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PARTNERSUCHE IM SOZIALEN WANDEL - ElitePartner-Akademie

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<strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> <strong>SOZIALEN</strong> <strong>WANDEL</strong><br />

WELCHEN EINFLUSS HABEN<br />

MODERNE KOMMUNIKATIONSMEDIEN<br />

AUF DIE <strong>PARTNERSUCHE</strong>?<br />

Diplomarbeit zur Erlangung des<br />

Magistergrades der<br />

Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />

eingereicht an der<br />

Universität Wien<br />

von<br />

Andrea Leidinger-Gruber<br />

Wien, November 2006


Mein Dankeschön gilt Herrn Professor Franz Kolland,<br />

der mich durch seine konstruktiven Anregungen bei dieser<br />

Arbeit enorm angespornt und motiviert hat.<br />

Mein spezieller Dank gilt meiner Tochter Jacqueline,<br />

weil sie all die Jahre akzeptiert hat, dass ihre Mutter<br />

ein doch sehr zeitaufwändiges Hobby hat,<br />

und meinem Lebensgefährten Zoltán.<br />

Nicht zu vergessen mein Dank an meine Mutter, die mir all die<br />

Jahre bei der Erziehung und Betreuung meiner Tochter<br />

unterstützt hat und meinem Vater, der mir vorgelebt hat, dass<br />

wir nie zu alt zum Lernen sein können.


Erklärung<br />

Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst habe.<br />

Ich habe keine anderen als die angegebenen<br />

Quellen und Hilfsmittel benutzt.<br />

Ich habe die Arbeit bzw. Teile davon weder im In- noch im Ausland einer<br />

Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung als Prüfungsarbeit vorgelegt.<br />

Wien, November 2006, Andrea Leidinger-Gruber<br />

„WEIL MANN UND FRAU<br />

SICH VONEINANDER UNTERSCHEIDEN,<br />

SUCHEN SIE SICH MIT LEIDENSCHAFT.“<br />

(Émile Durkheim, 1977, S. 96)


INHALTSVERZEICHNIS<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

KAPITEL 1 EINFÜHRUNG.............................................................................................6<br />

A AUFBAU DER UNTERSUCHUNG...........................................................8<br />

B FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN ......................................9<br />

C HYPOTHESEN.................................................................................10<br />

D UNTERSUCHUNGSDESIGN ...............................................................10<br />

1 DAS FRAGEBOGEN-LAYOUT.............................................................14<br />

2 UNTERSUCHUNGSVERLAUF ..............................................................14<br />

KAPITEL 2 PARTNERWAHL – VON DER ARRANGIERTEN EHE ZUR LIEBESHEIRAT .................16<br />

A TYPEN DER PARTNERWAHL .............................................................17<br />

B KRITERIEN FREIER PARTNERWAHL...................................................21<br />

C DER EINFLUSS DES BILDUNGSSYSTEMS AUF DIE PARTNERWAHL ........23<br />

D THEORIEN ZUR PARTNERWAHL........................................................25<br />

1 ÄHNLICHKEITSHYPOTHESE – GLEICH UND GLEICH GESELLT SICH GERN.........27<br />

2 KOMPLEMENTARITÄTS-HYPOTHESE – GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH AN...........27<br />

3 ST<strong>IM</strong>ULUS-WERTHALTUNGS-ROLLENTHEORIE DER PARTNERWAHL ..............28<br />

4 DIE OBJEKTWAHL NACH FREUD ........................................................30<br />

5 DIE „EHELICHE“ OBJEKTWAHL NACH LEMAIRE .....................................30<br />

6 PARTNERWAHL UND EINSPIELEN DER KOLLUSIONNACH WILLI....................31<br />

E PHYSISCHE ATTRAKTIVITÄT.............................................................32<br />

KAPITEL 3 PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT .............................33<br />

A PARTNERSCHAFT ...........................................................................34<br />

B FAMILIE .........................................................................................35<br />

1 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DER HERKUNFT ....................................35<br />

2 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DEM BERUF.........................................35<br />

KAPITEL 4 SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG............................................................48<br />

A PARTNERSCHAFT ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND ............................48<br />

B FORMEN VON ZWEIERBEZIEHUNGEN ................................................50<br />

C SINGLE..........................................................................................53<br />

KAPITEL 5 DAS LEBEN ALS SINGLE .............................................................................54<br />

KAPITEL 6 AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG .....................................................58<br />

A AUSGANGSKONSTELLATIONEN.........................................................59<br />

B ERSTBEGEGNUNGEN ......................................................................60<br />

C BEZIEHUNGSAUFBAU ALS PROZESS .................................................62<br />

D KULTURELLE GRUNDLAGEN UND SOZIALE RAHMENBEDINGUNGEN ......63<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 4 VON 123


INHALTSVERZEICHNIS<br />

KAPITEL 7 <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER .........................................................66<br />

A DIE SENDUNG „BAUER SUCHT FRAU“ ...............................................67<br />

B DER DAUERBRENNER UNTER DEN KUPPELSHOWS – „HERZBLATT“......69<br />

C „HERZFL<strong>IM</strong>MERN“ BEI RADIO ARABELLA............................................71<br />

D „LIEBESG’SCHICHTEN UND HEIRATSSACHEN“ <strong>IM</strong> ORF........................72<br />

E „NADINE TRAUT SICH“ AUF ATV .......................................................74<br />

F „SINGLE-MILIONENSHOW“ <strong>IM</strong> ORF...................................................75<br />

G „VERLIEBT IN EINE FAMILIE“ AUF ATV...............................................75<br />

H RESÜMEE ......................................................................................75<br />

KAPITEL 8 DAS INTERNET .........................................................................................77<br />

A DIE ENTWICKLUNG DES INTERNET ...................................................77<br />

KAPITEL 9 <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER ...........................................................79<br />

A ALLGEMEINES ................................................................................79<br />

B ROMANTISCHE BEZIEHUNGEN <strong>IM</strong> NETZ.............................................80<br />

C ENTWICKLUNG DER SINGLEBÖRSEN UND INTERNET-<br />

PARTNERAGENTUREN.....................................................................81<br />

1 PARSHIP......................................................................................82<br />

2 ELITEPARTNER ..............................................................................84<br />

3 VOR- UND NACHTEILE VON ONLINE-PARTNERAGENTUREN .......................85<br />

4 VOR- UND NACHTEILE VON SINGLEBÖRSEN..........................................85<br />

5 DER TEST IN DER SENDUNG „HELP-TV“..............................................86<br />

D KOMMUNIKATION <strong>IM</strong> INTERNET.........................................................87<br />

E DER RUF VON PARTNERVERMITTLUNGSINSTITUTEN...........................88<br />

F SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM TRAUMMANN / ZUR TRAUMFRAU..............89<br />

G ERLEBNISSE BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET...........................92<br />

H BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN ................................................96<br />

KAPITEL 10 ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE .............................................105<br />

KAPITEL 11 ANHANG ..............................................................................................111<br />

A. FRAGEBOGEN ..............................................................................111<br />

B. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS .....................................120<br />

C. LITERATURLISTE...........................................................................121<br />

D. LEBENSLAUF................................................................................123<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 5 VON 123


Kapitel 1<br />

EINFÜHRUNG<br />

KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

„ES IST NICHT GUT, DASS DER MENSCH ALLEIN BLEIBT.“<br />

Altes Testament<br />

Warum suchen viele Menschen ihr Leben lang die Gegenwart eines anderen<br />

Menschen? Die menschliche Natur ist so entwickelt, dass wir nur dann eine<br />

Überlebenschance haben, wenn Mann und Frau sich vereinigen und für<br />

Nachkommen sorgen. Ist dies nicht der Fall, würden wir eines Tages aussterben.<br />

Fast jeder von uns braucht zu bestimmten Zeiten und aus bestimmten Gründen<br />

andere Personen um sich. Wir sind soziale Wesen und die Gegenwart anderer kann<br />

von entscheidender Bedeutung sein, vor allem dann, wenn wir in Notlagen mit Stress<br />

und Krankheit konfrontiert sind. Daher nehmen viele eine Ehe in Kauf, obwohl diese<br />

meist auf ein Niveau von »Freundschaft« oder »Wohngemeinschaft« gesunken ist,<br />

nur um nicht alleine zu sein. Eine gewisse »Auszeit« kann ja ganz gut tun, aber wenn<br />

Menschen zu lange alleine sind, werden die meisten oft eigensinnig und dann wird<br />

es mit der Zeit immer schwieriger mit anderen zusammenzuleben.<br />

Immer häufiger sind es Frauen, die mit der Verwirklichung ihrer Eigenständigkeit<br />

(Karriere und Beruf nehmen einen entscheidenden Platz im Leben dieser Frauen ein)<br />

aus den traditionellen Rollenmustern einer »Frau mit Ehemann und Kind(er)«<br />

ausbrechen und auf diesem Weg versuchen, einen hohen Grad an<br />

Selbstverwirklichung zu erreichen. Die Suche nach alternativen Lebensformen führt<br />

für viele zu einem Leben ohne Partner, da es vielen Männern noch immer schwer<br />

fällt, die Selbstständigkeit von Frauen zu akzeptieren, und es ist zu vermuten, dass<br />

diese Zahl in den nächsten Jahren noch ansteigen wird. Die herkömmliche Familie<br />

wird immer seltener, die Scheidungsrate ist auf einer Rekordhöhe und die<br />

Patchworkfamilie 1 wird wohl zur Familienform der Zukunft werden.<br />

1 Wenn zwei Ehepartner bereits Kinder aus früheren Beziehungen in eine Ehe mitbringen und somit<br />

die Kinder zu MEINE, DEINE und UNSERE werden.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 6 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Faktoren für diesen Trend sind neben dem Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit auch<br />

die Verbesserung der Ausbildungssysteme, die es den Frauen ermöglichen im Falle<br />

einer Scheidung auch ohne Gehalt des Ehemannes leben zu können. Die Frauen<br />

früherer Generationen hatten gar keine andere Wahl als eine Ehe, um nicht bis an ihr<br />

Lebensende von den finanziellen Zuwendungen ihrer Eltern und Brüder abhängig<br />

sein zu müssen. Dennoch ist und bleibt die Familie eine beständige Institution der<br />

Gesellschaft, an der sich das weitere Leben ausrichtet, wo der<br />

Sozialisationsprozess 2 der Kinder stattfindet, wo die Menschen – in den meisten<br />

Fällen – Wärme, Geborgenheit und Liebe erhalten. Was sich im Laufe der<br />

Jahrzehnte geändert hat ist die Form des Zusammenlebens, wobei natürlich einen<br />

nicht unbeträchtlichen Einfluss auch die beiden Weltkriege im vergangenen<br />

Jahrhundert hatten, die ganz entschieden in die Lebensplanungen einer ganzen<br />

Generation eingriffen.<br />

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Heiratsverhalten sehr stark verändert.<br />

Spielten früher Besitz und Vermögen bei der Partnersuche eine entscheidende Rolle<br />

ist dies selbst in Königshäusern und Adelsfamilien oder bei vermögenden<br />

Konzernchefs immer weniger von Bedeutung. Auch die Formen der Partnersuche<br />

und die Wahl des »passenden« Heiratskandidaten haben sich stark gewandelt.<br />

Im Zeitalter der modernen Kommunikation ergreifen die Heiratswilligen selbst die<br />

Initiative auf der Suche nach »Mr. Right« bzw »Mrs. Forever«. Und den vielfältigen<br />

Ideen sind dabei keine Grenzen gesetzt - Blind-Date-Partys, Tanzkurse und Bälle<br />

speziell für Singles, Astrosingletreffs, Platzkarten im Zug als Flirtticket 3 , Chatten 4 in<br />

Internetforen, Partnersuche in Singlebörsen und Zeitschriften sowie<br />

Partnervermittlung im Fernsehen und im Internet. Einen nicht unwesentlichen<br />

Einfluss hatte dabei sicher die Entwicklung des Internets. Wurde dieses einst<br />

2 Prozess und Ergebnis des „Sozialwerdens“, d.h. die Vermittlung eines gesellschaftlichen Normen-<br />

und Wertsystems (Kultur). Im Unterschied zur Erziehung umfasst Sozialisation alle Prozesse, die<br />

geeignet sind, das „soziale Wesen“ (handlungsfähige sozio-kulturelle Persönlichkeiten) zu<br />

schaffen. (Der große Brockhaus, Band 20)<br />

3 Leider ist über diese Aktion der ÖBB kein Datenmaterial mehr verfügbar.<br />

4 Chatrooms sind virtuelle Plauderecken im Internet, an denen gechattet wird. Per<br />

Konferenzschaltung kann mit beliebig vielen anderen Chattern live kommuniziert werden. Dass es<br />

dabei gesittet zugeht regelt die Chattiquette, das Anstandsreglement des Chats, eine Liste mit<br />

Tipps für angemessenes Benehmen beim Chatten. (vgl. Das neue Trendwörter-Lexikon, S.33)<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 7 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

entwickelt um im Falle eines Krieges die Kommunikation zu sichern ist es heute ein<br />

weltumspannendes Datennetz und ein weit verbreitetes Kommunikationsmittel<br />

geworden.<br />

A AUFBAU DER UNTERSUCHUNG<br />

Sehr viele Forscher beschäftigen sich damit, warum eine Partnerschaft, eine Ehe<br />

oder eine Beziehung scheitert und weniger damit, wie sie zustande kommt. Natürlich<br />

war die Partnerwahl früher ganz anders als heute; interessant ist jedoch, welchen<br />

Einfluss die Entwicklung der Gesellschaft auf die Partnerwahl hatte und auch heute<br />

noch immer hat.<br />

Der Fortschritt kann als eine Vermehrung von Erkenntnissen – sowohl positiv als<br />

auch negativ – angesehen werden, wie eine Leiter, auf der wir Sprosse für Sprosse<br />

nach oben steigen. Erfindungen haben uns das Leben erleichtert, z.B. Sprache,<br />

Schrift, Buchdruck, Elektrizität, Telefon und Computer. Die Sinnfrage in der<br />

Forschung stellt sich dann, wenn z.B. Unsummen für die Raumfahrt ausgegeben<br />

werden wo es auf der Welt Armut, Hunger und Elend gibt. Manche Erfindungen, die<br />

zu Beginn als großer Nutzen gesehen wurden, entpuppten sich letztendlich als<br />

großer Schaden für die Menschen, siehe Atomforschung.<br />

Das Fernsehen bringt uns die große, weite Welt ins Wohnzimmer, das heutige<br />

Massenangebot an Fernsehkanälen und Sattelitenprogrammen wird jedoch immer<br />

mehr zum Problemfall unserer Gesellschaft. War es vor Jahrzehnten schon eine<br />

Errungenschaft überhaupt einen Fernseher zu besitzen gibt es in sehr vielen<br />

Haushalten heute 20 und mehr Programme – und das meist rund um die Uhr. Die<br />

Flut an Talkshows ersetzt den Arzt, den Freund oder sonstige Gesprächspartner.<br />

Probleme werden nicht mehr im intimen Kreis diskutiert sondern in der breiten<br />

Öffentlichkeit. Selbst die sehr privaten Probleme werden in Millionen Haushalte<br />

transportiert und dabei werden intimste Einzelheiten offenbart. Kein Wunder, dass<br />

auch die Partnersuche sich diesem Trend angepasst hat und zu einer »öffentlichen«<br />

Angelegenheit wurde.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 8 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Natürlich war eine „Kupplerin“ früher auch nicht im Geheimen tätig, doch<br />

Fernsehsendungen wie „Liebesg´schichten und Heiratssachen“ haben annähernd<br />

1 Million Zuseher. Heiratsinstitute wurden meist heimlich aufgesucht, denn vielen war<br />

es peinlich, auf Hilfe bei der Partnersuche angewiesen zu sein. Das ist heute<br />

anscheinend nicht mehr der Fall – Partnersuche wurde zu einer Show.<br />

Warum verwenden Partnersuchende gerade eines dieser sehr öffentlichen Medien<br />

wie Fernsehen, Internet oder Illustrierte und nicht herkömmliche Partnerinstitute oder<br />

die sehr altmodische Form der Heiratsannonce oder vertrauen ganz einfach auf das<br />

Schicksal?<br />

In den ersten Kapiteln (Kapitel 2 bis 6) wird die Partnersuche von der Vergangenheit<br />

bis zur Gegenwart beschrieben. Dabei wurde das Thema »Partnerschaft« aus dem<br />

Blickwinkel der Soziologen, aber auch der Psychologen betrachtet.<br />

Von modernen Partnersuchformen in den Medien handelt Kapitel 7 und in den<br />

anschließenden beiden Kapiteln gilt das Augenmerk dem Internet und der<br />

Partnersuche mittels Computer.<br />

Die Schlussbetrachtung in Kapitel 10 gibt einen groben Überblick über die<br />

Untersuchungsergebnisse sowie ein Abschlussresümee.<br />

B FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN<br />

Warum ist die Partnersuche im Internet so beliebt?<br />

� die Hemmschwelle ist durch den Computer geringer, weil der Erstkontakt<br />

mittels E-Mail erfolgt<br />

� Partnersuche ist nicht zeitabhängig, die Suche im Internet kann zu jeder<br />

Tageszeit erfolgen (ideal für Stressgeplagte)<br />

� die Auswahl an potentiellen Heiratskandidaten ist im Internet größer als<br />

bei herkömmlichen Partnerinstituten oder Annoncen in der Zeitung<br />

� wer sehr oft online ist, ist auch eher bereit, sich einen Partner im Netz zu<br />

suchen<br />

� es gibt einen Unterschied gegenüber der Partnersuche im Internet<br />

zwischen den Geschlechtern<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 9 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Besteht ein Unterschied zwischen Partnerinstituten und Online-Partnervermittlungen<br />

bzw Singlebörsen?<br />

� aufgrund mancher schwarzer Schafe gelten die herkömmlichen<br />

Partnerinstitute als unseriös<br />

� Partnerinstitute sind im Vergleich zum Internet teurer<br />

� die Vorauswahl trifft nicht eine Person des Partnerinstituts sondern ein<br />

Computerprogramm<br />

� Singlebörsen werden hauptsächlich von jungen Leuten genutzt<br />

C HYPOTHESEN<br />

H1: „Je häufiger in einer Singlebörse gesucht wird desto größer ist die Zuversicht<br />

bei der Partnersuche im Internet einen passenden Partner zu finden oder eine<br />

Beziehung einzugehen.“<br />

In den Singlebörsen sind mehr Männer registriert als Frauen, daher beziehen sich die<br />

folgenden drei Hypothesen auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern:<br />

H2: „Männer sind eher davon überzeugt, ihre zukünftige Partnerin bzw eine<br />

Beziehung im Internet zu finden als Frauen.“<br />

H3: „Männer betreiben die Partnersuche im Internet intensiver als Frauen.“<br />

H4: „Männer sind bei der Erstellung ihrer Profile bei der Online-Partnersuche<br />

offensiver als Frauen.“<br />

Der Zugang zum Internet ist nicht an einen privaten Internetanschluss gebunden,<br />

dies ist auch in einigen öffentlichen Einrichtungen oder Internetcafes möglich:<br />

H5: „Persönliche Erfahrungen bei der Internetpartnersuche werden hauptsächlich<br />

vom privaten Internetanschluss durchgeführt.“<br />

Wenn die Partnersuche hauptsächlich vom privaten Internetanschluss durchgeführt<br />

wird und wenn angenommen wird, dass ältere Personen keinen privaten<br />

Internetzugang haben führt dies zur nächsten Hypothese:<br />

H6: „Die Partnersuche im Internet ist hauptsächlich für junge Leute.“<br />

D UNTERSUCHUNGSDESIGN<br />

Für die Beantwortung dieser Hypothesen wurde ein Fragebogen verwendet (siehe<br />

Anlage). Da der Fokus der Arbeit auf der Partnersuche im Internet lag, war von<br />

Anfang an klar, dass die Befragung auch online erfolgen sollte. Weiters wurden<br />

Gespräche mit Personen geführt, die das Internet zur Partnersuche bereits<br />

verwendet haben.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 10 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Gefunden wurden die Internetadressen für die Fragebogenversendung hauptsächlich<br />

auf der Website von www.jobcenter.at/singlebörsen, aber auch in verschiedenen<br />

Zeitschriftenartikeln zu diesem Thema und durch Eigenrecherchen.<br />

Repräsentativität ist die grundlegende Eigenschaft von Erhebungen, da sie<br />

Aussagen über eine Grundgesamtheit zulassen, somit ein "verkleinertes Abbild der<br />

Bevölkerung" darstellen. Hierfür sind die Angabe folgender Charakteristika der<br />

Stichprobentechnik und Erhebungsmethode wichtig:<br />

� Die Erhebungsmethode (telefonisch, persönlich, per Post, E-Mail, etc)<br />

� Angabe der Stichprobentechnik (das Auswahlverfahren)<br />

o Zufallstichprobe (Ausschöpfungsquote)<br />

o Quotenstichprobe (Quotenmerkmale)<br />

� Zahl der realisierten Elemente (nach Abzug von Verweigerungen)<br />

� Gewichtungsverfahren<br />

Ob eine genügende Genauigkeit erreicht worden ist, kann oft mit einem Vergleich<br />

zwischen den geschätzten und bekannten Werten beurteilt werden, z.B. ob<br />

Schätzungen von Altersstruktur, Bildungsniveau, Familienstand o.ä. den Ergebnissen<br />

amtlicher Veröffentlichungen entsprechen.<br />

Ein Vergleich der Sozialstatistik des Fragebogens mit den Daten des Mikrozensus<br />

der Statistik Austria aus dem Jahr 2005 (Quelle: Statistik Austria,<br />

http://www.statistik.at/mikrozensus/gratis.shtml, abgefragt am 5.November 2006)<br />

ergab folgendes Ergebnis:<br />

Tabelle 1 - Häufigkeit bei Frage 21: Geschlecht<br />

Gültig<br />

1 männlich<br />

2 weiblich<br />

Gesamt<br />

F21 Geschlecht<br />

Tabelle 2 – Häufigkeit Geschlecht (Mikrozensus 2005)<br />

Gültig<br />

1 Männlich<br />

2 Weiblich<br />

Gesamt<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

79 54,9 54,9 54,9<br />

65 45,1 45,1 100,0<br />

144 100,0 100,0<br />

BSEX Geschlecht<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

4841 48,6 48,6 48,6<br />

5112 51,4 51,4 100,0<br />

9953 100,0 100,0<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 11 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Den Fragebogen haben mehr Männer als Frauen ausgefüllt, für die Auswertung<br />

ergab dies ein Verhältnis von 55% Männern zu 45% Frauen. Im Vergleich dazu die<br />

Daten aus dem Mikrozensus, wo das Verhältnis 48% Männer zu 52% Frauen beträgt.<br />

Tabelle 3 – Häufigkeit bei Frage 22: Familienstand<br />

Gültig<br />

1 ledig<br />

2 verwitwet<br />

3 verheiratet<br />

4 geschieden<br />

Gesamt<br />

F22 Familienstand<br />

Tabelle 4 – Häufigkeit Familienstand (Mikrozensus 2005)<br />

Gültig<br />

1 Ledig<br />

2 Verheiratet<br />

3 Verwitwet<br />

4 Geschieden<br />

Gesamt<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

84 58,3 58,3 58,3<br />

1 ,7 ,7 59,0<br />

35 24,3 24,3 83,3<br />

24 16,7 16,7 100,0<br />

144 100,0 100,0<br />

BFST Familienstand<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

4168 41,9 41,9 41,9<br />

4565 45,9 45,9 87,7<br />

641 6,4 6,4 94,2<br />

579 5,8 5,8 100,0<br />

9953 100,0 100,0<br />

Die Daten beim Familienstand differieren ganz deutlich, was auch zu erwarten war.<br />

Da der Fragebogen die Partnersuche betraf und dies ein Thema ist, das vorwiegend<br />

Single betreiben, ist die Gruppe der Verheirateten gegenüber dem Mirkozensus klar<br />

unterrepräsentiert (24,3% zu 45,9%).<br />

Tabelle 5 – Häufigkeit bei Frage 20: Alter (kategorisiert)<br />

Gültig<br />

1 (- 29)<br />

2 (30 - 45)<br />

3 (46 +)<br />

Gesamt<br />

F20_KAT Alter kategorisiert<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

63 43,8 43,8 43,8<br />

57 39,6 39,6 83,3<br />

Tabelle 6 – Häufigkeit Alter kategorisiert (Mirkozensus 2005)<br />

Gültig<br />

1 (- 29)<br />

2 (30 - 45)<br />

3 (46 +)<br />

Gesamt<br />

24 16,7 16,7 100,0<br />

144 100,0 100,0<br />

BALT_KAT Alter kategorisiert<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

3514 35,3 35,3 35,3<br />

2591 26,0 26,0 61,3<br />

3848 38,7 38,7 100,0<br />

9953 100,0 100,0<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 12 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Auch beim Alter gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Daten des<br />

Fragebogens und den Daten des Mikrozensus. Die Gruppen der 29-Jährigen und der<br />

30 – 45-Jährigen sind deutlich überrepräsentiert, die Gruppe der über 46-Jährigen<br />

dagegen erheblich unterrepräsentiert.<br />

Tabelle 7 – Häufigkeit bei Frage 30: höchste abgeschlossene Schulbildung<br />

Gültig<br />

Fehlend<br />

Gesamt<br />

F30 höchste abgeschlossene Schulbildung<br />

2 HS<br />

3 Poly<br />

4 Lehre<br />

5 BHS<br />

6 Matura<br />

7 FH<br />

8 Uni<br />

Gesamt<br />

99 k.A.<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

4 2,8 2,8 2,8<br />

3 2,1 2,1 4,9<br />

26 18,1 18,3 23,2<br />

18 12,5 12,7 35,9<br />

61 42,4 43,0 78,9<br />

2 1,4 1,4 80,3<br />

28 19,4 19,7 100,0<br />

142 98,6 100,0<br />

2 1,4<br />

144 100,0<br />

Tabelle 8 – Häufigkeit Höchste abgeschlossene Bildung (Mikrozensus 2005)<br />

Gültig<br />

XKARTAB Höchste abgeschl. Bildung (nat. Darstellung)<br />

-3<br />

1 Pflichtschule/keine Pflichtschule<br />

2 Lehrabschluss (Berufsschule)<br />

3 Berufsbild. mittlere Schule (ohne Berufsschule)<br />

4 Allgemeinbildende höhere Schule<br />

5 Berufsbildende höhere Schule<br />

6 BHS-Abiturientenlehrgang, Kolleg<br />

7 Hochschulverw. LA, Universitätslehrgänge<br />

8 Universität, Fachhochschule<br />

Gesamt<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

1771 17,8 17,8 17,8<br />

2426 24,4 24,4 42,2<br />

2896 29,1 29,1 71,3<br />

1170 11,8 11,8 83,0<br />

379 3,8 3,8 86,8<br />

531 5,3 5,3 92,2<br />

83 ,8 ,8 93,0<br />

222 2,2 2,2 95,2<br />

475 4,8 4,8 100,0<br />

9953 100,0 100,0<br />

Die Gruppe der Maturanten, Hochschul- und Universitätsabsolventen ist bei der<br />

Beantwortung des Fragebogens mit 64,1% klar überrepräsentiert im Gegensatz zum<br />

Mikrozensus mit 16,9%.<br />

Die Daten der Untersuchung entsprechen somit leider nicht den beschriebenen<br />

Kriterien der Repräsentativität und die Ergebnisse können nicht für die<br />

Grundgesamtheit geltend gemacht werden.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 13 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

1 DAS FRAGEBOGEN-LAYOUT<br />

Gestaltet wurde der Fragebogen als Word-Formular, wodurch die Interviewten den<br />

Fragebogen leicht selber ausfüllen konnten, wobei es ihnen jedoch nicht möglich war<br />

Veränderungen des Textes vorzunehmen. Gegliedert wurde er in drei Abschnitte:<br />

� Fragen zur Internet-Partnersuche<br />

� Angaben zur Person<br />

� Fragen zu Internetgewohnheiten<br />

2 UNTERSUCHUNGSVERLAUF<br />

Von den 46 Instituten, die den Fragebogen erhalten haben, haben sich lediglich vier<br />

(www.allesliebe.at; www.fastdating.at; www.flirt.landwirt.com und www.websingles.at)<br />

bereit erklärt den Fragebogen an ihre Mitglieder zu versenden bzw einen Link zu<br />

diesem Fragebogen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Sieben Agenturen haben<br />

abgelehnt, mit teilweise interessanten Argumenten:<br />

� Bedauerlicherweise kann ich Ihnen keine Zusage erteilen. Wie sie sich<br />

vorstellen können, bekommen wir wöchentlich mehrere Anfragen dieser<br />

Art. Diese alle zuzulassen würde für Flirtbörsennutzer eine ständige<br />

Abfragerei bedeuten. Und wenn wir manche zulassen und andere nicht,<br />

wäre dies kein fairer Zug von uns.<br />

� Leider können wir Ihrer Bitte zurzeit jedoch nicht nachkommen. Wir haben<br />

bereits mit mehreren Universitäten und Doktoranden zusammengearbeitet<br />

und diese bei ihren Arbeiten unterstützt und sind interessiert an dieser Art<br />

der Forschung. Eine Befragung unserer User jedoch ist sehr<br />

arbeitsintensiv und kommt daher für uns leider nicht in Frage.<br />

� Leider muss ich ihnen eine negative Rückmeldung überbringen, wir waren<br />

zwar bemüht und haben zuerst vier Kunden angerufen, um sich ein Bild zu<br />

machen, wie die Leute reagieren, aber leider sind wir dabei auf keine<br />

Gegenliebe gestossen - sie müssen sich vorstellen, Partnersuchende<br />

welche unsere Dienstleistung in Anspruch nehmen, wollen dies äusserst<br />

diskret gehandhabt wissen.<br />

� An User schicken wir generell keine Unterlagen raus. Wir können Ihnen<br />

gerne ein paar Fragen beantworten, wenn Ihnen das weiterhilft. Allerdings<br />

brauchen wir für Auskünfte dieser Art immer ein Bestätigungsschreiben<br />

der Uni, dass es sich um eine Dipl.-Arbeit handelt.<br />

Der Fragebogen wurde zusätzlich im Freundes- bzw Kollegenkreis (an ca. 2.000<br />

Mailadressen) im Schneeballsystem per E-Mail verschickt. Dies auch deshalb um zu<br />

erfahren, wie die Einstellung zur Internetpartnersuche von jenen ist, die sich noch<br />

nicht intensiver damit beschäftigt haben und auch noch nicht registriert sind. Weiters<br />

habe ich den Fragebogen auf meiner Homepage abgespeichert und den Link in<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 14 VON 123


KAPITEL 1 - EINFÜHRUNG<br />

Chattforen hinterlegt. Da jedoch keine exakten Zahlen darüber existieren, wie viele<br />

E-Mail-Adressen der Fragebogen erreicht hat, können auch keine Angaben über die<br />

Rücklaufquote gemacht werden. Für die Auswertungen standen 144 ausgefüllte<br />

Fragebogen zur Verfügung. Ein Grund für den relativ geringen Rücklauf könnten die<br />

sehr persönlichen Fragen sein aber auch die Flut an E-Mails, die die Singlebörsen<br />

erhalten und weiterleiten sollen.<br />

Durchgeführt wurde die Untersuchung im Mai 2006. Aufgrund der sehr lange<br />

dauernden Rückantworten der Online-Partnerinstitute wurde der Fragebogen bzw<br />

der Link zum Fragebogen im Juni 2006 noch einmal ausgesendet, wodurch die<br />

Anzahl der ausgefüllten Fragebögen noch einmal gesteigert werden konnte. Die<br />

Gesamtdauer der Untersuchung erstreckte sich somit auf zwei Monate (Mai und<br />

Juni 2006). Die Probanden sind Internetuser, die entweder bei einer Partnerbörse<br />

registriert sind, den Link mittels E-Mail oder Newsletter erhalten haben bzw dem Link<br />

in einem Internetforum gefolgt sind. Grundsätzlich wurden auch jene Fragebögen in<br />

die Auswertung mitaufgenommen, die einige Fragen nicht ausreichend beantwortet<br />

haben und dementsprechend kodiert wurden.<br />

Für die Auswertungen wurden 25 Fragen herangezogen. Aufgrund der sehr geringen<br />

Anzahl an Registrierten in Partnervermittlungsbörsen (13,7% der Probanden sind in<br />

Partnervermittlungsinstituten und 86,3% in Singlebörsen registriert) war ein Vergleich<br />

von Usern beider Partnersuchbörsen leider nicht sinnvoll interpretierbar und wurde<br />

daher nicht durchgeführt.<br />

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Kapitel 2<br />

PARTNERWAHL –<br />

VON DER ARRANGIERTEN EHE ZUR LIEBESHEIRAT<br />

KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

„LIEBER SCHLESIEN VERLOREN ALS DEN GEHEIRATET!“<br />

Maria Theresia (1717-1780),<br />

österreichische Kaiserin und ungarische Königin<br />

In der Vergangenheit und auch heute gibt es Situationen, in denen Menschen von<br />

der Existenz des Anderen überwältigt sind, „so dass sie nichts sehnlicher wünschten,<br />

als ihr Leben in der Körperzone des anderen zu leben“ (Dux, 1994, S.18). Die<br />

Annahme, dass es Liebe zu allen Zeiten gegeben habe wird nachdrücklich in Abrede<br />

gestellt. Es entspricht einer in der Literatur auch heute noch weit verbreiteten<br />

Vorstellung, dass die Menschen in der Frühzeit der Geschichte, zum Teil noch in den<br />

Sammler- und Jägergesellschaften, promisk 5 gelebt hätten (vgl. Dux, 1994, S.17f).<br />

Sie lebten in Gruppen und paarten sich mit dem, den sie gerade trafen und nach<br />

dem ihnen der Sinn stand. In einer anderen Vorstellung lebten sie in Gruppen als<br />

Brüder und Schwestern und teilten sich die PartnerInnen (vgl. Dux, 1994, S.158f).<br />

Die Annahme, die Frühzeit der menschlichen Gattung sei eine Zeit ausschweifender<br />

Promiskuität, ist ein Mythos und wie alle Mythen beruht sie auf den vorgefundenen<br />

Funden der Vergangenheit, von der wir keine Zeugnisse haben. Nirgends gibt es<br />

empirische Belege für diese Lebensform.<br />

Die Partnerwahl hat sich in den letzten Jahrhunderten sehr entscheidend verändert.<br />

Früher waren Beziehungen stark von den – meist autoritären – Vorschriften der<br />

Eltern oder der Gesellschaft geprägt. Moralische, religiöse, sittliche und<br />

wirtschaftliche Tabus und Zwänge engten die Wahl ein und eine »Liebesheirat« war<br />

unvorstellbar. Die Heiratskandidaten wurden innerhalb der Gesellschaftsschicht<br />

ausgewählt, wobei meist die Eltern des Mannes bei der Familie der zukünftigen<br />

Gattin um die Hand anhielten. Die Frau konnte diese Wahl ablehnen oder<br />

annehmen, aber sie hatte keine Chance, sich selber einen Kandidaten zu wählen.<br />

5 Promiskuität (lat.) allgemeiner ungeregelter Geschlechtsverkehr, ohne gegenseitige Bindung auf<br />

längere Zeit. (Das moderne Lexikon, Lexikothek Verlag GmbH, Gütersloh, 1972, Band 15, S. 112)<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Die Partnerwahl war keine Privatangelegenheit zweier Menschen sondern erfolgte<br />

unter Einbeziehung von ökonomischen und politischen Komponenten.<br />

Historisch gesehen war Landbesitz die erste Quelle des Reichtums. Die Herrscher im<br />

frühen Mittelalter mussten noch ohne der heutigen Technologie wie Handy und<br />

Computer auskommen und sie setzten für die Kontrolle ihrer erbeuteten, weit entfernt<br />

gelegenen, Ländereien Vertrauensleute treuhändisch ein – in Form von Lehen. Im<br />

Laufe der Generationen verleibten sich diese »Lehensherren« diese Grundstücke als<br />

persönliches Eigentum ein. Die Partnerwahl war und ist bis heute ein zentrales<br />

Element der „Reproduktion von Strukturen sozialer Ungleichheit und<br />

gesellschaftlicher Macht über den Wechsel der Generationen.“ (Gestrich, 2003,<br />

S.484). Besonders in der Oberschicht bietet die Heirat die Möglichkeit Macht, Geld<br />

und Ansehen über Generationen zu erhalten. Aber auch in anderen Gesellschaften<br />

versuchen Eltern und Verwandte die Partnerwahl der nachwachsenden Generation<br />

in Bezug auf soziale und wirtschaftliche Aspekte zu beeinflussen.<br />

A TYPEN DER PARTNERWAHL<br />

Der Soziologe William Goode erarbeitete fünf Typen der Partnerwahl (vgl. Gestrich,<br />

2003, S.484f):<br />

VERHEIRATUNG VON PERSONEN <strong>IM</strong> KINDESALTER<br />

Dies ist die wohl radikalste Form, die jeder selbstständigen Partnerwahl keine<br />

