf latent<br />
vorhandene persönliche Möglichkeiten stützen kann. Die Gleichartigkeit der<br />
soziologischen Merkmale mag zwar einen stabilisierenden Einfluss auf Paare<br />
ausüben, lässt jedoch die Herzen nicht »höher schlagen« und ist auch kaum ein<br />
Motiv für eine »Liebesheirat«. Diese Merkmale sind jedoch als konfliktfreie Bereiche<br />
wichtig, denn die Kollusion bezieht sich auf den Bereich der Partnerwahl, der die<br />
stärkste emotionale Anziehung zwischen den Partnern bewirken kann und dies übt in<br />
der Verliebtheit eine zentrale Wirkung aus.<br />
E PHYSISCHE ATTRAKTIVITÄT<br />
Situationen, in denen ein erster Eindruck von einer anderen Person gewonnen<br />
werden kann, sind sehr kurz. Der Beurteiler nimmt mehr oder weniger ausgeprägt die<br />
Haltung eines „Informationsverarbeiters“ (= rational choice-Ansatz) 21 ein, dem es<br />
darum geht, einen Gesamteindruck auf der Grundlage mehrerer Einzelinformationen<br />
zusammenzufassen. Andererseits ist diese gefühlsmäßige Beteiligung maximal,<br />
wenn zwischen zwei Personen Liebe besteht.<br />
Die Alltagserfahrung zeigt, wie stark physische Attraktivität die zwischenmenschliche<br />
Beziehung bestimmt, nicht zuletzt zwischen Männern und Frauen. Kosmetische<br />
Produkte dienen nicht zuletzt dazu, die Attraktivität zu steigern.<br />
21 Rational Choice oder Rationale Entscheidung; handelnde Subjekte (Akteure) zeigen ein rationales,<br />
nutzenmaximierendes (oder kostenminimierendes) Verhalten aufgrund gewisser Präferenzen<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 32 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Kapitel 3<br />
PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
„ES GIBT KEIN REZEPT FÜR EINE<br />
GLÜCKLICHE, FUNKTIONIERENDE EHE.<br />
NUR EINFACH LIEBE“<br />
Mario Adorf<br />
Um die Partnersuche im 21.Jahrhundert zu untersuchen ist es notwendig, die<br />
Entwicklung von Partnerschaft, Familie und Ehe im Laufe der letzten Jahrhunderte zu<br />
betrachten. Denn nur dadurch wird klar erkennbar, dass mit diesen Veränderungen<br />
erst die Möglichkeiten dieser modernen Partnersuche geschaffen wurden.<br />
Im Mittelalter standen sich zwei Konzeptionen der Ehe gegenüber: das vom Adel<br />
vertretene Wertesystem als Allianz zweier ehrbarer Familien und das patriarchalische<br />
Prinzip der Geschlechterfolge zur Sicherung des Erbes. Adelige und Ritter vertraten<br />
sogar die Ansicht, dass sie ihre Frauen verstoßen können, wenn durch eine neue<br />
Verbindung das Erbe vermehrt werden könnte. Ein Ehebruch einer Frau wurde<br />
dagegen viel strenger geahndet.<br />
Im 14. und 15.Jahrhundert konnte ein neuer Trend festgestellt werden – Mann und<br />
Frau wurden wirtschaftliche und soziale Partner, sodass auch tiefe menschliche<br />
Beziehungen wachsen konnten. Die Haltung der Kirche zur Ehe und zu Frauen im<br />
Besonderen hatte zwar eine Modifikation erfahren, blieb aber dennoch<br />
frauenfeindlich. Die Ehe galt als Heilmittel gegen sexuellen Genuss und die Kirche<br />
stellte die Forderung nach Monogamie. In der Eheauffassung trat eine<br />
entscheidende Änderung ein.<br />
„Die Ehe wurde zu Beginn der frühen Neuzeit zum neuen Ordnungsfaktor und<br />
erhielt einen staatlich-öffentlichen Status.“ (Kühnel, 1993, S.60).<br />
Die Arbeitssphären der Ehepaare trennten sich und die Liebe als Stabilisierung der<br />
Ehe gewann immer mehr an Bedeutung.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 33 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Partnerschaften wurden ab dem 19.Jahrhundert auch durch staatliche Instanzen<br />
legitimiert. Vor dieser Legitimation unterlagen sie einer „rechtlichen und sozialen<br />
Kontrolle durch Obrigkeit, Kirche, Öffentlichkeit und Familie“ (Möhle, 2001, S.57). Die<br />
Gründe und der Zeitpunkt einer Eheschließung waren eng mit der Gründung eines<br />
Haushaltes verbunden und somit eine Befreiung aus der elterlichen und<br />
herrschaftlichen Abhängigkeit. Für künftige Handwerker war es notwendig, zum<br />
Zeitpunkt der Meisterwerdung verheiratet zu sein, aber auch andere Berufsgruppen<br />
waren eng mit einer Heirat verknüpft. Eine Heirat außerhalb des Standes wurde als<br />
»unstandesgemäß« bezeichnet. Im Jahre 1796 wurde in Göttingen eine »liederliche<br />
Weibsperson« unter Androhung einer einjährigen Zuchthausstrafe der Stadt<br />
verwiesen, weil sie angeblich einen Studenten verführt hatte und ihn »zwang« mit ihr<br />
im Konkubinat zu leben. Der Student erhielt eine Ermahnung und finanzielle Beihilfe<br />
der Universität. Die Ehe war der einzige legitime Ort für Sexualität, vor- und<br />
außereheliche Beziehungen konnten zur damaligen Zeit niemals in eine dauerhafte<br />
Partnerschaft führen.<br />
A PARTNERSCHAFT<br />
Eine Partnerschaft (Zweierbeziehung oder Intimbeziehung) ist<br />
„eine persönliche Beziehung zwischen Personen unterschiedlichen oder<br />
gleichen Geschlechts, die sich durch einen hohen Grad an Verbindlichkeiten<br />
(Exklusivität) auszeichnet, ein gesteigertes Maß an Zuwendung aufweist und<br />
die Praxis sexueller Interaktion einschließt bzw eingeschlossen hat.“<br />
(Brückner, 2001, S.184).<br />
Mit dieser Definition bleibt jedoch offen, ob die beiden Beziehungspersonen<br />
verheiratet sind, Kinder haben und einen gemeinsamen Haushalt aufweisen.<br />
Sexualität wird als wichtig genannt, jedoch nicht als „das“ Bestimmungsmerkmal.<br />
In sehr vielen Publikationen seit den 1960er Jahren wird über den Strukturverfall 22<br />
der Familie diskutiert. Die Familie und damit verbunden auch die Partnersuche<br />
unterliegen tatsächlich einem enormen Wandlungsprozess. Dieser resultiert sicher<br />
22 Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, Verbesserung des Ausbildungs- und Berufssystems, Klein-<br />
statt Großfamilie<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 34 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
auch aus den verschiedenen neuen Formen der Familie wie »nichteheliche<br />
Lebensgemeinschaften« über »living-apart-together-Beziehungen« bis hin zu<br />
»kinderlosen Ehen« und »Patchworkfamilien«.<br />
B FAMILIE<br />
Familie ist jedem von uns ein Begriff, eine Definition ist trotzdem nicht ganz einfach.<br />
Fraglich ist, ob sich die verschiedenen Familienformen, sowohl die traditionellen als<br />
auch die modernen, unter einen Begriff zusammenfassen lassen. Der in der<br />
Soziologie üblicherweise verwendete Begriff der (Kern)familie umschließt das<br />
Zusammenleben der Eltern mit ihren unmündigen und unverheirateten Kindern. Nicht<br />
erklärt ist, welche Qualität dieses Zusammenleben hat und welcher Art diese<br />
Beziehung ist. Diese Definition setzt allerdings voraus, dass diese Gruppe aus Eltern<br />
UND Kindern besteht (vgl. Rosenbaum, 1982, S.27).<br />
1 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DER HERKUNFT<br />
Fest steht, dass die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mehreren Familien<br />
angehören (vgl. Zapotoczky, 2000, S.161):<br />
1 der Herkunftsfamilie = jene Familie, in die wir hineingeboren werden und<br />
in der wir erzogen werden, hier erfolgt auch die Primärsozialisation<br />
(grundlegende Prägung für das Heranwachsen)<br />
2 der Zeugungsfamilie = zwei Personen beschließen Kinder zu bekommen,<br />
sie zu erziehen, einander zu helfen und beratend beizustehen<br />
3 der Schwiegerfamilie = die Herkunftsfamilie des Ehepartners<br />
Durch Scheidung und Wiederverehelichung kommt es in der Gegenwart immer<br />
wieder zu „Patchworkfamilien“, wenn die Ehepartner ihre Kinder (neue Teilfamilien) in<br />
die neue Ehe miteinbringen.<br />
2 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DEM BERUF<br />
Eine Einteilung der Familien kann aber auch aufgrund des Berufsstandes getroffen<br />
werden, wobei bei der folgenden Beschreibung ein Zeitraum vom 18. bis in die<br />
heutige Zeit betrachtet wurde. Grundlage für die Recherche waren Rosenbaum<br />
„Formen der Familie“ (1982, S.49-430) und Sieder „Sozialgeschichte der Familie“<br />
(1987, S.212-293):<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 35 VON 123
2.01 DIE BAUERNFAMILIE<br />
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts führte ein Bevölkerungswachstum – bei annähernd gleich<br />
bleibender Anzahl der Bauernhöfe – zu einem starken Anwachsen der bäuerlichen<br />
Bevölkerung. Als Bauernfamilien gelten nur jene Familien, die ihren Lebensunterhalt<br />
vorwiegend aus landwirtschaftlicher Produktion bestreiten, wobei der Hof sich in<br />
Familienbesitz befindet. Der Bauer und die Angehörigen arbeiten selbst mit.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
Heirat war für den Bauern eine Lebensnotwendigkeit, schließlich brauchte er für die<br />
Bewältigung der täglichen Arbeit eine Frau und Kinder, die später die Arbeit<br />
übernehmen, wenn seine Kräfte nachlassen. Und natürlich einen Erben, der den Hof<br />
weiterführte. Außerdem bot die Ehe die einzige Möglichkeit, ein gesellschaftlich<br />
gebilligtes Sexualleben zu führen. Die Notwendigkeit, dass ein bäuerlicher Haushalt<br />
aus Bauer und Bäuerin zu bestehen hatte, führte dazu, dass es in der<br />
vorkapitalistischen Gesellschaft eine hohe Anzahl an Mehrfachverehelichungen gab.<br />
Sofern der Erbe noch nicht alt genug war, um den Hof zu übernehmen, führte der<br />
Tod des Ehepartners – die Sterblichkeit war damals sehr hoch und die Ehen von<br />
kurzer Dauer – nach kurzer Zeit zur neuerlichen Heirat. Den Hof alleine mit dem<br />
Gesinde 23 weiterzuführen war wirtschaftlich zu teuer, auch fehlte meist die Erfahrung<br />
in der Wirtschaftsführung.<br />
In der Literatur über die bäuerlichen Lebensverhältnisse wird hervorgehoben, dass<br />
Bauern einzig nach ökonomischen Gesichtspunkten auswählten und nicht nach<br />
Zuneigung und Liebe, die keine Rolle spielte. Bei den ärmeren Bauern war eher die<br />
Arbeitskraft der Zukünftigen von Bedeutung, denn viel Mitgift war nicht zu erwarten.<br />
Aus der Verknüpfung von Mitgift, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Braut – die<br />
wesentlichen Kriterien für die bäuerliche Brautschau – erklärt sich auch, dass jüngere<br />
Bauern oft ältere Frauen heirateten. Heirat war für die Bauern notwendig, um die<br />
Kontinuität des Besitzes zu sichern, Arbeitskräfte heranzubilden und die Wirtschaft<br />
23 Mägde und Knechte, die lebenslang auf dem Hof verbleiben und „Familienanschluss“ haben, die<br />
Anzahl richtet sich nach der Größe des Hofes und der Anzahl und dem Alter der Kinder; je jünger<br />
die Kinder desto weniger konnten sie am Hof mitarbeiten und desto mehr Gesinde ist notwendig;<br />
oft erfüllen auch die ledigen Geschwister des Bauern diese Funktion (Rosenbaum, 1982, S.59f).<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
zu führen. Sie betraf alle am Hof lebenden Personen und bot natürlich auch die<br />
Chance, Besitz und Vermögen zu vermehren.<br />
PARTNERWAHL<br />
Das Kennen lernen unterlag in der traditionellen bäuerlichen Gesellschaft starker<br />
sozialer Kontrolle; dies wurde einerseits dadurch notwenig, weil die Heirat in der<br />
Regel weit hinausgeschoben wurde und daher Verstöße gegen die moralischen<br />
Normen nahe liegend waren. Und andererseits war eine Eheschließung mit<br />
Strategien verbunden, die durch unüberlegte Liebes- und Sexualbeziehungen nicht<br />
zerstört werden durften. Sexualität war eine nur schwer kontrollierbare Größe, die –<br />
bei Nichtbeachtung – die dörfliche Ordnung durcheinander bringen konnte. Daher<br />
auch der starke Einfluss der Eltern, aber auch der Verwandtschaft, bei der<br />
Partnerwahl. Die dörfliche Gesellschaft kannte nur Anbahnungsformen, die sehr<br />
öffentlichen Charakter hatten (z.B. Heiratsvermittler) und dadurch war ein<br />
unkontrolliertes Alleinsein unmöglich.<br />
2.02 DIE FAMILIE <strong>IM</strong> ALTEN HANDWERK<br />
Bei dieser Familienform fallen Handwerk und Produktion mit der Familie zusammen.<br />
Bis ins 19.Jahrhundert prägte das Handwerk die Struktur der gewerblichen<br />
Produktion und diese deckte den überwiegenden Teil des Bedarfes an gewerblichen<br />
Erzeugnissen. Es wurde nur soviel gearbeitet, als zur Sicherung des<br />
Lebensunterhalts notwendig war und Konkurrenz und Profitstreben waren<br />
weitgehend unbekannt.<br />
„Der Mensch will von Natur nicht Geld und mehr Geld verdienen, sondern<br />
einfach leben, so leben, wie er zu leben gewohnt ist und so viel erwerben wie<br />
dazu erforderlich ist.“ (Rosenbaum, 1982, S.127).<br />
Der Arbeitstag dauerte normalerweise von fünf Uhr früh bis zum Abend, aber es gab<br />
viele Pausen und die Arbeitsintensität war nicht allzu groß. Viele Feiertage und evt.<br />
der blaue Montag 24 sorgten für die notwendige Entspannung.<br />
24 Montag, an dem nicht gearbeitet (blau gemacht) wird. Herkunft unterschiedlich erklärt, z.B.<br />
dadurch, dass ursprünglich jedes Handwerk seinem auf einen Sonntag fallenden Jahresfest einen<br />
arbeitsfreien Tag zugab, an dem für die Toten der Zunft eine Blaue Messe (nach Farbe des<br />
Messgewandes) gehalten wurde. Der Blaue Montag hielt sich trotz seiner Abschaffung durch die<br />
Reichshandwerksordnung (1731) bis Ende des 19. Jh. (Der große Brockhaus, Band 3)<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
In der Stadt war die Ausübung des Handwerksberufes zunehmend an eine Zunft<br />
gebunden. Nichtmitglieder (unzünftige Handwerker) konnten ohne<br />
Ausnahmegenehmigung durch die Obrigkeit ihr Gewerbe nicht mehr offen sondern<br />
nur mehr versteckt (z.B. auf Dachböden) betreiben. Die Zunft war nicht nur ein<br />
Berufsverband sondern zugleich zuständig für die Regelung der „privaten, geselligen,<br />
sittlichen und rechtlichen Lebensbedingungen ihrer Mitglieder“ (Rosenbaum, 1982,<br />
S.128). Oberstes Ziel der Zünfte war die gleichmäßige Gestaltung der<br />
wirtschaftlichen Lage sowie die ökonomischen Chancen aller Zunftmitglieder.<br />
Der Einfluss der Zunft auf das Leben der Handwerker umfasste letztendlich die<br />
gesamten Lebensbedingungen. Aufnahmekriterien in die Zunft waren eine »ehrliche<br />
und eheliche Geburt« (dies galt gleichermaßen auch für eine Frau, die einen Meister<br />
heiraten wollte und somit automatisch Zunftmitglied wurde). Festgelegt wurde auch<br />
die Zeit, zu der die Gesellen abends zu Hause sein mussten und vieles mehr. Somit<br />
wurde der Zugang zu den Meisterstellen erheblich erschwert und Konkurrenten<br />
ferngehalten. Da die Meister mit den Gesellen und Lehrlingen oft auf engstem Raum<br />
zusammenlebten musste dies reibungslos funktionieren. Das Meisterehepaar übte<br />
somit Sozialisationsfunktion aus und musste daher einen untadeligen und<br />
vorbildhaften Lebenswandel führen. Sexualbeziehungen waren auf die Ehe<br />
beschränkt und vor- bzw außerehelicher Geschlechtsverkehr war streng verpönt. So<br />
konnte es einem Meister - bei dem zu schnell nach der Eheschließung ein Kind zur<br />
Welt kam – passieren, dass er aus der Zunft ausgeschlossen wurde, ihm wurden<br />
»die Fenster zugemacht«.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
In den Zunftordnungen war die Heirat teils bindend vorgeschrieben oder zumindest<br />
selbstverständlich. Selbstständigkeit, Bürgerrecht und Verheiratung hielten sich lange<br />
- auch über die Aufhebung der Zunftverfassung hinaus – als Grundvoraussetzung für<br />
die Ausübung des selbstständigen Gewerbes. Noch in der Mitte des 19.Jahrhunderts<br />
lagen bei den Wiener Handwerksmeistern „Erringung der Selbständigkeit,<br />
Haushaltsgründung und Heirat“ (Rosenbaum, 1982, S.146) eng beisammen.<br />
Aufgrund dieser Koppelung von Meisterprüfung und Heirat konnten sehr viele<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Handwerker erst sehr spät – meist ab dem 25.Lebensjahr –heiraten. Nach<br />
mindestens dreijähriger Lehre begann die mehrjährige Wanderschaft.<br />
Dass ein Witwer oder eine Witwe den Betrieb alleine weiterführte wurde von der<br />
Zunftordnung untersagt. Die Witwe konnte (meist ein halbes oder ein ganzes Jahr)<br />
den Betrieb mit einem Gesellen weiterführen. Heiratete sie dann einen Mann, der<br />
nicht vom Fach war, musste sie den Betrieb aufgeben.<br />
PARTNERWAHL<br />
Wie bereits vorhin erwähnt, musste auch die zukünftige Ehefrau den Nachweis einer<br />
ehrlichen Geburt und eines untadeligen Lebenswandels nachweisen. Manchmal<br />
machte die Zunft daher ein Vetorecht gegen die Wahl der zukünftigen Ehefrau<br />
geltend. Für viele Gesellen war daher die einzige Möglichkeit in die Zunft<br />
aufgenommen zu werden – falls sie nicht zum Kreis der privilegierten Meistersöhne<br />
gehörten – die Heirat mit einer Meistertochter oder Meisterwitwe. Ein mittelloser<br />
Geselle hatte keine andere Chance, denn für das Meisterstück, das Meisteressen<br />
und die Freisprechung fielen enorme Kosten an – meist mehr als ein Jahreslohn.<br />
Hinzu kamen die Kosten für die Hochzeit, die Haushaltsausstattung, die Einrichtung<br />
der Werkstatt (diese Kosten entfielen bei der Heirat mit einer Witwe) und vieles mehr.<br />
Verständlich in diesem Fall auch, dass bei einem Großteil der Paare die Frau älter<br />
als der Mann war. Am Anfang des 18.Jahrhunderts war dies bei etwa 30% der Ehen<br />
der Fall (vgl. Rosenbaum, 1982, S.151). Bei der Aufstellung dieser strengen<br />
Regelungen stand die Versorgung der Meistertöchter und -witwen im Vordergrund.<br />
2.03 DIE FAMILIE IN DER HAUSINDUSTRIE 25<br />
Diese Familienform war ebenso charakterisiert durch die räumliche Einheit von<br />
Arbeitsplatz und Wohnung, wodurch der Tagesablauf und die Beziehungen innerhalb<br />
der Familie geprägt wurden. Die Produktion fand im Haus oder in der Wohnung der<br />
Produzenten statt und oft arbeiteten alle Familienangehörigen zusammen. Im<br />
Gegensatz zum Handwerk wurde nicht mehr unmittelbar für den Konsumenten<br />
produziert, sondern ein Händler oder Kaufmann organisierte den Vertrieb der<br />
Produkte.<br />
25 Ein Betriebssystem das den Übergang vom Handwerk zum Industriebetrieb bildete und die<br />
vorherrschende Organisationsform des Gewerbebetriebes war.<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Ein ganz entscheidender Grund für die Ansiedlung von Hausindustrie auf dem Lande<br />
war, dass die gewerbliche Produktion – im Gegensatz zu den Städten – keinen<br />
Beschränkungen durch Zünfte unterlag und die Frauen- und Kinderarbeit nicht<br />
verboten waren. Weitere Vorteile für das Land und somit für die Hausindustrie waren<br />
die weitaus billigeren Arbeitskräfte und der Bezug von weitaus günstigeren<br />
Rohstoffen. Die Hausindustrie hatte ihre Blütezeit am Ende des 18. und zu Beginn<br />
des 19.Jahrhunderts.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
Bei den Heimarbeiterhaushalten gab es keine starren Regeln, allerdings lebten<br />
normalerweise auch hier Ehepaare zusammen und ledige Haushaltsvorstände waren<br />
daher selten. Trotzdem bestimmten Faktoren wie Gewohnheit, Sitte und Moral eine<br />
Eheschließung. Vor allem war es in vielen Produktionen wichtig, dass das Ehepaar<br />
als Team zusammenarbeitete, z.B. war der Mann als Produzent von Stoffen auf<br />
Material angewiesen, das seine Frau gemeinsam mit den Kindern spann und spulte.<br />
Da bei den Hausindustriellen weder Besitz eines Hofes noch eine Meisterprüfung von<br />
entscheidender Bedeutung für eine Heirat waren, sondern ein regelmäßiges<br />
Einkommen durch die Hausarbeit, war das Heiratsalter auch niedriger.<br />
PARTNERWAHL<br />
Die – zu jener Zeit – neuen ökonomischen Voraussetzungen erlaubten es den<br />
Heiratswilligen, ihre Partner ohne Rücksicht auf die jeweiligen Familien und das<br />
dazugehörige Vermögen auszuwählen. Da das bewegliche und unbewegliche<br />
Vermögen für eine Ehe keine so große Rolle mehr spielte sondern eher die<br />
Produktion im Haus, wurden Erfahrung bezüglich der Produkte und Arbeitsfähigkeit<br />
immer wichtigere Kriterien bei der Partnerwahl. Die schlechte wirtschaftliche Lage<br />
und die Kombination von Arbeitsstätte und Wohnraum waren für die Entwicklung von<br />
Häuslichkeit und Familienleben auf keinen Fall förderlich und daher blieb diese<br />
Familienform nur ein Übergang zwischen dem »Ganzen Haus« 26 und der<br />
bürgerlichen Familie.<br />
26 Die Bauernfamilie setzte sich zu einem wesentlichen Teil aus nicht verwandtschaftlich<br />
verbundenen Personen zusammen. Die notwendige Ergänzung von Arbeitskräften geschah durch<br />
vertragliche Aufnahme von Knechten und Mägden, von Dienstboten und Inwohnern für eine<br />
bestimmte Zeit. (Borscheid, 1983, S.135)<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 40 VON 123
2.04 DIE FAMILIE <strong>IM</strong> BÜRGERTUM<br />
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Die weitgehend ständisch geprägte Gesellschaft des 18.Jahrhunderts sorgte für ein<br />
neues Ideal der Familie. Diese war eng an die Existenzbedingungen des Bürgertums<br />
gebunden, an die soziale Lage innerhalb der Gesellschaft und die zunehmende<br />
Distanzierung zwischen Erwerbs- und Wohnbereich. Anfänglich nur auf das<br />
Bürgertum beschränkt, wurde dieses Familienideal im Laufe des 19. und<br />
20.Jahrhunderts auch für andere Bevölkerungsklassen immer attraktiver.<br />
Diese neue Familienform entwickelte sich in Deutschland in der zweiten Hälfte des<br />
18.Jahrhunderts durch Großkaufleute und Unternehmer, höhere Beamte und<br />
Vertreter der freien Berufe - dem so genannten Mittelstand. Arbeits- und<br />
Wohnbereich wurden getrennt, nur wenige waren sehr reich; viele lebten<br />
bescheiden, aber unter relativ sicheren materiellen Verhältnissen. Frauen und Kinder<br />
hatten mit der Erwerbsarbeit nichts mehr zu tun; den Frauen verblieb –<br />
ausgenommen in den sehr reichen bürgerlichen Familien – die Haus- und<br />
Gartenarbeit.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
Als Kernstück des neuen bürgerlichen Lebensideals kann die veränderte Auffassung<br />
von Liebe und Ehe bezeichnet werden. Erst dieser Wandel in den Beziehungen<br />
zwischen den Eheleuten veränderte auch die Familienbeziehungen, besonders jene<br />
der Eltern zu den Kindern. Bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts dominierte im<br />
deutschen Bürgertum eine sehr sachliche Einstellung zur Ehe. Das Gefühl<br />
zueinander wurde eindeutig der Vernunft (in Bezug auf materielle Aspekte) und der<br />
Ehrbarkeit untergeordnet. Ein Minimum an Gefühl wurde zugebilligt und war<br />
notwendig für eine glückliche Ehe. Jedoch wurde eine Ehe, die aus rein sachlichen<br />
Erwägungen geschlossen wurde, von der Gesellschaft abgelehnt. Weiters hatten die<br />
Kinder nun ein Vetorecht gegen eine vorgeschlagene Verbindung – sie konnten<br />
gegen ihren Willen nicht mehr verheiratet werden (wobei bei gesicherter Position und<br />
gutem Charakter ohnehin kein Einwand gegen eine Ehe bestand). Die Ehe wurde<br />
somit zur Gefühls- und Geistesgemeinschaft, begünstigt natürlich durch Zuneigung<br />
und gegenseitige Achtung, einem gemütvollen Familienleben, schlichter Häuslichkeit,<br />
innigem Zusammenleben, Zufriedenheit und Glückseligkeit.<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Im Gegensatz zum »Ganzen Haus« bestanden für die Mitglieder des Bürgertums<br />
kein Heiratszwang und keine Mitarbeit der Ehefrau. Dennoch hatte die Heirat für die<br />
Unternehmer des Bürgertums eine wichtige Bedeutung in Form von<br />
Kapitalbeschaffung, Knüpfung von Geschäftsverbindungen und Ausschalten von<br />
Konkurrenten. Für die selbstständigen Akademiker und die höheren Beamten war ein<br />
Junggesellenleben ohne materielle Nachteile möglich, wobei natürlich eine Ehefrau<br />
bei den gesellschaftlichen Verpflichtungen von großem Vorteil sein konnte. Generell<br />
war eine Heirat für die bürgerlichen Männer ein traditionelles Verhalten, von dem nur<br />
sehr wenige abwichen. Für die bürgerlichen Frauen war eine Eheschließung noch<br />
immer zweckmäßig und erwünschenswert, denn ohne Berufsausbildung und ohne<br />
verwertbare Qualifikation waren sie auf eine Heirat angewiesen, wenn sie nicht<br />
lebenslang den Eltern, den Brüdern oder der Verwandtschaft zur Last fallen wollten.<br />
PARTNERWAHL<br />
Traditionell war (und ist) heiraten in den Unternehmerfamilien immer mit Mitgift und<br />
dadurch Vergrößerung des Vermögens verbunden. Die Verbindung mit einer<br />
angesehenen, renommierten Familie steigerte das eigene Ansehen und somit auch<br />
die Kreditwürdigkeit. Weiters wurde durch eine Heirat verhindert, dass sich ein<br />
Spezialist selbstständig machte und so zu einem Konkurrenten wurde. Nicht unüblich<br />
waren in der frühkapitalistischen Zeit Mehrfach-Verehelichungen innerhalb weniger<br />
Familien, was zu Dynastiebildungen führte. Eine Lockerung in den<br />
Ehebestimmungen lässt sich erst in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts<br />
registrieren, begünstigt durch neue Rechtsformen für Unternehmen.<br />
Für die höheren Beamten sah die Situation wesentlich anders aus. Da auch schon<br />
früher das Gehalt nicht übermäßig üppig war, war ihre materielle Lage in der zweiten<br />
Hälfte des 19.Jahrhunderts relativ schlecht. Erschwerend kam noch hinzu, dass sich<br />
ihre »standesgemäße« Lebensführung an jener der reichen Unternehmer orientierte<br />
und sie da nicht mithalten konnten. Dies bedeutete für ein junges Beamtenehepaar,<br />
dass sie mit dem kümmerlichen Beamtenanfangsgehalt ein karges Dasein hinter<br />
feiner Fassade zu führen hatten. Für viele Beamte, die diese Situation von<br />
vornherein vermeiden wollten, blieb als Alternative nur eine »Geldheirat«.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 42 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Die Realität zeigte, dass am Ende des 19.Jahrhunderts noch immer eine Diskrepanz<br />
zwischen der Geldheirat und dem angestrebten Ideal der Liebesheirat bestand, denn<br />
auf die Ehe als einzige akzeptable Lebensperspektive war die Erziehung der<br />
bürgerlichen Frauen ausgerichtet. Nur sehr wenige junge Frauen erhielten zu jener<br />
Zeit eine Berufsausbildung und waren dadurch in der Lage, für den Lebensunterhalt<br />
selbst zu sorgen. Die jungen Männer konnten auch als Junggesellen eine<br />
gesellschaftlich anerkannte Position einnehmen, für die unverheirateten Frauen war<br />
das Leben wenig beneidenswert, ausgedrückt durch den Ausspruch »alte Jungfer«.<br />
Diese ledigen Frauen waren - selbst mit Vermögen - in ihrer Bewegungsfreiheit stark<br />
eingeengt, sie konnten nicht wie die Junggesellen ungehindert reisen oder<br />
Kaffeehäuser und Restaurants besuchen. Dadurch wären sie leicht ins Gerede<br />
gekommen und sexuelle Beziehungen waren praktisch unmöglich. Gleiches galt<br />
auch für geschiedene Frauen, wobei noch erschwerend hinzukam, dass eine<br />
Scheidung in diesen Kreisen zu jener Zeit einem Skandal gleichkam.<br />
2.05 DIE PROLETARISCHE FAMILIE<br />
Die proletarische Familie unterscheidet sich von der Familie in der Hausindustrie in<br />
einem ganz entscheidenden Punkt: durch die Trennung von Arbeitsplatz und<br />
Wohnbereich. Gemeinsamkeiten zwischen der Familie des Proletariats und der<br />
Familie des Bürgertums bestehen in der Intimität der familialen Beziehungen, der<br />
Kinderzentrierung und einem bewussten Erziehungsverhalten. Das moderne<br />
Proletariat entstand im Wesentlichen durch die Ausbreitung der Fabrikarbeit<br />
hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Charakteristisch für diesen<br />
Familientypus war die Besitzlosigkeit, durch die die Arbeitskraft gegen Lohn ständig<br />
»verkauft« wurde, verbunden mit einer umfassenden Fremdbestimmtheit bei der<br />
Arbeit, die außerdem schlecht bezahlt wurde. Weiters waren die Risiken bezüglich<br />
Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit selber zu tragen, denn die Leistungen der<br />
Sozialversicherungen sind mit den heutigen nicht zu vergleichen.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
Alternativen zu Ehe und Familie sind auch aus der Arbeiterschaft nicht bekannt,<br />
wobei oft überstürzt geheiratet wurde, wenn ein Baby unterwegs war. Die sexuellen<br />
Kontakte implizierten ein Mindestmaß an Zuneigung und Sympathie und diese<br />
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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Liebesbeziehungen mündeten meist in einer Ehe, wobei die Frauen versuchten<br />
durch eine lange Verlobungszeit die Heirat hinauszuzögern, um der zusätzlichen<br />
Arbeit durch Haushalt und Kinder noch eine gewisse Zeit zu entgehen. Auch wenn<br />
bei einer Heirat auf Besitzverhältnisse keine Rücksicht genommen werden musste,<br />
spielten doch ökonomische Überlegungen – vor allem bei Frauen – eine wichtige<br />
Rolle. Eine Arbeiterin konnte von ihrem niedrigen Lohn kaum leben und sofern sie<br />
nicht ständig von ihren Eltern abhängig sein wollte, war eine Eheschließung ihr<br />
einziger Ausweg.<br />
Für junge Männer war die Situation ganz anders, sie konnten von ihrem Lohn recht<br />
gut leben, aber wenn sie nicht bei den Eltern wohnen wollten, blieb nur das Leben<br />
als Untermieter oder Schlafgänger. Dies war zwar ein relativ ungebundenes aber<br />
auch sehr teures Leben. Die Ehe bedeutete für den Arbeiter die »Erlösung« von den<br />
Kneipen und eine geregelte sexuelle Beziehung, aber natürlich auch materielle Not,<br />
da eine Eheschließung meist mit vielen Kindern verbunden war. Da die Arbeiter<br />
bereits in jungen Jahren einen guten Verdienst hatten und keine lange<br />
Berufsausbildung wie die Handwerker benötigten bzw auf das elterliche Erbe zu<br />
warten hatten, gab es keine Gründe auf eine Heirat zu warten. Lediglich die Kosten<br />
für die Haushaltsgründung waren aufzubringen.<br />
2.06 DIE LOHNABHÄNGIGE FAMILIE SEIT DEM ERSTEN WELTKRIEG<br />
Die Jahre während und nach dem Ersten Weltkrieg setzten die Familien der<br />
lohnabhängigen Bevölkerung enormen Belastungen aus. Das Einrücken der<br />
Familienväter und militärdienstfähigen Söhne, die hohe Arbeitslosigkeit und die<br />
drastische Geldentwertung verschlechterte die Einkommenslage der Familien. Der<br />
vermehrte Einsatz der Frauen in den Verkehrs- und Produktionsbetrieben vermochte<br />
den Ausfall der Männer nur bedingt zu kompensieren. Mit der Rückkehr der Männer<br />
und Söhne aus dem Krieg setzte ein verstärkter Kampf um die Arbeitsplätze und eine<br />
Verdrängung der Frauen aus der Industrie ein. Damit verbunden war aber auch ein<br />
Kampf um die Positionen in den einzelnen Familien. Viele Heimkehrer fanden keinen<br />
Arbeitsplatz, waren von der Lohnarbeit entwöhnt, Krüppel oder psychisch krank und<br />
somit eine Belastung für ihre Familien. Die Aufrechterhaltung seines<br />
patriarchalischen Verhaltens gegenüber seiner Frau und seinen Kinder sicherte dem<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 44 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Arbeiter zu jener Zeit Selbstachtung und Identität, die er im Kampf um Produktivität<br />
und Anpassung an fremdbestimmte Arbeitsbedingungen an seinem Arbeitsplatz<br />
opfern musste.<br />
Während der Weltwirtschaftskrise übernahmen Frauen in den lohnabhängigen<br />
Schichten jede Gelegenheitsarbeit, um die Familie über Wasser zu halten, wofür sich<br />
Facharbeiter und Angestellte aus Berufsstolz oft zu gut waren. Erst wenn auch<br />
Frauen und Kinder keine Erwerbsmöglichkeit mehr fanden übernahmen die Männer<br />
auch Hilfsarbeiten in Fabriken und Werkstätten. Von der Geschicklichkeit und<br />
Ausdauer der Frauen hing es ab, ob die Familie genug zum Leben hatte. Mit der<br />
Dauer der Arbeitslosigkeit verschärfte sich auch die materielle und psychische Lage<br />
der Familien, wie die Studie über die Arbeitslosen von Marienthal (Marie Jahoda,<br />
Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel) gezeigt hat.<br />
Die Familie in der Zeit des Nationalsozialismus war beeinflusst durch die<br />
Versprechungen der Politiker: Abbau der Arbeitslosigkeit, Durchsetzung des<br />
Familienideals und Verbesserung der Ernährungslage. „Ehestandsdarlehen,<br />
Kindergeld, Lebensmittel- und Wäschegeschenke für kinderreiche Mütter“ (Sieder,<br />
1987, S.232) unterstützten diese traditionelle Familienideologie und das Rollenbild<br />
der Frau als Hausfrau und Mutter. Durch diese Aktionen erfolgte eine gewisse<br />
Stabilisierung des Familienlebens in der Arbeiterschaft.<br />
Und wieder war Krieg mit den gleichen Folgen für die Familien wie schon im Ersten<br />
Weltkrieg. Die Familienväter und Söhne wurden eingezogen und die Frauen wurden<br />
hauptsächlich in den industriellen Arbeitsprozess eingegliedert. Eines der Argumente<br />
war:<br />
„Frauen seien für Fließbandarbeit besonders geeignet, weil sie während der<br />
monotonen Arbeit in Gedanken bei ihren Hausfrauen- und Mutteraufgaben sein<br />
könnten“ (Sieder, 1987. S.233).<br />
Frauen wurde eine besondere Doppelbelastung zuteil: Einerseits für den Nachwuchs<br />
der nächsten Generation sorgen und andererseits die Fließbandarbeit in den<br />
Fabriken bewerkstelligen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 45 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Die Rückkehr der Männer aus dem Krieg – oft erst Jahre nach Kriegsende – brachte<br />
neben Freude und Erleichterung oft auch Enttäuschung. Die vorgefundene Realität<br />
stimmte oft mit den Hoffnungen nicht überein. Diese Männer wurden zu einer<br />
zusätzlichen Belastung für die Familien und nicht zu einer Entlastung. Die Jahre der<br />
Trennung und das daraus entstandene Gefühl der Entfremdung machte es vielen<br />
Eheleuten schwer, miteinander zu sprechen. Es gab vieles worüber sie nicht<br />
sprechen konnten: die Zeit der Frauen in den Luftschutzkellern, die Fronterlebnisse<br />
der Männer, den Erlebnissen in Gefängnissen und Konzentrationslagern. Da Frauen<br />
oft – in Ungewissheit, ob ihre Männer je wiederkehren würden – neue Beziehungen<br />
eingegangen waren, zögerten viele Männer zu ihren Familien zurückzukehren. Als<br />
deutliches Zeichen dieser Destabilisierung der Ehen verdoppelten sich die<br />
Scheidungsraten gegenüber der Vorkriegszeit.<br />
2.07 GOLDENES ZEITALTER ODER KRISE DER FAMILIE<br />
Das ungewöhnlich starke Wachstum in West- und Mitteleuropa zwischen 1950 und<br />
1980 führte zu einem anhaltenden Bedarf an weiblichen Arbeitskräften. Aufgrund der<br />
gestiegenen Lebenserwartung, des gesunkenen Heiratsalters und der geringeren<br />
Geburtenzahlen hat sich die Phasenabfolge in der Familie und im Leben jedes<br />
Einzelnen gravierend verändert. Das jüngste Kind verlässt sehr früh das Elternhaus<br />
und dann bleiben dem Ehepaar noch gut 20 Jahre, die sie ohne Kinder miteinander<br />
verbringen.<br />
HEIRAT UND EHE<br />
Der Ehepartner wird nun nicht mehr mit Rücksicht auf die Herkunftsfamilie<br />
ausgewählt, dennoch steht die Wahl unter gesellschaftlichem Einfluss. Heirat und<br />
Geburt schaffen über Jahrzehnte dauernde Strukturen, denn sie platzieren jedes<br />
Individuum an seinem bestimmten sozialen Ort in der Gesellschaft. Dem Entschluss<br />
zu heiraten geht oft ein länger andauernder Prozess der „Orientierung und der sozio-<br />
kulturellen Einstimmung des Menschen auf Heirat und Familie“ (Sieder, 1987, S.249)<br />
voraus. Die Familie produziert wieder Menschen, die selber eine Familie gründen<br />
wollen. Mit der ansteigenden Zahl von Menschen, die nicht mehr in traditionellen<br />
Familien aufwachsen, sinkt auch die Bereitschaft zu Ehe und Kinder.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 46 VON 123
KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />
Der Geburtenrückgang seit den 1970er Jahren wird von einem Anstieg der<br />
Scheidungsziffern begleitet. Als Gründe können zwei Faktoren genannt werden: die<br />
Verlängerung der Ehedauer (diese hat sich innerhalb von hundert Jahren verdoppelt)<br />
und die erhöhte wirtschaftliche Lösbarkeit der Ehe (je weniger die Ehepartner in ihrer<br />
wirtschaftlichen Existenz aufeinander angewiesen sind, desto eher können sie eine<br />
Trennung oder Scheidung einer unglücklichen Ehe vorziehen).<br />
PARTNERWAHL<br />
Die Partnerwahl verläuft als längerer Prozess – zunächst wird eine Kategorie von<br />
„sozial angemessenen Partnern definiert“ (Sieder, 1987, S.249), bestimmt durch das<br />
soziale Milieu, in denen sich der Suchende bewegt. Innerhalb einer Anzahl möglicher<br />
Partner wird dann die spezifische Wahl getroffen, anhand von psychischen, sexuell-<br />
erotischen und ästhetischen Kriterien.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 47 VON 123
Kapitel 4<br />
SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
„EIN GUTER PARTNER IST WIE ALTER WEIN -<br />
ER WIRD MIT DEN JAHREN NOCH BESSER.“<br />
(Unbekannt)<br />
A PARTNERSCHAFT ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND<br />
Die Soziologie der Zweierbeziehung gibt einen Einblick in die reichhaltige Dynamik<br />
der Zweierbeziehungen. Sichtbar werden dabei die Möglichkeiten des Kennen<br />
lernens, die Strategien der Kontaktanbahnung, die aufflammende Leidenschaft, das<br />
grenzenlose Glück, die – oft erfolglosen – Versuche, das Glück festzuhalten, die<br />
Unterschiede in der persönlichen Nähe, , Treue/Untreue-Regelungen, Hass,<br />
Eifersucht und Verachtung, Grenzen der Kommunikation, die Tragik des Scheiterns<br />
und das gewachsene Vertrauen.<br />
Romane, Filme und Opern sind überreich an Beziehungsgeschichten. Aber nicht nur<br />
in der Kunst auch im täglichen Leben werden mit großer Neugier die Paarbildungen,<br />
Affären, Krisen und Trennungsgeschichten bekannter Personen mittels<br />
Klatschgeschichten kolportiert oder gar in Biographien recherchiert. Die Soziologie<br />
hat sich von diesem »Beziehungsfieber« nicht anstecken lassen; ihr Interesse an<br />
Ehen/eheähnlichen Beziehungen ist noch immer sehr schwach ausgeprägt. Zwar<br />
wäre es verfehlt, den Eindruck zu erwecken, eine „Soziologie der Zweierbeziehung“<br />
sei etwas ganz Neues, aber ihre Erforschung hat in der Soziologie zu keinem<br />
eigenen Forschungsbereich geführt und auch keine Forschungstradition etabliert.<br />
Überhaupt fällt auf, dass die Ehe als Forschungsgegenstand im amerikanischen<br />
Raum erst auf dem Umweg wahrgenommener Probleme der Familien entdeckt<br />
wurde. Es sind vor allem die »ehebezogenen« Themenbereiche, die in der<br />
amerikanischen Forschung Tradition haben:<br />
� die Partnerwahl<br />
� die Ehequalität oder Ehezufriedenheit und<br />
� Scheidungen<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 48 VON 123
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Alle drei wurden durch die sich ausbreitende Sorge um die wachsende Instabilität<br />
von Familien erarbeitet. Die Entdeckung der Partnerwahl als Thema war somit eng<br />
mit der Befürchtung verbunden, dass sich die wachsende Bedeutung des<br />
romantischen Ideals bei der Wahl des Ehegatten/der Ehegattin nachteilig auf<br />
Familien auswirken könnte. Alle drei Themenkomplexe, die in der deutschsprachigen<br />
Familienforschung noch keine vergleichbare Bedeutung erlangten, begründen zwar<br />
eine höhere Aufmerksamkeit für die Ehe, zeigen aber zugleich auch, wie sehr diese<br />
an eine „dominante Familien-Optik“ (Lenz, 1990, S.10) gebunden bleiben<br />
Lange Zeit haben sich Psychologen nur mit gescheiterten Beziehungen beschäftigt –<br />
kein Wunder, zur Familienberatung kommt nur wer ein Problem hat. Warum aber<br />
haben sich Wissenschafter nicht mit funktionierenden Beziehungen beschäftigt?<br />
Wenn glückliche Paare beobachtet werden, können wir dann von Ihnen lernen, Streit<br />
zu vermeiden? Das ist leider nur zum Teil möglich, da der Mensch sich nicht<br />
katalogisieren lässt, denn er ist individuell. Und daher ist es schwer zu sagen,<br />
Person A passt aufgrund dieser und jener Eigenschaften, Charakterzüge, Aussehen,<br />
etc zu Person B.<br />
Die Ehe hat zumindest in weiten Teilen der Gesellschaft erhebliche kulturelle<br />
Legitimationseinbußen durchgemacht. Aus der Liebe folgt heute nicht mehr – wie es<br />
Tyrell (1988, S.155) formuliert hat – „bindend und motivational zwingend Heirat/Ehe“.<br />
Es kommt vielmehr zu einer Entkoppelung von Liebe und Ehe. Für ein Paar stehen<br />
unterschiedliche Beziehungsformen offen, in denen das gemeinsame sexuelle<br />
Erleben und ein (evt. gemeinsamer) Alltag vereinbart sind. Wer liebt, muss noch<br />
lange nicht auch heiraten. Ein Leben ohne Trauschein ist schon lange kein »Makel«<br />
mehr.<br />
In unserem täglichen Leben sind wir immer wieder mit der Frage nach dem<br />
Familienstand konfrontiert und die klassische Einteilung lautet dabei:<br />
� ledig<br />
� verheiratet<br />
� geschieden<br />
� verwitwet<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 49 VON 123
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Dennoch sind in den letzten Jahren auch sehr viele neue Bezeichnungen für<br />
Lebensgemeinschaften entstanden:<br />
� Nichteheliche Lebensgemeinschaft<br />
� Living-apart-together<br />
� Forbidden relationships<br />
� Gleichgeschlechtliche Paarbeziehung<br />
B FORMEN VON ZWEIERBEZIEHUNGEN<br />
Die nachfolgend beschriebenen Formen von Zweierbeziehungen sind dem Buch<br />
„Frauenmacht ohne Herrschaft. Geschlechtsverhältnisse in nicht-patriarchalischen<br />
Gesellschaften“ (Lenz, 1990, S.17-21) entnommen:<br />
NICHTEHELICHE LEBENSGEMEINSCHAFT<br />
Als nichteheliche Lebensgemeinschaft wird jene Zweierbeziehung bezeichnet, in der<br />
die Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Nur ein Teil dieser<br />
Lebensgemeinschaften wird mit dem festen Vorsatz geschlossen, dass in<br />
absehbarer Zeit geheiratet wird. Meist ist dies eine Testphase in der ausprobiert wird,<br />
ob eine Übereinstimmung im Beziehungsalltag vorhanden ist. In der Mehrzahl der<br />
Fälle ist es eine neue Form des informellen Zusammenlebens, die gewählt wird,<br />
ohne dass die Frage einer möglichen Eheschließung besteht, was jedoch nicht<br />
ausschließt, dass sich das zusammenlebende Paar zu einem späteren Zeitpunkt<br />
nicht doch noch zur Ehe entschließt.<br />
EHE<br />
Ehe ist nach traditioneller und im Zivilrecht vorherrschender Auffassung eine (relativ)<br />
dauerhafte und rechtlich legitimierte Lebens- und Sexualgemeinschaft zweier<br />
(ehe-)mündiger verschiedengeschlechtlicher Partner, die den Vorsatz haben, die von<br />
der Frau geborenen Kinder rechtsverbindlich als die eigenen anzuerkennen.<br />
LIVING-APART-TOGETHER<br />
Neben der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gewinnt eine zweite Form der<br />
»nichtkonventionellen Lebensform« immer mehr an Gewicht. Nicht gemeint sind jene<br />
Paare, die aufgrund ihres jungen Alters noch im Haushalt ihrer Herkunftsfamilie<br />
leben, sondern Voraussetzung für die Zuordnung ist vielmehr, dass die<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 50 VON 123
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Beziehungspersonen – auch nach einer gewissen Zeitdauer des Kennens – noch<br />
zwei eigenständige Haushalte aufweisen. Erhöhte Anforderungen an die<br />
Berufsmobilität fördern living-apart-together Beziehungen, wenn der Partner oder die<br />
Partnerin aufgrund des eigenen beruflichen Engagements oder aus persönlichen<br />
Gründen nicht in der Lage ist, einen Wohnortwechsel mitzuvollziehen. Paare ohne<br />
gemeinsame Wohnung in ein und derselben Stadt können auch Ausdruck davon<br />
sein, dass ein hohes Gewicht auf fortgesetzte Eigenständigkeit gelegt wird. Diese<br />
Ansprüche an das »eigene Leben« dürften in der Zukunft eher ansteigen. In vielen<br />
Fällen ist davon auszugehen, dass diese Beziehungen, selbst wenn sie sich als<br />
stabil erweisen, nur zeitlich befristet bestehen, denn in vielen Fällen gehen diese<br />
Beziehungen in eine nichteheliche Lebensgemeinschaft oder eine Ehe über.<br />
PENDLER-EHEN<br />
Bei Living-apart-together-Beziehungen sind zwei »gleichwertige« Wohnungen<br />
vorhanden. Im Gegensatz dazu wird in der Pendler-Ehe eine der beiden Wohnungen<br />
als gemeinsame Hauptwohnung und die andere Wohnung (meist jedoch ein Zimmer)<br />
nur für den Zeitraum der berufsbedingten Abwesenheit genutzt. Solange der Mann<br />
als Alleinverdiener die Familie ernährte, folgten Frau und Kinder an den neuen<br />
Standort des Arbeitgebers (Bauarbeiter, Führungskräfte, Soldaten, etc.). Durch die<br />
eigene Berufstätigkeit der Frauen ist dies heute nicht mehr so selbstverständlich.<br />
Problematisch an der Situation der Pendler ist, dass sie sich in ihrer »Zweitwohnung«<br />
meist nicht zu Hause fühlen und wo sie wohnen halten sie sich an den<br />
Wochenenden nur kurze Zeit auf. Da sie die wenige Zeit der Familie widmen<br />
möchten, bleiben Freizeit, Hobby oder der Kontakt zu Freunden auf der Strecke.<br />
Auch Probleme können nicht gelöst werden und die Erziehungs- und Hausarbeit<br />
muss (meist von der Frau) wochentags alleine bewältigt werden.<br />
FORBIDDEN RELATIONSHIPS<br />
In die gleiche Kategorie dieser Living-apart-together-Beziehungen fallen jene<br />
langandauernden Beziehungen, in denen einer der Partner bereits anders gebunden<br />
ist und diese verdeckte Zweierbeziehung oder Nebenbeziehung (meist) vor dem<br />
Beziehungspartner bzw der Beziehungspartnerin verborgen werden.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 51 VON 123
GLEICHGESCHLECHTLICHE PAARBEZIEHUNG<br />
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Eine weitere Lebensform sind gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen. Im<br />
Gegensatz zu den anderen Lebensformen wird damit kein weiterer Beziehungstypus<br />
umschrieben – schwule/lesbische Paare leben in einem gemeinsamen Haushalt oder<br />
leben in zwei getrennten Wohnungen – sondern durch die Gleichgeschlechtlichkeit<br />
grenzen sich diese von heterosexuellen Paaren ab.<br />
Das Ideal des bürgerlichen Familienmodells – der Aufschub der Sexualität auf die<br />
Ehe – ist inzwischen längst obsolet geworden. Das kulturelle Muster, wo einer kurzen<br />
Werbe- und Kennenlernphase eine Eheschließung folgt, ist heute weitgehend<br />
verschwunden. Immer seltener wird der erste Freund oder die erste Freundin gleich<br />
geheiratet. Feste Beziehungen zum anderen Geschlecht werden früh aufgenommen,<br />
einige erweisen sich als kurzlebig, andere wiederum gewinnen an Dauer. Immer<br />
seltener wird mit dem Wegzug aus der Herkunftsfamilie auch gleich geheiratet.<br />
Zunächst leben die meisten als Single, mit einem Freund oder einer Freundin oder –<br />
weitgehend im studentischen Milieu – mit mehreren Personen in einer<br />
Wohngemeinschaft zusammen und sammeln Erfahrungen in unterschiedlichen<br />
Beziehungen und Beziehungsformen.<br />
Im Vordergrund steht dabei nicht die Suche nach einem geeigneten Partner bzw<br />
einer geeigneten Partnerin, sondern Beziehungen werden gelebt, die einen<br />
Eigenwert haben und sich nicht als Partnersuche instrumentalisieren lassen. Sie<br />
schließen sexuellen Austausch und häufig auch ein Zusammenwohnen mit ein ohne<br />
– um eine in den 1950er und 1960er Jahren verbreitete Metapher zu verwenden –<br />