Chance bietet. Kaum vorstellbar, aber dies ist in vielen Gesellschaften noch immer<br />

eine akzeptierte Vorgehensweise.<br />

VERHEIRATUNG INNERHALB DER VERWANDTSCHAFT<br />

Ist der vorhergehenden Form sehr ähnlich, jedoch wird der jeweilige Partner<br />

innerhalb einer bestimmten Gruppe (weitere Verwandtschaft, Clan) ausgewählt.<br />

Diese Form der »Clanendogamie« 6 wurde seit dem Mittelalter durch die christliche<br />

Kirche bekämpft und war im europäischen Kontext nicht üblich.<br />

6 Endogamie: die Heirat innerhalb eines Stammes oder einer hinduistischen Kaste<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 17 VON 123


SEGREGATION DER GESCHLECHTSREIFEN JUGENDLICHEN<br />

KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Die geschlechtsreifen Jugendlichen werden von potentiellen Heiratspartnern<br />

getrennt, entweder durch räumliche Trennung (z.B. Mädchenpensionat) oder durch<br />

die Begrenzung der Ehepartner auf Personen außerhalb des eigenen Dorfes bzw<br />

des weiteren Umfeldes der Jugendlichen. Die Ehepartner werden von den Eltern<br />

ausgewählt oder es wird eine Kontaktmöglichkeit für die Wahl arrangiert, die sich nur<br />

auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt.<br />

ÜBERWACHTE JUGENDLICHE<br />

Die Jugendlichen werden überwacht, aber nicht strikt voneinander getrennt und<br />

haben generell freie Partnerwahl. Die Entfaltung emotionaler Beziehungen ist<br />

erwünscht, wobei sexueller Kontakt strikt verboten bleibt, damit die Jungfräulichkeit<br />

der Braut gewahrt ist.<br />

FREIE PARTNERWAHL<br />

Dieser Typ beruht allein auf der Entfaltung emotionaler Bindungen zwischen den<br />

Partnern. Die Wahl wird durch die Eltern indirekt gesteuert, indem der<br />

Bekanntenkreis sozial und regional eingeschränkt wird. Die voreheliche sexuelle<br />

Annäherung wird nicht ausgeschlossen, da die erotische Anziehung als wichtiger Teil<br />

der späteren Partnerbeziehung anerkannt wird. Diese Form der Partnerwahl gilt<br />

heute zumindest in der westlichen Welt, aber nicht in allen Teilen Europas, als<br />

Normalform.<br />

Diese fünf Typen könnten auch als Skala gesehen werden: an einem Ende steht die<br />

arrangierte Ehe, wo Liebe als „lächerliche oder tragische Verwirrung angesehen wird“<br />

(Gestrich, 2003, S.485) und am anderen Ende gilt es als beschämend jemand zu<br />

heiraten, für den keine Liebe empfunden wird. Für das neuzeitliche Europa wurden<br />

Goodes Beobachtungen aufgegriffen und daraus drei Modelle der Partnerwahl<br />

entwickelt (vgl. Gestrich, 2003, S.488-504):<br />

DAS AUTORITÄRE MODELL: DIE ARRANGIERTE EHE<br />

Bei dieser Form haben die Eltern und die Verwandtschaft den größten Einfluss auf<br />

die Partnerwahl. Die Ehen werden meist frühzeitig von den Familien arrangiert. In<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 18 VON 123


KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

verschiedenen Regionen Nordafrikas, Chinas, Indiens und Japans sind diese Ehen<br />

auch heute noch anzutreffen, wenngleich sich in den städtischen Bereichen die freie<br />

Partnerwahl durchgesetzt hat. In Europa waren nach dem kanonischen Kirchenrecht<br />

und nach der protestantischen Kirchenordnung arrangierte Ehen ohne freie<br />

Zustimmung der Partner nicht rechtmäßig. Daher war auch die Verheiratung<br />

unmündiger Kinder verboten. Besonders weit verbreitet war das Arrangieren der<br />

Ehen im europäischen Hochadel, diese »Staatsheiraten« waren Bestandteil der<br />

großen Diplomatie. Aber auch im niederen Adel wurden meist politische Ehen<br />

geschlossen und die Kinder sehr früh verlobt und verheiratet. Gewöhnlich wurde<br />

allerdings in diesen Fällen jahrelang auf den Vollzug der Ehe verzichtet – der junge<br />

Ehemann ging seiner Ausbildung nach, die junge Frau lebte weiterhin bei ihren<br />

Eltern. In England war dies bei minderjährigen, verwaisten Adeligen oft die einzige<br />

Möglichkeit, die Übergabe des Eigentums unter die Verwaltung und Nutzung durch<br />

die Krone zu verhindern, da mit der Heirat auch die Mündigkeit und somit die<br />

Besitzübertragung verbunden waren.<br />

Aber nicht nur beim Adel gab es die Zwangsverheiratung unmündiger Kinder, auch in<br />

anderen gesellschaftlichen Ständen und Schichten wurden in Europa bis weit in das<br />

19.Jahrhundert Ehen arrangiert, allerdings wurden diese meist durch<br />

Heiratsvermittler angebahnt – entweder Verwandte oder Freunde, aber auch<br />

Familienfremde. Die Verhandlungen über die künftigen Rechte und Pflichten wurden<br />

ohne die Eheleute geführt, meist durch Vater und/oder Bruder, trotzdem konnte<br />

gegen den Willen der zukünftigen Ehepartner keine Ehe geschlossen werden. Diese<br />

autoritäre Form der Partnerwahl blieb vor allem im bäuerlichen Bereich bis ins<br />

20.Jahrhundert eine besondere Form der familiären Solidarität, da die Familie ein<br />

Anrecht darauf hatte, eine schlechte Versorgung der Töchter und Schwestern zu<br />

vermeiden.<br />

DAS GEMEINDE- ODER MILIEUZENTRIERTE MODELL<br />

Neben der Form der arrangierten Ehe existierte – häufig zeitlich und räumlich<br />

parallel – auch die Möglichkeit, innerhalb des engen Rahmens der Ehegesetzgebung<br />

(auch bei Mündigkeit war bis weit ins 19.Jahrhundert in der Regel die Zustimmung<br />

der Eltern bei der Eheschließung erforderlich) einen größeren Spielraum bei der<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 19 VON 123


KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Partnersuche zu erreichen. Die Phase des Kennen lernens fand unter zusätzlicher<br />

Kontrolle der Gemeinden statt und war in den ländlichen Gebieten Europas weit<br />

verbreitet. Die männliche Jugend schloss sich zu Burschenschaften oder<br />

wohnbezirks- oder milieugebundenen Jugendorganisationen zusammen, um die dort<br />

wohnenden heiratsfähigen Mädchen zu kontrollieren. Die Burschenschaften waren<br />

zuständig für eine kollektiv organisierte Annäherung (auf Dorftänzen, in Lichtstuben 7 ,<br />

beim Fensterln in Bayern und Österreich, bei Sparziergängen, beim Nachtfreien und<br />

bei Kiltgängen 8 ) zwischen Burschen und Mädchen und versuchten Freier aus<br />

anderen Orten abzudrängen.<br />

Die dörfliche Jugend stellte dieses System der jugendautonomen Partnersuche nicht<br />

in Frage, verband es mit größeren Freiräumen für das Kennen lernen und die ersten<br />

sexuellen Annäherungen. Die Jugendgruppen in den Städten trugen durch ihre<br />

Kontrolle und Abwehr fremder Jugendlicher zur Beschränkung der Partnerwahl bei.<br />

Durch die Aktivitäten der Jugendlichen kam es zu einer relativen Bevorzugung von<br />

Gleichaltrigen. Früher bestand ein erheblicher Altersunterschied zwischen den<br />

Ehepartnern, vorwiegend durch das wesentlich höhere Alter des Mannes. Dies war<br />

eine nicht unwesentliche Voraussetzung für eine gewisse Gleichberechtigung der<br />

Ehefrauen. Weiters konnten die Jugendlichen verhindern, dass Mitglieder ihrer<br />

Generation mit Witwen oder Witwern verheiratet wurden.<br />

DAS „LIBERALE“ MODELL DER PARTNERWAHL<br />

Bei dieser Form der Partnerwahl wird die Suche nicht durch gezielte Eingriffe oder<br />

durch Aufsicht von außen gesteuert. Das bedeutet jedoch nicht, dass<br />

Standeszugehörigkeit, soziale Schicht oder Konfession auf die Partnerwahl keinen<br />

Einfluss mehr hatten. Ganz im Gegenteil – die inneren Werte des Partners oder der<br />

7 Orte der ländlichen Arbeitsgeselligkeit; dort trafen sich während der Wintermonate die Frauen und<br />

Mädchen zur gemeinsamen Arbeit, angeblich um Licht zu sparen (Gestrich, 2003, S.495f)<br />

8 Der nächtliche Besuch von jungen Männern bei ihren Geliebten war eine weit verbreitete und meist<br />

brauchmäßig regulierte und kontrollierte Form der Eheanbahnung (vor allem im Alpenraum und in<br />

Skandinavien). Mit 16 durften die Jungen bei den Mädchen in voller Montur auf der Bettdecke<br />

liegen, mit 17 durften sie dabei die Jacke ausziehen, mit 18 angezogen unter der Bettdecke liegen<br />

usw. Übertreter wurden streng bestraft. Solche Bräuche sind nicht gleichzusetzen mit sexueller<br />

Promiskuität, denn die Erlaubnis zum Beischlaf war in der Regel an das Eheversprechen<br />

gebunden. (Gestrich, 2003, S.496f)<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 20 VON 123


KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Partnerin, die Schicht- oder Klassenzugehörigkeit sowie die Bildungs- und<br />

Umgangsformen beeinflussten gerade diese Form der Wahl ganz besonders. Es gab<br />

auch ganz klare Erwartungshaltungen auf Seiten der jeweiligen Familie, die sich<br />

jedoch nicht so bemerkbar machten wie bei den arrangierten Ehen.<br />

Seit dem ausgehenden 18.Jahrhundert – vorerst in der Fabriksarbeiterschaft –<br />

nahmen sich Jugendliche die Freiheit einer autonomen Partnerwahl, die nicht vom<br />

Erbe der Eltern abhängig war. In der großstädtischen Anonymität entwickelten sich<br />

eheähnliche Lebensverhältnisse, mit denen die rechtlichen, wirtschaftlichen oder<br />

sozialen Anforderungen für eine Eheschließung unterlaufen wurden. In<br />

Großbritannien konnte sich aufgrund dieser Voraussetzungen eine sehr liberale<br />

Kultur der Partnerwahl etablieren. Für eine Frau aus der städtischen Unterschicht<br />

war es durchaus kein moralischer Makel ein uneheliches Kind zu bekommen; für<br />

einen Mann nur dann, wenn er nicht bereit war, für den Unterhalt dieses Kindes zu<br />

bezahlen. Viele Frauen bevorzugten sogar die Form der Alimente, da sie so keine<br />

rechtlichen und sozialen Einschränkungen wie in einer Ehe auf sich zu nehmen<br />

hatten. Auch in Frankreich entwickelte sich im 19.Jahrhundert eine unverheiratete Art<br />

des Zusammenlebens unter den Arbeitern, die »concubinage«, eine Art Ehe auf<br />

Probe. Solche Beziehungen wurden erst bei der Geburt eines Kindes legalisiert oder<br />

wenn genug Vermögen vorhanden war, sodass der Mann die Familie ohne<br />

Einkommen der Frau ernähren konnte.<br />

B KRITERIEN FREIER PARTNERWAHL<br />

War im 18.Jahrhundert in den bürgerlichen Kreisen die religiöse Übereinstimmung<br />

der künftigen Ehepartner von Bedeutung so wurde die Liebesheirat europaweit ein<br />

zentrales Thema in der Literatur, allerdings noch keine »romantische« sondern eine<br />

»vernünftige« Liebe. Kriterien der Partnerwahl sollten nicht Besitztümer sondern<br />

moralische Qualitäten der Partner sein. Erst seit der Wende zum 19.Jahrhundert<br />

entwickelte sich – vorerst literarisch – die Erotik in der Liebe. Durch die Freigabe der<br />

Sexualität als Teil der Partnersuche bei den Jugendlichen im ausgehenden<br />

20.Jahrhundert wurde die erotische Dimension zu einem entscheidenden Kriterium<br />

bei der Partnerwahl. Voreheliches Zusammenleben vor der Ehe ist heute in allen<br />

Gesellschaftsschichten zur Normalität geworden (vgl. Gestrich, 2003, S.502).<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Dass bei der bürgerlichen Oberschicht im 19.Jahrhundert trotz der Entwicklung der<br />

romantischen Liebe bei der Partnerwahl noch immer auf die materiellen Umstände<br />

geachtet wurde zeigen die Heiratsannoncen jener Zeit deutlich. Die Personen<br />

suchten zwar nach Liebe, dennoch hielten sie nach Partnern Ausschau, deren<br />

Einkommen und Besitz die soziale Stellung festigen konnte. Ein Mann gab in seiner<br />

Annonce ganz ungeniert sein Einkommen an und erwartete im Gegenzug eine<br />

großzügige Mitgift der Braut. Dazu ein Beispiel aus einem weit verbreiteten<br />

Briefsteller 9 des 19.Jahrhunderts:<br />

„Ein Mann von 45 Jahren, fester Gesundheit, angenehmem Äußern und<br />

einem jährlichen Einkommen von 1500 Mark, wünscht eine Lebensgefährtin<br />

von gutem Ruf, gefälligem Äußern, Sinn für Häuslichkeit und einer Bildung,<br />

wie sie in dem Bürgerstand größerer Städte zu finden ist. Einiges Vermögen<br />

wäre dabei erwünscht, ist jedoch nicht unumgänglich nötig, sofern nur eine<br />

gute Ausstattung 10 vorhanden ist. Das Alter dürfte nicht über 30 Jahre sein.“<br />

(Gestrich, 2003, S.503)<br />

Im 20.Jahrhundert änderte sich daran grundsätzlich wenig, ganz im Gegenteil.<br />

Speziell für Frauen, die traditionell leichter über ihre Herkunftsschicht heiraten<br />

konnten, nahm in den letzten Jahrzehnten die soziale Heiratsmobilität sogar ab.<br />

Ganz besonders die Bildung (kulturelles Kapital; siehe S.66) führte im 20.Jahrhundert<br />

zu einer Begrenzung der Heiratskreise. Der erworbene Status der Frau und das<br />

damit verbundene Einkommen wurde immer mehr zur Mitgift, die ebenfalls<br />

einzubringen war. Die Männer waren eher bereit, ökonomisch weniger potente<br />

Frauen als Ehepartnerinnen zu akzeptieren. Eine Heiratsannonce, die<br />

Symbolcharakter für beide Geschlechter haben würde, könnte zu jener Zeit diesen<br />

Text haben:<br />

„Selbständiger sucht kulturelles Kapital zwecks Einheirat in die gehobenen<br />

Stände und bietet Bildungsbürgerin solventen Hausstand zur Verwirklichung<br />

ihrer vielfältigen musischen Interessen“. (Gestrich 2003, S.504)<br />

9 Deutscher Reichs-Universal-Briefsteller oder Musterbuch zur Abfassung aller in den allgemeinen<br />

und freundschaftlichen Lebensverhältnissen sowie im Geschäftsleben vorkommenden Briefe,<br />

Dokumente und Aufsätze. Ein Hand- und Hilfsbuch für Personen jedes Standes von H.Th.Traut,<br />

Leipzig, aus dem Jahre 1886.<br />

10 Mitgift<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

C DER EINFLUSS DES BILDUNGSSYSTEMS AUF DIE<br />

PARTNERWAHL<br />

Die Antwort auf die Frage „Wer heiratet wen“ ist meist eine Reproduktion der<br />

sozialen Ungleichheit einer Gesellschaft. Von einer homogamen Ehe wird dann<br />

gesprochen, wenn die Partner die gleichen oder ähnlichen Ressourcen in Bezug auf<br />

Bildung und Berufsposition haben. Heterogame Ehen sind dadurch gekennzeichnet,<br />

dass durch die Heirat ein bedeutsamer Ausgleich für einen der Partner in Bezug auf<br />

bisher erfahrene Benachteiligungen in der Gesellschaft erfolgt.<br />

Wenn diese Bildungshomogamie im historischen Verlauf noch weiter zunimmt, führt<br />

dies zwangsläufig nicht nur zu einer Verstärkung sozialer Ungleichheiten zwischen<br />

Ehepaaren, sondern auch zu einer wachsenden Differenzierung sozialer Chancen<br />

der jeweils nächsten Generation. Die wichtigste Erkenntnis der Studie von Blossfeld<br />

und Timm zeigt eine starke positive Korrelation 11 zwischen den Merkmalen »soziale<br />

Herkunft« und »Bildungsniveau« der Heiratspartner. Daher lässt sich auch vermuten,<br />

dass es auch in modernen Gesellschaften Kräfte gibt, die soziale Ungleichheit<br />

reproduziert und somit die Wahl der Ehepartner beeinflusst.<br />

Da sowohl Frauen als auch Männer heutzutage zur Heirat nicht mehr gezwungen<br />

werden, stellt sich die Frage, welche Mechanismen Einfluss darauf haben, dass noch<br />

immer eine weitgehende Reproduktion sozialer Ungleichheiten durch eine Heirat<br />

erfolgt bzw umgekehrt formuliert warum es einer nicht unbedeutenden Zahl von<br />

Männern und Frauen dennoch gelingt, diesen Kräften der sozialen Reproduktion zu<br />

entkommen und Partner zu heiraten, die ihrem Herkunftsstatus und ihrem<br />

Bildungsniveau nicht entsprechen.<br />

Unter Verwendung einer 4-stufigen Bildungsklassifikation (Stufe 1 = Volksschul-<br />

/Hauptschulabschluss oder mittlere Reife ohne Beraufsausbildung; Stufe 2 =<br />

Volksschul-/Hauptschulabschluss oder mittlere Reife mit Berufsausbildung oder<br />

Abitur mit und ohne Berufsausbildung; Stufe 3 = Fachhochschulabschluss und<br />

11 Es gibt positive und negative Korrelationen. Ein Beispiel für eine positive Korrelation (je mehr,<br />

desto mehr) ist: Je mehr Futter, desto dickere Kühe. Ein Beispiel für eine negative Korrelation (je<br />

mehr, desto weniger) ist: Je mehr Verkauf von Regenschirmen, desto weniger Verkauf von<br />

Sonnencreme.<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Stufe 4 = Hochschulabschluss) wurden für Ehefrauen und –männer eine empirische<br />

Entwicklung der Aufwärts-, Abwärts- und homogamen Eheschließungen über<br />

Geburtskohorten 12 dargestellt. Zusätzlich wurde die theoretische Entwicklung dieser<br />

Heiratsmuster unter der Bedingung statistischer Unabhängigkeit 13 berechnet.<br />

Folgende Ergebnisse dieser empirischen Entwicklung sind dabei bemerkenswert<br />

(siehe dazu Tabelle 9, Blossfeld und Timm, 2001, S.443ff):<br />

1 Der Anteil bildungshomogamer Ehen hat sich von den älteren Kohorten zu den<br />

jüngeren fast kontinuierlich von etwa 44% (43,9% bei den Frauen und 44,8%<br />

bei den Männern) auf etwas über 70% (70,0% bei den Frauen und 71,5% bei<br />

den Männern) stark erhöht. Die Unterschiede für Ehemänner und Ehefrauen in<br />

den verschiedenen Geburtskohorten sind darauf zurückzuführen, dass sich das<br />

Lebensalter der Ehepartner zum Heiratszeitpunkt häufig unterscheidet und die<br />

Männer und Frauen deswegen zum Teil unterschiedlichen Geburtskohorten<br />

angehören. (Nicht beachtet wurden die Randkohorten zwischen 1900 – 1918<br />

und 1964 – 1978, da diese schwer zu interpretieren waren).<br />

2 Die Tabelle zeigt deutlich, dass der Anteil der aufwärtsheiratenden Frauen und<br />

gegengleich der abwärtsheiratenden Männer bei den älteren Kohorten<br />

außerordentlich hoch ist. Ein Grund dafür ist sicher die bei den älteren Kohorten<br />

wirksame soziale Norm, nach der die Frauen weniger Wert auf eine eigene<br />

Bildung legten und mehr darauf achteten einen Mann zu heiraten, der höher<br />

qualifiziert war oder zumindest das gleiche Bildungsniveau hatte, da die<br />

Ehemänner für die lebenslange Erwerbsarbeit zuständig waren.<br />

3 Diese traditionelle Ehe verliert in den folgenden Jahren deutlich an Boden, z.B.<br />

betrug der Anteil bei den 1929 – 1933 geborenen Frauen 54,4% und war bei<br />

der Kohorte 1959 – 1963 auf einen Anteil von 21,6% gesunken.<br />

4 Trotz allem gab es immer einen kleinen Prozentsatz von Frauen und Männern,<br />

die diese traditionelle Heiratsnorm nicht befolgten. Dieser Anteil blieb über den<br />

Verlauf der Kohorten immer auf einem relativ stabilen Niveau von 4,0 – 8,4%<br />

bei den abwärtsheiratenden Frauen bzw 5,9 – 7,7% bei den<br />

aufwärtsheiratenden Männern.<br />

12 Häufig sind Studien als Kohortenuntersuchungen angelegt. Durch den Vergleich der Lebensläufe<br />

von verschiedenen Jahrgängen (Geburtskohorten) erschließt sich oft erst das Ausmaß sozialen<br />

Wandels. Die Zugehörigkeit zu einer Geburtskohorte wird z.B. durch das Geburtsjahr (z.B. 1950)<br />

oder eine Zeitspanne (z.B. zwischen 1950 bis 1955) festgelegt, in die die Geburt fällt. (Diekmann,<br />

1995, S. 279).<br />

13 Sind zwei Variablen X (unabhängige Variable) und Y (abhängige Variable) statistisch völlig<br />

unabhängig, so sind die bedingten relativen Häufigkeiten f'(Yi|Xj) bei gegebenem i für alle Xj gleich,<br />

da bei Unabhängigkeit der Variablen die Ausprägungen der unabhängigen Variablen eben keinen<br />

Einfluss auf die Ausprägungen der „abhängigen“ Variablen haben.<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Kohorte Aufwärtsheirat Homogame Heirat Abwärtsheirat<br />

Ehefrauen Ehemänner Ehefrauen Ehemänner Ehefrauen Ehemänner<br />

1919-1923 52,1% 5,8% 43,9% 44,8% 4,0% 49,4%<br />

1924-1928 46,7% 4,6% 49,3% 42,5% 4,0% 52,9%<br />

1929-1933 54,4% 5,9% 40,8% 45,6% 4,8% 48,5%<br />

1934-1938 37,8% 5,8% 56,0% 57,5% 6,2% 36,7%<br />

1939-1943 36,9% 5,1% 58,1% 61,6% 5,0% 33,3%<br />

1944-1948 26,7% 5,4% 65,5% 66,8% 7,8% 27,8%<br />

1949-1953 27,0% 6,3% 68,8% 70,7% 4,2% 23,0%<br />

1954-1958 23,9% 3,8% 70,6% 73,7% 5,5% 22,5%<br />

1959-1963 21,6% 7,7% 70,0% 71,5% 8,4% 20,8%<br />

Tabelle 9 - Verteilung der Aufwärts-, Abwärts- und homogamen Heiraten bezüglich des<br />

Bildungsniveaus nach Geburtskohorten (höchstes Bildungsniveau der Partner zum Heiratszeitpunkt)<br />

Quelle: Blossfeld und Timm, 2001, S.445<br />

Sowohl für die Ehefrauen als auch für die Ehemänner ergibt die Zeilensumme jeweils 100%.<br />

Lesebeispiel: 52,1% der Ehefrauen bzw 5,8% der Ehemänner haben in den Jahren<br />

1919 – 1923 „aufwärts“ geheiratet.<br />

D THEORIEN ZUR PARTNERWAHL<br />

Natürlich führen gescheiterte Ehen und Beziehungen zu einem Umdenken in der<br />

Partnerwahl. Aufgrund der Erfahrung werden beim nächsten Partner oft Abstriche<br />

gemacht und es wird versucht frühere Fehler in der nächsten Partnerschaft zu<br />

vermeiden. Ein Grund für eine starke und dauerhafte Liebe kann aber auch das<br />

Wissen darüber sein, wie es funktionieren könnte, z.B. weil die Ehepartner in<br />

glücklichen Familien aufgewachsen sind und somit ihre Eltern als Vorbilder haben.<br />

Es wird jedoch immer schwieriger auf solche Erfahrungen zurückzugreifen, da die<br />

Scheidungsfamilien immer mehr im Zunehmen sind.<br />

Die Möglichkeiten, den Wunschpartner zu finden haben sich in den letzten<br />

Jahrzehnten um neue Formen erweitert. Alain Girard 14 (in: Vögelin, 1989, S.3) hat<br />

14 Girard, Alain. Le coix du conjoint. Une enquête psycho-sociologique en France. Rééd. 2.Paris:<br />

Presses universitaires de France, 1974.(In: Vögelin, 1989, S.3)<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

1959 in Frankreich eine Studie gemacht um herauszufinden wer wen heiratet. Das<br />

Problem liegt seiner Meinung nicht darin, »sich zu wählen«, sondern vorerst einmal<br />

darin »sich zu finden«. Die Gelegenheiten, bei denen sich die Paare dieser Studie<br />

begegneten, wurden mit dem Ergebnis des Fragebogens 2006 verglichen:<br />

Ort des Kennen lernens 2006 1959<br />

1 öffentliche und private Tanzveranstaltungen, Parties, etc. 19% 17%<br />

2 Begegnungen auf der Strasse, der Bahn, im Restaurant, im Geschäft 6% 15%<br />

3 am Arbeitsplatz, gleiche Universität 10% 13%<br />

4 gleiche Schule, Freundeskreis der Eltern 4% 11%<br />

5 gleicher Wohnort 0% 11%<br />

6 durch Bekanntschaft des Bruders, der Schwester oder der Verwandtschaft 0% 11%<br />

7 Freunde/Bekannte 24% *)<br />

8 Begegnungen in den Ferien, auf Reisen, im Kino 2% 10%<br />

9 Gruppentreffen, in politischen, religiösen, beruflichen oder sportlichen Vereinen 1% 6%<br />

10 auf Taufen, Hochzeiten, Erstkommunion 0% 6%<br />

11 Annoncen und Briefwechsel 0% 0%<br />

12 Internet 25% *)<br />

13 sonstiges 8% *)<br />

*) Diese Kategorien gab es bei der Untersuchung 1959 nicht.<br />

Die Daten aus dem Jahr 2006 stammen aus der Beantwortung der Frage 25 „Wo haben Sie Ihren<br />

Partner kennen gelernt“ bzw der Frage 27 „Wenn Sie derzeit Single sind und bereits eine Beziehung<br />

hinter sich haben, wo haben Sie ihren Ex-Partner/Ihre Ex-Partnerin kennen gelernt“. N = 119; jene, die<br />

noch keine Beziehung hatten bzw bei Mehrfachantworten wurden mit „keine Antwort“ kodiert.<br />

Kaum Veränderungen gibt es bei Kategorie 1 von 17% auf 19%. Halbiert haben sich<br />

die Begegnungen auf der Straße, etc. von 15% (1959) auf 6% (2006). Der gleiche<br />

Wohnort hat anscheinend keinen Einfluss mehr auf das Kennen lernen, hier gab es<br />

2006 keine Nennungen. Taufen und Hochzeiten erhielten 2006 ebenfalls keine<br />

Nennung gegenüber 6% im Jahr 1959. Genau ein Viertel der Befragten antworteten<br />

mit „Internet“, womit dies 2006 die stärkste Kategorie darstellt (da die Daten aus dem<br />

Jahr 2006 nicht repräsentativ sind, trifft das Ergebnis nur auf den Personenkreis der<br />

Befragung zu und kann nicht generalisiert werden).<br />

Doch nicht nur das Bildungsniveau hat einen Einfluss auf die Eheschließung, wie in<br />

Punkt C beschrieben, es gibt in der Diskussion der Partnersuche noch weitere<br />

Faktoren, die entscheidend sein können, ob wir uns zu einer Person hingezogen<br />

fühlen, die uns ähnlich ist (die Ähnlichkeits-Hypothese) oder die uns gegensätzlich ist<br />

(die Komplementaritäts-Hypothese) (vgl. Lenz, 1990, S.64):<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

1 ÄHNLICHKEITSHYPOTHESE – GLEICH UND GLEICH GESELLT SICH GERN<br />

Wir bevorzugen bei der Partnerwahl jene Personen, die uns am Ähnlichsten sind,<br />

das kann sich auf soziale Merkmale wie Gesellschaftsschicht und<br />

Religionszugehörigkeit, Alter, sozialen Status, finanzielle Lage, politische Neigung,<br />

aber auch auf Einstellungen beziehen (Homogamie).<br />

In den USA gibt es eine Fülle von Arbeiten, die eine hohe Übereinstimmung bei den<br />

sozialen Merkmalen in der Partnerwahl festgestellt haben; die meisten Personen<br />

heiraten innerhalb der sozialen Schicht und mit ähnlichem Bildungsstand.<br />

(vgl. Lenz, 1990, S.64). Besonders bei Frauen war das »Hinauf-Heiraten« (z.B.<br />

Bürgerliche heiratet in Adel ein, Akademiker heiratet Hilfsarbeiterin) weit verbreitet,<br />

heute aufgrund der Angleichung der Bildungsabschlüsse bei beiden Geschlechtern<br />

nicht mehr im gleichen Ausmaß. In Europa sind die Rassenunterschiede nicht so von<br />

Belang wie die Staatszugehörigkeit der Partner, obwohl hier eine Steigerung der<br />

binationalen Eheschließungen zu verzeichnen ist.<br />

2 KOMPLEMENTARITÄTS-HYPOTHESE – GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH AN<br />

Es kann natürlich auch vorkommen, dass wir uns zu Personen hingezogen fühlen,<br />

die uns nicht ähnlich sind (Heterogamie); das Individuum sucht in der Partnerwahl<br />

eine Person, die eine maximale Bedürfnisbefriedigung gewährleistet und zu den<br />

eigenen komplementär ist (vgl. Lenz, 1990, S.66). Diese Studie über die<br />

Komplementarität von Winch 15 wurde weitestgehend nur von ihm vertreten und war<br />

auch nach seiner späteren Revision nicht haltbar:<br />

a) eine Komplementarität, die dadurch entsteht, dass das gleiche Bedürfnis bei<br />

einem Paar unterschiedlich ausgeprägt ist (z.B. hohe vs. niedrige Dominanz)<br />

b) eine Komplementarität, die auf unterschiedlichen Bedürfnissen der<br />

Beziehungspersonen beruhen (z.B. Dominanz vs. Unterordnung)<br />

15 Der englische Philosoph Peter Guy Winch (* 1926, † 1997) ist durch die Kritik am logischen<br />

Positivismus in den Sozialwissenschaft bekannt geworden, die er in seinem Werk „The Idea of a<br />

Social Science (1958)“ liefert. Auf der Grundlage von Wittgensteins Untersuchungen zu Begriffen<br />

wie Verstehen, Regel und Lebensform vertritt er die Ansicht, dass gesellschaftswissenschaftliche<br />

Erklärungen prinzipiell von naturwissenschaftlichen Erklärungen zu unterscheiden sind.<br />

Handlungen, zwischenmenschliche Beziehungen und gesellschaftliche Institutionen sind von<br />

Regeln und nicht von Naturgesetzen gesteuert. Deshalb können gesellschaftliche Phänomene nur<br />

durch eine Klärung der Regelsysteme verstanden werden, nicht aber durch kausale Erklärungen.<br />

(http://www.philosophenlexikon.de/winch.htm, abgefragt am 2.4.2006)<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Diese gegensätzlichen Lehrmeinungen beweisen, dass beide Formen der Beziehung<br />

existieren. Die Unähnlichkeit, aber auch die Ähnlichkeit, kann eine Ursache<br />

gegenseitiger Anziehung sein.<br />

„Die Verschwender suchen nicht die Gesellschaft der Geizhälse, genauso<br />

wenig wie aufrechte Charaktere die Gesellschaft von Heuchlern und<br />

Duckmäusern suchen. Liebenswerte und sanfte Geister fühlen sich nicht zu<br />

harten und missgünstigen Charakteren hingezogen.“<br />

(Zitat nach Durkheim, 1977, S.95).<br />

Nur Unterschiede einer bestimmten Art fühlen sich voneinander angezogen –<br />

diejenigen, die sich gegenseitig ergänzen, statt sich auszuschließen. Ähnlichkeiten<br />

der Partner sind hilfreich, aber sicher keine Garantie für dauerhaftes Glück. Selbst<br />

wenn die Übereinstimmungen zwischen dem Paar sehr hoch sind können sie sich<br />

über die restliche Nicht-Übereinstimmung »gehörig in die Haare geraten«. Genauso<br />

gibt es Paare die gegensätzlicher nicht sein könnten, aber vielleicht funktioniert die<br />

Beziehung, weil sie sich ihre Gemeinsamkeiten erst »erarbeiten« müssen. Ein<br />

Geheimnis für eine glückliche Partnerschaft könnten ihre gemeinsamen Ziele sein.<br />

3 ST<strong>IM</strong>ULUS-WERTHALTUNGS-ROLLENTHEORIE DER PARTNERWAHL<br />

Murstein 16 meint, dass sich die meisten Paarbildungen mit beiden Theorien erklären<br />

lassen, jedoch findet keine der beiden viel empirische Unterstützung. Die SVR-<br />

Theorie (stimulus-value-role theory) geht in der zwischenmenschlichen Beziehung<br />

von drei Variablen aus (vgl. Vögelin, 1989, S.6):<br />

S = Stimulus<br />

V = Werthaltungsvergleich<br />

R = Rolle<br />

Diese Variablen wirken sich während des Verlaufes einer Beziehung – je nach<br />

Entwicklungsstufe – verschieden intensiv aus. In diesem Ansatz wird behauptet, dass<br />

jedes Individuum seine sozialen Interaktionen so einträglich und profitabel wie<br />

möglich gestalten möchte. Der Profit ist die Differenz zwischen den Belohnungen<br />

(Freuden, Vorteile, Befriedigungen) und den Kosten (diese verunmöglichen eine<br />

bestimmte Handlung). Verhaltensweisen und Eigenschaften, die einen<br />

16 Murstein, Bernard J. Sympathie, Freundschaft und Ehe: Psychologische Grundlagen<br />

zwischenmenschlicher Beziehungen.<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

Belohnungscharakter haben, werden als Vorzüge definiert und jene, die einen<br />

negativen Charakter haben als Nachteile. Alle diese Faktoren spielen in diesem<br />

Austauschmodell eine wichtige Rolle. In der SVR-Theorie geht es um<br />

Ausgewogenheit (equity), welche sich auf ein gleiches Belohnungsvermögen bezieht,<br />

z.B. eine schöne, aber arme Frau und ein hässlicher, reicher Mann – obwohl beide<br />

unähnlich sind, besteht eine ausgewogene Balance von Schönheit und Wohlstand.<br />

Um nun den Verlauf einer Beziehung als zweiten maßgeblichen Aspekt dieser<br />

Theorie zu verstehen, unterscheidet Murstein eine Begegnung in »offenes Feld«<br />

(Mann und Frau kennen sich oberflächlich, als Stimulus-Attribute werden physische<br />

Attraktivität, Status, Ausgeglichenheit, Stimme und ähnliches bezeichnet) und<br />

»begrenztes Feld« (die Partner sind aufgrund ihrer Rollen gezwungen, miteinander in<br />

Kontakt zu treten, beide Individuen können das Verhalten des anderen kennen<br />

lernen und nach einem eigenen Wertsystem einstufen).<br />

Wenn nun die Summe der Stimulus-Merkmale bei beiden Individuen ungefähr gleich<br />

ist, treten beide in ein Stadium eines Werthaltungsvergleiches. Die Dauer der Abfolge<br />

ist von Paar zu Paar verschieden. Zu diesem Zeitpunkt sammelt das Paar<br />

Informationen infolge von verbalen Interaktionen. In guten Partnerschaften wird meist<br />

eine Übereinstimmung der für die Beziehung wichtigen Werthaltungen erreicht, wobei<br />

dies wichtig ist, da diese Werthaltungen im Selbstbild 17 aufgenommen werden.<br />

Während dieser Zeit des Werthaltungsstadiums fängt auch die Erprobung der<br />

Rollenverträglichkeit an, welche oft der Zeitpunkt einer Heirat sein kann.<br />

Lt. Murstein wird ein mit sich selbst zufriedener Mensch (hohe Korrelation zwischen<br />

Selbstbild und Ideal-Selbstbild) danach trachten, einen Partner zu finden, der<br />

Werthaltungen und Bedürfnisse ähnlich wahrnimmt wie er selbst. Derjenige, der<br />

Unzufrieden ist, wird auch einen Partner wollen der einem Idealbild entspricht. Da<br />

aber das Selbstbild nicht übereinstimmt, gibt es auch keine Übereinstimmung mit<br />

dem Bild des Partners. Aus diesen Tatsachen formulierte er folgende Hypothese:<br />

17 Das Selbstbild bestimmt alles, was ich sage, wie ich mich gebe, woran ich glaube, so wie ich mich<br />

selber sehe; Selbstbild und Erfolg funktionieren nach dem Prinzip der „self fulfilling prophecy“ (der<br />

selbst erfüllenden Prophezeiung). Das Gegenteil dazu ist das Fremdbild, so wie andere mich<br />

sehen.<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

„Personen mit großer Selbstzufriedenheit sehen eine signifikant größere<br />

Ähnlichkeit zwischen sich selbst und dem Partner, als Personen mit geringer<br />

Selbstzufriedenheit.“ (Vögelin, 1989, S.9)<br />

4 DIE OBJEKTWAHL NACH FREUD<br />

Bei Freud 18 ist die Objektwahl die Suche nach dem Liebesobjekt und die Mutter<br />

(oder die Pflegeperson, die mit seiner Ernährung, Pflege und seinem Schutz zu tun<br />

hat) ist das erste und stärkste Liebesobjekt und somit Vorbild für alle späteren<br />

Liebesbeziehungen bei beiden Geschlechtern. Freud geht in seiner Theorie weiter<br />

davon aus, dass die Objektwahl in zwei Schüben erfolgt. Der erste Schub ist im Alter<br />

zwischen drei und fünf Jahren (später korrigierte er den Beginn auf das zweite<br />

Lebensjahr). Später lernt das Kind, dass andere Menschen auch seine Bedürfnisse<br />

befriedigen können. Mit dem Eintreten der Pubertät erfolgt der zweite Schub<br />

(vgl. Vögelin, 1989, S.10). Der junge Mann bleibt im »Normalfall« an der Frau<br />

orientiert, während das Mädchen das Geschlecht des Sexualobjektes im Falle einer<br />

heterosexuellen Partnerwahl wechseln muss. Da die Liebe zum Elternteil aufgrund<br />

der Inzestschranke unmöglich erscheint wird die Objektwahl von diesen Personen<br />

weg auf zunächst ähnliche unerreichbare Personen gerichtet, d.h. sie verlieben sich<br />

in Popstars, Filmschauspieler, Politiker etc. Diese "Liebe" hat in der Regel<br />

schwärmerischen Charakter, eine Partnerschaft wird nicht wirklich angestrebt.<br />

5 DIE „EHELICHE“ OBJEKTWAHL NACH LEMAIRE<br />

Auch Lemaire 19 weist aufgrund seiner Untersuchungen darauf hin, dass junge<br />

Menschen stark durch Erziehung, sozio-kulturelle 20 und örtlich-wirtschaftliche<br />

Verhältnisse geprägt sind. Diese Prämissen engen die Möglichkeiten und<br />

Gelegenheiten ein. Weiteren Einfluss auf die Partnerwahl haben natürlich die<br />

Familienmitglieder – „oft sehr subtil und indirekt durch Ermutigung, Rat, Ermahnung<br />

oder Einwände.“ (Vögelin, 1989, S.12). Die Partner müssen sich zuerst suchen und<br />

18 Freud, Siegmund. Psychologie des Unbewussten. Bd. 3 und Sexualleben. Bd. 5. Studienausgabe.<br />

Zürich: Ex-Libris, 1976 (Original 1905). (In: Vögelin, 1989, S. 10-12)<br />

19 Lemaire, Jean G. Leben als Paar: Strukturen, Krisen, Therapeutische Hilfen. Olten: Walter 1980.<br />

In: Vögelin S.12-15<br />

20 Die Wortverbindung „sozio-kulturell“ bezeichnet den engen Zusammenhang zwischen sozialen und<br />

kulturellen Aspekten gesellschaftlicher Gruppen und ihren Wertesystemen.<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

finden, bevor sie sich erwählen können. Besonders schwer ist diese Suche für<br />

Menschen, die in großer Abhängigkeit gehalten werden, die in ländlichen oder<br />

kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwachsen oder Behinderte.<br />

So kann es passieren, dass sich Partner mit ähnlich schwacher Ich-Struktur wählen,<br />

weil beide – unbewusst – Angst vor einer zu starken Bindung inklusive emotionalem<br />

Gehalt haben; andererseits fühlen sie sich zu schwach und zu gefährdet, ihr Leben<br />

alleine zu meistern. Andere wählen aus ähnlichen Gründen einen Partner, mit dem<br />

sie nur einige Seiten des Lebens teilen und so den nötigen Abstand wahren. Dies<br />

kann ein Motiv für häufigen Partnerwechsel sein. Die Partnerwahl ist weiters<br />

abhängig von der bisherigen Lebensgeschichte. Dabei spielen Erfahrungen ebenso<br />

eine Rolle wie das Elternbild – „der Partner wird oft in direktem Bezug zum Bild des<br />

gegengeschlechtlichen Elternteils gewählt.“ (Vögelin, 1989, S.14).<br />

6 PARTNERWAHL UND EINSPIELEN DER KOLLUSION NACH WILLI<br />

Willi ist der Meinung, dass es zuerst um die Frage geht, „ob sich bei der Partnerwahl<br />

eher gleichartige oder gegensätzliche Persönlichkeitsstrukturen anziehen“ (Zitat nach<br />

Willi, 1975, S.179). Dennoch findet er, dass die Gleichartigkeit der Partner in Bezug<br />

auf Klasse, Rasse, Religion, Weltanschauung, Werthaltung, Einstellung, Gewohnheit<br />

und Interesse durch mehrere Studien als gesichert gilt (siehe auch Homogamie und<br />

Heterogamie Seite 27). Was vor allem dadurch begründet werden kann, dass die<br />

Chance, einen Partner kennen zu lernen, der der gleichen sozialen oder beruflichen<br />

Schicht angehört wesentlich größer ist. Schwieriger ist die Partnerwahl unter<br />

Berücksichtigung von Persönlichkeitsmerkmalen und hier sind auch die Ergebnisse<br />

der Untersuchungen sehr konträr, denn die emotionalen Faktoren wie Ängste, Triebe<br />

und Bedürfnisse sind schwer überprüfbar.<br />

Was passiert tatsächlich in der Phase des Kennen lernens? Willi beschreibt dies als<br />

einen intensiven Anpassungsvorgang, in dem die neue Umgebung abgetastet wird.<br />

Am wohlsten werden wir uns dort fühlen, wo wir so gesehen und akzeptiert werden,<br />

wie wir uns selbst sehen oder gerne sehen würden. Wenn sich zwei Partner erstmals<br />

treffen, setzt ein intensiver Prozess gegenseitiger Selbstdefinition ein. Meist spüren<br />

wir schon „auf den ersten Blick“ ob eine nähere Begegnung überhaupt einen Sinn<br />

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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />

macht. Dieses gegenseitige Abtasten findet in großer Dichte statt, auch wenn<br />

scheinbar über Belanglosigkeiten gesprochen wird, wie z.B. über das Wetter oder<br />

Äußerlichkeiten. Für Willi sind diese Belanglosigkeiten nur Vorwand, um die verbalen<br />

und non-verbalen ICH-DU-Definitionen auszutauschen. Eine Partnerwahl darf nicht<br />

als „Schlüssel-Schloss-Phänomen“ (Zitat nach Willi, 1975, S.184) gesehen werden,<br />

bei dem die beiden Persönlichkeiten perfekt zueinander passen. Vielmehr ist die<br />

Paarbildung ein Anpassungsprozess, der bei beiden zu einer Sichtung von latenten<br />

und manifesten Persönlichkeitsmerkmalen führen kann.<br />

Besonders wichtig ist für Willi, ob sich die Partner in ihrer Selbstdefinition akzeptiert<br />

und bestärkt fühlen, die den eigenen Idealen nahe kommt. Die Anpassung und<br />

gegenseitige Faszination kann jedoch nur so weit gehen, wie sie sich auf latent<br />

vorhandene persönliche Möglichkeiten stützen kann. Die Gleichartigkeit der<br />

soziologischen Merkmale mag zwar einen stabilisierenden Einfluss auf Paare<br />

ausüben, lässt jedoch die Herzen nicht »höher schlagen« und ist auch kaum ein<br />

Motiv für eine »Liebesheirat«. Diese Merkmale sind jedoch als konfliktfreie Bereiche<br />

wichtig, denn die Kollusion bezieht sich auf den Bereich der Partnerwahl, der die<br />

stärkste emotionale Anziehung zwischen den Partnern bewirken kann und dies übt in<br />

der Verliebtheit eine zentrale Wirkung aus.<br />

E PHYSISCHE ATTRAKTIVITÄT<br />

Situationen, in denen ein erster Eindruck von einer anderen Person gewonnen<br />

werden kann, sind sehr kurz. Der Beurteiler nimmt mehr oder weniger ausgeprägt die<br />

Haltung eines „Informationsverarbeiters“ (= rational choice-Ansatz) 21 ein, dem es<br />

darum geht, einen Gesamteindruck auf der Grundlage mehrerer Einzelinformationen<br />

zusammenzufassen. Andererseits ist diese gefühlsmäßige Beteiligung maximal,<br />

wenn zwischen zwei Personen Liebe besteht.<br />

Die Alltagserfahrung zeigt, wie stark physische Attraktivität die zwischenmenschliche<br />

Beziehung bestimmt, nicht zuletzt zwischen Männern und Frauen. Kosmetische<br />

Produkte dienen nicht zuletzt dazu, die Attraktivität zu steigern.<br />

21 Rational Choice oder Rationale Entscheidung; handelnde Subjekte (Akteure) zeigen ein rationales,<br />

nutzenmaximierendes (oder kostenminimierendes) Verhalten aufgrund gewisser Präferenzen<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Kapitel 3<br />

PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

„ES GIBT KEIN REZEPT FÜR EINE<br />

GLÜCKLICHE, FUNKTIONIERENDE EHE.<br />

NUR EINFACH LIEBE“<br />

Mario Adorf<br />

Um die Partnersuche im 21.Jahrhundert zu untersuchen ist es notwendig, die<br />

Entwicklung von Partnerschaft, Familie und Ehe im Laufe der letzten Jahrhunderte zu<br />

betrachten. Denn nur dadurch wird klar erkennbar, dass mit diesen Veränderungen<br />

erst die Möglichkeiten dieser modernen Partnersuche geschaffen wurden.<br />

Im Mittelalter standen sich zwei Konzeptionen der Ehe gegenüber: das vom Adel<br />

vertretene Wertesystem als Allianz zweier ehrbarer Familien und das patriarchalische<br />

Prinzip der Geschlechterfolge zur Sicherung des Erbes. Adelige und Ritter vertraten<br />

sogar die Ansicht, dass sie ihre Frauen verstoßen können, wenn durch eine neue<br />

Verbindung das Erbe vermehrt werden könnte. Ein Ehebruch einer Frau wurde<br />

dagegen viel strenger geahndet.<br />

Im 14. und 15.Jahrhundert konnte ein neuer Trend festgestellt werden – Mann und<br />

Frau wurden wirtschaftliche und soziale Partner, sodass auch tiefe menschliche<br />

Beziehungen wachsen konnten. Die Haltung der Kirche zur Ehe und zu Frauen im<br />

Besonderen hatte zwar eine Modifikation erfahren, blieb aber dennoch<br />

frauenfeindlich. Die Ehe galt als Heilmittel gegen sexuellen Genuss und die Kirche<br />

stellte die Forderung nach Monogamie. In der Eheauffassung trat eine<br />

entscheidende Änderung ein.<br />

„Die Ehe wurde zu Beginn der frühen Neuzeit zum neuen Ordnungsfaktor und<br />

erhielt einen staatlich-öffentlichen Status.“ (Kühnel, 1993, S.60).<br />

Die Arbeitssphären der Ehepaare trennten sich und die Liebe als Stabilisierung der<br />

Ehe gewann immer mehr an Bedeutung.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Partnerschaften wurden ab dem 19.Jahrhundert auch durch staatliche Instanzen<br />

legitimiert. Vor dieser Legitimation unterlagen sie einer „rechtlichen und sozialen<br />

Kontrolle durch Obrigkeit, Kirche, Öffentlichkeit und Familie“ (Möhle, 2001, S.57). Die<br />

Gründe und der Zeitpunkt einer Eheschließung waren eng mit der Gründung eines<br />

Haushaltes verbunden und somit eine Befreiung aus der elterlichen und<br />

herrschaftlichen Abhängigkeit. Für künftige Handwerker war es notwendig, zum<br />

Zeitpunkt der Meisterwerdung verheiratet zu sein, aber auch andere Berufsgruppen<br />

waren eng mit einer Heirat verknüpft. Eine Heirat außerhalb des Standes wurde als<br />

»unstandesgemäß« bezeichnet. Im Jahre 1796 wurde in Göttingen eine »liederliche<br />

Weibsperson« unter Androhung einer einjährigen Zuchthausstrafe der Stadt<br />

verwiesen, weil sie angeblich einen Studenten verführt hatte und ihn »zwang« mit ihr<br />

im Konkubinat zu leben. Der Student erhielt eine Ermahnung und finanzielle Beihilfe<br />

der Universität. Die Ehe war der einzige legitime Ort für Sexualität, vor- und<br />

außereheliche Beziehungen konnten zur damaligen Zeit niemals in eine dauerhafte<br />

Partnerschaft führen.<br />

A PARTNERSCHAFT<br />

Eine Partnerschaft (Zweierbeziehung oder Intimbeziehung) ist<br />

„eine persönliche Beziehung zwischen Personen unterschiedlichen oder<br />

gleichen Geschlechts, die sich durch einen hohen Grad an Verbindlichkeiten<br />

(Exklusivität) auszeichnet, ein gesteigertes Maß an Zuwendung aufweist und<br />

die Praxis sexueller Interaktion einschließt bzw eingeschlossen hat.“<br />

(Brückner, 2001, S.184).<br />

Mit dieser Definition bleibt jedoch offen, ob die beiden Beziehungspersonen<br />

verheiratet sind, Kinder haben und einen gemeinsamen Haushalt aufweisen.<br />

Sexualität wird als wichtig genannt, jedoch nicht als „das“ Bestimmungsmerkmal.<br />

In sehr vielen Publikationen seit den 1960er Jahren wird über den Strukturverfall 22<br />

der Familie diskutiert. Die Familie und damit verbunden auch die Partnersuche<br />

unterliegen tatsächlich einem enormen Wandlungsprozess. Dieser resultiert sicher<br />

22 Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, Verbesserung des Ausbildungs- und Berufssystems, Klein-<br />

statt Großfamilie<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

auch aus den verschiedenen neuen Formen der Familie wie »nichteheliche<br />

Lebensgemeinschaften« über »living-apart-together-Beziehungen« bis hin zu<br />

»kinderlosen Ehen« und »Patchworkfamilien«.<br />

B FAMILIE<br />

Familie ist jedem von uns ein Begriff, eine Definition ist trotzdem nicht ganz einfach.<br />

Fraglich ist, ob sich die verschiedenen Familienformen, sowohl die traditionellen als<br />

auch die modernen, unter einen Begriff zusammenfassen lassen. Der in der<br />

Soziologie üblicherweise verwendete Begriff der (Kern)familie umschließt das<br />

Zusammenleben der Eltern mit ihren unmündigen und unverheirateten Kindern. Nicht<br />

erklärt ist, welche Qualität dieses Zusammenleben hat und welcher Art diese<br />

Beziehung ist. Diese Definition setzt allerdings voraus, dass diese Gruppe aus Eltern<br />

UND Kindern besteht (vgl. Rosenbaum, 1982, S.27).<br />

1 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DER HERKUNFT<br />

Fest steht, dass die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mehreren Familien<br />

angehören (vgl. Zapotoczky, 2000, S.161):<br />

1 der Herkunftsfamilie = jene Familie, in die wir hineingeboren werden und<br />

in der wir erzogen werden, hier erfolgt auch die Primärsozialisation<br />

(grundlegende Prägung für das Heranwachsen)<br />

2 der Zeugungsfamilie = zwei Personen beschließen Kinder zu bekommen,<br />

sie zu erziehen, einander zu helfen und beratend beizustehen<br />

3 der Schwiegerfamilie = die Herkunftsfamilie des Ehepartners<br />

Durch Scheidung und Wiederverehelichung kommt es in der Gegenwart immer<br />

wieder zu „Patchworkfamilien“, wenn die Ehepartner ihre Kinder (neue Teilfamilien) in<br />

die neue Ehe miteinbringen.<br />

2 EINTEILUNG VON FAMILIE NACH DEM BERUF<br />

Eine Einteilung der Familien kann aber auch aufgrund des Berufsstandes getroffen<br />

werden, wobei bei der folgenden Beschreibung ein Zeitraum vom 18. bis in die<br />

heutige Zeit betrachtet wurde. Grundlage für die Recherche waren Rosenbaum<br />

„Formen der Familie“ (1982, S.49-430) und Sieder „Sozialgeschichte der Familie“<br />

(1987, S.212-293):<br />

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2.01 DIE BAUERNFAMILIE<br />

KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts führte ein Bevölkerungswachstum – bei annähernd gleich<br />

bleibender Anzahl der Bauernhöfe – zu einem starken Anwachsen der bäuerlichen<br />

Bevölkerung. Als Bauernfamilien gelten nur jene Familien, die ihren Lebensunterhalt<br />

vorwiegend aus landwirtschaftlicher Produktion bestreiten, wobei der Hof sich in<br />

Familienbesitz befindet. Der Bauer und die Angehörigen arbeiten selbst mit.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

Heirat war für den Bauern eine Lebensnotwendigkeit, schließlich brauchte er für die<br />

Bewältigung der täglichen Arbeit eine Frau und Kinder, die später die Arbeit<br />

übernehmen, wenn seine Kräfte nachlassen. Und natürlich einen Erben, der den Hof<br />

weiterführte. Außerdem bot die Ehe die einzige Möglichkeit, ein gesellschaftlich<br />

gebilligtes Sexualleben zu führen. Die Notwendigkeit, dass ein bäuerlicher Haushalt<br />

aus Bauer und Bäuerin zu bestehen hatte, führte dazu, dass es in der<br />

vorkapitalistischen Gesellschaft eine hohe Anzahl an Mehrfachverehelichungen gab.<br />

Sofern der Erbe noch nicht alt genug war, um den Hof zu übernehmen, führte der<br />

Tod des Ehepartners – die Sterblichkeit war damals sehr hoch und die Ehen von<br />

kurzer Dauer – nach kurzer Zeit zur neuerlichen Heirat. Den Hof alleine mit dem<br />

Gesinde 23 weiterzuführen war wirtschaftlich zu teuer, auch fehlte meist die Erfahrung<br />

in der Wirtschaftsführung.<br />

In der Literatur über die bäuerlichen Lebensverhältnisse wird hervorgehoben, dass<br />

Bauern einzig nach ökonomischen Gesichtspunkten auswählten und nicht nach<br />

Zuneigung und Liebe, die keine Rolle spielte. Bei den ärmeren Bauern war eher die<br />

Arbeitskraft der Zukünftigen von Bedeutung, denn viel Mitgift war nicht zu erwarten.<br />

Aus der Verknüpfung von Mitgift, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Braut – die<br />

wesentlichen Kriterien für die bäuerliche Brautschau – erklärt sich auch, dass jüngere<br />

Bauern oft ältere Frauen heirateten. Heirat war für die Bauern notwendig, um die<br />

Kontinuität des Besitzes zu sichern, Arbeitskräfte heranzubilden und die Wirtschaft<br />

23 Mägde und Knechte, die lebenslang auf dem Hof verbleiben und „Familienanschluss“ haben, die<br />

Anzahl richtet sich nach der Größe des Hofes und der Anzahl und dem Alter der Kinder; je jünger<br />

die Kinder desto weniger konnten sie am Hof mitarbeiten und desto mehr Gesinde ist notwendig;<br />

oft erfüllen auch die ledigen Geschwister des Bauern diese Funktion (Rosenbaum, 1982, S.59f).<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

zu führen. Sie betraf alle am Hof lebenden Personen und bot natürlich auch die<br />

Chance, Besitz und Vermögen zu vermehren.<br />

PARTNERWAHL<br />

Das Kennen lernen unterlag in der traditionellen bäuerlichen Gesellschaft starker<br />

sozialer Kontrolle; dies wurde einerseits dadurch notwenig, weil die Heirat in der<br />

Regel weit hinausgeschoben wurde und daher Verstöße gegen die moralischen<br />

Normen nahe liegend waren. Und andererseits war eine Eheschließung mit<br />

Strategien verbunden, die durch unüberlegte Liebes- und Sexualbeziehungen nicht<br />

zerstört werden durften. Sexualität war eine nur schwer kontrollierbare Größe, die –<br />

bei Nichtbeachtung – die dörfliche Ordnung durcheinander bringen konnte. Daher<br />

auch der starke Einfluss der Eltern, aber auch der Verwandtschaft, bei der<br />

Partnerwahl. Die dörfliche Gesellschaft kannte nur Anbahnungsformen, die sehr<br />

öffentlichen Charakter hatten (z.B. Heiratsvermittler) und dadurch war ein<br />

unkontrolliertes Alleinsein unmöglich.<br />

2.02 DIE FAMILIE <strong>IM</strong> ALTEN HANDWERK<br />

Bei dieser Familienform fallen Handwerk und Produktion mit der Familie zusammen.<br />

Bis ins 19.Jahrhundert prägte das Handwerk die Struktur der gewerblichen<br />

Produktion und diese deckte den überwiegenden Teil des Bedarfes an gewerblichen<br />

Erzeugnissen. Es wurde nur soviel gearbeitet, als zur Sicherung des<br />

Lebensunterhalts notwendig war und Konkurrenz und Profitstreben waren<br />

weitgehend unbekannt.<br />

„Der Mensch will von Natur nicht Geld und mehr Geld verdienen, sondern<br />

einfach leben, so leben, wie er zu leben gewohnt ist und so viel erwerben wie<br />

dazu erforderlich ist.“ (Rosenbaum, 1982, S.127).<br />

Der Arbeitstag dauerte normalerweise von fünf Uhr früh bis zum Abend, aber es gab<br />

viele Pausen und die Arbeitsintensität war nicht allzu groß. Viele Feiertage und evt.<br />

der blaue Montag 24 sorgten für die notwendige Entspannung.<br />

24 Montag, an dem nicht gearbeitet (blau gemacht) wird. Herkunft unterschiedlich erklärt, z.B.<br />

dadurch, dass ursprünglich jedes Handwerk seinem auf einen Sonntag fallenden Jahresfest einen<br />

arbeitsfreien Tag zugab, an dem für die Toten der Zunft eine Blaue Messe (nach Farbe des<br />

Messgewandes) gehalten wurde. Der Blaue Montag hielt sich trotz seiner Abschaffung durch die<br />

Reichshandwerksordnung (1731) bis Ende des 19. Jh. (Der große Brockhaus, Band 3)<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

In der Stadt war die Ausübung des Handwerksberufes zunehmend an eine Zunft<br />

gebunden. Nichtmitglieder (unzünftige Handwerker) konnten ohne<br />

Ausnahmegenehmigung durch die Obrigkeit ihr Gewerbe nicht mehr offen sondern<br />

nur mehr versteckt (z.B. auf Dachböden) betreiben. Die Zunft war nicht nur ein<br />

Berufsverband sondern zugleich zuständig für die Regelung der „privaten, geselligen,<br />

sittlichen und rechtlichen Lebensbedingungen ihrer Mitglieder“ (Rosenbaum, 1982,<br />

S.128). Oberstes Ziel der Zünfte war die gleichmäßige Gestaltung der<br />

wirtschaftlichen Lage sowie die ökonomischen Chancen aller Zunftmitglieder.<br />

Der Einfluss der Zunft auf das Leben der Handwerker umfasste letztendlich die<br />

gesamten Lebensbedingungen. Aufnahmekriterien in die Zunft waren eine »ehrliche<br />

und eheliche Geburt« (dies galt gleichermaßen auch für eine Frau, die einen Meister<br />

heiraten wollte und somit automatisch Zunftmitglied wurde). Festgelegt wurde auch<br />

die Zeit, zu der die Gesellen abends zu Hause sein mussten und vieles mehr. Somit<br />

wurde der Zugang zu den Meisterstellen erheblich erschwert und Konkurrenten<br />

ferngehalten. Da die Meister mit den Gesellen und Lehrlingen oft auf engstem Raum<br />

zusammenlebten musste dies reibungslos funktionieren. Das Meisterehepaar übte<br />

somit Sozialisationsfunktion aus und musste daher einen untadeligen und<br />

vorbildhaften Lebenswandel führen. Sexualbeziehungen waren auf die Ehe<br />

beschränkt und vor- bzw außerehelicher Geschlechtsverkehr war streng verpönt. So<br />

konnte es einem Meister - bei dem zu schnell nach der Eheschließung ein Kind zur<br />

Welt kam – passieren, dass er aus der Zunft ausgeschlossen wurde, ihm wurden<br />

»die Fenster zugemacht«.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

In den Zunftordnungen war die Heirat teils bindend vorgeschrieben oder zumindest<br />

selbstverständlich. Selbstständigkeit, Bürgerrecht und Verheiratung hielten sich lange<br />

- auch über die Aufhebung der Zunftverfassung hinaus – als Grundvoraussetzung für<br />

die Ausübung des selbstständigen Gewerbes. Noch in der Mitte des 19.Jahrhunderts<br />

lagen bei den Wiener Handwerksmeistern „Erringung der Selbständigkeit,<br />

Haushaltsgründung und Heirat“ (Rosenbaum, 1982, S.146) eng beisammen.<br />

Aufgrund dieser Koppelung von Meisterprüfung und Heirat konnten sehr viele<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Handwerker erst sehr spät – meist ab dem 25.Lebensjahr –heiraten. Nach<br />

mindestens dreijähriger Lehre begann die mehrjährige Wanderschaft.<br />

Dass ein Witwer oder eine Witwe den Betrieb alleine weiterführte wurde von der<br />

Zunftordnung untersagt. Die Witwe konnte (meist ein halbes oder ein ganzes Jahr)<br />

den Betrieb mit einem Gesellen weiterführen. Heiratete sie dann einen Mann, der<br />

nicht vom Fach war, musste sie den Betrieb aufgeben.<br />

PARTNERWAHL<br />

Wie bereits vorhin erwähnt, musste auch die zukünftige Ehefrau den Nachweis einer<br />

ehrlichen Geburt und eines untadeligen Lebenswandels nachweisen. Manchmal<br />

machte die Zunft daher ein Vetorecht gegen die Wahl der zukünftigen Ehefrau<br />

geltend. Für viele Gesellen war daher die einzige Möglichkeit in die Zunft<br />

aufgenommen zu werden – falls sie nicht zum Kreis der privilegierten Meistersöhne<br />

gehörten – die Heirat mit einer Meistertochter oder Meisterwitwe. Ein mittelloser<br />

Geselle hatte keine andere Chance, denn für das Meisterstück, das Meisteressen<br />

und die Freisprechung fielen enorme Kosten an – meist mehr als ein Jahreslohn.<br />

Hinzu kamen die Kosten für die Hochzeit, die Haushaltsausstattung, die Einrichtung<br />

der Werkstatt (diese Kosten entfielen bei der Heirat mit einer Witwe) und vieles mehr.<br />

Verständlich in diesem Fall auch, dass bei einem Großteil der Paare die Frau älter<br />

als der Mann war. Am Anfang des 18.Jahrhunderts war dies bei etwa 30% der Ehen<br />

der Fall (vgl. Rosenbaum, 1982, S.151). Bei der Aufstellung dieser strengen<br />

Regelungen stand die Versorgung der Meistertöchter und -witwen im Vordergrund.<br />

2.03 DIE FAMILIE IN DER HAUSINDUSTRIE 25<br />

Diese Familienform war ebenso charakterisiert durch die räumliche Einheit von<br />

Arbeitsplatz und Wohnung, wodurch der Tagesablauf und die Beziehungen innerhalb<br />

der Familie geprägt wurden. Die Produktion fand im Haus oder in der Wohnung der<br />

Produzenten statt und oft arbeiteten alle Familienangehörigen zusammen. Im<br />

Gegensatz zum Handwerk wurde nicht mehr unmittelbar für den Konsumenten<br />

produziert, sondern ein Händler oder Kaufmann organisierte den Vertrieb der<br />

Produkte.<br />

25 Ein Betriebssystem das den Übergang vom Handwerk zum Industriebetrieb bildete und die<br />

vorherrschende Organisationsform des Gewerbebetriebes war.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Ein ganz entscheidender Grund für die Ansiedlung von Hausindustrie auf dem Lande<br />

war, dass die gewerbliche Produktion – im Gegensatz zu den Städten – keinen<br />

Beschränkungen durch Zünfte unterlag und die Frauen- und Kinderarbeit nicht<br />

verboten waren. Weitere Vorteile für das Land und somit für die Hausindustrie waren<br />

die weitaus billigeren Arbeitskräfte und der Bezug von weitaus günstigeren<br />

Rohstoffen. Die Hausindustrie hatte ihre Blütezeit am Ende des 18. und zu Beginn<br />

des 19.Jahrhunderts.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

Bei den Heimarbeiterhaushalten gab es keine starren Regeln, allerdings lebten<br />

normalerweise auch hier Ehepaare zusammen und ledige Haushaltsvorstände waren<br />

daher selten. Trotzdem bestimmten Faktoren wie Gewohnheit, Sitte und Moral eine<br />

Eheschließung. Vor allem war es in vielen Produktionen wichtig, dass das Ehepaar<br />

als Team zusammenarbeitete, z.B. war der Mann als Produzent von Stoffen auf<br />

Material angewiesen, das seine Frau gemeinsam mit den Kindern spann und spulte.<br />

Da bei den Hausindustriellen weder Besitz eines Hofes noch eine Meisterprüfung von<br />

entscheidender Bedeutung für eine Heirat waren, sondern ein regelmäßiges<br />

Einkommen durch die Hausarbeit, war das Heiratsalter auch niedriger.<br />

PARTNERWAHL<br />

Die – zu jener Zeit – neuen ökonomischen Voraussetzungen erlaubten es den<br />

Heiratswilligen, ihre Partner ohne Rücksicht auf die jeweiligen Familien und das<br />

dazugehörige Vermögen auszuwählen. Da das bewegliche und unbewegliche<br />

Vermögen für eine Ehe keine so große Rolle mehr spielte sondern eher die<br />

Produktion im Haus, wurden Erfahrung bezüglich der Produkte und Arbeitsfähigkeit<br />

immer wichtigere Kriterien bei der Partnerwahl. Die schlechte wirtschaftliche Lage<br />

und die Kombination von Arbeitsstätte und Wohnraum waren für die Entwicklung von<br />

Häuslichkeit und Familienleben auf keinen Fall förderlich und daher blieb diese<br />

Familienform nur ein Übergang zwischen dem »Ganzen Haus« 26 und der<br />

bürgerlichen Familie.<br />

26 Die Bauernfamilie setzte sich zu einem wesentlichen Teil aus nicht verwandtschaftlich<br />

verbundenen Personen zusammen. Die notwendige Ergänzung von Arbeitskräften geschah durch<br />

vertragliche Aufnahme von Knechten und Mägden, von Dienstboten und Inwohnern für eine<br />

bestimmte Zeit. (Borscheid, 1983, S.135)<br />

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2.04 DIE FAMILIE <strong>IM</strong> BÜRGERTUM<br />

KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Die weitgehend ständisch geprägte Gesellschaft des 18.Jahrhunderts sorgte für ein<br />

neues Ideal der Familie. Diese war eng an die Existenzbedingungen des Bürgertums<br />

gebunden, an die soziale Lage innerhalb der Gesellschaft und die zunehmende<br />

Distanzierung zwischen Erwerbs- und Wohnbereich. Anfänglich nur auf das<br />

Bürgertum beschränkt, wurde dieses Familienideal im Laufe des 19. und<br />

20.Jahrhunderts auch für andere Bevölkerungsklassen immer attraktiver.<br />

Diese neue Familienform entwickelte sich in Deutschland in der zweiten Hälfte des<br />

18.Jahrhunderts durch Großkaufleute und Unternehmer, höhere Beamte und<br />

Vertreter der freien Berufe - dem so genannten Mittelstand. Arbeits- und<br />

Wohnbereich wurden getrennt, nur wenige waren sehr reich; viele lebten<br />

bescheiden, aber unter relativ sicheren materiellen Verhältnissen. Frauen und Kinder<br />

hatten mit der Erwerbsarbeit nichts mehr zu tun; den Frauen verblieb –<br />

ausgenommen in den sehr reichen bürgerlichen Familien – die Haus- und<br />

Gartenarbeit.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

Als Kernstück des neuen bürgerlichen Lebensideals kann die veränderte Auffassung<br />

von Liebe und Ehe bezeichnet werden. Erst dieser Wandel in den Beziehungen<br />

zwischen den Eheleuten veränderte auch die Familienbeziehungen, besonders jene<br />

der Eltern zu den Kindern. Bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts dominierte im<br />

deutschen Bürgertum eine sehr sachliche Einstellung zur Ehe. Das Gefühl<br />

zueinander wurde eindeutig der Vernunft (in Bezug auf materielle Aspekte) und der<br />

Ehrbarkeit untergeordnet. Ein Minimum an Gefühl wurde zugebilligt und war<br />

notwendig für eine glückliche Ehe. Jedoch wurde eine Ehe, die aus rein sachlichen<br />

Erwägungen geschlossen wurde, von der Gesellschaft abgelehnt. Weiters hatten die<br />

Kinder nun ein Vetorecht gegen eine vorgeschlagene Verbindung – sie konnten<br />

gegen ihren Willen nicht mehr verheiratet werden (wobei bei gesicherter Position und<br />

gutem Charakter ohnehin kein Einwand gegen eine Ehe bestand). Die Ehe wurde<br />

somit zur Gefühls- und Geistesgemeinschaft, begünstigt natürlich durch Zuneigung<br />

und gegenseitige Achtung, einem gemütvollen Familienleben, schlichter Häuslichkeit,<br />

innigem Zusammenleben, Zufriedenheit und Glückseligkeit.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Im Gegensatz zum »Ganzen Haus« bestanden für die Mitglieder des Bürgertums<br />

kein Heiratszwang und keine Mitarbeit der Ehefrau. Dennoch hatte die Heirat für die<br />

Unternehmer des Bürgertums eine wichtige Bedeutung in Form von<br />

Kapitalbeschaffung, Knüpfung von Geschäftsverbindungen und Ausschalten von<br />

Konkurrenten. Für die selbstständigen Akademiker und die höheren Beamten war ein<br />

Junggesellenleben ohne materielle Nachteile möglich, wobei natürlich eine Ehefrau<br />

bei den gesellschaftlichen Verpflichtungen von großem Vorteil sein konnte. Generell<br />

war eine Heirat für die bürgerlichen Männer ein traditionelles Verhalten, von dem nur<br />

sehr wenige abwichen. Für die bürgerlichen Frauen war eine Eheschließung noch<br />

immer zweckmäßig und erwünschenswert, denn ohne Berufsausbildung und ohne<br />

verwertbare Qualifikation waren sie auf eine Heirat angewiesen, wenn sie nicht<br />

lebenslang den Eltern, den Brüdern oder der Verwandtschaft zur Last fallen wollten.<br />

PARTNERWAHL<br />

Traditionell war (und ist) heiraten in den Unternehmerfamilien immer mit Mitgift und<br />

dadurch Vergrößerung des Vermögens verbunden. Die Verbindung mit einer<br />

angesehenen, renommierten Familie steigerte das eigene Ansehen und somit auch<br />

die Kreditwürdigkeit. Weiters wurde durch eine Heirat verhindert, dass sich ein<br />

Spezialist selbstständig machte und so zu einem Konkurrenten wurde. Nicht unüblich<br />

waren in der frühkapitalistischen Zeit Mehrfach-Verehelichungen innerhalb weniger<br />

Familien, was zu Dynastiebildungen führte. Eine Lockerung in den<br />

Ehebestimmungen lässt sich erst in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts<br />

registrieren, begünstigt durch neue Rechtsformen für Unternehmen.<br />

Für die höheren Beamten sah die Situation wesentlich anders aus. Da auch schon<br />

früher das Gehalt nicht übermäßig üppig war, war ihre materielle Lage in der zweiten<br />

Hälfte des 19.Jahrhunderts relativ schlecht. Erschwerend kam noch hinzu, dass sich<br />

ihre »standesgemäße« Lebensführung an jener der reichen Unternehmer orientierte<br />

und sie da nicht mithalten konnten. Dies bedeutete für ein junges Beamtenehepaar,<br />

dass sie mit dem kümmerlichen Beamtenanfangsgehalt ein karges Dasein hinter<br />

feiner Fassade zu führen hatten. Für viele Beamte, die diese Situation von<br />

vornherein vermeiden wollten, blieb als Alternative nur eine »Geldheirat«.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Die Realität zeigte, dass am Ende des 19.Jahrhunderts noch immer eine Diskrepanz<br />

zwischen der Geldheirat und dem angestrebten Ideal der Liebesheirat bestand, denn<br />

auf die Ehe als einzige akzeptable Lebensperspektive war die Erziehung der<br />

bürgerlichen Frauen ausgerichtet. Nur sehr wenige junge Frauen erhielten zu jener<br />