den »Hafen der Ehe« 27 anzusteuern. Selbst wenn die feste Beziehung über mehrere<br />
Jahre besteht, gibt es keine Garantie dafür, dass sich diese als lebenslang erweist.<br />
Trennung und Aufbau einer neuen Partnerschaft werden zu sich wiederholenden<br />
Erfahrungen im individuellen Lebenslauf. Seit einiger Zeit hat sich der Begriff<br />
»LebensabschnittspartnerIn« etabliert, sei es in privaten Gesprächen oder auch in<br />
Zeitungen, der auf den Wechsel der Beziehungen im Lebenslauf Bezug nimmt.<br />
27 Hafen der Ehe = die Ehe als Ruhepol, endlich ankommen und zur Ruhe kommen<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 52 VON 123
C SINGLE<br />
KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Der Begriff »Single« ist im Alltag und davon nicht unberührt auch in der Wissenschaft<br />
zu einem Modebegriff geworden. Früher haben viele bei dem Wort »Single« zuerst<br />
an eine Schallplatte gedacht, doch heute ist es meist ein Synonym für einen Ein-<br />
Personen-Haushalt. In einer weiteren Verwendungsweise wird dieser Begriff für<br />
Personen einer bestimmten Altersspanne (z.B. zwischen 25 und 55 Jahren)<br />
verwendet, die alleine in einem Haushalt leben. Eine dritte Variante hat<br />
»Partnerlosigkeit« und »Ein-Personen-Haushalt« als Kriterien, womit jene nicht in<br />
diese Kategorie fallen, die noch im »Hotel Mama« 28 wohnen (Schneider et al. 1998,<br />
S.23). Und letztendlich gibt es noch die Definition der freiwilligen Singles, jene<br />
Gruppe, die keinen Partner suchen und ganz bewusst diese Lebensform<br />
bevorzugen, das Alleinleben nach dem Motto „Lieber allein, als gemeinsam einsam“<br />
(Lermer/Meiser, 1991, S.159). Es wird künftig mehr freiwillig Alleinlebende geben,<br />
aber ein Ausweg für Lebensprobleme wird dies nur für wenige von ihnen sein. Eine<br />
Zusammenfassung aller Definitionen führt somit zu folgender Formulierung:<br />
Singles sind jene Personen, die aktuell keine Zweierbeziehung haben, egal wie<br />
kurzfristig oder dauerhaft dieser Zustand ist, egal ob sie auf der Suche nach<br />
einem Partner sind und egal in welcher Haushaltsform sie leben.<br />
28 Erwachsene Kinder wohnen noch bei ihren Eltern und die Mütter versorgen den Nachwuchs mit<br />
Essen, waschen ihre Wäsche und machen ihnen das Leben so angenehm, dass sie nicht daran<br />
denken sich eine eigene Wohnung zu suchen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 53 VON 123
Kapitel 5<br />
DAS LEBEN ALS SINGLE<br />
KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />
„WER SICH ZUR EINSAMKEIT VERDAMMT FÜHLT,<br />
KANN <strong>IM</strong>MER NOCH MANCHES DAZU TUN,<br />
DASS SEINE EINSAMKEIT GESEGNET SEI.“<br />
Arthur Schnitzler (1862-1931), österr. Schriftsteller<br />
Das Leben als Single, freiwillig gewählt oder unfreiwillig aufgrund einer<br />
Scheidung/Trennung oder des Ablebens des Partners oder der Partnerin, ist oft mit<br />
höheren Lebenskosten (kleine Wohnungen sind schwer zu finden und oft sehr teuer<br />
in der Erhaltung, Lebensmittel gibt es oft nur in Großpackungen, Urlaube kosten<br />
aufgrund der Einzelzimmerzuschläge in den Hotels mehr) und Einsamkeit<br />
verbunden. Da meist nur Alleinlebende Personen auf der Suche nach einem Partner<br />
sind ist dies ein wichtiges Kapitel dieser Arbeit.<br />
Innerhalb unserer Gesellschaft vollziehen sich drastische Veränderungen: Familien<br />
zerbrechen, viele Kinder wachsen nur mit einem Elternteil auf, Eheschließungen und<br />
Scheidungen stehen fast im Verhältnis 2:1 und eine Tendenz zur „Singularisierung<br />
des Menschen“ (Lermer/Meiser, 1991, S.11) ist nicht länger zu übersehen.<br />
Im vierten Jahrzehnt des individuellen Lebenslaufs – im Alter zwischen 30 und 40<br />
Jahren – ohne einen Lebenspartner zu leben, ist nicht erst eine Erscheinung der<br />
achtziger und neunziger Jahre des 20.Jahrhunderts (vgl. Bachmann, 1992, S.47ff).<br />
Auch ein Leben außerhalb von Familienbindungen zu führen ist nicht gänzlich neu,<br />
wie bereits in früheren Kapiteln ausgeführt. Historisch ungewöhnlich ist eher das<br />
Gegenteil: der sehr hohe Anteil jener Personen, die in dieser Altersgruppe bereits<br />
eine Heirat bzw eine Scheidung hinter sich haben. Personen, die auf die sozialen<br />
Bindungen von Ehe und Familie verzichteten, finden sich im 18. und in der ersten<br />
Hälfte des 19.Jahrhunderts vor allem in drei Lebensaltersphasen:<br />
� unter jungen Leuten, überwiegend Männern, die zur Ausbildung in die<br />
Stadt oder auf Wanderschaft gingen<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 54 VON 123
KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />
� unter den 20- bis 35-Jährigen Personen, die noch ledig waren und in der<br />
bäuerlichen Gesellschaft des Feudalsystems keine »ökonomische<br />
Vollstelle« eingenommen hatten<br />
� sowie unter den alten Leuten, die ihre Angehörigen verloren und daher auf<br />
das übliche »Altenteil« unter Umständen zu verzichten hatten<br />
Ledige Personen, insbesondere Frauen, waren meist nicht zu einer eigenständigen<br />
Haushaltsführung fähig. Die Alternativen waren Übergangslösungen bis zu einer<br />
Heirat: Schlafbursche, Kostgänger oder Dienstmädchen im Haushalt der Herrschaft;<br />
in selteneren Fällen taten sie sich mit unverheirateten Schwestern oder Freundinnen<br />
zu »Frauengemeinschaften« zusammen, sozusagen ein Vorläufer heutiger<br />
Wohngemeinschaften.<br />
Die Schicksale verheirateter und nicht-verheirateter Frauen gleichen Alters trennten<br />
sich zusehends: in das der Familienarbeit durch die Ehefrauen und in das der<br />
Erwerbsarbeit der Alleinstehenden. Diese Erwerbsarbeit galt allerdings für die allein<br />
stehende Frau gesellschaftlich als eine »bittere Notwendigkeit« und nicht als<br />
Ausdruck einer freien Entscheidung oder Selbstverwirklichung. Nicht die allein<br />
stehenden berufstätigen Frauen, sondern die kleine Minderheit der wirtschaftlich<br />
gutgestellten allein stehenden Männer (Bachelors) erfuhr die Freiräume, die das<br />
Singleleben als neue Lebensform beinhalten kann. Das Singleleben blieb bis in die<br />
1960iger Jahre eng an den Verlust des Ehepartners und an die eigene soziale<br />
Absicherung gebunden. Es blieb bis dahin im Wesentlichen ein Ausdruck einer neu<br />
gewonnenen Selbstständigkeit älterer Menschen.<br />
Seit dieser Zeit gewann das eheliche und familiäre Zusammenleben stetig an<br />
Zugkraft. Und je stärker sich ein solches gemeinschaftliche Leben durchsetzte, desto<br />
gesellschaftlich auffälliger wurde eine Lebensführung, die diesen Maßstäben nicht<br />
genügte: Die »alte Jungfer« und der »Hagestolz« wurden zu negativen Sozialfiguren,<br />
denen ihre Ehelosigkeit nicht als unverschuldetes Schicksal, sondern als<br />
persönliches Versagen angerechnet wurde. Lediglich der »Junggeselle«, vor allem<br />
wenn er als wohlhabend und »eingefleischt« galt, konnte sich dem entziehen.<br />
Ein weiteres Faktum für das Forcieren der Ehe war der Umstand, dass<br />
Wohnraumbeschaffung zu jener Zeit meist an einen Trauschein gebunden war.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 55 VON 123
KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />
Junge Menschen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch im Elternhaus lebten und eine<br />
gemeinsame Zukunft planten waren gewissermaßen gezwungen den Weg auf das<br />
Standesamt zu wählen, um eine Wohnung zu bekommen. Singlehaushalte waren zu<br />
jener Zeit eher die Ausnahme als die Regel. Speziell junge Mädchen wohnten bis zur<br />
Heirat bei der Familie und übersiedelten erst nach dem Ringtausch in eine<br />
gemeinsame Wohnung mit dem Ehemann.<br />
Voraussetzung für eine Verbreitung des Alleinlebens, und damit auch eines<br />
Singlelebens, war eine Gesellschaft, die es dem Einzelnen ermöglichte,<br />
verhältnismäßig unabhängig von sozialen Bindungen – insbesondere von Ehe und<br />
Familie – eine eigene Existenz zu erlangen. Doch nicht im sich stetig verjüngenden<br />
Eheschließungsalter, sondern in der »unproduktiven« Lebensphase des hohen Alters<br />
zog ein selbstständiges Leben zuerst ein. Der Tod des jeweiligen Partners war in der<br />
Zeit um die Jahrhundertwende ein typischer Ausgangspunkt von Alleinleben und<br />
Singleleben. Eine solchermaßen autonome Witwer- oder Witwenschaft ließ sich mit<br />
einer sukzessiven Verbesserung der Hinterbliebenenversorgung verwirklichen. Das<br />
Pensionssystem versetzte sehr viele der Hinterbliebenen in die Lage, den bisherigen<br />
Hausstand zu halten und soziale Abhängigkeiten wie das Leben im Haushalt der<br />
Kinder zu vermeiden. Damit verbunden war auch die Tatsache, dass eine neuerliche<br />
Eheschließung den Verlust der Witwenpension bedeutet hätte.<br />
Die Zerbrechlichkeit von Ehen und Beziehungen bringt es mit sich, dass es immer<br />
wieder eine gewisse Anzahl von Personen gibt, die Single sind, aber für diese<br />
Personengruppe ist dieser Zustand meist nur eine mehr oder minder kurze<br />
biographische Episode, bis eine neue Paarbeziehung eingegangen wird. Sie haben<br />
eine zerbrochene Beziehung hinter sich und hatten bisher vielleicht noch nicht die<br />
Gelegenheit, die Zeit, die Chance oder die emotionale Bereitschaft, eine neue<br />
Verbindung einzugehen. Es kann natürlich sein, dass diese Zeit des Alleinseins als<br />
positives Erlebnis eingestuft wird, eine Chance, das eigene Leben wieder zu ordnen<br />
– jedoch meist nur für eine kurze Zeitspanne. Selbstverständlich gibt es auch<br />
Personen, die sich entschließen fortan allein zu bleiben, aber meist sind diese<br />
Entscheidungen mit negativen Erlebnissen in zerbrochenen Beziehungen verbunden.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 56 VON 123
KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />
Laut der Europäischen Single-Studie, durchgeführt im Auftrag von Parship 2005 in<br />
acht europäischen Ländern (GB, NL, DE, AT, CH, FR, IT, ESP; 5.400 Singles<br />
zwischen 25 und 50 Jahren) sind rund 73,8% der österreichischen Singles auf<br />
Partnersuche (davon 10,1% aktiv suchend). Im Vergleich dazu: In FR sind dies<br />
81,7% (7,1%), in IT 79,4% (7,2%), in NL 77,6% (8,0%), in ESP 67,7% (8,8%), in der<br />
CH 71,1% (9,2%) in DE 75,9% (13,2%) und in GB 78,4% (13,4%).<br />
24,1%<br />
Sie hätten zwar gerne einen Partner, lassen aber alles auf sich zukommen<br />
Sie sind derzeit gar nicht auf der Suche nach einem Partner<br />
Sie sind aktiv auf der Suche nach einem Partner<br />
Sie sind auch in Zukunft nicht an einer Partnerschaft interessiert<br />
10,1%<br />
2,1%<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 57 VON 123<br />
63,7%<br />
Abbildung 1 – Partnersuche in Österreich (Selbsteinschätzung)<br />
Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf<br />
Stand Dezember 2005<br />
Institut: Marketagent.com, Online-Interviews, n = 848, Erhebungszeitraum 18.11. – 7.12.2005<br />
Grundgesamtheit: webaktive österreichische Singles<br />
Wenn immer wieder die persönlichen Vorstellungen über eine Beziehung nicht erfüllt<br />
werden wird das Alleinsein wohl als das kleinere Übel betrachtet. In der heutigen<br />
Zeit, in der Frauen nicht unbedingt auf Männer als »Versorger« angewiesen sind, ist<br />
dies eine durchaus vorstellbare Variante. In manchen Situationen wird das Leben<br />
allein sicher positiver bewertet und auch grundsätzlich bejaht, während in anderen<br />
Situationen, besonders dann, wenn Einsamkeitsgefühle und Selbstzweifel auftreten,<br />
ein Wunsch nach Veränderung dieser Lebensform angestrebt wird.
Kapitel 6<br />
AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
„DIE LIEBE BEGINNT MIT DEN AUGEN“<br />
Russisches Sprichwort<br />
Warum verlieben wir uns und was geschieht in unserem Körper in diesen Sekunden?<br />
Wenn sich Mann und Frau das erste Mal begegnen, läuft quasi ein Film vor ihren<br />
Augen ab: der Mann taxiert die Frau nach ihrer »Fruchtbarkeit« und die Frau den<br />
Mann nach sozialem Status, Aussehen, Intelligenz oder Humor. Und für dieses erste<br />
Abtasten genügen oft schon zwei Sekunden.<br />
Es reicht daher nicht aus, für die Partnerwahl einen »Katalog von Merkmalen der<br />
gewünschten Personen« anzufertigen, es ist vielmehr notwendig, die Vorgänge im<br />
Beziehungsaufbau selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Es müssen Informationen in<br />
Form von verbaler und non-verbaler Kommunikation über die betreffende Person<br />
gesammelt werden, aber auch Verhaltensbeobachtungen. Natürlich darf dabei nicht<br />
übersehen werden, dass die beobachtete Person – sobald sie dies bemerkt –<br />
versuchen wird, sich vorteilhafter darzustellen, als dies in einem unbeobachteten<br />
Moment der Fall wäre. All diese Informationen müssen aufgrund unseres<br />
Wissensvorrates bewertet und zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden. Je<br />
mehr Erfahrungen wir bisher gemacht haben – von Bedeutung sind vor allem die<br />
negativen Erfahrungen – desto schwieriger wird die Konstruktion dieser<br />
Wunschvorstellung. Sehr oft wissen wir, was wir nicht wollen und bauen eine<br />
Idealvorstellung auf, die der Wirklichkeit selten gerecht werden kann. Je mehr<br />
Enttäuschungen der Mensch im Laufe seines Lebens erfährt desto mehr wird er<br />
diese auf seinen künftigen Wunschpartner projizieren. Die Gefahr bei der Suche im<br />
Internet besteht nun darin, dem Irrglauben zu verfallen, dass der Computer den<br />
Idealpartner aufgrund der eingegebenen Merkmale findet. Aber auch hier darf – wie<br />
in der realen Situation – nicht übersehen werden, dass die Personen versuchen<br />
werden, sich so vorteilhaft wie nur möglich darzustellen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 58 VON 123
A AUSGANGSKONSTELLATIONEN<br />
KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Wie sieht nun wissenschaftlich betrachtet der Aufbau einer Zweierbeziehung aus –<br />
von der Ausgangskonstellation zur glücklichen Beziehung? In den meisten Studien<br />
zum Beziehungsaufbau wird davon ausgegangen, dass die Beziehung mit dem<br />
Zeitpunkt des Kennen lernens beginnt. Dies muss jedoch nicht immer der Fall sein,<br />
wie die folgenden fünf Ausgangskonstellationen von Lenz (1990, S.79-82)<br />
verdeutlichen:<br />
1 Eine Beziehung entsteht aus einer Bekanntschaft oder Freundschaft. Zwei<br />
Personen kennen sich schon seit längerer Zeit, eventuell schon von<br />
Kindesbeinen an. Für diese Bekannten stellt sich nicht die Frage wie sie in<br />
Kontakt kommen, sondern wie die Transformation aus der Bekanntschaft zur<br />
Liebesbeziehung bewerkstelligt werden soll und vor allem durch welches<br />
Ereignis (Wendepunkt) dies erfolgen kann. Dabei gibt es Situationen, die diese<br />
Transformation erleichtern können: Momente, die ein höheres Maß an<br />
»Ausgelassenheit« zulassen, wie z.B. ein Faschingsfest.<br />
2 Eine Kontaktaufnahme zweier sich fremder Personen erfolgt, ohne dass eine<br />
der beiden Seiten dies aktiv herbeiführt, also ohne Eigeninitiative einer der<br />
beiden Personen. Der neue Kontakt ergibt sich durch die äußeren Umstände,<br />
z.B. eine neue Arbeitstelle oder eine neue Kollegin/ein neuer Kollege am<br />
Arbeitsplatz, in der Ausbildung, Schule, Freizeitverein. Auch in diesem Fall<br />
muss der »risikoreiche Weg« einer Kontaktaufnahme durch direktes<br />
Ansprechen nicht beschritten werden, denn es gibt eine ganze Menge an<br />
Situationen, die Kommunikationsmöglichkeiten bieten, ohne jemand Fremden<br />
direkt ansprechen zu müssen.<br />
3 Eine Zweierbeziehung erfolgt durch die Vermittlung Dritter. Dies ist dann der<br />
Fall, wenn eine Heirat durch die beiden Herkunftsfamilien arrangiert wird, wobei<br />
sich Braut und Bräutigam in der Extremform erst bei ihrer Hochzeit zum ersten<br />
Mal begegnen. Eine andere Möglichkeit ist die »Paarbildung« durch die<br />
Vermittlertätigkeit der dritten Person, d.h. ein Bote wird gebeten die begehrte<br />
Person zu fragen, ob er/sie mit ihr/ihm »gehen« wolle.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 59 VON 123
KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
4 Die Vermittlung erfolgt durch eine institutionalisierte Dritte Person – eine/n<br />
HeiratsvermittlerIn. Dies war vor allem im bäuerlichen Milieu eine gebräuchliche<br />
Form der Eheanbahnung, sehr anschaulich beschrieben durch Ludwig Thoma<br />
(1901) in seiner Erzählung „Hochzeit“. Die heutigen Partnervermittlungsinstitute<br />
fallen ebenfalls in diese Kategorie, wobei ihnen ein ähnlich schlechter Ruf wie<br />
dem Heiratsvermittler vorauseilt.<br />
5 Die Partnersuche erfolgt mittels Annonce in Tageszeitungen und Magazinen,<br />
wobei sich fünf Typen von InserentInnen unterscheiden lassen (vgl. Lenz, 1990,<br />
S.81f):<br />
� beruflich Erfolgreiche, die aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung, meist<br />
nach einer Trennung, auf diese Weise einen neuen Partner bzw eine neue<br />
Partnerin suchen<br />
� Alleinerziehende, fast überwiegend Frauen, die an einem Mangel an<br />
Kontaktmöglichkeiten leiden<br />
� einsame junge Männer, die Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen haben<br />
� Frauen über 50, die meist nach dem Tod ihres Ehemannes einen neuen<br />
Partner suchen<br />
� beruflich Desintegrierte, die auch in der Partnerwahl bislang erfolglos<br />
blieben<br />
Der Inserent bzw die Inserentin wird bei der Vermittlung durch Dritte von den<br />
anfänglichen Schritten befreit, z.B. das Ansprechen eines Fremden oder das<br />
Interesse an einer Beziehung zeigen. Auch ist es nicht notwendig bei einer<br />
Begegnung nach Signalen zu suchen die anzeigen, dass die andere Person<br />
»frei« und für einen Beziehungsaufbau bereit ist. Dennoch muss irgendwann<br />
einmal ein erstes Treffen arrangiert werden, um das wechselseitige Interesse<br />
aneinander und die Tragfähigkeit einer Beziehung auszuloten.<br />
B ERSTBEGEGNUNGEN<br />
Monica M. Moore (in: Lenz, 1990, S.76) hat Frau-Mann-Interaktionen beobachtet und<br />
einen Katalog von Werbesignalen, die Frauen verwenden, wenn sie jemand kennen<br />
lernen möchten, zusammengestellt. Ingesamt konnten 52 Signale identifiziert<br />
werden:<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 60 VON 123
KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
� am häufigsten wurde Lächeln als Werbesignal registriert,<br />
� dann Blicke, die im Raum schweifen oder auf eine Person gerichtet sind,<br />
� fixierende Blicke, die zu einem längeren Augenkontakt (mehr als drei<br />
Sekunden) führen,<br />
� die Hand streift kurz die Haare, genannt »hair flip« oder mit dem Kopf wird<br />
eine ruckartige Kopfbewegung durchgeführt, wobei das Gesicht kurz nach<br />
oben geneigt wird, genannt »head tossing«,<br />
� neben diesen Signalen mit Gesicht und Kopf konnten noch weitere<br />
Werbesignale registriert werden, wie z.B. das Spielen mit Gegenständen,<br />
das »Alleintanzen« oder Eigenberührungen.<br />
Anhand dieses Kataloges wurde in einer zweiten Studie überprüft, ob es sich bei<br />
diesen non-verbalen Verhaltensmustern um Werbesignale handelt, die das Interesse<br />
an einen Mann weitergeben. Diese Studie erstreckte sich auf verschiedene soziale<br />
Kontexte, in denen Interaktionen mit einem Mann unterschiedlich häufig vorkommen<br />
– von sehr häufig bis gar nicht. Es hat sich gezeigt, dass in einer Single-Bar, wo es<br />
ganz bewusst zu Männerkontakten kommen soll, diese Signale ungleich häufiger<br />
verwendet werden als z.B. in einer Bibliothek oder bei einem Frauentreff. Weiters<br />
wurde festgestellt, dass Frauen, die diese Werbesignale am häufigsten gebrauchten,<br />
im Beobachtungszeitraum auch die meisten Kontakte mit Männern hatten. Dabei<br />
spielte die jeweilige Attraktivität der Signalsenderin überhaupt keine Rolle, wer mehr<br />
Signale sendete hatte auch mehr Kontakte.<br />
Bei geschlechtsspezifischen Untersuchungen zeigen sich ganz deutlich<br />
Unterschiede: Männer neigen dazu, die Austauschprozesse bei der<br />
Kontaktaufnahme stärker als sexuell gefärbt wahrzunehmen als Frauen und gehen<br />
auch davon aus, dass ihre Sicht von den beteiligten Frauen geteilt wird. Eine<br />
Freundlichkeit von Frauen wird von den Männern vielfach vorschnell als ein<br />
»verführerisches« Verhalten beurteilt. Diese männliche Neigung zu<br />
Fehleinschätzungen in der Kontaktaufnahme wurde in zahlreichen Studien bestätigt,<br />
z.B. Mongeau et al. 1993, Koeppel et al. 1993 und Christiane Tramitz 1995, die ihre<br />
Untersuchungen unter dem Titel „Irren ist männlich“ veröffentlichte.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 61 VON 123
C BEZIEHUNGSAUFBAU ALS PROZESS<br />
KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
Ein Beziehungsaufbau hängt immer auch von den gegebenen Chancen ab. Viele<br />
Personen scheiden als Beziehungspartner/in aus, weil sie sich ein Leben lang nie<br />
begegnen. Andere dagegen sind durch bestehende zahlreiche Kontaktmöglichkeiten<br />
in hohem Maße potentielle Kandidaten bzw Kandidatinnen. Besteht vorerst nur eine<br />
einseitige Aufmerksamkeit, dann wird die Interaktion umso erfolgreicher, je mehr<br />
Merkmale die wahrgenommene Person zeigt. Dabei kann es natürlich zu einer<br />
Abfuhr kommen, aber auch zu zeitlichen und räumlichen Hindernissen, die für die<br />
Kontaktaufnahme noch überwunden werden müssen. Kommt eine Kontaktaufnahme<br />
zustande, werden die ersten Eindrücke durch „Prozesse der Personenwahrnehmung<br />
und Taktiken der Selbstdarstellung“ (Lenz, 1990, S.77) geformt.<br />
Personen, die wir mögen, schreiben wir bei dieser ersten Wahrnehmung positive<br />
Eigenschaften zu und jene, die wir nicht mögen, negative. Außerdem neigen wir<br />
dazu, dass wir bei anderen Personen ähnliche Eigenschaften erkennen, von denen<br />
wir überzeugt sind, dass auch wir sie besitzen. Die sich begegnenden Personen<br />
stellen sich selbst in einer bestimmten Art und Weise dar und entwerfen gleichzeitig<br />
auch ein Bild des anderen. Dieses »Hin und Her« hat zum Ziel, zu einer zumindest<br />
vorläufigen Verständigung zu kommen, wer wir selber sind und wer die andere<br />
Person ist. Backmann deutet an, dass in einer frühen Phase eine Beziehung ein<br />
Nutzen-Kosten-Kalkül ist, ein bloßes buchhalterisches Konstatieren (vgl. Lenz, 1990,<br />
S.78). Viele Beziehungen verharren auf dieser Stufe, denn als nächste Stufe folgt der<br />
Prozess der »Selbstenthüllung«. Beide Partner sind zunehmend bereit, intimere<br />
Aspekte ihres Selbst zu enthüllen und dadurch sammeln beide Seiten mehr<br />
Informationen über die jeweils andere Person. Es bilden sich stabile<br />
Handlungsmuster, Routinen oder Kombinationen von Verhaltensweisen, die die<br />
Alltagsaktivitäten des Paares konstituieren (vgl. Lenz, 1990, S.78), Eigenschaften,<br />
Einstellungen und alle für die Beziehungen relevanten Teile treten in<br />
Wechselbeziehung. Dabei beeinflussen Wendepunkte nachhaltig die Beziehung,<br />
indem sie die Aufbauphase beschleunigen oder verzögern. Wendepunkte können<br />
Aussagen sein (z.B. Sie sagte mir, dass sie sich in mich verliebt habe), die<br />
Schulbildung der beteiligten Personen oder die Vorstellung bei den Eltern.<br />
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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
D KULTURELLE GRUNDLAGEN UND SOZIALE<br />
RAHMENBEDINGUNGEN<br />
Für eine angemessene Konzeptualisierung der Aufbauphase ist es natürlich auch<br />
erforderlich die kulturelle Codierung und die sozialen Rahmenbedingungen mit<br />
einzubeziehen. Der kulturelle Code umfasst die gemeinsamen Vorstellungen und<br />