Zeit eine Berufsausbildung und waren dadurch in der Lage, für den Lebensunterhalt<br />

selbst zu sorgen. Die jungen Männer konnten auch als Junggesellen eine<br />

gesellschaftlich anerkannte Position einnehmen, für die unverheirateten Frauen war<br />

das Leben wenig beneidenswert, ausgedrückt durch den Ausspruch »alte Jungfer«.<br />

Diese ledigen Frauen waren - selbst mit Vermögen - in ihrer Bewegungsfreiheit stark<br />

eingeengt, sie konnten nicht wie die Junggesellen ungehindert reisen oder<br />

Kaffeehäuser und Restaurants besuchen. Dadurch wären sie leicht ins Gerede<br />

gekommen und sexuelle Beziehungen waren praktisch unmöglich. Gleiches galt<br />

auch für geschiedene Frauen, wobei noch erschwerend hinzukam, dass eine<br />

Scheidung in diesen Kreisen zu jener Zeit einem Skandal gleichkam.<br />

2.05 DIE PROLETARISCHE FAMILIE<br />

Die proletarische Familie unterscheidet sich von der Familie in der Hausindustrie in<br />

einem ganz entscheidenden Punkt: durch die Trennung von Arbeitsplatz und<br />

Wohnbereich. Gemeinsamkeiten zwischen der Familie des Proletariats und der<br />

Familie des Bürgertums bestehen in der Intimität der familialen Beziehungen, der<br />

Kinderzentrierung und einem bewussten Erziehungsverhalten. Das moderne<br />

Proletariat entstand im Wesentlichen durch die Ausbreitung der Fabrikarbeit<br />

hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Charakteristisch für diesen<br />

Familientypus war die Besitzlosigkeit, durch die die Arbeitskraft gegen Lohn ständig<br />

»verkauft« wurde, verbunden mit einer umfassenden Fremdbestimmtheit bei der<br />

Arbeit, die außerdem schlecht bezahlt wurde. Weiters waren die Risiken bezüglich<br />

Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit selber zu tragen, denn die Leistungen der<br />

Sozialversicherungen sind mit den heutigen nicht zu vergleichen.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

Alternativen zu Ehe und Familie sind auch aus der Arbeiterschaft nicht bekannt,<br />

wobei oft überstürzt geheiratet wurde, wenn ein Baby unterwegs war. Die sexuellen<br />

Kontakte implizierten ein Mindestmaß an Zuneigung und Sympathie und diese<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Liebesbeziehungen mündeten meist in einer Ehe, wobei die Frauen versuchten<br />

durch eine lange Verlobungszeit die Heirat hinauszuzögern, um der zusätzlichen<br />

Arbeit durch Haushalt und Kinder noch eine gewisse Zeit zu entgehen. Auch wenn<br />

bei einer Heirat auf Besitzverhältnisse keine Rücksicht genommen werden musste,<br />

spielten doch ökonomische Überlegungen – vor allem bei Frauen – eine wichtige<br />

Rolle. Eine Arbeiterin konnte von ihrem niedrigen Lohn kaum leben und sofern sie<br />

nicht ständig von ihren Eltern abhängig sein wollte, war eine Eheschließung ihr<br />

einziger Ausweg.<br />

Für junge Männer war die Situation ganz anders, sie konnten von ihrem Lohn recht<br />

gut leben, aber wenn sie nicht bei den Eltern wohnen wollten, blieb nur das Leben<br />

als Untermieter oder Schlafgänger. Dies war zwar ein relativ ungebundenes aber<br />

auch sehr teures Leben. Die Ehe bedeutete für den Arbeiter die »Erlösung« von den<br />

Kneipen und eine geregelte sexuelle Beziehung, aber natürlich auch materielle Not,<br />

da eine Eheschließung meist mit vielen Kindern verbunden war. Da die Arbeiter<br />

bereits in jungen Jahren einen guten Verdienst hatten und keine lange<br />

Berufsausbildung wie die Handwerker benötigten bzw auf das elterliche Erbe zu<br />

warten hatten, gab es keine Gründe auf eine Heirat zu warten. Lediglich die Kosten<br />

für die Haushaltsgründung waren aufzubringen.<br />

2.06 DIE LOHNABHÄNGIGE FAMILIE SEIT DEM ERSTEN WELTKRIEG<br />

Die Jahre während und nach dem Ersten Weltkrieg setzten die Familien der<br />

lohnabhängigen Bevölkerung enormen Belastungen aus. Das Einrücken der<br />

Familienväter und militärdienstfähigen Söhne, die hohe Arbeitslosigkeit und die<br />

drastische Geldentwertung verschlechterte die Einkommenslage der Familien. Der<br />

vermehrte Einsatz der Frauen in den Verkehrs- und Produktionsbetrieben vermochte<br />

den Ausfall der Männer nur bedingt zu kompensieren. Mit der Rückkehr der Männer<br />

und Söhne aus dem Krieg setzte ein verstärkter Kampf um die Arbeitsplätze und eine<br />

Verdrängung der Frauen aus der Industrie ein. Damit verbunden war aber auch ein<br />

Kampf um die Positionen in den einzelnen Familien. Viele Heimkehrer fanden keinen<br />

Arbeitsplatz, waren von der Lohnarbeit entwöhnt, Krüppel oder psychisch krank und<br />

somit eine Belastung für ihre Familien. Die Aufrechterhaltung seines<br />

patriarchalischen Verhaltens gegenüber seiner Frau und seinen Kinder sicherte dem<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Arbeiter zu jener Zeit Selbstachtung und Identität, die er im Kampf um Produktivität<br />

und Anpassung an fremdbestimmte Arbeitsbedingungen an seinem Arbeitsplatz<br />

opfern musste.<br />

Während der Weltwirtschaftskrise übernahmen Frauen in den lohnabhängigen<br />

Schichten jede Gelegenheitsarbeit, um die Familie über Wasser zu halten, wofür sich<br />

Facharbeiter und Angestellte aus Berufsstolz oft zu gut waren. Erst wenn auch<br />

Frauen und Kinder keine Erwerbsmöglichkeit mehr fanden übernahmen die Männer<br />

auch Hilfsarbeiten in Fabriken und Werkstätten. Von der Geschicklichkeit und<br />

Ausdauer der Frauen hing es ab, ob die Familie genug zum Leben hatte. Mit der<br />

Dauer der Arbeitslosigkeit verschärfte sich auch die materielle und psychische Lage<br />

der Familien, wie die Studie über die Arbeitslosen von Marienthal (Marie Jahoda,<br />

Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel) gezeigt hat.<br />

Die Familie in der Zeit des Nationalsozialismus war beeinflusst durch die<br />

Versprechungen der Politiker: Abbau der Arbeitslosigkeit, Durchsetzung des<br />

Familienideals und Verbesserung der Ernährungslage. „Ehestandsdarlehen,<br />

Kindergeld, Lebensmittel- und Wäschegeschenke für kinderreiche Mütter“ (Sieder,<br />

1987, S.232) unterstützten diese traditionelle Familienideologie und das Rollenbild<br />

der Frau als Hausfrau und Mutter. Durch diese Aktionen erfolgte eine gewisse<br />

Stabilisierung des Familienlebens in der Arbeiterschaft.<br />

Und wieder war Krieg mit den gleichen Folgen für die Familien wie schon im Ersten<br />

Weltkrieg. Die Familienväter und Söhne wurden eingezogen und die Frauen wurden<br />

hauptsächlich in den industriellen Arbeitsprozess eingegliedert. Eines der Argumente<br />

war:<br />

„Frauen seien für Fließbandarbeit besonders geeignet, weil sie während der<br />

monotonen Arbeit in Gedanken bei ihren Hausfrauen- und Mutteraufgaben sein<br />

könnten“ (Sieder, 1987. S.233).<br />

Frauen wurde eine besondere Doppelbelastung zuteil: Einerseits für den Nachwuchs<br />

der nächsten Generation sorgen und andererseits die Fließbandarbeit in den<br />

Fabriken bewerkstelligen.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Die Rückkehr der Männer aus dem Krieg – oft erst Jahre nach Kriegsende – brachte<br />

neben Freude und Erleichterung oft auch Enttäuschung. Die vorgefundene Realität<br />

stimmte oft mit den Hoffnungen nicht überein. Diese Männer wurden zu einer<br />

zusätzlichen Belastung für die Familien und nicht zu einer Entlastung. Die Jahre der<br />

Trennung und das daraus entstandene Gefühl der Entfremdung machte es vielen<br />

Eheleuten schwer, miteinander zu sprechen. Es gab vieles worüber sie nicht<br />

sprechen konnten: die Zeit der Frauen in den Luftschutzkellern, die Fronterlebnisse<br />

der Männer, den Erlebnissen in Gefängnissen und Konzentrationslagern. Da Frauen<br />

oft – in Ungewissheit, ob ihre Männer je wiederkehren würden – neue Beziehungen<br />

eingegangen waren, zögerten viele Männer zu ihren Familien zurückzukehren. Als<br />

deutliches Zeichen dieser Destabilisierung der Ehen verdoppelten sich die<br />

Scheidungsraten gegenüber der Vorkriegszeit.<br />

2.07 GOLDENES ZEITALTER ODER KRISE DER FAMILIE<br />

Das ungewöhnlich starke Wachstum in West- und Mitteleuropa zwischen 1950 und<br />

1980 führte zu einem anhaltenden Bedarf an weiblichen Arbeitskräften. Aufgrund der<br />

gestiegenen Lebenserwartung, des gesunkenen Heiratsalters und der geringeren<br />

Geburtenzahlen hat sich die Phasenabfolge in der Familie und im Leben jedes<br />

Einzelnen gravierend verändert. Das jüngste Kind verlässt sehr früh das Elternhaus<br />

und dann bleiben dem Ehepaar noch gut 20 Jahre, die sie ohne Kinder miteinander<br />

verbringen.<br />

HEIRAT UND EHE<br />

Der Ehepartner wird nun nicht mehr mit Rücksicht auf die Herkunftsfamilie<br />

ausgewählt, dennoch steht die Wahl unter gesellschaftlichem Einfluss. Heirat und<br />

Geburt schaffen über Jahrzehnte dauernde Strukturen, denn sie platzieren jedes<br />

Individuum an seinem bestimmten sozialen Ort in der Gesellschaft. Dem Entschluss<br />

zu heiraten geht oft ein länger andauernder Prozess der „Orientierung und der sozio-<br />

kulturellen Einstimmung des Menschen auf Heirat und Familie“ (Sieder, 1987, S.249)<br />

voraus. Die Familie produziert wieder Menschen, die selber eine Familie gründen<br />

wollen. Mit der ansteigenden Zahl von Menschen, die nicht mehr in traditionellen<br />

Familien aufwachsen, sinkt auch die Bereitschaft zu Ehe und Kinder.<br />

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KAPITEL 3 – PARTNERSCHAFT, FAMILIE UND EHE <strong>IM</strong> <strong>WANDEL</strong> DER ZEIT<br />

Der Geburtenrückgang seit den 1970er Jahren wird von einem Anstieg der<br />

Scheidungsziffern begleitet. Als Gründe können zwei Faktoren genannt werden: die<br />

Verlängerung der Ehedauer (diese hat sich innerhalb von hundert Jahren verdoppelt)<br />

und die erhöhte wirtschaftliche Lösbarkeit der Ehe (je weniger die Ehepartner in ihrer<br />

wirtschaftlichen Existenz aufeinander angewiesen sind, desto eher können sie eine<br />

Trennung oder Scheidung einer unglücklichen Ehe vorziehen).<br />

PARTNERWAHL<br />

Die Partnerwahl verläuft als längerer Prozess – zunächst wird eine Kategorie von<br />

„sozial angemessenen Partnern definiert“ (Sieder, 1987, S.249), bestimmt durch das<br />

soziale Milieu, in denen sich der Suchende bewegt. Innerhalb einer Anzahl möglicher<br />

Partner wird dann die spezifische Wahl getroffen, anhand von psychischen, sexuell-<br />

erotischen und ästhetischen Kriterien.<br />

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Kapitel 4<br />

SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

„EIN GUTER PARTNER IST WIE ALTER WEIN -<br />

ER WIRD MIT DEN JAHREN NOCH BESSER.“<br />

(Unbekannt)<br />

A PARTNERSCHAFT ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND<br />

Die Soziologie der Zweierbeziehung gibt einen Einblick in die reichhaltige Dynamik<br />

der Zweierbeziehungen. Sichtbar werden dabei die Möglichkeiten des Kennen<br />

lernens, die Strategien der Kontaktanbahnung, die aufflammende Leidenschaft, das<br />

grenzenlose Glück, die – oft erfolglosen – Versuche, das Glück festzuhalten, die<br />

Unterschiede in der persönlichen Nähe, , Treue/Untreue-Regelungen, Hass,<br />

Eifersucht und Verachtung, Grenzen der Kommunikation, die Tragik des Scheiterns<br />

und das gewachsene Vertrauen.<br />

Romane, Filme und Opern sind überreich an Beziehungsgeschichten. Aber nicht nur<br />

in der Kunst auch im täglichen Leben werden mit großer Neugier die Paarbildungen,<br />

Affären, Krisen und Trennungsgeschichten bekannter Personen mittels<br />

Klatschgeschichten kolportiert oder gar in Biographien recherchiert. Die Soziologie<br />

hat sich von diesem »Beziehungsfieber« nicht anstecken lassen; ihr Interesse an<br />

Ehen/eheähnlichen Beziehungen ist noch immer sehr schwach ausgeprägt. Zwar<br />

wäre es verfehlt, den Eindruck zu erwecken, eine „Soziologie der Zweierbeziehung“<br />

sei etwas ganz Neues, aber ihre Erforschung hat in der Soziologie zu keinem<br />

eigenen Forschungsbereich geführt und auch keine Forschungstradition etabliert.<br />

Überhaupt fällt auf, dass die Ehe als Forschungsgegenstand im amerikanischen<br />

Raum erst auf dem Umweg wahrgenommener Probleme der Familien entdeckt<br />

wurde. Es sind vor allem die »ehebezogenen« Themenbereiche, die in der<br />

amerikanischen Forschung Tradition haben:<br />

� die Partnerwahl<br />

� die Ehequalität oder Ehezufriedenheit und<br />

� Scheidungen<br />

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KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Alle drei wurden durch die sich ausbreitende Sorge um die wachsende Instabilität<br />

von Familien erarbeitet. Die Entdeckung der Partnerwahl als Thema war somit eng<br />

mit der Befürchtung verbunden, dass sich die wachsende Bedeutung des<br />

romantischen Ideals bei der Wahl des Ehegatten/der Ehegattin nachteilig auf<br />

Familien auswirken könnte. Alle drei Themenkomplexe, die in der deutschsprachigen<br />

Familienforschung noch keine vergleichbare Bedeutung erlangten, begründen zwar<br />

eine höhere Aufmerksamkeit für die Ehe, zeigen aber zugleich auch, wie sehr diese<br />

an eine „dominante Familien-Optik“ (Lenz, 1990, S.10) gebunden bleiben<br />

Lange Zeit haben sich Psychologen nur mit gescheiterten Beziehungen beschäftigt –<br />

kein Wunder, zur Familienberatung kommt nur wer ein Problem hat. Warum aber<br />

haben sich Wissenschafter nicht mit funktionierenden Beziehungen beschäftigt?<br />

Wenn glückliche Paare beobachtet werden, können wir dann von Ihnen lernen, Streit<br />

zu vermeiden? Das ist leider nur zum Teil möglich, da der Mensch sich nicht<br />

katalogisieren lässt, denn er ist individuell. Und daher ist es schwer zu sagen,<br />

Person A passt aufgrund dieser und jener Eigenschaften, Charakterzüge, Aussehen,<br />

etc zu Person B.<br />

Die Ehe hat zumindest in weiten Teilen der Gesellschaft erhebliche kulturelle<br />

Legitimationseinbußen durchgemacht. Aus der Liebe folgt heute nicht mehr – wie es<br />

Tyrell (1988, S.155) formuliert hat – „bindend und motivational zwingend Heirat/Ehe“.<br />

Es kommt vielmehr zu einer Entkoppelung von Liebe und Ehe. Für ein Paar stehen<br />

unterschiedliche Beziehungsformen offen, in denen das gemeinsame sexuelle<br />

Erleben und ein (evt. gemeinsamer) Alltag vereinbart sind. Wer liebt, muss noch<br />

lange nicht auch heiraten. Ein Leben ohne Trauschein ist schon lange kein »Makel«<br />

mehr.<br />

In unserem täglichen Leben sind wir immer wieder mit der Frage nach dem<br />

Familienstand konfrontiert und die klassische Einteilung lautet dabei:<br />

� ledig<br />

� verheiratet<br />

� geschieden<br />

� verwitwet<br />

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KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Dennoch sind in den letzten Jahren auch sehr viele neue Bezeichnungen für<br />

Lebensgemeinschaften entstanden:<br />

� Nichteheliche Lebensgemeinschaft<br />

� Living-apart-together<br />

� Forbidden relationships<br />

� Gleichgeschlechtliche Paarbeziehung<br />

B FORMEN VON ZWEIERBEZIEHUNGEN<br />

Die nachfolgend beschriebenen Formen von Zweierbeziehungen sind dem Buch<br />

„Frauenmacht ohne Herrschaft. Geschlechtsverhältnisse in nicht-patriarchalischen<br />

Gesellschaften“ (Lenz, 1990, S.17-21) entnommen:<br />

NICHTEHELICHE LEBENSGEMEINSCHAFT<br />

Als nichteheliche Lebensgemeinschaft wird jene Zweierbeziehung bezeichnet, in der<br />

die Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Nur ein Teil dieser<br />

Lebensgemeinschaften wird mit dem festen Vorsatz geschlossen, dass in<br />

absehbarer Zeit geheiratet wird. Meist ist dies eine Testphase in der ausprobiert wird,<br />

ob eine Übereinstimmung im Beziehungsalltag vorhanden ist. In der Mehrzahl der<br />

Fälle ist es eine neue Form des informellen Zusammenlebens, die gewählt wird,<br />

ohne dass die Frage einer möglichen Eheschließung besteht, was jedoch nicht<br />

ausschließt, dass sich das zusammenlebende Paar zu einem späteren Zeitpunkt<br />

nicht doch noch zur Ehe entschließt.<br />

EHE<br />

Ehe ist nach traditioneller und im Zivilrecht vorherrschender Auffassung eine (relativ)<br />

dauerhafte und rechtlich legitimierte Lebens- und Sexualgemeinschaft zweier<br />

(ehe-)mündiger verschiedengeschlechtlicher Partner, die den Vorsatz haben, die von<br />

der Frau geborenen Kinder rechtsverbindlich als die eigenen anzuerkennen.<br />

LIVING-APART-TOGETHER<br />

Neben der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gewinnt eine zweite Form der<br />

»nichtkonventionellen Lebensform« immer mehr an Gewicht. Nicht gemeint sind jene<br />

Paare, die aufgrund ihres jungen Alters noch im Haushalt ihrer Herkunftsfamilie<br />

leben, sondern Voraussetzung für die Zuordnung ist vielmehr, dass die<br />

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KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Beziehungspersonen – auch nach einer gewissen Zeitdauer des Kennens – noch<br />

zwei eigenständige Haushalte aufweisen. Erhöhte Anforderungen an die<br />

Berufsmobilität fördern living-apart-together Beziehungen, wenn der Partner oder die<br />

Partnerin aufgrund des eigenen beruflichen Engagements oder aus persönlichen<br />

Gründen nicht in der Lage ist, einen Wohnortwechsel mitzuvollziehen. Paare ohne<br />

gemeinsame Wohnung in ein und derselben Stadt können auch Ausdruck davon<br />

sein, dass ein hohes Gewicht auf fortgesetzte Eigenständigkeit gelegt wird. Diese<br />

Ansprüche an das »eigene Leben« dürften in der Zukunft eher ansteigen. In vielen<br />

Fällen ist davon auszugehen, dass diese Beziehungen, selbst wenn sie sich als<br />

stabil erweisen, nur zeitlich befristet bestehen, denn in vielen Fällen gehen diese<br />

Beziehungen in eine nichteheliche Lebensgemeinschaft oder eine Ehe über.<br />

PENDLER-EHEN<br />

Bei Living-apart-together-Beziehungen sind zwei »gleichwertige« Wohnungen<br />

vorhanden. Im Gegensatz dazu wird in der Pendler-Ehe eine der beiden Wohnungen<br />

als gemeinsame Hauptwohnung und die andere Wohnung (meist jedoch ein Zimmer)<br />

nur für den Zeitraum der berufsbedingten Abwesenheit genutzt. Solange der Mann<br />

als Alleinverdiener die Familie ernährte, folgten Frau und Kinder an den neuen<br />

Standort des Arbeitgebers (Bauarbeiter, Führungskräfte, Soldaten, etc.). Durch die<br />

eigene Berufstätigkeit der Frauen ist dies heute nicht mehr so selbstverständlich.<br />

Problematisch an der Situation der Pendler ist, dass sie sich in ihrer »Zweitwohnung«<br />

meist nicht zu Hause fühlen und wo sie wohnen halten sie sich an den<br />

Wochenenden nur kurze Zeit auf. Da sie die wenige Zeit der Familie widmen<br />

möchten, bleiben Freizeit, Hobby oder der Kontakt zu Freunden auf der Strecke.<br />

Auch Probleme können nicht gelöst werden und die Erziehungs- und Hausarbeit<br />

muss (meist von der Frau) wochentags alleine bewältigt werden.<br />

FORBIDDEN RELATIONSHIPS<br />

In die gleiche Kategorie dieser Living-apart-together-Beziehungen fallen jene<br />

langandauernden Beziehungen, in denen einer der Partner bereits anders gebunden<br />

ist und diese verdeckte Zweierbeziehung oder Nebenbeziehung (meist) vor dem<br />

Beziehungspartner bzw der Beziehungspartnerin verborgen werden.<br />

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GLEICHGESCHLECHTLICHE PAARBEZIEHUNG<br />

KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Eine weitere Lebensform sind gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen. Im<br />

Gegensatz zu den anderen Lebensformen wird damit kein weiterer Beziehungstypus<br />

umschrieben – schwule/lesbische Paare leben in einem gemeinsamen Haushalt oder<br />

leben in zwei getrennten Wohnungen – sondern durch die Gleichgeschlechtlichkeit<br />

grenzen sich diese von heterosexuellen Paaren ab.<br />

Das Ideal des bürgerlichen Familienmodells – der Aufschub der Sexualität auf die<br />

Ehe – ist inzwischen längst obsolet geworden. Das kulturelle Muster, wo einer kurzen<br />

Werbe- und Kennenlernphase eine Eheschließung folgt, ist heute weitgehend<br />

verschwunden. Immer seltener wird der erste Freund oder die erste Freundin gleich<br />

geheiratet. Feste Beziehungen zum anderen Geschlecht werden früh aufgenommen,<br />

einige erweisen sich als kurzlebig, andere wiederum gewinnen an Dauer. Immer<br />

seltener wird mit dem Wegzug aus der Herkunftsfamilie auch gleich geheiratet.<br />

Zunächst leben die meisten als Single, mit einem Freund oder einer Freundin oder –<br />

weitgehend im studentischen Milieu – mit mehreren Personen in einer<br />

Wohngemeinschaft zusammen und sammeln Erfahrungen in unterschiedlichen<br />

Beziehungen und Beziehungsformen.<br />

Im Vordergrund steht dabei nicht die Suche nach einem geeigneten Partner bzw<br />

einer geeigneten Partnerin, sondern Beziehungen werden gelebt, die einen<br />

Eigenwert haben und sich nicht als Partnersuche instrumentalisieren lassen. Sie<br />

schließen sexuellen Austausch und häufig auch ein Zusammenwohnen mit ein ohne<br />

– um eine in den 1950er und 1960er Jahren verbreitete Metapher zu verwenden –<br />

den »Hafen der Ehe« 27 anzusteuern. Selbst wenn die feste Beziehung über mehrere<br />

Jahre besteht, gibt es keine Garantie dafür, dass sich diese als lebenslang erweist.<br />

Trennung und Aufbau einer neuen Partnerschaft werden zu sich wiederholenden<br />

Erfahrungen im individuellen Lebenslauf. Seit einiger Zeit hat sich der Begriff<br />

»LebensabschnittspartnerIn« etabliert, sei es in privaten Gesprächen oder auch in<br />

Zeitungen, der auf den Wechsel der Beziehungen im Lebenslauf Bezug nimmt.<br />

27 Hafen der Ehe = die Ehe als Ruhepol, endlich ankommen und zur Ruhe kommen<br />

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C SINGLE<br />

KAPITEL 4 - SOZIOLOGIE DER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Der Begriff »Single« ist im Alltag und davon nicht unberührt auch in der Wissenschaft<br />

zu einem Modebegriff geworden. Früher haben viele bei dem Wort »Single« zuerst<br />

an eine Schallplatte gedacht, doch heute ist es meist ein Synonym für einen Ein-<br />

Personen-Haushalt. In einer weiteren Verwendungsweise wird dieser Begriff für<br />

Personen einer bestimmten Altersspanne (z.B. zwischen 25 und 55 Jahren)<br />

verwendet, die alleine in einem Haushalt leben. Eine dritte Variante hat<br />

»Partnerlosigkeit« und »Ein-Personen-Haushalt« als Kriterien, womit jene nicht in<br />

diese Kategorie fallen, die noch im »Hotel Mama« 28 wohnen (Schneider et al. 1998,<br />

S.23). Und letztendlich gibt es noch die Definition der freiwilligen Singles, jene<br />

Gruppe, die keinen Partner suchen und ganz bewusst diese Lebensform<br />

bevorzugen, das Alleinleben nach dem Motto „Lieber allein, als gemeinsam einsam“<br />

(Lermer/Meiser, 1991, S.159). Es wird künftig mehr freiwillig Alleinlebende geben,<br />

aber ein Ausweg für Lebensprobleme wird dies nur für wenige von ihnen sein. Eine<br />

Zusammenfassung aller Definitionen führt somit zu folgender Formulierung:<br />

Singles sind jene Personen, die aktuell keine Zweierbeziehung haben, egal wie<br />

kurzfristig oder dauerhaft dieser Zustand ist, egal ob sie auf der Suche nach<br />

einem Partner sind und egal in welcher Haushaltsform sie leben.<br />

28 Erwachsene Kinder wohnen noch bei ihren Eltern und die Mütter versorgen den Nachwuchs mit<br />

Essen, waschen ihre Wäsche und machen ihnen das Leben so angenehm, dass sie nicht daran<br />

denken sich eine eigene Wohnung zu suchen.<br />

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Kapitel 5<br />

DAS LEBEN ALS SINGLE<br />

KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />

„WER SICH ZUR EINSAMKEIT VERDAMMT FÜHLT,<br />

KANN <strong>IM</strong>MER NOCH MANCHES DAZU TUN,<br />

DASS SEINE EINSAMKEIT GESEGNET SEI.“<br />

Arthur Schnitzler (1862-1931), österr. Schriftsteller<br />

Das Leben als Single, freiwillig gewählt oder unfreiwillig aufgrund einer<br />

Scheidung/Trennung oder des Ablebens des Partners oder der Partnerin, ist oft mit<br />

höheren Lebenskosten (kleine Wohnungen sind schwer zu finden und oft sehr teuer<br />

in der Erhaltung, Lebensmittel gibt es oft nur in Großpackungen, Urlaube kosten<br />

aufgrund der Einzelzimmerzuschläge in den Hotels mehr) und Einsamkeit<br />

verbunden. Da meist nur Alleinlebende Personen auf der Suche nach einem Partner<br />

sind ist dies ein wichtiges Kapitel dieser Arbeit.<br />

Innerhalb unserer Gesellschaft vollziehen sich drastische Veränderungen: Familien<br />

zerbrechen, viele Kinder wachsen nur mit einem Elternteil auf, Eheschließungen und<br />

Scheidungen stehen fast im Verhältnis 2:1 und eine Tendenz zur „Singularisierung<br />

des Menschen“ (Lermer/Meiser, 1991, S.11) ist nicht länger zu übersehen.<br />

Im vierten Jahrzehnt des individuellen Lebenslaufs – im Alter zwischen 30 und 40<br />

Jahren – ohne einen Lebenspartner zu leben, ist nicht erst eine Erscheinung der<br />

achtziger und neunziger Jahre des 20.Jahrhunderts (vgl. Bachmann, 1992, S.47ff).<br />

Auch ein Leben außerhalb von Familienbindungen zu führen ist nicht gänzlich neu,<br />

wie bereits in früheren Kapiteln ausgeführt. Historisch ungewöhnlich ist eher das<br />

Gegenteil: der sehr hohe Anteil jener Personen, die in dieser Altersgruppe bereits<br />

eine Heirat bzw eine Scheidung hinter sich haben. Personen, die auf die sozialen<br />

Bindungen von Ehe und Familie verzichteten, finden sich im 18. und in der ersten<br />

Hälfte des 19.Jahrhunderts vor allem in drei Lebensaltersphasen:<br />

� unter jungen Leuten, überwiegend Männern, die zur Ausbildung in die<br />

Stadt oder auf Wanderschaft gingen<br />

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KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />

� unter den 20- bis 35-Jährigen Personen, die noch ledig waren und in der<br />

bäuerlichen Gesellschaft des Feudalsystems keine »ökonomische<br />

Vollstelle« eingenommen hatten<br />

� sowie unter den alten Leuten, die ihre Angehörigen verloren und daher auf<br />

das übliche »Altenteil« unter Umständen zu verzichten hatten<br />

Ledige Personen, insbesondere Frauen, waren meist nicht zu einer eigenständigen<br />

Haushaltsführung fähig. Die Alternativen waren Übergangslösungen bis zu einer<br />

Heirat: Schlafbursche, Kostgänger oder Dienstmädchen im Haushalt der Herrschaft;<br />

in selteneren Fällen taten sie sich mit unverheirateten Schwestern oder Freundinnen<br />

zu »Frauengemeinschaften« zusammen, sozusagen ein Vorläufer heutiger<br />

Wohngemeinschaften.<br />

Die Schicksale verheirateter und nicht-verheirateter Frauen gleichen Alters trennten<br />

sich zusehends: in das der Familienarbeit durch die Ehefrauen und in das der<br />

Erwerbsarbeit der Alleinstehenden. Diese Erwerbsarbeit galt allerdings für die allein<br />

stehende Frau gesellschaftlich als eine »bittere Notwendigkeit« und nicht als<br />

Ausdruck einer freien Entscheidung oder Selbstverwirklichung. Nicht die allein<br />

stehenden berufstätigen Frauen, sondern die kleine Minderheit der wirtschaftlich<br />

gutgestellten allein stehenden Männer (Bachelors) erfuhr die Freiräume, die das<br />

Singleleben als neue Lebensform beinhalten kann. Das Singleleben blieb bis in die<br />

1960iger Jahre eng an den Verlust des Ehepartners und an die eigene soziale<br />

Absicherung gebunden. Es blieb bis dahin im Wesentlichen ein Ausdruck einer neu<br />

gewonnenen Selbstständigkeit älterer Menschen.<br />

Seit dieser Zeit gewann das eheliche und familiäre Zusammenleben stetig an<br />

Zugkraft. Und je stärker sich ein solches gemeinschaftliche Leben durchsetzte, desto<br />

gesellschaftlich auffälliger wurde eine Lebensführung, die diesen Maßstäben nicht<br />

genügte: Die »alte Jungfer« und der »Hagestolz« wurden zu negativen Sozialfiguren,<br />

denen ihre Ehelosigkeit nicht als unverschuldetes Schicksal, sondern als<br />

persönliches Versagen angerechnet wurde. Lediglich der »Junggeselle«, vor allem<br />

wenn er als wohlhabend und »eingefleischt« galt, konnte sich dem entziehen.<br />

Ein weiteres Faktum für das Forcieren der Ehe war der Umstand, dass<br />

Wohnraumbeschaffung zu jener Zeit meist an einen Trauschein gebunden war.<br />

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KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />

Junge Menschen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch im Elternhaus lebten und eine<br />

gemeinsame Zukunft planten waren gewissermaßen gezwungen den Weg auf das<br />

Standesamt zu wählen, um eine Wohnung zu bekommen. Singlehaushalte waren zu<br />

jener Zeit eher die Ausnahme als die Regel. Speziell junge Mädchen wohnten bis zur<br />

Heirat bei der Familie und übersiedelten erst nach dem Ringtausch in eine<br />

gemeinsame Wohnung mit dem Ehemann.<br />

Voraussetzung für eine Verbreitung des Alleinlebens, und damit auch eines<br />

Singlelebens, war eine Gesellschaft, die es dem Einzelnen ermöglichte,<br />

verhältnismäßig unabhängig von sozialen Bindungen – insbesondere von Ehe und<br />

Familie – eine eigene Existenz zu erlangen. Doch nicht im sich stetig verjüngenden<br />

Eheschließungsalter, sondern in der »unproduktiven« Lebensphase des hohen Alters<br />

zog ein selbstständiges Leben zuerst ein. Der Tod des jeweiligen Partners war in der<br />

Zeit um die Jahrhundertwende ein typischer Ausgangspunkt von Alleinleben und<br />

Singleleben. Eine solchermaßen autonome Witwer- oder Witwenschaft ließ sich mit<br />

einer sukzessiven Verbesserung der Hinterbliebenenversorgung verwirklichen. Das<br />

Pensionssystem versetzte sehr viele der Hinterbliebenen in die Lage, den bisherigen<br />

Hausstand zu halten und soziale Abhängigkeiten wie das Leben im Haushalt der<br />

Kinder zu vermeiden. Damit verbunden war auch die Tatsache, dass eine neuerliche<br />

Eheschließung den Verlust der Witwenpension bedeutet hätte.<br />

Die Zerbrechlichkeit von Ehen und Beziehungen bringt es mit sich, dass es immer<br />

wieder eine gewisse Anzahl von Personen gibt, die Single sind, aber für diese<br />

Personengruppe ist dieser Zustand meist nur eine mehr oder minder kurze<br />

biographische Episode, bis eine neue Paarbeziehung eingegangen wird. Sie haben<br />

eine zerbrochene Beziehung hinter sich und hatten bisher vielleicht noch nicht die<br />

Gelegenheit, die Zeit, die Chance oder die emotionale Bereitschaft, eine neue<br />

Verbindung einzugehen. Es kann natürlich sein, dass diese Zeit des Alleinseins als<br />

positives Erlebnis eingestuft wird, eine Chance, das eigene Leben wieder zu ordnen<br />

– jedoch meist nur für eine kurze Zeitspanne. Selbstverständlich gibt es auch<br />

Personen, die sich entschließen fortan allein zu bleiben, aber meist sind diese<br />

Entscheidungen mit negativen Erlebnissen in zerbrochenen Beziehungen verbunden.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 56 VON 123


KAPITEL 5 - DAS LEBEN ALS SINGLE<br />

Laut der Europäischen Single-Studie, durchgeführt im Auftrag von Parship 2005 in<br />

acht europäischen Ländern (GB, NL, DE, AT, CH, FR, IT, ESP; 5.400 Singles<br />

zwischen 25 und 50 Jahren) sind rund 73,8% der österreichischen Singles auf<br />

Partnersuche (davon 10,1% aktiv suchend). Im Vergleich dazu: In FR sind dies<br />

81,7% (7,1%), in IT 79,4% (7,2%), in NL 77,6% (8,0%), in ESP 67,7% (8,8%), in der<br />

CH 71,1% (9,2%) in DE 75,9% (13,2%) und in GB 78,4% (13,4%).<br />

24,1%<br />

Sie hätten zwar gerne einen Partner, lassen aber alles auf sich zukommen<br />

Sie sind derzeit gar nicht auf der Suche nach einem Partner<br />

Sie sind aktiv auf der Suche nach einem Partner<br />

Sie sind auch in Zukunft nicht an einer Partnerschaft interessiert<br />

10,1%<br />

2,1%<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 57 VON 123<br />

63,7%<br />

Abbildung 1 – Partnersuche in Österreich (Selbsteinschätzung)<br />

Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf<br />

Stand Dezember 2005<br />

Institut: Marketagent.com, Online-Interviews, n = 848, Erhebungszeitraum 18.11. – 7.12.2005<br />

Grundgesamtheit: webaktive österreichische Singles<br />

Wenn immer wieder die persönlichen Vorstellungen über eine Beziehung nicht erfüllt<br />

werden wird das Alleinsein wohl als das kleinere Übel betrachtet. In der heutigen<br />

Zeit, in der Frauen nicht unbedingt auf Männer als »Versorger« angewiesen sind, ist<br />

dies eine durchaus vorstellbare Variante. In manchen Situationen wird das Leben<br />

allein sicher positiver bewertet und auch grundsätzlich bejaht, während in anderen<br />

Situationen, besonders dann, wenn Einsamkeitsgefühle und Selbstzweifel auftreten,<br />

ein Wunsch nach Veränderung dieser Lebensform angestrebt wird.


Kapitel 6<br />

AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

„DIE LIEBE BEGINNT MIT DEN AUGEN“<br />

Russisches Sprichwort<br />

Warum verlieben wir uns und was geschieht in unserem Körper in diesen Sekunden?<br />

Wenn sich Mann und Frau das erste Mal begegnen, läuft quasi ein Film vor ihren<br />

Augen ab: der Mann taxiert die Frau nach ihrer »Fruchtbarkeit« und die Frau den<br />

Mann nach sozialem Status, Aussehen, Intelligenz oder Humor. Und für dieses erste<br />

Abtasten genügen oft schon zwei Sekunden.<br />

Es reicht daher nicht aus, für die Partnerwahl einen »Katalog von Merkmalen der<br />

gewünschten Personen« anzufertigen, es ist vielmehr notwendig, die Vorgänge im<br />

Beziehungsaufbau selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Es müssen Informationen in<br />

Form von verbaler und non-verbaler Kommunikation über die betreffende Person<br />

gesammelt werden, aber auch Verhaltensbeobachtungen. Natürlich darf dabei nicht<br />

übersehen werden, dass die beobachtete Person – sobald sie dies bemerkt –<br />

versuchen wird, sich vorteilhafter darzustellen, als dies in einem unbeobachteten<br />

Moment der Fall wäre. All diese Informationen müssen aufgrund unseres<br />

Wissensvorrates bewertet und zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden. Je<br />

mehr Erfahrungen wir bisher gemacht haben – von Bedeutung sind vor allem die<br />

negativen Erfahrungen – desto schwieriger wird die Konstruktion dieser<br />

Wunschvorstellung. Sehr oft wissen wir, was wir nicht wollen und bauen eine<br />

Idealvorstellung auf, die der Wirklichkeit selten gerecht werden kann. Je mehr<br />

Enttäuschungen der Mensch im Laufe seines Lebens erfährt desto mehr wird er<br />

diese auf seinen künftigen Wunschpartner projizieren. Die Gefahr bei der Suche im<br />

Internet besteht nun darin, dem Irrglauben zu verfallen, dass der Computer den<br />

Idealpartner aufgrund der eingegebenen Merkmale findet. Aber auch hier darf – wie<br />

in der realen Situation – nicht übersehen werden, dass die Personen versuchen<br />

werden, sich so vorteilhaft wie nur möglich darzustellen.<br />

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A AUSGANGSKONSTELLATIONEN<br />

KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Wie sieht nun wissenschaftlich betrachtet der Aufbau einer Zweierbeziehung aus –<br />

von der Ausgangskonstellation zur glücklichen Beziehung? In den meisten Studien<br />

zum Beziehungsaufbau wird davon ausgegangen, dass die Beziehung mit dem<br />

Zeitpunkt des Kennen lernens beginnt. Dies muss jedoch nicht immer der Fall sein,<br />

wie die folgenden fünf Ausgangskonstellationen von Lenz (1990, S.79-82)<br />

verdeutlichen:<br />

1 Eine Beziehung entsteht aus einer Bekanntschaft oder Freundschaft. Zwei<br />

Personen kennen sich schon seit längerer Zeit, eventuell schon von<br />

Kindesbeinen an. Für diese Bekannten stellt sich nicht die Frage wie sie in<br />

Kontakt kommen, sondern wie die Transformation aus der Bekanntschaft zur<br />

Liebesbeziehung bewerkstelligt werden soll und vor allem durch welches<br />

Ereignis (Wendepunkt) dies erfolgen kann. Dabei gibt es Situationen, die diese<br />

Transformation erleichtern können: Momente, die ein höheres Maß an<br />

»Ausgelassenheit« zulassen, wie z.B. ein Faschingsfest.<br />

2 Eine Kontaktaufnahme zweier sich fremder Personen erfolgt, ohne dass eine<br />

der beiden Seiten dies aktiv herbeiführt, also ohne Eigeninitiative einer der<br />

beiden Personen. Der neue Kontakt ergibt sich durch die äußeren Umstände,<br />

z.B. eine neue Arbeitstelle oder eine neue Kollegin/ein neuer Kollege am<br />

Arbeitsplatz, in der Ausbildung, Schule, Freizeitverein. Auch in diesem Fall<br />

muss der »risikoreiche Weg« einer Kontaktaufnahme durch direktes<br />

Ansprechen nicht beschritten werden, denn es gibt eine ganze Menge an<br />

Situationen, die Kommunikationsmöglichkeiten bieten, ohne jemand Fremden<br />

direkt ansprechen zu müssen.<br />

3 Eine Zweierbeziehung erfolgt durch die Vermittlung Dritter. Dies ist dann der<br />

Fall, wenn eine Heirat durch die beiden Herkunftsfamilien arrangiert wird, wobei<br />

sich Braut und Bräutigam in der Extremform erst bei ihrer Hochzeit zum ersten<br />

Mal begegnen. Eine andere Möglichkeit ist die »Paarbildung« durch die<br />

Vermittlertätigkeit der dritten Person, d.h. ein Bote wird gebeten die begehrte<br />

Person zu fragen, ob er/sie mit ihr/ihm »gehen« wolle.<br />

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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

4 Die Vermittlung erfolgt durch eine institutionalisierte Dritte Person – eine/n<br />

HeiratsvermittlerIn. Dies war vor allem im bäuerlichen Milieu eine gebräuchliche<br />

Form der Eheanbahnung, sehr anschaulich beschrieben durch Ludwig Thoma<br />

(1901) in seiner Erzählung „Hochzeit“. Die heutigen Partnervermittlungsinstitute<br />

fallen ebenfalls in diese Kategorie, wobei ihnen ein ähnlich schlechter Ruf wie<br />

dem Heiratsvermittler vorauseilt.<br />

5 Die Partnersuche erfolgt mittels Annonce in Tageszeitungen und Magazinen,<br />

wobei sich fünf Typen von InserentInnen unterscheiden lassen (vgl. Lenz, 1990,<br />

S.81f):<br />

� beruflich Erfolgreiche, die aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung, meist<br />

nach einer Trennung, auf diese Weise einen neuen Partner bzw eine neue<br />

Partnerin suchen<br />

� Alleinerziehende, fast überwiegend Frauen, die an einem Mangel an<br />

Kontaktmöglichkeiten leiden<br />

� einsame junge Männer, die Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen haben<br />

� Frauen über 50, die meist nach dem Tod ihres Ehemannes einen neuen<br />

Partner suchen<br />

� beruflich Desintegrierte, die auch in der Partnerwahl bislang erfolglos<br />

blieben<br />

Der Inserent bzw die Inserentin wird bei der Vermittlung durch Dritte von den<br />

anfänglichen Schritten befreit, z.B. das Ansprechen eines Fremden oder das<br />

Interesse an einer Beziehung zeigen. Auch ist es nicht notwendig bei einer<br />

Begegnung nach Signalen zu suchen die anzeigen, dass die andere Person<br />

»frei« und für einen Beziehungsaufbau bereit ist. Dennoch muss irgendwann<br />

einmal ein erstes Treffen arrangiert werden, um das wechselseitige Interesse<br />

aneinander und die Tragfähigkeit einer Beziehung auszuloten.<br />

B ERSTBEGEGNUNGEN<br />

Monica M. Moore (in: Lenz, 1990, S.76) hat Frau-Mann-Interaktionen beobachtet und<br />

einen Katalog von Werbesignalen, die Frauen verwenden, wenn sie jemand kennen<br />

lernen möchten, zusammengestellt. Ingesamt konnten 52 Signale identifiziert<br />

werden:<br />

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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

� am häufigsten wurde Lächeln als Werbesignal registriert,<br />

� dann Blicke, die im Raum schweifen oder auf eine Person gerichtet sind,<br />

� fixierende Blicke, die zu einem längeren Augenkontakt (mehr als drei<br />

Sekunden) führen,<br />

� die Hand streift kurz die Haare, genannt »hair flip« oder mit dem Kopf wird<br />

eine ruckartige Kopfbewegung durchgeführt, wobei das Gesicht kurz nach<br />

oben geneigt wird, genannt »head tossing«,<br />

� neben diesen Signalen mit Gesicht und Kopf konnten noch weitere<br />

Werbesignale registriert werden, wie z.B. das Spielen mit Gegenständen,<br />

das »Alleintanzen« oder Eigenberührungen.<br />

Anhand dieses Kataloges wurde in einer zweiten Studie überprüft, ob es sich bei<br />

diesen non-verbalen Verhaltensmustern um Werbesignale handelt, die das Interesse<br />

an einen Mann weitergeben. Diese Studie erstreckte sich auf verschiedene soziale<br />

Kontexte, in denen Interaktionen mit einem Mann unterschiedlich häufig vorkommen<br />

– von sehr häufig bis gar nicht. Es hat sich gezeigt, dass in einer Single-Bar, wo es<br />

ganz bewusst zu Männerkontakten kommen soll, diese Signale ungleich häufiger<br />

verwendet werden als z.B. in einer Bibliothek oder bei einem Frauentreff. Weiters<br />

wurde festgestellt, dass Frauen, die diese Werbesignale am häufigsten gebrauchten,<br />

im Beobachtungszeitraum auch die meisten Kontakte mit Männern hatten. Dabei<br />

spielte die jeweilige Attraktivität der Signalsenderin überhaupt keine Rolle, wer mehr<br />

Signale sendete hatte auch mehr Kontakte.<br />

Bei geschlechtsspezifischen Untersuchungen zeigen sich ganz deutlich<br />

Unterschiede: Männer neigen dazu, die Austauschprozesse bei der<br />

Kontaktaufnahme stärker als sexuell gefärbt wahrzunehmen als Frauen und gehen<br />

auch davon aus, dass ihre Sicht von den beteiligten Frauen geteilt wird. Eine<br />

Freundlichkeit von Frauen wird von den Männern vielfach vorschnell als ein<br />

»verführerisches« Verhalten beurteilt. Diese männliche Neigung zu<br />

Fehleinschätzungen in der Kontaktaufnahme wurde in zahlreichen Studien bestätigt,<br />

z.B. Mongeau et al. 1993, Koeppel et al. 1993 und Christiane Tramitz 1995, die ihre<br />

Untersuchungen unter dem Titel „Irren ist männlich“ veröffentlichte.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 61 VON 123


C BEZIEHUNGSAUFBAU ALS PROZESS<br />

KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

Ein Beziehungsaufbau hängt immer auch von den gegebenen Chancen ab. Viele<br />

Personen scheiden als Beziehungspartner/in aus, weil sie sich ein Leben lang nie<br />

begegnen. Andere dagegen sind durch bestehende zahlreiche Kontaktmöglichkeiten<br />

in hohem Maße potentielle Kandidaten bzw Kandidatinnen. Besteht vorerst nur eine<br />

einseitige Aufmerksamkeit, dann wird die Interaktion umso erfolgreicher, je mehr<br />

Merkmale die wahrgenommene Person zeigt. Dabei kann es natürlich zu einer<br />

Abfuhr kommen, aber auch zu zeitlichen und räumlichen Hindernissen, die für die<br />

Kontaktaufnahme noch überwunden werden müssen. Kommt eine Kontaktaufnahme<br />

zustande, werden die ersten Eindrücke durch „Prozesse der Personenwahrnehmung<br />

und Taktiken der Selbstdarstellung“ (Lenz, 1990, S.77) geformt.<br />

Personen, die wir mögen, schreiben wir bei dieser ersten Wahrnehmung positive<br />

Eigenschaften zu und jene, die wir nicht mögen, negative. Außerdem neigen wir<br />

dazu, dass wir bei anderen Personen ähnliche Eigenschaften erkennen, von denen<br />

wir überzeugt sind, dass auch wir sie besitzen. Die sich begegnenden Personen<br />

stellen sich selbst in einer bestimmten Art und Weise dar und entwerfen gleichzeitig<br />

auch ein Bild des anderen. Dieses »Hin und Her« hat zum Ziel, zu einer zumindest<br />

vorläufigen Verständigung zu kommen, wer wir selber sind und wer die andere<br />

Person ist. Backmann deutet an, dass in einer frühen Phase eine Beziehung ein<br />

Nutzen-Kosten-Kalkül ist, ein bloßes buchhalterisches Konstatieren (vgl. Lenz, 1990,<br />

S.78). Viele Beziehungen verharren auf dieser Stufe, denn als nächste Stufe folgt der<br />

Prozess der »Selbstenthüllung«. Beide Partner sind zunehmend bereit, intimere<br />

Aspekte ihres Selbst zu enthüllen und dadurch sammeln beide Seiten mehr<br />

Informationen über die jeweils andere Person. Es bilden sich stabile<br />

Handlungsmuster, Routinen oder Kombinationen von Verhaltensweisen, die die<br />

Alltagsaktivitäten des Paares konstituieren (vgl. Lenz, 1990, S.78), Eigenschaften,<br />

Einstellungen und alle für die Beziehungen relevanten Teile treten in<br />

Wechselbeziehung. Dabei beeinflussen Wendepunkte nachhaltig die Beziehung,<br />

indem sie die Aufbauphase beschleunigen oder verzögern. Wendepunkte können<br />

Aussagen sein (z.B. Sie sagte mir, dass sie sich in mich verliebt habe), die<br />

Schulbildung der beteiligten Personen oder die Vorstellung bei den Eltern.<br />

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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

D KULTURELLE GRUNDLAGEN UND SOZIALE<br />

RAHMENBEDINGUNGEN<br />

Für eine angemessene Konzeptualisierung der Aufbauphase ist es natürlich auch<br />

erforderlich die kulturelle Codierung und die sozialen Rahmenbedingungen mit<br />

einzubeziehen. Der kulturelle Code umfasst die gemeinsamen Vorstellungen und<br />

Annahmen, die von einer ganzen Gesellschaft oder von Teilen dieser Gesellschaft<br />

mit einer bestimmten Emotion verbunden werden. Einzelne Emotionen können in<br />

einer Gesellschaft sozial geächtet sein, wie z.B. Wut und Eifersucht. Kulturelle<br />

Codierungen beinhalten „Dramaturgien für das emotionale Erleben“ (Lutz, 1990,<br />

S.262), d.h. sie enthalten Vorgaben, unter denen eine bestimmte Emotion akut wird,<br />

wie deren Verlauf ist und deren Bewältigungsformen. Dadurch wird ebenfalls<br />

vorgegeben, welche Handlungs- und Ausdrucksformen natürlich, angemessen oder<br />

verständlich sind. Ein Gefühl kann als Vorbedingung für ein anderes aufgefasst<br />

werden und doch nicht sehr eindeutig sein, z.B. „Eifersucht ist der Beweis für wahre<br />

Liebe“ oder „Wahre Liebe kennt keine Eifersucht“. Wie viele Morde wurden in der<br />

Vergangenheit schon aus Eifersucht begangen, angefangen von Othello bis zum<br />

»ganz normalen Familienvater von nebenan«.<br />

Eine weitere kulturelle Vorgabe betrifft die Beantwortung der Frage, wer für wen ein<br />

geeigneter Partner oder eine geeignete Partnerin ist. Dabei ist zu bedenken, dass<br />

aus der Ähnlichkeit sozialer Attribute nicht sofort auf eine Homogamie-Norm<br />

geschlossen werden darf. Dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich weitere Belege<br />

dafür finden lassen. Dies wird z.B. in der Alterszusammensetzung der Paare deutlich.<br />

Bei einer großen Zahl der Paare sind die Frauen jünger als die Männer und dies hat<br />

sich als feste Regel in der Gesellschaft mit einem hohen Verbindlichkeitsgrad vor<br />

allem im bürgerlichen Familienideal etabliert. Früher gab es sehr oft die Situation,<br />

dass auch die Frau älter war, und zwar dann, wenn der Meister verstarb und die Frau<br />

den jüngeren Gesellen heiratete, um den Betrieb weiterführen zu können.<br />

Dass dies auch in der heutigen Zeit noch eine gängige Norm ist, obwohl<br />

Beziehungen zu einem jüngeren Mann verstärkte mediale Aufmerksamkeit erfahren,<br />

zeigt Ursula Richter in ihrem Buch „Einen jüngeren Mann lieben“ (1989). Sie hat<br />

Gespräche mit Frauen geführt, deren Partner fünf und mehr Jahre jünger als sie<br />

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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

waren und spricht dabei von »unerwünschten Beziehungen« und von ablehnenden<br />

Reaktionen des sozialen Umfeldes. Ihr Fazit: Die Jahre spielen keine Rolle, auch<br />

braucht es zum Glück keinen älteren Mann. Was sich jedoch in Zukunft abzeichnen<br />

wird ist die Tatsache, dass sich die Paare altersmäßig immer mehr annähern und in<br />

den Eheratgebern weitestgehend auf Empfehlungen hinsichtlich des Altersabstandes<br />

verzichtet wird.<br />

Doch das Vorhandensein von Übereinstimmungen alleine reicht für eine<br />

Partnerauswahl nicht aus, die beiden einander ähnlichen Personen müssen auch die<br />

Chance erhalten ins Gespräch kommen zu können. Je länger dieses Gespräch<br />

dauert, desto mehr können sie über den (Gesprächs)-Partner dann in Erfahrung<br />

bringen. Weiters ist es auch nicht unerheblich sich zu signalisieren, dass ein<br />

Interesse an einer ernsthaften Beziehung besteht. Dies ist durch das Vorhandensein<br />

in der Datenbank einer Singlebörse nicht unbedingt gegeben. Es kann sehr leicht<br />

auch möglich sein, dass sich viele Singles nur deshalb registrieren lassen, um<br />

Freundschaften zu schließen.<br />

Der Unterschied zwischen Singlebörsen und Internet-Partnervermittlungen?<br />

� Bei Singlebörsen oder Kontaktanzeige-Portalen suchen sich Singles ihre<br />

potentiellen Partner in einer spontanen Entscheidung selbst aus, indem<br />

sie vorhandene Inserate (oft mit Foto) durchsuchen.<br />

� Bei einer Internet-Partnervermittlung gleichen ausgeklügelte Algorithmen<br />

nach umfangreichen paarpsychologischen Kriterien die Profile der<br />

Partnersuchenden ab und schlagen Ihnen dann mögliche Kandidaten vor.<br />

Auf die sozialen Rahmenbedingungen wurde bereits hingewiesen. Der Kreis der<br />

potentiell wählbaren Personen ist von Anfang an stark begrenzt. Viele potentielle<br />

PartnerInnen begegnen sich nie oder ihr Kontakt ist nur sehr flüchtig. Auch werden<br />

nicht alle Gelegenheiten die sich bieten ergriffen oder überhaupt wahrgenommen,<br />

andere von der anderen Seite gleich abgeblockt. Bestehende Kontakte werden<br />

vielfach nicht intensiviert oder keine der beiden Seiten ergreift die Initiative. Ein<br />

weiterer Aspekt sind die Chancenungleichheiten auf dem Beziehungsmarkt. In den<br />

Altersgruppen der 20- bis 45-Jährigen ist ein erheblicher Männerüberschuss<br />

vorhanden, ab dem 55.Lebensjahr ein starker Frauenüberschuss. Da Attraktivität<br />

meist auf das Äußere reduziert bleibt, ist die Bezeichnung »Körperkapital« viel<br />

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KAPITEL 6 - AUFBAUPHASE EINER ZWEIERBEZIEHUNG<br />

weitreichender. Keinesfalls ist mit dem Besitz von Kapitalsorten die Wahl der<br />

Beziehungsperson festgelegt, aber es wird eine Ausgangsposition beschrieben, die<br />

manche mit Vorteilen und andere mit Handikaps ausstattet.<br />

Bourdieu unterscheidet in „Die feinen Unterschiede“ (1982) drei Kapitalsorten eines<br />

Menschen (vgl. Mörth/Fröhlich, 1994, S.35ff)<br />

1. ÖKONOMISCHES KAPITAL<br />

materielle Ausstattung einer Person, wie Besitz, Vermögen, Einkommen<br />

2. KULTURELLES KAPITAL<br />

erworbene Bildungstitel und Kompetenz im Umgang mit Kulturgütern<br />

3. SOZIALES KAPITAL<br />

Ressourcen, die sich aus der Verankerung einer Person in ihrem sozialen<br />

Netzwerk ergeben<br />

SYMBOLISCHES KAPITAL<br />

gründet sich auf Bekanntheit und Anerkennung – Ansehen, guter Ruf,<br />

Ehre, Ruhm, Prestige, Reputation, Renomée; es ist die wahrgenommene,<br />

legitim anerkannte Form der anderen drei Kapitalformen<br />

Die drei Kapitalsorten von Bourdieu wurden bei Mörth und Fröhlich um das<br />

„Symbolische Kapital“ erweitert. Eine zusätzliche Kategorie „Körperkapital“ würde zu<br />

sehr auf Äußerlichkeiten abzielen, was im Moment ohnehin zu einem großen<br />

Problem in der Gesellschaft geworden ist, wo Körper mit Hilfe der Chirurgie oder<br />

durch Hungerkuren nach Wunsch zurechtgeformt werden. Längst wird ein „zurück<br />

zur Natürlichkeit“ gefordert.<br />

Diese Kapitalsorten beeinflussen die Chancen einer Person, wobei das Defizit in<br />

einer Sorte in einem gewissen Umfang durch eine andere kompensiert werden kann<br />

(z.B. Geld ersetzt Schönheit). Aber je mehr Ressourcen eine Person im Vergleich zu<br />

anderen Personen besitzt, desto höher ist ihr »Marktwert« und desto günstiger sind<br />

die Wahlmöglichkeiten. Je geringer ihre Ressourcen, desto eher muss genommen<br />

werden was sich bietet. Eine besonders benachteiligte Kategorie sind in der<br />

Gegenwart anscheinend die Jungbauern, doch diese versuchen seit einigen Jahren<br />

erfolgreich diesen Nachteil durch die Veröffentlichung des Jungbauernkalenders bzw<br />

durch Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ zu vermindern.<br />

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Kapitel 7<br />

<strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

„ICH WILL KEINE GESCHENKE GEBEN,<br />

ICH WILL GEWONNEN WERDEN.“<br />

Hermann Hesse<br />

Die Reihung der nachfolgenden Partnersuchformen soll keine Wertigkeit darstellen,<br />

sondern wurde aufgrund des Alphabets vorgenommen. Bei der Sendung „Bauer<br />

sucht Frau“ wurde die erste Staffel beobachtet und die Gemeinsamkeiten bzw<br />

Unterschiede zwischen den einzelnen Paaren mit Hilfe eines Interpretationsrasters<br />

herausgearbeitet. Die Angaben zur Kuppelshow „Herzblatt“ wurden von der<br />

Herzblattredaktion der ARD übermittelt, die Erlebnisse des Kandidaten stammen von<br />

einem persönlichen Gespräch mit Herrn X. 29 Für die Beschreibung der Sendung<br />

„Herzflimmern“ wurde das Studio von Radio Arabella besucht und Fr. Trezek, die für<br />

Public Relations zuständig ist, nahm sich Zeit um Fragen zu beantworten. Die<br />

Gestalterin der „Liebesg´schichten und Heiratssachen“ im ORF; Fr. Elisabeth T.<br />

Spira, war trotz ihrer zeitaufwändigen Vorbereitungen für die kommende 11.Staffel<br />

gerne zu einem Interview bereit. Da „Nadine traut sich“ erst im Jänner 2007 mit der<br />

Hochzeit das Finale erreicht, gibt es noch wenig Material zur Sendung und die<br />

Informationen stammen von der Homepage von ATV. Die „Single-Millionenshow“ war<br />

eine einmalige Sendung im ORF und „Verliebt in eine Familie“ wird derzeit auf ATV<br />

ausgestrahlt.<br />

Aufgrund der ergebnislosen Versuche, von ATV Hintergrundinformationen zu den<br />

einzelnen Sendungen zu bekommen, wurde großteils auf die Beschreibungen der<br />

Homepage zurückgegriffen sowie auf eigene Beobachtungen der einzelnen<br />

Sendungen. Vielen Dank an dieser Stelle an jene, die Zeit und Datenmaterial zur<br />

Verfügung gestellt haben.<br />

29 Die Namen der Interviewpartner wurden anonymisiert, mit Ausnahme von Fr. Spira, die nicht hinter<br />

einer Anonymität versteckt werden konnte.<br />

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A DIE SENDUNG „BAUER SUCHT FRAU“<br />

KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

In der Sendung „Bauer sucht Frau“ versuchen Landwirte die Frau fürs Leben zu<br />

finden. Die Bauern werden anhand kleiner Filme in einer Auftaktsendung vorgestellt<br />

und jeder Kandidat kann sich unter seinen Zuschriften drei Damen aussuchen und<br />

zur Startsendung einladen. Jeder Singlebauer hat einige Minuten Zeit sich mit jeder<br />

Frau intensiver zu unterhalten und am Ende der Sendung muss die Entscheidung<br />

fallen - welche zwei Kandidatinnen verbringen eine Woche auf dem jeweiligen Hof<br />

ihres Wunschbauern.<br />

ATV verfolgt das Geschehen am Bauernhof mit Kameras und beobachtet sowohl die<br />

Flirt- als auch die Arbeitswilligkeit der Damen genau. Die harte Realität des<br />

Bauernalltags zeigt schnell, ob Bauer und Frau harmonieren oder ob falsche<br />

Illusionen bestehen. Dieses romantische Treiben am Hof wird wöchentlich<br />

ausgestrahlt. Zum Abschluss folgt die große Finalshow, zu der wieder alle<br />

Kandidaten eingeladen werden. Nach einem Jahr werden alle Single-Landwirte noch<br />

einmal besucht und es erfolgt ein Schlussresümee über die Partnersuche. 30<br />

Welcher Bauer hat eine der<br />

Kandidatinnen geheiratet?<br />

Welcher Kandidat ist eine<br />

(kurzfristige) Partnerschaft<br />

mit einer der beiden Frauen,<br />

die auf seinem Hof waren,<br />

eingegangen?<br />

Wer hat durch die Sendung<br />

eine Partnerin gefunden.<br />

Nur Jakob hat bisher geheiratet. Wobei Regina<br />

eigentlich nur deshalb in die Sendung kam, weil eine<br />

der Frauen, die Jakob ausgewählt hatte, beruflich<br />

verhindert war.<br />

Alexander war einige Monate mit Sandra ein Paar,<br />

hat sich letztendlich doch wieder von ihr getrennt.<br />

Markus (1) und Patricia hatten einige Monate eine<br />

Wochenendbeziehung, die lt. Markus daran<br />

scheiterte, dass es keine Harmonie zwischen<br />

Patricia und seiner kleinen Tochter gab.<br />

Michael und Patrizia verliebten sich in der<br />

gemeinsamen Woche, doch am Ende reiste Patrizia<br />

doch wieder alleine zurück nach Wien und auch ein<br />

Zweitversuch ihrer Beziehung scheiterte.<br />

Alexander hat seine derzeitige Lebenspartnerin<br />

kennen gelernt.<br />

30 Leider habe ich trotz mehrmaliger Anfrage bei ATV kein Datenmaterial bekommen und kann daher<br />

nur auf die eigenen Beobachtungen und Notizen der einzelnen Folgen zurückgreifen.<br />

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Wer hatte keinen Erfolg bei<br />

seiner Partnersuche?<br />

KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Markus (2) hatte eine Partnerin gefunden, doch<br />

aufgrund der Distanz der Wohnorte wieder gelöst.<br />

Auch Leo hat sein Glück gefunden und plant bereits<br />

seine Hochzeit.<br />

Rudi hat durch die Sendung ebenfalls eine Frau<br />

kennen gelernt und mit ihr sechs Monate<br />

zusammengelebt, ist jetzt jedoch wieder alleine.<br />

Michael hat nach der Enttäuschung mit Patrizia in<br />

seiner näheren Umgebung die Frau fürs Leben<br />

gefunden, auch hier ist eine Hochzeit nicht mehr<br />

ausgeschlossen.<br />

Hermann ist ein Sonderfall, denn seine ehemalige<br />

Lebensgefährtin Patrizia hat gemeinsam mit beiden<br />

Kandidatinnen auf seinem Hof gelebt, was zu<br />

heftigen Diskussionen zwischen den Frauen führte.<br />

Im Moment haben beide wieder zu einem<br />

Neuanfang ihrer Beziehung gefunden.<br />

Alfred konnte sich zwischen seinen beiden Damen<br />

nicht entscheiden und blieb am Ende alleine. Auch<br />

der Kontakt zu Claudia (Kandidatin bei Benni) blieb<br />

ohne Erfolg.<br />

Benni hatte sich in das Kindermädchen von Claudia<br />

verliebt, doch diese wiederum hatte Gefühle für<br />

seinen Freund und somit ist er noch immer auf der<br />

Suche nach der idealen Frau, die ihn bei seiner<br />

Arbeit am Hof unterstützt.<br />

Der Gesamteindruck der Sendung: Vier Kandidaten haben durch die Sendung die<br />

große Liebe gefunden (Alexander, Leo, Michael und Jakob). Bei Hermann ist ein<br />

Neubeginn seiner Beziehung gelungen und die restlichen fünf Bauern bleiben weiter<br />

auf der Suche nach ihrer idealen Partnerinnen. Letztendlich hat sich das<br />

Sendungskonzept nicht durchgesetzt, denn das ist weniger darauf ausgerichtet,<br />

tatsächlich zwei Menschen zusammenzuführen, sondern glich eher einem<br />

Wettkampf, mit dem Bauern als Siegestrophäe. Dennoch gab es Veränderungen im<br />

Leben der Bauern – Freundschaften sind entstanden, Rudi hat einen Sponsorvertrag<br />

mit einer Pferdefuttermittelfirma in Deutschland abgeschlossen und zumindest für<br />

kurze Zeit hatten sie die Möglichkeit, ihre Lebenssituation einer breiten Öffentlichkeit<br />

zu zeigen. Das Leben auf einem Bauernhof kann hart und entbehrungsreich sein,<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

aber mit der richtigen Frau an der Seite um einiges leichter zu meistern. Und wenn<br />

das vom Publikum erkannt wird, kann dies durchaus als Erfolg der Sendung<br />

angesehen werden.<br />

B DER DAUERBRENNER UNTER DEN KUPPELSHOWS –<br />

„HERZBLATT“<br />

Die Geschichte von "Herzblatt" begann am 20.Dezember 1965 in den USA. Ort der<br />

Handlung war das ABC Vine Street Theater in Los Angeles. "Host" Jim Lange,<br />

Radiostar aus San Francisco und "announcer" der "Tennessee Ernie Ford Show"<br />

fragte die erste Kandidatin der brandneuen Show "The Dating Game": “Well, tell me<br />

now: Will it be bachelor one, two or three?". Bekannt ist nicht mehr, für welchen<br />

Kandidaten sich die "bachelorett" (Junggesellin) entschieden hat, aber bekannt ist,<br />

dass an diesem Abend Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Jede Menge spätere<br />

Superstars hatten ihren ersten Auftritt in der Show. Darunter Sally Field, Tom<br />

Selleck, Steve Martin, Arnold Schwarzenegger, Burt Reynolds und viele mehr. Heute<br />

ist "The Dating Game" in 17 Ländern der Welt "on air". Neben der US-Version sind<br />

das englische "Blind Date" und das deutsche "Herzblatt" die erfolgreichsten<br />

Coverversionen.<br />

In Deutschland startete die Sendung im Jahr 1986 mit dem ersten Pilot, der jedoch<br />

misslang, weil die Moderation fehlbesetzt war. Die berühmte "Wand" funktionierte<br />

fast wie eine Guillotine, die Paare flogen nach Paris und Venedig und sahen nicht<br />

mehr als die Flughäfen. Eines Tages stand ein Moderator mit schon leicht<br />

graumeliertem Haar aus Holland vor der Tür, der dringend ein neues Showformat für<br />

seine Personality-Show suchte. Er sagte: "Tach'chen. Mein Name ist Rudolf Wijbrand<br />

Kesselaar - einige kennen mich als Rudi Carrell". Damit war der richtige Moderator<br />

für die Sendung gefunden. Und die Show wurde ein Hit! Sechs Jahre lang war Rudi<br />

Carrell der "Herzblatt"-Mann. Am 14.Jänner 1989 wurde "Herzblatt" erstmals im ORF<br />

ausgestrahlt. In den folgenden Jahren wechselten zwar die Moderatoren (Rainhard<br />

Fendrich, Hera Lind, Christian Clerici, Pierre Geisensetter, Jörg Pilawa und seit 2005<br />

Alexander Mazza) nicht jedoch das Sendungsformat, dass auch heute noch 20 Jahre<br />

seine Fans begeistert.<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Bisher gab es 463 Folgen „Herzblatt“ mit jeweils 2 Runden. Pro Sendung wurden aus<br />

acht Kandidaten jeweils zwei Paare gebildet, d.h. insgesamt sind bisher 926 offizielle<br />

Herzblatt-Paare auf Reisen gegangen. Gecastet wurden 20- bis Mitte 30-Jährige. Es<br />

gab aber auch schon Senioren-Runden mit 60 bis 80-Jährigen!<br />

Über die Liebespaare gibt es keinerlei statistische Erhebungen. Die Redaktion hat<br />

sich zwar immer gefreut, wenn es irgendwo gefunkt hatte, aber „Herzblatt“ ist eine<br />

Unterhaltungssendung, die den Geschmack der Zuschauer treffen soll. Daher<br />

werden die Kandidaten nach der Produktion auch nicht weiter kontaktiert. Einige<br />

haben aber nach Ausstrahlung der Sendung ein neues Glück durch Zuschauer-<br />

Zuschriften gefunden. Andere haben sich beim Casting kennen und lieben gelernt<br />

und wieder andere haben sich bei der Aufzeichnung hinter den Kulissen getroffen<br />

und verliebt. (Quelle: Die Herzblattredaktion, 5.April 2006).<br />

ERLEBNISSE EINES KANDIDATEN<br />

Herr X. nahm im Jahre 1990 als Kandidat bei „Herzblatt“ teil, der Moderator war Rudi<br />

Carrell. Er hatte damals jedoch keine Ahnung über das Sendungskonzept und hat<br />

sich auch nicht selber beworben, sondern wurde durch eine ehemalige Kollegin, die<br />

im Redaktionsteam der Sendung war, darauf angesprochen. Nach einem Casting in<br />

Linz (OÖ) wurde Herr X. der männliche Kandidat, der sozusagen auf der Suche nach<br />

seinem Herzblatt war. Wobei diese Suche durch die Redaktion etwas unterstützt<br />

wurde - er konnte seine „Traumfrau“ beschreiben und eine der drei Kandidatinnen<br />

entsprach genau diesen Vorstellungen. Die Fragen wurden ebenfalls vorbereitet, d.h.<br />

der Kandidat verfasste 12 Fragen, von denen sechs in die engere Auswahl kamen<br />

und der Moderator traf die Entscheidung, welche drei Fragen gestellt wurden. Das<br />

Konzept, das er sich selber für die Suche vorgenommen hatte, konnte er leider<br />

während der Sendung nicht ganz umsetzen, was vielleicht auch an der Nervosität<br />

gelegen sein kann. Ihm wurde dann vor der berühmten Wand sein Herzblatt<br />

präsentiert und es war nicht die Kandidatin, die zu ihm hätte passen sollen.<br />

Die Frage-Kandidaten der Sendung reisten alle am Donnerstag an, wobei am Abend<br />

erste Gespräche geführt wurden, alle anderen Kandidaten erst am Freitagmorgen.<br />

Aufgezeichnet wurde die Sendung am Freitag und bereits am Samstag waren der<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Flug mit dem Hubschrauber und der gemeinsame Tag. Am Sonntag wurden die<br />

Kandidaten über ihre Erlebnisse und Eindrücke über den jeweils anderen befragt.<br />

Kontakt hat Herr X. zu seinem Herzblatt leider keinen mehr.<br />

Die Sendung hatte zu diesem Zeitpunkt eine enorm hohe Einschaltquote, was<br />

wahrscheinlich an der optimalen Sendezeit (Samstag um 19:00) als auch am<br />

Moderator lag. Herr X. wird immer wieder auf „Herzblatt“ angesprochen. Er hat den<br />

Auftritt auf keinen Fall bereut, schon allein der Blick hinter die Kulissen einer so<br />

erfolgreichen Sendung hat sich bezahlt gemacht, aber an anderen<br />

„Kuppelsendungen“ würde er nicht teilnehmen.<br />

Herr X., Jahrgang 1958, ist seit etwa 17 Jahren der Geschäftsführer eines Hotels in<br />

Oberösterreich und seit der Wahl 2003 auch der Bürgermeister der<br />

Fremdenverkehrsgemeinde. Er lebt seit sechs Jahren in einer Lebensgemeinschaft<br />

und hat zwei Kinder - einen Sohn, den seine Freundin mit in die Beziehung brachte<br />

und seit 3½ Jahren auch eine gemeinsame Tochter. Aufgewachsen ist er auf einem<br />

Bauernhof in Tirol mit neun Geschwistern. Auf die Frage, ob es für ihn denn nicht<br />

leicht wäre als Hotelier Frauen kennen zu lernen, erwiderte er, dass für ihn zuerst der<br />

Beruf oberste Priorität hatte und der Wunsch nach Familie erst sehr spät reifte.<br />

Außerdem sei das Familienleben bei so einem zeitintensiven Job (7 Tage-Woche) für<br />

Frau und Kinder nicht ganz einfach. Hinzu kam in den letzten Jahren auch seine<br />

politische Tätigkeit. Seine Partnerin hat er ganz ohne „professionelle“ Hilfe im<br />