Annahmen, die von einer ganzen Gesellschaft oder von Teilen dieser Gesellschaft<br />
mit einer bestimmten Emotion verbunden werden. Einzelne Emotionen können in<br />
einer Gesellschaft sozial geächtet sein, wie z.B. Wut und Eifersucht. Kulturelle<br />
Codierungen beinhalten „Dramaturgien für das emotionale Erleben“ (Lutz, 1990,<br />
S.262), d.h. sie enthalten Vorgaben, unter denen eine bestimmte Emotion akut wird,<br />
wie deren Verlauf ist und deren Bewältigungsformen. Dadurch wird ebenfalls<br />
vorgegeben, welche Handlungs- und Ausdrucksformen natürlich, angemessen oder<br />
verständlich sind. Ein Gefühl kann als Vorbedingung für ein anderes aufgefasst<br />
werden und doch nicht sehr eindeutig sein, z.B. „Eifersucht ist der Beweis für wahre<br />
Liebe“ oder „Wahre Liebe kennt keine Eifersucht“. Wie viele Morde wurden in der<br />
Vergangenheit schon aus Eifersucht begangen, angefangen von Othello bis zum<br />
»ganz normalen Familienvater von nebenan«.<br />
Eine weitere kulturelle Vorgabe betrifft die Beantwortung der Frage, wer für wen ein<br />
geeigneter Partner oder eine geeignete Partnerin ist. Dabei ist zu bedenken, dass<br />
aus der Ähnlichkeit sozialer Attribute nicht sofort auf eine Homogamie-Norm<br />
geschlossen werden darf. Dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich weitere Belege<br />
dafür finden lassen. Dies wird z.B. in der Alterszusammensetzung der Paare deutlich.<br />
Bei einer großen Zahl der Paare sind die Frauen jünger als die Männer und dies hat<br />
sich als feste Regel in der Gesellschaft mit einem hohen Verbindlichkeitsgrad vor<br />
allem im bürgerlichen Familienideal etabliert. Früher gab es sehr oft die Situation,<br />
dass auch die Frau älter war, und zwar dann, wenn der Meister verstarb und die Frau<br />
den jüngeren Gesellen heiratete, um den Betrieb weiterführen zu können.<br />
Dass dies auch in der heutigen Zeit noch eine gängige Norm ist, obwohl<br />
Beziehungen zu einem jüngeren Mann verstärkte mediale Aufmerksamkeit erfahren,<br />
zeigt Ursula Richter in ihrem Buch „Einen jüngeren Mann lieben“ (1989). Sie hat<br />
Gespräche mit Frauen geführt, deren Partner fünf und mehr Jahre jünger als sie<br />
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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
waren und spricht dabei von »unerwünschten Beziehungen« und von ablehnenden<br />
Reaktionen des sozialen Umfeldes. Ihr Fazit: Die Jahre spielen keine Rolle, auch<br />
braucht es zum Glück keinen älteren Mann. Was sich jedoch in Zukunft abzeichnen<br />
wird ist die Tatsache, dass sich die Paare altersmäßig immer mehr annähern und in<br />
den Eheratgebern weitestgehend auf Empfehlungen hinsichtlich des Altersabstandes<br />
verzichtet wird.<br />
Doch das Vorhandensein von Übereinstimmungen alleine reicht für eine<br />
Partnerauswahl nicht aus, die beiden einander ähnlichen Personen müssen auch die<br />
Chance erhalten ins Gespräch kommen zu können. Je länger dieses Gespräch<br />
dauert, desto mehr können sie über den (Gesprächs)-Partner dann in Erfahrung<br />
bringen. Weiters ist es auch nicht unerheblich sich zu signalisieren, dass ein<br />
Interesse an einer ernsthaften Beziehung besteht. Dies ist durch das Vorhandensein<br />
in der Datenbank einer Singlebörse nicht unbedingt gegeben. Es kann sehr leicht<br />
auch möglich sein, dass sich viele Singles nur deshalb registrieren lassen, um<br />
Freundschaften zu schließen.<br />
Der Unterschied zwischen Singlebörsen und Internet-Partnervermittlungen?<br />
� Bei Singlebörsen oder Kontaktanzeige-Portalen suchen sich Singles ihre<br />
potentiellen Partner in einer spontanen Entscheidung selbst aus, indem<br />
sie vorhandene Inserate (oft mit Foto) durchsuchen.<br />
� Bei einer Internet-Partnervermittlung gleichen ausgeklügelte Algorithmen<br />
nach umfangreichen paarpsychologischen Kriterien die Profile der<br />
Partnersuchenden ab und schlagen Ihnen dann mögliche Kandidaten vor.<br />
Auf die sozialen Rahmenbedingungen wurde bereits hingewiesen. Der Kreis der<br />
potentiell wählbaren Personen ist von Anfang an stark begrenzt. Viele potentielle<br />
PartnerInnen begegnen sich nie oder ihr Kontakt ist nur sehr flüchtig. Auch werden<br />
nicht alle Gelegenheiten die sich bieten ergriffen oder überhaupt wahrgenommen,<br />
andere von der anderen Seite gleich abgeblockt. Bestehende Kontakte werden<br />
vielfach nicht intensiviert oder keine der beiden Seiten ergreift die Initiative. Ein<br />
weiterer Aspekt sind die Chancenungleichheiten auf dem Beziehungsmarkt. In den<br />
Altersgruppen der 20- bis 45-Jährigen ist ein erheblicher Männerüberschuss<br />
vorhanden, ab dem 55.Lebensjahr ein starker Frauenüberschuss. Da Attraktivität<br />
meist auf das Äußere reduziert bleibt, ist die Bezeichnung »Körperkapital« viel<br />
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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />
weitreichender. Keinesfalls ist mit dem Besitz von Kapitalsorten die Wahl der<br />
Beziehungsperson festgelegt, aber es wird eine Ausgangsposition beschrieben, die<br />
manche mit Vorteilen und andere mit Handikaps ausstattet.<br />
Bourdieu unterscheidet in „Die feinen Unterschiede“ (1982) drei Kapitalsorten eines<br />
Menschen (vgl. Mörth/Fröhlich, 1994, S.35ff)<br />
1. ÖKONOMISCHES KAPITAL<br />
materielle Ausstattung einer Person, wie Besitz, Vermögen, Einkommen<br />
2. KULTURELLES KAPITAL<br />
erworbene Bildungstitel und Kompetenz im Umgang mit Kulturgütern<br />
3. SOZIALES KAPITAL<br />
Ressourcen, die sich aus der Verankerung einer Person in ihrem sozialen<br />
Netzwerk ergeben<br />
SYMBOLISCHES KAPITAL<br />
gründet sich auf Bekanntheit und Anerkennung – Ansehen, guter Ruf,<br />
Ehre, Ruhm, Prestige, Reputation, Renomée; es ist die wahrgenommene,<br />
legitim anerkannte Form der anderen drei Kapitalformen<br />
Die drei Kapitalsorten von Bourdieu wurden bei Mörth und Fröhlich um das<br />
„Symbolische Kapital“ erweitert. Eine zusätzliche Kategorie „Körperkapital“ würde zu<br />
sehr auf Äußerlichkeiten abzielen, was im Moment ohnehin zu einem großen<br />
Problem in der Gesellschaft geworden ist, wo Körper mit Hilfe der Chirurgie oder<br />
durch Hungerkuren nach Wunsch zurechtgeformt werden. Längst wird ein „zurück<br />
zur Natürlichkeit“ gefordert.<br />
Diese Kapitalsorten beeinflussen die Chancen einer Person, wobei das Defizit in<br />
einer Sorte in einem gewissen Umfang durch eine andere kompensiert werden kann<br />
(z.B. Geld ersetzt Schönheit). Aber je mehr Ressourcen eine Person im Vergleich zu<br />
anderen Personen besitzt, desto höher ist ihr »Marktwert« und desto günstiger sind<br />
die Wahlmöglichkeiten. Je geringer ihre Ressourcen, desto eher muss genommen<br />
werden was sich bietet. Eine besonders benachteiligte Kategorie sind in der<br />
Gegenwart anscheinend die Jungbauern, doch diese versuchen seit einigen Jahren<br />
erfolgreich diesen Nachteil durch die Veröffentlichung des Jungbauernkalenders bzw<br />
durch Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ zu vermindern.<br />
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Kapitel 7<br />
<strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
„ICH WILL KEINE GESCHENKE GEBEN,<br />
ICH WILL GEWONNEN WERDEN.“<br />
Hermann Hesse<br />
Die Reihung der nachfolgenden Partnersuchformen soll keine Wertigkeit darstellen,<br />
sondern wurde aufgrund des Alphabets vorgenommen. Bei der Sendung „Bauer<br />
sucht Frau“ wurde die erste Staffel beobachtet und die Gemeinsamkeiten bzw<br />
Unterschiede zwischen den einzelnen Paaren mit Hilfe eines Interpretationsrasters<br />
herausgearbeitet. Die Angaben zur Kuppelshow „Herzblatt“ wurden von der<br />
Herzblattredaktion der ARD übermittelt, die Erlebnisse des Kandidaten stammen von<br />
einem persönlichen Gespräch mit Herrn X. 29 Für die Beschreibung der Sendung<br />
„Herzflimmern“ wurde das Studio von Radio Arabella besucht und Fr. Trezek, die für<br />
Public Relations zuständig ist, nahm sich Zeit um Fragen zu beantworten. Die<br />
Gestalterin der „Liebesg´schichten und Heiratssachen“ im ORF; Fr. Elisabeth T.<br />
Spira, war trotz ihrer zeitaufwändigen Vorbereitungen für die kommende 11.Staffel<br />
gerne zu einem Interview bereit. Da „Nadine traut sich“ erst im Jänner 2007 mit der<br />
Hochzeit das Finale erreicht, gibt es noch wenig Material zur Sendung und die<br />
Informationen stammen von der Homepage von ATV. Die „Single-Millionenshow“ war<br />
eine einmalige Sendung im ORF und „Verliebt in eine Familie“ wird derzeit auf ATV<br />
ausgestrahlt.<br />
Aufgrund der ergebnislosen Versuche, von ATV Hintergrundinformationen zu den<br />
einzelnen Sendungen zu bekommen, wurde großteils auf die Beschreibungen der<br />
Homepage zurückgegriffen sowie auf eigene Beobachtungen der einzelnen<br />
Sendungen. Vielen Dank an dieser Stelle an jene, die Zeit und Datenmaterial zur<br />
Verfügung gestellt haben.<br />
29 Die Namen der Interviewpartner wurden anonymisiert, mit Ausnahme von Fr. Spira, die nicht hinter<br />
einer Anonymität versteckt werden konnte.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 66 VON 123
A DIE SENDUNG „BAUER SUCHT FRAU“<br />
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
In der Sendung „Bauer sucht Frau“ versuchen Landwirte die Frau fürs Leben zu<br />
finden. Die Bauern werden anhand kleiner Filme in einer Auftaktsendung vorgestellt<br />
und jeder Kandidat kann sich unter seinen Zuschriften drei Damen aussuchen und<br />
zur Startsendung einladen. Jeder Singlebauer hat einige Minuten Zeit sich mit jeder<br />
Frau intensiver zu unterhalten und am Ende der Sendung muss die Entscheidung<br />
fallen - welche zwei Kandidatinnen verbringen eine Woche auf dem jeweiligen Hof<br />
ihres Wunschbauern.<br />
ATV verfolgt das Geschehen am Bauernhof mit Kameras und beobachtet sowohl die<br />
Flirt- als auch die Arbeitswilligkeit der Damen genau. Die harte Realität des<br />
Bauernalltags zeigt schnell, ob Bauer und Frau harmonieren oder ob falsche<br />
Illusionen bestehen. Dieses romantische Treiben am Hof wird wöchentlich<br />
ausgestrahlt. Zum Abschluss folgt die große Finalshow, zu der wieder alle<br />
Kandidaten eingeladen werden. Nach einem Jahr werden alle Single-Landwirte noch<br />
einmal besucht und es erfolgt ein Schlussresümee über die Partnersuche. 30<br />
Welcher Bauer hat eine der<br />
Kandidatinnen geheiratet?<br />
Welcher Kandidat ist eine<br />
(kurzfristige) Partnerschaft<br />
mit einer der beiden Frauen,<br />
die auf seinem Hof waren,<br />
eingegangen?<br />
Wer hat durch die Sendung<br />
eine Partnerin gefunden.<br />
Nur Jakob hat bisher geheiratet. Wobei Regina<br />
eigentlich nur deshalb in die Sendung kam, weil eine<br />
der Frauen, die Jakob ausgewählt hatte, beruflich<br />
verhindert war.<br />
Alexander war einige Monate mit Sandra ein Paar,<br />
hat sich letztendlich doch wieder von ihr getrennt.<br />
Markus (1) und Patricia hatten einige Monate eine<br />
Wochenendbeziehung, die lt. Markus daran<br />
scheiterte, dass es keine Harmonie zwischen<br />
Patricia und seiner kleinen Tochter gab.<br />
Michael und Patrizia verliebten sich in der<br />
gemeinsamen Woche, doch am Ende reiste Patrizia<br />
doch wieder alleine zurück nach Wien und auch ein<br />
Zweitversuch ihrer Beziehung scheiterte.<br />
Alexander hat seine derzeitige Lebenspartnerin<br />
kennen gelernt.<br />
30 Leider habe ich trotz mehrmaliger Anfrage bei ATV kein Datenmaterial bekommen und kann daher<br />
nur auf die eigenen Beobachtungen und Notizen der einzelnen Folgen zurückgreifen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 67 VON 123
Wer hatte keinen Erfolg bei<br />
seiner Partnersuche?<br />
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Markus (2) hatte eine Partnerin gefunden, doch<br />
aufgrund der Distanz der Wohnorte wieder gelöst.<br />
Auch Leo hat sein Glück gefunden und plant bereits<br />
seine Hochzeit.<br />
Rudi hat durch die Sendung ebenfalls eine Frau<br />
kennen gelernt und mit ihr sechs Monate<br />
zusammengelebt, ist jetzt jedoch wieder alleine.<br />
Michael hat nach der Enttäuschung mit Patrizia in<br />
seiner näheren Umgebung die Frau fürs Leben<br />
gefunden, auch hier ist eine Hochzeit nicht mehr<br />
ausgeschlossen.<br />
Hermann ist ein Sonderfall, denn seine ehemalige<br />
Lebensgefährtin Patrizia hat gemeinsam mit beiden<br />
Kandidatinnen auf seinem Hof gelebt, was zu<br />
heftigen Diskussionen zwischen den Frauen führte.<br />
Im Moment haben beide wieder zu einem<br />
Neuanfang ihrer Beziehung gefunden.<br />
Alfred konnte sich zwischen seinen beiden Damen<br />
nicht entscheiden und blieb am Ende alleine. Auch<br />
der Kontakt zu Claudia (Kandidatin bei Benni) blieb<br />
ohne Erfolg.<br />
Benni hatte sich in das Kindermädchen von Claudia<br />
verliebt, doch diese wiederum hatte Gefühle für<br />
seinen Freund und somit ist er noch immer auf der<br />
Suche nach der idealen Frau, die ihn bei seiner<br />
Arbeit am Hof unterstützt.<br />
Der Gesamteindruck der Sendung: Vier Kandidaten haben durch die Sendung die<br />
große Liebe gefunden (Alexander, Leo, Michael und Jakob). Bei Hermann ist ein<br />
Neubeginn seiner Beziehung gelungen und die restlichen fünf Bauern bleiben weiter<br />
auf der Suche nach ihrer idealen Partnerinnen. Letztendlich hat sich das<br />
Sendungskonzept nicht durchgesetzt, denn das ist weniger darauf ausgerichtet,<br />
tatsächlich zwei Menschen zusammenzuführen, sondern glich eher einem<br />
Wettkampf, mit dem Bauern als Siegestrophäe. Dennoch gab es Veränderungen im<br />
Leben der Bauern – Freundschaften sind entstanden, Rudi hat einen Sponsorvertrag<br />
mit einer Pferdefuttermittelfirma in Deutschland abgeschlossen und zumindest für<br />
kurze Zeit hatten sie die Möglichkeit, ihre Lebenssituation einer breiten Öffentlichkeit<br />
zu zeigen. Das Leben auf einem Bauernhof kann hart und entbehrungsreich sein,<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 68 VON 123
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
aber mit der richtigen Frau an der Seite um einiges leichter zu meistern. Und wenn<br />
das vom Publikum erkannt wird, kann dies durchaus als Erfolg der Sendung<br />
angesehen werden.<br />
B DER DAUERBRENNER UNTER DEN KUPPELSHOWS –<br />
„HERZBLATT“<br />
Die Geschichte von "Herzblatt" begann am 20.Dezember 1965 in den USA. Ort der<br />
Handlung war das ABC Vine Street Theater in Los Angeles. "Host" Jim Lange,<br />
Radiostar aus San Francisco und "announcer" der "Tennessee Ernie Ford Show"<br />
fragte die erste Kandidatin der brandneuen Show "The Dating Game": “Well, tell me<br />
now: Will it be bachelor one, two or three?". Bekannt ist nicht mehr, für welchen<br />
Kandidaten sich die "bachelorett" (Junggesellin) entschieden hat, aber bekannt ist,<br />
dass an diesem Abend Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Jede Menge spätere<br />
Superstars hatten ihren ersten Auftritt in der Show. Darunter Sally Field, Tom<br />
Selleck, Steve Martin, Arnold Schwarzenegger, Burt Reynolds und viele mehr. Heute<br />
ist "The Dating Game" in 17 Ländern der Welt "on air". Neben der US-Version sind<br />
das englische "Blind Date" und das deutsche "Herzblatt" die erfolgreichsten<br />
Coverversionen.<br />
In Deutschland startete die Sendung im Jahr 1986 mit dem ersten Pilot, der jedoch<br />
misslang, weil die Moderation fehlbesetzt war. Die berühmte "Wand" funktionierte<br />
fast wie eine Guillotine, die Paare flogen nach Paris und Venedig und sahen nicht<br />
mehr als die Flughäfen. Eines Tages stand ein Moderator mit schon leicht<br />
graumeliertem Haar aus Holland vor der Tür, der dringend ein neues Showformat für<br />
seine Personality-Show suchte. Er sagte: "Tach'chen. Mein Name ist Rudolf Wijbrand<br />
Kesselaar - einige kennen mich als Rudi Carrell". Damit war der richtige Moderator<br />
für die Sendung gefunden. Und die Show wurde ein Hit! Sechs Jahre lang war Rudi<br />
Carrell der "Herzblatt"-Mann. Am 14.Jänner 1989 wurde "Herzblatt" erstmals im ORF<br />
ausgestrahlt. In den folgenden Jahren wechselten zwar die Moderatoren (Rainhard<br />
Fendrich, Hera Lind, Christian Clerici, Pierre Geisensetter, Jörg Pilawa und seit 2005<br />
Alexander Mazza) nicht jedoch das Sendungsformat, dass auch heute noch 20 Jahre<br />
seine Fans begeistert.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 69 VON 123
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Bisher gab es 463 Folgen „Herzblatt“ mit jeweils 2 Runden. Pro Sendung wurden aus<br />
acht Kandidaten jeweils zwei Paare gebildet, d.h. insgesamt sind bisher 926 offizielle<br />
Herzblatt-Paare auf Reisen gegangen. Gecastet wurden 20- bis Mitte 30-Jährige. Es<br />
gab aber auch schon Senioren-Runden mit 60 bis 80-Jährigen!<br />
Über die Liebespaare gibt es keinerlei statistische Erhebungen. Die Redaktion hat<br />
sich zwar immer gefreut, wenn es irgendwo gefunkt hatte, aber „Herzblatt“ ist eine<br />
Unterhaltungssendung, die den Geschmack der Zuschauer treffen soll. Daher<br />
werden die Kandidaten nach der Produktion auch nicht weiter kontaktiert. Einige<br />
haben aber nach Ausstrahlung der Sendung ein neues Glück durch Zuschauer-<br />
Zuschriften gefunden. Andere haben sich beim Casting kennen und lieben gelernt<br />
und wieder andere haben sich bei der Aufzeichnung hinter den Kulissen getroffen<br />
und verliebt. (Quelle: Die Herzblattredaktion, 5.April 2006).<br />
ERLEBNISSE EINES KANDIDATEN<br />
Herr X. nahm im Jahre 1990 als Kandidat bei „Herzblatt“ teil, der Moderator war Rudi<br />
Carrell. Er hatte damals jedoch keine Ahnung über das Sendungskonzept und hat<br />
sich auch nicht selber beworben, sondern wurde durch eine ehemalige Kollegin, die<br />
im Redaktionsteam der Sendung war, darauf angesprochen. Nach einem Casting in<br />
Linz (OÖ) wurde Herr X. der männliche Kandidat, der sozusagen auf der Suche nach<br />
seinem Herzblatt war. Wobei diese Suche durch die Redaktion etwas unterstützt<br />
wurde - er konnte seine „Traumfrau“ beschreiben und eine der drei Kandidatinnen<br />
entsprach genau diesen Vorstellungen. Die Fragen wurden ebenfalls vorbereitet, d.h.<br />
der Kandidat verfasste 12 Fragen, von denen sechs in die engere Auswahl kamen<br />
und der Moderator traf die Entscheidung, welche drei Fragen gestellt wurden. Das<br />
Konzept, das er sich selber für die Suche vorgenommen hatte, konnte er leider<br />
während der Sendung nicht ganz umsetzen, was vielleicht auch an der Nervosität<br />
gelegen sein kann. Ihm wurde dann vor der berühmten Wand sein Herzblatt<br />
präsentiert und es war nicht die Kandidatin, die zu ihm hätte passen sollen.<br />
Die Frage-Kandidaten der Sendung reisten alle am Donnerstag an, wobei am Abend<br />
erste Gespräche geführt wurden, alle anderen Kandidaten erst am Freitagmorgen.<br />
Aufgezeichnet wurde die Sendung am Freitag und bereits am Samstag waren der<br />
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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Flug mit dem Hubschrauber und der gemeinsame Tag. Am Sonntag wurden die<br />
Kandidaten über ihre Erlebnisse und Eindrücke über den jeweils anderen befragt.<br />
Kontakt hat Herr X. zu seinem Herzblatt leider keinen mehr.<br />
Die Sendung hatte zu diesem Zeitpunkt eine enorm hohe Einschaltquote, was<br />
wahrscheinlich an der optimalen Sendezeit (Samstag um 19:00) als auch am<br />
Moderator lag. Herr X. wird immer wieder auf „Herzblatt“ angesprochen. Er hat den<br />
Auftritt auf keinen Fall bereut, schon allein der Blick hinter die Kulissen einer so<br />
erfolgreichen Sendung hat sich bezahlt gemacht, aber an anderen<br />
„Kuppelsendungen“ würde er nicht teilnehmen.<br />
Herr X., Jahrgang 1958, ist seit etwa 17 Jahren der Geschäftsführer eines Hotels in<br />
Oberösterreich und seit der Wahl 2003 auch der Bürgermeister der<br />
Fremdenverkehrsgemeinde. Er lebt seit sechs Jahren in einer Lebensgemeinschaft<br />
und hat zwei Kinder - einen Sohn, den seine Freundin mit in die Beziehung brachte<br />
und seit 3½ Jahren auch eine gemeinsame Tochter. Aufgewachsen ist er auf einem<br />
Bauernhof in Tirol mit neun Geschwistern. Auf die Frage, ob es für ihn denn nicht<br />
leicht wäre als Hotelier Frauen kennen zu lernen, erwiderte er, dass für ihn zuerst der<br />
Beruf oberste Priorität hatte und der Wunsch nach Familie erst sehr spät reifte.<br />
Außerdem sei das Familienleben bei so einem zeitintensiven Job (7 Tage-Woche) für<br />
Frau und Kinder nicht ganz einfach. Hinzu kam in den letzten Jahren auch seine<br />
politische Tätigkeit. Seine Partnerin hat er ganz ohne „professionelle“ Hilfe im<br />
Nachbarort kennen gelernt, denn im Grunde sei er ein sehr kommunikativer Typ und<br />
auf die Hilfe eines Partnervermittlungsinstitutes oder einer Partnerbörse nicht<br />
angewiesen.<br />
C „HERZFL<strong>IM</strong>MERN“ BEI RADIO ARABELLA<br />
ON-AIR-SINGLE-SENDUNGEN<br />
Petra „Suki“ Suk, Moderatorin, Sängerin (Two in One), Ende 30, moderiert jeden<br />
Freitag von 18:00 bis 22:00 und jeden Samstag von 19:00 bis 22:00 die Sendung<br />
„Herzflimmern“. Diese Sendung wird in Wien, Tulln, im Mostviertel und in Linz<br />
ausgestrahlt. Die Anrufer stellen sich kurz vor und hinterlassen in der Redaktion ihre<br />
Telefonnummer. Die Vorauswahl, welcher Anrufer in der Sendung durchgestellt wird,<br />
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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
trifft der Computer, wobei Suki sich mit jedem Anrufer/jeder Anruferin vorher unterhält<br />
(Name, Hobbys, Vorlieben, etc) bevor er/sie auf Sendung geschaltet wird, dadurch<br />
kann sie den Anrufer/die Anruferin gleich direkt ansprechen und hilft so die Nervosität<br />
etwas abzubauen. Die Interviews auf Sendung sind jedoch nicht geprobt oder<br />
abgesprochen, denn die Sendung lebt von der Spontaneität der AnruferInnen. Jede<br />
Woche wird eine Erfolgsgeschichte erzählt, d.h. Personen die sich durch die<br />
Sendung kennen gelernt haben erzählen ihre Geschichte. Die Anrufer sind<br />
durchschnittlich zwischen 25 und 50 Jahre alt, aber es gibt auch z.B. 75-Jährige, die<br />
eine Begleitung für sportliche Aktivitäten oder Kulturveranstaltungen suchen.<br />
OFF-AIR-SINGLE-AKTIVITÄTEN<br />
Vier mal im Jahr gibt es eine „Herzflimmernparty“, z.B. im Volksgarten in Wien, mit<br />
Tanz im Freien. Suki versucht Paare direkt zu verkuppeln, d.h. sie mischt sich unter<br />
die Tanzenden. Für die Musik sorgt Manfred Riha, der die passenden Songs zur<br />
jeweiligen Stimmung auswählt.<br />
Seit Dezember 2001 gibt es Radio Arabella und seit Herbst 2002 gibt es die<br />
Sendung „Herzflimmern“. Die Sendungsidee und -entwicklung stammt von Suki,<br />
unterstützt von der Programmleitung. (Quelle: Marie-Therese Trezek, Public<br />
Relations bei Radio Arabella, Interview vom 11.Mai 2006).<br />
D „LIEBESG’SCHICHTEN UND HEIRATSSACHEN“ <strong>IM</strong> ORF<br />
Frau Elizabeth T. Spira ist wahrlich die Meisterkupplerin des Fernsehens, denn ihre<br />
Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: In zehn Jahren „Liebesg'schichten und<br />
Heiratssachen“ haben sich mehr als 3.300 Singles beworben, mehr als 400 Singles<br />
fanden neue Partner, elf sind bereits verheiratet und zwei haben Nachwuchs<br />
bekommen. Mit der abgelaufenen Staffel sind bisher über 100 Folgen ausgestrahlt<br />
worden.<br />
Sehr viele der Partnersuchenden wenden sich nach langer Einsamkeit,<br />
hervorgerufen durch den Tod des Partners oder nach einer Trennung, an Frau Spira<br />
und daher sind die Kandidaten meist jenseits des 40.Lebensjahres. Sehr viele haben<br />
aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine Partnerschaft verzichtet und spüren in der<br />
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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Pension, dass ihnen jemand fehlt oder sie haben lange bei den Eltern gelebt und<br />
nach deren Tod begeben sie sich auf die Suche nach Liebe. Auf jeden Fall gibt es<br />
schon jetzt genug Kandidaten für die nächste Staffel.<br />
Auch die Zuschauerzahlen können sich sehen lassen, annähernd 1 Million Zuseher<br />
können pro Folge verzeichnet werden, womit sich Frau Spira hochzufrieden zeigt. In<br />
diesem Jahr wurde die Sendezeit von 25 auf 45 Minuten verlängert, was dazu führte,<br />
dass über 20 Interviews mehr zu führen waren und dadurch keine Zeit mehr für die<br />
„Alltagsgeschichte“ bleibt. Im Moment werden bereits Vorbereitungen für die elfte<br />
Staffel getroffen, die Innenaufnahmen starten im Dezember und die<br />
Außenaufnahmen finden im Frühjahr statt. Frau Spira ist bei allen Entscheidungen<br />
der Sendung mit eingebunden – was wird aufgenommen, was wird gesendet und wie<br />
werden die einzelnen Folgen geschnitten, denn „es soll eine ausgewogene, bunte<br />
Mischung zustande kommen“.<br />
„Kupplerin“ wurde Frau Spira eigentlich gegen ihren Willen. Während der<br />
Dreharbeiten zur Sendung „Alltagsgeschichte“ kam es häufig vor, dass sie auf<br />
einsame Herren traf, die ihr erzählten, dass sie niemand hätten, der auf sie zu Hause<br />
wartet, der für sie kocht und bügelt. Daraus entstand die Idee, das Leben von Singles<br />
auf der Suche nach einem Partner zu präsentieren. Der Intendant, der an diesem<br />
Sendeformat durchaus Gefallen hatte, wollte den TV-Zusehern zusätzlich die<br />
Möglichkeit geben, mit den Partnersuchenden in Kontakt zu treten - und die Sendung<br />
sollte nicht nur für einsame Männer sein.<br />
Bevor Frau Spira mit ihrem Team zu den Aufnahmen kommt werden bereits eifrig<br />
Telefonate geführt um herauszufinden, ob die Kandidaten für die Sendung geeignet<br />
sind, d.h. ob sie erzählen können. Diese Gespräche werden von Assistenten geführt<br />
und Frau Spira hört manchmal im Hintergrund zu, damit ihre Neugierde vorhanden<br />
bleibt und es beim Interview nicht heißt: „Das hab ich ihnen eh schon erzählt!“ Bei<br />
diesen Telefongesprächen wird auch nach Hobbys gefragt, damit sich das Team<br />
bereits vorbereiten kann, ob es Außen- oder Innenaufnahmen gibt. Weiters sollte pro<br />
Staffel jedes Hobby nur einmal vorkommen. Andernfalls werden die Kandidaten ganz<br />
ohne Aktivität mit Hintergrundmusik präsentiert. Diese Musik wird auch nach den<br />
Interessen der Singles ausgewählt. Es wird bei den Aufnahmen jedoch kein Zwang<br />
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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
auf die Kandidaten ausgeübt, denn die haben sich für die Sendung beworben. Und<br />
jeder darf sich so präsentieren, wie er oder sie es für richtig hält. Allerdings kann es<br />
schon vorkommen, dass Frau Spira beratend eingreift, wenn ein Stoffmuster der<br />
Bekleidung in der Kamera nicht gut zur Geltung kommt (z.B. fängt Pepitamuster zu<br />
flimmern an). Selber würde Frau Spira niemals in ihrer eigenen Sendung auftreten<br />
(was auch nicht notwendig ist, sie ist seit mehr als 25 Jahren verheiratet).<br />
Ein Jahr nach Ausstrahlung der jeweiligen Staffel wird mit den Kandidaten noch<br />
einmal Kontakt aufgenommen und gefragt, wie es ihnen in diesem einen Jahr<br />
ergangen sei und ob sie einen Partner/eine Partnerin gefunden haben. Bisher hat<br />
jeder durch die Sendung jemand kennen gelernt und mehr oder weniger viele<br />
Zuschriften bekommen. In weiterer Folge liegt es an den jeweiligen Personen, ob sie<br />
sich noch einmal melden, z.B. eine Einladung zur Hochzeit schicken.<br />
Die Gestalterin der ORF-Sendereihen "Alltagsgeschichte" und "Liebesg'schichten<br />
und Heiratssachen" absolvierte in Wien das Studium der Publizistik. Nebenbei<br />
sammelte sie bei Tageszeitungen und Zeitschriften journalistische Erfahrung, z.B. als<br />
Redakteurin bei "profil". Seit 1973 gestaltet Frau Dr. Spira für den ORF zahlreiche<br />
Magazinbeiträge und Dokumentationen, so zeichnete sie unter anderem für die<br />
Sendung "teleobjektiv" verantwortlich sowie die Dokumentarfilm-Reihe<br />
"Alltagsgeschichte" und seit 1997 für "Liebesg'schichten und Heiratssachen.<br />
E „NADINE TRAUT SICH“ AUF ATV<br />
Sicher ist: Nadine wird am 10. Jänner 2007 vor laufenden Kameras heiraten. Der<br />
Schönheitsfehler? Sie weiß noch nicht, wen. Ab 4. Oktober 2006 begibt sich Nadine<br />
100 Tage lang auf Bräutigamschau. Eine Jury, die aus Freunden, einem<br />
Psychologen und Prominenten wie Operettendiva Birgit Sarata besteht, sucht<br />
passende Männer für sie aus. Während der Zeit der Partnersuche wohnt sie in einem<br />
eigens angemieteten Loft. In jeder Sendung lernt sie einen oder mehrere<br />
Heiratskandidaten kennen, verlobt sich mit ihnen und prüft sie auf Herz, Nieren und<br />
Traummannqualitäten. Am Ende jeder Sendung entscheidet sie, wer bleiben darf und<br />
von wem sie sich trennt - jedoch ohne Retourmöglichkeit. Den ersten Kandidaten<br />
wurde bereits nach einigen Stunden der Ring zurückgegeben.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 74 VON 123
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Das Original "Kerry´s getting married" stammt von der skandinavischen Firma Strix<br />
Television und wurde bisher in Norwegen, Schweden und Finnland mit großem<br />
Erfolg ausgestrahlt, ebenso in Holland, Frankreich, Italien, Spanien, Australien und<br />
Mexiko. Bis jetzt wurden bei einer Sendung im Durchschnitt 75 Männer "verbraucht".<br />
(Quelle: http://atv.at/index.php?we_objectID=20220, abgefragt am 05.10.2006).<br />
F „SINGLE-MILLIONENSHOW“ <strong>IM</strong> ORF<br />
Geld oder Liebe? Diese Frage stellt sich beim "Single Special" der "Millionenshow"<br />
ganz bestimmt nicht! Armin Assinger gibt zehn Singles die Chance aufs ganz große<br />
Glück. Denn in der "Millionenshow"-Spezialausgabe können die Kandidaten sowohl<br />
viel Geld gewinnen als auch eventuell der Frau oder dem Mann fürs Leben<br />
begegnen. (Quelle: http://tv.orf.at/program/orf1/20060506/372383401/225680/,<br />
abgefragt am 11.05.2006)<br />
G „VERLIEBT IN EINE FAMILIE“ AUF ATV<br />
"Verliebt in eine Familie" ist wie "Schlaflos in Seattle", allerdings im richtigen Leben.<br />
Jede Woche wird eine Singlemutter oder ein Singlevater von den eigenen Kindern<br />
verkuppelt. Die Singles sind geschieden oder verwitwet, Beruf und Kinder haben ihr<br />
Leben bisher so sehr ausgefüllt, sodass keine Zeit für Verabredungen blieb um einen<br />
neuen Partner fürs Leben zu finden. Die Suche beginnt mit einem Vorauswahl-Tag,<br />
an dem die Kinder aus allen Bewerbern zwei Favoriten auswählen. Diese ziehen<br />
nacheinander für einige Tage zur Familie und die Kinder entscheiden wer noch einen<br />
romantischen Abend mit der Mutter/dem Vater erleben darf. Und dann liegt es allein<br />
an den Erwachsenen ob daraus mehr werden soll. (Quelle:<br />
http://atv.at/main/suchergebnisse.php?we_objectID=11298&pid=0, abgefragt am<br />
1.10.2006)<br />
H RESÜMEE<br />
Die Gemeinsamkeit dieser Formate ist der Familienstand der Kandidaten und<br />
Kandidatinnen – sie sind Singles. Das Hauptaugenmerk liegt bei „Herzblatt“<br />
hauptsächlich auf der guten Unterhaltung der Zuschauer und dem gemeinsamen<br />
Gewinn. Bei den anderen Sendungsformaten liegt das Zusammenfinden einsamer<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 75 VON 123
KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />
Herzen im Vordergrund – „Bauer sucht Frau“, „Herzflimmern“, „Nadine“, „Verliebt in<br />
eine Familie“ oder „Liebesg´schichten und Heiratssachen“. Die Unterscheidung liegt<br />
hier im Sendungskonzept.<br />
Bei „Bauer sucht Frau“ sind immer zwei Kandidatinnen (ausgenommen Rudi, der<br />
hatte sich nur für eine Dame entschieden, bei Hermann waren es durch die<br />
Anwesenheit seiner ehemaligen Lebensgefährtin drei Frauen) gleichzeitig beim<br />
jeweiligen Bauern und Konflikte sind oft unausweichlich und haben tatsächlich auch<br />
stattgefunden.<br />
Im Vergleich dazu wählen bei „Verliebt in eine Familie“ die Kinder der Kandidaten<br />
aus wer für ein paar Tage bei ihnen einzieht und sie entscheiden auch, wer einen<br />
romantischen Abend mit dem Elternteil verbringen darf.<br />
Bei „Herzflimmern“ stellen sich die Singles im Radio vor und der Computer<br />
entscheidet, ob ein Interview live in der Sendung stattfindet.<br />
Bei „Nadine“ ist die Sendung noch im Laufen und über Erfolg oder Misserfolg lässt<br />
sich noch nicht allzu viel aussagen. Beim Konzept ist jedoch zu hinterfragen, ob<br />
wirklich die Partnersuche im Vordergrund steht, denn in der kurzen Zeit, die den<br />
Männern zur Verfügung steht bleibt kaum Gelegenheit zum Kennen lernen.<br />
Am konservativsten ist die Präsentation der Singles in „Liebesg´schichten und<br />
Heiratssachen“. Die Kandidaten bzw Kandidatinnen werden in ihrer privaten<br />
Umgebung präsentiert, können über sich und ihr Leben erzählen und sich so<br />
darstellen, wie sie wirklich sind, mit all ihren Stärken und Schwächen. Die Zuseher<br />
haben die Möglichkeit per Telefongespräch oder Brief mit den Partnersuchenden<br />
direkt Kontakt aufzunehmen und es ist keine Person zwischengeschaltet, die eine<br />
Entscheidung darüber trifft, wer zusammenpasst oder nicht.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 76 VON 123
Kapitel 8<br />
DAS INTERNET<br />
A DIE ENTWICKLUNG DES INTERNET<br />
KAPITEL 8 - DAS INTERNET<br />
„LESEN SIE SCHNELL,<br />
DENN NICHTS IST BESTÄNDIGER<br />
ALS DER <strong>WANDEL</strong> <strong>IM</strong> INTERNET!“<br />
Anita Berres, dt. Publizistin<br />
Das Internet ist eine Erfolgsgeschichte, die so nicht geplant war, denn ursprünglich<br />
war dies eine Erfindung des US-Militärs, um in Kriegszeiten rasch auf Daten<br />
zugreifen zu können, egal wo. Bald stellte sich heraus, dass das Internet in viel<br />
größerem Umfang genutzt werden kann und so wurde der Austausch privater<br />
Mitteilungen konzipiert – das Elektronic Mail oder E-Mail. Heute ist in manchen<br />
Lebensbereichen ein Leben ohne Internet kaum mehr vorstellbar.<br />
Seit Ende des letzten Jahrhunderts hat das Internet an enormer kultureller Präsenz<br />
gewonnen, viele Medien berichten regelmäßig über das „Surfen im Internet“, viele<br />
Zeitungen werden sowohl in Papierform als auch als Online-Ausgabe veröffentlicht.<br />
Im gesellschaftlichen Bereich (Bildungs- und Gesundheitswesen, Kunst, Politik,<br />
Arbeitsleben) vermehren sich die Einsatzformen des Internet aber auch anderer<br />
Onlinedienste. Die Art und Weise, wie wir mit wem kommunizieren und in Kontakt<br />
treten verändert dadurch auch unser soziales Umfeld (vgl. Döring (2), 1999, S.32).<br />
Abbildung 2 – Phasen des Diskurses zur Online-Gemeinschaften<br />
Quelle: Döring (2), S.503<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 77 VON 123
KAPITEL 8 - DAS INTERNET<br />
In Abbildung 2 sind die Phasen des Internet grafisch dargestellt, angefangen Ende<br />
1980 bis heute. Der Ernüchterung Ende 1990 folgte eine absolute Hochphase.<br />
Österreich lag Ende 2005 in der europäischen Statistik an 10.Stelle von 35 Staaten.<br />
66% aller privaten Haushalte in Österreich (User ab 14 Jahren) hatten zu diesem<br />
Zeitpunkt einen Internetanschluss. Spritzenreiter ist Island (86%) vor Dänemark<br />
(75%), Finnland (75%) und Schweden (73%). Die Schlusslichter sind Türkei und<br />
Ukraine mit 14%. (Quelle: http://mediaresearch.orf.at, abgefragt am 1.4.2006).<br />
Im 4. Quartal 2005 waren 58% der Österreicher bzw. knapp über 4 Mio. Personen<br />
über 14 Jahren aktive Internet-User, was eine gewaltige Steigerung ist, denn im<br />
Vergleichsquartal 2001 lag dieser Anteil bei 42% und 1996 bei 3%. Im Gegensatz<br />
dazu stagnieren die Anschlüsse an Schulen/Universitäten (siehe Abbildung 3):<br />
4.QU 1996<br />
n=4.500<br />
4.QU 2001<br />
n=4.500<br />
4.QU 2005<br />
n=3.000<br />
Privater Internetzugang 3% 42% 58%<br />
Im Büro 6% 23% 26%<br />
In der Schule 2% 6% 7%<br />
An der Uni 4% 3% 3%<br />
Freunde, Cafe, … 2% 14% 10%<br />
Abbildung 3 – Ort des Internet-Zugangs<br />
Quelle: http://mediaresearch.orf.at, abgefragt am 1.4.2006<br />
Grundgesamtheit: ÖsterreicherInnen ab dem 14.Lebensjahr.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 78 VON 123
Kapitel 9<br />
<strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
A ALLGEMEINES<br />
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
„DER COMPUTER IST EINE LOGISCHE MASCHINE;<br />
DAS IST SEINE STÄRKE,<br />
ABER ES SETZT IHM AUCH GRENZEN“<br />
M Peter F. Drucker (*1909),<br />
amerik. Managementlehrer, -berater und<br />
-publizist österreichischer Herkunft<br />
Da das Internet in allen Bereichen unseres täglichen und beruflichen Lebens an<br />
Stellenwert gewinnt, war es nur eine Frage der Zeit bis auch die Partnersuche mit<br />
Hilfe des Internet erfolgt. Der Vorteil liegt in der Geschwindigkeit – die Suche nach<br />
dem richtigen Partner oder der richtigen Partnerin kann viel schneller durchgeführt<br />
werden und der Kontakt wird direkt – ohne Zwischenschaltung einer Redaktion (wie<br />
bei einer Zeitungsannonce) oder einer Partnervermittlung – hergestellt.<br />
Trotz der Erfolge, die die Partnersuche mit Hilfe eines Computers in den letzten<br />
Jahren verzeichnete, bleibt doch eine gewisse Skepsis. Gesichert ist, dass neue<br />
Zeiten und Medien auch neue Wege der Partnersuche erfordern, dennoch darf nicht<br />
übersehen werden, dass Menschen – auch im Zeitalter der Lebensabschnittspartner<br />
– ihren Ehepartner für längere Zeit auswählen. Aber in Anbetracht der Tatsache,<br />
dass die Scheidungsziffern immer weiter im Ansteigen sind, scheinen »normale«<br />
Methoden offensichtlich nicht auszureichen, eine/n lebenslange/n PartnerIn zu<br />
finden.<br />
Wie fast immer gab es auch zu Beginn der Kontaktbörsen im Internet Vorurteile (das<br />
machen nur komische Leute oder sozial Unangepasste, die sich im Internet nach<br />
einer Beziehung umsehen), die jedoch längst von der Realität eingeholt wurden.<br />
Heute erfreut sich dieses Medium immer größerer Beliebtheit und ein Ende dieses<br />
Boomes ist noch nicht abzusehen.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 79 VON 123
B ROMANTISCHE BEZIEHUNGEN <strong>IM</strong> NETZ<br />
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Dass es zu Beziehungen zwischen Menschen, die sich im Internet kennen lernen,<br />
kommen kann, ist nicht zu leugnen. Entscheidend ist jedoch zu klären, ob es eine<br />
echte romantische Beziehung oder eine Pseudo-Beziehung ist:<br />
„Zwischen zwei Personen entsteht eine soziale Beziehung, wenn sie wiederholt<br />
miteinander Kontakt haben, also zeitversetzt kommunizieren oder zeitgleich<br />
interagieren. Im Unterschied zum sozialen Kontakt als Einzelereignis erstrecken<br />
sich soziale Beziehungen über mehrere Zeitpunkte, so dass jeder einzelne<br />
Kontakt sowohl von den vorausgegangenen Kontakten als auch von der<br />
Erwartung zukünftiger Kontakte beeinflusst wird. Im Laufe der<br />
Beziehungsentwicklung lernen die Beteiligten einander kennen und müssen<br />
eine gemeinsame Beziehungsdefinition aushandeln, etwa indem sie<br />
wechselseitig ihre Erwartungen abklären und diese Beziehungsklärung immer<br />
wieder aktualisieren.“ (Döring (1), 2000, S.39).<br />
Zwischen den einzelnen Kontakten spielen auch die Begleitprozesse einer<br />
Beziehung eine entscheidende Rolle, z.B. Sehnsucht empfinden, das nächste<br />
Treffen vorbereiten, sich an gemeinsame Erlebnisse erinnern. Daher ist es für eine<br />
Beziehung nicht entscheidend, ob die Kontakte vorwiegend oder ausschließlich<br />
computervermittelt realisiert werden. Bei allen Beziehungen, die im Netz gebildet<br />
werden, stellen diese starken Bindungen in Form von Freundschaften oder<br />
romantischen Beziehungen eine Minderheit innerhalb der Netzpopulation dar.<br />
Wesentlich häufiger entstehen schwache Bindungen, z.B. mit den<br />
Kommunikationspartnern Unterlagen austauschen oder über gemeinsame Vorlieben<br />
und Fernsehsendungen diskutieren. Je mehr Zeit die User im Netz verbringen, desto<br />
intensiver sind auch ihre kommunikativen Tätigkeiten und desto mehr beherrschen<br />
sie auch die netzspezifischen Ausdrucksformen. Daher ist auch die<br />
Wahrscheinlichkeit, im Netz jemand kennen zu lernen oder sich zu verlieben für<br />
diesen Personenkreis wesentlich größer (vgl. Döring (1), 2000, S.53). Für<br />
Randgruppen und Angehörige von Minderheiten bietet das Internet die Möglichkeit<br />
Gleichgesinnte wesentlich schneller kennen zu lernen als im täglichen Leben.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 80 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Walther und Burgoon (in: Döring (2), 1999, S.344) haben untersucht, ob sich der<br />
Kennenlernprozess im „real live“ (z.B. auf einer Party, am Arbeitsplatz, etc) von dem<br />
im Internet unterscheidet: auf Basis des Modells der sozialen<br />
Informationsverarbeitung ist anzunehmen, dass die Annäherung beim Face-to-Face-<br />
Kennen lernen exponentiell 31 verläuft, wogegen beim Erstkontakt mit Hilfe des<br />
Computers dieser Kontakt langsam und linear ist, denn für den Austausch<br />
verbalisierter Informationen wird wesentlich mehr Zeit notwendig sein. Auch jene<br />
Personen die sich als schüchtern einschätzen können beim Chatten leichter<br />
Kontakte knüpfen, denn sie fühlen sich dabei unbeobachtet, müssen dem Anderen<br />
nicht ins Gesicht schauen und haben Zeit sich ihre Antwort zu überlegen.<br />
C ENTWICKLUNG DER SINGLEBÖRSEN UND INTERNET-<br />
PARTNERAGENTUREN<br />
Der Liebesbrief ist tot – es lebe das Internet und die Liebes-E-M@il. Doch wo bleibt<br />
da die Romantik mit handgeschriebenen Liebesbriefen, verziert mit Lippenstift und<br />
duftend nach dem Lieblingsparfum? Vorteil – es gibt kein langes Warten auf eine<br />
Antwort, denn im Netz geht alles viel schneller: schreiben – absenden – lesen –<br />
antworten, oft im Minutentakt. In unserer modernen Zeit muss alles schnell ablaufen,<br />
also warum Zeit für die Partnersuche verschwenden, die sinnvoller genützt werden<br />
kann - der Computer wird zum Kuppler. Einfach ein paar Fragen ausfüllen und das<br />
Programm findet den Wunschpartner oder die Wunschpartnerin. Oder selber suchen<br />
und per Mausklick flirten bis es richtig klickt.<br />
Das Internet – unendliche Weiten und Millionen Menschen rund um den Erdball<br />
sitzen vor ihrem Computer. Warum also nicht die hohe Anzahl potentieller Singles<br />
auf Partnersuche nutzen? Gerade der Anstieg der privaten Internetnutzung führte<br />
auch zu den enormen Zuwächsen an Online-Partnerbörsen. Untersuchungen<br />
sprechen von sechs Millionen Suchenden im deutschsprachigen Raum (vgl. Trend<br />
11/2006, S.256) und der Markt befindet sich weiter im Wachsen. Denn längst haben<br />
die Internetkontaktbörsen (mit einigen wenigen Ausnahmen) ihr Schmuddelimage<br />
31 Wenn sich der Bestand pro Zeiteinheit nicht um einen festen Wert ändert (lineares Wachstum),<br />
sondern um einen festen Prozentsatz ändert<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 81 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
abgelegt und sind seriös geworden. Die User können jederzeit ungestört zu Hause<br />
(am Arbeitsplatz oder in einem Internetcafe) in das Internet einsteigen und nach<br />
einem Partner oder einer Partnerin suchen.<br />
Für die folgende Gegenüberstellung wurde das Datenmaterial direkt von den<br />
Partnervermittlungsbörsen zur Verfügung gestellt. Bei Parship wurde ein Interview<br />
mit dem Manager, Hr. Dobner, geführt und <strong>ElitePartner</strong> (Frau Anna Kalisch, PR-<br />
Managerin) übermittelte die Ergebnisse einer Studie. Alle anderen<br />
Partnervermittlungen haben auf E-Mails leider nicht reagiert und konnten somit auch<br />
nicht beurteilt werden.<br />
1 PARSHIP<br />
Im Magazin Trend (11/2005, S.263) erzählte der Medien-Manager Michael Grabner,<br />
Holtzbrinck-Verlag („Handelsblatt“, „Die Zeit“ und „WirtschaftsWoche“) wie es zur<br />
Entstehung der Partneragentur „Parship“ kam:<br />
„In der bei Holtzbrinck erscheinenden „Die Zeit“ gab es immer zahlreiche<br />
Heiratsanzeigen, und die sind zurückgegangen. Dann ist eher durch Zufall<br />
jemand zu uns gekommen, der uns ein Computerprogramm für Partnerbörsen<br />
vorstellte, das von einer so genannten „matching machine“ für Jobsuchende<br />
abgeleitet war, das also Jobprofile mit Bewerbern verglich. Dann haben wir<br />
einen Psychologieprofessor gefunden, der ein Institut führte, das sehr gute<br />
psychologische Pofile erstellt. Aus dieser Kombination entstand dann die Idee<br />
für die Partnerbörse Parship“.<br />
Herr Martin G. Dobner ist Country Manager für Österreich und die Schweiz der<br />
Parship GmbH und lieferte bei einem Gespräch Daten und Informationen aus erster<br />
Hand: Parship Österreich ist eine Tochter der Parship.de, wurde am 1.Juli 2002<br />
gegründet und ist seit 14.September 2002 online. Der Ablauf der Partnersuche<br />
erfolgt anhand eines Persönlichkeitstests mit 80 Fragen. Die Zuteilung der<br />
passenden Partner erfolgt aufgrund dieser Angaben (z.B. gesucht wird ein Mann<br />
zwischen 30 und 40 Jahren), es werden somit nur Kontakte von Männern übermittelt,<br />
die genau dieses Kriterium erfüllen, in aufsteigender Reihenfolge, d.h. derjenige mit<br />
den meisten Matchingpoints (Übereinstimmungen) steht an erster Stelle usw. Wobei<br />
es sich bei den Fragen um seriöse Fragen handelt und keine sexuellen Vorlieben<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 82 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
abgefragt werden. Die Kommunikation zwischen den Usern erfolgt ausschließlich<br />
über Chiffre-Nummern, wodurch eine 100%ige Anonymität zugesichert werden kann.<br />
Auch ein Foto kann nur von der jeweiligen Person selber freigeschaltet werden.<br />
Leider konnte Herr Dobner keine genauen Angaben über die Altersstruktur der User<br />
geben, da er nur die Grafik (siehe Abbildung 4) zur Verfügung hatte:<br />
� 2% unter 20 Jahren<br />
� 10% zwischen 20 und 30 Jahren<br />
� 37% zwischen 30 und 40 Jahren<br />
� 31% zwischen 40 und 50 Jahren<br />
� 16% zwischen 50 und 60 Jahren<br />
� 4% über 60 Jahren<br />
Abbildung 4 – Altersgruppen der zahlenden Kunden von Parship.at<br />
Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf; Dezember 2004<br />
Die Kosten für die Registrierung betragen:<br />
� für 3 Monate 120 €<br />
� für 6 Monate 180 €<br />
� für 12 Monate 240 €<br />
Die Dauer dieser Registrierung entscheidet der User. Wird nicht gekündigt, dann läuft<br />
die Registrierung automatisch weiter. Bezahlt wird z.B. mit Bankeinzug oder<br />
Kreditkarte. Wird die Registrierung gekündigt, dann setzt sich ein Mitarbeiter von<br />
Parship mit diesem User per E-Mail in Verbindung und fragt nach dem Grund der<br />
Kündigung. Dadurch ist es auch möglich eine Statistik über den Erfolg der<br />
Partnersuche zu führen:<br />
35% haben in der Zeit der Registrierung einen Partner durch Parship gefunden<br />
25% haben in der Zeit der Registrierung einen Partner ohne Parship gefunden<br />
20% verlängern (Parship passt, aber das Ergebnis passt noch nicht)<br />
20% passt diese Form der Partnersuche nicht<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 83 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Anhand der folgenden Grafik (Abbildung 5) ist auch gut ersichtlich wie sich der<br />