Nachbarort kennen gelernt, denn im Grunde sei er ein sehr kommunikativer Typ und<br />

auf die Hilfe eines Partnervermittlungsinstitutes oder einer Partnerbörse nicht<br />

angewiesen.<br />

C „HERZFL<strong>IM</strong>MERN“ BEI RADIO ARABELLA<br />

ON-AIR-SINGLE-SENDUNGEN<br />

Petra „Suki“ Suk, Moderatorin, Sängerin (Two in One), Ende 30, moderiert jeden<br />

Freitag von 18:00 bis 22:00 und jeden Samstag von 19:00 bis 22:00 die Sendung<br />

„Herzflimmern“. Diese Sendung wird in Wien, Tulln, im Mostviertel und in Linz<br />

ausgestrahlt. Die Anrufer stellen sich kurz vor und hinterlassen in der Redaktion ihre<br />

Telefonnummer. Die Vorauswahl, welcher Anrufer in der Sendung durchgestellt wird,<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

trifft der Computer, wobei Suki sich mit jedem Anrufer/jeder Anruferin vorher unterhält<br />

(Name, Hobbys, Vorlieben, etc) bevor er/sie auf Sendung geschaltet wird, dadurch<br />

kann sie den Anrufer/die Anruferin gleich direkt ansprechen und hilft so die Nervosität<br />

etwas abzubauen. Die Interviews auf Sendung sind jedoch nicht geprobt oder<br />

abgesprochen, denn die Sendung lebt von der Spontaneität der AnruferInnen. Jede<br />

Woche wird eine Erfolgsgeschichte erzählt, d.h. Personen die sich durch die<br />

Sendung kennen gelernt haben erzählen ihre Geschichte. Die Anrufer sind<br />

durchschnittlich zwischen 25 und 50 Jahre alt, aber es gibt auch z.B. 75-Jährige, die<br />

eine Begleitung für sportliche Aktivitäten oder Kulturveranstaltungen suchen.<br />

OFF-AIR-SINGLE-AKTIVITÄTEN<br />

Vier mal im Jahr gibt es eine „Herzflimmernparty“, z.B. im Volksgarten in Wien, mit<br />

Tanz im Freien. Suki versucht Paare direkt zu verkuppeln, d.h. sie mischt sich unter<br />

die Tanzenden. Für die Musik sorgt Manfred Riha, der die passenden Songs zur<br />

jeweiligen Stimmung auswählt.<br />

Seit Dezember 2001 gibt es Radio Arabella und seit Herbst 2002 gibt es die<br />

Sendung „Herzflimmern“. Die Sendungsidee und -entwicklung stammt von Suki,<br />

unterstützt von der Programmleitung. (Quelle: Marie-Therese Trezek, Public<br />

Relations bei Radio Arabella, Interview vom 11.Mai 2006).<br />

D „LIEBESG’SCHICHTEN UND HEIRATSSACHEN“ <strong>IM</strong> ORF<br />

Frau Elizabeth T. Spira ist wahrlich die Meisterkupplerin des Fernsehens, denn ihre<br />

Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: In zehn Jahren „Liebesg'schichten und<br />

Heiratssachen“ haben sich mehr als 3.300 Singles beworben, mehr als 400 Singles<br />

fanden neue Partner, elf sind bereits verheiratet und zwei haben Nachwuchs<br />

bekommen. Mit der abgelaufenen Staffel sind bisher über 100 Folgen ausgestrahlt<br />

worden.<br />

Sehr viele der Partnersuchenden wenden sich nach langer Einsamkeit,<br />

hervorgerufen durch den Tod des Partners oder nach einer Trennung, an Frau Spira<br />

und daher sind die Kandidaten meist jenseits des 40.Lebensjahres. Sehr viele haben<br />

aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine Partnerschaft verzichtet und spüren in der<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Pension, dass ihnen jemand fehlt oder sie haben lange bei den Eltern gelebt und<br />

nach deren Tod begeben sie sich auf die Suche nach Liebe. Auf jeden Fall gibt es<br />

schon jetzt genug Kandidaten für die nächste Staffel.<br />

Auch die Zuschauerzahlen können sich sehen lassen, annähernd 1 Million Zuseher<br />

können pro Folge verzeichnet werden, womit sich Frau Spira hochzufrieden zeigt. In<br />

diesem Jahr wurde die Sendezeit von 25 auf 45 Minuten verlängert, was dazu führte,<br />

dass über 20 Interviews mehr zu führen waren und dadurch keine Zeit mehr für die<br />

„Alltagsgeschichte“ bleibt. Im Moment werden bereits Vorbereitungen für die elfte<br />

Staffel getroffen, die Innenaufnahmen starten im Dezember und die<br />

Außenaufnahmen finden im Frühjahr statt. Frau Spira ist bei allen Entscheidungen<br />

der Sendung mit eingebunden – was wird aufgenommen, was wird gesendet und wie<br />

werden die einzelnen Folgen geschnitten, denn „es soll eine ausgewogene, bunte<br />

Mischung zustande kommen“.<br />

„Kupplerin“ wurde Frau Spira eigentlich gegen ihren Willen. Während der<br />

Dreharbeiten zur Sendung „Alltagsgeschichte“ kam es häufig vor, dass sie auf<br />

einsame Herren traf, die ihr erzählten, dass sie niemand hätten, der auf sie zu Hause<br />

wartet, der für sie kocht und bügelt. Daraus entstand die Idee, das Leben von Singles<br />

auf der Suche nach einem Partner zu präsentieren. Der Intendant, der an diesem<br />

Sendeformat durchaus Gefallen hatte, wollte den TV-Zusehern zusätzlich die<br />

Möglichkeit geben, mit den Partnersuchenden in Kontakt zu treten - und die Sendung<br />

sollte nicht nur für einsame Männer sein.<br />

Bevor Frau Spira mit ihrem Team zu den Aufnahmen kommt werden bereits eifrig<br />

Telefonate geführt um herauszufinden, ob die Kandidaten für die Sendung geeignet<br />

sind, d.h. ob sie erzählen können. Diese Gespräche werden von Assistenten geführt<br />

und Frau Spira hört manchmal im Hintergrund zu, damit ihre Neugierde vorhanden<br />

bleibt und es beim Interview nicht heißt: „Das hab ich ihnen eh schon erzählt!“ Bei<br />

diesen Telefongesprächen wird auch nach Hobbys gefragt, damit sich das Team<br />

bereits vorbereiten kann, ob es Außen- oder Innenaufnahmen gibt. Weiters sollte pro<br />

Staffel jedes Hobby nur einmal vorkommen. Andernfalls werden die Kandidaten ganz<br />

ohne Aktivität mit Hintergrundmusik präsentiert. Diese Musik wird auch nach den<br />

Interessen der Singles ausgewählt. Es wird bei den Aufnahmen jedoch kein Zwang<br />

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KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

auf die Kandidaten ausgeübt, denn die haben sich für die Sendung beworben. Und<br />

jeder darf sich so präsentieren, wie er oder sie es für richtig hält. Allerdings kann es<br />

schon vorkommen, dass Frau Spira beratend eingreift, wenn ein Stoffmuster der<br />

Bekleidung in der Kamera nicht gut zur Geltung kommt (z.B. fängt Pepitamuster zu<br />

flimmern an). Selber würde Frau Spira niemals in ihrer eigenen Sendung auftreten<br />

(was auch nicht notwendig ist, sie ist seit mehr als 25 Jahren verheiratet).<br />

Ein Jahr nach Ausstrahlung der jeweiligen Staffel wird mit den Kandidaten noch<br />

einmal Kontakt aufgenommen und gefragt, wie es ihnen in diesem einen Jahr<br />

ergangen sei und ob sie einen Partner/eine Partnerin gefunden haben. Bisher hat<br />

jeder durch die Sendung jemand kennen gelernt und mehr oder weniger viele<br />

Zuschriften bekommen. In weiterer Folge liegt es an den jeweiligen Personen, ob sie<br />

sich noch einmal melden, z.B. eine Einladung zur Hochzeit schicken.<br />

Die Gestalterin der ORF-Sendereihen "Alltagsgeschichte" und "Liebesg'schichten<br />

und Heiratssachen" absolvierte in Wien das Studium der Publizistik. Nebenbei<br />

sammelte sie bei Tageszeitungen und Zeitschriften journalistische Erfahrung, z.B. als<br />

Redakteurin bei "profil". Seit 1973 gestaltet Frau Dr. Spira für den ORF zahlreiche<br />

Magazinbeiträge und Dokumentationen, so zeichnete sie unter anderem für die<br />

Sendung "teleobjektiv" verantwortlich sowie die Dokumentarfilm-Reihe<br />

"Alltagsgeschichte" und seit 1997 für "Liebesg'schichten und Heiratssachen.<br />

E „NADINE TRAUT SICH“ AUF ATV<br />

Sicher ist: Nadine wird am 10. Jänner 2007 vor laufenden Kameras heiraten. Der<br />

Schönheitsfehler? Sie weiß noch nicht, wen. Ab 4. Oktober 2006 begibt sich Nadine<br />

100 Tage lang auf Bräutigamschau. Eine Jury, die aus Freunden, einem<br />

Psychologen und Prominenten wie Operettendiva Birgit Sarata besteht, sucht<br />

passende Männer für sie aus. Während der Zeit der Partnersuche wohnt sie in einem<br />

eigens angemieteten Loft. In jeder Sendung lernt sie einen oder mehrere<br />

Heiratskandidaten kennen, verlobt sich mit ihnen und prüft sie auf Herz, Nieren und<br />

Traummannqualitäten. Am Ende jeder Sendung entscheidet sie, wer bleiben darf und<br />

von wem sie sich trennt - jedoch ohne Retourmöglichkeit. Den ersten Kandidaten<br />

wurde bereits nach einigen Stunden der Ring zurückgegeben.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 74 VON 123


KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Das Original "Kerry´s getting married" stammt von der skandinavischen Firma Strix<br />

Television und wurde bisher in Norwegen, Schweden und Finnland mit großem<br />

Erfolg ausgestrahlt, ebenso in Holland, Frankreich, Italien, Spanien, Australien und<br />

Mexiko. Bis jetzt wurden bei einer Sendung im Durchschnitt 75 Männer "verbraucht".<br />

(Quelle: http://atv.at/index.php?we_objectID=20220, abgefragt am 05.10.2006).<br />

F „SINGLE-MILLIONENSHOW“ <strong>IM</strong> ORF<br />

Geld oder Liebe? Diese Frage stellt sich beim "Single Special" der "Millionenshow"<br />

ganz bestimmt nicht! Armin Assinger gibt zehn Singles die Chance aufs ganz große<br />

Glück. Denn in der "Millionenshow"-Spezialausgabe können die Kandidaten sowohl<br />

viel Geld gewinnen als auch eventuell der Frau oder dem Mann fürs Leben<br />

begegnen. (Quelle: http://tv.orf.at/program/orf1/20060506/372383401/225680/,<br />

abgefragt am 11.05.2006)<br />

G „VERLIEBT IN EINE FAMILIE“ AUF ATV<br />

"Verliebt in eine Familie" ist wie "Schlaflos in Seattle", allerdings im richtigen Leben.<br />

Jede Woche wird eine Singlemutter oder ein Singlevater von den eigenen Kindern<br />

verkuppelt. Die Singles sind geschieden oder verwitwet, Beruf und Kinder haben ihr<br />

Leben bisher so sehr ausgefüllt, sodass keine Zeit für Verabredungen blieb um einen<br />

neuen Partner fürs Leben zu finden. Die Suche beginnt mit einem Vorauswahl-Tag,<br />

an dem die Kinder aus allen Bewerbern zwei Favoriten auswählen. Diese ziehen<br />

nacheinander für einige Tage zur Familie und die Kinder entscheiden wer noch einen<br />

romantischen Abend mit der Mutter/dem Vater erleben darf. Und dann liegt es allein<br />

an den Erwachsenen ob daraus mehr werden soll. (Quelle:<br />

http://atv.at/main/suchergebnisse.php?we_objectID=11298&pid=0, abgefragt am<br />

1.10.2006)<br />

H RESÜMEE<br />

Die Gemeinsamkeit dieser Formate ist der Familienstand der Kandidaten und<br />

Kandidatinnen – sie sind Singles. Das Hauptaugenmerk liegt bei „Herzblatt“<br />

hauptsächlich auf der guten Unterhaltung der Zuschauer und dem gemeinsamen<br />

Gewinn. Bei den anderen Sendungsformaten liegt das Zusammenfinden einsamer<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 75 VON 123


KAPITEL 7 – <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> MEDIENZEITALTER<br />

Herzen im Vordergrund – „Bauer sucht Frau“, „Herzflimmern“, „Nadine“, „Verliebt in<br />

eine Familie“ oder „Liebesg´schichten und Heiratssachen“. Die Unterscheidung liegt<br />

hier im Sendungskonzept.<br />

Bei „Bauer sucht Frau“ sind immer zwei Kandidatinnen (ausgenommen Rudi, der<br />

hatte sich nur für eine Dame entschieden, bei Hermann waren es durch die<br />

Anwesenheit seiner ehemaligen Lebensgefährtin drei Frauen) gleichzeitig beim<br />

jeweiligen Bauern und Konflikte sind oft unausweichlich und haben tatsächlich auch<br />

stattgefunden.<br />

Im Vergleich dazu wählen bei „Verliebt in eine Familie“ die Kinder der Kandidaten<br />

aus wer für ein paar Tage bei ihnen einzieht und sie entscheiden auch, wer einen<br />

romantischen Abend mit dem Elternteil verbringen darf.<br />

Bei „Herzflimmern“ stellen sich die Singles im Radio vor und der Computer<br />

entscheidet, ob ein Interview live in der Sendung stattfindet.<br />

Bei „Nadine“ ist die Sendung noch im Laufen und über Erfolg oder Misserfolg lässt<br />

sich noch nicht allzu viel aussagen. Beim Konzept ist jedoch zu hinterfragen, ob<br />

wirklich die Partnersuche im Vordergrund steht, denn in der kurzen Zeit, die den<br />

Männern zur Verfügung steht bleibt kaum Gelegenheit zum Kennen lernen.<br />

Am konservativsten ist die Präsentation der Singles in „Liebesg´schichten und<br />

Heiratssachen“. Die Kandidaten bzw Kandidatinnen werden in ihrer privaten<br />

Umgebung präsentiert, können über sich und ihr Leben erzählen und sich so<br />

darstellen, wie sie wirklich sind, mit all ihren Stärken und Schwächen. Die Zuseher<br />

haben die Möglichkeit per Telefongespräch oder Brief mit den Partnersuchenden<br />

direkt Kontakt aufzunehmen und es ist keine Person zwischengeschaltet, die eine<br />

Entscheidung darüber trifft, wer zusammenpasst oder nicht.<br />

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Kapitel 8<br />

DAS INTERNET<br />

A DIE ENTWICKLUNG DES INTERNET<br />

KAPITEL 8 - DAS INTERNET<br />

„LESEN SIE SCHNELL,<br />

DENN NICHTS IST BESTÄNDIGER<br />

ALS DER <strong>WANDEL</strong> <strong>IM</strong> INTERNET!“<br />

Anita Berres, dt. Publizistin<br />

Das Internet ist eine Erfolgsgeschichte, die so nicht geplant war, denn ursprünglich<br />

war dies eine Erfindung des US-Militärs, um in Kriegszeiten rasch auf Daten<br />

zugreifen zu können, egal wo. Bald stellte sich heraus, dass das Internet in viel<br />

größerem Umfang genutzt werden kann und so wurde der Austausch privater<br />

Mitteilungen konzipiert – das Elektronic Mail oder E-Mail. Heute ist in manchen<br />

Lebensbereichen ein Leben ohne Internet kaum mehr vorstellbar.<br />

Seit Ende des letzten Jahrhunderts hat das Internet an enormer kultureller Präsenz<br />

gewonnen, viele Medien berichten regelmäßig über das „Surfen im Internet“, viele<br />

Zeitungen werden sowohl in Papierform als auch als Online-Ausgabe veröffentlicht.<br />

Im gesellschaftlichen Bereich (Bildungs- und Gesundheitswesen, Kunst, Politik,<br />

Arbeitsleben) vermehren sich die Einsatzformen des Internet aber auch anderer<br />

Onlinedienste. Die Art und Weise, wie wir mit wem kommunizieren und in Kontakt<br />

treten verändert dadurch auch unser soziales Umfeld (vgl. Döring (2), 1999, S.32).<br />

Abbildung 2 – Phasen des Diskurses zur Online-Gemeinschaften<br />

Quelle: Döring (2), S.503<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 77 VON 123


KAPITEL 8 - DAS INTERNET<br />

In Abbildung 2 sind die Phasen des Internet grafisch dargestellt, angefangen Ende<br />

1980 bis heute. Der Ernüchterung Ende 1990 folgte eine absolute Hochphase.<br />

Österreich lag Ende 2005 in der europäischen Statistik an 10.Stelle von 35 Staaten.<br />

66% aller privaten Haushalte in Österreich (User ab 14 Jahren) hatten zu diesem<br />

Zeitpunkt einen Internetanschluss. Spritzenreiter ist Island (86%) vor Dänemark<br />

(75%), Finnland (75%) und Schweden (73%). Die Schlusslichter sind Türkei und<br />

Ukraine mit 14%. (Quelle: http://mediaresearch.orf.at, abgefragt am 1.4.2006).<br />

Im 4. Quartal 2005 waren 58% der Österreicher bzw. knapp über 4 Mio. Personen<br />

über 14 Jahren aktive Internet-User, was eine gewaltige Steigerung ist, denn im<br />

Vergleichsquartal 2001 lag dieser Anteil bei 42% und 1996 bei 3%. Im Gegensatz<br />

dazu stagnieren die Anschlüsse an Schulen/Universitäten (siehe Abbildung 3):<br />

4.QU 1996<br />

n=4.500<br />

4.QU 2001<br />

n=4.500<br />

4.QU 2005<br />

n=3.000<br />

Privater Internetzugang 3% 42% 58%<br />

Im Büro 6% 23% 26%<br />

In der Schule 2% 6% 7%<br />

An der Uni 4% 3% 3%<br />

Freunde, Cafe, … 2% 14% 10%<br />

Abbildung 3 – Ort des Internet-Zugangs<br />

Quelle: http://mediaresearch.orf.at, abgefragt am 1.4.2006<br />

Grundgesamtheit: ÖsterreicherInnen ab dem 14.Lebensjahr.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 78 VON 123


Kapitel 9<br />

<strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

A ALLGEMEINES<br />

KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

„DER COMPUTER IST EINE LOGISCHE MASCHINE;<br />

DAS IST SEINE STÄRKE,<br />

ABER ES SETZT IHM AUCH GRENZEN“<br />

M Peter F. Drucker (*1909),<br />

amerik. Managementlehrer, -berater und<br />

-publizist österreichischer Herkunft<br />

Da das Internet in allen Bereichen unseres täglichen und beruflichen Lebens an<br />

Stellenwert gewinnt, war es nur eine Frage der Zeit bis auch die Partnersuche mit<br />

Hilfe des Internet erfolgt. Der Vorteil liegt in der Geschwindigkeit – die Suche nach<br />

dem richtigen Partner oder der richtigen Partnerin kann viel schneller durchgeführt<br />

werden und der Kontakt wird direkt – ohne Zwischenschaltung einer Redaktion (wie<br />

bei einer Zeitungsannonce) oder einer Partnervermittlung – hergestellt.<br />

Trotz der Erfolge, die die Partnersuche mit Hilfe eines Computers in den letzten<br />

Jahren verzeichnete, bleibt doch eine gewisse Skepsis. Gesichert ist, dass neue<br />

Zeiten und Medien auch neue Wege der Partnersuche erfordern, dennoch darf nicht<br />

übersehen werden, dass Menschen – auch im Zeitalter der Lebensabschnittspartner<br />

– ihren Ehepartner für längere Zeit auswählen. Aber in Anbetracht der Tatsache,<br />

dass die Scheidungsziffern immer weiter im Ansteigen sind, scheinen »normale«<br />

Methoden offensichtlich nicht auszureichen, eine/n lebenslange/n PartnerIn zu<br />

finden.<br />

Wie fast immer gab es auch zu Beginn der Kontaktbörsen im Internet Vorurteile (das<br />

machen nur komische Leute oder sozial Unangepasste, die sich im Internet nach<br />

einer Beziehung umsehen), die jedoch längst von der Realität eingeholt wurden.<br />

Heute erfreut sich dieses Medium immer größerer Beliebtheit und ein Ende dieses<br />

Boomes ist noch nicht abzusehen.<br />

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B ROMANTISCHE BEZIEHUNGEN <strong>IM</strong> NETZ<br />

KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Dass es zu Beziehungen zwischen Menschen, die sich im Internet kennen lernen,<br />

kommen kann, ist nicht zu leugnen. Entscheidend ist jedoch zu klären, ob es eine<br />

echte romantische Beziehung oder eine Pseudo-Beziehung ist:<br />

„Zwischen zwei Personen entsteht eine soziale Beziehung, wenn sie wiederholt<br />

miteinander Kontakt haben, also zeitversetzt kommunizieren oder zeitgleich<br />

interagieren. Im Unterschied zum sozialen Kontakt als Einzelereignis erstrecken<br />

sich soziale Beziehungen über mehrere Zeitpunkte, so dass jeder einzelne<br />

Kontakt sowohl von den vorausgegangenen Kontakten als auch von der<br />

Erwartung zukünftiger Kontakte beeinflusst wird. Im Laufe der<br />

Beziehungsentwicklung lernen die Beteiligten einander kennen und müssen<br />

eine gemeinsame Beziehungsdefinition aushandeln, etwa indem sie<br />

wechselseitig ihre Erwartungen abklären und diese Beziehungsklärung immer<br />

wieder aktualisieren.“ (Döring (1), 2000, S.39).<br />

Zwischen den einzelnen Kontakten spielen auch die Begleitprozesse einer<br />

Beziehung eine entscheidende Rolle, z.B. Sehnsucht empfinden, das nächste<br />

Treffen vorbereiten, sich an gemeinsame Erlebnisse erinnern. Daher ist es für eine<br />

Beziehung nicht entscheidend, ob die Kontakte vorwiegend oder ausschließlich<br />

computervermittelt realisiert werden. Bei allen Beziehungen, die im Netz gebildet<br />

werden, stellen diese starken Bindungen in Form von Freundschaften oder<br />

romantischen Beziehungen eine Minderheit innerhalb der Netzpopulation dar.<br />

Wesentlich häufiger entstehen schwache Bindungen, z.B. mit den<br />

Kommunikationspartnern Unterlagen austauschen oder über gemeinsame Vorlieben<br />

und Fernsehsendungen diskutieren. Je mehr Zeit die User im Netz verbringen, desto<br />

intensiver sind auch ihre kommunikativen Tätigkeiten und desto mehr beherrschen<br />

sie auch die netzspezifischen Ausdrucksformen. Daher ist auch die<br />

Wahrscheinlichkeit, im Netz jemand kennen zu lernen oder sich zu verlieben für<br />

diesen Personenkreis wesentlich größer (vgl. Döring (1), 2000, S.53). Für<br />

Randgruppen und Angehörige von Minderheiten bietet das Internet die Möglichkeit<br />

Gleichgesinnte wesentlich schneller kennen zu lernen als im täglichen Leben.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 80 VON 123


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Walther und Burgoon (in: Döring (2), 1999, S.344) haben untersucht, ob sich der<br />

Kennenlernprozess im „real live“ (z.B. auf einer Party, am Arbeitsplatz, etc) von dem<br />

im Internet unterscheidet: auf Basis des Modells der sozialen<br />

Informationsverarbeitung ist anzunehmen, dass die Annäherung beim Face-to-Face-<br />

Kennen lernen exponentiell 31 verläuft, wogegen beim Erstkontakt mit Hilfe des<br />

Computers dieser Kontakt langsam und linear ist, denn für den Austausch<br />

verbalisierter Informationen wird wesentlich mehr Zeit notwendig sein. Auch jene<br />

Personen die sich als schüchtern einschätzen können beim Chatten leichter<br />

Kontakte knüpfen, denn sie fühlen sich dabei unbeobachtet, müssen dem Anderen<br />

nicht ins Gesicht schauen und haben Zeit sich ihre Antwort zu überlegen.<br />

C ENTWICKLUNG DER SINGLEBÖRSEN UND INTERNET-<br />

PARTNERAGENTUREN<br />

Der Liebesbrief ist tot – es lebe das Internet und die Liebes-E-M@il. Doch wo bleibt<br />

da die Romantik mit handgeschriebenen Liebesbriefen, verziert mit Lippenstift und<br />

duftend nach dem Lieblingsparfum? Vorteil – es gibt kein langes Warten auf eine<br />

Antwort, denn im Netz geht alles viel schneller: schreiben – absenden – lesen –<br />

antworten, oft im Minutentakt. In unserer modernen Zeit muss alles schnell ablaufen,<br />

also warum Zeit für die Partnersuche verschwenden, die sinnvoller genützt werden<br />

kann - der Computer wird zum Kuppler. Einfach ein paar Fragen ausfüllen und das<br />

Programm findet den Wunschpartner oder die Wunschpartnerin. Oder selber suchen<br />

und per Mausklick flirten bis es richtig klickt.<br />

Das Internet – unendliche Weiten und Millionen Menschen rund um den Erdball<br />

sitzen vor ihrem Computer. Warum also nicht die hohe Anzahl potentieller Singles<br />

auf Partnersuche nutzen? Gerade der Anstieg der privaten Internetnutzung führte<br />

auch zu den enormen Zuwächsen an Online-Partnerbörsen. Untersuchungen<br />

sprechen von sechs Millionen Suchenden im deutschsprachigen Raum (vgl. Trend<br />

11/2006, S.256) und der Markt befindet sich weiter im Wachsen. Denn längst haben<br />

die Internetkontaktbörsen (mit einigen wenigen Ausnahmen) ihr Schmuddelimage<br />

31 Wenn sich der Bestand pro Zeiteinheit nicht um einen festen Wert ändert (lineares Wachstum),<br />

sondern um einen festen Prozentsatz ändert<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

abgelegt und sind seriös geworden. Die User können jederzeit ungestört zu Hause<br />

(am Arbeitsplatz oder in einem Internetcafe) in das Internet einsteigen und nach<br />

einem Partner oder einer Partnerin suchen.<br />

Für die folgende Gegenüberstellung wurde das Datenmaterial direkt von den<br />

Partnervermittlungsbörsen zur Verfügung gestellt. Bei Parship wurde ein Interview<br />

mit dem Manager, Hr. Dobner, geführt und <strong>ElitePartner</strong> (Frau Anna Kalisch, PR-<br />

Managerin) übermittelte die Ergebnisse einer Studie. Alle anderen<br />

Partnervermittlungen haben auf E-Mails leider nicht reagiert und konnten somit auch<br />

nicht beurteilt werden.<br />

1 PARSHIP<br />

Im Magazin Trend (11/2005, S.263) erzählte der Medien-Manager Michael Grabner,<br />

Holtzbrinck-Verlag („Handelsblatt“, „Die Zeit“ und „WirtschaftsWoche“) wie es zur<br />

Entstehung der Partneragentur „Parship“ kam:<br />

„In der bei Holtzbrinck erscheinenden „Die Zeit“ gab es immer zahlreiche<br />

Heiratsanzeigen, und die sind zurückgegangen. Dann ist eher durch Zufall<br />

jemand zu uns gekommen, der uns ein Computerprogramm für Partnerbörsen<br />

vorstellte, das von einer so genannten „matching machine“ für Jobsuchende<br />

abgeleitet war, das also Jobprofile mit Bewerbern verglich. Dann haben wir<br />

einen Psychologieprofessor gefunden, der ein Institut führte, das sehr gute<br />

psychologische Pofile erstellt. Aus dieser Kombination entstand dann die Idee<br />

für die Partnerbörse Parship“.<br />

Herr Martin G. Dobner ist Country Manager für Österreich und die Schweiz der<br />

Parship GmbH und lieferte bei einem Gespräch Daten und Informationen aus erster<br />

Hand: Parship Österreich ist eine Tochter der Parship.de, wurde am 1.Juli 2002<br />

gegründet und ist seit 14.September 2002 online. Der Ablauf der Partnersuche<br />

erfolgt anhand eines Persönlichkeitstests mit 80 Fragen. Die Zuteilung der<br />

passenden Partner erfolgt aufgrund dieser Angaben (z.B. gesucht wird ein Mann<br />

zwischen 30 und 40 Jahren), es werden somit nur Kontakte von Männern übermittelt,<br />

die genau dieses Kriterium erfüllen, in aufsteigender Reihenfolge, d.h. derjenige mit<br />

den meisten Matchingpoints (Übereinstimmungen) steht an erster Stelle usw. Wobei<br />

es sich bei den Fragen um seriöse Fragen handelt und keine sexuellen Vorlieben<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

abgefragt werden. Die Kommunikation zwischen den Usern erfolgt ausschließlich<br />

über Chiffre-Nummern, wodurch eine 100%ige Anonymität zugesichert werden kann.<br />

Auch ein Foto kann nur von der jeweiligen Person selber freigeschaltet werden.<br />

Leider konnte Herr Dobner keine genauen Angaben über die Altersstruktur der User<br />

geben, da er nur die Grafik (siehe Abbildung 4) zur Verfügung hatte:<br />

� 2% unter 20 Jahren<br />

� 10% zwischen 20 und 30 Jahren<br />

� 37% zwischen 30 und 40 Jahren<br />

� 31% zwischen 40 und 50 Jahren<br />

� 16% zwischen 50 und 60 Jahren<br />

� 4% über 60 Jahren<br />

Abbildung 4 – Altersgruppen der zahlenden Kunden von Parship.at<br />

Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf; Dezember 2004<br />

Die Kosten für die Registrierung betragen:<br />

� für 3 Monate 120 €<br />

� für 6 Monate 180 €<br />

� für 12 Monate 240 €<br />

Die Dauer dieser Registrierung entscheidet der User. Wird nicht gekündigt, dann läuft<br />

die Registrierung automatisch weiter. Bezahlt wird z.B. mit Bankeinzug oder<br />

Kreditkarte. Wird die Registrierung gekündigt, dann setzt sich ein Mitarbeiter von<br />

Parship mit diesem User per E-Mail in Verbindung und fragt nach dem Grund der<br />

Kündigung. Dadurch ist es auch möglich eine Statistik über den Erfolg der<br />

Partnersuche zu führen:<br />

35% haben in der Zeit der Registrierung einen Partner durch Parship gefunden<br />

25% haben in der Zeit der Registrierung einen Partner ohne Parship gefunden<br />

20% verlängern (Parship passt, aber das Ergebnis passt noch nicht)<br />

20% passt diese Form der Partnersuche nicht<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 83 VON 123


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Anhand der folgenden Grafik (Abbildung 5) ist auch gut ersichtlich wie sich der<br />

Mitgliederstand bei Parship in den letzten Jahren entwickelt hat (zum Zeitpunkt des<br />

Interviews im Mai 2006 waren 1,5 Mio Mitglieder insgesamt registriert, rund 150.000<br />

in Österreich, davon 52% Frauen und 48% Männer, Quelle: Parship):<br />

Abbildung 5 – Entwicklung der Parship Mitgliederzahlen, Stand 2005<br />

Quelle: http://www.parship.at/common/main/public/press/pdf/eurosummary2.at.pdf<br />

Der theoretische Hintergrund für den Parship-Test liegt sowohl auf einem<br />

verhaltenstheoretisch orientierten Ansatz als auch auf psychoanalytischen Theorien<br />

über Persönlichkeitseigenschaften. Erfasst werden dabei Werthaltungen,<br />

Einstellungen und Verhaltensmerkmale, die für das Gelingen bzw Nicht-Gelingen<br />

einer Partnerschaft verantwortlich sind.<br />

2 ELITEPARTNER<br />

<strong>ElitePartner</strong>.de ist lt. Eigendarstellung „die Online-Partneragentur für kultivierte<br />

Singles auf der Suche nach einer festen Beziehung“. Jedes Mitglieder-Profil wird von<br />

Hand auf Seriosität geprüft. Das Unternehmen, das als erste Online-<br />

Partnervermittlung mit dem TÜV-Siegel ausgezeichnet wurde, ist seit seiner<br />

Gründung im April 2004 stetig gewachsen und verzeichnet heute mehr als 200.000<br />

Mitglieder. Die Hubert Burda Media hat das Potenzial von <strong>ElitePartner</strong>.de erkannt<br />

und beteiligte sich im September 2005. Mit 54% ist der Frauenanteil bei<br />

<strong>ElitePartner</strong>.de höher als bei jeder anderen Online-Partneragentur. Der<br />

Akademikeranteil liegt bei 68%. Auf der Basis eines von Psychologen entwickelten<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Personality-Tests filtert ein Matching-System die Teilnehmer heraus, die besonders<br />

gut zueinander passen (lt. <strong>ElitePartner</strong>-Studie, Februar 2006).<br />

Hier nun ein Vergleich der beiden Institute zur Frage „Wo haben Sie ihren<br />

jetzigen/früheren Partner kennen gelernt?“, die sowohl in der Studie von <strong>ElitePartner</strong><br />

als auch in jener von Parship gestellt wurde:<br />

jetzigen/früheren Partner<br />

im Internet kennen gelernt<br />

<strong>ElitePartner</strong> Parship<br />

14,7%<br />

n = 35,5 Mio Internetuser<br />

19,6%<br />

n = 1.017 Internetuser<br />

Das ist etwas weniger als jener Wert von 25% der mit Hilfe des Fragebogens<br />

ermittelt wurde (siehe dazu S.26), der wie bereits erwähnt nicht repräsentativ ist.<br />

3 VOR- UND NACHTEILE VON ONLINE-PARTNERAGENTUREN<br />

Der Vorteil von Internet-Partneragenturen ist vor allem die Anonymität, denn nur jene<br />

Mitglieder, die in der Partnervermittlung registriert sind, können die an sie<br />

weitergeleiteten Profile einsehen. Nirgendwo taucht ein öffentlich zugängliches Bild<br />

auf – außer es ist gewollt, daher weiß niemand wer als Single auf Partnersuche ist.<br />

Weiters entfällt die Suche in Inseraten, denn das übernimmt eine ausgeklügelte<br />

Software nach wissenschaftlichen Methoden. Es ist durchaus möglich, dass in der<br />

Fülle der Inserate in einer Singlebörse das eine oder andere Profil übersehen wird.<br />

Die Chance, einen Partner zu finden ist daher mit Hilfe der Partnervermittlung<br />

wesentlich höher.<br />

Der Nachteil ist vor allem auf der Kostenseite zu finden, denn die Partnervermittlung<br />

bei Internet-Agenturen ist kostspieliger. Wichtig bei den Kosten ist der Vergleich der<br />

am Markt befindlichen Agenturen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.<br />

4 VOR- UND NACHTEILE VON SINGLEBÖRSEN<br />

Der Vorteil von Singlebörsen ist der Kostenfaktor. Doch was nichts kostet, ist meist<br />

auch nichts wert. Sehr viele gute Flirtbörsen haben kostenfreie Angebote, aber wenn<br />

der Kontakt zu einem anderen Single aufgenommen wird, dann ist oft eine<br />

kostenpflichtige Mitgliedschaft zu erwerben.<br />

Der Nachteil liegt in der E-Mail-Flut, denn die Betreiber haben oft keine Kontrolle<br />

über ihre Inserenten, denn nur so ist das ganze System zu finanzieren. Meist wird mit<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Hilfe der Gratisregistrierung nur nach E-Mails gefischt. Der Zeitaufwand ist bei den<br />

Kontaktanzeigen wesentlich höher, denn da muss selber gesucht und gefunden<br />

werden. Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Anonymität. Denn jeder ist von jedem<br />

(mit Internetanschluss) durch das Foto auffindbar, das sinnvollerweise im Profil<br />

enthalten sein sollte.<br />

5 DER TEST IN DER SENDUNG „HELP-TV“<br />

In der Sendung „help-TV“ vom 18.Jänner 2006 wurden drei Internet-Singlebörsen<br />

einem Test unterzogen. Wobei weniger die Institute getestet wurden, sondern wer<br />

bei welchem Kontaktanzeigeportal die besten Chancen hat, nach dem Motto: „Was<br />

zählt mehr: die inneren oder die äußeren Werte?“<br />

Wie wurde der Test durchgeführt? Die vier „help tv“-Testsingles haben sich bei drei<br />

Singlebörsen mit „gelogenen“ Profilen eingeloggt, um dem „Mogeln“ bei der Internet-<br />

Partnersuche auf die Spur zu kommen (es wurde ermittelt, wie viele Rückmeldungen<br />

die jeweiligen „Profile“ bei den einzelnen Singlebörsen erhielten):<br />

� Hanni – gutaussehend, aber nicht sehr intelligent<br />

� Nanni – genaues Gegenteil von Hanni<br />

� Max – der absolute Traumtyp mit schwacher Intelligenz<br />

� Moritz – das genaue Gegenteil von Max<br />

Rückmeldungen<br />

websingles.at love.at neu.at gesamt<br />

Hanni 93 103 104 300<br />

Nanni 37 2 13 52<br />

Max 3 3 12 18<br />

Moritz 1 0 0 1<br />

Zusammengefasst kann über diesen sehr einfachen Test gesagt werden, dass „gutes<br />

Aussehen“ eindeutig mehr Rückmeldungen erzielte als „Intelligenz“, sowohl bei<br />

Frauen als auch bei Männern.<br />

Immer mehr Beziehungen werden lt. ORF online geschlossen. Bereits 52 Prozent<br />

(http://kundendienst.orf.at/sendungsinfos/helptv/60118.html, abgefragt am<br />

18.Jänner 2006) aller webaktiven Österreicher setzen bei der Partnersuche auf das<br />

WorldWideWeb. Die Möglichkeit, anonym zu bleiben und der langsame<br />

Kontaktaufbau via Internet ist ein großer Vorteil, aber auch ein Nachteil, denn diese<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Anonymität verleitet die Singles zu unehrlichen Profilen. „Denn in den Partnerbörsen<br />

wird gelogen und betrogen, dass sich die Herzen biegen“ (vgl. Kundendienst des<br />

ORF). Am Meisten werden bei Größe und Körpergewicht, aber auch beim Alter<br />

unrichtige Angaben gemacht, aber “katastrophale Lügen gibt es nicht“ (lt. Frau<br />

Schiller, Psychologin und Singlecoach bei Parship.at in der Sendung). Bei diesem<br />

Versuch mit den vier Models wurde von websingles.at der Schwindel innerhalb<br />

kürzester Zeit entdeckt und der User sofort gesperrt. Die Agentur überprüft die Fotos<br />

von Zeit zu Zeit nach Auffälligkeiten, z.B. zu perfekte Fotos aus einem Fotostudio<br />

oder Dinge im Hintergrund, die dort nicht hingehören, aber auch die Profile werden<br />

durchsucht, z.B. wenn als Beziehungswunsch „Sexbeziehung“ bzw „one-night-stand“<br />

ausgefüllt wird.<br />

Laut Jörg Bauer, www.verkehrsinsel.at, sind rund 50% der User mit der Wahrheit<br />

etwas ungenau. Ein guter Weg dem zu entgehen ist der »Fakecheck», d.h. die User<br />

können ein Symbol über die Homepage der Agentur ausdrucken und ihr Foto mit<br />

diesem Ausdruck anfertigen. Auf diese Art kann gesichert sein, dass dies ein<br />

aktuelles, echtes Foto des Singles ist und er/sie ein registriertes Mitglied ist.<br />

D KOMMUNIKATION <strong>IM</strong> INTERNET<br />

Der Computer kann alle Faktoren einer Partnerschaft, wie Gefühle und<br />

Empfindungen kaum erfassen. Dieses Fehlen von verbalen (Stimme, Stimmhöhe,<br />

Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit) und non-verbalen (Mimik, Gestik, Blickkontakt)<br />

Botschaften kann durch das Verwenden von Emoticons bzw Smileys, Chat-Slang,<br />

ASCII-Kunst, Soundwörter und Aktionswörter (vgl. Weber, 2003, S.72ff) kompensiert<br />

werden. Die Verwendung dieser Codes gibt in der Cyber-Welt ein gewisses Gefühl<br />

von Vertrautheit und Exklusivität in der Beziehung.<br />

Die am meisten verwendeten Emoticons/Smileys sind:<br />

☺ lachendes oder lächelndes Gesicht<br />

� trauriges oder missgestimmtes Gesicht<br />

;-) augenzwinkerndes Gesicht<br />

:-o erstauntes Gesicht<br />

☺))))))) besonders erfreuter „Smiley“<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

All jene, die mit dem Chatten sehr vertraut sind, verwenden gerne den »Chat-Slang«<br />

(*afaik*, *bg*, *g*…). Diese Abkürzungen werden hauptsächlich bei der synchronen<br />

Kommunikation und häufig auch im E-Mail-Verkehr verwendet, um beim<br />

Ausschreiben der Wörter Zeit zu sparen.<br />

Weit verbreitet in der Welt der Internet-Surfer ist auch die Verwendung von ASCII-<br />

Kunstwerken (z.B. lässiger Typ mit Sonnenbrille (_)>


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

� die Richtige findet man nicht im Internet bzw. über ein Partnerinstitut - man<br />

sollte mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich nicht hinter<br />

Institutionen verstecken<br />

� ich hab auch im wirklichen Leben kein Problem Frauen kennen zu lernen<br />

� weil ich nicht zwingend auf der Suche nach einem Partner bin<br />

� so verzweifelt bin ich nicht<br />

� im Netz geht die Suche einfacher, schneller, gratis, ist zusätzlich zum<br />

normalen, "im echten Leben" reicht mir meine Kontaktbereitschaft,<br />

brauche dort kein Partnerinstitut<br />

� Partnerinstitute sind da meiner Ansicht nach viel zielorientierter<br />

ausgerichtet und kosten vermutlich auch weitaus mehr Geld als<br />

Singlebörsen. Außerdem haben sie in meinen Augen ein etwas<br />

"verstaubtes" Image<br />

� … außerdem ist die Anonymität im Internet ein großer Vorteil<br />

� … Anmeldungen im Internet als "Bereicherung" - man lernt neue Leute<br />

kennen und hat meist Gleichgesinnte! Bei mir steht nicht der fixe Partner<br />

im Vordergrund, sondern das Kennen lernen von neuen Menschen<br />

� bin der Meinung man sollte Partner ohne fremde Hilfe treffen<br />

� wenn man vermittelt wird, wird irgendwie erwartet, dass man die Person<br />

gleich trifft, dabei würde ich viel lieber erst Emails schreiben, und da bieten<br />

sich Singlebörsen im Internet doch viel besser an<br />

� ich finde ein Partnerinstitut unnötig, noch dazu werden einem da ja Frauen<br />

gesucht und zugewiesen, ich möchte allerdings schon selbst aktiv sein<br />

und diejenige persönlich und mit meinen eigenen Worten ansprechen<br />

F SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM TRAUMMANN /<br />

ZUR TRAUMFRAU<br />

Zu Beginn der Partnersuche im Internet stellt sich die Frage, wie den Überblick bei<br />

dem reichhaltigen Angebot behalten. Woran sind die seriösen Partnervermittlungs-<br />

und Singlebörsen leicht erkennbar und worauf ist bei der Registrierung zu achten.<br />

Eine Antwort auf diese Fragen bietet der folgende Überblick, der anhand vieler<br />

Ratgeber zu diesem Thema gesammelt wurde:<br />

AUSWAHL<br />

Die Angebote sind bei allen Institutionen sehr ähnlich, was jedoch in letzter Zeit<br />

immer entscheidender wurde ist der Preis. Ein weiterer Unterschied sind die<br />

angebotenen Zusatzleistungen und die Suchoptionen. Gleich sind jedoch die<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

verbindlichen Regeln und Pflichten der Mitglieder, die Kontaktaufnahme und die<br />

Abwicklung mittels Datenbank.<br />

Die Auswahl der Online-Institute kann aufgrund von Empfehlungen durch andere<br />

Personen (Eltern, Freunde, Bekannte) erfolgen, aber auch Artikel über Internetforen<br />

können die Entscheidung beeinflussen. Ein weiteres Entscheidungsinstrument<br />

können auch Internetseiten wie www.jobcenter.at/singlebörsen (wo eine ganze Reihe<br />

von Singlebörsen aufgelistet ist) oder http://www.singleboersen-vergleich.at sein (wo<br />

die größten und bekanntesten Singlebörsen und Partnervermittlungen in<br />

regelmäßigen Zeitabständen einem Test unterzogen werden).<br />

MITGLIEDSCHAFT BZW REGISTRIERUNG<br />

Die Registrierung erfolgt anonym, denn veröffentlicht wird nur ein Spitzname, ein<br />

»Nickname«. Die Kosten für eine Mitgliedschaft sind sehr unterschiedlich, wobei<br />

Frauen bei Singlebörsen den Vorteil haben, dass der Mitgliedsbeitrag oft niedriger ist<br />

als für Männer, da die suchenden Männer in der Überzahl sind.<br />

ERSTELLEN EINES PROFILS<br />

Auf den Seiten der Singlebörsen werden die User eingeladen, sich mit Bild und<br />

Informationen zur Person zu präsentieren. Da niemand vorerst den Wahrheitsgehalt<br />

der Profile überprüfen kann werden hier gerne unrichtige Angaben gemacht (dies<br />

wurde auch in den Interviews bestätigt).<br />

Profile mit Bild erhöhen die Chancen gefunden zu werden. Außerdem kann ohne<br />

Foto leicht der Eindruck entstehen, dass es etwas zu verbergen gibt. Und das Foto<br />

sollte so aktuell wie irgendwie möglich sein, nicht 10 Jahre jünger und einige Kilo<br />

leichter, nicht zu leger und nicht zu förmlich. (Frage 10 im Fragebogen hat nach der<br />

Profilerstellung gefragt und 78,7% der bereits Registrierten ist die Profilerstellung<br />

leicht gefallen und 80,4% haben auch ein Foto beigefügt).<br />

Das Foto soll die eigene Persönlichkeit unterstreichen. Am Besten ein Foto, das in<br />

der Freizeit gemacht wurde, also kein Bewerbungsfoto. Das Gesicht sollte gut<br />

sichtbar sein, keine Gruppenaufnahme und lächeln. Vor allem aber darauf achten, in<br />

welcher Größe das Foto sein soll, damit es beim Abspeichern keine Verzerrung gibt.<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Auch netzspezifische Ausdrucksmittel, wie ein aussagekräftiger Nickname, eine<br />

phantasievolle Selbstbeschreibung und expressive Gesten in E-Mails sowie die<br />

Beachtung der netzspezifischen Regeln des sozialen Umgangs stehen zur<br />

Verfügung und sollten ausgenutzt werden (vgl. Döring (2), 1999, S.347).<br />

FLIRTEN <strong>IM</strong> INTERNET – ABER RICHTIG<br />

Beim Internetflirten werden lt. Fr. Schiller (Diplom-Psychologin, Mitglieder-Coach bei<br />

Parship.at in der „help-TV“-Sendung) zwei Typen von Flirtern unterschieden:<br />

� Monoflirter – fixieren sich auf einen Partner, was jedoch sehr schnell auch<br />

zu Enttäuschungen führen kann, wenn die Chemie nicht stimmt<br />

� Multiflirter – haben meist die besseren Chancen, weil sie sich sehr breit<br />

orientieren<br />

MEDIENWECHSEL<br />

Die romantischen Netzbeziehungen entwickeln sich zuerst in öffentlichen Online-<br />

Foren, wo sich die Zielpersonen einen ersten Eindruck voneinander verschaffen,<br />

bevor sie zu privaten Chats oder E-Mails wechseln. Hier werden auch die<br />

Netzkontakte intensiviert, was Dauer und Häufigkeit der Kommunikation betrifft.<br />

Wenn die Beteiligten reges Interesse aneinander zeigen, kann dies schon dazu<br />

führen, dass mehrmals täglich E-Mails verschickt werden oder die halbe Nacht<br />

gechattet wird, aber dies ist vergleichbar mit herkömmlichen Beziehungen, die<br />

gekennzeichnet sind durch gelegentliches gemeinsames Ausgehen.<br />

Ein nächster Schritt ist der Übergang vom E-Mail bzw Chat zum Telefonieren. Die<br />

Weitergabe der Telefonnummer stellt einen gewissen Vertrauensbeweis dar.<br />

Nervosität und Unsicherheit, die im Netz leicht versteckt werden können, werden<br />

beim Telefonieren plötzlich hörbar. In dieser Phase kann es passieren, dass die<br />

durch das Netz gewonnene Vertrautheit erst wieder aufgebaut werden muss.<br />

DAS ERSTE DATE<br />

Am Besten eignet sich für das erste Treffen ein neutraler Ort (z.B. Restaurant,<br />

Sportveranstaltung, Museum). Es kommt erstens nicht gut an, jemanden in seine<br />

Wohnung einzuladen und zweitens ergibt ein öffentlicher Ort die Chance sich leichter<br />

zu verabschieden, wenn das Date nicht den Wünschen entspricht. Wichtig ist auch<br />

das richtige Outfit. Aber Vorsicht ist geboten: eine Nachricht hinterlassen, wo dieses<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Rendez-vous stattfindet bzw an die www.blinddate-security.com wenden. Und nach<br />

Möglichkeit die Autonummer des Datepartners notieren und diese Information<br />

weitergeben. Einen Zeitrahmen vereinbaren, denn das erste Treffen sollte auf keinen<br />

Fall länger als eine Stunde dauern. Vorher schon überlegen, welche Themen beim<br />

Smalltalk angesprochen werden oder sich aus der Situation ergeben könnten, das<br />

überwindet die ersten Minuten, auf keinen Fall jedoch über Intimitäten reden.<br />

Und keine Nervosität, denn dem Datepartner geht es wahrscheinlich genauso.<br />

Normalerweise fällt eine endgültige Entscheidung ohnehin beim zweiten Treffen.<br />

Gespräche offen und ehrlich führen, damit Missverständnisse und<br />

Fehlinterpretationen erst gar keine Chance haben.<br />

Wer seine Chancen beim anderen Geschlecht erhöhen will, soll auf jeden Fall auf<br />

sein Äußeres achten, aber auch auf Körpersprache, Mimik und Gestik. Ruhig ein<br />

Lächeln vor dem Spiegel üben und Feedback von einem ehrlichen Freund einholen.<br />

G ERLEBNISSE BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET<br />

Da die Theorie nicht unbedingt der Praxis entsprechen muss war die Meinung von<br />

Profis der Partnersuche im Internet von großem Interesse. Frau Z. hat einen Roman<br />

zum Thema geschrieben und hat ihren Ehemann mit Hilfe einer Singlebörse kennen<br />

gelernt. Per E-Mail wurde der Kontakt hergestellt und ein Interviewtermin vereinbart.<br />

Die Herren Q. und Y. haben sich aufgrund des Fragebogens als „Experten der<br />

Online-Partnersuche“ angeboten und beide waren daher gerne bereit, sich einer<br />

intensiven Befragung zu stellen.<br />

ERFAHRUNGEN BEI DER <strong>PARTNERSUCHE</strong> VON FRAU Z.<br />

Frau Z. wollte nach Ablauf ihrer Trauerzeit nach dem Ableben ihres ersten Mannes<br />

wieder einen Partner finden und da sie damals (1997) einen Internetanschluss<br />

bekam, versuchte sie ihre Suche bei verschiedenen Singlebörsen. Diese teilweise<br />

intensive Kontaktaufnahme zu Gleichgesinnten erstreckte sich über drei Jahre. Doch<br />

wie das Leben oft so spielt hat nicht sie ihren Mann gefunden, eher wurde sie von<br />

ihm gefunden, in einer Zeit, in der sie überhaupt nicht aktiv auf der Suche war und an<br />

den „alten“ Fragebogen in einer Singlebörse gar nicht mehr dachte.<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Frau Z. zählte eher zu den „Multiflirtern“, sie hatte zu ungefähr 300 Kandidaten einen<br />

teilweise sehr intensiven Kontakt gehalten (mit ca. 20 Usern wurden Telefonate<br />

geführt und zehn Männer hat sie auch persönlich kennen gelernt). Ihr heutiger<br />

Ehemann hat nur an zwei Damen geschrieben, wobei Frau Z. die erste war die<br />

zurück geschrieben hatte. Und da es von Anfang an optimal zwischen beiden<br />

funktionierte, hat er der zweiten Dame gleich mitgeteilt, dass er seine Traumfrau<br />

bereits gefunden habe. (Was erstaunlich in diesem Fall ist, dass beide annähernd<br />

den gleichen Freundeskreis haben, sich jedoch vorher nie getroffen hatten.)<br />

Auf die Frage nach der Anonymität hat Fr. Z. erzählt, dass niemals ein Foto in ihren<br />

Profilen abgespeichert war (Frau Z. ist in ihrer Stadt eine bekannte Persönlichkeit<br />

und es wäre ihr unangenehm gewesen, auf den Singleseiten erkannt zu werden) und<br />

sie für ihre Kontakte mehrere E-Mail-Adressen verwendete und vor allem eine eigene<br />

Handynummer nur für diesen Zweck benutzte. Wenn sie wissen wollte wie ein Mann<br />

aussah, hat immer sie zuerst nach einem Foto des Mannes gefragt und erst dann<br />

eines von sich selbst verschickt. Wäre ihr ein Mann zu aufdringlich geworden (was<br />

nie der Fall war), dann hätte sie ganz einfach die E-Mail-Adresse oder die<br />

Handynummer geändert. Eine weitere Vorsichtsmaßnahme betrifft die Lokalitäten der<br />

ersten Treffen. Ihr Tipp: Auf keinen Fall in die Wohnung einladen und seriöse Lokale<br />

auswählen, in denen mehrere andere Personen anwesend sind, um Peinlichkeiten<br />

von vornherein auszuschließen.<br />

Die Phase der Partnersuche bezeichnet Frau Z. als eine „Hochschaubahn der<br />

Gefühle, eine gefühlsintensive Zeit“, wo viele interessante Menschen kennen gelernt<br />

werden, aber vorerst nicht der richtige Partner für sie dabei war. Die Gründe, warum<br />

sie sich für diese Art der Partnersuche entschieden hatte: die Suche geht schnell, es<br />

gibt eine große Auswahl an Kandidaten und es sind keine Lokalbesuche für die<br />

Kontaktaufnahme notwendig. Bevor das erste Treffen stattfindet kennen sich die<br />

Personen meist schon einigermaßen gut durch die E-Mails, daher kann bereits eine<br />

Vorauswahl getroffen werden, ob der Mann überhaupt der richtige sein kann. Denn<br />

als wichtig erscheint es Frau Z., dass der zukünftige Partner originelle Mails<br />

verfassen kann.<br />

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DIE ERLEBNISSE DES HERRN Q.<br />

KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Herr Q. lebt zurzeit in einer Lebensgemeinschaft und hat seine jetzige Partnerin im<br />

Urlaub auf Zakynthos kennen gelernt (seiner Meinung nach für Single-Urlaube sehr<br />

zu empfehlen). Er war in einem Zeitraum von knapp 1½ Jahren „auf der Suche“ im<br />

Internet, allerdings mit längeren Unterbrechungen durch kürzere oder längere<br />

Partnerschaften. Die erste Partnerin hat er bereits nach ca. zwei Wochen kennen<br />

gelernt und mit ihr war er dann etwa drei Monate zusammen. Seiner Meinung nach<br />

kann bei intensiver Suche innerhalb von einigen Monaten jemand passender<br />

gefunden werden. Registriert war Herr Q. ab Oktober 2004 bei mehreren<br />

Partnervermittlungs- und Singlebörsen - von gratis bis teuer. Bei gratis liegt der<br />

Fokus eher auf Spaß und jüngerem Publikum. Jemand der 120€ für drei Monate<br />

zahlt meint es mit der Suche in der Regel schon etwas ernster. Bei Parship ist das<br />

Publikum jedoch „elitärer“ und viele Akademiker. Sein Tipp: breit angelegt suchen,<br />

eine einzige Registrierung ist zu wenig. Auch ist darauf zu achten ob jemand sehr<br />

ernst und verbissen (und vielleicht nur) im Internet sucht und das vielleicht schon<br />

lange, dann gibt’s dafür vielleicht auch einen Grund. (Herr Q. hat zweimal negative<br />

Erfahrungen gemacht.) Seine besten Bekanntschaften hatte Herr Q. durch<br />

Freizeitpartnerbörsen, denn hier wird konkret nach Freizeitpartnern gesucht, zum<br />

Schi fahren, für Schitouren etc. Die Kontakte laufen viel ungezwungener ab, da es<br />

nicht primär um Partnersuche geht und somit besteht die Möglichkeit über einen<br />

längeren Zeitraum und in verschiedenen Lebenssituationen Menschen wirklich<br />

kennen zu lernen. Daraus können sich auch gute Freundschaften ergeben. Während<br />

seiner Suchphasen hat Herr Q. 25 – 30 Frauen getroffen, da er für schnelle Treffen<br />

ist (wobei er Essen gehen für das erste Treffen für unpassend hält – besser sind<br />

Veranstaltungen, Ausstellungen, Sport). Aber natürlich keine Veranstaltung, wo ein<br />

Gespräch unmöglich ist wie Kino, Kabarett, Konzert … das passt gut für ein drittes<br />

oder viertes Date. Er hat dabei auch zweimal die Erfahrung gemacht, dass es per<br />

E-Mail und Telefon wirklich super zu passen schien – er war richtig „verliebt“, aber<br />

die ersten Treffen waren dann unglaublich schwierig, da die Erwartungshaltung<br />

schon extrem hoch war und das erste Treffen dann praktisch nur noch eine<br />

Enttäuschung werden konnte. Die Übereinstimmung war zwar groß – aber<br />

anscheinend stimmte die „Chemie“ nicht. Profile, zwei bis drei Emails und ein<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 94 VON 123


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Telefonat hält Herr Q. als „Vorselektion“ für sehr sinnvoll, „aber dann nichts wie raus<br />

und möglichst locker und ungezwungen“ sein. Ein Tipp fürs Treffen: unmittelbar<br />

vorher anrufen und Telefonieren bis zum „Aufeinandertreffen“, das macht es<br />

einfacher (zumindest hat Herr Q. diese Erfahrung gemacht) und es erspart auch<br />

potentielle Peinlichkeiten. Im Gegensatz zu vielen Tipps im Internet und vielen „sei ja<br />

vorsichtig“, hat er die Erfahrung gemacht, dass auch viele Frauen schon nach zwei<br />

bis drei E-Mails von sich aus ein Treffen vorschlagen (er glaubt sich sogar daran zu<br />

erinnern, dass in fast allen Fällen die Frauen das Treffen vorgeschlagen haben).<br />

Sein abschließender Tipp: umso teurer – also mehr als 20 € pro Monat – umso<br />

ernster und seriöser sind die Absichten.<br />

HERR Y. UND DIE <strong>PARTNERSUCHE</strong> <strong>IM</strong> INTERNET<br />

Herr Y. ist 31 Jahre alt und hat seine derzeitige Lebenspartnerin im Internet kennen<br />

gelernt. Derzeit ist er nicht mehr registriert, war jedoch ab 1999 bei love.at und ab<br />

2000 bei websingles sehr aktiv auf Partnersuche. Seiner Erfahrung nach „lassen sich<br />

Frauen schreiben“ und Männer suchen aktiv Kontakt, nur ca. 5% der Frauen haben<br />

sich zuerst bei ihm gemeldet. Zwischen der ersten E-Mail, einem Telefonat und dem<br />

ersten Treffen lag oft nur eine Woche. Seine Methode: Er schaute auf den jeweiligen<br />

Homepages nach, wer neu angemeldet war und bei Interesse schickte er sofort eine<br />

E-Mail, denn wer schneller war konnte nicht so leicht übersehen werden (seiner<br />

Erfahrung nach haben Frauen durchwegs 300 bis 400 Kontakte in der ersten<br />

Woche). Während dieser Suchphase hatte Herr Y. mit ca. 50 Frauen Kontakt und hat<br />

drei auch persönlich getroffen. Auch während einer fixen Beziehung war er auf<br />

„virtuelle Beziehungen“ aus. Er hat in der gesamten Zeit keine negativen<br />

Erfahrungen bei der Suche im Internet gemacht, allerdings ärgert er sich über<br />

gefakte Kontakte mit 0900-Nummern. Der Vorteil bei der Internetsuche ist vor allem<br />

die Geschwindigkeit des Kennen lernens, das „Abchecken der Interessen“ ohne<br />

vorher stundenlang Smalltalk führen zu müssen. Ein Foto ist nach Meinung von<br />

Herrn Y. unbedingt notwendig. Leider entspricht die Realität oft nicht der Fantasie.<br />

Obwohl er seiner Selbsteinschätzung nach sehr kontaktfreudig ist und keine<br />

Probleme damit hat, fremde Menschen anzusprechen würde Herr Y. diese Form der<br />

Partnersuche jederzeit wieder in Anspruch nehmen.<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass alle drei Personen sich jederzeit<br />

wieder auf Partnersuche im Internet begeben würden. Die Erfahrungen, die sie dabei<br />

gemacht haben, sowohl positive als auch die wenigen negativen, decken sich auch<br />

mit jenen, die von den Psychologen in der „help-TV“-Sendung genannt wurden, als<br />

auch mit jenen, die in Zeitschriften und Zeitungen zu lesen sind. Der Erfolg und die<br />

geringen Kosten sprachen bei allen für die Singlebörsen, wobei der Preis die<br />

Ernsthaftigkeit entscheidet – bei gratis erfolgt die Partnersuche mehr zum Spaß, je<br />

teurer desto ernsthafter ist die Suche. Positiv vermerkt wurde von allen die<br />

Geschwindigkeit der Partnersuche, ohne vorher Lokalbesuche auf sich nehmen zu<br />

müssen. Und alle drei waren in mehreren Singlebörsen registriert, zählten somit zu<br />

den Multiflirtern.<br />

Unterschiede zeigen sich in der Erstellung der Profile. Frau Z. hat sich ohne Foto in<br />

verschiedenen Singlebörsen präsentiert, was sie mit ihrer Bekanntheit begründet hat.<br />

Bei Herrn Y. ist ein Foto dagegen unbedingt notwendig für eine Kontaktaufnahme.<br />

H BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN<br />

THEORETISCHE INFORMATIONEN ZUR HYPOTHESENBEANTWORTUNG<br />

Kreuztabellen und Kontingenzanalysen dienen dazu, Zusammenhänge zwischen<br />

nominal skalierten Variablen (es besteht keine Wertigkeit zwischen den Variablen,<br />

z.B. Geschlecht, Familienstand) aufzudecken und zu untersuchen. Dabei auftretende<br />

Fragen können sein:<br />

� Ist ein Zusammenhang zwischen den Variablen erkennbar und signifikant?<br />

� Gibt es die Möglichkeit, eine Aussage über Stärke oder Richtung des<br />

Zusammenhangs zu treffen?<br />

� Gibt es weitere Variablen, die das Untersuchungsergebnis bestätigen,<br />

erläutern oder revidieren?<br />

Interessiert die Frage, ob zwischen betrachteten Variablen eine statistische<br />

Abhängigkeit oder Unabhängigkeit besteht (H0: X und Y sind voneinander<br />

unabhängig), kann dies mittels Chi²-Unabhängigkeitstest überprüft werden. Jedoch<br />

ist keine Aussage über die Stärke des Zusammenhanges möglich. Überschreitet die<br />

Teststatistik ein Signifikanzniveau (meist 5% = kritischer Wert lt. Chi²-Tabelle) so ist<br />

die Null-Hypothese (Unabhängigkeit der Merkmale) zu verwerfen. Nachdem<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

festgestellt wurde, ob eine Abhängigkeit besteht wird die Art des Zusammenhanges,<br />

wie Stärke oder Richtung bestimmt. (vgl. Backhaus et.al., 2003, S.230ff).<br />

Der Signifikanzwert drückt bei einem Niveau von 0,05 die 95%ige Wahrscheinlichkeit<br />

eines nicht bloß zufälligen Auftretens eines von Null abweichenden Chi²-Wertes in<br />

dieser speziellen Stichprobe aus. Ist er kleiner kann die Null-Hypothese verworfen<br />

werden und angenommen werden, dass tatsächlich eine Abhängigkeit besteht. Ist er<br />

größer als 0,05 dann besteht offenbar kein Zusammenhang.<br />

> 0,05 (5%) = nicht signifikant<br />

< 0,05 (5%) = signifikant<br />

> 0,01 (1%) = sehr signifikant<br />

< 0,01 (1%) = hoch signifikant<br />

Obwohl es prinzipiell gleichgültig ist, welche Variable im „Kopf“ der Tabelle und<br />

welche Variable am „Rand“ der Tabelle steht, ist es üblich im Kopf die unabhängige<br />

und am Rand die abhängige Variable zu platzieren.<br />

Die Freiheitsgrade (df) geben an, wie viele Zelleninhalte einer Tabelle zu berechnen<br />

sind, d.h. in einer 2*2 Tabelle ergeben sich drei Zelleninhalte, wenn die<br />

Randhäufigkeiten und der Inhalt einer Zelle bekannt sind.<br />

� df = Anzahl der Spalten -1 * Anzahl der Zeilen – 1<br />

� df bei einer 2*2-Tabelle daher (2 – 1) * (2 – 1) = 1<br />

Das PRE-Maß Gamma misst den Grad des Zusammenhangs zwischen zwei<br />

ordinalskalierten Variablen, sowie die Richtung der Assoziation und kann Werte von<br />

-1 bis +1 annehmen.<br />

� Negative Assoziation: eine Variable nimmt zu, die andere ab<br />

� Positive Assoziation: beide nehmen zu oder ab<br />

Beispiel: Beim Wissen der unabhängigen Variablen verbessert sich die Voraussage<br />

der abhängigen Variablen um den errechneten Prozentwert.<br />

Das PRE-Maß Lambda misst die Stärke des Zusammenhanges zwischen zwei<br />

nominalen Variablen, es wird davon ausgegangen, dass sich eine Variable auf die<br />

andere auswirkt. Der Wert liegt zwischen 0 und 1 und ist immer positiv. Die<br />

Interpretation ist wie bei Gamma.<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

� Je näher bei 1, desto höher der Zusammenhang zwischen den Variablen<br />

� Je näher bei 0, desto niedriger der Zusammenhang zwischen den<br />

Variablen<br />

BEANTWORTUNG DER HYPOTHESEN<br />

H1: „Je häufiger in einer Singlebörse gesucht wird desto größer ist die Zuversicht<br />

bei der Partnersuche im Internet einen passenden Partner zu finden oder eine<br />

Beziehung einzugehen.“<br />

Tabelle 10 – Zuversicht bei der Partnersuche ist abhängig von der Häufigkeit der Besuche von<br />

Singleseiten<br />

F13_NEU Partner<br />

kennenlernen neu<br />

Gesamt<br />

1 (sehr ernst)<br />

2 (weder noch)<br />

3 (nicht ernst)<br />

Kreuztabelle<br />

F08_NEU zuletzt Singlebörese etc<br />

2<br />

(gestern/letzte 3 (mehr als<br />

1 (heute) Woche) 2 Wochen) Gesamt<br />

28,6% 30,4% 50,0% 39,3%<br />

28,6% 34,8% 20,0% 26,2%<br />

42,9% 34,8% 30,0% 34,5%<br />

100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 28,6% der Interviewten, die am Tag der Befragung eine Singleseite<br />

besuchten nehmen die Partnersuche ernst bzw sehr ernst.<br />

Chi-Quadrat nach<br />

Pearson<br />

Likelihood-Quotient<br />

Zusammenhang<br />

linear-mit-linear<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

Chi-Quadrat-Tests<br />

4,180 a<br />

Wert df<br />

4 ,382<br />

4,161 4 ,385<br />

2,414 1 ,120<br />

84<br />

Asymptotische<br />

Signifikanz (2-seitig)<br />

a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />

erwartete Häufigkeit ist 5,50.<br />

Der kritische Wert bei df=4 und p < 0,05 liegt bei 9,49, d.h. die Null-Hypothese wird<br />

akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />

asymptotische Signifikanz (p = 0,382) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05,<br />

daher besteht keine Signifikanz. Da beide Variablen ordinal skaliert sind wird als<br />

Assoziationsmaß Gamma verwendet.<br />

Ordinal- bzgl. Ordinalmaß<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

Gamma<br />

a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />

Symmetrische Maße<br />

Wert<br />

Asymptotischer<br />

a<br />

Standardfehler<br />

Näherungs<br />

weises T<br />

-,240 ,145 -1,618 ,106<br />

b<br />

Näherungsweise<br />

Signifikanz<br />

b.<br />

Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />

84<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Auch Gamma ist nicht signifikant (p > 0,05), die Null-Hypothese wird auch hier<br />

akzeptiert und somit trifft die formulierte Hypothese nicht zu.<br />

Wie sieht im Vergleich dazu die Abhängigkeit bei der Frage nach einer Beziehung<br />

aus?<br />

Tabelle 11 – Zuversicht einer Beziehung ist abhängig von der Häufigkeit der Besuche von<br />

Singleseiten<br />

F14_NEU<br />

Beziehung<br />

eingehen<br />

Gesamt<br />

1 (sehr ernst)<br />

2 (weder noch)<br />

3 (nicht ernst)<br />

Kreuztabelle<br />

F08_NEU zuletzt Singlebörese etc<br />

2<br />

(gestern/letzte 3 (mehr als<br />

1 (heute) Woche) 2 Wochen) Gesamt<br />

47,6% 47,8% 50,0% 48,8%<br />

19,0% 21,7% 22,5% 21,4%<br />

33,3% 30,4% 27,5% 29,8%<br />

100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 47,6% der Interviewten, die am Tag der Befragung eine Singleseite<br />

besuchten wollen ernst/sehr ernst eine Beziehung durch die Internetsuche eingehen.<br />

Chi-Quadrat nach<br />

Pearson<br />

Likelihood-Quotient<br />

Zusammenhang<br />

linear-mit-linear<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

Chi-Quadrat-Tests<br />

,263 a<br />

Wert df<br />

4 ,992<br />

,263 4 ,992<br />

,132 1 ,717<br />

84<br />

Asymptotische Signifikanz<br />

(2-seitig)<br />

a. 2 Zellen (22,2%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />

erwartete Häufigkeit ist 4,50.<br />

Der kritische Wert bei df=4 und p < 0,05 liegt bei 9,49, d.h. die Null-Hypothese wird<br />

akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />

asymptotische Signifikanz (p = 0,992) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05,<br />

daher besteht keine Signifikanz. Wieder wird als Assoziationsmaß Goodman´s<br />

Gamma verwendet, welches nicht signifikant ist (p > 0,05), die Null-Hypothese wird<br />

auch hier akzeptiert und somit trifft die formulierte Hypothese nicht zu.<br />

Der Vergleich der Zuversicht mit der Dauer der wöchentlichen Internetnutzung<br />

erbrachte ein ähnliches Ergebnis, auch hier hat sich gezeigt, dass die Zuversicht der<br />

Partnersuche nicht von der Häufigkeit der Nutzung des Internets abhängig ist.<br />

In weiterer Folge wurde untersucht ob die Zuversicht vom Geschlecht abhängig ist.<br />

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KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

H2: „Männer sind eher davon überzeugt, ihre zukünftige Partnerin bzw eine<br />

Beziehung im Internet zu finden als Frauen.“<br />

Tabelle 12 – Zuversicht bzgl PartnerIn ist abhängig vom Geschlecht<br />

F13_NEU Partner kennenlernen neu * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />

F13_NEU Partner<br />

kennenlernen neu<br />

Gesamt<br />

1 (sehr ernst)<br />

2 (weder noch)<br />

3 (nicht ernst)<br />

F21 Geschlecht<br />

1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />

34,6% 25,4% 30,5%<br />

29,5% 22,2% 26,2%<br />

35,9% 52,4% 43,3%<br />

100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 34,6% der männlichen Interviewten wollen ernst/sehr ernst eine<br />

Partnerin durch die Internetsuche finden.<br />

Chi-Quadrat nach<br />

Pearson<br />

Likelihood-Quotient<br />

Zusammenhang<br />

linear-mit-linear<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

Chi-Quadrat-Tests<br />

3,861 a<br />

Wert df<br />

2 ,145<br />

3,868 2 ,145<br />

3,169 1 ,075<br />

141<br />

Asymptotische<br />

Signifikanz (2-seitig)<br />

a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />

erwartete Häufigkeit ist 16,53.<br />

Der kritische Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese wird<br />

akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />

asymptotische Signifikanz (p = 0,145) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05. Da<br />

die Variablen ordinal bzw nominal skaliert sind wird hier als Assoziationsmaß<br />

Lambda verwendet.<br />

Nominal- bzgl.<br />

Nominalmaß<br />

Lambda<br />

Goodman-und<br />

-Kruskal-Tau<br />

Symmetrisch<br />

F13_NEU Partner<br />

kennenlernen neu<br />

abhängig<br />

F21 Geschlecht<br />

abhängig<br />

F13_NEU Partner<br />

kennenlernen neu<br />

abhängig<br />

F21 Geschlecht<br />

abhängig<br />

a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />

Richtungsmaße<br />

Wert<br />

Asymptotischer<br />

Standardfehler<br />

,035 ,054 ,641 ,521<br />

a<br />

Näherungs<br />

weises T b<br />

Näherungsweise<br />

Signifikanz<br />

,000 ,000 , c<br />

b. Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />

c. Kann nicht berechnet werden, weil der asymptotische Standardfehler gleich Null ist.<br />

d. Basierend auf Chi-Quadrat-Näherung<br />

,079 ,119 ,641 ,521<br />

,016 ,016 ,113 d<br />

,027 ,028 ,147 d<br />

Der Wert Lambda (0,000) gibt an, dass es keinen Zusammenhang zwischen den<br />

beiden Variablen gibt.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 100 VON 123<br />

, c


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Tabelle 13 - Zuversicht eine Beziehung einzugehen ist abhängig vom Geschlecht<br />