Mitgliederstand bei Parship in den letzten Jahren entwickelt hat (zum Zeitpunkt des<br />
Interviews im Mai 2006 waren 1,5 Mio Mitglieder insgesamt registriert, rund 150.000<br />
in Österreich, davon 52% Frauen und 48% Männer, Quelle: Parship):<br />
Abbildung 5 – Entwicklung der Parship Mitgliederzahlen, Stand 2005<br />
Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf<br />
Der theoretische Hintergrund für den Parship-Test liegt sowohl auf einem<br />
verhaltenstheoretisch orientierten Ansatz als auch auf psychoanalytischen Theorien<br />
über Persönlichkeitseigenschaften. Erfasst werden dabei Werthaltungen,<br />
Einstellungen und Verhaltensmerkmale, die für das Gelingen bzw Nicht-Gelingen<br />
einer Partnerschaft verantwortlich sind.<br />
2 ELITEPARTNER<br />
<strong>ElitePartner</strong>.de ist lt. Eigendarstellung „die Online-Partneragentur für kultivierte<br />
Singles auf der Suche nach einer festen Beziehung“. Jedes Mitglieder-Profil wird von<br />
Hand auf Seriosität geprüft. Das Unternehmen, das als erste Online-<br />
Partnervermittlung mit dem TÜV-Siegel ausgezeichnet wurde, ist seit seiner<br />
Gründung im April 2004 stetig gewachsen und verzeichnet heute mehr als 200.000<br />
Mitglieder. Die Hubert Burda Media hat das Potenzial von <strong>ElitePartner</strong>.de erkannt<br />
und beteiligte sich im September 2005. Mit 54% ist der Frauenanteil bei<br />
<strong>ElitePartner</strong>.de höher als bei jeder anderen Online-Partneragentur. Der<br />
Akademikeranteil liegt bei 68%. Auf der Basis eines von Psychologen entwickelten<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Personality-Tests filtert ein Matching-System die Teilnehmer heraus, die besonders<br />
gut zueinander passen (lt. <strong>ElitePartner</strong>-Studie, Februar 2006).<br />
Hier nun ein Vergleich der beiden Institute zur Frage „Wo haben Sie ihren<br />
jetzigen/früheren Partner kennen gelernt?“, die sowohl in der Studie von <strong>ElitePartner</strong><br />
als auch in jener von Parship gestellt wurde:<br />
jetzigen/früheren Partner<br />
im Internet kennen gelernt<br />
<strong>ElitePartner</strong> Parship<br />
14,7%<br />
n = 35,5 Mio Internetuser<br />
19,6%<br />
n = 1.017 Internetuser<br />
Das ist etwas weniger als jener Wert von 25% der mit Hilfe des Fragebogens<br />
ermittelt wurde (siehe dazu S.26), der wie bereits erwähnt nicht repräsentativ ist.<br />
3 VOR- UND NACHTEILE VON ONLINE-PARTNERAGENTUREN<br />
Der Vorteil von Internet-Partneragenturen ist vor allem die Anonymität, denn nur jene<br />
Mitglieder, die in der Partnervermittlung registriert sind, können die an sie<br />
weitergeleiteten Profile einsehen. Nirgendwo taucht ein öffentlich zugängliches Bild<br />
auf – außer es ist gewollt, daher weiß niemand wer als Single auf Partnersuche ist.<br />
Weiters entfällt die Suche in Inseraten, denn das übernimmt eine ausgeklügelte<br />
Software nach wissenschaftlichen Methoden. Es ist durchaus möglich, dass in der<br />
Fülle der Inserate in einer Singlebörse das eine oder andere Profil übersehen wird.<br />
Die Chance, einen Partner zu finden ist daher mit Hilfe der Partnervermittlung<br />
wesentlich höher.<br />
Der Nachteil ist vor allem auf der Kostenseite zu finden, denn die Partnervermittlung<br />
bei Internet-Agenturen ist kostspieliger. Wichtig bei den Kosten ist der Vergleich der<br />
am Markt befindlichen Agenturen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.<br />
4 VOR- UND NACHTEILE VON SINGLEBÖRSEN<br />
Der Vorteil von Singlebörsen ist der Kostenfaktor. Doch was nichts kostet, ist meist<br />
auch nichts wert. Sehr viele gute Flirtbörsen haben kostenfreie Angebote, aber wenn<br />
der Kontakt zu einem anderen Single aufgenommen wird, dann ist oft eine<br />
kostenpflichtige Mitgliedschaft zu erwerben.<br />
Der Nachteil liegt in der E-Mail-Flut, denn die Betreiber haben oft keine Kontrolle<br />
über ihre Inserenten, denn nur so ist das ganze System zu finanzieren. Meist wird mit<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Hilfe der Gratisregistrierung nur nach E-Mails gefischt. Der Zeitaufwand ist bei den<br />
Kontaktanzeigen wesentlich höher, denn da muss selber gesucht und gefunden<br />
werden. Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Anonymität. Denn jeder ist von jedem<br />
(mit Internetanschluss) durch das Foto auffindbar, das sinnvollerweise im Profil<br />
enthalten sein sollte.<br />
5 DER TEST IN DER SENDUNG „HELP-TV“<br />
In der Sendung „help-TV“ vom 18.Jänner 2006 wurden drei Internet-Singlebörsen<br />
einem Test unterzogen. Wobei weniger die Institute getestet wurden, sondern wer<br />
bei welchem Kontaktanzeigeportal die besten Chancen hat, nach dem Motto: „Was<br />
zählt mehr: die inneren oder die äußeren Werte?“<br />
Wie wurde der Test durchgeführt? Die vier „help tv“-Testsingles haben sich bei drei<br />
Singlebörsen mit „gelogenen“ Profilen eingeloggt, um dem „Mogeln“ bei der Internet-<br />
Partnersuche auf die Spur zu kommen (es wurde ermittelt, wie viele Rückmeldungen<br />
die jeweiligen „Profile“ bei den einzelnen Singlebörsen erhielten):<br />
� Hanni – gutaussehend, aber nicht sehr intelligent<br />
� Nanni – genaues Gegenteil von Hanni<br />
� Max – der absolute Traumtyp mit schwacher Intelligenz<br />
� Moritz – das genaue Gegenteil von Max<br />
Rückmeldungen<br />
websingles.at love.at neu.at gesamt<br />
Hanni 93 103 104 300<br />
Nanni 37 2 13 52<br />
Max 3 3 12 18<br />
Moritz 1 0 0 1<br />
Zusammengefasst kann über diesen sehr einfachen Test gesagt werden, dass „gutes<br />
Aussehen“ eindeutig mehr Rückmeldungen erzielte als „Intelligenz“, sowohl bei<br />
Frauen als auch bei Männern.<br />
Immer mehr Beziehungen werden lt. ORF online geschlossen. Bereits 52 Prozent<br />
(http://kundendienst.orf.at/sendungsinfos/helptv/60118.html, abgefragt am<br />
18.Jänner 2006) aller webaktiven Österreicher setzen bei der Partnersuche auf das<br />
WorldWideWeb. Die Möglichkeit, anonym zu bleiben und der langsame<br />
Kontaktaufbau via Internet ist ein großer Vorteil, aber auch ein Nachteil, denn diese<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 86 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Anonymität verleitet die Singles zu unehrlichen Profilen. „Denn in den Partnerbörsen<br />
wird gelogen und betrogen, dass sich die Herzen biegen“ (vgl. Kundendienst des<br />
ORF). Am Meisten werden bei Größe und Körpergewicht, aber auch beim Alter<br />
unrichtige Angaben gemacht, aber “katastrophale Lügen gibt es nicht“ (lt. Frau<br />
Schiller, Psychologin und Singlecoach bei Parship.at in der Sendung). Bei diesem<br />
Versuch mit den vier Models wurde von websingles.at der Schwindel innerhalb<br />
kürzester Zeit entdeckt und der User sofort gesperrt. Die Agentur überprüft die Fotos<br />
von Zeit zu Zeit nach Auffälligkeiten, z.B. zu perfekte Fotos aus einem Fotostudio<br />
oder Dinge im Hintergrund, die dort nicht hingehören, aber auch die Profile werden<br />
durchsucht, z.B. wenn als Beziehungswunsch „Sexbeziehung“ bzw „one-night-stand“<br />
ausgefüllt wird.<br />
Laut Jörg Bauer, www.verkehrsinsel.at, sind rund 50% der User mit der Wahrheit<br />
etwas ungenau. Ein guter Weg dem zu entgehen ist der »Fakecheck», d.h. die User<br />
können ein Symbol über die Homepage der Agentur ausdrucken und ihr Foto mit<br />
diesem Ausdruck anfertigen. Auf diese Art kann gesichert sein, dass dies ein<br />
aktuelles, echtes Foto des Singles ist und er/sie ein registriertes Mitglied ist.<br />
D KOMMUNIKATION <strong>IM</strong> INTERNET<br />
Der Computer kann alle Faktoren einer Partnerschaft, wie Gefühle und<br />
Empfindungen kaum erfassen. Dieses Fehlen von verbalen (Stimme, Stimmhöhe,<br />
Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit) und non-verbalen (Mimik, Gestik, Blickkontakt)<br />
Botschaften kann durch das Verwenden von Emoticons bzw Smileys, Chat-Slang,<br />
ASCII-Kunst, Soundwörter und Aktionswörter (vgl. Weber, 2003, S.72ff) kompensiert<br />
werden. Die Verwendung dieser Codes gibt in der Cyber-Welt ein gewisses Gefühl<br />
von Vertrautheit und Exklusivität in der Beziehung.<br />
Die am meisten verwendeten Emoticons/Smileys sind:<br />
☺ lachendes oder lächelndes Gesicht<br />
� trauriges oder missgestimmtes Gesicht<br />
;-) augenzwinkerndes Gesicht<br />
:-o erstauntes Gesicht<br />
☺))))))) besonders erfreuter „Smiley“<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
All jene, die mit dem Chatten sehr vertraut sind, verwenden gerne den »Chat-Slang«<br />
(*afaik*, *bg*, *g*…). Diese Abkürzungen werden hauptsächlich bei der synchronen<br />
Kommunikation und häufig auch im E-Mail-Verkehr verwendet, um beim<br />
Ausschreiben der Wörter Zeit zu sparen.<br />
Weit verbreitet in der Welt der Internet-Surfer ist auch die Verwendung von ASCII-<br />
Kunstwerken (z.B. lässiger Typ mit Sonnenbrille (_)>
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
� die Richtige findet man nicht im Internet bzw. über ein Partnerinstitut - man<br />
sollte mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich nicht hinter<br />
Institutionen verstecken<br />
� ich hab auch im wirklichen Leben kein Problem Frauen kennen zu lernen<br />
� weil ich nicht zwingend auf der Suche nach einem Partner bin<br />
� so verzweifelt bin ich nicht<br />
� im Netz geht die Suche einfacher, schneller, gratis, ist zusätzlich zum<br />
normalen, "im echten Leben" reicht mir meine Kontaktbereitschaft,<br />
brauche dort kein Partnerinstitut<br />
� Partnerinstitute sind da meiner Ansicht nach viel zielorientierter<br />
ausgerichtet und kosten vermutlich auch weitaus mehr Geld als<br />
Singlebörsen. Außerdem haben sie in meinen Augen ein etwas<br />
"verstaubtes" Image<br />
� … außerdem ist die Anonymität im Internet ein großer Vorteil<br />
� … Anmeldungen im Internet als "Bereicherung" - man lernt neue Leute<br />
kennen und hat meist Gleichgesinnte! Bei mir steht nicht der fixe Partner<br />
im Vordergrund, sondern das Kennen lernen von neuen Menschen<br />
� bin der Meinung man sollte Partner ohne fremde Hilfe treffen<br />
� wenn man vermittelt wird, wird irgendwie erwartet, dass man die Person<br />
gleich trifft, dabei würde ich viel lieber erst Emails schreiben, und da bieten<br />
sich Singlebörsen im Internet doch viel besser an<br />
� ich finde ein Partnerinstitut unnötig, noch dazu werden einem da ja Frauen<br />
gesucht und zugewiesen, ich möchte allerdings schon selbst aktiv sein<br />
und diejenige persönlich und mit meinen eigenen Worten ansprechen<br />
F SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM TRAUMMANN /<br />
ZUR TRAUMFRAU<br />
Zu Beginn der Partnersuche im Internet stellt sich die Frage, wie den Überblick bei<br />
dem reichhaltigen Angebot behalten. Woran sind die seriösen Partnervermittlungs-<br />
und Singlebörsen leicht erkennbar und worauf ist bei der Registrierung zu achten.<br />
Eine Antwort auf diese Fragen bietet der folgende Überblick, der anhand vieler<br />
Ratgeber zu diesem Thema gesammelt wurde:<br />
AUSWAHL<br />
Die Angebote sind bei allen Institutionen sehr ähnlich, was jedoch in letzter Zeit<br />
immer entscheidender wurde ist der Preis. Ein weiterer Unterschied sind die<br />
angebotenen Zusatzleistungen und die Suchoptionen. Gleich sind jedoch die<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
verbindlichen Regeln und Pflichten der Mitglieder, die Kontaktaufnahme und die<br />
Abwicklung mittels Datenbank.<br />
Die Auswahl der Online-Institute kann aufgrund von Empfehlungen durch andere<br />
Personen (Eltern, Freunde, Bekannte) erfolgen, aber auch Artikel über Internetforen<br />
können die Entscheidung beeinflussen. Ein weiteres Entscheidungsinstrument<br />
können auch Internetseiten wie www.jobcenter.at/singlebörsen (wo eine ganze Reihe<br />
von Singlebörsen aufgelistet ist) oder http://www.singleboersen-vergleich.at sein (wo<br />
die größten und bekanntesten Singlebörsen und Partnervermittlungen in<br />
regelmäßigen Zeitabständen einem Test unterzogen werden).<br />
MITGLIEDSCHAFT BZW REGISTRIERUNG<br />
Die Registrierung erfolgt anonym, denn veröffentlicht wird nur ein Spitzname, ein<br />
»Nickname«. Die Kosten für eine Mitgliedschaft sind sehr unterschiedlich, wobei<br />
Frauen bei Singlebörsen den Vorteil haben, dass der Mitgliedsbeitrag oft niedriger ist<br />
als für Männer, da die suchenden Männer in der Überzahl sind.<br />
ERSTELLEN EINES PROFILS<br />
Auf den Seiten der Singlebörsen werden die User eingeladen, sich mit Bild und<br />
Informationen zur Person zu präsentieren. Da niemand vorerst den Wahrheitsgehalt<br />
der Profile überprüfen kann werden hier gerne unrichtige Angaben gemacht (dies<br />
wurde auch in den Interviews bestätigt).<br />
Profile mit Bild erhöhen die Chancen gefunden zu werden. Außerdem kann ohne<br />
Foto leicht der Eindruck entstehen, dass es etwas zu verbergen gibt. Und das Foto<br />
sollte so aktuell wie irgendwie möglich sein, nicht 10 Jahre jünger und einige Kilo<br />
leichter, nicht zu leger und nicht zu förmlich. (Frage 10 im Fragebogen hat nach der<br />
Profilerstellung gefragt und 78,7% der bereits Registrierten ist die Profilerstellung<br />
leicht gefallen und 80,4% haben auch ein Foto beigefügt).<br />
Das Foto soll die eigene Persönlichkeit unterstreichen. Am Besten ein Foto, das in<br />
der Freizeit gemacht wurde, also kein Bewerbungsfoto. Das Gesicht sollte gut<br />
sichtbar sein, keine Gruppenaufnahme und lächeln. Vor allem aber darauf achten, in<br />
welcher Größe das Foto sein soll, damit es beim Abspeichern keine Verzerrung gibt.<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Auch netzspezifische Ausdrucksmittel, wie ein aussagekräftiger Nickname, eine<br />
phantasievolle Selbstbeschreibung und expressive Gesten in E-Mails sowie die<br />
Beachtung der netzspezifischen Regeln des sozialen Umgangs stehen zur<br />
Verfügung und sollten ausgenutzt werden (vgl. Döring (2), 1999, S.347).<br />
FLIRTEN <strong>IM</strong> INTERNET – ABER RICHTIG<br />
Beim Internetflirten werden lt. Fr. Schiller (Diplom-Psychologin, Mitglieder-Coach bei<br />
Parship.at in der „help-TV“-Sendung) zwei Typen von Flirtern unterschieden:<br />
� Monoflirter – fixieren sich auf einen Partner, was jedoch sehr schnell auch<br />
zu Enttäuschungen führen kann, wenn die Chemie nicht stimmt<br />
� Multiflirter – haben meist die besseren Chancen, weil sie sich sehr breit<br />
orientieren<br />
MEDIENWECHSEL<br />
Die romantischen Netzbeziehungen entwickeln sich zuerst in öffentlichen Online-<br />
Foren, wo sich die Zielpersonen einen ersten Eindruck voneinander verschaffen,<br />
bevor sie zu privaten Chats oder E-Mails wechseln. Hier werden auch die<br />
Netzkontakte intensiviert, was Dauer und Häufigkeit der Kommunikation betrifft.<br />
Wenn die Beteiligten reges Interesse aneinander zeigen, kann dies schon dazu<br />
führen, dass mehrmals täglich E-Mails verschickt werden oder die halbe Nacht<br />
gechattet wird, aber dies ist vergleichbar mit herkömmlichen Beziehungen, die<br />
gekennzeichnet sind durch gelegentliches gemeinsames Ausgehen.<br />
Ein nächster Schritt ist der Übergang vom E-Mail bzw Chat zum Telefonieren. Die<br />
Weitergabe der Telefonnummer stellt einen gewissen Vertrauensbeweis dar.<br />
Nervosität und Unsicherheit, die im Netz leicht versteckt werden können, werden<br />
beim Telefonieren plötzlich hörbar. In dieser Phase kann es passieren, dass die<br />
durch das Netz gewonnene Vertrautheit erst wieder aufgebaut werden muss.<br />
DAS ERSTE DATE<br />
Am Besten eignet sich für das erste Treffen ein neutraler Ort (z.B. Restaurant,<br />
Sportveranstaltung, Museum). Es kommt erstens nicht gut an, jemanden in seine<br />
Wohnung einzuladen und zweitens ergibt ein öffentlicher Ort die Chance sich leichter<br />
zu verabschieden, wenn das Date nicht den Wünschen entspricht. Wichtig ist auch<br />
das richtige Outfit. Aber Vorsicht ist geboten: eine Nachricht hinterlassen, wo dieses<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Rendez-vous stattfindet bzw an die www.blinddate-security.com wenden. Und nach<br />
Möglichkeit die Autonummer des Datepartners notieren und diese Information<br />
weitergeben. Einen Zeitrahmen vereinbaren, denn das erste Treffen sollte auf keinen<br />
Fall länger als eine Stunde dauern. Vorher schon überlegen, welche Themen beim<br />
Smalltalk angesprochen werden oder sich aus der Situation ergeben könnten, das<br />
überwindet die ersten Minuten, auf keinen Fall jedoch über Intimitäten reden.<br />
Und keine Nervosität, denn dem Datepartner geht es wahrscheinlich genauso.<br />
Normalerweise fällt eine endgültige Entscheidung ohnehin beim zweiten Treffen.<br />
Gespräche offen und ehrlich führen, damit Missverständnisse und<br />
Fehlinterpretationen erst gar keine Chance haben.<br />
Wer seine Chancen beim anderen Geschlecht erhöhen will, soll auf jeden Fall auf<br />
sein Äußeres achten, aber auch auf Körpersprache, Mimik und Gestik. Ruhig ein<br />
Lächeln vor dem Spiegel üben und Feedback von einem ehrlichen Freund einholen.<br />
G ERLEBNISSE BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET<br />
Da die Theorie nicht unbedingt der Praxis entsprechen muss war die Meinung von<br />
Profis der Partnersuche im Internet von großem Interesse. Frau Z. hat einen Roman<br />
zum Thema geschrieben und hat ihren Ehemann mit Hilfe einer Singlebörse kennen<br />
gelernt. Per E-Mail wurde der Kontakt hergestellt und ein Interviewtermin vereinbart.<br />
Die Herren Q. und Y. haben sich aufgrund des Fragebogens als „Experten der<br />
Online-Partnersuche“ angeboten und beide waren daher gerne bereit, sich einer<br />
intensiven Befragung zu stellen.<br />
ERFAHRUNGEN BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> VON FRAU Z.<br />
Frau Z. wollte nach Ablauf ihrer Trauerzeit nach dem Ableben ihres ersten Mannes<br />
wieder einen Partner finden und da sie damals (1997) einen Internetanschluss<br />
bekam, versuchte sie ihre Suche bei verschiedenen Singlebörsen. Diese teilweise<br />
intensive Kontaktaufnahme zu Gleichgesinnten erstreckte sich über drei Jahre. Doch<br />
wie das Leben oft so spielt hat nicht sie ihren Mann gefunden, eher wurde sie von<br />
ihm gefunden, in einer Zeit, in der sie überhaupt nicht aktiv auf der Suche war und an<br />
den „alten“ Fragebogen in einer Singlebörse gar nicht mehr dachte.<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Frau Z. zählte eher zu den „Multiflirtern“, sie hatte zu ungefähr 300 Kandidaten einen<br />
teilweise sehr intensiven Kontakt gehalten (mit ca. 20 Usern wurden Telefonate<br />
geführt und zehn Männer hat sie auch persönlich kennen gelernt). Ihr heutiger<br />
Ehemann hat nur an zwei Damen geschrieben, wobei Frau Z. die erste war die<br />
zurück geschrieben hatte. Und da es von Anfang an optimal zwischen beiden<br />
funktionierte, hat er der zweiten Dame gleich mitgeteilt, dass er seine Traumfrau<br />
bereits gefunden habe. (Was erstaunlich in diesem Fall ist, dass beide annähernd<br />
den gleichen Freundeskreis haben, sich jedoch vorher nie getroffen hatten.)<br />
Auf die Frage nach der Anonymität hat Fr. Z. erzählt, dass niemals ein Foto in ihren<br />
Profilen abgespeichert war (Frau Z. ist in ihrer Stadt eine bekannte Persönlichkeit<br />
und es wäre ihr unangenehm gewesen, auf den Singleseiten erkannt zu werden) und<br />
sie für ihre Kontakte mehrere E-Mail-Adressen verwendete und vor allem eine eigene<br />
Handynummer nur für diesen Zweck benutzte. Wenn sie wissen wollte wie ein Mann<br />
aussah, hat immer sie zuerst nach einem Foto des Mannes gefragt und erst dann<br />
eines von sich selbst verschickt. Wäre ihr ein Mann zu aufdringlich geworden (was<br />
nie der Fall war), dann hätte sie ganz einfach die E-Mail-Adresse oder die<br />
Handynummer geändert. Eine weitere Vorsichtsmaßnahme betrifft die Lokalitäten der<br />
ersten Treffen. Ihr Tipp: Auf keinen Fall in die Wohnung einladen und seriöse Lokale<br />
auswählen, in denen mehrere andere Personen anwesend sind, um Peinlichkeiten<br />
von vornherein auszuschließen.<br />
Die Phase der Partnersuche bezeichnet Frau Z. als eine „Hochschaubahn der<br />
Gefühle, eine gefühlsintensive Zeit“, wo viele interessante Menschen kennen gelernt<br />
werden, aber vorerst nicht der richtige Partner für sie dabei war. Die Gründe, warum<br />
sie sich für diese Art der Partnersuche entschieden hatte: die Suche geht schnell, es<br />
gibt eine große Auswahl an Kandidaten und es sind keine Lokalbesuche für die<br />
Kontaktaufnahme notwendig. Bevor das erste Treffen stattfindet kennen sich die<br />
Personen meist schon einigermaßen gut durch die E-Mails, daher kann bereits eine<br />
Vorauswahl getroffen werden, ob der Mann überhaupt der richtige sein kann. Denn<br />
als wichtig erscheint es Frau Z., dass der zukünftige Partner originelle Mails<br />
verfassen kann.<br />
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DIE ERLEBNISSE DES HERRN Q.<br />
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Herr Q. lebt zurzeit in einer Lebensgemeinschaft und hat seine jetzige Partnerin im<br />
Urlaub auf Zakynthos kennen gelernt (seiner Meinung nach für Single-Urlaube sehr<br />
zu empfehlen). Er war in einem Zeitraum von knapp 1½ Jahren „auf der Suche“ im<br />
Internet, allerdings mit längeren Unterbrechungen durch kürzere oder längere<br />
Partnerschaften. Die erste Partnerin hat er bereits nach ca. zwei Wochen kennen<br />
gelernt und mit ihr war er dann etwa drei Monate zusammen. Seiner Meinung nach<br />
kann bei intensiver Suche innerhalb von einigen Monaten jemand passender<br />
gefunden werden. Registriert war Herr Q. ab Oktober 2004 bei mehreren<br />
Partnervermittlungs- und Singlebörsen - von gratis bis teuer. Bei gratis liegt der<br />
Fokus eher auf Spaß und jüngerem Publikum. Jemand der 120€ für drei Monate<br />
zahlt meint es mit der Suche in der Regel schon etwas ernster. Bei Parship ist das<br />
Publikum jedoch „elitärer“ und viele Akademiker. Sein Tipp: breit angelegt suchen,<br />
eine einzige Registrierung ist zu wenig. Auch ist darauf zu achten ob jemand sehr<br />
ernst und verbissen (und vielleicht nur) im Internet sucht und das vielleicht schon<br />
lange, dann gibt’s dafür vielleicht auch einen Grund. (Herr Q. hat zweimal negative<br />
Erfahrungen gemacht.) Seine besten Bekanntschaften hatte Herr Q. durch<br />
Freizeitpartnerbörsen, denn hier wird konkret nach Freizeitpartnern gesucht, zum<br />
Schi fahren, für Schitouren etc. Die Kontakte laufen viel ungezwungener ab, da es<br />
nicht primär um Partnersuche geht und somit besteht die Möglichkeit über einen<br />
längeren Zeitraum und in verschiedenen Lebenssituationen Menschen wirklich<br />
kennen zu lernen. Daraus können sich auch gute Freundschaften ergeben. Während<br />
seiner Suchphasen hat Herr Q. 25 – 30 Frauen getroffen, da er für schnelle Treffen<br />
ist (wobei er Essen gehen für das erste Treffen für unpassend hält – besser sind<br />
Veranstaltungen, Ausstellungen, Sport). Aber natürlich keine Veranstaltung, wo ein<br />
Gespräch unmöglich ist wie Kino, Kabarett, Konzert … das passt gut für ein drittes<br />
oder viertes Date. Er hat dabei auch zweimal die Erfahrung gemacht, dass es per<br />
E-Mail und Telefon wirklich super zu passen schien – er war richtig „verliebt“, aber<br />
die ersten Treffen waren dann unglaublich schwierig, da die Erwartungshaltung<br />
schon extrem hoch war und das erste Treffen dann praktisch nur noch eine<br />
Enttäuschung werden konnte. Die Übereinstimmung war zwar groß – aber<br />
anscheinend stimmte die „Chemie“ nicht. Profile, zwei bis drei Emails und ein<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Telefonat hält Herr Q. als „Vorselektion“ für sehr sinnvoll, „aber dann nichts wie raus<br />
und möglichst locker und ungezwungen“ sein. Ein Tipp fürs Treffen: unmittelbar<br />
vorher anrufen und Telefonieren bis zum „Aufeinandertreffen“, das macht es<br />
einfacher (zumindest hat Herr Q. diese Erfahrung gemacht) und es erspart auch<br />
potentielle Peinlichkeiten. Im Gegensatz zu vielen Tipps im Internet und vielen „sei ja<br />
vorsichtig“, hat er die Erfahrung gemacht, dass auch viele Frauen schon nach zwei<br />
bis drei E-Mails von sich aus ein Treffen vorschlagen (er glaubt sich sogar daran zu<br />
erinnern, dass in fast allen Fällen die Frauen das Treffen vorgeschlagen haben).<br />
Sein abschließender Tipp: umso teurer – also mehr als 20 € pro Monat – umso<br />
ernster und seriöser sind die Absichten.<br />
HERR Y. UND DIE <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET<br />
Herr Y. ist 31 Jahre alt und hat seine derzeitige Lebenspartnerin im Internet kennen<br />
gelernt. Derzeit ist er nicht mehr registriert, war jedoch ab 1999 bei love.at und ab<br />
2000 bei websingles sehr aktiv auf Partnersuche. Seiner Erfahrung nach „lassen sich<br />
Frauen schreiben“ und Männer suchen aktiv Kontakt, nur ca. 5% der Frauen haben<br />
sich zuerst bei ihm gemeldet. Zwischen der ersten E-Mail, einem Telefonat und dem<br />
ersten Treffen lag oft nur eine Woche. Seine Methode: Er schaute auf den jeweiligen<br />
Homepages nach, wer neu angemeldet war und bei Interesse schickte er sofort eine<br />
E-Mail, denn wer schneller war konnte nicht so leicht übersehen werden (seiner<br />
Erfahrung nach haben Frauen durchwegs 300 bis 400 Kontakte in der ersten<br />
Woche). Während dieser Suchphase hatte Herr Y. mit ca. 50 Frauen Kontakt und hat<br />
drei auch persönlich getroffen. Auch während einer fixen Beziehung war er auf<br />
„virtuelle Beziehungen“ aus. Er hat in der gesamten Zeit keine negativen<br />
Erfahrungen bei der Suche im Internet gemacht, allerdings ärgert er sich über<br />
gefakte Kontakte mit 0900-Nummern. Der Vorteil bei der Internetsuche ist vor allem<br />
die Geschwindigkeit des Kennen lernens, das „Abchecken der Interessen“ ohne<br />
vorher stundenlang Smalltalk führen zu müssen. Ein Foto ist nach Meinung von<br />
Herrn Y. unbedingt notwendig. Leider entspricht die Realität oft nicht der Fantasie.<br />
Obwohl er seiner Selbsteinschätzung nach sehr kontaktfreudig ist und keine<br />
Probleme damit hat, fremde Menschen anzusprechen würde Herr Y. diese Form der<br />
Partnersuche jederzeit wieder in Anspruch nehmen.<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass alle drei Personen sich jederzeit<br />
wieder auf Partnersuche im Internet begeben würden. Die Erfahrungen, die sie dabei<br />
gemacht haben, sowohl positive als auch die wenigen negativen, decken sich auch<br />
mit jenen, die von den Psychologen in der „help-TV“-Sendung genannt wurden, als<br />
auch mit jenen, die in Zeitschriften und Zeitungen zu lesen sind. Der Erfolg und die<br />
geringen Kosten sprachen bei allen für die Singlebörsen, wobei der Preis die<br />
Ernsthaftigkeit entscheidet – bei gratis erfolgt die Partnersuche mehr zum Spaß, je<br />
teurer desto ernsthafter ist die Suche. Positiv vermerkt wurde von allen die<br />
Geschwindigkeit der Partnersuche, ohne vorher Lokalbesuche auf sich nehmen zu<br />
müssen. Und alle drei waren in mehreren Singlebörsen registriert, zählten somit zu<br />
den Multiflirtern.<br />
Unterschiede zeigen sich in der Erstellung der Profile. Frau Z. hat sich ohne Foto in<br />
verschiedenen Singlebörsen präsentiert, was sie mit ihrer Bekanntheit begründet hat.<br />
Bei Herrn Y. ist ein Foto dagegen unbedingt notwendig für eine Kontaktaufnahme.<br />
H BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN<br />
THEORETISCHE INFORMATIONEN ZUR HYPOTHESENBEANTWORTUNG<br />
Kreuztabellen und Kontingenzanalysen dienen dazu, Zusammenhänge zwischen<br />
nominal skalierten Variablen (es besteht keine Wertigkeit zwischen den Variablen,<br />
z.B. Geschlecht, Familienstand) aufzudecken und zu untersuchen. Dabei auftretende<br />
Fragen können sein:<br />
� Ist ein Zusammenhang zwischen den Variablen erkennbar und signifikant?<br />
� Gibt es die Möglichkeit, eine Aussage über Stärke oder Richtung des<br />
Zusammenhangs zu treffen?<br />
� Gibt es weitere Variablen, die das Untersuchungsergebnis bestätigen,<br />
erläutern oder revidieren?<br />
Interessiert die Frage, ob zwischen betrachteten Variablen eine statistische<br />
Abhängigkeit oder Unabhängigkeit besteht (H0: X und Y sind voneinander<br />
unabhängig), kann dies mittels Chi²-Unabhängigkeitstest überprüft werden. Jedoch<br />
ist keine Aussage über die Stärke des Zusammenhanges möglich. Überschreitet die<br />
Teststatistik ein Signifikanzniveau (meist 5% = kritischer Wert lt. Chi²-Tabelle) so ist<br />
die Null-Hypothese (Unabhängigkeit der Merkmale) zu verwerfen. Nachdem<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 96 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
festgestellt wurde, ob eine Abhängigkeit besteht wird die Art des Zusammenhanges,<br />
wie Stärke oder Richtung bestimmt. (vgl. Backhaus et.al., 2003, S.230ff).<br />
Der Signifikanzwert drückt bei einem Niveau von 0,05 die 95%ige Wahrscheinlichkeit<br />
eines nicht bloß zufälligen Auftretens eines von Null abweichenden Chi²-Wertes in<br />
dieser speziellen Stichprobe aus. Ist er kleiner kann die Null-Hypothese verworfen<br />
werden und angenommen werden, dass tatsächlich eine Abhängigkeit besteht. Ist er<br />
größer als 0,05 dann besteht offenbar kein Zusammenhang.<br />
> 0,05 (5%) = nicht signifikant<br />
< 0,05 (5%) = signifikant<br />
> 0,01 (1%) = sehr signifikant<br />
< 0,01 (1%) = hoch signifikant<br />
Obwohl es prinzipiell gleichgültig ist, welche Variable im „Kopf“ der Tabelle und<br />
welche Variable am „Rand“ der Tabelle steht, ist es üblich im Kopf die unabhängige<br />
und am Rand die abhängige Variable zu platzieren.<br />
Die Freiheitsgrade (df) geben an, wie viele Zelleninhalte einer Tabelle zu berechnen<br />
sind, d.h. in einer 2*2 Tabelle ergeben sich drei Zelleninhalte, wenn die<br />
Randhäufigkeiten und der Inhalt einer Zelle bekannt sind.<br />
� df = Anzahl der Spalten -1 * Anzahl der Zeilen – 1<br />
� df bei einer 2*2-Tabelle daher (2 – 1) * (2 – 1) = 1<br />
Das PRE-Maß Gamma misst den Grad des Zusammenhangs zwischen zwei<br />
ordinalskalierten Variablen, sowie die Richtung der Assoziation und kann Werte von<br />
-1 bis +1 annehmen.<br />
� Negative Assoziation: eine Variable nimmt zu, die andere ab<br />
� Positive Assoziation: beide nehmen zu oder ab<br />
Beispiel: Beim Wissen der unabhängigen Variablen verbessert sich die Voraussage<br />
der abhängigen Variablen um den errechneten Prozentwert.<br />
Das PRE-Maß Lambda misst die Stärke des Zusammenhanges zwischen zwei<br />
nominalen Variablen, es wird davon ausgegangen, dass sich eine Variable auf die<br />
andere auswirkt. Der Wert liegt zwischen 0 und 1 und ist immer positiv. Die<br />
Interpretation ist wie bei Gamma.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 97 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
� Je näher bei 1, desto höher der Zusammenhang zwischen den Variablen<br />
� Je näher bei 0, desto niedriger der Zusammenhang zwischen den<br />
Variablen<br />
BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN<br />
H1: „Je häufiger in einer Singlebörse gesucht wird desto größer ist die Zuversicht<br />
bei der Partnersuche im Internet einen passenden Partner zu finden oder eine<br />
Beziehung einzugehen.“<br />
Tabelle 10 – Zuversicht bei der Partnersuche ist abhängig von der Häufigkeit der Besuche von<br />
Singleseiten<br />
F13_NEU Partner<br />
kennenlernen neu<br />
Gesamt<br />
1 (sehr ernst)<br />
2 (weder noch)<br />
3 (nicht ernst)<br />
Kreuztabelle<br />
F08_NEU zuletzt Singlebörese etc<br />
2<br />
(gestern/letzte 3 (mehr als<br />
1 (heute) Woche) 2 Wochen) Gesamt<br />
28,6% 30,4% 50,0% 39,3%<br />
28,6% 34,8% 20,0% 26,2%<br />
42,9% 34,8% 30,0% 34,5%<br />
100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 28,6% der Interviewten, die am Tag der Befragung eine Singleseite<br />
besuchten nehmen die Partnersuche ernst bzw sehr ernst.<br />
Chi-Quadrat nach<br />
Pearson<br />
Likelihood-Quotient<br />
Zusammenhang<br />
linear-mit-linear<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
Chi-Quadrat-Tests<br />
4,180 a<br />
Wert df<br />
4 ,382<br />
4,161 4 ,385<br />
2,414 1 ,120<br />
84<br />
Asymptotische<br />
Signifikanz (2-seitig)<br />
a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />
erwartete Häufigkeit ist 5,50.<br />
Der kritische Wert bei df=4 und p < 0,05 liegt bei 9,49, d.h. die Null-Hypothese wird<br />
akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />
asymptotische Signifikanz (p = 0,382) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05,<br />
daher besteht keine Signifikanz. Da beide Variablen ordinal skaliert sind wird als<br />
Assoziationsmaß Gamma verwendet.<br />
Ordinal- bzgl. Ordinalmaß<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
Gamma<br />
a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />
Symmetrische Maße<br />
Wert<br />
Asymptotischer<br />
a<br />
Standardfehler<br />
Näherungs<br />
weises T<br />
-,240 ,145 -1,618 ,106<br />
b<br />
Näherungsweise<br />
Signifikanz<br />
b.<br />
Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />
84<br />
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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Auch Gamma ist nicht signifikant (p > 0,05), die Null-Hypothese wird auch hier<br />
akzeptiert und somit trifft die formulierte Hypothese nicht zu.<br />
Wie sieht im Vergleich dazu die Abhängigkeit bei der Frage nach einer Beziehung<br />
aus?<br />
Tabelle 11 – Zuversicht einer Beziehung ist abhängig von der Häufigkeit der Besuche von<br />
Singleseiten<br />
F14_NEU<br />
Beziehung<br />
eingehen<br />
Gesamt<br />
1 (sehr ernst)<br />
2 (weder noch)<br />
3 (nicht ernst)<br />
Kreuztabelle<br />
F08_NEU zuletzt Singlebörese etc<br />
2<br />
(gestern/letzte 3 (mehr als<br />
1 (heute) Woche) 2 Wochen) Gesamt<br />
47,6% 47,8% 50,0% 48,8%<br />
19,0% 21,7% 22,5% 21,4%<br />
33,3% 30,4% 27,5% 29,8%<br />
100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 47,6% der Interviewten, die am Tag der Befragung eine Singleseite<br />
besuchten wollen ernst/sehr ernst eine Beziehung durch die Internetsuche eingehen.<br />
Chi-Quadrat nach<br />
Pearson<br />
Likelihood-Quotient<br />
Zusammenhang<br />
linear-mit-linear<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
Chi-Quadrat-Tests<br />
,263 a<br />
Wert df<br />
4 ,992<br />
,263 4 ,992<br />
,132 1 ,717<br />
84<br />
Asymptotische Signifikanz<br />
(2-seitig)<br />
a. 2 Zellen (22,2%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />
erwartete Häufigkeit ist 4,50.<br />
Der kritische Wert bei df=4 und p < 0,05 liegt bei 9,49, d.h. die Null-Hypothese wird<br />
akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />
asymptotische Signifikanz (p = 0,992) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05,<br />
daher besteht keine Signifikanz. Wieder wird als Assoziationsmaß Goodman´s<br />
Gamma verwendet, welches nicht signifikant ist (p > 0,05), die Null-Hypothese wird<br />
auch hier akzeptiert und somit trifft die formulierte Hypothese nicht zu.<br />
Der Vergleich der Zuversicht mit der Dauer der wöchentlichen Internetnutzung<br />
erbrachte ein ähnliches Ergebnis, auch hier hat sich gezeigt, dass die Zuversicht der<br />
Partnersuche nicht von der Häufigkeit der Nutzung des Internets abhängig ist.<br />
In weiterer Folge wurde untersucht ob die Zuversicht vom Geschlecht abhängig ist.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 99 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
H2: „Männer sind eher davon überzeugt, ihre zukünftige Partnerin bzw eine<br />
Beziehung im Internet zu finden als Frauen.“<br />
Tabelle 12 – Zuversicht bzgl PartnerIn ist abhängig vom Geschlecht<br />
F13_NEU Partner kennenlernen neu * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />
F13_NEU Partner<br />
kennenlernen neu<br />
Gesamt<br />
1 (sehr ernst)<br />
2 (weder noch)<br />
3 (nicht ernst)<br />
F21 Geschlecht<br />
1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />
34,6% 25,4% 30,5%<br />
29,5% 22,2% 26,2%<br />
35,9% 52,4% 43,3%<br />
100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 34,6% der männlichen Interviewten wollen ernst/sehr ernst eine<br />
Partnerin durch die Internetsuche finden.<br />
Chi-Quadrat nach<br />
Pearson<br />
Likelihood-Quotient<br />
Zusammenhang<br />
linear-mit-linear<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
Chi-Quadrat-Tests<br />
3,861 a<br />
Wert df<br />
2 ,145<br />
3,868 2 ,145<br />
3,169 1 ,075<br />
141<br />
Asymptotische<br />
Signifikanz (2-seitig)<br />
a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />
erwartete Häufigkeit ist 16,53.<br />
Der kritische Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese wird<br />
akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />
asymptotische Signifikanz (p = 0,145) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05. Da<br />
die Variablen ordinal bzw nominal skaliert sind wird hier als Assoziationsmaß<br />
Lambda verwendet.<br />
Nominal- bzgl.<br />
Nominalmaß<br />
Lambda<br />
Goodman-und<br />
-Kruskal-Tau<br />
Symmetrisch<br />
F13_NEU Partner<br />
kennenlernen neu<br />
abhängig<br />
F21 Geschlecht<br />
abhängig<br />
F13_NEU Partner<br />
kennenlernen neu<br />
abhängig<br />
F21 Geschlecht<br />
abhängig<br />
a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />
Richtungsmaße<br />
Wert<br />
Asymptotischer<br />
Standardfehler<br />
,035 ,054 ,641 ,521<br />
a<br />
Näherungs<br />
weises T b<br />
Näherungsweise<br />
Signifikanz<br />
,000 ,000 , c<br />
b. Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />
c. Kann nicht berechnet werden, weil der asymptotische Standardfehler gleich Null ist.<br />
d. Basierend auf Chi-Quadrat-Näherung<br />
,079 ,119 ,641 ,521<br />
,016 ,016 ,113 d<br />
,027 ,028 ,147 d<br />
Der Wert Lambda (0,000) gibt an, dass es keinen Zusammenhang zwischen den<br />
beiden Variablen gibt.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 100 VON 123<br />
, c
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Tabelle 13 - Zuversicht eine Beziehung einzugehen ist abhängig vom Geschlecht<br />
F14_NEU Beziehung eingehen * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />
F14_NEU<br />
Beziehung<br />
eingehen<br />
Gesamt<br />
1 (sehr ernst)<br />
2 (weder noch)<br />
3 (nicht ernst)<br />
F21 Geschlecht<br />
1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />
41,0% 30,2% 36,2%<br />
19,2% 17,5% 18,4%<br />
39,7% 52,4% 45,4%<br />
100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 41 % der männlichen Interviewten wollen ernst/sehr ernst eine<br />
Beziehung durch die Internetsuche finden.<br />
Der kritische Chi²-Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese<br />
wird akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />
asymptotische Signifikanz (p = 0,298) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05.<br />
Auch hier wurde wieder als Assoziationsmaß Lambda (0,013) verwendet und hat<br />
ergeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen gibt. Somit<br />
trifft auch diese Hypothese nicht zu, dass Männer zuversichtlicher sind als Frauen.<br />
Somit kann abschließend vermerkt werden, dass die Zuversicht, einen Partner oder<br />
eine Partnerin zu finden bzw eine Beziehung durch das Internet einzugehen weder<br />
abhängig ist vom Geschlecht noch von der intensiven Nutzung des Internets.<br />
H3: „Männer betreiben die Partnersuche im Internet intensiver als Frauen.“<br />
Tabelle 14 – Häufigkeit der Singlebörse abhängig vom Geschlecht<br />
F08_NEU zuletzt<br />
Singlebörese etc<br />
Gesamt<br />
F08_NEU zuletzt Singlebörese etc * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />
1 (heute)<br />
2 (gestern/letzte Woche)<br />
3 (mehr als 2 Wochen)<br />
F21 Geschlecht<br />
1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />
26,1% 23,7% 25,0%<br />
28,3% 26,3% 27,4%<br />
45,7% 50,0% 47,6%<br />
100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 26,1% der männlichen Interviewten besuchten am Tag des Interviews<br />
eine Seite einer Singlebörse bzw Internetpartnervermittlung, ein wesentlicher<br />
Unterschied zwischen den Geschlechtern ist hier nicht zu erkennen.<br />
Der kritische Chi²-Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese<br />
wird akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />
asymptotische Signifikanz (p = 0,923) liegt deutlich über dem Signifikanzniveau von<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 101 VON 123
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
0,05. Auch Lambda (0,000) bestätigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen den<br />
beiden Variablen gibt. Somit trifft auch diese Hypothese nicht zu, dass Männer<br />
häufiger das Internet zur Partnersuche verwenden.<br />
H4: „Männer sind bei der Erstellung ihrer Profile bei der Online-Partnersuche<br />
offensiver als Frauen.“<br />
Tabelle 15 – Die Profilerstellung ist abhängig vom Geschlecht<br />
F10 persönliche Profilerstellung leicht gefallen * F21 Geschlecht<br />
Kreuztabelle<br />
F10 persönliche<br />
Profilerstellung<br />
leicht gefallen<br />
Gesamt<br />
1 ja<br />
2 nein<br />
F21 Geschlecht<br />
1 männlich 2 weiblich<br />
Gesamt<br />
83,0% 86,8% 84,7%<br />
17,0% 13,2% 15,3%<br />
100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 83% der männlichen Interviewten hatten kein Problem bei der<br />
Erstellung ihres Profils. Auch hier ist kein wesentlicher Unterschied zwischen den<br />
Geschlechtern zu erkennen.<br />
Der kritische Chi²-Wert bei df=1 und p < 0,05 liegt bei 3,84, d.h. die Null-Hypothese<br />
wird akzeptiert, es gibt auch in diesem Fall keine Abhängigkeit zwischen den beiden<br />
Variablen, die Signifikanz (p = 0,623) liegt ebenfalls über dem Signifikanzniveau von<br />
0,05. Auch Lambda (0,000) bestätigt, dass es hier keine Abhängigkeit zwischen<br />
Profilerstellung und Geschlecht gibt. Auch ein Vergleich zwischen der Frage „dem<br />
Profil ein Foto beigefügt“ und dem Geschlecht ergibt keine Abhängigkeit.<br />
H5: „Persönliche Erfahrungen bei der Internetpartnersuche werden hauptsächlich<br />
vom privaten Internetanschluss durchgeführt.“<br />
Tabelle 16 – Die persönliche Erfahrung ist abhängig privaten Internetanschluss<br />
F01 persönliche Erfahrungen * F35 privater Internetanschluss<br />
Kreuztabelle<br />
F01 persönliche<br />
Erfahrungen<br />
Gesamt<br />
1 ja<br />
2 nein<br />
F35 privater<br />
Internetanschluss<br />
1 ja 2 nein Gesamt<br />
70,4% 37,5% 66,7%<br />
29,6% 62,5% 33,3%<br />
100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 70,4% derjenigen, die einen privaten Internetanschluss besitzen,<br />
haben persönliche Erfahrungen mit der Partnersuche im Internet gemacht.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 102 VON 123
Chi-Quadrat nach<br />
Pearson<br />
Kontinuitätskorrektur a<br />
Likelihood-Quotient<br />
Exakter Test nach Fisher<br />
Zusammenhang<br />
linear-mit-linear<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
6,909 b<br />
Wert df<br />
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Chi-Quadrat-Tests<br />
1 ,009<br />
5,508 1 ,019<br />
6,468 1 ,011<br />
6,860 1 ,009<br />
141<br />
a. Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet<br />
Asymptotische<br />
Signifikanz<br />
(2-seitig)<br />
Exakte<br />
Signifikanz<br />
(2-seitig)<br />
Exakte<br />
Signifikanz<br />
(1-seitig)<br />
,012 ,011<br />
b. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist<br />
5,33.<br />
Der kritische Wert bei df=1 und p < 0,05 = 3,84, d.h. die Null-Hypothese wird<br />
verworfen, es gibt in diesem Fall eine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen,<br />
die Signifikanz (p = 0,009) liegt unter dem Signifikanzniveau von 0,05 und ist somit<br />
sehr signifikant, jedoch zeigt Lambda (0,085), dass dieser Zusammenhang sehr<br />
schwach ist, die Voraussage verbessert sich nur um 8,5%<br />
Nominal- bzgl.<br />
Nominalmaß<br />
Lambda<br />
Goodman-und<br />
-Kruskal-Tau<br />
Symmetrisch<br />
F01 persönliche<br />
Erfahrungen abhängig<br />
F35 privater<br />
Internetanschluss<br />
abhängig<br />
F01 persönliche<br />
Erfahrungen abhängig<br />
F35 privater<br />
Internetanschluss<br />
abhängig<br />
a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />
Richtungsmaße<br />
Wert<br />
Asymptotischer<br />
Standardfehler<br />
,063 ,061 1,004 ,316<br />
a<br />
Näherungs<br />
weises T b<br />
Näherungsweise<br />
Signifikanz<br />
,085 ,081 1,004 ,316<br />
,000 ,000 , c<br />
b. Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />
c. Kann nicht berechnet werden, weil der asymptotische Standardfehler gleich Null ist.<br />
d. Basierend auf Chi-Quadrat-Näherung<br />
,049 ,038 ,009 d<br />
,049 ,039 ,009 d<br />
H6: „Die Partnersuche im Internet ist hauptsächlich für junge Leute.“<br />
Tabelle 17 – Die Internetpartnersuche ist hauptsächlich für junge Leute<br />
F01 persönliche Erfahrungen * F20_KAT Alter kategorisiert Kreuztabelle<br />
F01 persönliche<br />
Erfahrungen<br />
Gesamt<br />
1 ja<br />
2 nein<br />
F20_KAT Alter kategorisiert<br />
1 (- 29) 2 (30 - 45) 3 (46 +) Gesamt<br />
79,4% 63,2% 37,5% 66,0%<br />
20,6% 36,8% 62,5% 34,0%<br />
100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />
Lesebeispiel: 79,4% der unter 29-Jährigen haben bereits persönliche Erfahrungen<br />
mit der Partnersuche im Internet gemacht.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 103 VON 123<br />
, c
Chi-Quadrat nach<br />
Pearson<br />
Likelihood-Quotient<br />
Zusammenhang<br />
linear-mit-linear<br />
Anzahl der gültigen Fälle<br />
KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />
Chi-Quadrat-Tests<br />
13,902 a<br />
Wert df<br />
2 ,001<br />
13,748 2 ,001<br />
13,496 1 ,000<br />
144<br />
Asymptotische<br />
Signifikanz (2-seitig)<br />
a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />
erwartete Häufigkeit ist 8,17.<br />
Der kritische Wert liegt bei df=2 und p < 0,05 bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese wird<br />
verworfen, es gibt in diesem Fall eine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen,<br />
die Signifikanz (p = 0,001) liegt unter dem Signifikanzniveau von 0,05 und ist somit<br />
sehr signifikant. Der Wert Gamma 0,503 ist signifikant (0,000), d.h. jüngere Personen<br />
nutzen das Internet wesentlich intensiver. Die Information über die persönliche<br />
Erfahrung mit dem Internet verbessert sich durch die Kenntnis des Alters um 50%.<br />
Aufgrund der sehr geringen Datenmenge ist eine weitere Differenzierung der Fälle<br />
(z.B. nur jene, die einen privaten Internetanschluss besitzen) nicht mehr möglich, da<br />
manche Zellen in der Kreuztabelle leer bleiben würden und somit ein Chi²-Test nicht<br />
mehr durchführbar ist.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 104 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
Kapitel 10<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
„WAHRE LIEBE VERAUSGABT SICH NICHT.<br />
JE MEHR DU GIBST, UMSO MEHR VERBLEIBT DIR.“<br />
Antoine de Saint-Exupéry<br />
Die in Kapitel 2 beschriebenen Theorien und Hypothesen zur Partnerwahl haben<br />