F14_NEU Beziehung eingehen * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />

F14_NEU<br />

Beziehung<br />

eingehen<br />

Gesamt<br />

1 (sehr ernst)<br />

2 (weder noch)<br />

3 (nicht ernst)<br />

F21 Geschlecht<br />

1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />

41,0% 30,2% 36,2%<br />

19,2% 17,5% 18,4%<br />

39,7% 52,4% 45,4%<br />

100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 41 % der männlichen Interviewten wollen ernst/sehr ernst eine<br />

Beziehung durch die Internetsuche finden.<br />

Der kritische Chi²-Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese<br />

wird akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />

asymptotische Signifikanz (p = 0,298) liegt über dem Signifikanzniveau von 0,05.<br />

Auch hier wurde wieder als Assoziationsmaß Lambda (0,013) verwendet und hat<br />

ergeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen gibt. Somit<br />

trifft auch diese Hypothese nicht zu, dass Männer zuversichtlicher sind als Frauen.<br />

Somit kann abschließend vermerkt werden, dass die Zuversicht, einen Partner oder<br />

eine Partnerin zu finden bzw eine Beziehung durch das Internet einzugehen weder<br />

abhängig ist vom Geschlecht noch von der intensiven Nutzung des Internets.<br />

H3: „Männer betreiben die Partnersuche im Internet intensiver als Frauen.“<br />

Tabelle 14 – Häufigkeit der Singlebörse abhängig vom Geschlecht<br />

F08_NEU zuletzt<br />

Singlebörese etc<br />

Gesamt<br />

F08_NEU zuletzt Singlebörese etc * F21 Geschlecht Kreuztabelle<br />

1 (heute)<br />

2 (gestern/letzte Woche)<br />

3 (mehr als 2 Wochen)<br />

F21 Geschlecht<br />

1 männlich 2 weiblich Gesamt<br />

26,1% 23,7% 25,0%<br />

28,3% 26,3% 27,4%<br />

45,7% 50,0% 47,6%<br />

100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 26,1% der männlichen Interviewten besuchten am Tag des Interviews<br />

eine Seite einer Singlebörse bzw Internetpartnervermittlung, ein wesentlicher<br />

Unterschied zwischen den Geschlechtern ist hier nicht zu erkennen.<br />

Der kritische Chi²-Wert bei df=2 und p < 0,05 liegt bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese<br />

wird akzeptiert, es gibt keine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen. Die<br />

asymptotische Signifikanz (p = 0,923) liegt deutlich über dem Signifikanzniveau von<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 101 VON 123


KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

0,05. Auch Lambda (0,000) bestätigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen den<br />

beiden Variablen gibt. Somit trifft auch diese Hypothese nicht zu, dass Männer<br />

häufiger das Internet zur Partnersuche verwenden.<br />

H4: „Männer sind bei der Erstellung ihrer Profile bei der Online-Partnersuche<br />

offensiver als Frauen.“<br />

Tabelle 15 – Die Profilerstellung ist abhängig vom Geschlecht<br />

F10 persönliche Profilerstellung leicht gefallen * F21 Geschlecht<br />

Kreuztabelle<br />

F10 persönliche<br />

Profilerstellung<br />

leicht gefallen<br />

Gesamt<br />

1 ja<br />

2 nein<br />

F21 Geschlecht<br />

1 männlich 2 weiblich<br />

Gesamt<br />

83,0% 86,8% 84,7%<br />

17,0% 13,2% 15,3%<br />

100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 83% der männlichen Interviewten hatten kein Problem bei der<br />

Erstellung ihres Profils. Auch hier ist kein wesentlicher Unterschied zwischen den<br />

Geschlechtern zu erkennen.<br />

Der kritische Chi²-Wert bei df=1 und p < 0,05 liegt bei 3,84, d.h. die Null-Hypothese<br />

wird akzeptiert, es gibt auch in diesem Fall keine Abhängigkeit zwischen den beiden<br />

Variablen, die Signifikanz (p = 0,623) liegt ebenfalls über dem Signifikanzniveau von<br />

0,05. Auch Lambda (0,000) bestätigt, dass es hier keine Abhängigkeit zwischen<br />

Profilerstellung und Geschlecht gibt. Auch ein Vergleich zwischen der Frage „dem<br />

Profil ein Foto beigefügt“ und dem Geschlecht ergibt keine Abhängigkeit.<br />

H5: „Persönliche Erfahrungen bei der Internetpartnersuche werden hauptsächlich<br />

vom privaten Internetanschluss durchgeführt.“<br />

Tabelle 16 – Die persönliche Erfahrung ist abhängig privaten Internetanschluss<br />

F01 persönliche Erfahrungen * F35 privater Internetanschluss<br />

Kreuztabelle<br />

F01 persönliche<br />

Erfahrungen<br />

Gesamt<br />

1 ja<br />

2 nein<br />

F35 privater<br />

Internetanschluss<br />

1 ja 2 nein Gesamt<br />

70,4% 37,5% 66,7%<br />

29,6% 62,5% 33,3%<br />

100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 70,4% derjenigen, die einen privaten Internetanschluss besitzen,<br />

haben persönliche Erfahrungen mit der Partnersuche im Internet gemacht.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 102 VON 123


Chi-Quadrat nach<br />

Pearson<br />

Kontinuitätskorrektur a<br />

Likelihood-Quotient<br />

Exakter Test nach Fisher<br />

Zusammenhang<br />

linear-mit-linear<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

6,909 b<br />

Wert df<br />

KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Chi-Quadrat-Tests<br />

1 ,009<br />

5,508 1 ,019<br />

6,468 1 ,011<br />

6,860 1 ,009<br />

141<br />

a. Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet<br />

Asymptotische<br />

Signifikanz<br />

(2-seitig)<br />

Exakte<br />

Signifikanz<br />

(2-seitig)<br />

Exakte<br />

Signifikanz<br />

(1-seitig)<br />

,012 ,011<br />

b. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist<br />

5,33.<br />

Der kritische Wert bei df=1 und p < 0,05 = 3,84, d.h. die Null-Hypothese wird<br />

verworfen, es gibt in diesem Fall eine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen,<br />

die Signifikanz (p = 0,009) liegt unter dem Signifikanzniveau von 0,05 und ist somit<br />

sehr signifikant, jedoch zeigt Lambda (0,085), dass dieser Zusammenhang sehr<br />

schwach ist, die Voraussage verbessert sich nur um 8,5%<br />

Nominal- bzgl.<br />

Nominalmaß<br />

Lambda<br />

Goodman-und<br />

-Kruskal-Tau<br />

Symmetrisch<br />

F01 persönliche<br />

Erfahrungen abhängig<br />

F35 privater<br />

Internetanschluss<br />

abhängig<br />

F01 persönliche<br />

Erfahrungen abhängig<br />

F35 privater<br />

Internetanschluss<br />

abhängig<br />

a. Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen.<br />

Richtungsmaße<br />

Wert<br />

Asymptotischer<br />

Standardfehler<br />

,063 ,061 1,004 ,316<br />

a<br />

Näherungs<br />

weises T b<br />

Näherungsweise<br />

Signifikanz<br />

,085 ,081 1,004 ,316<br />

,000 ,000 , c<br />

b. Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.<br />

c. Kann nicht berechnet werden, weil der asymptotische Standardfehler gleich Null ist.<br />

d. Basierend auf Chi-Quadrat-Näherung<br />

,049 ,038 ,009 d<br />

,049 ,039 ,009 d<br />

H6: „Die Partnersuche im Internet ist hauptsächlich für junge Leute.“<br />

Tabelle 17 – Die Internetpartnersuche ist hauptsächlich für junge Leute<br />

F01 persönliche Erfahrungen * F20_KAT Alter kategorisiert Kreuztabelle<br />

F01 persönliche<br />

Erfahrungen<br />

Gesamt<br />

1 ja<br />

2 nein<br />

F20_KAT Alter kategorisiert<br />

1 (- 29) 2 (30 - 45) 3 (46 +) Gesamt<br />

79,4% 63,2% 37,5% 66,0%<br />

20,6% 36,8% 62,5% 34,0%<br />

100,0% 100,0% 100,0% 100,0%<br />

Lesebeispiel: 79,4% der unter 29-Jährigen haben bereits persönliche Erfahrungen<br />

mit der Partnersuche im Internet gemacht.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 103 VON 123<br />

, c


Chi-Quadrat nach<br />

Pearson<br />

Likelihood-Quotient<br />

Zusammenhang<br />

linear-mit-linear<br />

Anzahl der gültigen Fälle<br />

KAPITEL 9 - <strong>PARTNERSUCHE</strong> MITTELS COMPUTER<br />

Chi-Quadrat-Tests<br />

13,902 a<br />

Wert df<br />

2 ,001<br />

13,748 2 ,001<br />

13,496 1 ,000<br />

144<br />

Asymptotische<br />

Signifikanz (2-seitig)<br />

a. 0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale<br />

erwartete Häufigkeit ist 8,17.<br />

Der kritische Wert liegt bei df=2 und p < 0,05 bei 5,99, d.h. die Null-Hypothese wird<br />

verworfen, es gibt in diesem Fall eine Abhängigkeit zwischen den beiden Variablen,<br />

die Signifikanz (p = 0,001) liegt unter dem Signifikanzniveau von 0,05 und ist somit<br />

sehr signifikant. Der Wert Gamma 0,503 ist signifikant (0,000), d.h. jüngere Personen<br />

nutzen das Internet wesentlich intensiver. Die Information über die persönliche<br />

Erfahrung mit dem Internet verbessert sich durch die Kenntnis des Alters um 50%.<br />

Aufgrund der sehr geringen Datenmenge ist eine weitere Differenzierung der Fälle<br />

(z.B. nur jene, die einen privaten Internetanschluss besitzen) nicht mehr möglich, da<br />

manche Zellen in der Kreuztabelle leer bleiben würden und somit ein Chi²-Test nicht<br />

mehr durchführbar ist.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 104 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

Kapitel 10<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

„WAHRE LIEBE VERAUSGABT SICH NICHT.<br />

JE MEHR DU GIBST, UMSO MEHR VERBLEIBT DIR.“<br />

Antoine de Saint-Exupéry<br />

Die in Kapitel 2 beschriebenen Theorien und Hypothesen zur Partnerwahl haben<br />

sicher ihre Berechtigung in der Praxis, wobei natürlich einige heute ziemlich veraltet<br />

erscheinen, da sie bereits vor 100 Jahren (z.B. jene von Freud stammt aus dem Jahr<br />

1905) verfasst wurden. Sie haben jedoch einen Unsicherheitsfaktor: Den Menschen.<br />

Jeder von uns ist eine eigene Persönlichkeit, mit Wünschen und Vorstellungen.<br />

Keine Person gleicht einer anderen, selbst eineiige Zwillinge unterscheiden sich.<br />

Natürlich sind wir geprägt von unserem Lebensumfeld, unserer Sozialisation, von<br />

den Menschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben. Dennoch kann es passieren,<br />

dass wir den Lebenspartner auf ganz außergewöhnliche Art und Weise kennen<br />

lernen, die keiner der genannten Theorien oder Hypothesen entspricht.<br />

In den meisten Fällen kommen wir bei unserer Suche nach dem idealen Partner oft<br />

nur mit jenen Personen in Kontakt, die ähnliche soziale Merkmale aufweisen wie wir<br />

selber, denn die Gesellschaft hat bestimmte »Vorschriften«, die uns nahe legen, uns<br />

einen Partner/eine Partnerin mit ähnlichen sozialen Attributen zu suchen.<br />

Die Normalfamilie hat es „ganz lupenrein nur in der bürgerlichen Ideologie gegeben“<br />

(Prahl, 2002, S.56), denn immer gab es Alternativen zur herkömmlichen Familie.<br />

Auch ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt ist nicht mehr unbedingt erforderlich, wie<br />

Pendler-Ehen und Living-Apart-Together-Beziehungen verdeutlichen und weiter im<br />

Vormarsch sind Patchworkfamilien. Gestiegen ist vor allem in den letzten<br />

Jahrzehnten der Anteil der Single-Haushalte, wobei dies nicht nur auf junge<br />

Personen zutrifft, sondern auch sehr viele ältere Mitmenschen, die verwitwet sind<br />

oder aus einem anderen Grund (z.B. Pflegeheim) von ihrem Partner getrennt sind,<br />

leben in einem Ein-Personen-Haushalt.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 105 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

Ehe ist in der Industriegesellschaft des 21.Jahrhunderts keine gesellschaftliche oder<br />

wirtschaftliche Zwangsgemeinschaft mehr. Das Argument, dass mehr als ein Drittel<br />

aller Ehen geschieden wird, kann wegen der hohen Wiederverheiratungsquote nicht<br />

als Beleg für den Bedeutungsverlust von Ehe und Familie geltend gemacht werden.<br />

(vgl. Prahl, 2002, S. 56). Denn ein Grund, warum um 1900 nur 0,5% der Ehen<br />

geschieden wurden liegt wahrscheinlich auch an der damaligen rechtlich und<br />

ökonomisch schwierigen Situation, wo es noch nicht die Möglichkeit einer<br />

einvernehmlichen Scheidung gab. Von Interesse sollte nicht sein, warum gut ein<br />

Drittel aller Ehen geschieden werden, sondern warum die restlichen zwei Drittel aller<br />

Ehen funktionieren bzw warum Geschiedene zu einer nochmaligen Eheschließung<br />

bereit sind.<br />

Die jeweiligen Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben, von Liebe und Zukunft<br />

müssen in einem »Balanceakt« (Prahl, 2002, S.59) immer wieder ausgehandelt<br />

werden und es kann passieren, dass Paare scheitern. Die Enttraditionalisierung von<br />

Ehe und Familie ergibt somit auch die Chance neue Formen des Zusammenlebens<br />

auszuprobieren. Aus soziologischer Sicht besteht jedoch kein Grund von einer<br />

„wachsenden Bindungsunfähigkeit bzw –willigkeit zu sprechen“ (Prahl. 2002, S.59).<br />

Die Partnerwahl ist heute eine freie Wahl, in den meisten Fällen losgelöst von<br />

familiären, staatlichen oder kirchlichen Bevormundungen und den persönlichen<br />

Vorlieben des Einzelnen überlassen, es zählen nicht mehr Stand und Eigentum. Das<br />

tatsächliche Heiratsverhalten zeigt jedoch ein ganz anderes Bild: sehr oft finden<br />

Partner zusammen, die sich in Bezug auf Merkmale wie Herkunft, Bildung, Alter oder<br />

Konfession gleichen, wobei oft Partner mit gleichen oder zumindest ähnlichen<br />

Bildungsabschlüssen gewählt werden. In der breiten Diskussion der Partnersuche<br />

geht es jedoch nicht darum WEN wir finden, sondern WO und WIE wir ihn oder sie<br />

finden. Dem Einzelnen stehen nicht alle „Suchenden“ zur Verfügung sondern nur<br />

eine stark begrenzte Auswahl – und hier liegen auch die Vorteile professioneller<br />

Partnerinstitute bzw Partnerbörsen. Denn nur diejenigen, die sich dort registrieren<br />

lassen und meist auch einen relativ hohen Beitrag bezahlen, sind mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit auch an einer fixen Partnerschaft interessiert.<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 106 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

In früheren Gesellschaften gab es genau vorgegebene »Richtlinien« für die<br />

Partnersuche. Die Reiseaktivitäten waren nicht sehr ausgeprägt und vom<br />

Cyberspace waren wir noch Lichtjahre entfernt. Dementsprechend eingeschränkt war<br />

natürlich auch der Spielraum für die Heiratswilligen. Im 21.Jahrhundert,<br />

hervorgerufen durch das WWW, ist der Bewegungsradius nahezu unbegrenzt. Es<br />

gibt fast keine gesellschaftlichen Hindernisse mehr, doch eine Garantie für eine<br />

erfolgreiche Partnersuche kann auch das Internet nicht bieten. Warum ist die<br />

Partnersuche im Internet dennoch so beliebt?<br />

Der große Vorteil beim Kennen lernen im WWW ist der Zeitfaktor. Beim „Face-to-<br />

face“-Kennen lernen haben die potentiellen Partner nicht die Chance sich zu<br />

verstellen oder jemand anderer zu sein, denn die Entscheidung über Sympathie und<br />

Antipathie fällt in wenigen Sekunden. Der Kontakt mittels Computer gibt die<br />

Gelegenheit, ganz genau zu überlegen, wie die Präsentation aussehen soll und das<br />

»Gegenüber« kann auch sehr genau geprüft und begutachtet werden, bevor eine<br />

Entscheidung über den nächsten Schritt getroffen wird. Eine Kontaktaufnahme ist zu<br />

jeder beliebigen Zeit möglich, vor allem für jene die beruflich unter Zeitdruck stehen<br />

oder aus familiären Gründen keine Möglichkeit haben, am Abend auszugehen und<br />

potentielle Partner kennen zu lernen. Außerdem kann mit mehreren Usern<br />

gleichzeitig kommuniziert werden, was in den Interviews auch angesprochen wurde.<br />

Bei der Nutzung von Partner- und Singlebörsen werden durchwegs positive<br />

Erfahrungen gemacht. Es ist anzunehmen, dass der kommunikative Austausch vor<br />

einem Rendez-vous einen hinreichenden Grundstock an Informationen bietet.<br />

Dennoch kann nicht verhindert werden, dass die Realität der Wirklichkeit oft nicht<br />

ganz entspricht. Auch dieser Aspekt wurde in den Interviews bestätigt.<br />

Bei der Beantwortung der Hypothesen konnte folgendes Ergebnis ermittelt werden:<br />

� es besteht keine Abhängigkeit zwischen der Zuversicht, eine<br />

Partnerschaft/Beziehung einzugehen und der Häufigkeit der<br />

Internetnutzung;<br />

es trifft in diesem Fall also nicht zu, dass diejenigen die täglich oder<br />

wöchentlich das Internet nutzen zuversichtlicher in Bezug auf ihre<br />

Partnersuche sind<br />

� weiters konnte festgestellt werden, dass es keinen Unterschied zwischen<br />

den Geschlechtern gibt, obwohl wesentlich mehr Männer in Singlebörsen<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 107 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

registriert sind;<br />

weder nutzen Männer das Internet häufiger als Frauen noch<br />

unterscheiden sie sich in der Ernsthaftigkeit bei der Partnersuche<br />

� eine schwache Abhängigkeit gibt es zwischen der Partnersuche und dem<br />

privaten Internetanschluss,<br />

der Privatanschluss wird häufiger für die Partnersuche benutzt<br />

� eine deutliche Abhängigkeit konnte beim Alter ermittelt werden,<br />

dies ist ganz klar ein Medium der jüngeren Partnersuchenden (was jedoch<br />

auch damit zusammenhängt, dass der Fragebogen von sehr vielen jungen<br />

Singles beantwortet wurde)<br />

In weiterer Folge wurde jene Gruppe der Probanden einer genauen Analyse<br />

unterzogen, die bereits in einer Partner- oder Singlebörse registriert sind.<br />

Hier die Antworten bei Frage 12 - Aussagen zum Thema Online-Partnersuche :<br />

12a 70,5% verneinen die Aussage, dass diese Form der Partnersuche nur für<br />

ewige Singles sei<br />

12b 27,7% stimmen zu, dass die WunschpartnerIn im Internet schneller<br />

gefunden werden kann; 43,6% antworteten mit „weder noch“<br />

12c 71% glauben an den Vorteil eines guten Schreibstils bei der Partnersuche<br />

im Internet<br />

12d die Hälfte der Registrierten (49,5%) sind der Meinung, dass diese Form<br />

der Partnersuche ideal für jene ist die über wenig Freizeit verfügen<br />

12e über 90% sind davon überzeugt, dass diese Partnersuche optimal für<br />

scheue Menschen ist<br />

12f 38,9% finden, dass die Fantasiewelt der Realität nicht stand hält<br />

12g mehr als die Hälfte (52,1%) glaubt nicht an die „Liebe auf den ersten Klick“<br />

12h 43,6% beantworteten die Frage, ob Frauen bei der Onlinesuche weniger<br />

aktiv sind mit „stimme zu“ bzw „stimme eher zu“<br />

12i 49,5% haben keine Meinung zur Seriosität von Partnerinstituten, 30,1%<br />

stimmten der Aussage zu, 20,4% verneinten<br />

Nun die Auswertung zur Frage, wie wichtig Profilangaben der „gesuchten“ Personen<br />

den Vorstellungen entsprechen sollen, gereiht nach der höchsten Bewertung, wobei<br />

die Antworten „sehr wichtig“ und „wichtig“ aufsummiert wurden:<br />

14i Alter 82,1%<br />

14a Wohnort 78,5%<br />

14b Beziehungswunsch 76,3%<br />

14j Statur 69,5%<br />

14h Größe 51,6%<br />

14n Kinderwunsch 50,5%<br />

14m Kinder 47,9%<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 108 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

14e Rauchgewohnheiten 40,9%<br />

14p Höchste abgeschlossene Schulbildung 40,4%<br />

14f Alkoholkonsum 32,6%<br />

14q Politische Richtung 28,7%<br />

14o Frühere Ehen 24,2%<br />

14g Essgewohnheiten 16,0%<br />

14d Religionsbekenntnis 11,6%<br />

14k Haarfarbe 7,4%<br />

14l Augenfarbe 7,4%<br />

14c Sternzeichen 4,2%<br />

Das Alter spielt bei den Partnersuchenden eine entscheidende Rolle, ebenso<br />

Bildung, was auch bereits erwähnt wurde. Erstaunlich ist, dass das<br />

Religionsbekenntnis so weit hinten gereiht ist. Der Umstand, dass sehr viele nach<br />

einer Scheidung wieder einen Partner/eine Partnerin suchen, ist eine frühere Ehe<br />

nicht so wichtig. Nicht überraschend die letzten Plätze für Haarfarbe, Augenfarbe und<br />

Sternzeichen.<br />

Bei Frage 16 wurde gefragt, warum die Form der Online-Partnersuche ausgewählt<br />

wurde. Wieder wurden die Kategorien „sehr wichtig“ und „wichtig“ aufsummiert und in<br />

eine absteigende Reihenfolge gebracht:<br />

16b Die Möglichkeit gratis zu testen 79,8%<br />

16c Anonymität 69,1%<br />

16g Empfehlung von Freunden/Bekannten 53,8%<br />

16a Seriöser Anbieter 47,9%<br />

16e Ansprechende Website 46,8%<br />

16f Kosten für die Partnersuche 45,7%<br />

16d Die Mitglieder haben ernste Absichten 29,0%<br />

Etwas erstaunlich ist die Reihung bei dieser Frage. Die ernsten Absichten der<br />

Mitglieder spielen eine sehr geringe Rolle im Gegensatz zur Möglichkeit gratis zu<br />

testen und anonym auf Partnersuche zu gehen. Verwunderlich auch, dass die<br />

ansprechende Website von beinahe 50% als wichtig erachtet wird.<br />

Im Folgenden eine Beschreibung der Sozialstruktur der Registrierten:<br />

� den Fragebogen haben 54,7% Männer und 45,3% Frauen beantwortet<br />

� 67,4% sind ledig bzw 1,1% ist verwitwet (1 Proband)<br />

9,5% sind verheiratet und 22,1% sind geschieden<br />

ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 109 VON 123


KAPITEL 10 – ZUSAMMENFASSUNG UND GESAMTRESÜMEE<br />

� 52,6% der Registrierten sind jünger als 29 Jahre<br />

37,9% sind zwischen 30 und 45 Jahre alt und<br />

9,5% sind älter als 46 Jahre<br />

� 71,1% haben noch kein Kind; 10,0% haben ein Kind<br />

17,8% haben zwei Kinder und 1,1% hat drei Kinder (1 Proband)<br />

� 48,4% haben derzeit einen festen Partner und 51,6% sind Single<br />

� 31,4% nahmen die Partnersuche vor der Registrierung „sehr ernst“ oder<br />

„eher ernst“; im Gegensatz dazu nahmen dies 32,6% weniger ernst<br />

� 84,5% ist die Profilerstellung leicht gefallen; 15,5% dagegen nicht<br />

� 39,4% glauben daran, dass sie einen passenden Partner im Internet<br />

kennen lernen; 34% sind davon nicht überzeugt<br />

� 50% sind der Überzeugung, dass sie eine Beziehung durch das Internet<br />

eingehen werden; 28,7% glauben nicht daran<br />

ERFAHRUNGEN BEI DIESER EMPIRISCHEN ARBEIT<br />

Das generelle Problem bei dieser Forschung bestand darin, Probanden für die<br />

Befragung zu finden. Auf die Unterstützung der Single- und Partnerbörsen musste<br />

leider aus den bereits geschilderten Gründen verzichtet werden. Den Link zum<br />

Fragebogen in Chatforen zu platzieren scheiterte oft an den restriktiven Richtlinien,<br />

die diese Eingabe einfach nicht zulassen. Wenig Erfolg versprechend war auch die<br />

direkte Kontaktaufnahme mit Singlebörsen. Falls eine Kontaktadresse gefunden<br />

wurde, was sich oft schon als sehr schwierig erweist, wurde auf die E-Mails oft gar<br />

nicht reagiert oder viel versprochen und wenig gehalten. Es ist daher anzunehmen,<br />

dass diese Internetseiten zur Verfügung gestellt werden, aber der Aufwand, der mit<br />

der Betreuung verbunden ist, soll so minimal wie nur möglich gehalten werden.<br />

Wesentlich erfreulicher gestaltete sich – mit wenigen Ausnahmen – die<br />

Kontaktaufnahme mit den Interviewpartnern bzw Fernseh- und Radiosender. Sowohl<br />

Frau Spira als auch Frau Z. waren sofort zu einem Gespräch bereit, aber auch die<br />

Herren zeigten keine Scheu, Auskunft über ihre Erfahrungen zu geben, seien es die<br />

Erlebnisse bei „Herzblatt“ als auch bei der Internet-Partnersuche. Überhaupt keine<br />

Kooperationsbereitschaft war bei ATV vorhanden, obwohl mehrmals angefragt<br />

wurde. Relativ rasch in der Beantwortung der Fragen zur Sendung war im Gegensatz<br />

dazu die „Herzblatt“-Redaktion. Auch der Kontakt zu Radio Arabella war sehr schnell<br />

hergestellt und das Angebot, den Sender zu besuchen wurde mit Freude<br />

angenommen.<br />

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Kapitel 11<br />

ANHANG<br />

A. FRAGEBOGEN<br />

KAPITEL 11 - ANHANG<br />

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KAPITEL 11 - ANHANG<br />

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B. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

KAPITEL 11 - ANHANG<br />

Tabelle 1 - Häufigkeit bei Frage 21: Geschlecht ................................................11<br />

Tabelle 2 – Häufigkeit Geschlecht (Mikrozensus 2005)......................................11<br />

Tabelle 3 – Häufigkeit bei Frage 22: Familienstand............................................12<br />

Tabelle 4 – Häufigkeit Familienstand (Mikrozensus 2005) .................................12<br />

Tabelle 5 – Häufigkeit bei Frage 20: Alter (kategorisiert)....................................12<br />

Tabelle 6 – Häufigkeit Alter kategorisiert (Mirkozensus 2005)............................12<br />

Tabelle 7 – Häufigkeit bei Frage 30: höchste abgeschlossene Schulbildung .....13<br />

Tabelle 8 – Häufigkeit Höchste abgeschlossene Bildung (Mikrozensus 2005)...13<br />

Tabelle 9 – Zuversicht bei der Partnersuche ist abhängig<br />

von der Häufigkeit der Besuche von Singleseiten............................98<br />

Tabelle 10 – Zuversicht einer Beziehung ist abhängig<br />

von der Häufigkeit der Besuche von Singleseiten............................99<br />

Tabelle 11 – Zuversicht bzgl PartnerIn ist abhängig vom Geschlecht ................100<br />

Tabelle 12 – Zuversicht eine Beziehung einzugehen ist abhängig<br />

vom Geschlecht .............................................................................101<br />

Tabelle 13 – Häufigkeit der Singlebörse abhängig vom Geschlecht...................101<br />

Tabelle 14 – Die Profilerstellung ist abhängig vom Geschlecht ..........................102<br />

Tabelle 15 – Die persönliche Erfahrung ist abhängig privaten Internetanschluss<br />

.......................................................................................................102<br />

Tabelle 16 – Die Internetpartnersuche ist hauptsächlich für junge Leute ...........103<br />

Abbildung 1 – Partnersuche in Österreich (Selbsteinschätzung)...............................57<br />

Abbildung 2 – Phasen des Diskurses zur Online-Gemeinschaften ...........................77<br />

Abbildung 3 – Ort des Internet-Zugangs ...................................................................78<br />

Abbildung 4 – Altersgruppen der zahlenden Kunden von Parship.at ........................83<br />

Abbildung 5 – Entwicklung der Parship Mitgliederzahlen, Stand 2005......................84<br />

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C. LITERATURLISTE<br />

KAPITEL 11 - ANHANG<br />

Backhaus, Klaus; Erichson, Bernd; Plinke, Wulff; Weiber, Rolf; Multivariate<br />

Analysemethoden – eine anwendungsorientierte Einführung, Springer-Verlag,<br />

10.Auflage, 2003<br />

Blossfeld, Hans-Peter; Timm, Andreas; Der Einfluss des Bildungssystems auf den<br />

Heiratsmarkt – Eine Längsschnittanalyse der Wahl des ersten Ehepartners im<br />

Lebenslauf. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 53,<br />

2001, S. 440-471<br />

Borscheid, Peter; Geld und Liebe. Zu den Auswirkungen des Romantischen auf die<br />

Partnerwahl im 19.Jahrhundert. In: Peter Borscheid, Hans J. Teuteberg (Hrsg.).<br />

Ehe, Liebe, Tod. Zum Wandel der Familie, der Geschlechts- und<br />

Generationsbeziehungen in der Neuzeit (Studien zur Geschichte des Alltags,<br />

Band I), F. Coppenrath Verlag Münster, 1983. S.112-134.<br />

Bourdieu, Pierre; Die feinen Unterschiede – Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft,<br />

Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2.Auflage, 1982, S.277-354<br />

Brückner, Margrit; Böhnisch, Lothar (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse –<br />

Gesellschaftliche Konstruktionen und Perspektiven ihrer Veränderung. Juventa<br />

Verlag Weinheim und München, 2001.<br />

Diekmann, Andreas; Empirische Sozialforschung, Grundlagen Methoden,<br />

Anwendungen, Reinbek/Hamburg 1995<br />

Durkheim, Émile; Über die Teilung der sozialen Arbeit, 1. Auflage, Frankfurt am<br />

Main, Suhrkamp, 1977<br />

Döring (1), Nicola; Romantische Beziehungen im Netz. In: Thimm, Caja (Hrsg.)<br />

Soziales im Netz. Sprache, Beziehungen und Kommunikationskulturen im Netz.<br />

Westdeutscher Verlag, Opladen, 2000 (S.39-70)<br />

Döring (2), Nicola; Sozialpsychologie des Internet – Die Bedeutung des Internet für<br />

Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen.<br />

Herausgegeben von Dipl.-Psych. Batinic, Bernad. Band 2. Hogrefe-Verlag für<br />

Psychologie, 1999.<br />

Dux, Günter; Geschlecht und Gesellschaft: warum wir lieben; die romantische<br />

Liebe nach dem Verlust der Welt, 1.Auflage – Frankfurt am Main; Suhrkamp, 1994.<br />

Gestrich, Andreas; Krause, Jens-Uwe; Mitterauer, Michael; Geschichte der Familie,<br />

Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 2003.<br />

Gezzele, David; Partnersuche im Internet, Diplomarbeit, Institut für Publizistik und<br />

Kommunikationswissenschaften der Uni Wien, 2003<br />

Kühnel, Harry; Ehe in der Gesellschaft des Mittelalters – Das Rollenbild der Frau.<br />

In: Vavra, Elisabeth (Hrsg.); Familie – Ideal und Realität, Niederösterreichische<br />

Landesausstellung, Horn 1993, 1.Auflage, S.55-62<br />

Lenz, I. & Luig U. (Hrsg.): Frauenmacht ohne Herrschaft. Geschlechtsverhältnisse<br />

in nicht-patriarchalischen Gesellschaften. Berlin: Orlanda 1990<br />

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KAPITEL 11 - ANHANG<br />

Lermer, Stephan; Meiser, Hans Christian; Lebensabschnittspartner. Die neue Form<br />

der Zweisamkeit. Wolfgang Krüger Verlag, 1991.<br />

Möhle, Sylvia; Partnerwahl in historischer Perspektive. In: Klein, Thomas (Hrsg.);<br />

Partnerwahl und Heiratsmuster, Soziostrukturelle Voraussetzungen der Liebe;<br />

Leske und Budrich, Opladen, 2001, S. 57 – 74.<br />

Mörth, Ingo/Fröhlich G. (Hrsg.): Das symbolische Kapital der Lebensstile. Zur<br />

Kultursoziologie der Moderne nach Pierre Bourdieu, Frankfurt/Main, 1994.<br />

Prahl, Hans-Werner; Soziologie der Freizeit, Verlag Ferdinand Schöningh,<br />

Paderborn, 2002.<br />

Richter, Ursula; Einen jüngeren Mann lieben – Neue Beziehungschancen für<br />

Frauen, Kreuz Verlag, 1.Auflage, 1989.<br />

Rosenbaum, Heidi; Formen der Familie, Untersuchungen zum Zusammenhang von<br />

Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen<br />

Gesellschaft des 19.Jahrhunderts, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1982, 1.Auflage.<br />

Sieder, Reinhard; Sozialgeschichte der Familie, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1987.<br />

Thimm C, Soziales im Netz. Sprache, Beziehungen und Kommunikationskultur im<br />

Internet. Opladen: Westdeutscher Verlag, 2000<br />

Tyrell, Hartmann; Romantische Liebe – Überlegungen zu ihrer quantitativen<br />

Bestimmtheit. In: D. Baecker et al. (Hrsg.), Theorie als Passion. Frankfurt am Main,<br />

1987, S.570–599.<br />

Vobruba, Eva; Der Pakt mit der Leidenschaft. Über den Zusammenhang von Liebe<br />

und Ehe von der frühen Neuzeit bis heute. In: Vavra, Elisabeth (Hrsg.); Familie –<br />

Ideal und Realität, NÖ Landesausstellung, Horn 1993, 1.Auflage, S.87-97.<br />

Vögelin, Madeleine Rose; Wandlung und Individuation in der Paarbeziehung aus<br />

der Sicht der analytischen Psychologie, Abhandlung zur Erlangung der<br />

Doktorwürde der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich, Zentralstelle der<br />

Studentenschaft, Zürich 1989.<br />

Weber, Kerstin; Virtuelle Liebe, Diplomarbeit, Institut für Psychologie der Uni Wien,<br />

2003<br />

Willi, Jürg; Die Zweierbeziehung – Spannungsursachen – Störungsmuster –<br />

Klärungsprozesse – Lösungsmodelle. Analyse des unbewussten Zusammenspiels<br />

in Partnerwahl und Paarkonflikt: das Kollusions-Konzept. Rowohlt, 1.Auflage, 1975,<br />

S.179-184<br />

Zapotoczky Dr., Klaus; Grausgruber Dr., Alfred; Holley Dr., Heinz; Struktur und<br />

Probleme der Gegenwartsgesellschaft, Vorlesungsunterlage, Johannes Kepler<br />

Universität Linz, Dezember 2000<br />

Zeitschrift für angewandte Sozialpsychologie. 27. Jhg., Heft 3, Sept. 1996,<br />

http://psychologie.fernuni-hagen.de/Psychologie/SOZPSYCH/GD/Artikel/doer15.htm,<br />

abgefragt am 30.3.2006<br />

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D. LEBENSLAUF<br />

Name Andrea Theresia LEIDINGER, geb. Gruber<br />

Wohnadresse Feuchterslebengasse, 1100 Wien<br />

andrea.leidinger@liwest.at<br />

Geburtsdatum 01. Jänner 1962<br />

Eltern Franz GRUBER<br />

Luise GRUBER, geb. Scherr<br />

Familienstand Lebensgemeinschaft<br />

geschieden<br />

1 Tochter (geb. 04.November 1983)<br />

KAPITEL 11 - ANHANG<br />

Ausbildung * 2006 - Abschluss des Studiums der Soziologie in Wien<br />

(Wahlfächer: Bildungs-, Technik-, Sport-, Freizeit- und<br />

Tourismussoziologie)<br />

* 1997/98 - Ausbildung zum PC-Trainer bei den ÖBB<br />

* 1996 - Wechsel der Studienrichtung auf Soziologie<br />

* 1996 - Ausbildung zum Trainer für Rhetorische Kommunikation<br />

* 1988 - 10 Semester BWL und Wirtschaftspädagogik<br />

(Wahlfächer: Betriebs-, Wirtschafts- und Berufspädagogik)<br />

* 1987 - Studienberechtigungsprüfung - SOWI-Fakultät Uni Linz<br />

* 3 Klassen Handelsschule in Linz - Rudigierstraße<br />

* 4 Klassen Hauptschule in Linz<br />

* 4 Klassen Volksschule in Linz<br />

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1987<br />

2000<br />

2003

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