sicher ihre Berechtigung in der Praxis, wobei natürlich einige heute ziemlich veraltet<br />
erscheinen, da sie bereits vor 100 Jahren (z.B. jene von Freud stammt aus dem Jahr<br />
1905) verfasst wurden. Sie haben jedoch einen Unsicherheitsfaktor: Den Menschen.<br />
Jeder von uns ist eine eigene Persönlichkeit, mit Wünschen und Vorstellungen.<br />
Keine Person gleicht einer anderen, selbst eineiige Zwillinge unterscheiden sich.<br />
Natürlich sind wir geprägt von unserem Lebensumfeld, unserer Sozialisation, von<br />
den Menschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben. Dennoch kann es passieren,<br />
dass wir den Lebenspartner auf ganz außergewöhnliche Art und Weise kennen<br />
lernen, die keiner der genannten Theorien oder Hypothesen entspricht.<br />
In den meisten Fällen kommen wir bei unserer Suche nach dem idealen Partner oft<br />
nur mit jenen Personen in Kontakt, die ähnliche soziale Merkmale aufweisen wie wir<br />
selber, denn die Gesellschaft hat bestimmte »Vorschriften«, die uns nahe legen, uns<br />
einen Partner/eine Partnerin mit ähnlichen sozialen Attributen zu suchen.<br />
Die Normalfamilie hat es „ganz lupenrein nur in der bürgerlichen Ideologie gegeben“<br />
(Prahl, 2002, S.56), denn immer gab es Alternativen zur herkömmlichen Familie.<br />
Auch ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt ist nicht mehr unbedingt erforderlich, wie<br />
Pendler-Ehen und Living-Apart-Together-Beziehungen verdeutlichen und weiter im<br />
Vormarsch sind Patchworkfamilien. Gestiegen ist vor allem in den letzten<br />
Jahrzehnten der Anteil der Single-Haushalte, wobei dies nicht nur auf junge<br />
Personen zutrifft, sondern auch sehr viele ältere Mitmenschen, die verwitwet sind<br />
oder aus einem anderen Grund (z.B. Pflegeheim) von ihrem Partner getrennt sind,<br />
leben in einem Ein-Personen-Haushalt.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 105 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
Ehe ist in der Industriegesellschaft des 21.Jahrhunderts keine gesellschaftliche oder<br />
wirtschaftliche Zwangsgemeinschaft mehr. Das Argument, dass mehr als ein Drittel<br />
aller Ehen geschieden wird, kann wegen der hohen Wiederverheiratungsquote nicht<br />
als Beleg für den Bedeutungsverlust von Ehe und Familie geltend gemacht werden.<br />
(vgl. Prahl, 2002, S. 56). Denn ein Grund, warum um 1900 nur 0,5% der Ehen<br />
geschieden wurden liegt wahrscheinlich auch an der damaligen rechtlich und<br />
ökonomisch schwierigen Situation, wo es noch nicht die Möglichkeit einer<br />
einvernehmlichen Scheidung gab. Von Interesse sollte nicht sein, warum gut ein<br />
Drittel aller Ehen geschieden werden, sondern warum die restlichen zwei Drittel aller<br />
Ehen funktionieren bzw warum Geschiedene zu einer nochmaligen Eheschließung<br />
bereit sind.<br />
Die jeweiligen Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben, von Liebe und Zukunft<br />
müssen in einem »Balanceakt« (Prahl, 2002, S.59) immer wieder ausgehandelt<br />
werden und es kann passieren, dass Paare scheitern. Die Enttraditionalisierung von<br />
Ehe und Familie ergibt somit auch die Chance neue Formen des Zusammenlebens<br />
auszuprobieren. Aus soziologischer Sicht besteht jedoch kein Grund von einer<br />
„wachsenden Bindungsunfähigkeit bzw –willigkeit zu sprechen“ (Prahl. 2002, S.59).<br />
Die Partnerwahl ist heute eine freie Wahl, in den meisten Fällen losgelöst von<br />
familiären, staatlichen oder kirchlichen Bevormundungen und den persönlichen<br />
Vorlieben des Einzelnen überlassen, es zählen nicht mehr Stand und Eigentum. Das<br />
tatsächliche Heiratsverhalten zeigt jedoch ein ganz anderes Bild: sehr oft finden<br />
Partner zusammen, die sich in Bezug auf Merkmale wie Herkunft, Bildung, Alter oder<br />
Konfession gleichen, wobei oft Partner mit gleichen oder zumindest ähnlichen<br />
Bildungsabschlüssen gewählt werden. In der breiten Diskussion der Partnersuche<br />
geht es jedoch nicht darum WEN wir finden, sondern WO und WIE wir ihn oder sie<br />
finden. Dem Einzelnen stehen nicht alle „Suchenden“ zur Verfügung sondern nur<br />
eine stark begrenzte Auswahl – und hier liegen auch die Vorteile professioneller<br />
Partnerinstitute bzw Partnerbörsen. Denn nur diejenigen, die sich dort registrieren<br />
lassen und meist auch einen relativ hohen Beitrag bezahlen, sind mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit auch an einer fixen Partnerschaft interessiert.<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 106 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
In früheren Gesellschaften gab es genau vorgegebene »Richtlinien« für die<br />
Partnersuche. Die Reiseaktivitäten waren nicht sehr ausgeprägt und vom<br />
Cyberspace waren wir noch Lichtjahre entfernt. Dementsprechend eingeschränkt war<br />
natürlich auch der Spielraum für die Heiratswilligen. Im 21.Jahrhundert,<br />
hervorgerufen durch das WWW, ist der Bewegungsradius nahezu unbegrenzt. Es<br />
gibt fast keine gesellschaftlichen Hindernisse mehr, doch eine Garantie für eine<br />
erfolgreiche Partnersuche kann auch das Internet nicht bieten. Warum ist die<br />
Partnersuche im Internet dennoch so beliebt?<br />
Der große Vorteil beim Kennen lernen im WWW ist der Zeitfaktor. Beim „Face-to-<br />
face“-Kennen lernen haben die potentiellen Partner nicht die Chance sich zu<br />
verstellen oder jemand anderer zu sein, denn die Entscheidung über Sympathie und<br />
Antipathie fällt in wenigen Sekunden. Der Kontakt mittels Computer gibt die<br />
Gelegenheit, ganz genau zu überlegen, wie die Präsentation aussehen soll und das<br />
»Gegenüber« kann auch sehr genau geprüft und begutachtet werden, bevor eine<br />
Entscheidung über den nächsten Schritt getroffen wird. Eine Kontaktaufnahme ist zu<br />
jeder beliebigen Zeit möglich, vor allem für jene die beruflich unter Zeitdruck stehen<br />
oder aus familiären Gründen keine Möglichkeit haben, am Abend auszugehen und<br />
potentielle Partner kennen zu lernen. Außerdem kann mit mehreren Usern<br />
gleichzeitig kommuniziert werden, was in den Interviews auch angesprochen wurde.<br />
Bei der Nutzung von Partner- und Singlebörsen werden durchwegs positive<br />
Erfahrungen gemacht. Es ist anzunehmen, dass der kommunikative Austausch vor<br />
einem Rendez-vous einen hinreichenden Grundstock an Informationen bietet.<br />
Dennoch kann nicht verhindert werden, dass die Realität der Wirklichkeit oft nicht<br />
ganz entspricht. Auch dieser Aspekt wurde in den Interviews bestätigt.<br />
Bei der Beantwortung der Hypothesen konnte folgendes Ergebnis ermittelt werden:<br />
� es besteht keine Abhängigkeit zwischen der Zuversicht, eine<br />
Partnerschaft/Beziehung einzugehen und der Häufigkeit der<br />
Internetnutzung;<br />
es trifft in diesem Fall also nicht zu, dass diejenigen die täglich oder<br />
wöchentlich das Internet nutzen zuversichtlicher in Bezug auf ihre<br />
Partnersuche sind<br />
� weiters konnte festgestellt werden, dass es keinen Unterschied zwischen<br />
den Geschlechtern gibt, obwohl wesentlich mehr Männer in Singlebörsen<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 107 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
registriert sind;<br />
weder nutzen Männer das Internet häufiger als Frauen noch<br />
unterscheiden sie sich in der Ernsthaftigkeit bei der Partnersuche<br />
� eine schwache Abhängigkeit gibt es zwischen der Partnersuche und dem<br />
privaten Internetanschluss,<br />
der Privatanschluss wird häufiger für die Partnersuche benutzt<br />
� eine deutliche Abhängigkeit konnte beim Alter ermittelt werden,<br />
dies ist ganz klar ein Medium der jüngeren Partnersuchenden (was jedoch<br />
auch damit zusammenhängt, dass der Fragebogen von sehr vielen jungen<br />
Singles beantwortet wurde)<br />
In weiterer Folge wurde jene Gruppe der Probanden einer genauen Analyse<br />
unterzogen, die bereits in einer Partner- oder Singlebörse registriert sind.<br />
Hier die Antworten bei Frage 12 - Aussagen zum Thema Online-Partnersuche :<br />
12a 70,5% verneinen die Aussage, dass diese Form der Partnersuche nur für<br />
ewige Singles sei<br />
12b 27,7% stimmen zu, dass die WunschpartnerIn im Internet schneller<br />
gefunden werden kann; 43,6% antworteten mit „weder noch“<br />
12c 71% glauben an den Vorteil eines guten Schreibstils bei der Partnersuche<br />
im Internet<br />
12d die Hälfte der Registrierten (49,5%) sind der Meinung, dass diese Form<br />
der Partnersuche ideal für jene ist die über wenig Freizeit verfügen<br />
12e über 90% sind davon überzeugt, dass diese Partnersuche optimal für<br />
scheue Menschen ist<br />
12f 38,9% finden, dass die Fantasiewelt der Realität nicht stand hält<br />
12g mehr als die Hälfte (52,1%) glaubt nicht an die „Liebe auf den ersten Klick“<br />
12h 43,6% beantworteten die Frage, ob Frauen bei der Onlinesuche weniger<br />
aktiv sind mit „stimme zu“ bzw „stimme eher zu“<br />
12i 49,5% haben keine Meinung zur Seriosität von Partnerinstituten, 30,1%<br />
stimmten der Aussage zu, 20,4% verneinten<br />
Nun die Auswertung zur Frage, wie wichtig Profilangaben der „gesuchten“ Personen<br />
den Vorstellungen entsprechen sollen, gereiht nach der höchsten Bewertung, wobei<br />
die Antworten „sehr wichtig“ und „wichtig“ aufsummiert wurden:<br />
14i Alter 82,1%<br />
14a Wohnort 78,5%<br />
14b Beziehungswunsch 76,3%<br />
14j Statur 69,5%<br />
14h Größe 51,6%<br />
14n Kinderwunsch 50,5%<br />
14m Kinder 47,9%<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 108 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
14e Rauchgewohnheiten 40,9%<br />
14p Höchste abgeschlossene Schulbildung 40,4%<br />
14f Alkoholkonsum 32,6%<br />
14q Politische Richtung 28,7%<br />
14o Frühere Ehen 24,2%<br />
14g Essgewohnheiten 16,0%<br />
14d Religionsbekenntnis 11,6%<br />
14k Haarfarbe 7,4%<br />
14l Augenfarbe 7,4%<br />
14c Sternzeichen 4,2%<br />
Das Alter spielt bei den Partnersuchenden eine entscheidende Rolle, ebenso<br />
Bildung, was auch bereits erwähnt wurde. Erstaunlich ist, dass das<br />
Religionsbekenntnis so weit hinten gereiht ist. Der Umstand, dass sehr viele nach<br />
einer Scheidung wieder einen Partner/eine Partnerin suchen, ist eine frühere Ehe<br />
nicht so wichtig. Nicht überraschend die letzten Plätze für Haarfarbe, Augenfarbe und<br />
Sternzeichen.<br />
Bei Frage 16 wurde gefragt, warum die Form der Online-Partnersuche ausgewählt<br />
wurde. Wieder wurden die Kategorien „sehr wichtig“ und „wichtig“ aufsummiert und in<br />
eine absteigende Reihenfolge gebracht:<br />
16b Die Möglichkeit gratis zu testen 79,8%<br />
16c Anonymität 69,1%<br />
16g Empfehlung von Freunden/Bekannten 53,8%<br />
16a Seriöser Anbieter 47,9%<br />
16e Ansprechende Website 46,8%<br />
16f Kosten für die Partnersuche 45,7%<br />
16d Die Mitglieder haben ernste Absichten 29,0%<br />
Etwas erstaunlich ist die Reihung bei dieser Frage. Die ernsten Absichten der<br />
Mitglieder spielen eine sehr geringe Rolle im Gegensatz zur Möglichkeit gratis zu<br />
testen und anonym auf Partnersuche zu gehen. Verwunderlich auch, dass die<br />
ansprechende Website von beinahe 50% als wichtig erachtet wird.<br />
Im Folgenden eine Beschreibung der Sozialstruktur der Registrierten:<br />
� den Fragebogen haben 54,7% Männer und 45,3% Frauen beantwortet<br />
� 67,4% sind ledig bzw 1,1% ist verwitwet (1 Proband)<br />
9,5% sind verheiratet und 22,1% sind geschieden<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 109 VON 123
KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />
� 52,6% der Registrierten sind jünger als 29 Jahre<br />
37,9% sind zwischen 30 und 45 Jahre alt und<br />
9,5% sind älter als 46 Jahre<br />
� 71,1% haben noch kein Kind; 10,0% haben ein Kind<br />
17,8% haben zwei Kinder und 1,1% hat drei Kinder (1 Proband)<br />
� 48,4% haben derzeit einen festen Partner und 51,6% sind Single<br />
� 31,4% nahmen die Partnersuche vor der Registrierung „sehr ernst“ oder<br />
„eher ernst“; im Gegensatz dazu nahmen dies 32,6% weniger ernst<br />
� 84,5% ist die Profilerstellung leicht gefallen; 15,5% dagegen nicht<br />
� 39,4% glauben daran, dass sie einen passenden Partner im Internet<br />
kennen lernen; 34% sind davon nicht überzeugt<br />
� 50% sind der Überzeugung, dass sie eine Beziehung durch das Internet<br />
eingehen werden; 28,7% glauben nicht daran<br />
ERFAHRUNGEN BEI DIESER EMPIRISCHEN ARBEIT<br />
Das generelle Problem bei dieser Forschung bestand darin, Probanden für die<br />
Befragung zu finden. Auf die Unterstützung der Single- und Partnerbörsen musste<br />
leider aus den bereits geschilderten Gründen verzichtet werden. Den Link zum<br />
Fragebogen in Chatforen zu platzieren scheiterte oft an den restriktiven Richtlinien,<br />
die diese Eingabe einfach nicht zulassen. Wenig Erfolg versprechend war auch die<br />
direkte Kontaktaufnahme mit Singlebörsen. Falls eine Kontaktadresse gefunden<br />
wurde, was sich oft schon als sehr schwierig erweist, wurde auf die E-Mails oft gar<br />
nicht reagiert oder viel versprochen und wenig gehalten. Es ist daher anzunehmen,<br />
dass diese Internetseiten zur Verfügung gestellt werden, aber der Aufwand, der mit<br />
der Betreuung verbunden ist, soll so minimal wie nur möglich gehalten werden.<br />
Wesentlich erfreulicher gestaltete sich – mit wenigen Ausnahmen – die<br />
Kontaktaufnahme mit den Interviewpartnern bzw Fernseh- und Radiosender. Sowohl<br />
Frau Spira als auch Frau Z. waren sofort zu einem Gespräch bereit, aber auch die<br />
Herren zeigten keine Scheu, Auskunft über ihre Erfahrungen zu geben, seien es die<br />
Erlebnisse bei „Herzblatt“ als auch bei der Internet-Partnersuche. Überhaupt keine<br />
Kooperationsbereitschaft war bei ATV vorhanden, obwohl mehrmals angefragt<br />
wurde. Relativ rasch in der Beantwortung der Fragen zur Sendung war im Gegensatz<br />
dazu die „Herzblatt“-Redaktion. Auch der Kontakt zu Radio Arabella war sehr schnell<br />
hergestellt und das Angebot, den Sender zu besuchen wurde mit Freude<br />
angenommen.<br />
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Kapitel 11<br />
ANHANG<br />
A. FRAGEBOGEN<br />
KAPITEL 11 - ANHANG<br />
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KAPITEL 11 - ANHANG<br />
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KAPITEL 11 - ANHANG<br />
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B. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
KAPITEL 11 - ANHANG<br />
Tabelle 1 - Häufigkeit bei Frage 21: Geschlecht ................................................11<br />
Tabelle 2 – Häufigkeit Geschlecht (Mikrozensus 2005)......................................11<br />
Tabelle 3 – Häufigkeit bei Frage 22: Familienstand............................................12<br />
Tabelle 4 – Häufigkeit Familienstand (Mikrozensus 2005) .................................12<br />
Tabelle 5 – Häufigkeit bei Frage 20: Alter (kategorisiert)....................................12<br />
Tabelle 6 – Häufigkeit Alter kategorisiert (Mirkozensus 2005)............................12<br />
Tabelle 7 – Häufigkeit bei Frage 30: höchste abgeschlossene Schulbildung .....13<br />
Tabelle 8 – Häufigkeit Höchste abgeschlossene Bildung (Mikrozensus 2005)...13<br />
Tabelle 9 – Zuversicht bei der Partnersuche ist abhängig<br />
von der Häufigkeit der Besuche von Singleseiten............................98<br />
Tabelle 10 – Zuversicht einer Beziehung ist abhängig<br />
von der Häufigkeit der Besuche von Singleseiten............................99<br />
Tabelle 11 – Zuversicht bzgl PartnerIn ist abhängig vom Geschlecht ................100<br />
Tabelle 12 – Zuversicht eine Beziehung einzugehen ist abhängig<br />
vom Geschlecht .............................................................................101<br />
Tabelle 13 – Häufigkeit der Singlebörse abhängig vom Geschlecht...................101<br />
Tabelle 14 – Die Profilerstellung ist abhängig vom Geschlecht ..........................102<br />
Tabelle 15 – Die persönliche Erfahrung ist abhängig privaten Internetanschluss<br />
.......................................................................................................102<br />
Tabelle 16 – Die Internetpartnersuche ist hauptsächlich für junge Leute ...........103<br />
Abbildung 1 – Partnersuche in Österreich (Selbsteinschätzung)...............................57<br />
Abbildung 2 – Phasen des Diskurses zur Online-Gemeinschaften ...........................77<br />
Abbildung 3 – Ort des Internet-Zugangs ...................................................................78<br />
Abbildung 4 – Altersgruppen der zahlenden Kunden von Parship.at ........................83<br />
Abbildung 5 – Entwicklung der Parship Mitgliederzahlen, Stand 2005......................84<br />
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C. LITERATURLISTE<br />
KAPITEL 11 - ANHANG<br />
Backhaus, Klaus; Erichson, Bernd; Plinke, Wulff; Weiber, Rolf; Multivariate<br />
Analysemethoden – eine anwendungsorientierte Einführung, Springer-Verlag,<br />
10.Auflage, 2003<br />
Blossfeld, Hans-Peter; Timm, Andreas; Der Einfluss des Bildungssystems auf den<br />
Heiratsmarkt – Eine Längsschnittanalyse der Wahl des ersten Ehepartners im<br />
Lebenslauf. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 53,<br />
2001, S. 440-471<br />
Borscheid, Peter; Geld und Liebe. Zu den Auswirkungen des Romantischen auf die<br />
Partnerwahl im 19.Jahrhundert. In: Peter Borscheid, Hans J. Teuteberg (Hrsg.).<br />
Ehe, Liebe, Tod. Zum Wandel der Familie, der Geschlechts- und<br />
Generationsbeziehungen in der Neuzeit (Studien zur Geschichte des Alltags,<br />
Band I), F. Coppenrath Verlag Münster, 1983. S.112-134.<br />
Bourdieu, Pierre; Die feinen Unterschiede – Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft,<br />
Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2.Auflage, 1982, S.277-354<br />
Brückner, Margrit; Böhnisch, Lothar (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse –<br />
Gesellschaftliche Konstruktionen und Perspektiven ihrer Veränderung. Juventa<br />
Verlag Weinheim und München, 2001.<br />
Diekmann, Andreas; Empirische Sozialforschung, Grundlagen Methoden,<br />
Anwendungen, Reinbek/Hamburg 1995<br />
Durkheim, Émile; Über die Teilung der sozialen Arbeit, 1. Auflage, Frankfurt am<br />
Main, Suhrkamp, 1977<br />
Döring (1), Nicola; Romantische Beziehungen im Netz. In: Thimm, Caja (Hrsg.)<br />
Soziales im Netz. Sprache, Beziehungen und Kommunikationskulturen im Netz.<br />
Westdeutscher Verlag, Opladen, 2000 (S.39-70)<br />
Döring (2), Nicola; Sozialpsychologie des Internet – Die Bedeutung des Internet für<br />
Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen.<br />
Herausgegeben von Dipl.-Psych. Batinic, Bernad. Band 2. Hogrefe-Verlag für<br />
Psychologie, 1999.<br />
Dux, Günter; Geschlecht und Gesellschaft: warum wir lieben; die romantische<br />
Liebe nach dem Verlust der Welt, 1.Auflage – Frankfurt am Main; Suhrkamp, 1994.<br />
Gestrich, Andreas; Krause, Jens-Uwe; Mitterauer, Michael; Geschichte der Familie,<br />
Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 2003.<br />
Gezzele, David; Partnersuche im Internet, Diplomarbeit, Institut für Publizistik und<br />
Kommunikationswissenschaften der Uni Wien, 2003<br />
Kühnel, Harry; Ehe in der Gesellschaft des Mittelalters – Das Rollenbild der Frau.<br />
In: Vavra, Elisabeth (Hrsg.); Familie – Ideal und Realität, Niederösterreichische<br />
Landesausstellung, Horn 1993, 1.Auflage, S.55-62<br />
Lenz, I. & Luig U. (Hrsg.): Frauenmacht ohne Herrschaft. Geschlechtsverhältnisse<br />
in nicht-patriarchalischen Gesellschaften. Berlin: Orlanda 1990<br />
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KAPITEL 11 - ANHANG<br />
Lermer, Stephan; Meiser, Hans Christian; Lebensabschnittspartner. Die neue Form<br />
der Zweisamkeit. Wolfgang Krüger Verlag, 1991.<br />
Möhle, Sylvia; Partnerwahl in historischer Perspektive. In: Klein, Thomas (Hrsg.);<br />
Partnerwahl und Heiratsmuster, Soziostrukturelle Voraussetzungen der Liebe;<br />
Leske und Budrich, Opladen, 2001, S. 57 – 74.<br />
Mörth, Ingo/Fröhlich G. (Hrsg.): Das symbolische Kapital der Lebensstile. Zur<br />
Kultursoziologie der Moderne nach Pierre Bourdieu, Frankfurt/Main, 1994.<br />
Prahl, Hans-Werner; Soziologie der Freizeit, Verlag Ferdinand Schöningh,<br />
Paderborn, 2002.<br />
Richter, Ursula; Einen jüngeren Mann lieben – Neue Beziehungschancen für<br />
Frauen, Kreuz Verlag, 1.Auflage, 1989.<br />
Rosenbaum, Heidi; Formen der Familie, Untersuchungen zum Zusammenhang von<br />
Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen<br />
Gesellschaft des 19.Jahrhunderts, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1982, 1.Auflage.<br />
Sieder, Reinhard; Sozialgeschichte der Familie, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1987.<br />
Thimm C, Soziales im Netz. Sprache, Beziehungen und Kommunikationskultur im<br />
Internet. Opladen: Westdeutscher Verlag, 2000<br />
Tyrell, Hartmann; Romantische Liebe – Überlegungen zu ihrer quantitativen<br />
Bestimmtheit. In: D. Baecker et al. (Hrsg.), Theorie als Passion. Frankfurt am Main,<br />
1987, S.570–599.<br />
Vobruba, Eva; Der Pakt mit der Leidenschaft. Über den Zusammenhang von Liebe<br />
und Ehe von der frühen Neuzeit bis heute. In: Vavra, Elisabeth (Hrsg.); Familie –<br />
Ideal und Realität, NÖ Landesausstellung, Horn 1993, 1.Auflage, S.87-97.<br />
Vögelin, Madeleine Rose; Wandlung und Individuation in der Paarbeziehung aus<br />
der Sicht der analytischen Psychologie, Abhandlung zur Erlangung der<br />
Doktorwürde der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich, Zentralstelle der<br />
Studentenschaft, Zürich 1989.<br />
Weber, Kerstin; Virtuelle Liebe, Diplomarbeit, Institut für Psychologie der Uni Wien,<br />
2003<br />
Willi, Jürg; Die Zweierbeziehung – Spannungsursachen – Störungsmuster –<br />
Klärungsprozesse – Lösungsmodelle. Analyse des unbewussten Zusammenspiels<br />
in Partnerwahl und Paarkonflikt: das Kollusions-Konzept. Rowohlt, 1.Auflage, 1975,<br />
S.179-184<br />
Zapotoczky Dr., Klaus; Grausgruber Dr., Alfred; Holley Dr., Heinz; Struktur und<br />
Probleme der Gegenwartsgesellschaft, Vorlesungsunterlage, Johannes Kepler<br />
Universität Linz, Dezember 2000<br />
Zeitschrift für angewandte Sozialpsychologie. 27. Jhg., Heft 3, Sept. 1996,<br />
http://psychologie.fernuni-hagen.de/Psychologie/SOZPSYCH/GD/Artikel/doer15.htm,<br />
abgefragt am 30.3.2006<br />
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D. LEBENSLAUF<br />
Name Andrea Theresia LEIDINGER, geb. Gruber<br />
Wohnadresse Feuchterslebengasse, 1100 Wien<br />
andrea.leidinger@liwest.at<br />
Geburtsdatum 01. Jänner 1962<br />
Eltern Franz GRUBER<br />
Luise GRUBER, geb. Scherr<br />
Familienstand Lebensgemeinschaft<br />
geschieden<br />
1 Tochter (geb. 04.November 1983)<br />
KAPITEL 11 - ANHANG<br />
Ausbildung * 2006 - Abschluss des Studiums der Soziologie in Wien<br />
(Wahlfächer: Bildungs-, Technik-, Sport-, Freizeit- und<br />
Tourismussoziologie)<br />
* 1997/98 - Ausbildung zum PC-Trainer bei den ÖBB<br />
* 1996 - Wechsel der Studienrichtung auf Soziologie<br />
* 1996 - Ausbildung zum Trainer für Rhetorische Kommunikation<br />
* 1988 - 10 Semester BWL und Wirtschaftspädagogik<br />
(Wahlfächer: Betriebs-, Wirtschafts- und Berufspädagogik)<br />
* 1987 - Studienberechtigungsprüfung - SOWI-Fakultät Uni Linz<br />
* 3 Klassen Handelsschule in Linz - Rudigierstraße<br />
* 4 Klassen Hauptschule in Linz<br />
* 4 Klassen Volksschule in Linz<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 123 VON 123<br />
1987<br />
2000<br />
2003